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Jahresbericht 2016

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ZISTERZIENSERINNEN-ABTEI<br />

WALDSASSEN<br />

Charme<br />

hhinter Klostermauern<br />

1/<strong>2016</strong>


Der Schöpfer des Alls ist gekommen<br />

ER ist zu den Menschen gekommen<br />

ER ist der Menschen wegen gekommen<br />

ER ist als Mensch gekommen.<br />

Hl. Bernhard von Clairvaux<br />

Ganz licht und klar sein heißt:<br />

am Ziele sein.<br />

Bernhard von Clairvaux


Advent <strong>2016</strong><br />

Die vielzähligen Pforten der Barmherzigkeit, die Papst Franziskus in<br />

diesem Jahr "geöffnet" hat werden nun nach und nach wieder geschlossen. Es<br />

lohnt sich für jeden Einzelnen ein Rückblick auf das Vergangene.<br />

Durch wie viele Pforten dieser Art sind wir dieses Jahr geschritten, bewusst oder<br />

unbewusst? Gemeinsam als Konvent haben wir die "Heiligen Pforten" in Tirschenreuth und<br />

Hannover besucht. Und hier möchten wir schon mit unserem Dank für das Erlebte von <strong>2016</strong> zu<br />

beginnen. Ein Dank an unsere Mt. M. Laetitia, die es ermöglicht durch ihre regelmäßigen<br />

Vorträgen, Meditationen und Regelauslegungen, Konventgespräche, gestaltete Rekreationen wie<br />

Grillen im Kreuzgarten, Gartenarbeiten Konventausflug etc. unser Gemeinschaftsleben zu formen.<br />

DANKESCHÖN für diese vielen echten GEMEINSCHAFTSERLEBNISSE, die uns gegenseitig besser<br />

kennen lernen ließen und so glauben wir, neu zusammengewachsen zu sein, was für den Alltag von<br />

Bedeutung ist und auch für unser weiteres Miteinander in Zukunft!<br />

Ein weiterer Dank gilt unseren vielen Zelebranten, die es uns ermöglichen täglich die Eucharistiefeier -<br />

DANKSAGUNG - als Gemeinschaft zu feiern. Namentlich möchten wir erwähnen: H.H.P. Benedikt<br />

Leitmayr osfs , H. H. Pfarrer Reinhard Forster, und neu dazugekommen unsere Mitbrüder von Tirschenreuth,<br />

die Steyler Missionarer, an ihrer Spitze H.H. Präses Martin Neuhauser SVD. Für die Nachbarschaft mit<br />

Herrn H. H. Dekan Thomas Vogl, P. Marianus und P. Romanus möchten wir uns ebenso bedanken, sowie<br />

für die Möglichkeit der Teilnahme an Gottesdiensten in der Basilika.<br />

Regelmäßig besuchen verschiedene Beichtväter die Abtei - das ist nicht selbstverständlich und dafür<br />

sagen wir ein inniges "Vergelt's Gott" den Mitbrüdern: P. Prior Maurus Kraß OSB<br />

(Wechselburg/Ettal), P. Athanasius Berggold OSB (Metten), P. Antonius Sohler<br />

(Hammerschmid) und ihren Oberen, die dieses ermöglichen.<br />

Wie in den vergangenen Jahren möchten wir Sie wieder auf die „Reise mit Blick hinter<br />

die Klostermauer“, aber auch in das verflossene Jahr <strong>2016</strong> mit nehmen. Herzliche<br />

Einladung gemäß dem Zisterzienserspruch -<br />

„PORTA PATET, COR MAGIS" - "Die Pforte steht weit offen,<br />

noch mehr unser Herz". Und diese Pforte bleibt auch nach<br />

dem Jahr der Barmherzigkeit herzlich und weit<br />

geöffnet!


© Frau C. Bennewitz


© Frau Sabine Franzl<br />

© Frau Sabine Franzl<br />

bitte umblättern...<br />

Kloster-Schwestern<br />

erzählen aus ihrer<br />

Stiftsbibliothek


K<br />

i n d e r a u s d e m<br />

2 1 . J a h r h u n d e r t<br />

sehen nicht den Heiligen<br />

Bernhard, wie er da so kniet.<br />

Oder Plato. Oder Sokrates. Sie<br />

sehen nicht die fast 1500 alten<br />

Bücher, gebunden in grauem<br />

Schweinsleder. Oder in dunklem<br />

Rindsleder. Sie sehen nicht die vom<br />

Meister Karl Stilp handgeschnitzten<br />

Riesenfiguren mit den bösen Gesichtern,<br />

die aus Linde sind, sich zum Glück nicht<br />

bewegen und mit Bienenwachs eingelassen seit fast<br />

300 Jahren dort schon wachen. Sie sehen nicht den feinen Stuck<br />

von Jacob Appiani oder die Deckengemälde eines Karl Hofreiter.<br />

Sie sehen nicht den Zierrat und auch nicht, dass hier<br />

irgendwie alles weltberühmt ist in diesem großen Gewölbesaal<br />

dieser bedeutenden Stiftsbibliothek im Kloster Waldsassen.<br />

Kinder aus dem 21. Jahrhundert sehen aber sofort das glatte, das<br />

glänzende Parkett. Und wie das Licht wegen der riesengroßen<br />

Fenster auf der Westseite sich darauf legt. Plötzlich ist dieser<br />

Boden wie ein Spiegel, der kaum knirscht, der so anlockt, der<br />

eine Eislauffläche ist, auf der es sich so schön schlittern lässt.<br />

Wie auf Schlittschuhen. Nur dass die Schlittschuhe Filzpantoffeln<br />

sind.<br />

„Na klar dürfen die Kinder am Anfang herumrutschen, das<br />

haben wir früher auch gemacht. Das haben alle Kinder<br />

gemacht“, sagt Schwester Felicitas. Die 30-Jährige mit dem<br />

Wiener Akzent, weil sie aus St. Pölten stammt, hat<br />

schon einige Firmlingsgruppen und Kinder bisher<br />

in den Saal geführt – und schlittern lassen.<br />

Aber nicht nur. Es darf auch gesucht<br />

werden, geforscht, entdeckt, gefunden<br />

werden. Und es darf auch etwas gelernt<br />

werden. Deshalb werden die Kinder<br />

nach ein paar Herumtobe-Minuten<br />

unverdächtig sanft vom Schlittermodus<br />

abgelenkt. Mit einer Rittergeschichte?<br />

Ja, mit einer Rittergeschichte,<br />

nickt Schwester Felicitas. Da hat<br />

das Kloster ja eine zu bieten. Gerwig<br />

„Die Maus ist der<br />

Star, die Schnecke<br />

wird dagegen<br />

seltener gefunden“


von Volmarstein war nämlich Ritter. Im 12. Jahrhundert. Mit Erwachsenen ist das schwierig ohne Hilfestellung“,<br />

Also liebte er Ritterspiele. Doch eines Tages verwundete er grinst die Schwester.<br />

in einem Turnier seinen Gegner und erkannte zu spät, dass<br />

dieser sein Freund Diepold von Vohburg war. Da er Die berühmte Stiftsbibliothek als Spielplatz. Was hätte der<br />

glaubte, ihn<br />

berühmte Karl Stilp dazu gesagt? Der Bildhauer, der in<br />

getötet zu haben, ging er aus Kummer darüber in ein Waldsassen geboren wurde, bei seinem Vater in die Lehre<br />

Kloster in Köln. Bald darauf verließ er dieses mit seinem ging und dessen filigrane Holverzierungen aus Eiche, die<br />

Gefolge und kam nach Waldsassen. Der Zufall wollte es, fast schwebende Empore mit dem feinen Geländer und die<br />

dass sich beide Männer hier wieder trafen – als Markgraf monströsen Figuren - es sind die Menschen mit den<br />

Diepold in seinen Wäldern nämlich jagte, traf er die Untugenden wie der Ignorant oder der Heuchler oder der<br />

fremden Mönche und erkannte darunter seinen Freund. Dumme - jährlich zehntausende Besucher in diese Biblio-<br />

Aus Freude darüber schenkte er ihm so viel Land, wie er an thek locken. Unter Abt Eugen Schmid hat er dieses<br />

einem Tag mit einem Esel, so die Legende, umreiten hölzerne Wunder von 1724 bis 1744 geschaffen. „Wir<br />

konnte und gab ihm den Auftrag, hier ein Kloster zu bauen. wollen auch Kinder dafür begeistern, aber das geht nicht<br />

mit historischen Vorträgen“, so Schwester Felicitas. Aber<br />

„Da staunen die Kinder schon. Und weil sie staunen und mit Herumschlittern, Rittergeschichten und kleinen Tieren<br />

nicht mehr ans Schlittern denken, habe ich gleich noch ein wie Schnecke, Taube, Spinne oder Maus. Dann finden die<br />

