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UmweltJournal Ausgabe 2019-01

INNOVATIONEN … 2

INNOVATIONEN … 2 UmweltJournal /Jänner 2019 Kohl-Dampf Möglicher Bioabbau von Plastik in der Landwirtschaft Den Abfall den wir schufen … Mikroorganismen zersetzen Plastik im Boden Mag. Alexander Kohl Wehe, wehe! Wir verdauen Plastik! Eine Meldung, ging Ende Oktober um die Welt – freigesetzt beim Kongress der Gastroenterologen in Wien. Das Umweltbundesamt hatte gemeinsam mit der MedUni Wien das nachgewiesen, was man sich als logischer Kausalketten-denkender Homo Plasticus schon einige Zeit zusammenreimen konnte: Nicht nur unsere Flüsse und Ozeane, unsere Wiesen und Äcker sind voll Mikroplastik, nicht nur Fisch- und Kuhbäuche … Nein. Auch unser Magen, auch unser Darm. Die Nachricht ist kein „alter Besen“. Denn obwohl sämtliche Arten von Plastik mittlerweile überall ihr Vorkommen finden, fehlten bisher noch wissenschaftliche Untersuchungen, wie viele und wie häufig sie dieses in unserem Magendarmtrakt tun. Nun ist es also Umweltbundes-amtlich: Den Kunststoff, den wir schufen, wir werden ihn nicht los. Fünf weibliche und drei männliche Probanden im Alter von 33 bis 65 Jahren wurden – verteilt über die gesamte Nordhalbkugel – über einen längeren Zeitraum hinweg untersucht. Im Durchschnitt wurden 20 Mikroplastik-Teilchen pro zehn Gramm Stuhl gefunden. Neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer konnten nachgewiesen werden, am häufigsten PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat). Keiner der Probanden war Kunststoff-frei! Und damit ist nun auch klar: ich bin ebenso voll damit. Ach, ich merk es! Wehe! wehe! … Sofort nach den Schuldigen suchen: Sehen wir uns die Zuwachszahlen von Plastik an, wird einem immer bänger! Im Jahre 1950 wurden noch rund 1,5 Megatonnen Plastik produziert. 2015 waren es schon über 400 Megatonnen. Immer neue Güsse überschwemmen uns also. Verpackungen sind nur die sichtbare Variante. Tückischer – weil unsichtbar – lauern sie in Kosmetika, in Kleidung und in Lebensmittel. „Unser täglich Plastik“ umgibt uns allenthalben. Es ist wie Zauberei. Eine magische Ironie. Doch half einst Goethes Zauberlehrling in seiner Not noch dessen Meister … wir werden uns wohl selber helfen müssen. Und einige nehmen die Misere auch bereits selber in die Hand. So etwa der Niederländer Boyan Slat. Der 24-Jährige Student der Luft- und Raumfahrttechnik sammelt derzeit im Projekt „The Ocean Cleanup“ mit einer Flotte von mehreren Schiffen den Müll im Nordpazifikwirbel ein. Auch das Europäische Parlament hat ein vor wenigen Wochen ein ambitioniertes Verbot für Wegwerfprodukte aus Plastik ab 2021 beschlossen - Österreich legte mit einem Ende für Plastiksackerl nach. Wahrlich, brav getroffen! Aber um unsere Mägen wieder sauber zu bekommen, reicht das nicht. Der größte Teil aller weltweiten Mikroplastik-Vorkommen ist dem Reifenabrieb unserer Automobile zu verdanken. Und: Auch Industrie und Handel müssen mehr in die Verantwortung genommen werden. O du Ausgeburt der Hölle! Viele Verpackungssortimente namhafter Hersteller stehen unmittelbar im Zusammenhang mit genau jenem Mikroplastik, das nun unverdaulich in unseren Bäuchen herumsickert. Etwa durch den Abrieb der Plastikverschlüsse, der in unseren Getränken landet, oder dem Abbau von Teilen dieser Kunststoffe bei entsprechenden Umwelteinflüssen (zum Beispiel bei Sonneneinstrahlung). Der stetige Plastikstrom in unser Gedärm lässt sich - zumindest theoretisch - relativ einfach schließen. Was löst er dort nun aus? Ist Mikroplastik die Ursache für Allergien, Unverträglichkeiten? Kann man Coca Cola gerichtlich für eine Glutenintoleranz zur Rechenschaft ziehen? Was Plastik in unseren Mägen und Gedärmen bewirkt, sei noch völlig unerforscht – das betonten die Forscher der Wiener Studie bei Nachfragen vehement: Plastik sei ein inertes Material, reagiere also