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dei – Prozesstechnik für die Lebensmittelindustrie 08.2021

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Die Fachzeitschrift dei - Prozesstechnik für die Lebensmittelindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Weitere Themen sind Hygienic Design, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und die Verpackungstechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Nahrungs- und Genussmittelmaschinen, roboterbasierte Verpackungslösungen sowie Food Design und Getränkekonzepte.

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dei TREND REFORMULIERUNG VON LEBENSMITTELN Bild: ahirao stock.adobe.com Reduktion von Fett, Zucker und Salz in Lebensmitteln NEUE REZEPTUREN GESUCHT Wie lassen sich Rezepturen so verändern, dass gesündere Lebensmittel hergestellt werden können, ohne dass es dabei zu nennenswerten sensorischen oder technologischen Einbußen kommt? Mit dieser Frage beschäftigen sich immer mehr Unternehmen aus der Ernährungs - industrie und dem Lebens mittelhandel. Aber auch für die Zutatenhersteller ist die Reformulierung von Lebensmitteln ein wichtiges Thema. 42 dei 07-08-2021

Ende 2018 hat das Bundeskabinett die „Nationale Reduktions-und Innovationsstrategie für Fertigprodukte“ (NRI) beschlossen. Im Rahmen dieser Strategie haben neun Verbände der Lebensmittelwirtschaft Prozess- und Zielvereinbarungen getroffen, die bis 2025 umgesetzt werden sollen. So will der Milchindustrieverband den Gesamtzuckergehalt von gesüßten Kindermilchprodukten gegenüber 2016 um 15 % senken. Die Unternehmen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreier Getränke streben an, den Zuckergehalt ihrer Erfrischungsgetränke im Vergleich zu 2015 um 15 % zu verringern. Und die im Deutschen Tiefkühlinstitut organisierten Pizzahersteller haben sich zum Ziel gesetzt, den durchschnittlichen Salzgehalt ihrer Produkte auf 1,25 g pro 100 g zu reduzieren. Im Rahmen der NRI führt das Max-Rubner-Institut (MRI) ein kontinuierliches Produktmonitoring durch. Die letzte Erhebung aus dem Jahr 2020 ergab beispielsweise, dass die Zuckergehalte von Nussund Kernriegeln sowie die Salzgehalte von Snacksalami und Toastbrot gegenüber den Erhebungen aus den Vorjahren deutlich verringert wurden. Nachbesserungen sind dagegen unter anderem noch bei Müsliriegeln mit Kinderoptik und unverpacktem Brot nötig. „Die jüngsten Ergebnisse des MRI-Produktmonitorings 2020 zeigen eindrücklich, dass nicht nur die Unternehmen der beteiligten Wirtschaftsverbände intensiv daran arbeiten, die Prozess- und Zielvereinbarungen umzusetzen, sondern zusätzlich auch Hersteller anderer Lebensmittelkategorien ihre Produkte stetig an die sich ständig ändernden Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher anpassen“, kommentiert Manon Struck-Pacyna, Leiterin Öffentlichkeits - arbeit beim Lebensmittelverband. Motivation durch den Nutri-Score Verstärkt wird der Trend zur Reformulierung durch den Nutri- Score, den Unternehmen in Deutschland seit Ende 2020 rechts - sicher nutzen können. „Das Interesse von Lebensmittelherstellern am Thema Reformulierung ist seit Herbst 2020 gestiegen“, beobachtet Marion Klaus, Produktentwicklerin bei der QMP Qualitätsmanagement und Produktentwicklung Jena GmbH. Der Nutri-Score ist laut Klaus eine deutlich höhere Motivation für Unternehmen, ihre Produkte zu reformulieren als die Reduktionsstrategie. Damit Produkte einen günstigen Nutri-Score erhalten, sind oft Rezepturänderungen nötig. Diese sollten nicht zu nennenswerten sensorischen oder technologischen Einbußen führen, was die Hersteller häufig vor Herausforderungen stellt. Besonders aktiv in Sachen Reformulierung ist der Handel. Kaufland beispielsweise reduziert seit 2015 den Zucker-, Fett- und Salzgehalt seiner Eigenmarkenprodukte. Im Fokus stehen Cerealien, Molkereiprodukte, Wurst, Brot und Brötchen sowie alkoholfreie Getränke. Ziel ist es, den Zucker-, Salz- oder Fettgehalt durchschnittlich um 20 % zu reduzieren. Auf die Verwendung von Ersatzstoffen verzichtet Kaufland nach eigenen Angaben. Da die Produkte trotzdem weiterhin die Erwartungen der Kunden erfüllen sollen, erfolgt die Reduktion in vielen Fällen schrittweise. 