Spiel vorbereitet“, sagt Schwester Felicitas. Sie holt den Kinder plötzlich auch interessant, dass die großen Holzfi-<br />

Bibi-Quiz für schlaue Kids hervor. Ein kleines Heftchen guren von Stilp Geschichten erzählen. Nämlich, dass der<br />

mit kleinen Tieren, die niedliche große Augen haben. Es Neugierige ein riesiges Ohr hat und dass dies nicht schön<br />

gilt, in den vielen Schnitzerein des großen Saals eine Maus, aussieht. Oder dass das große Messer des überheblichen<br />

eine Schnecke, eine Taube und eine Spinne zu finden. Mit Prahlers das Prahlermesser ist. Das war früher nun wirkdem<br />

bunten Heftchen können die Kleinen die teils nur lich kein Lob.<br />

fingergroßen Tierchen im prunkenen Riesensaal relativ<br />

leicht finden. Und weil sie gerade am Entdecken sind, Für die großen Besucher ist die Bibliothek dagegen<br />

entdecken sie auch andere spannende Dinge. Dass die einfach ein Ort des Staunens, was Stilp und Appiani und<br />

Schnecke die Bedachtsamkeit ausstrahlt, wie im Kreuz- Hofreiter da geleistet haben. Aber sie lernen schnell, dass<br />

gang des Klosters, wo es so aufregend still sein kann. Dass diese Bibliothek auch ein Spiegelbild ist. Denn hier sind es<br />

die Taube wie der Heilige Geist ist, der irgendwie überall nicht die Bücher, die faszinieren. Sondern eben die Regale.<br />

dabei, aber ganz sicher nicht lästig ist. Und die Maus. Sie Es sind die Treppen, die Bilder, die Fresken, die Geländer,<br />

steht für das Hineinschnuppern, entweder durch die große das Holz, der Stuck, das Gold, das Licht.<br />

Pforte oder ein kleines Mauseloch. Alle Wege führen doch<br />

ins Kloster. Und in die Bibliothek - aber nicht zum Haare- „Natürlich sind die Bücher alt, aber sie sind letztlich nur<br />

schneiden wie beim Friseur, sondern weil die Leute Beiwerk“, sagt auch Schwester Raphaela. Die gilt im<br />

neugierig auf Gott sind.<br />

Kloster als die Leseratte, weil sie im Urlaub schon mal ein<br />

Dutzend Bücher verschlingt, ohne zu gähnen. Aber in der<br />

„Die Maus ist der Star, die Schnecke wird dagegen seltener Bibliothek hat sie noch nie geschmökert. Sie greift in ein<br />

gefunden“, lacht Schwester Felicitas. Aber das ist nur Regal und zieht einen Schinken heraus, gegen den jedes<br />

Statistik. Keine repräsentative. Aber eine lustige. Denn Berliner Telefonbuch irgendwie dünn wirkt. 396 Seiten, in<br />

Jungs finden meist schneller die gesuchten Tiere, Mädchen winziger Schrift. Finis Totius Operes, ein Kommentar zu<br />

schauen sich meist aufmerksamer um. Ab und zu ist das den zehn Geboten eines Pater Thomas Sanchez aus<br />

auch umgekehrt. Naja, und die Erwachsenen? „Ich habe Cordoba aus dem 18. Jahrhundert. „Das lesen nur Speziaden<br />

Test mal mit Verantwortlichen von Kindertagesstätten listen, denn das ist einfach zu speziell und zu alt und zu<br />

