Hausarbeit von Tanja Carmen Diehl - Lahn-Dill-Kreis
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Modul: P 2.2<br />
Seminar: Strategien und Programme der Planung<br />
und Evaluation in ausgewählten Handlungsfeldern<br />
Dozent: Prof. Dr. Rohrmann<br />
Semester: Winter 2011 /2012<br />
<strong>Hausarbeit</strong> <strong>von</strong>: <strong>Tanja</strong> <strong>Carmen</strong> <strong>Diehl</strong><br />
(Aktuelle) Kommunale Sozialplanung –<br />
Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong><br />
Masterstudiengang<br />
Bildung und Soziale<br />
Arbeit
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung ................................................................................................................. 3<br />
1. (Aktuelle) Kommunale Sozialplanung – ein kurzer Einblick ............................ 5<br />
1.1 Aufgabenstellung und Herausforderungen der<br />
Sozialplanung – Kennzeichen moderner Sozialplanung ............................. 5<br />
1.2 Bewältigungsmöglichkeiten <strong>von</strong> aktuellen Aufgabenstellungen und<br />
Herausforderungen kommunaler Sozialplanung ........................................... 9<br />
2. Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> ............................................... 12<br />
2.1 Aufbau und aktueller Stand der partizipativen Sozialplanung im<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> ................................................................................................ 12<br />
2.2 Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> vor dem Hintergrund der<br />
im Seminar entwickelten Forschungsfragen ............................................... 17<br />
2.2.1 Gibt es einen gesetzlichen oder politischen Auftrag für ihre Planung? ..... 17<br />
2.2.2 Welche Planungsmöglichkeiten hat die Kommune? .................................. 18<br />
2.2.3 Welche weiteren Akteure sind in dem Planungsbereich tätig? ................... 18<br />
2.2.4 Welche Möglichkeiten haben diese, die Planung zu beeinflussen? ........... 18<br />
2.2.5 Wie sind die Adressaten der Planung eingebunden? ............................... 18<br />
3. Zusammenfassung und Resümee ................................................................... 19<br />
Literaturverzeichnis .............................................................................................. 20<br />
Onlinedokumente .................................................................................................. 21<br />
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... 22<br />
Tabellenverzeichnis .............................................................................................. 22<br />
Anhang<br />
� Schriftliche Beantwortung der Fragen durch Meike Menn<br />
(Sozialplanerin des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es) per E-Mail vom 03.04.2012.<br />
(E-Mail I und E-Mail II Ausdruck vom 25.04.2012 S. 1-5)<br />
� Rahmenvereinbarung zur Sicherung eines ausreichenden Angebots<br />
<strong>von</strong> Erziehungs- und Familienberatung nach SGB VIII für den<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und die Stadt Wetzlar, S. 1-38.<br />
� Presseinformation Nr. 181 / 2005 Beratungsstellen, <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und<br />
die Stadt Wetzlar unterzeichnen Rahmenvereinbarung zur Sicherung<br />
eines ausreichenden Angebots <strong>von</strong> Erziehungs- und Familienberatung<br />
2
Einleitung<br />
Für Kommunen in Deutschland besteht die aktuelle Aufgabe darin, vorhandene<br />
Ressourcen – und damit ist nicht nur Geld gemeint –, derart einzusetzen, dass eine<br />
bestmögliche Wirkung erreicht werden kann. Das heißt, Kommunen müssen auf<br />
komplexe Herausforderungen flexibel und schnell reagieren, um somit die<br />
Lebenslage und Versorgung der Bevölkerung auch in Zukunft positiv gestalten zu<br />
können. Es gilt vor dem Hintergrund steigender Ausgaben und wirtschaftlicher<br />
Unsicherheit, auf demografische Veränderungen, Segregationsprozesse, soziale<br />
Ungleichheit und zukunftsgerichteter Innovationen eine adäquate und effektive<br />
