Bootsrestaurierung Von Grund auf restauriert Mission: Rettung einer klassisch modernen Yacht, die auf dem Attersee gesunken ist und nach aufwändiger Planung aus 135 Metern Tiefe gehoben werden musste. Einsatzort: Holzbootsbau Friedl in Bisamberg bei Wien. Status: Operation geglückt, die L95 aus der Bootswerft Markus Glas am Starnberger See – ein schnittiges Gesamt kunst werk aus Holz – ist vollständig genesen und wird mit Saisonbeginn wieder auf dem Wasser sein. Text ARTUR VLASATY | Fotos DOMINIK GLAS, TAHSIN ÖZEN, PRIVAT ARTUR VLASATY ist Experte und selbst stolzer Besitzer mehrerer klassischer Rennjollen. è www.n-rennjolle.org Wenn ein Holzboot bei Holzbootsbau Friedl von Grund auf restauriert werden soll, dann beginnt Georg, der den Betrieb von Vater Wolfgang vor sechs Jahren übernommen hat, zunächst einmal mit einer umfassenden Bestandsaufnahme der vorliegenden Schäden, welche auf altersbedingten Verschleiß oder Kollisionen zurück zuführen sind. Nicht in diesem Fall einer 30-m 2 - Binnenkielyacht, der L95 aus dem Hause Markus Glas mit Sitz am Starnberger See. Bei heftigem Sturm und unter einer geschickt herbeigeführten Verkettung unglücklicher Umstände griff Poseidon im Juli 2018 nach dem Rumpf und zog Paul in die Tiefen des Attersees. Die Mannschaft ließ er dabei verschont. Die Spezialisten der Wasserrettung Nußdorf am Attersee konnten bald den Ort ausmachen, wo Paul auf Grund lag. Ein Tauchroboter lieferte erste Bilder vom versunkenen Rumpf aus schwarzer Tiefe. Die Hebung wurde drei Monate später von mehreren Tauchteams aus Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Deutschland durchgeführt. In Anbetracht der Tiefe von 135 Metern, in die die Taucher auch tatsächlich absteigen mussten, wahrhaft eine Meisterleistung. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beantwortung zahlreicher Fragen, die sich den Experten stellen. Wie sieht zum Beispiel in so einem Fall das Schadensbild aus? Kann ein solches Wrack tatsächlich wieder fit gemacht werden und wenn ja, wo rauf ist dabei zu achten? ERDRÜCKENDE 13,5 BAR Der Reihe nach. Zunächst muss sichergestellt werden, dass bei der Hebung absolut behutsam agiert wird, da das Material des Rumpfes in dieser Tiefe einem Überdruck von satten 13,5 Bar ausgesetzt ist. Zum Vergleich: Ein Autoreifen wird mit rund 2,5 Bar gefüllt. Idealerweise muss der Rumpf daher in etwa 20-Meter-Schritten langsam gehoben werden – mit wohlbemessenen Pausen dazwischen, damit das buchstäblich ein 40 2/2021
gepresste Wasser in den zahlreichen Holzbauteilen langsam „entspannt“ werden kann. Anderenfalls würde die Holzstruktur mikroskopisch betrachtet explodieren, womit auch die Festigkeit nachhaltig verloren wäre. Vergleichbar mit einem Taucher, der beim Aufstieg aus großer Tiefe zwingend Pausen einlegen muss, damit die Gasexpansion des gelösten Stickstoffes in den Zellgefäßen wieder durch die Zellwände diffundieren kann. Die Außenhaut des Rumpfes war bei diesem Boot seinerzeit im Vakuum-Verfahren sperrholzschichtverleimt ausgeführt und bei hohem Unterdruck mit Epoxidharzen gefüllt und verklebt worden. Hier war also mit geringeren Problemen zu rechnen, da dieser Bauteil bereits unter hohem Druck gefertigt worden war. Vergleichsweise hätte ein „ Bei uns entstehen nicht nur alte Boote neu, sondern auch neue Boote nach alten Plänen.“ Georg Friedl, Bootsbauer und Geschäftsführer von Holzbootsbau Friedl. 2/2021 41
Laden...
Laden...
Laden...
Follow Us
Facebook
Twitter