aus Tschechien gemacht.<br />

schwer zu erfassen. Alleine die ganzen Abkürzungen“,


Schule gekommen ist. „Es war kein Lesen, sondern ein<br />

Erkennen. Als ich dann in die Schule kam und die Buchsta-<br />

ben lernte, brachte mich das erstmal wieder aus dem Tritt.“<br />

Aber umso schneller fand sie heraus, dass Lesen ihre<br />

Passion ist. Der leichte Unterrichtsstoff war für das sehr<br />

kluge Mädchen meist zu langweilig, also las sie unter der<br />

Schulbank nebenher. Bis die Grundschullehrerin sie zwar<br />

erwischte, es aber heimlich tolerierte. Heute ist sie selbst in<br />

der klösterlichen Realschule für Mädchen Lehrerin. Und<br />

siehe da, es ist schon wieder geschehen. „Ich habe eine<br />

Schülerin erwischt, wie sie heimlich gelesen hat. Es war<br />

Chris Carters Totenkünstler. Das ist harter Stoff. Aber<br />

später habe ich es mir von der Schülerin ausgeborgt.“<br />

Und deshalb kann da Pater Thomas Sanchez aus Cordoba<br />

mit seinem 396-Seiten-Kommentar zu den zehn Geboten<br />

nicht mithalten. Und die anderen 1500 Bücher in der<br />

wunderschönen Bibliothek von Waldsassen auch nicht.<br />

sagt Schwester Raphaela.<br />

Dass die Regale mehr wert sind als die Bücher, hat einen<br />

historischen Grund. Mit der Säkularisierung 1803 sind die<br />

ganzen alten Bücher säckeweise an einen Papierfabrikanten<br />

billig verkauft worden. Der Rest kam ins Staatsarchiv<br />

nach Amberg. Von dort kamen dann 160 Jahre später, als<br />

Zisterzienserinnen schon viele Jahrzehnte das Kloster<br />

wieder besiedelt hatten, Dauerleihgaben in die Stiftsbibliothek.<br />

Meist waren es Bestände, aus verschiedenen<br />

Bayerischen Klöstern….„Trotzdem schmückt es die<br />

Bibliothek nicht nur, sondern ich als Frau des Lesens bin<br />

über jedes Buch, welches weiterlebt, glücklich“, sagt<br />

Schwester Raphaela. „Es ist eine Verneigung vor den<br />

Menschen, die sich lange vor unserer Zeit diese Mühe<br />

gemacht haben.“<br />

Im Lesen lebt sie aber im Jetzt. Natürlich sind das die<br />

Klagelieder der Lex Divina, aber auch Paul Hinder, der<br />

Mann aus der Schweiz, der Bischof von Arabien, der über<br />

die Geschichte des Christentums auf der arabischen<br />

Halbinsel schreibt. Das sei wie eine Reise, weil man ja<br />

wohl dort nur Muslime erwartet. Sie mag aber auch<br />

historische Romane, römische Antike, aber auch Krimis:<br />

Donna Leon, Nele Neuhaus, Kommissar Dupin.<br />

Sie sitzt also in dieser schönen Bibliothek und spricht so<br />

anders über das Lesen. Hier, wo die Mönche einst von<br />

Stilps fratzenhaften Figuren ermahnt werden sollten,<br />

tugendhaft zu bleiben, den Heiligen Bernhard als Vorbild<br />

zu sehen. Das war Propaganda damals, so eine Bibliothek<br />

war auch immer ein pädagogischer Zeigefinger, eine<br />

Mahnung. Schwester Raphaela erzählt aber lieber, wie sie<br />

das Lesen gelernt hat. Oma habe ihr immer aus einem Pixi-<br />

Büchlein vorgelesen. Das Mädchen hat nicht nur die Bilder<br />

gesehen, sondern auch die Worte als Bilder verfolgt. So<br />

konnte sie dann selbst die Bücher vorlesen, weil jedes Wort<br />

wie ein einzigartiges Bild aussieht, lange bevor sie in die<br />

„Es „Es ist ist eine Verneigung vor vor den den<br />

Menschen, die sich lange vor vor<br />

unserer<br />

unserer<br />

Zeit diese<br />

Zeit diese<br />

Mühe<br />

Mühe<br />

gemacht<br />

gemacht haben.“<br />

haben.“


...die Statiker zogen aber eines Tages<br />

bei der Decken-Inspektion erst die<br />

Augenbrauen hoch, dann bekamen sie<br />

dicke Sorgenfalten auf die Stirn....<br />

„Aber das müssen sie auch nicht“, sagt selbst die Äbtissin.<br />

Mutter Laetitia leitet das Kloster seit mehr als 20 Jahren nun<br />

schon. Anfangs sei sie abends von ihrem Büro den Stück<br />

Gang und über die winzige Treppe hinauf durch die<br />

südliche Tür in die Bibliothek geschlichen. Dann hat sie das<br />

Erhabene des Raumes einfach in sich selbst dringen lassen.<br />

Diese Bibliothek lebe ja auf eigene Weise, sagt die Frau.<br />

Denn wenn draußen der Nebel liegt, macht das Licht den<br />

Raum so kühl und nüchtern. Wenn der Indian Summer die<br />

Sonne so orange malt, dann brenne das Holz von Stilp<br />

förmlich.<br />

Dann wird sie auch zu einer Entdeckerin, wie die Kinder,<br />

nur nicht mit Filzpantoffeln. Sie zeigt auf das Weinmännchen<br />

und das Biermännchen an der Decke, weil einst der<br />

Weinanbau des Klosters berühmt war und die eigene<br />

Brauerei bis anfangs des 20. Jahrhunderts Bier braute. Sie<br />

findet zwei kleine Köpfe, die die Jugend und das Alter<br />

zeigen. Dort ist ein Hase und ein Fuchs mit einer lustigen<br />

Brille, da sind ein Lineal, Stifte, Schere. Alles Dinge, die<br />

nicht besonders groß sind. Aber da sind.<br />

Dann zeigt sie auf andere Details, die sie nicht mag. Risse.<br />

Vor allem in den Scheiteln der Deckenbögen.<br />

„Das war schrecklich, vor mehr als zehn Jahren“, erinnert<br />

sich die Äbtissin. Damals wurde die Aula unter der Bibliothek<br />

saniert, die Statiker zogen aber eines Tages bei der<br />

Decken-Inspektion erst die Augenbrauen hoch, dann<br />

bekamen sie dicke Sorgenfalten auf der Stirn. Die Tragfähigkeit<br />

war ein plötzliches Problem, die Bibliothek als<br />

solches darüber war als Ganzes in großer Gefahr. Doch mit


Zugankern konnte das Schlimmste verhindert werden.<br />

„Wir können aber heute nur maximal 75 Personen in die<br />

Bibliothek lassen“, so die Äbtissin. Sie schaut auf einen<br />

Riss, der sich wie eine hauchdünne EKG-Linie in die weiße<br />

Deckenfarbe gefressen hat, direkt beim Regal VI über der<br />

Empore. Sie zeigt aber an eine ganz bestimmte Stelle, es ist<br />

nicht der Riss, es ist eine Gipsmarke. Auf ihrem Gesicht<br />

strahlen wieder die Augen. Diese Gipsmarke ist intakt,<br />

was nichts anderes heißt: Dieser Riss dehnt sich nicht. Und<br />

das schon seit Jahren. Es gibt viele Gipsmarken. Und alle<br />

sind intakt. Schon seit Jahren.<br />

Deshalb kann das Kloster sogar kleinere Konzerte in der<br />

Bibliothek veranstalten, der berühmte Dirigent Lorin<br />

Maazel etwa gab sich bereits die Ehre. Auch so ist der<br />

Raum eine würdige Bühne für Persönlichkeiten, mit denen<br />

die Äbtissin ihre Gäste ehren kann. Der apostolische<br />

Nuntius für Deutschland, Jean-Claude Perisset, Emminenz<br />

Kardinal Franc Rodé, als Sondergesandter von Rom vom<br />

Heiligen Vater zum Jubeljahr 2008 / 875 Jahre Kloster<br />

Waldsassen, kam vorbei. Der wissenschaftliche Beirat des<br />

Förderkreises Unesco, das Stadt und Stiftland Tischenreuth<br />

anstreben, wurde kürzlich hier feierlich gegründet.<br />

Vertreter vom Europäischen Parlament waren schon hier,<br />

die Bayerische Bischofskonferenz, die Mehrerauer<br />

Kongregation des Zisterzienserordens auch. Ebenso Ex-<br />

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, die Strauß-<br />

Tochter Monika Hohlmeier sowie Bayerns Ministerpräsident<br />

Horst Seehofer.<br />

gerade über diese Spiegelfläche, ganz vorsichtig, aber eben<br />

doch ein wenig. Weil es sich so schön anfühlt, wenn etwas<br />

Einmaliges erhalten bleiben wird. Ein Schatzkästchen<br />

eben.<br />

Nur ein wenig gleiten. Wie ein Kind.<br />

Doch dann geht sie zu einer dieser großen Figuren, links am<br />

Haupteingang. Ein bärtiger Mann mit großer, gekrümmter<br />

Nase, pockennarbiges Gesicht. Er ist streng. Und er scheint<br />

die Empore über ihn mit aller Kraft stützen zu wollen. Es ist<br />

Karl Stilp selbst, er hat damals vor fast 300 Jahren sein<br />

Konterfei und sich in Gänze in die Linde geschnitzt.<br />

Aber was ist denn da an seinem Fuß? Die Äbtissin schmunzelt.<br />

Es ist die Spinne, die die Kinder beim Suchen und<br />

Entdecken neben der Maus und der Schnecke und der<br />

Taube finden sollen. „Die Spinne ist das Zeichen für Fleiß“,<br />

sagt sie.<br />

Die Bibliothek darf weiter entdeckt werden. Jeder auf seine<br />

Weise. Entweder als Kind. Oder als Erwachsener. Aber auf<br />

jeden Fall Im 21. Jahrhundert.<br />

Auch dessen Vorgänger Edmund Stoiber war schon da. Als<br />

dieser vor Stilps mannshoher Holzfigur der Arroganz<br />

stand, sagte er: „Der hat ja so dichte Augenbrauen wie der<br />

Theo Waigel.“ Waigel, in der CSU wie Stoiber, war mal<br />

Bundesfinanzminister. Die Äbtissin: „Das kann man nun<br />

alles auch doppeldeutig interpretieren.“<br />

Dann steht sie einfach wieder in diesem großen Gewölbe,<br />

ganz in der Mitte, das auch mal Lager für Pferdefutter war,<br />

nach der Säkularisierung 1803 und der Flucht der Mönche<br />

und bevor die Nonnen 60 Jahre später wiederkamen nach<br />

Waldsassen. Sie steht da also auf diesem blitzeblanken<br />

Parkett. Und vielleicht schlittert sie ja in Gedanken auch


© Sabine Franzl


Die Schwestern<br />

von Waldsassen<br />

unterwegs ....<br />

in Hildesheim und Hannover. Wir Schwestern<br />

von Waldsassen sind der langjährigen<br />

Einladung von Herrn Prof. Dr. Clemens<br />

Geißler und seiner Frau gefolgt und sind<br />

zusammen im Mai <strong>2016</strong> nach Hildesheim und<br />

H a n n o v e r g e f a h r e n . Vi e l e s c h ö n e<br />

Begegnungen mit alten Freunden und netten<br />

Nachbarn umrahmten den Ausflug. Herr Prof.<br />

Dr. Clemens Geißler hat alles so breitgefächert<br />

und bunt gestaltet, dass wir uns einen sehr<br />

guten Eindruck von den beiden Städten mit<br />

ihrer unterschiedlichen Vielfalt machen<br />

konnten. Auf unserem Programm standen u. a.<br />

der neu renovierte Hildesheimer Dom mit<br />

vielen Geschichten aus der Vergangenheit der<br />

Familie Geißler. Hannover wurde von Herrn


Prof. Dr. Clemens Geißler als eine grüne, atmende, lebendige<br />

Stadt vorgestellt. Und in der Neuen Sachlichkeit wurden wir<br />

kulinarisch von Familie Geißler und ihren lieben Nachbarn<br />

verwöhnt.<br />

Viele Kirchen wurden von uns besucht u. a. die Basilika St.<br />

Godehard Hildesheim, die St. Clemenskirche in Hannover.<br />

Die Bernwardstüre die uns auf einem Kalender von 2015<br />

durchs Jahr begleitet hat, durften wir nun in ihrer imposanten<br />

Ausstrahlung und einer sehr liebevollen Hinführung von Frau<br />

Geißler selber bestaunen. Noch viele weitere Erlebnisse<br />

durften wir als Gemeinschaft von Waldsassen in diesen<br />

sonnigen Tagen erleben. Wir können nur „Danke und ein<br />

herzliches Vergelt´s Gott!“ sagen für diese Erlebnisse und<br />

vielen Bemühungen, dass es uns im Norden gut ging und wir<br />

auch außerhalb der Klostermauern unserem Ordensleben mit<br />

dem „Ora“ an besonderen Orten nachkommen konnten.<br />

Am 26. August <strong>2016</strong> konnten wir uns mit der<br />

Gastfreundschaft hier in Waldsassen revanchieren. Die<br />

Ehepaare Geißler, Oppermann und Burbaum kamen nach<br />

Waldsassen und feierten mit uns den 21. Erwählungstag von<br />

Mt. M. Laetitia und die Wiedereinweihung unseres<br />

Waldkapellchens bei strahlenden Sonnenschein und<br />

sommerlichen Temperaturen.