nicht. Walle! Walle … sicher man kann Mikroplastik in Nahrungsmitteln sicher auch als „verdauungsförderlichen Ballaststoff“ sehen. Ob dieser „Besen“ damit aber auch wirklich wieder in seiner „Ecke“ steht? Mag. Alexander Kohl alexander.kohl@sciam.at Das NanoSIMS 50L an der Universität Wien, mit dem der Einbau von Polymer-Kohlenstoff in die Biomasse von Bodenmikroorganismen untersucht wurde. Ein Forscherteam um Michael Sander an der ETH Zürich unter Beteiligung von Dagmar Woebken, Arno Schintlmeister und Michael Wagner vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien konnte erstmals direkt den mikrobiologischen Abbau eines für die Landwirtschaft wichtigen Kunststoffs im Boden nachweisen. Schon seit den 1960er Jahren werden in der Landwirtschaft Plastikfolien zum sogenannten Mulchen (Bedecken des Bodens) verwendet. Sie haben vielerlei Nutzen – zum Beispiel ermöglichen sie eine bessere Verteilung und langsamere Verdunstung von Feuchtigkeit im Boden, ideale Temperaturen für Pflanzenwurzeln und Schutz vor Unkräutern und Insekten. Neben allen wirtschaftlichen Vorteilen, die die Verwendung von Mulchfilmen erzielt, gibt es jedoch auch Nachteile für die Umwelt, insbesondere für die Böden. Üblicherweise bestehen Mulchfilme nämlich aus nichtabbaubarem Polyethylen (PE). Werden diese PE-Folien nach der Ernte nicht vollständig von den Böden entfernt, bleiben Reste zurück und reichern sich auf Dauer im Boden an. Es wird geschätzt, dass 2016 weltweit sechs Millionen Tonnen Plastik in der Landwirtschaft verwendet wurden, davon allein zwei Millionen Tonnen in Form von Mulchfilmen. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Filme in die Böden gelangt, beeinträchtigen die Rückstände Pflanzenwachstum und Ertrag. Ein vielversprechender Weg, die Anreicherung von Plastik in landwirtschaftlichen Böden zu umgehen, ist die Nutzung von Folien aus Polymeren, die von Bodenmikroorganismen abgebaut werden können. Ein in dieser Hinsicht vielversprechendes Polymer, das in Mulchfilmen verwendet wird, ist PBAT (Polybutylenadipat-terephthalat). Bisher konnte der Bioabbau durch Veratmen des Polymer-Kohlenstoffs zu CO 2 und der gleichzeitige Einbau von Polymer-Kohlenstoff in Mikrobenbiomasse noch nicht direkt nachgewiesen werden. Außerdem blieb unklar, ob alle organischen Bausteine des Polymers von Mikroorganismen abgebaut werden können, um zu gewährleisten, dass keiner davon im Boden zurückbleibt. Kohlenstoffisotops 13C hilft Um den biologischen Abbau in Böden näher zu untersuchen verwendeten die Forscher um Michael Sander an der ETH Zürich (Department Umweltsystemwissenschaften) und der Eawag (Abteilung für Umweltmikrobiologie) spezielles PBAT, dessen Bausteine statt des herkömmlichen Kohlenstoffs 12C eine erhöhte Menge des stabilen Kohlenstoffisotops 13C enthielten. „Da das 13C-Isotop in der Umwelt nur etwa ein Prozent allen Kohlenstoffs ausmacht, kann es in angereicherter Form in Polymeren hervorragend verwendet werden, um den Fluss von Kohlenstoffatomen aus dem Polymer während des Bioabbaus in Böden zu verfolgen“, erklärt Michael Zumstein, der Erstautor der Studie. Der Abbauprozess im Boden verläuft in zwei Schritten: Zuerst muss das PBAT durch mikrobielle Enzyme in seine einzelnen Bausteine zerlegt (depolymerisiert) werden. Dann können die kleinen Bausteine von den Bodenmikroorganismen aufgenommen und verwertet werden. Um den Einbau des 13C-Kohlenstoffs in die Biomasse von Bo- Foto: Gregor Eder Foto: Foto: Uni Wien NanoSIMS-Analyse des 13C-markierten Polymers (in blau): In grün sind Pilzhyphen erkennbar, die den Polymer-Kohlenstoff in ihre Biomasse eingebaut haben. denmikroorganismen nachzuweisen, wurden in Kollaboration mit einem MikrobiologInnen- Team der Universität Wien die Polymerproben aus den Bodenexperimenten mittels hochortsaufgelöster Sekundärionen Massenspektrometrie (NanoSIMS) untersucht. „Diese Technik ermöglichte den