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Radiata2014(3)

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Mario Schweiger Abb. 20.

Mario Schweiger Abb. 20. Typische Plastronzeichnung der westlichen Unterart der Griechischen Landschildkröte. Abb. 21. Das im Text erwähnte weibliche Exemplar mit komplett fehlendem linken Vorderbein und zwei verstümmelten Hinterbeinen. pubescens, Arbutus unedo, Olea europaea, Juniperus oxycedrus, Ulex europaeus, Cytisus scoparius, Pistacia lentiscus, Unterwuchs an lichteren Stellen Cistus salvifolia und Myrtus communis, um nur einige zu nennen) bewachsenen Hügel entlang der Küste. Die Vegetation wird regelmäßig von Feuerschneisen oder von Schneisen unterhalb von Hochspannungsleitungen unterbrochen. Hier bietet sich die beste Gelegenheit zum Beobachten von Landschildkröten. Es erscheint jedoch nahezu unmöglich, die Macchia von den Schneisen aus zu betreten, wenn man sich nicht selbst zum Kreis ausgeprägtester Masochisten rechnet. Innerhalb dieser meist viele Quadratkilometer großen, undurchdringlich scheinenden Vegetationsflächen existieren allerdings etliche kleinräumige offene Stellen, die von den Landschildkröten zur Thermoregulation genutzt werden, und an denen auch Fressbares zu finden ist. Da man aber entlang der Schneisen nur einen kleinen Bruchteil der tatsächlich in einem Lebensraum vorkommenden Schildkröten sieht, greift hier das als Titel gewählte Zitat Bertolt Brechts ganz vorzüglich. Am Fuße eines der oben erwähnten Hügel liegt eine kleine Stadt mit einem daran angrenzenden Villenviertel. Jedes der durchaus großzügigen Grundstücke wird zu den 30 RADIATA 23 (3), 2014

Beobachtungen an Testudo hermanni in der Toskana (Italien) Zufahrtsstraßen und Nachbargrundstücken durch dichte Hecken abgeschirmt. Griechische Landschildkröten leben in nicht unbeträchtlicher Zahl sogar in und am Rand dieser Hecken inmitten der Villengegend. Im Naturpark der Maremmen (Parco Regionale della Maremma) in der Provinz Grosseto untersuchten Basulto et al. (2000a, b) eine Population mittels Telemetrie. Dabei ermittelten sie für Weibchen Streifgebiete mit einer Größe von 0,89 bis 4,17, für Männchen mit einer Größe von 1,75 bis 3,25 Hektar. Die Streifgebiete waren im Frühjahr am größten, schrumpften dann im Sommer allerdings erheblich, um sich im Herbst wieder auszudehnen, ohne aber die Werte des Frühjahres zu erreichen. Erwartungsgemäß fielen die jährlichen Aktivitätsspitzen in das Frühjahr und den Herbst, wobei im Herbst die Weibchen aktiver als die Männchen waren. Eine echte Winterstarre dürfte nicht stattfinden, da einzelne Exemplare während der kalten Jahreszeit ihren Unterschlupf wechselten. Carbone & Paglione (1991) errechneten für den Naturpark Maremmen eine durchschnittliche Populationsdichte von 3,4 Tieren pro Hektar, wobei das Geschlechterverhältnis Männchen/Weibchen in den Monaten Mai bis Juni bei 0,458 lag, um in den Monaten Juli und August deutlich zu einem fiktiven Männchenüberschuss (1,457) zu wechseln. In einem mit Macchia bestandenen Küstenstreifen im äußersten Süden der Toskana kamen Calzolai & Chelazzi (1991) auf konträre Werte. Hier war das Streifgebiet im Frühjahr mit 0,12/0,13 Hektar (Weibchen/ Männchen) Größe bedeutend kleiner als während des Sommers (0,99/0,62 Hektar), bei den Weibchen wurden im Herbst wieder in etwa die Frühjahrswerte erreicht. Die Größe des Streifgebietes der Männchen lag im Herbst zwischen den Werten des Frühjahrs und Sommers (0,47 Hektar). Im Rahmen meines Vortrags anlässlich der DGHT-Tagung in Braunau berichtete ich auch über die zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten ermittelten Körpertemperaturen von Testudo hermanni in der Toskana. Dabei zeigte sich, dass die Tiere so schnell wie möglich ihre Vorzugstemperatur von rund 30–32 °C zu erreichen versuchen (Aufwärmphase). Erst danach gehen sie auf Nahrungssuche etc. Durch den Wechsel zwischen Sonnen- und Schattenplätzen versuchen die Tiere, wenn es die äußeren Umstände erlauben, diese Temperatur über den ganzen Tag so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Diese von mir erhobenen Werte decken sich größtenteils mit den von Filippi et al. (2010) in den Tolfa-Bergen in der Region Latium ermittelten. Loy & Cianfrani (2009) kamen in der Region Molise auf ähnliche Werte, differenzierten jedoch sehr ausführlich zwischen den unterschiedlichen Jahreszeiten. Umfangreiche Daten zu Populationsstruktur, Temperaturregime während des Jahres, Nahrung usw. von Testudo hermanni in Italien liefern Mazzotti et al. (2007), allerdings für das Naturreservat „Bosco della Mesola“ in der Region Emilia-Romagna. Meine Exkursionen in die Toskana fanden immer zwischen Anfang April und Anfang Juli und dann wieder in der zweiten Septemberhälfte statt. Da ich logischerweise nur bei „reptiliengerechtem“ Wetter ins Gelände ging, beziehen sich meine Aussagen zur Tagesaktivität ausschließlich auf Tage mit einem Bewölkungsgrad von maximal 50 %. Die Schildkröten verließen ihre Unterschlupfe etwa 30–60 Minuten, nachdem ihr jeweiliger Lebensraum von der Sonne beschienen wurde. Dies ist natürlich jeweils von der Dichte der Vegetation, der Exposition und der Hangneigung abhängig. Im Mai wurden aktive Schildkröten frühestens ab etwa 8.30 Uhr angetroffen. Außer im Frühjahr 2009 (10.–18. Mai), als in der Toskana eine schier unerträgliche Hitzewelle zu verzeichnen war, waren aktive Landschildkröten den ganzen Tag über anzutreffen, wenn auch um die Mittagszeit (halb)schattige Plätze aufgesucht wurden. Ab Anfang bis Mitte Juni konnte eine deutliche zweigipfelige Tagesaktivität festgestellt werden. Zwischen etwa 11.30 und 15.00 Uhr wurde dann nie eine Schildkröte beobachtet, nicht einmal ein Rascheln im Gestrüpp verriet ihre Anwesenheit. Ausnahmen gab es nur während und nach auch im Frühsommer möglichen Gewittern. Dann wuchsen die Schildkröten innerhalb von Minuten wie Pilze RADIATA 23 (3), 2014 31

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