Unsere Älteste,<br />

Sr. M. Theresia feierte im<br />

kleinen Kreis ihrer Familie und<br />

uns Schwestern ihren 85. Geburtstag<br />

bei stabiler Gesundheit. Wir<br />

freuen uns, dass sie sich im Altenheim<br />

St. Marien gut eingelebt hat und durch<br />

unsere wöchentlichen Besuchen in<br />

Kontakt mit uns bleibt. Der erste Platz<br />

bei den Bundesgenerationenspielen<br />

zeigt uns, dass sie dort ihren<br />

Platz gefunden hat.<br />

© BR<br />

Am Benediktstag<br />

<strong>2016</strong> dem 11. Juli <strong>2016</strong><br />

gratulierten wir zusammen mit<br />

vielen Ehrengästen der Abtei<br />

Metten zu ihrem 1250. Jubiläum. Am<br />

Pontifikalgottesdienst mit Bischof<br />

Rudolf Voderholzer und dem anschließenden<br />

Festakt nahmen wir als<br />

Gemeinschaft teil. Besonders freute<br />

uns natürlich das Wiedersehen mit<br />

Ministerpräsident Horst<br />

Seehofer und seiner Frau<br />

Karin Seehofer.<br />

© BR<br />

Mt. M. Laetitia<br />

fuhr am 7. Mai <strong>2016</strong> nach<br />

Stift Zwettl zum 75. Geburtstag<br />

von Abtpräses Wolfgang Wiedermann<br />

OCist. um sein 20. Amtsjahr und<br />

seinen Amtsabschied zusammen mit<br />

vielen Äbten und Äbtissinnen zu feiern.<br />

Wir trafen ihn wieder beim Zisterziensertag<br />

am 17. Mai <strong>2016</strong> der Österreichischen<br />

Zisterzienserkongregation in<br />

Aldersbach, wo wir einen schönen<br />

Tag zusammen verbrachten.


Herr Oberpfarrer<br />

Dr. Ulrich Hoppe<br />

verbrachte die Kar- und<br />

Ostertage bei uns. Wir freuten<br />

uns die Heilige Woche seit<br />

vielen Jahren wieder einmal als<br />

Gemeinschaft in unserer<br />

Klosterkirche feiern zu<br />

dürfen. Vielen Dank!<br />

Vom 1. Januar -<br />

6. Januar <strong>2016</strong> fanden<br />

unsere Konventexerzititen unter<br />

der Leitung von P. Athanasius<br />

Berggold OSB aus der Abtei Metten<br />

statt. Er gab uns durch seine lebhaften<br />

Vorträge über die Zahlensymbolik und<br />

Zusammenhänge der Sprachen in der<br />

Bibel wieder viele Impulse für den<br />

Alltag, um die Bibel neu zu<br />

entdecken. Wir sagen ihm dafür<br />

ein inniges „Vergelt‘s<br />

Gott!“<br />

Wo ist die Zeit<br />

geblieben - am 12. Juni<br />

<strong>2016</strong> haben wir P. Rudolf<br />

Stenglein OSB offiziell als<br />

außerordentlichen Beichtvater<br />

bei einem Mittagessen im Refektor<br />

mit Gesang und einem Rätsel<br />

verabschiedet. Wir danken ihm für<br />

die regelmäßigen Besuche aus St.<br />

Ottilien und die Unterstützung von<br />

Mt. M. Laetitia in den letzten 20<br />

Jahren. Wir wünschen ihm<br />

Gesundheit und Gottes<br />

reichsten Segen!<br />

Das 1. Regionaltreff<br />

e n d e r M e h r e r a u e r e r<br />

Kongregation fand vom<br />

23. September - 25. September<br />

statt. Abt Andreas, Abt Johannes, Mt.<br />

M. Bernadette, Mt. M. Mechtild, Mt.<br />

M. Gertrud und unsere Mt. M. Laetitia<br />

trafen sich im Gästehaus St. Joseph um<br />

im „Jahr der Barmherzigkeit“ das<br />

Thema: „Die Barmherzigkeit Gottes<br />

erfahrbar machen - von Seelsorge, die<br />

sich als Leibsorge bewährt“ zusammen<br />

mit Frau Prof. Dr. Radlbeck-<br />

Ossmann zu diskutieren und vieles<br />

mehr untereinander zu beraten.<br />

Unser Oblatenkreis<br />

freut sich über die<br />

Oblation von Herrn Ulrich<br />

Jakobi am 4. Juni <strong>2016</strong> in unserer<br />

Klosterkirche. Wir wünschen<br />

„Gottes reichsten Segen“ zu diesem<br />

Schritt.<br />

Vom 11. März - 14. März <strong>2016</strong><br />

trafen sich unsere Oblaten mit der<br />

Oblatengemeinschaft von<br />

H i m m e r r o d h i e r i n<br />

Waldsassen<br />

Im „Jahr<br />

d e r B a r m -<br />

herzigkeit“ feierten<br />

wir zusammen<br />

mit allen Ordensgemeinschaften<br />

des<br />

Landkreises - „Maria-<br />

Lichtmess / Tag des<br />

geweihten Lebens“.<br />

P.BenedikLeitmayr<br />

osfs. und P. Martin<br />

Neushauser SVD<br />

s t a n d e n d e r<br />

Eucharistiefei<br />

er vor.


NAHAUFNAHME<br />

Laetitia und das gestickte Kloster<br />

Die Äbtissin von Waldsassen, ihr Finanzminister<br />

Joseph und warum die Liebe zu<br />

Gott nach Pfefferminz schmeckt<br />

Von Angelika Sauerer, MZ<br />

Bilder Sabine Franzl<br />

WALDSASSEN. Nur der Luftzug langer Kutten ist spürbar,<br />

schließt man die Augen. Nahezu lautlos füllt sich der Chor der<br />

Klosterkirche Waldsassen, jede der acht anwesenden Zisterzienserinnen<br />

ein stiller, frühmorgendlicher Hauch aus einer<br />

anderen Welt, wo der Tag nicht mit Arbeit oder einem müden<br />

Frühstück, sondern mit innerer Einkehr beginnt. Sie nehmen<br />

im Chorgestühl Platz. Äbtissin Laetitia Fech (59) hält die<br />

Stimmgabel an ihr Ohr, öffnet das Buch mit den Psalmen und<br />

beginnt zu singen, oder besser gesagt: zu klingen. Die wiederkehrende<br />

Folge von Tönen erfasst den Raum. Die reinen,<br />

weichen Frauenstimmen umfangen die Betenden mit einem<br />

Dialog, an dem sich nun mehrere Schwestern beteiligen. Der<br />

Wechsel von Sitzen, Stehen und Verneigen akzentuiert die<br />

Litanei. Worte und Stimmen verschmelzen zum Morgenlob,<br />

in das die Schwestern eintauchen, bevor sie ihr Tagwerk in<br />

Angriff nehmen.<br />

Als Laetitia noch Agathe hieß und<br />

gerade die Freiheiten einer Anfang<br />

20-Jährigen – inklusive Freund – in<br />

vollen Zügen genoss, hat sie sich<br />

just in so einem Moment unsterblich<br />

verliebt. Anders kann sie es<br />

nicht erklären: Liebe auf den<br />

ersten Blick. „Gebraucht hab' ich<br />

das nicht. Und gesucht erst recht<br />

nicht“, sagt sie. Sie besuchte einfach<br />

nur im Urlaub eine Freundin im Kloster und begl<br />

eitete sie zum Chorgebet. Eher hat sie das Gefühl, „dass ich<br />

gefunden worden bin“. Ohne diese Liebe zu Gott wäre<br />

Laetitia wieder Agathe und vermutlich Ehefrau und Mutter.<br />

„Ich hätte das Kloster längst verlassen. Nicht die Strukturen,<br />

die Kirche oder der Orden binden mich. Es ist die Liebe. Sie<br />

hält bis heute.“<br />

„Das ist dein Kloster, also hilf' mir, es zu retten“<br />

Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass der liebe Gott ihr so ein<br />

