Florist 13_Bfdk_vonArx-Kaspar_
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
1|<br />
Text Erika Jüsi<br />
Bilder Peter Moser-Kamm, zVg<br />
Weil‘s so schön<br />
war: Wir werfen mit dieser<br />
Serie einen Blick hinter die<br />
Kulissen der floralen Interpretationen<br />
von «Blumen für die Kunst»<br />
im Aargauer Kunsthaus vom<br />
7. bis 12. März 2017.<br />
Fünfzig Spraydosen haben sie geleert, damit es auch so richtig glänzte und leuchtete. Rund achtzig verschiedene<br />
Werkstoffe packten sie in den fast 1.50 Meter hohen und fünf Meter langen Kasten, bis dieser überquoll und<br />
sich die Materialien im spiegelnden Rand des Gefässes noch vervielfachten. Ò<br />
22 FLORIST <strong>13</strong> | 2017
Blumen für die Kunst 2017<br />
Urknall im Kunsthaus<br />
An dem cleveren Showstopper am Treppenende kam niemand vorbei. Philipp von Arx und<br />
Angela <strong>Kaspar</strong> führten mit ihrem spacigen Resten-Projekt die Besucher direkt in das Bild von<br />
John M. Armleder hinein.<br />
FLORIST <strong>13</strong> | 2017<br />
23
lumen bis zu Abbruch-Zement reichten,<br />
wurde der Kasten dann aber enorm<br />
schwer. Und als während der Ausstellung<br />
irgendwo im Innern eine Büchse undicht<br />
wurde, war ihnen dann doch etwas mulmig.<br />
Was, wenn das Ganze auseinanderbricht?<br />
Das wäre wohl die ultimative<br />
Art-Performance gewesen und gleichzeitig<br />
natürlich eine ziemliche Katastrophe<br />
für das Aargauer Kunsthaus. Die Büchse<br />
wurde gefunden und ersetzt und diese<br />
Art von Urknall zum Glück abgewendet.<br />
Ockerfarbene Lehmklumpen, Latten und Zementbruchstücke<br />
steckten zwischen versilberten Wurzelstöcken,<br />
zwischen verfremdeten Resten und in der Natur Zusammengesuchtem.<br />
Bis zu 2.50 Meter hoch wurde das<br />
fertige Werkstück: Übersehen ging nicht. Das am Treppenende<br />
diagonal hingestellte Objekt verunmöglichte<br />
ein Weitergehen, ohne den Blick dem vollbepackten<br />
Quader entlang auf das Bild «Staz» von John M. Armleder<br />
zu richten.<br />
Enorm schwer statt völlig losgelöst<br />
«Es hatte für uns etwas Weltraumhaftes, ‘Spaciges’»,<br />
sagt Philipp von Arx über «Staz». «Es kam uns vor wie<br />
der Urknall.» Entsprechend explosionsartig landeten<br />
die Werkstoffe kreuz und quer in dem übergrossen<br />
Behälter. Dass sie diesen schräg vor das Bild stellen<br />
würden, so dass er entweder – so wie die Blicke des<br />
Betrachters – in das Bild hineinführte, oder aber aus<br />
ihm herausschoss, war ihnen schon früh klar. «Zuerst<br />
wollten wir allerdings etwas im All Schwebendes<br />
machen, einen Wurm aus Schaum, aus dem die Blüten<br />
wachsen.» Sie entschieden sich dann aber für den Kasten.<br />
Ausprobieren lag nicht drin bei dieser Grösse, und<br />
so machten sie sich quasi blind ans Herstellen der Füllung.<br />
«Wir haben uns gemeinsam in das Projekt hineingesteigert,<br />
uns gegenseitig angefeuert und super<br />
ergänzt», sagt Angela <strong>Kaspar</strong>. Sie sei eher die Planerin<br />
und Philipp der Macher. Die beiden Meisterfloristen<br />
sammelten bereits gebrauchte Werkstoffe. Beliessen<br />
sie, veränderten sie und hauchten ihnen mit Farbe<br />
neues Leben ein, bis sie das Braun, Gold und Silber<br />
und die Akzente in Pink-, Violett- und Türkistönen,<br />
aber auch das Verkrustete und das Glitzernde von John<br />
M. Armleders «Staz» perfekt wiedergaben. Durch die<br />
unterschiedlichsten Materialien, die von zarten Frisch-<br />
Direkter Weg in die Pfütze<br />
Das Bild von John M. Armleder war der<br />
absolute Favorit der beiden. Die schräge<br />
Farbkombination und sein eigenwilliger<br />
Stil hatten es ihnen angetan hatten. «Das<br />
Bild passt einfach extrem gut zu uns»,<br />
sagt von Arx über ihre Wahl. Sie haben<br />
dann nicht gross nach Erklärungen oder<br />
Hintergrundinformationen gesucht, sondern<br />
liessen das Bild für sich sprechen:<br />
Seine Farben, das Ungeplante, das Chaotische.<br />
Armleder, 1948 in Genf geboren,<br />
ist sonst für sein eher minimalistisches<br />
2| Arbeiten bekannt. Hier geizte er für einmal<br />
nicht mit Material. Für «Staz», ein<br />
sogenanntes «puddle painting» oder Pfützenbild,<br />
legte er eine quadratische Leinwand auf den<br />
Boden, schüttete Farben darauf, vermischte diese mit<br />
einem Schaber und streute Glasscherben, Mosaiksteinchen,<br />
Schmuckperlen und Glitter darauf. Beim Aufstellen<br />
floss die Pfütze aus. «Genial», findet von Arx.<br />
Er war an der «Blumen für die Kunst» im Jahr 2014,<br />
der allerersten, schon dabei gewesen. Das Gemeinschaftsprojekt<br />
des Vereins «Flowers to Arts» und dem<br />
Aargauer Kunsthaus habe sich in den letzten drei Jahren<br />
enorm weiterentwickelt. Das Kunsthaus habe aufgestockt<br />
