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2007-2 REISE und PREISE

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BRASILIEN DIE REPORTAGE

BRASILIEN DIE REPORTAGE verschlafenen Fischerdörfern und schlanken,in den Himmel hineinragenden Palmen zeigen? Im Grunde ist jeder einzelne paradiesischschön. Goldgräberstimmung am Schildkrötenstrand Die Gerüchteküche in Praia do Forte brodelt. Hat Klaus Peters seinen eigenen Lebenstraum jetzt am Ende verraten und verkauft? Als der aus São Paulo stammende Unternehmer, ein Enkel deutscher Einwanderer, vor gut dreißig Jahren hier Urlaub machte, hatte die Ausrottung des Atlantischen Regenwaldes, der einst die gesamte brasilianische Küste bedeckte, bereits begonnen. In Praia do Forte aber gab es ihn noch und dazu die Stromschnellen des Pojuca und das rote Wasser in der Lagune des Timantube. Ein paradiesischer Strand,den die Weibchen der Riesenschildkröten seit Urzeiten bevorzugt für ihre Eiablage aufsuchen. Für Peters stand fest, dass er diese Idylle für alle Zeit bewahren wollte. Und das ist ihm tatsächlich bis heute gelungen. Sein Masterplan für die von ihm erworbenen 30.000 Hektar Land mitsamt dem verträumten Fischerdorf und der kleinen, weißen Kirche am Strand war genial: Mit einem noblen Eco-Resort startete ein sanfter Tourismus, der den Bewohnern des Dorfes Arbeitsplätze und neue Perspektiven eröffnete, ohne die Natur zu zerstören.Alle durften ihre Häuser behalten,nur weiterverkaufen dürfen sie sie nie. Aber wen stört das, wenn doch die Dorfstraße jetzt eine bunte Flaniermeile ist und man den vorderen Trakt des Hauses gewinnbringend als Restaurant, Boutique oder Pousada nutzen kann. Und viele der Fischer, die einst das Fleisch und die Eier der Meeresschildkröten verspeisten, engagieren sich seither zudem als Tierschützer von Tamar. Suchen Nacht für Nacht die Strände nach neuen Nestern ab, markieren diese und versetzen notfalls Eier aus gefährdeten Zonen. So erscheint auf den ersten Blick alles im perfekten Einklang wie eh und je.Und doch hat eine neue Zeitrechnung begonnen.Denn die schnurgerade Küstenstraße hat die unberührten nördlichen Strände schnell erreichbar gemacht und damit die Begehrlichkeiten von Investoren geweckt. Noch verlieren sich die Touristen hier am weiten Strand. Noch wird es mit jedem Meter, den man läuft, immer einsamer. Aber Peters Ausverkauf hat mit einem riesigen Areal begonnen,das die spanische Iberostar-Hotelkette vor einem Jahr übernommen hat. Wandert TESTSPIEGEL Nachmittags am einsamen Schildkrötenstrand relaxen, abends in der Party-Metropole Salvador von Bar zu Bar ziehen– kein Problem. Die Region um Salvador da Bahia ist ideal für einen Strandurlaub mit einer Prise Naturerlebnis, Kultur und Abenteuer Nachtleben Abenteuer Freizeit Kultur Nebenkosten Strände man jetzt sechzig Minuten gen Norden am Meer entlang, dann leuchtet plötzlich inmitten einer grandiosen Dünenlandschaft die gewaltige Hotelanlage wie eine Fata Morgana hervor.Alles unter strengsten Naturschutzauflagen erbaut und sehr hübsch gestaltet. Doch wohin die Urbanisierung solcher Traumstrände führen kann, zeigt sich an der rund dreißig Kilometer entfernten Costa do Sauípe. Bis ins Jahr 2000 noch nahezu unberührte Natur, hat man dort, nur einen Steinwurf von traditionellen Fischerhütten entfernt, die größte zusammenhängende Ferienanlage Südamerikas aus dem Boden gestampft. Fragt sich, wo künftig die Riesenschildkröten bleiben,wenn der Mensch die wilde Schönheit ihrer Strände jetzt in gepflegtes Grün und Beton verwandelt. Sie, die seit über dreizehn Millionen Jahren durch unsere Ozeane schwimmen und sogar die Dinosaurier überlebt haben, werden am Ende wohl die großen Verlierer sein. Heiße Rhythmen im schwarzen Salvador Es gibt Städte auf dieser Welt, deren Name steht einfach für Musik und pure Lebensfreude. Salvador da Bahia, einst blühende portugiesische Kolonialhauptstadt und heute mit rund 2,8 Millionen Einwohnern drittgrößte Metropole Brasiliens, gehört ganz sicher dazu. Nirgendwo sonst im Land sind die afrikanischen Wurzeln so präsent wie hier, wo die Nachkommen der Sklaven bis heute über achtzig Prozent der Bevölkerung ausmachen. Nicht in Rio de Janeiro, nein, hier tobt zur Karnevalszeit das größte Fest der Erde.Wer es nicht glauben mag, muss nur ins Guinness-Buch der Rekorde schauen. Oder, besser noch, man lässt sich von der ausgelassenen Partystimmung mitreißen, die sich an 365 Tagen im Jahr stets aufs Neue in der historischen Oberstadt Cidade Alta entfacht. Kein Tag, an dem dieser Ort nicht von den energiegeladenen Trommelrhythmen fröhlicher Straßenbands erfüllt wäre. Kein Platz, an dem man nicht irgendwann auf eine Capoeira-Gruppe treffen würde,die dort mit viel Spaß den bis ins zwanzigste Jahrhundert noch verbotenen und deshalb als Tanz getarnten Kampfsport der Sklaven trainierte.Kernzelle dieser heiteren Lebenskultur ist das berühmte Pelourinho-Viertel, das die UNESCO 1985 als Lateinamerikas bedeutendstes zusammenhängendes Barockviertel zum Weltkulturerbe erklärte.Was sich heute kaum jemand vorstellen kann, wenn er die prunkvolle Kolonialarchitektur mit den Palästen, Klöstern und unzähligen Kirchen bewundert: Bis der Staat 1992 endlich dem internationalen Druck nachgab und eine gewaltige Sanierungsaktion begann, sah dieses Viertel ebenso heruntergekommen aus wie jetzt die alten Hafenstraßen in der ansonsten modernen Unterstadt.Dort liegt bisher die größte touristische Attraktion in der Fahrt mit dem Elevador Lacerda – jener monströsen Fahrstuhlkonstruktion für Fußgänger, mit der man seit 1930 die steile Felswand zwischen Ober- und 10 REISE & PREISE 2/2007