Gefühl ins Herz pflanzt. Sie ist mit dem Herrn per Du und<br />

manchmal redet sie mit ihm wie Don Camillo mit Jesus: „Das<br />

ist dein Kloster, also hilf' mir, es zu retten.“ Seit 1995 stemmten<br />

sich gewaltige Balken gegen die sich ausbeulenden<br />

Mauern des barocken Baus aus dem 17./18 Jahrhundert, der<br />

auch eine berühmte Bibliothek beherbergt. Innen bröckelte<br />

der Putz von den Wänden. Der Konvent bestand aus wenigen<br />

betagten Nonnen, die jüngste war damals 53 Jahre alt. Man<br />

brauchte dringend eine wie Laetitia: jung, voller Elan,<br />

bodenständig, lebenslustig. Die dachte sich im ersten<br />

Moment: „Um Gottes willen. Da bleib ich keine Woche.“ Sie


hat sich anders entschieden – wie fast immer, wenn der<br />

Kopf nein sagt, aber das Herz ja. Sie trat nach Waldsassen<br />

über. 1995 wählten ihre Mitschwestern sie in geheimer<br />

Wahl zu ihrer Äbtissin.<br />

Neben ihrem Platz im Chorgestühl hält ein Lederband den<br />

Äbtissinnenstab. Er ist aus dem Holz eines Nussbaums das<br />

in der Nähe des Ursprungskloster der Zisterzienser in<br />

Citeaux wuchs, geschnitzt, - ein schnörkelloser Hirtenstab,<br />

ohne Lack und Prunk, lebendig gemasert, praktisch und<br />

bescheiden – aber doch ein Machtsymbol. Als Äbtissin ist<br />

sie in der Katholischen Kirche dem Heiligen Stuhl unterstellt.<br />

Sie sieht das als große Chance: M. Laetitia Fech ist<br />

quasi der Kapitän auf einem Schiff, das unter der Flagge<br />

des Papstes fährt. Zweien hat sie schon die Hand geschüttelt:<br />

Johannes Paul II. und Benedikt XVI.. Mit Papst<br />

Franziskus verbindet sie das Anliegen, die Schöpfung zu<br />

bewahren. Zisterzienser leben nach der Regel des Hl.<br />

Benedikt gemäß der Divise, „Ora et Labora“ – „bete und<br />

arbeite“. Wenn man so will, ist das nichts anderes als der<br />

Aufruf, die ideellen und realen Landschaften gleichermaßen<br />

zu pflegen. Das tut sie.<br />

Der Wechsel zwischen beidem bestimmt das Leben im<br />

Kloster. Fünfmal unterbrechen die Chorgebete die Arbeit:<br />

spirituelles Durchatmen vor der nächsten Aufgabe. An<br />

diesem Tag hat die Äbtissin zwei wichtige Gespräche, viel<br />

Post und eine Ortsbegehung für ein neues Bauprojekt vor<br />

sich. 22 Wohnungen für Menschen mit Behinderung und<br />

ihre alten Eltern sollen in denkmalgeschützten Nebengebäuden<br />

entstehen – ein Pilotprojekt für eine neue Art von<br />

Inklusion. Betreiben wird es die Katholische Jugendfürsorge.<br />

Rund zwölf Millionen Euro wird es kosten, Spender<br />

sind herzlich willkommen. Als Bauherrin hat die Äbtissin<br />

mit der sanften Stimme eine gewisse Konsequenz gelernt:<br />

„Manchmal bin ich hinten raus und vorn wieder rein“,<br />

erzählt sie.<br />

Nach ihrer Weihe zur Äbtissin, die sich demnächst am<br />

3.Oktober zum 21. Mal jährt, tauschte sie den goldenen<br />

Krummstab ihrer Vorgängerin aus. Mutter Laetitia brauchte<br />

etwas Handfestes. Wenn es ein Ding gibt, das sie am<br />

besten charakterisiert, dann ist es dieser schlichte Holzstab,<br />

er überragt die zierliche Person um Einiges. Sie schaut hoch<br />

und sagt: „Neben dem Stab komme ich mir immer klein<br />

vor.“ Er ist für sie auch ein Sinnbild für die Größe der<br />

Aufgabe.<br />

Und die ist tatsächlich immens: die erste Generalsanierung


„Du kannst doch nicht gehorchen, was willst du im Kloster?“<br />

hat der Vater gefragt. Sie zeigt ein Foto, auf dem ein Wirbelwind<br />

im weißen Spitzenkleidchen posiert. „Das bin ich.“<br />

Freiheit gab es bei der Großmutter auf dem Bauernhof. „Die<br />

Oma hat mir auch die Religiosität ins Herz gelegt.“ Im Arm<br />

der Großmutter bekam sie den Gute-Nacht-Segen auf die<br />

Stirn gemalt und eine Pfefferminzkugel in den Mund gesteckt.<br />

So verband sich für Laetitia Fech die Süßigkeit des Lebens<br />

untrennbar mit dem Glauben.<br />

Seit fast 40 Jahren findet sie nun Freiheit in freiwilliger<br />

Disziplin und Energie in ihrem Wahlspruch „Die dem Herrn<br />

vertrauen, schöpfen neue Kraft“ (Jes 40,31). Schöpfen<br />

versteht sie auch wörtlich: Ihr Wappen ziert ein Brunnen. Und<br />

sollte das alles nichts helfen, dann gibt es immer noch<br />

den heiligen Joseph. Ihm legt Mutter Laetitia<br />

alles zu Füßen, was sie so plagt. Ihren<br />

„Finanzminister“ nennt sie ihn, denn meist<br />

sind es Geldangelegenheiten, in denen sie<br />

ihn braucht. Er steht in einer Nische vor<br />

ihrem Büro und ist aus viel einfacherem<br />

Holz geschnitzt als die wunderbaren<br />

Figuren in der Bibliothek. Ein Zimmer-<br />

mann fertigte ihn während der Sanierung aus<br />

einem Dachbalken. Hemdsärmlig wie ein<br />

Arbeiter und „so schön schaffig mit seiner Kelle“<br />

steht er da, findet die Äbtissin und schiebt ihm vorm Hinaus-<br />

gehen wieder den Bauplan für das Inklusionsprojekt unter den<br />

Sockel.<br />

Barfuß in Sandalen mit wehendem schwarzem Skapulier<br />

überm wollweißen Gewand eilt sie ein weiteres Mal in die<br />

Kirche. Der Tag endet, wie er begonnen hat, mit dem Chorgebet.<br />

Danach segnet Mutter Laetitia jede einzelne Schwester im<br />

stillen Dunkel der Vorhalle. Eine Pfefferminzkugel gibt es<br />

allerdings nicht.<br />

(Auszug aus der Mittelbayerischen Zeitung<br />

„Nachaufnahme Porträt)<br />

des Klosters seit dem Barock mit einem Volumen von<br />

beinahe 40 Millionen Euro und die Neubelebung des<br />

Konvents. Beides ist gelungen. Mittlerweile sind nur mehr<br />

drei der neun Schwestern länger in Waldsassen als die<br />

Äbtissin selbst. Ihr eng geknüpftes Netzwerk von Freundeskreisen<br />

im In- und Ausland verankert das Kloster, einst<br />

die prägende Instanz im Stiftland und dann in eine fast<br />

aussichtslose Randlage gerutscht, neu in der Mitte<br />

Europas. Der Bau strahlt innen wie außen. Ein modernes<br />

Hotel und Tagungszentrum, das Gästehaus St. Joseph,<br />

beherbergt Gäste von nah und fern. In der Mädchenrealschule<br />

pulsiert das Leben. Eine im wahrsten Wortsinn<br />

florierende Umweltstation zieht Besucher an.<br />

Eigentlich müsste man Betriebswirt und auch noch<br />

Bauingenieur sein, um das alles hinzukriegen. Aber<br />

Laetitia Fech ist ein Schöngeist, eigentlich eine Künstlerin.<br />

„Ich habe mein Kloster gestickt“, sagt sie deshalb<br />

gern. Sie ist Meisterin der Paramentenstickerei und hat mit<br />

Erlaubnis ihrer Ordens an der privaten Kunstschule von<br />

Professor Hans Seeger in München Zeichnen und Malerei<br />

studiert. „Schwester, hast' di verirrt?“, hat er sie damals<br />

begrüßt. Und verabschiedet so: „Schad', dass'd wieder<br />

gehst', Schwester. Weil wo du warst, waren die Mitstudenten<br />

immer anständig.“<br />

Agathe ist in München geboren und in Augsburg aufgewachsen.<br />

Sie hat einen jüngeren Bruder und eine jüngere<br />

Schwester. Der Vater – „ein Humanist, durch und durch,<br />

bescheiden und dabei blitzgescheit“. Er unterrichtete<br />

Latein, Griechisch, Hebräisch und Russisch. Auf dem<br />

Schreibtisch der Äbtissin steht ein Foto des 1985 Verstorbenen:<br />

kluge Stirn, freundliche Augen, gerade Nase – die<br />

Ähnlichkeit ist unverkennbar, bis auf die gemütliche<br />

Pfeife in seiner Hand. Die Mutter – „eine tüchtige Pragmatikerin“.<br />

Die strengen Eltern waren nicht begeistert vom<br />

Entschluss der Tochter, Nonne zu werden. Nach ihrer<br />

Profess 1980 in der Zisterzienserinnen-Abtei<br />

Lichtenthal in Baden-Baden aber sagte ihr<br />

Vater: „Ich sehe, dass du glücklich bist.“ Da<br />

war sie froh. Ihre 82-jährige Mutter hat erst<br />

kürzlich gemeint: „Kind, du bist immer<br />

noch wie früher.“ Auch darüber hat sich<br />

Laetitia sehr gefreut.<br />

Früher war sie übrigens so: ein lebhaftes,<br />

sonniges Mädel, überall dabei und<br />

nicht zu bändigen. Der Name „Laetitia“<br />

– Freude – hätte schon damals gepasst.