Planung zu betreiben. Um dies zu bewältigen, benötigt Kommunale Planung<br />
Kooperationspartner, wie zum Beispiel Verwaltungs- und Fachbereiche,<br />
Finanzverantwortliche, Maßnahmenträger, BürgerInnen, lokale Netzwerke etc.. Ein<br />
partizipatives Planungsverständnis strebt die Mitwirkung aller unterschiedlichen<br />
Beteiligten an. Dies bedeutet, „dass auf der Grundlage <strong>von</strong> aussagekräftiger Daten<br />
und qualitativer Informationen und Bewertungen ein regelhafter Dialogprozess<br />
zwischen den Akteuren über zukünftige Entwicklungen und notwendige<br />
Entscheidungen im kommunalen Kontext geschaffen wird, der als wertvolle<br />
Ergänzung politischer Entscheidungsprozesse in den demokratisch legitimierten<br />
Verfahren betrachtet wird“ (DV 2011, S. 12).<br />
Die Sozialplanung des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es bietet einen kleinen exemplarischen<br />
Einblick in partizipative Planungsprozesse. Seit 2004 gelten dort<br />
Rahmenvereinbarungen zur Sicherung eines ausreichenden Angebots für Bereiche<br />
des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und des SGB VIII. Festgelegt wurden<br />
Regelungen zwischen dem <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und anerkannten freien Trägern, die<br />
leistungs- und qualitätsorientierte Zuwendungen betreffen. Diese Form <strong>von</strong><br />
kooperativer Zusammenarbeit verschiedenster Akteure verdeutlichen den<br />
partizipativen Ansatz.<br />
Im Rahmen der vorliegenden <strong>Hausarbeit</strong> wird versucht, anhand <strong>von</strong> folgenden (im<br />
Seminar 1 entwickelten) Forschungsfragen die Arbeit des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es näher zu<br />
beleuchten:<br />
1 Seminar: Kommunale Sozial- und Teilhabeplanung im Masterstudiengang ʼBildung und Soziale Arbeitʼ der<br />
Universität Siegen, Wintersemester 2011/2012, Dozent: Prof. Dr. Albrecht Rohrmann<br />
3
� Gibt es einen gesetzlichen oder politischen Auftrag für Ihre Planung?<br />
� Welche Planungsmöglichkeiten hat die Kommune?<br />
� Welche weiteren Akteure sind in dem Planungsbereich tätig?<br />
� Welche Möglichkeiten haben diese, die Planung zu beeinflussen?<br />
� Wie sind die Adressaten der Planung eingebunden?<br />
Grundlage der Ausführungen und Ergebnisse (in Kapitel 2) ist, neben der<br />
Homepage des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es, eine schriftliche Beantwortung der genannten<br />
Fragen durch die zuständige Sozialplanerin Meike Menn (im Anhang ersichtlich).<br />
Um einen theoretischen Einstieg in das Thema zu gewährleisten, wird vorab<br />
(aktuelle) Kommunale Sozialplanung mit ihren Herausforderungen und Aufgaben<br />
beleuchtet und daran anschließend auf den <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> zurückgekehrt.<br />
Im abschließenden Resümee wird versucht, sowohl die theoretischen<br />
Ausführungen als auch die praktischen Vorgehensweisen des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es<br />
aufzugreifen und durch persönliche Erkenntnisse zusammenzufassen.<br />
4
1. (Aktuelle) Kommunale Sozialplanung – ein kurzer Einblick<br />
„Nachdem in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts vor allem<br />
die Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Bürgernähe des Verwaltungshandelns im<br />
Fokus der Reformbemühungen stand, ist in den neunziger Jahren die Perspektive<br />
der politischen Steuerung in das Zentrum des Interesses <strong>von</strong> Wissenschaft und<br />
Praxis gerückt“ (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen 2011, S. 27). Der Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ist<br />
geprägt <strong>von</strong> Begriffen, wie »public private partnership«, »integrierte regionale<br />
Entwicklungskonzepte«, »partizipative räumliche Planung«, die mehr beinhalten als<br />
ein »neudeutsches Aufwerten« bereits existierender Definitionen. Sie verdeutlichen<br />
die Tragweite des Veränderungsprozesses im Bereich der Sozialplanung. Vor dem<br />
Hintergrund des demographischen Wandels und zunehmender Überschuldung der<br />
privaten und öffentlichen Haushalte gewinnen kooperative und partizipative<br />