Salvador ist eine Stadt der Musik – Trommel-Combos sind allgegenwärtig (links). Zum herrlichen Strand von Imbassaí fährt man von Salvador nur eine Stunde (oben). Frisch geschlüpfte Wasserschildkröten (Mitte unten). Dieser Frisör kommt mit dem VW-Bully (rechts unten) Unterstadt in Minutenschnelle überwinden kann. Von oben eröffnet sich ein Traumpanorama über die Stadt und die majestätische Allerheiligenbucht Baia de Todos os Santos. Unten aber lockt dann nur noch im alten Zollgebäude ein riesiger Kunsthandwerkermarkt, der Mercado Modello. Doch Carlinhos Brown, der gefeierte Star der modernen bahianischen Musikszene,ist zuversichtlich,dass auch der alte Hafen wieder glanzvollere Zeiten erleben wird. Wie viele Künstler im Land setzt auch er seine Popularität dafür ein,um den Menschen in Salvadors zahlreichen Favelas bei Politikern und einflussreichen Wirtschaftsbossen Gehör zu verschaffen. Er, der selbst in einem dieser Armenviertel aufwuchs und seine ersten Hits auf weggeworfenen Blechdosen und Plastikflaschen eingespielt hat, weiß, »Musik und Bildung geben den Menschen ihre Träume zurück«.Getreu diesem Motto hat er gerade das verwahrloste historische Goldmarkt-Quartier ersteigert und lässt es nun sanieren. Danach soll es als Kulturzentrum mit kostenlosen Englisch- und Computerkursen und einem großen Musikstudio für alle offenstehen. »Nur noch ein paar Monate«, versichert Carlinhos, »und ihr werdet erleben, wie die Straßenkinder mit ihren Sambatrommeln das Hafenviertel hier zum Glühen bringen.« Tabak, Zuckerrohr und Smaragde Paolo zündet sich genussvoll eine Zigarre an. »Ein kluger Mann sagt einer Frau niemals, wo seine Mine liegt!« grinst er verwegen. Ein Glücksritter, wie er im Buche steht. Auf seiner Durchreise durch Salvadors fruchtbares Plantagenland Recôncavo, so gesteht er, gehöre ein Großeinkauf in der Zigarrenmanufaktur von Dannemannin jedem Fall dazu.Von Tabak- und Zuckerrohrfeldern umringt, liegt das historische Stammhaus des einst aus Bremen eingewanderten Unternehmers in einem Tal, direkt am Ufer des Rio Paraguaçu. Nicht nur für Paolo ein Highlight im beschaulichen São Felix, das ansonsten vom architektonischen Reichtum der gegenüberliegenden Zwillingsstadt Cachoeira glatt in den Schatten gestellt wird. An dem viel gepriesenen Barockstädtchen, das im 17. Jahrhundert durch den Handel mit Zuckerrohr, Tabak und Baumwolle erblühte, interessiert Paolo bei seinen Besuchen allerdings nur eines: die Bar »Cabana do Pai«. Dort steht er nun mit der Zigarre in der Hand und kippt sich einen letzten,kräftigen Schluck Cachaça die Kehle hinunter. Lüftet zum Abschied kurz den Hut und macht sich dann auf, ins gut vierhundert Kilometer entfernte Campo Formoso. Monatelang wird er dort, wo die größten brasilianischen Smaragdvorkommnisse liegen,wieder Hunderte Tonnen Stein abbauen, zerkleinern und waschen. Stets in der Hoffnung auf den sensationellen Fund. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn Brasilien gilt bei der Förderung farbiger Edelsteine weltweit als führend. Nur der große Gold- und Diamantenboom, der im 19. Jahrhundert Desperados aus aller Welt in die grüne Hochebene der Chapada Diamantina lockte,ist längst Geschichte.Ein Hauch von Abenteuer und Freiheit weht jedoch noch immer über der grandiosen Canyonlandschaft, die 1985 zum Nationalpark erklärt wurde. Die Glücksritter von einst sind weitergezogen. Aber Glückssuchende werden hier wie überall in Bahia garantiert auf sagenhafte Naturschätze stoßen. INFO BRASILIEN auf S. 12

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