Blumen für die Kunst 2017 Urknall im Kunsthaus An dem cleveren Showstopper am Treppenende kam niemand vorbei. Philipp von Arx und Angela <strong>Kaspar</strong> führten mit ihrem spacigen Resten-Projekt die Besucher direkt in das Bild von John M. Armleder hinein. FLORIST <strong>13</strong> | 2017 23
lumen bis zu Abbruch-Zement reichten, wurde der Kasten dann aber enorm schwer. Und als während der Ausstellung irgendwo im Innern eine Büchse undicht wurde, war ihnen dann doch etwas mulmig. Was, wenn das Ganze auseinanderbricht? Das wäre wohl die ultimative Art-Performance gewesen und gleichzeitig natürlich eine ziemliche Katastrophe für das Aargauer Kunsthaus. Die Büchse wurde gefunden und ersetzt und diese Art von Urknall zum Glück abgewendet. Ockerfarbene Lehmklumpen, Latten und Zementbruchstücke steckten zwischen versilberten Wurzelstöcken, zwischen verfremdeten Resten und in der Natur Zusammengesuchtem. Bis zu 2.50 Meter hoch wurde das fertige Werkstück: Übersehen ging nicht. Das am Treppenende diagonal hingestellte Objekt verunmöglichte ein Weitergehen, ohne den Blick dem vollbepackten Quader entlang auf das Bild «Staz» von John M. Armleder zu richten. Enorm schwer statt völlig losgelöst «Es hatte für uns etwas Weltraumhaftes, ‘Spaciges’», sagt Philipp von Arx über «Staz». «Es kam uns vor wie der Urknall.» Entsprechend explosionsartig landeten die Werkstoffe kreuz und quer in dem übergrossen Behälter. Dass sie diesen schräg vor das Bild stellen würden, so dass er entweder – so wie die Blicke des Betrachters – in das Bild hineinführte, oder aber aus ihm herausschoss, war ihnen schon früh klar. «Zuerst wollten wir allerdings etwas im All Schwebendes machen, einen Wurm aus Schaum, aus dem die Blüten wachsen.» Sie entschieden sich dann aber für den Kasten. Ausprobieren lag nicht drin bei dieser Grösse, und so machten sie sich quasi blind ans Herstellen der Füllung. «Wir haben uns gemeinsam in das Projekt hineingesteigert, uns gegenseitig angefeuert und super ergänzt», sagt Angela <strong>Kaspar</strong>. Sie sei eher die Planerin und Philipp der Macher. Die beiden Meisterfloristen sammelten bereits gebrauchte Werkstoffe. Beliessen sie, veränderten sie und hauchten ihnen mit Farbe neues Leben ein, bis sie das Braun, Gold und Silber und die Akzente in Pink-, Violett- und Türkistönen, aber auch das Verkrustete und das Glitzernde von John M. Armleders «Staz» perfekt wiedergaben. Durch die unterschiedlichsten Materialien, die von zarten Frisch- Direkter Weg in die Pfütze Das Bild von John M. Armleder war der absolute Favorit der beiden. Die schräge Farbkombination und sein eigenwilliger Stil hatten es ihnen angetan hatten. «Das Bild passt einfach extrem gut zu uns», sagt von Arx über ihre Wahl. Sie haben dann nicht gross nach Erklärungen oder Hintergrundinformationen gesucht, sondern liessen das Bild für sich sprechen: Seine Farben, das Ungeplante, das Chaotische. Armleder, 1948 in Genf geboren, ist sonst für sein eher minimalistisches 2| Arbeiten bekannt. Hier geizte er für einmal nicht mit Material. Für «Staz», ein sogenanntes «puddle painting» oder Pfützenbild, legte er eine quadratische Leinwand auf den Boden, schüttete Farben darauf, vermischte diese mit einem Schaber und streute Glasscherben, Mosaiksteinchen, Schmuckperlen und Glitter darauf. Beim Aufstellen floss die Pfütze aus. «Genial», findet von Arx. Er war an der «Blumen für die Kunst» im Jahr 2014, der allerersten, schon dabei gewesen. Das Gemeinschaftsprojekt des Vereins «Flowers to Arts» und dem Aargauer Kunsthaus habe sich in den letzten drei Jahren enorm weiterentwickelt. Das Kunsthaus habe aufgestockt und der ganze Ablauf, die Unterstützung während des Aufbaus vor Ort und die Kontrollen seien höchst professionell organisiert. Einzig die Besucherführung beim Eintreffen könnte noch verbessert werden, meint er. Nicht alle hätten ohne Umweg den Weg zu den Garderoben und zu den Ausstellungsbereichen gefunden. Wenn sie sich dann aber erst einmal auf der Treppe in den ersten Stock befanden, wurden sie von der Installation der beiden <strong>Florist</strong>en ohne Umschweife ins Bild von Armleder hineingeführt. ᴥ 3| 24 FLORIST <strong>13</strong> | 2017