2020 hat Kaufland den Nutri- Score eingeführt und will ihn bis 2023 auf allen Produkten der Marke K-Classic anbringen, die für diese Auslobung berechtigt sind. Relevante Inhaltsstoffe in kleinen Schritten reduzieren Auch Nestlé hat sich zum Ziel gesetzt, in seinen Produkten schrittweise den Gehalt an Nährstoffen zu reduzieren, deren Aufnahme nicht im Übermaß erfolgen soll. Gleichzeitig will der Konzern aber auch den Gehalt an positiven Inhaltsstoffen wie Gemüse und Vollkorngetreide erhöhen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass eine Reduktion von Salz, Zucker oder gesättigten Fettsäuren nur in kleinen Schritten möglich ist, um das Geschmacksprofil eines Produktes Nestlé hat im Frühjahr 2020 die ersten Produkte mit dem Nutri-Score auf den Markt gebracht. Im April 2021 trugen bereits 270 Produkte diese Kennzeichnung. und die damit verbundene Verbraucherakzeptanz beizubehalten“, erklärt Dr. Annette Neubert, Head of Corporate Nutrition, Health & Wellness. „Um zum Beispiel den Kochsalzgehalt in unseren Maggi- Produkten zu reduzieren, nehmen wir schrittweise nur so viel Salz aus der Rezeptur heraus, dass der Geschmack nicht beeinträchtigt wird und auch die Zutatenliste nicht leidet.“ Außerdem prüft Nestlé, inwieweit Zutaten eingesetzt werden können, die für einen würzigen Geschmack sorgen, etwa Zwiebeln, Ingwer, Oregano und Paprika. Der Nutri-Score sporne das Unternehmen an, die Produkte weiter zu überarbeiten, so Neubert. Durch eine schrittweise Rezepturanpassung wurde beispielsweise erreicht, dass die Nestlé- Ce ralien-Riegel eine Nutri-Score-Bewertung von C erhalten haben. Rezepturveränderungen bei Pizza, Joghurt und Wurst Dr. Oetker arbeitet seit 2007 kontinuierlich daran, den Salzgehalt seiner Tiefkühlpizzen zu reduzieren. Bezogen auf das gesamte Pizzasortiment in Deutschland hat das Unternehmen bis 2020 eine stufenweise Verringerung des Kochsalzgehaltes um 23,7 % erzielt. So konnten durch optimierte Verfahren die Salzgehalte im Käse, in den Fleisch- und Wurstwaren sowie im Pizzateig gesenkt werden. Bis 2025 will Dr. Oetker den Salzgehalt seiner Pizzaprodukte auf maximal 1 g pro 100 g verringern. Gemeinsam mit externen Partnern und Instituten wie dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) arbeitet Dr. Oetker an Forschungsprojekten zur Salzreduktion. Die Privatmolkerei Bauer konzentriert sich aktuell vorrangig darauf, den Zuckergehalt ihrer Fruchtjoghurt- und Milchmischerzeugnisse zu senken. Auf bestimmte Reduktionswerte will sich die Molkerei aktuell nicht festlegen. „Die Weiterentwicklung unserer Rezepturen ist ein kontinuierlicher Prozess, der bereits seit Längerem läuft und nicht zu einem bestimmten Termin beendet ist“, sagt Geschäftsführer Dr. Michael Münch. Dabei reduziert die Molkerei nicht nur relevante Stoffe, sondern bedient sich auch technologischer Verfahrensoptimierungen, um den fehlenden Süßeindruck zu kompensieren. Ein Beispiel aus dem Wurstwarenbereich ist ein Reformulierungsprojekt, das die Radeberger Fleisch- und Wurstwaren Korch GmbH 2019 gemeinsam mit der QMP Jena startete. Primäres Ziel war es, ballaststoffreiche Brüh- und Kochwurstprodukte zu entwickeln. Im Ergebnis führt die Ballaststoffanreicherung aber auch zu einer beträchtlichen Fettreduktion. Um den Ballaststoffgehalt der Wurst anzuheben, ersetzt das Unternehmen einen Teil des Fleisches durch Bild: Nestlé dei 07-08-2021 43

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