Ausrichtungen in der Sozialplanung zunehmend an Bedeutung.<br />
Die Aufgabenfelder und Herausforderungen der aktuellen Sozialplanung sind<br />
vielfältig und komplex, so wie ihre einzelnen »Ressorts 2 «. Indem sie informativ und<br />
beratend für kommunale Sozialpolitik und -verwaltung fungiert, wird sie<br />
unverzichtbare Voraussetzung eines wirksamen Steuerungsprozesses (vgl.<br />
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
2011, S. 10).<br />
1.1 Aufgabenstellung und Herausforderungen der<br />
Sozialplanung – Kennzeichen moderner Sozialplanung<br />
„Sozialplanung in den Kommunen ist die politisch legitimierte, zielgerichtete Planung<br />
zur Beeinflussung der Lebenslagen <strong>von</strong> Menschen, der Verbesserung ihrer<br />
Teilhabechancen sowie zur Entwicklung adressaten- und sozialraumbezogener<br />
2 „Folgende Fachbereiche oder fachlichen Felder – nicht immer organisatorisch im Sinne <strong>von</strong> „Ressorts“<br />
segmentiert – werden <strong>von</strong> den im VSOP organisierten Fachkräften der Sozialplanung bearbeitet (sortiert nach<br />
Häufigkeit der Nennung; vgl. Zahl in der Klammer ; N = 201):<br />
� Kinder- und Jugendhilfeplanung, Familie (79),<br />
� Altenplanung/-politik (71)<br />
� soziale Stadteilentwicklung (63),<br />
� Armut & soziale Sicherung (63)<br />
� Migration/Integration (37)<br />
� räumliche Planung/geografische Informationssysteme (GIS) (36),<br />
� behinderte Menschen (33),<br />
� Arbeitsmarktpolitik (31)<br />
� Gesundheit/Psychiatrie (28)<br />
� Wohnungshilfeplanung (20)“ (Brülle/ Hock 2010, S. 79).<br />
5
Dienste, Einrichtungen und Sozialleistungen, in definierten geografischen Räumen<br />
(Sozialraumorientierung). Sie geht über die dem Sozialwesen direkt zugeordneten<br />
Leistungen, Maßnahmen und Projekte hinaus“ (DV 2011, S. 4). Die gesetzlichen<br />
Verankerungen zum Selbstverwaltungsrecht, der betreffenden Arbeitsfelder und der<br />
Verpflichtung zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung, sind unter anderem<br />
im Artikel 28 des Grundgesetztes sowie in den Sozialgesetzbüchen II, VIII, IX, XII,<br />
XIII verankert.<br />
Sozialplanung hat somit die Aufgabe Handlungszusammenhänge unter<br />
vielschichtigen Bedingungen zu bewältigen. Der VSOP (Verein für Sozialplanung<br />
e.V.) schreibt: „Sozialplanung bewegt sich im Spannungsfeld Politik, Wissenschaft<br />
und Praxis, sie ist Sozialforschungs-, Planungs- und Koordinationstätigkeit zugleich.<br />
Sozialplanung ermittelt und beschreibt Bedürfnisse und Lebenslagen. Sie entwickelt<br />
vorausschauend soziale Unterstützungssysteme und überprüft diese auf ihre<br />
Wirkungen“ (VSOP 2012, S. 1). Die Durchführung notwendiger, sozialer<br />
Dienstleistungen für die Bevölkerung wird allerdings traditionell <strong>von</strong> (zum Teil<br />
konkurrierenden) Akteuren der Wohlfahrtspflege und weiteren gemeinnützigen oder<br />
privaten Trägern erbracht. Ein Aspekt, der planerische Schwierigkeiten hervorrufen<br />
kann und ohne intensiven Austausch zwischen Leistungserbringern und kommunaler<br />
Verwaltung eine wirkungsorientierte Planung gefährdet. Das Leistungsangebot der<br />
Akteure zur Inanspruchnahme der Nutzer, in Verbindung mit relevanten<br />
zukunftsprognostizierenden Daten, hat somit ein hohes Gewicht im<br />
Planungsprozess. Brülle/Hock (2011) veranschaulichen dies mit folgendem Beispiel:<br />
„Der Aufbau <strong>von</strong> organisationsinternen Kapazitäten – wie z. B. Betreuungsplätze,<br />
Fachkräfte mit einem definierten Budget an Fachleistungsstunden oder eine offene<br />
Jugendeinrichtung mit einem Veranstaltungsprogramm, nutzbaren Werkstätten usw.<br />
– schafft zwar das Leistungsangebot, läuft aber ins Leere, wenn kein potenzieller<br />
Adressat bereit ist, sich auf die bereitgestellten Dienstleistungen einzulassen. In<br />
diesem Fall werden die Kapazitäten zwar eingesetzt, aber es entsteht keine<br />
Leistungswirkung; es entstehen Kosten, ohne dass diesen ein Nutzen gegenüber<br />
steht“ (Brülle/ Hock 2010, S. 68).<br />
Für die Planung der wohlfahrtsstaatlichen Interventionen bedeuten dies, dass<br />