Unser „Mitbruder“<br />

P. Benedikt


© Josef Rosner<br />

P<br />

ater Benedikt Leitmayr macht es herum bei den Menschen bekannt, dass dieser<br />

überall und bei fast jedem Pfarrer einen auffälligen Geschmack hat für<br />

Wetter. „Naja, ab minus 8 bis Fußbekleidung im Dienst. Und wer seinen<br />

10 Grad setzt dann doch so Namen nicht weiß, fragt eben nach dem Pater<br />

langsam der Verstand ein und ich verzichte. mit den Sandalen. Alles schon vorgekommen.<br />

Womöglich. Oder wenn die Füße nass Ebenso, dass der Gottesmann, der 1991 zum<br />

werden. Dann ist es gesundheitlich nicht Priester geweiht worden ist, das leichte<br />

mehr vertretbar.“ Aber sonst? Sonst trägt der Schuhwerk von Fans geschenkt bekommt –<br />

Kirchenmann aus der Pfarrei Konnersreuth von den derzeit zehn Stück im Schrank sind<br />

immer Sandalen. Natürlich auch bei der nur zwei selbst gekaufte, schwört Leitmayr.<br />

Messe im feinen Ornat in der Region. Wie Oft seien die Gaben für seine Füße sogar in<br />

gesagt, überall und bei fast jedem Wetter. liturgischen Farben, etwa rot für den Heiligen<br />

Die Geschichte von Pater Benedikt ist die Geist, weiß für die Auferstehung.<br />

seiner Sandalen im Kleinen – und die einer Natürlich kennen die Schwestern des Kloslangjährigen<br />

tollen Zusammenarbeit im ters Waldsassen den Pater. Aber sie kennen<br />

Großen. Da spielt die berühmte Mystikerin ihn nicht nur, sie lieben ihn. Denn, er hält dort<br />

Resl von Konnersreuth eine große Rolle, das die Messen. Natürlich auch in Sandalen.<br />

Kloser Fockenfeld mit der bekannten Dann erzählen sie: Der Pater habe die<br />

Spätberufenenschule für Priester – und Schwestern noch nie im Stich gelassen. Sie<br />

natürlich Waldsassen.<br />

sollten eigentlich jeden Tag die Eucharistie<br />

Beide Geschichten, die drei Orte und die feiern – und in Zeiten des Priestermangels sei<br />

berühmte Frau, deren Heiligsprechung das wirklich nicht mehr so einfach. „Aber<br />

derzeit in Rom geprüft wird, haben eine durch Pater Benedikt haben wir noch diese<br />

Gemeinsamkeit: Pater Benedikt. Er ver- Möglichkeit. Und wenn einer seiner Mitbrüknüpft<br />

sie alle. Auf seine Art. Privat oder der aus Gesundheitsgründen am Morgen<br />

Beruflich. Und meist mit Sandalen. absagt, kann ich bei ihm noch anrufen. Dann<br />

Die kleine, sozusagen private Geschichte ist kommt der Pater fast immer“, sagt Schwester<br />

diese: Des Paters Argument für sein Schuh- Sophia. Und fügt hinzu: „Natürlich in<br />

werk selbst bei eisigem Wetter ist einfach, Sandalen.“<br />

dass ihm immer warm ist. Da lacht der Mann, Zwischen den beiden Orten liegen nur vier<br />

der Elektroinstallateur gelernt und Theologie Kilometer. Und wer nach Waldsassen kommt<br />

in Eichstädt studiert hat, er grault sich durch als Gast, als Tourist, als Bewunderer, der geht<br />

den Bart bei der Frage, ob er dies auch dann deshalb auch nach Konnersreuth – etwa<br />

tun würde, wenn der Bischof kommt. „Der ist wegen der Resl. Und umgekehrt. Womit wir<br />

kein Kriterium dafür, welches Schuhwerk ich bei der großen Geschichte wären ... Einer<br />

trage. Nur die liturgische Kleidung, die ist Geschichte, bei der sich alles verknüpft: Der<br />

Pflicht.“ Denn die Apostel seien einst auch Pfarrer mit den Sandalen, seiner Arbeit,<br />

barfuß gegangen. Und eine der schönsten Konnersreuth, Fockenfeld, Waldsassen. Und<br />

Reliquien – zu sehen in der Sankt-Salvator- die Resl.<br />

Basilika in Prüm in Rheinland Pfalz – ist, Die Resl? Eigentlich heißt sie ja Therese<br />

ganz richtig, das Schuhwerk von Christi Neumann. Sie ist 1962 gestorben, lebte bis<br />

selbst: nämlich dessen Sandalen.<br />

dato in Konnersreuth. „Erst lange nach ihrem<br />

Mittlerweile ist es auch um Konnersreuth Tod fand mit der Eröffnung eines Seligspre-


chungsverfahrens 2005 durch Bischof Gerhard Ludwig<br />

Müller eine gewisse kirchliche Anerkennung statt“, so steht<br />

es in Wikipedia. Die Katholische Kirche prüfe sehr streng<br />

solche Fälle, sagt Pater Benedikt. Aber er gehe davon aus,<br />

dass die Resl zu einer Heiligen ausgerufen wird. Auf der<br />

Internetseite des Ortes steht: „In visionären Schauungen<br />

gewann Therese Neumann Einblick in das Leben und Leiden<br />

Jesu. Von da an zeigten sich an ihrem Körper die Leidensmale<br />

Christi, sogenannte Stigmatisationen. Sie durchlebte ab<br />

dieser Zeit bis zu ihrem Tod am eigenen Leib die Passion, ein<br />

Ereignis, das Tausende von Menschen anzog und nach<br />

Konnersreuth führte. Dadurch wurde die Resl weltweit<br />

bekannt.“ Pater Benedikt nickt.<br />

Der Kirchenmann mit den Sandalen ist nämlich auch der<br />

Vorsitzende des Vereins, der sich um das Gedenken der Resl<br />

kümmert: Den Kreuzweg im Ort, ihr Grab, ihr Geburtshaus,<br />

den Reslgarten und seit 2015 auch den Waldbesinnungspfad.<br />

Zum anderen: Das die Jugendstelle von Tirschreuth mit den<br />

Klöstern Fockenfeld und Waldsassen mittlerweile sehr gut<br />

zusammenarbeite, habe der Pater geschafft, er habe die<br />

Kontakte hergestellt, alles nach außen vertreten, sagt<br />

Schwester Sophia und so die GEIST- und AUSZeit ins<br />

miteinander verknüpft und mitgeholfen, es bekannt zu<br />

machen.<br />

Fockenfeld? Die Resl habe sich bekanntlich zu Lebenszeiten<br />

eingesetzt, dass dort ein Kloster gegründet wird. Dort, wo<br />

junge Männer und Buben das Abitur machen können und<br />

dann zum Theologiestudium gehen und Priester werden<br />

können. Auch Pater Benedikt war in Fockenfeld – und ist<br />

jetzt dort ein Pater in der Gemeinschaft. Der Mann hat dort in<br />

diesem Jahr sein 25-jähriges Priesterjubiläum gefeiert. In<br />

Sandalen. „Mit den Zisterzienserinnen von Waldsassen kann<br />

man was aufbauen. Man muss sie nur fragen“, so soll es der<br />

Pater einst gesagt haben.<br />

So war es selbstverständlich,<br />

dass die Schwestern am<br />

Jubiläum „70 Jahre Focken-<br />

feld“ am Pontifikalgottesdienst<br />

und Festakt im September<br />

teilnahmen.<br />

Heute ist Konnersreuth<br />

deshalb fast ebenso beliebt für<br />

Touristen wie das Kloster<br />

Waldsassen mit der atemberaubenden<br />

Bibliothek oder der<br />

riesigen Basilika. Und<br />

Fockenfeld ist auch gleich um<br />

die Ecke.<br />

Für Pater Benedikt also alles<br />

in Hausschuhen erlaufbar, wie<br />

man salopp sagen könnte.<br />

Oder halt in Sandalen.


