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deren Lebensweise und Weltanschauung.<br />
Seine Moralwelt ist ein Mischmasch,<br />
wodurch er zwar religiös ist,<br />
aber verschiedene Re<strong>ge</strong>ln nicht ganz<br />
so ernst nimmt. Ernst <strong>ge</strong>nommen<br />
wird zwar die „Ehre und Stolz“-<br />
Sache, aber er hat eben seine ei<strong>ge</strong>ne<br />
Definition dafür. Jetzt würde man<br />
denken so eine Person müsste integriert<br />
sein, aber das „Integriert-Sein“<br />
ist kein Zustand, den man erreicht<br />
und es dann ist. Je nach Gruppe mit<br />
dem er abhängt ist er entweder assimiliert<br />
oder integrationsunwillig. Das<br />
mag vielleicht das Spie<strong>ge</strong>lbild der<br />
Gesellschaft sein, die je nach Gruppe<br />
schon ihre bestimmte Meinung hat.<br />
Nun wenn wir seine Lebensweise<br />
unter die Lupe nehmen, sehen wir,<br />
dass er mal da, mal dort, mal so, mal<br />
anders ist. Wie kann es überhaupt<br />
dazu kommen, dass ein Mensch so<br />
wird? Da sa<strong>ge</strong> ich einfach: "Was Gott<br />
mit nam Berg usanand toa hätt, söll<br />
da Mänsch ned mit nam Tunnel zemmatua."<br />
Man könnte sa<strong>ge</strong>n, alle We<strong>ge</strong><br />
führten (durch den Tunnel nach Vorarlberg)<br />
zum Gastarbeiterleben. Und<br />
wer am Rand zweier Gesellschaften<br />
aufwächst, entwickelt eben sein ei<strong>ge</strong>nes<br />
Ich, <strong>vo</strong>raus<strong>ge</strong>setzt er begab sich<br />
ab und dann mal in beiden Gesellschaften<br />
in das Zentrum und holte<br />
sich deren Fundamente und machte<br />
sie zu seinem Fundament und baute<br />
darauf mit der Bildung. Und die Bildung<br />
(zweier unterschiedlicher Quellen)<br />
bildet dabei den Charakter. Man<br />
könnte ihn also als einen Grenzgän<strong>ge</strong>r<br />
sehen. Zwischen Österreichern<br />
und Türken, zwischen dem Christentum<br />
und Islam, zwischen Modernität<br />
und Konservativität. Er selber sieht<br />
sich als eine Person, die einfach ein<br />
Platz im Nir<strong>ge</strong>ndwo hat und im Ir<strong>ge</strong>ndwo<br />
seine Spaziergän<strong>ge</strong> tätigt. Für<br />
ihn ist also die Integration irrelevant<br />
und ei<strong>ge</strong>ntlich eine gute Idee, die keine<br />
Existenzchance hat, da sie eher <strong>vo</strong>n<br />
subjektiven Einschätzun<strong>ge</strong>n und Eindrücken<br />
einzelner Menschen abhängt.<br />
Würde er ein kurzes Gedicht<br />
schreiben müssen über sich,<br />
würde das Gedicht so aussehen:<br />
Komm mir nicht mit, „Du <strong>bis</strong>t kein<br />
Türke, weil du anders <strong>bis</strong>t.“<br />
Komm mir nicht mit, „Du fährst<br />
BMW? Das passt dir nicht.“<br />
Komm mir nicht mit, „Du trinkst<br />
keinen Alkohol? Aus welchem<br />
Grund?“<br />
Komm mir nicht mit, „Du fastest?<br />
Kein Wasser ist un<strong>ge</strong>sund!“<br />
Komm lieber mit, „Ey du scheiß<br />
Türke, heute wieder Party?“<br />
Komm lieber mit, „Deine Karre is'n<br />
Schrott, sag'ma fahrt sie?“<br />
Komm lieber mit, „Bier für alle und<br />
Cola für unseren Affen!“<br />
Komm lieber mit, „… und Mor<strong>ge</strong>n<br />
werde ich mit dir fasten!“<br />
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