direkten Nachweis, dass Bodenmikroorganismen Polymer-Kohlenstoff auch in ihre Biomasse einbauen“, erklärt Dagmar Woebken, die sich mit ihrer Arbeitsgruppe an der Universität Wien auf die Untersuchung von Bodenmikroorganismen mittels NanoSIMS spezialisiert hat. Die Messungen zeigten, dass sowohl Pilze wie auch einzellige Mikroorganismen (also höchstwahrscheinlich Bakterien) am Abbau des Polymers beteiligt waren. Und vor allem, dass alle drei Bestandteile des Polymers von Mikroorganismen genutzt wurden. Die Studie erschien in der Fachzeitschrift „Science Advances“. Weitere Abbauversuche, auch längerfristige mit unterschiedlichen Böden, werden aufzeigen, welchen Beitrag bioabbaubare Polymere zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft der Zukunft leisten werden. ÖWAV-ExpertInnenpapier „Kritische Ressource Phosphor“ veröffentlicht Phosphor ist ein essenzieller Nährstoff für alle Lebewesen. Österreich und die EU verfügen jedoch über keine wirtschaftlich abbaubaren Rohphosphate und sind damit zu 100 Prozent auf Importe angewiesen. Mit kommunalem Abwasser und tierischen Nebenprodukten verfügt Österreich jedoch über zwei Stoffströme, die sehr relevante Mengen an Phosphor enthalten, allerdings gegenwärtig nur in geringem Ausmaß genutzt werden. Das kürzlich erschienene ÖWAV-ExpertInnenpapier „Kritische Ressource Phosphor“, welches im Zuge einer Arbeitsgruppe des ÖWAV-Arbeitsausschusses „Klärschlammplattform“ erarbeitet wurde, setzt sich mit der Thematik Phosphor auseinander. Ziel ist es, eine zukunftsfähige Verwertung von Phosphor aus den vorhandenen Quellen zu ermöglichen. Die Publikation stellt daher Klärschlamm und Tiermehle in Hinblick auf deren Menge und Qualität als Sekundärrohstoffe vor und erläutert rechtliche und technische Rahmenbedingungen, die bei deren Verwertung zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus analysiert es die aktuellen Hinderungsgründe, die derzeit einer Phosphor-Nutzung entgegenstehen und zeigt konkrete Möglichkeiten und Wege auf, diese voranzutreiben. Dabei werden technische Verfahren der Phosphor-Rückgewinnung vorgestellt und im internationalen Vergleich die Positionen in Österreich diskutiert. Abschließend werden mögliche Lösungskonzepte erarbeitet, wie die kritische Ressource Phosphor im Sinne einer Ressourcenschonung in Zukunft genutzt werden kann. Das ÖWAV-ExpertInnenpapier „Kritische Ressource Phosphor“ wurde letzten November im Rahmen der „ÖWAV-Klärschlammtagung 2018“ erstmalig präsentiert und steht Interessierten auf der ÖWAV-Website gratis als Download zur Verfügung. ZAPPAR HOLEN PDF ansehen Neue ÖWAV-Publikation Wiederherstellung unterbrochener Phosphor- Kreisläufe durch Nutzung der vorhandenen Phosphor-Quellen

Jänner 2019/ UmweltJournal ... UND PERSPEKTIVEN 3 Nachbericht zur Ecomondo und Key Energy, Rimini Ecomondo schafft sich eigene Attraktivität Foto: Italian Exhibition Group Die Ausstellungen von Ecomondo und Key Energy im Rimini Expo Center verzeichneten wieder einen leichten Anstieg bei den Fachbesucher (vier Prozent). Laut Messeangaben wurde dieses Jahr sogar das 129.000 Quadratmeter große Ausstellungszentrum zum ersten Mal voll besetzt. Das hat auch den Grund dass immer mehr potenzielle Käufer auf der Ecomondo zu finden sind. Die werden von der Messe selbst nach Rimini gelotst. Durch die Garantie Absatz-relevante Besucher auf die Messe zu bringen hat sich die Ecomondo ihre eigene Attraktivität für Aussteller geschaffen. Autor: Mag. Alexander Kohl alexander.kohl@sciam.at Die Ecomondo war einmal mehr der herbstliche Treffpunkt der Umweltbranche im Mittelmeerraum und darüber hinaus. Zum ersten Mal war dieses Jahr laut Angaben der Italian Exhibition Group das 129.000 Quadratmeter große Ausstellungszentrum voll besetzt – auch zahlreiche österreichische Stände bereicherten das Messegeschehen. So hat etwa die Wirtschaftskammer Kärnten einen Gemeinschaftsstand