© Josef Rosner<br />

Aber nochmal nachgefragt: Überall? Bei jedem Wetter? Pater<br />

Benedikt schmunzelt. Also, manchmal, da kann das Wetter auch richtig schön, warm, sonnig sein.<br />

Und trotzdem greife er zu anderem, festem, ja geradezu fremdem Schuhwerk. Etwa bei der Fußwallfahrt<br />

von Altötting nach Regensburg. 120 Kilometer in drei Tagen waren es damals. Oft sei das<br />

Geläuf im Wald mit Wurzeln und Steinen auf Dauer zu gefährlich für Sandalen. „Dann muss ich<br />

doch mal richtige feste Schuhe tragen“ sagts und lacht.


Der eine ist Sozialdemokrat.<br />

Gewerkschafter. Eine Frohnatur bis<br />

der Arzt kommt. Ein Mann aus dem<br />

Rheinland eben, der selbst bei einem<br />

Albtraum noch wohlig im Kissen<br />

grinst. Einer, der immer lacht, mit<br />

seinen 63 Jahren aber ganz sicher kein<br />

oberpfälzisch mehr lernen wird. Sein<br />

Name: Willy Roeb.<br />

Der andere ist CSU-Wähler. 75 Jahre.<br />

Rentner, aber immer noch gestandener<br />

Handwerker. Er schaut oft so ernst. Ein Mann, der<br />

immer in Waldsassen lebte und leben wird. Und auch<br />

so spricht. Der „bassd scho“ ohne Pathos und Euphorie sagt<br />

– wie es halt alle Oberpfälzer so machen. Sein Name: Hans<br />

Weis.<br />

Und die beiden sollen ein Team sein? Das soll diese Zwei-<br />

Mann-Mannschaft also sein, von dem die Nonnen im Kloster<br />

Waldsassen so schwärmen? Die Antwort ist: Ja. Denn beide<br />

sind Katholiken. Und beide führten das Unternehmen<br />

Waldkapelle zum Erfolg.<br />

Vor drei Jahren hätte damit noch niemand gerechnet. Doch<br />

Hans Weis war neugierig, sehr neugierig, verboten neugierig.<br />

Und so geschah es, dass er plötzlich beim Rasenmähen –<br />

das Sonnenlicht stand zufällig sehr günstig – im grünen<br />

Dickicht von Wacholderbüschen, Farnen und Fichtenstämmen<br />

nahe der Mauer im nicht zugänglichen Teil des Klosters<br />

seltsame Konturen entdeckte. Er sah sich kurz um, dann<br />

schlich er dorthin und fand eine kleine halb verfallene<br />

Kapelle, die irgendwann mal zu Ehren der Mutter Gottes<br />

errichtet worden sein muss. Gebaut aus alten Fichtenstämmen,<br />

das Fensterglas war herausgebrochen, der Herr Jesus<br />

über dem Eingang verwittert. „Es war ein trauriger Anblick,<br />

aber ich behielt dieses Geheimnis für mich, dass ich die<br />

Kapelle gefunden habe“, sagt Hans Weis.<br />

Doch im Sommer hat er es dann doch gestanden, einer<br />

Schwester im Kloster. Der Grund seines langen Schweigens:<br />

Weis ist zwar seit vielen Jahren ehrenamtlicher Hausmeister<br />

– oder Mädchen für Alles - , hilft bei der Obsternte, macht<br />

Kurierfahrten. Und darf auch ab und zu in den Klostergarten,<br />

jenes Klosterteils, wo eigentlich nur die Nonnen hin dürfen.<br />

Dort mäht er den Rasen. Mit einer Ausnahmegenehmigung,<br />

die streng besagt, dass sie nur für den Rasen gilt. Und nicht<br />

für irgendwelche Entdeckertouren sonstwo hinter Büschen<br />

entlang der alten Klostermauer.


Gegen diese Ausnahmegenehmigung hat Weis aber an sein“, lacht Roeb. Der kleine Altar mit Maria, wunderschön<br />

jenem Tag eklatant verstoßen. Als er es beichte, kassierte er aus Holz gestaltet und mit Zapfen im Dreiermuster verziert,<br />

nachsichtig lächelnde Schwestern. Und dann? Und heute? war hoffnungslos eingestaubt. Es roch seltsam. Das Dach<br />

Heute erstrahlt die Kapelle in neuem Glanz. Bunte war undicht, das kleine Türmchen schief.<br />

Fensterchen stecken in den Rahmen, der Weg dorthin führt Dann spuckten beide Senioren, die zwei Katholiken, in die<br />

über professionell in die Erde gelegte Steine, selbst das Hände und los ging es: In insgesamt etwa 14 Arbeitstagen<br />

Kreuz und der Herr ist wieder neu gefasst - unentgeltlich haben sie das Gelände mühsam freigeschnitten, Gehwegvon<br />

einem Oberpfälzer Bauern. Und Hans Weis ist sowas Steinplatten verlegt, den Teich gesäubert, Sitzbänke<br />

wie ein Held. Und Willy Roeb auch.<br />

aufgestellt, Treppen angelegt, Fenster eingesetzt. Andere<br />

Weis erzählte nämlich im Sommer Willy Roeb von der haben ihnen geholfen, wurden förmlich angesteckt, etwa der<br />

Kapelle. Dieser hatte schon immer mal in Waldsassen momentane Hausmeister vom Maschinenring, ebenso deren<br />

Urlaub gemacht, immer Ostern und Weihnachten und hat Gärtnerin …, eine Firma, die das Dach auf Kosten von Hans<br />

sich dann in diese ruhige oberpfälzische Gegend nahe der Weis reparierten - und Richard Böhm, ein über 80-jähriger<br />

tschechischen Grenze verliebt, lebt seit kurzem sogar in Künstler aus Lohnsitz, der das verwitterte Jesus-Blech über<br />

einer Mietwohnung, keine sechs Gehminuten vom Kloster dem Eingang wieder bemalt hat. Doch ohne Willy Roeb und<br />

weg. Irgendwann zuvor hatten sich Weis und Roeb Hans Weis, die beiden Ehrenamtler der Zwei-Mannkennengelernt,<br />

ihre verschiedenen Charaktere als Glück Mannschaft wäre das Unternehmen Waldkapelle überhaupt<br />

empfunden und festgestellt, dass sie beide Katholiken kein Unternehmen geworden. Sie haben den Staub vom<br />

sind. Irgendwann haben sie begonnen, im Kloster- Altar gewedelt und die Fenster mit Fensterputzmittel<br />

Restaurant Kaffee tagtäglich zu trinken und zu quatschen. gereinigt. Nur Profis ziehen ein Projekt durch. Bis zum<br />

Irgendwann wurde hier das Unternehmen Waldkapelle Ende.<br />

geboren.<br />

Bis zum Ende? „Naja, wir könnten noch eine kleine Wasser-<br />

„Wir durften dann zusammen wieder hingehen und leitung legen. Strom legen. Einen Pfad zum Apfelgarten<br />

schauten uns das an. Es war innen dreckig, voller Spinnwe- freischneiden. Ein kleines Brückchen bauen. Denn wenn die<br />

ben, Bildchen hingen noch an den Wänden, es war schlicht Wondreb da vorne über die Ufer tritt, wird die Kapelle zur<br />

kitschig. Dabei sollen doch Zisterzienser ganz einfach Insel.“ Willy Roeb lacht. Aber irgendwie meint der das ernst.


