LEITTHEMA 4 Kein B ock auf B enzin Alternative Fortbewegungsmittel sind auf dem Vormarsch, aber noch lange kein vollwertiger Ersatz Jeder Autofahrer hat sicherlich schon einmal, nachdem vollgetankt und bezahlt wurde, mit Blick auf die Rechnung zu sich gesagt: Warum tue ich mir das eigentlich an? Klar, die Preise waren bei uns schon einmal höher als im Moment und im europäischen Ausland zahlt der Autofahrer teilweise noch mehr, aber sicherlich wird irgendwann wieder ein Punkt kommen, an dem man vielleicht keinen Bock mehr auf Benzin hat und über ein alternatives Fortbewegungsmittel nachdenkt. Das naheliegendste Beispiel ist natürlich ein Auto mit einer anderen Energiequelle. Da es im Jahr 2016, anders als im Film Zurück in die Zukunft 2 (dort war es das Jahr 2015), den Autoherstellern immer noch nicht gelungen ist, Autos mit Abfall fahren zu lassen, bleiben hier eigentlich nur die Varianten Gas oder Strom. Gerade Elektroautos sind letztens in den Fokus des Medieninteresses gerückt. Ende April einigten sich die Autoindustrie und die Bundesregierung auf einen Zuschuss beim Kauf von Elektroautos. 4 000 Euro soll es für reine Stromautos geben, immerhin noch 3 000 Euro für den Kauf eines Hybriden, bei dem zwischen Strom und der klassischen Variante mit Benzin umgeschaltet werden kann. Der Staat will damit den Verkauf der umweltschonenden Autos ankurbeln, denn die laufen sehr schleppend. Noch hat die breite Masse Vorbehalte gegen E-Autos, die Gründe sind durchaus nachvollziehbar: zu teuer und eine zu geringe Reichweite. Weite Strecken schafft nur die Oberklasse bei den E-Fahrzeugen, für den Otto-Normal- Verbraucher wird das Benzin- oder Dieselfahrzeug wohl noch eine Zeit lang für größere Entfernungen herhalten müssen. Gerade für kurze Strecken in der Stadt gibt es jedoch viele Alternativen, je nach persönlichem Gusto und der Dicke des Geldbeutels. Großer Beliebtheit erfreut sich seit einiger Zeit der Elektroroller Segway. Seit 2009 dürfen Segways mit einer maximalen Breite von 70 Zentimetern offiziell am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen. Vorher war die Segway-Nutzung in zwölf Bundesländern nur per Ausnahmegenehmigung möglich, weil er für längere Zeit keiner Fahrzeugkategorie zuzuordnen war. Er darf auf Radwegen und Straßen – wenn keine Radwege vorhanden sind – gefahren werden, Voraussetzungen sind ein Mofa-Führerschein und eine Haftpflichtversicherung. Bei einem Maximaltempo von 20 Kilometern die Stunde kommen die neueren Modelle rund 38 Kilometer weit. Die sind aber auch nicht ganz günstig, je nach Ausstattung können schon mal über 8000 Euro fällig werden. Günstiger wird es, wenn die Geräte gemietet werden: In Landau bieten Seg’n’Roll oder oder Südpfalz-Safari Segway-Touren an. Günstiger als ein Segway kommen teilweise urbane Elektroautos wie der Renault Twizy. Optisch etwas gewöhnungsbedürftig, aber auf jeden Fall auffällig. Christian Kelm, Geschäftsführer vom Renault-Autohaus Winnwa in Rodalben, schätzt, dass in der Südwestpfalz etwa ein Dutzend dieser Fahrzeuge, die versicherungstechnisch als Quad gelten, herumfahren. „Bei uns ist es zu ländlich, der Twiza ist eher ein Spaßmobil für die Großstadt“, erklärt er sich diese niedrige Zahl. Rund 100 Kilometer schafft der Twizy mit einer Aufladung. Ebenfalls schon länger im Trend sind die E-Bikes oder Pedelecs. Der Unterschied zwischen den beiden liegt darin, dass beim Pedelec der Elektromotor nur dann unter die Arme greift, wenn auch in die Pedale getreten wird. Reine E-Bikes haben komplette Motorunterstützung, weil sie aber dadurch eine Zulassung brauchen, ist dieser Typ weniger häufig auf der Straße anzutreffen. Wem der Pfälzerwald und die Stadt Pirmasens mit seinen sieben Hügeln doch etwas zu anstrengend per pedes oder normalem Rad ist, kann sich bei der Touristeninformation im Pirmasenser Dynamikum Pedelecs tageweise ausleihen. Cityscooter, Cityroller, Kickboards, das alles sind Worte für die moderne Version eines recht klassischen Fortbewegungsmittels: den Tretroller. Die zeitgemäße Variante ist aus leichtem Aluminium gebaut und zusammenklappbar. Wenn die Kraft zum Antreten also zur Neige geht, kann man auch ohne großen Umstand auf Bus oder Bahn umsteigen. Auf der Straße hat das Teil, wie so manch anderes Fortbewegungsmittel auch, natürlich nichts verloren. Der Zorn eines jedes Autofahrers ist einem sicher, wenn man mit einer einstelligen Kilometer-die-Stunde-Zahl vor ihm her trudelt. Schon immer umstritten und ein Aufreger ist ein ganz ähnliches Fortbewegungsmittel gewesen: das Skateboard. Das Brett mit Rollen ist im Laufe seiner Geschichte jedoch zu mehr geworden als die bloße Möglichkeit sich von A nach B zu bewegen. Um das Skateboard hat sich eine richtige Szene entwickelt und auch der sportliche und der Geschicklichkeitsaspekt spielt eine große Rolle. Kommunen haben teils das Verlangen der Boarder erkannt und ihnen mehr oder weniger aufwendige Skateparks hingestellt, vielleicht auch, um sie von öffentlichen Plätzen fernzuhalten. Dort sind Skateboards oder ihre Varianten Long-, Snake- oder Waveboards immer noch ein Dorn im Auge, weil Tricks wie Grinds Treppen oder andere Objekte in Mitleidenschaft ziehen können. Am Ende gibt es noch eine Alternative, die die Menschheit schon seit langer Zeit von einem Ort zum nächsten bringt. Sie hat ganze Kulturen über Kontinente gebracht, ist vollkommen kostenlos, braucht kein Benzin oder Strom und die Voraussetzungen sind zwei gesunde Beine: das Laufen. Denn wie sagte es schon der tschechische Langstreckenläufer und Volksheld Emil Zátopek: „Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft“. Text und Bilder: P6
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