auf die Beine gestellt. Acht Aussteller aus den Bereichen Biomasse, Recycling, Entsorgung und Abwasser präsentierten hier ihre Produkte und Innovationen. „Der italienische Markt ist für uns sicher ausbaufähig“, sagt Alexander Lukas, Business Development Manager von KWI, im Gespräch mit dem Gasblasen ist groß genug, um das sie an die Oberfläche steigen zu lassen. Dort können sie aufgefangen und entfernt werden. „Die Flotation gelöster Luft wird in vielen Branchen bevorzugt verwendet“, so Lukas. Vor allem bei der Behandlung industrieller Abwässer aus Ölraffinerien, petrochemischen und chemischen Anlagen, Papierfabriken oder Lebensmittelverarbeitung sieht er Potenziale, wie auch bei der Schlammverdickung, Trinkwasser- oder Prozesswassererzeugung, allgemeine Wasseraufbereitung und ähnlichen Industrieanlagen. „International Buyers“ Auf der Ecomondo tummelten sich potenzielle Käufer aus all diesen verschiedensten Branchenbereichen und aus sämtlichen Ländern der Welt. Warum die Messe eine derart hohe Präsenz an internationalen „Buyers“ aufweist, hat einen einzigen Grund: Sie kümmert sich selbst um die Einladung, Reiseorganisation und Terminkoordination die- schönen mittelalterlichen Stadtkern von Rimini zu besuchen, oder einen Strandspaziergang zu machen. „Aber das ist okay“, meint Reidy „schließlich sind wir zum Arbeiten hier“ und die Messe übernehme ja auch einen Teil der Spesen, wie etwa den Aufenthalt im Hotel oder die Transfers zu Messegelände und Flughafen. Letztlich ist genau diese Strategie das Erfolgsrezept der Ecomondo auch in den schwächeren IFAT-Jahren, in denen Nach bestem Gewissen leben. sämtliche Marketingbudgets in München landen und kaum eine Branchen-Messe hohe Aussteller und Besucherzahlen aufzuweisen vermag. Durch die immer weiter steigende Zahl an potenziell Absatz-relevanten Besuchern hat sich die Messe ihre eigene Attraktivität selbst geschaffen und bietet ihren Ausstellern neben dem besonderen italienischen Flair auch eine echte Chance für Geschäftsabschlüsse und High- Level Kontakte. Foto: kohl Das ist: Mein Antrieb. Meine Energie. „Wir hatten zahlreiche Termine am Stand mit ‚international buyers‘, die von der Messe organisiert wurden. Einige davon werden unmittelbar zu Projektabschlüssen, andere sehen wir wiederum als gute Kontakte für die Zukunft.“ Alexander Lukas und Daniela Opriessnig, KWI UmweltJournal, vor allem der Mittelmeerraum aber sei interessant. Mit mehr als 4.700 Installationen in 77 Ländern ist die KWI Gruppe der weltweit führende Anbieter von Dissolved Air Flotation (DAF) für Wasserund Abwasserbehandlungssysteme industrieller und kommunaler Anwendungen. Dissolved Air Flotation ist ein Wasseraufbereitungsverfahren, das Abwässer durch die Verwendung von Mikrobläschen klärt. Diese werden durch Auflösen eines Gases (im Allgemeinen Luft) in Wasser unter Druck gebildet und können dann Feststoffe, Öle oder Schwebstoffe abtrennen. Die Blasen haften dabei an den Partikeln und die Auftriebskraft der kombinierten Partikel und ser Käufer. Gemeinsam mit der italienischen Handelskammer werden tausende potenziell interessierte Geschäftsleute, Einkäufer und Kommunalbeauftragte in Europa und darüber hinaus nach Rimini gelotst, wo sie schließlich in einem eng kalkuliertem Zeitplan mit den für sie als interessant befundenen Ausstellern Kontakt aufnehmen müssen. „Bis zu zehn Termine pro Tag haben wir zu machen“, sagt Emmett Reidy aus Irland. Er war für das Beratungsunternehmen Egbert Taylor auf der Suche nach effizienten Abfallsammelsystemen zum zweiten Mal auf der Ecomondo; die Messe hat seinen Trip voll durchgeplant: Nur wenige Stunden bleiben an jedem Nachmittag, um noch den Mit einem kleinen Beitrag etwas Großes erreichen. Darum entscheide ich mich bewusst für Strom aus 100 % Wasserkraft. verbund.com/MeinAntrieb 80761_Verbund_UMWELTJOURN_ET0201_Gewissen_181.5x280_ICv2.indd 1 29.11.18 16:31