Doch wer hat die kleine Kapelle eigentlich errichtet? Eine<br />

Spur führt ins Jahr 1921. Damals gab es auch einen Ehrenamtler,<br />

wenn man so will: einen gewissen Herrn Knöttner. Der hat<br />

das Wäldchen bei der Kapelle erschaffen: 105 Fichten, 16<br />

Föhren, 13 Zwergkiefern, 30 Birken, 22 Buchen und und<br />

und… – insgesamt 327 Bäume, dazu allerlei Buschwerk,<br />

welches wucherte und wucherte und die Kapelle später<br />

einfach verschluckt hat. In einer Chronik, datiert vom 15. Mai<br />

1921 steht: „Er tat es nicht des Geldes wegen, sondern aus<br />

Dankbarkeit für 1914. Damals, wo zu Anfang des Krieges die<br />

Fabriken stillstanden und er brotlos geworden wäre, wenn das<br />

Kloster ihn nicht eingestellt und ihm so Verdienst und Arbeit<br />

verschafft hätte.“ Vieles spricht dafür, dass er auch die kleine<br />

Kapelle errichtet hat. Indes, einen Beweis gibt es nicht.<br />

95 Jahre später. Es ist ein regnerischer Mitte-September-Tag<br />

<strong>2016</strong>. Hans Weis zündet eine kleine Kerze an, wie es sich<br />

gehört für einen guten Katholiken. Wenn die Kapelle reden<br />

könnte - oder gar die Mutter Gottes auf dem Bild – dann würde<br />

nun ein leises „Danke“ zu hören sein. Das irdische Dankeschön<br />

von den Nonnen gab es übrigens schon einen Monat<br />

vorher. Hans Weis hatte dem Unternehmen Kapelle eine<br />

zeitliche Grenze gesetzt. „Bis zu meinem 75. Geburtstag am<br />

16. August müssen wir es schaffen, die Kapelle wieder auf<br />

Vordermann zu bringen.“ Das haben sie geschafft. Und weil<br />

sie es geschafft haben, spendierten die Nonnen für ihn eine<br />

große Grillfete.<br />

„Bassd scho“, sagt Hans Weis, als er also in dieser kleinen<br />

Kapelle da so steht. Er will eigentlich gar nichts weiter<br />

erzählen. Oberpfälzer sind keine Münchner, die reden nicht so<br />

viel. Willy Roeb haut ihm, seinem Kumpel, leicht auf die<br />

Schulter und lacht laut drauf los. Aber der lacht ja immer.<br />

Am 16. August<br />

<strong>2016</strong> - war es dann für uns<br />

Schwestern eine große Freude<br />

zusammen mit unserem Josephs-Team<br />

und dem „neuen“ Freund von Herrn<br />

Hans Weis - Herrn Willy Roeb - seinen 75.<br />

Geburtstag, bei strahlenden Sonnenschein,<br />

auf unseren Pausenhof zu feiern.<br />

Auf diesem Weg möchten wir Allen einmal<br />

Danke sagen, die durch die tägliche Arbeit<br />

und Verbundenheit unsere Abtei immer<br />

wieder neu zu zu einem immer<br />

schöneren Ort werden lassen.


GEISTZeiten 2017<br />

19:30 Uhr<br />

1. Fastensonntag<br />

5.März 2017<br />

Pfingstmontag<br />

5. Juni 2017<br />

1. Adventssonntag<br />

3. Dezember 2017<br />

Termine<br />

Vormerken<br />

Nähere Informationen<br />

www.abtei-<br />

Samstag, 22. April 2017<br />

20.30 Uhr Krimiabend in der Stiftsbibliothek mit der<br />

Regensburger Krimischriftstellerin Frau Sonja Silberhorn<br />

Sonntag, 23.04.2017 - TAG DES BUCHES<br />

10.45 Uhr „Duell“ der Führungsinterpretationen des Bibliotheksaals<br />

mit Frau Äbtissin M. Laetitia Fech OCist. und Sr. M. Raphaela Kratzer OCist.<br />

11.30 Uhr „Normale“ Führung mit unseren Bibliotheksdamen<br />

12.30 -13.30 Uhr Eigenständige Besichtigung des Bibliotheksaales<br />

14.00 -15:30 Uhr „Schönwerth – Märchen“ für Kinder vorgestellt und erzählt von Frau Erika Eichenseer<br />

dazwischen Ballettaufführung unter der Leitung von Frau Siliva Brauneis<br />

15:30 Uhr Bibliothek offen für alle Fotografen<br />

16.30 Uhr Normale Führung<br />

17.30 Uhr Besichtigung des Bibliotheksaals ohne Führung<br />

18.00 Uhr Schließung des Bibliotheksaals


zum<br />

für 2017<br />

während des Jahres unter<br />

waldsassen.de<br />

Kar- und Ostertage<br />

Samstag 8. April 2017 - Pilgern im Frühjahr –<br />

Kraft schöpfen im erwachenden Stiftland<br />

Palmsonntag 9. April 2017<br />

Palmprozession durch den Kreuzgang und<br />

anschließende Eucharistiefeier in der Klosterkirche<br />

Gründonnerstag 13. April 2017 - 17:00 Uhr<br />

Abendmahl in der Klosterkirche<br />

Karfreitag 14. April 2017 - 15:00 Uhr<br />

Karfreitagsliturgie in der Klosterkirche<br />

Während<br />

beider Tage wird<br />

es einen<br />

Bücherflohmarkt<br />

geben (alte Bücher<br />

aus den Klosterbeständen)<br />

Ostersonntag 16. April 2017 - 5:30 Uhr<br />

Osterfeuer im Pfortenhof anschl. Osternacht


Die Planungen und Besprechungen<br />

zum Projekt „Mühlenviertel“ sind<br />

im Jahr <strong>2016</strong> sehr konkret<br />

geworden. Ende des Jahres 2015 und<br />

Anfang <strong>2016</strong> wurden die Architekten<br />

und Fachplaner beauftragt und gingen<br />

s o f o r t i n d i e P l a n u n g u n d<br />

Projektsteuerung. Zum Planungsteam<br />

gehören: dp architekten bda aus Regensburg,<br />

Statikbüro Kugler & Kerschbaum aus Kehlheim.<br />

Die Haustechnik übernehmen Herr Deutschländer und<br />

Herr Stahl in einer Arbeitsgemeinschaft aus Weiden. Die Bewohner des<br />

Mühlenviertels wurden in die Planung eingebunden und informiert, sodass der<br />

Bauantrag bereits im Juli eingereicht werden konnte. Der 2. Runde Tisch unter<br />

der Schirmherrschaft von Frau Ministerin Emilia Müller fand am 3. August<br />

<strong>2016</strong> im Kloster statt und hier wurde die Finanzierung von allen anwesenden<br />

Fördergebern (18 Personen) verabschiedet. Nun ist es durch die Unterstützung<br />

der Regierung der Oberpfalz, des Bezirks, des Landkreises Tirschenreuth, die<br />

Stadt Waldsassen, den Denkmalschutz, den Landesbehindertenplan, die<br />

Bayerische Landesstiftung möglich geworden, das Bauvorhaben am<br />

21.November <strong>2016</strong> zu beginnen. Trotzdem sind noch 2,28 Mio. Euro<br />

Eigenmittel zu finanzieren. Die Weihnachtszeit aber auch das kommende Jahr<br />

bietet Ihnen die Gelegenheit uns ideell z.B. bei Aktionen zu unterstützen und<br />

vielleicht auch finanziell...?! Das Projekt ist nicht nur für das Kloster eine<br />

Bereicherung, sondern auch der Landkreis Tirschenreuth profitiert von diesem<br />

sozialen Pilotprojekt. Gestalten Sie mit uns gemeinsam das „Mühlenviertel“!<br />

Begleiten Sie nun den Konvent beim letzten Besuch des Mühlenviertels vor<br />

dem Abbruch des Mühlenkastens (15.9.1933 erbaut) und vor dem Entrümpeln<br />

der denkmalgeschützten Gebäude ehemaliges Sudhaus, Klosterschmiede und<br />

Ökumeniegebäude !


Spendenkonto IBAN:DE31740201000008307761 BIC: RZOODE77XXX


ehemalige Klosterschmiede<br />

ehemalige Ökonomiegebäude


Momentaufnahme<br />

vom Abbruch der<br />

Klostermühle am<br />

21. November <strong>2016</strong>


Am Ende dieses Rückblickes möchten wir unserer lieben<br />

Verstorbenen gedenken, die im vergangenen Jahr von uns<br />

gegangen sind. Am Lambertustag gedenken wir namentlich<br />

aller Heimgegangenen, die dem Kloster verbunden waren und<br />

beten für alle von Herzen. Stellvertretend möchten wir<br />

namentlich nennen:<br />

Am 11. Juni <strong>2016</strong> ist in den frühen Morgenstunden der liebe<br />

Vater von Sr. M. Sophia Herr Leonhard Schlembach im<br />

82.Lebensjahr friedlich heimgegangen, R.i.P.+, möge er ruhen<br />

in Frieden.<br />

Frau Hilde Ponnath ist am 21. April <strong>2016</strong> verstorben, die<br />

Ehefrau von Herrn Oberamtsrat a. D. Ludwig Ponnath -<br />

R.i.P.+<br />

Möge der Segen Gottes uns bei unseren „neuen“ und „alten“<br />

Aufgaben im Jahr 2017 begleiten.<br />

So beenden wir voller Dankbarkeit unseren <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2016</strong><br />

mit dem Gebet:<br />

Herr, bei dir bin ich sicher;<br />

wenn du mich hältst,<br />

habe ich nichts zu fürchten.<br />

Ich weiß wenig von der Zukunft,<br />

aber ich vertraue auf dich.<br />

Gib, was gut ist für mich.<br />

Nimm, was mir schaden kann.<br />

Wenn Sorgen und Leid kommen,<br />

hilf mir, sie zu tragen.<br />

Lass mich dich erkennen,<br />

an dich glauben und dir dienen.<br />

John Henry Newman<br />

Von Herzen<br />

Ihnen allen ein<br />

Frohes Weihnachtsfest<br />

und Gottes Segen,<br />

Seinen Frieden für uns und<br />

unsere Welt im Jahr 2017!

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