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2019-3 REISE und PREISE

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URUGUAY DIE REPORTAGE

URUGUAY DIE REPORTAGE Ein junges Paar legt in einer Fußgängerzone von Montevideo eine flotte Tango-Sohle auf das frisch ausgerollte »Parkett« (links). Die Uruguayer lieben ihren Mate. Sie trinken ihn meist aus hölzernen Bechern, den Porongos (rechts). Colonia del Sacramento am Río de la Plata ist ein koloniales Frei lichtmuseum (unten). Der Badeort José Ignacio punktet mit Strand sowie vielen Restaurants und Bars (ganz unten) Mit Mate zum Traumstrand 80 REISE & PREISE 3-2019

Gabriel Guigou und sein Sohn posieren neben seinem Chevrolet aus dem Jahr 1931 in Colonia del Sacramento der alten Festungsmauer entlang und klettern am Plaza Mayor die 118 Stufen auf den inzwischen solarbetriebenen Leuchtturm. Der wurde vor mehr als 160 Jahren auf den Ruinen des abgebrannten Klosters St. Francisco Xavier gebaut. Prächtige Oldtimer, betagte Kolonialstädte und wunderschöne Strände – Uruguay hat weit mehr zu bieten als Pampa und exquisites Rindfleisch. Im fortschrittlichsten Land Süd amerikas bekommt jedes Kind in der Schule ein Notebook, Cannabis ist legal und die Menschen haben ihren frisch gebrühten Matetee überall dabei. TEXT & FOTOS MARA GLIND Gabriel Guigou legt die rechte Hand auf seinen Chevrolet von 1931. »Das ist meiner«, sagt der 44-jährige Uruguayer stolz und blickt verliebt auf das schwarze Gefährt, dessen Scheinwerfer wie riesige Augen zwischen der gewaltigen Kühlerhaube und den geschwungenen Kotflügeln hervorstechen. »Heute ist Oldtimer-Treffen, einer von vier Tagen im Jahr, an dem wir unseren Chevy ausfahren«, Gabriel lacht. Der Mechaniker und sein 15-jähriger Sohn posieren mit ihrem Oldtimer vor den Ruinen der Stierkampfarena in Colonia del Sacramento. Mit ihnen sind an diesem Morgen einige Dutzend Fahrer in die Kleinstadt am Río de la Plata gekommen. Harold Power steht in der Straßenkleidung der 1920er Jahre neben seinem 88 Jahre alten Ford A. »Hier fahren die Klassiker noch immer auf den Straßen. Die Menschen nutzen sie wie ganz normale Gebrauchs - fahrzeuge«, erzählt der 71-jährige ehemalige Schulleiter aus Argentinien, zupft seine Weste und die rote Krawatte zurecht und kramt eine silberne Plakette aus der Hosen - tasche, das Metall, das ein Arbeiter 1916 für den Zutritt in die erste Detroiter Ford-Fabrik benötigte. Uruguay ist ein Oldtimer-Mekka. Damit das so bleibt, begrenzen die Süd - amerikaner den Export. Nur wenn mindestens drei Exemplare eines Modells und Baujahrs im Land verbleiben, darf ins Ausland verkauft werden. Colonia del Sacramento ist eine Oldtimer-Hochburg Colonia del Sacramento, ein UNESCO-Weltkulturerbe und die älteste Stadt des Landes, ist die perfekte Kulisse für Uruguays Old - timer. Zwar hat die Lokalregierung die bis vor Kurzem noch fotogen in mancher Gasse stehenden leicht maroden Wagen aus dem Ort verbannt, doch der betagte Charme der Kleinstadt ist geblieben. Rote und weiße Kolonialhäuschen aus dem 18. Jh. reihen sich an den Plätzen und den schmalen Kopfsteinpflasterstraßen aneinander, dazwischen ab und zu ein Open-Air-Café. Von den Wänden bröckelt der Putz. Von den Dächern rankt pinkfarbene Bougainvillea, Palmen und Platanen säumen die Wege. Seit die Portugiesen den Ort im Jahr 1680 gründeten, kämpften sie immer wieder mit Spanien um die strategisch günstig gelegene Hafenstadt am Mündungsdelta des Silberflusses. Die Einheimischen sagen, die Gefangenen wurden damals durch die Calle de los Suspiros, die Seufzergasse, getrieben, während sich die Kolonialherren in einem Kasino vergnügten. Zur Blütezeit sollen im Hafen bis zu 50 Schiffe gleichzeitig gelegen haben, um Schmugglerware und Sklaven zu laden. Heute spazieren die Touristen – darunter viele Tagesbesucher aus Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires auf der anderen Flussseite – durch das restaurierte Stadttor ins Barrio Histórico, an den Resten Die Pampa ist das Reich von 11 Millionen Rindern Colonia del Sacramento ist die größte Stadt im Departamento Colonia, einer der kleineren, aber gut besiedelten Provinzen. Hier auf der La-Plata-Ebene im Westen breitet sich die Pampa aus. Die subtropische Steppe ist ein Synonym für den kleinen südamerikanischen Staat mit endlosen Wiesen und grasenden Kühen. Mehr als elf Millionen Rinder gibt es und damit mehr als dreimal so viele wie Einwohner. Die Straßen führen hier kilo - meterweit geradeaus, meist über plattes Land, manchmal auf und ab über Hügel, rechts und links von Palmen, Eukalyptusbäumen und blühendem Ginster gesäumt. Dazwischen kleine Ortschaften mit ein stöckigen Einfamilienhäusern, der Vorgarten sorgsam gepflegt, eine Rinderfarm oder ein Weingut. In Carmelo bewirtschaftet Diego Vecchio mit seiner Frau Ana Paula Cordano einen Weinberg. Natürlich bauen sie auch die älteste Rebsorte Uruguays an, den kräftigen roten Tannat. Die Nachkommen italienischer Einwanderer haben prominente Verwandte. Anas Opa ist der Bruder des bis 2015 regierenden Präsidenten José Mujica Cordano, den die Uruguayer noch immer verehren, weil er von einem Bruchteil seines Präsidentengehalts lebte und den Großteil des Geldes gemeinnützig spendete. Seit 1855 versorgt der Cordano-Feldladen Almacen de la Capilla die Einwohner der Region mit Dulce de Leche, eingelegten Früchten und Traubenseife – ein Laden in Originalausstattung inmitten von Feldern und Wiesen. »Der Sandweg vor unserer Tür war damals eine Hauptstraße. Da sie auch an der Kapelle San Roque vorbeiführte, brachte sie viele Kunden. Nach dem Gottesdienst kaufte man eben Käse und Fleisch, das in den Kellern unter dem Holzboden gelagert wurde.« Diego zeigt auf eine Klappe zwischen den alten Holzdielen, während er einen Schluck Matetee aus seinem Porongo nimmt. Der hölzerne Becher gehört zur Ausstattung eines jeden Uruguayers wie der metallene Trinkhalm Bombilla und eine Thermoskanne, die in eine spezielle Schultertasche gesteckt wird, die Matera. Drei Liter trinkt Diego am Tag, immer zu festen Zeiten, um 7, 11 und 19 Uhr, immer die gleiche Sorte. Nur der Mate mit frischen Cannabisblättern, den er seit Kurzem im Laden anbietet, ist nichts für ihn, obwohl er ein Verkaufsschlager ist. ➔ REISE & PREISE 3-2019 81

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