und der ganze Ablauf, die Unterstützung<br />
während des Aufbaus vor Ort und die Kontrollen seien<br />
höchst professionell organisiert. Einzig die Besucherführung<br />
beim Eintreffen könnte noch verbessert werden,<br />
meint er. Nicht alle hätten ohne Umweg den Weg<br />
zu den Garderoben und zu den Ausstellungsbereichen<br />
gefunden. Wenn sie sich dann aber erst einmal auf der<br />
Treppe in den ersten Stock befanden, wurden sie von<br />
der Installation der beiden <strong>Florist</strong>en ohne Umschweife<br />
ins Bild von Armleder hineingeführt. ᴥ<br />
3|<br />
24 FLORIST <strong>13</strong> | 2017
Big Bang au Musée des beaux-arts<br />
Avec leur projet spacieux réalisé avec des restes,<br />
Philipp von Arx et Angela <strong>Kaspar</strong> ont conduit les<br />
visiteurs directement dans le tableau de John M.<br />
Armleder.<br />
Ils ont vidé cinquante pulvérisateurs. Ils ont mis environ<br />
huitante matériaux différents dans une caisse de près<br />
d’1 m 50 de hauteur et 5 m de largeur. La création achevée<br />
avait 2 m 50 de hauteur. L’objet déposé en diagonale au<br />
haut de l’escalier empêchait d’aller plus loin sans diriger<br />
le regard vers l’œuvre «Staz» de John M. Armleder.<br />
Très lourd au lieu de complètement détaché<br />
«Le tableau nous est apparu comme le Big Bang.» Par<br />
conséquent, les matériaux ont abouti dans le contenant<br />
surdimensionné dans tous les sens, comme suite à une<br />
exposition. Il était clair pour eux depuis longtemps qu’ils<br />
allaient le disposer en biais devant le tableau. «Nous voulions<br />
d’abord en faire sortir un ver en mousse flottant.» Ils<br />
se sont ensuite décidés pour la caisse. «Nous étions obsédés<br />
par le projet, nous nous sommes mutuellement stimulés<br />
et bien complétés», dit Angela <strong>Kaspar</strong>. Ces deux maîtres<br />
fleuristes ont collecté des matériaux déjà utilisés qu’ils<br />
ont laissés tels quels ou modifiés et leur ont insufflé une<br />
nouvelle vie avec de la couleur jusqu’à ce que le tout<br />
reflète parfaitement les tons et les textures de «Staz» de<br />
John M. Armleder. La caisse pleine était extrêmement<br />
lourde. Et quand, pendant l’exposition, quelque part une<br />
boîte n’était plus étanche, ils avaient finalement quand<br />
même l’estomac noué. Que faire si tout s’effondre? Ils ont<br />
heureusement pu éviter ce genre de Big Bang.<br />
Directement dans la flaque<br />
«Ce tableau nous ressemble tout simplement», dit Philipp von<br />
Arx à propos de «Staz». Pour une fois, il n’a pas lésiné sur le<br />
matériel avec le tableau d’Armleder, né en1948 à Genève. Pour<br />
ledit «puddle painting», il a posé par terre une toile d’écran<br />
carrée, sur laquelle il a sprayé des couleurs – qu’il a mélangées<br />
avec un grattoir – et parsemé du matériel de déco, puis l’a<br />
suspendu encore mouillé. «Genial», estime Philipp von Arx. Il<br />
avait déjà participé à la première édition de «Flowers to Arts»<br />
en 2014. Entre-temps, tout le déroulement, le soutien sur place<br />
et les contrôles se sont développés. «L’accompagnement des<br />
visiteurs à l’arrivée pourrait cependant encore être amélioré»,<br />
pense-t-il. Ils n’ont pas tous trouvé le chemin vers les différents<br />
domaines sans faire des détours. Mais quand ils arrivaient<br />
enfin sur l’escalier au premier étage, ils étaient directement<br />
dirigés vers le tableau d’Armleder.<br />
1| Les matériaux ont été modifiés jusqu’à ce qu’ils reflètent exactement<br />
les couleurs de la peinture de John M. Armleder.<br />
2| Des bottes de racines issues du tas de déchets de l’entreprise<br />
horticole von Arx ont connu une renaissance improbable en tant qu’objet<br />
d’exposition sprayé au ton fuchsia.<br />
3| Angela <strong>Kaspar</strong> en train de remplir la caisse surdimensionnée.<br />
4| De par sa grandeur, son genre et la quantité de matériaux le quart<br />
de cercle était extrêmement lourd.<br />
5, 6| L’application de la feuille d’argent au bord supérieur de l’installation<br />
s’est avérée être une tâche particulièrement délicate.<br />
4| 5|<br />
1| Die Werkstoffe wurden so lange verändert, bis sie die Farben in «Staz»,<br />
dem Gemälde von John M. Armleder, genau wiedergaben.<br />
2| Wurzelballen aus dem Abfallhaufen der Von-Arx-Gärtnerei erlebten<br />
ein unwahrscheinliches Revival als pink bespraytes Ausstellungsobjekt.<br />
3| Angela <strong>Kaspar</strong> beim Einfüllen des überdimensionalen Kastens.<br />
4| Durch die schiere Grösse und die Art und Menge der Werkstoffe wurde<br />
der Quadrant enorm schwer.<br />
5, 6| Das Anbringen der Silberfolie am oberen Rand der Installation<br />
entpuppte sich als äusserst knifflige Angelegenheit.<br />
QR-Code zum Making-of-Video<br />
6|<br />
FLORIST <strong>13</strong> | 2017<br />
25