� Bedarfe (trotz unbekannter Komponenten <strong>von</strong> individuellen Bedürfnissen und<br />
Präferenzen der Menschen) normiert werden müssen,<br />
6
� die Akteure (vor dem Hintergrund effektiver Gesichtspunkte) koordiniert werden<br />
sollten und<br />
� eine Ungewissheit über die Handlungsfolgen in Verbindung<br />
mit Erfolg und Misserfolg (eine sogenannte »Rückkopplung«) besteht<br />
(vgl. Brülle/ Hock 2010, S. 71 in Verbindung mit Kaufmann 2002).<br />
Im Handbuch zur modernen Sozialplanung des Landes Nordrhein-Westfalen werden<br />
sieben Herausforderungen für die aktuelle Sozialplanung benannt (vgl. Ministerium<br />
für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen 2011, S. 25):<br />
� Ein Globalisierungsprozess, der eine Verschärfung des Wettbewerbs<br />
<strong>von</strong> Städten und Regionen hervorruft.<br />
� Ein wirtschaftlicher Strukturwandel, der in Verbindung mit dem Anstieg <strong>von</strong><br />
armen und sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen steht.<br />
� Eine Benachteiligung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen an sozialer, ökonomischer,<br />
beruflicher Teilhabe, die unter anderem durch Bildungsarmut hervorgerufen<br />
wird.<br />
� Die Bedeutung des Stadtviertels in Bezug auf eine fragil werdende<br />
Stadtgesellschaft, die sich durch Individualität und Abgrenzung kennzeichnet<br />
(Entstehung <strong>von</strong> Parallelgesellschaften).<br />
� Die Entwicklung <strong>von</strong> Einwohnerzahlen, Altersstrukturen und Lebensbereichen,<br />
die eine regionale und örtliche gebundene Ausprägung aufzeigen.<br />
� Die Bedeutung des Klimaschutzes in Verbindung mit Klimawandel und<br />
Energiewende.<br />
� Reduzierung der Steuerungs- und Kontrollmechanismen durch Privatisierung<br />
öffentlicher Aufgaben und die Ökonomisierung der Verwaltung.<br />
Vor diesem Hintergrund kristallisieren sich für die Sozialplanung folgende<br />
Aufgabenstellungen heraus (vgl. VSOP 2012, S. 1):<br />
� Steuerungsunterstützende Funktionen, in Bezug auf die neuen kommunalen<br />
Steuerungsmodelle sowie der Entwicklung <strong>von</strong> datengestützten<br />
Zielvorstellungen, validen Bedarfsuntersuchungen und der Evaluation <strong>von</strong><br />
vorhandenen Leistungsangeboten für das Management. „Sie leisten damit<br />
einen Beitrag zu einem bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen<br />
Angebot sozialer Dienstleistungen und Einrichtungen“ (VSOP 2012, S. 1).<br />
7
� Im Abbau regionaler Ungleichheit und der Fokussierung auf soziale<br />
Gerechtigkeit. Sie bezieht Betroffene in den Prozess ein und „sieht sich in der<br />
Funktion eines Anwaltes für jene, die sich nicht selbst artikulieren können“<br />
(VSOP 2012, S. 1).<br />
� In der Organisation <strong>von</strong> Planungsprozessen, bei dem sie Sorge für die<br />
Mitwirkung und Beteiligung der Betroffenen bei politischen und konzeptionellen<br />
Entscheidungsprozessen trägt. „Dadurch ist Sozialplanung auch in der Lage,<br />
Prozesse der Organisationsentwicklung und des Qualitätsmanagements<br />
fachlich zu initiieren und zu begleiten“ (VSOP 2012, S. 1).<br />
Das heißt die Aufgabenstellung <strong>von</strong> kommunaler Planung kann wie folgt<br />
charakterisiert werden: Sozialplanung ermittelt im ersten Schritt Bedarfe, formuliert<br />
konkretisierbare Zielvorstellungen und führt gründliche Analysen der Situation oder<br />
der Beurteilung <strong>von</strong> Resultaten durch. Sie legt im Rahmen der<br />
Sozialberichterstattung soziale Entwicklungen, Bedürfnisse, notwendige Angebote,<br />
Forderungen, Defizite, Stärken und Schwächen innerhalb der Kommune dar (vgl.<br />
DV 2011, S. 6). Brülle/ Hock 2010 sprechen in diesem Zusammenhang <strong>von</strong> dem<br />
Generieren und Verfügbarmachen <strong>von</strong> wesentlichen Daten zur Bevölkerungs-,<br />
Haushalts- und Wohnungsstrukturen sowie zur (Schul-) Bildungs- und<br />
Arbeitsmarktteilhabe der Bevölkerung. Die daran anschließenden, kontinuierlichen<br />
Dokumentationen und Fortentwicklungen der Geschäftsdaten werden in Form<br />
aussagefähiger Geschäftsberichten aufgezeigt (vgl. Brülle/ Hock 2010, S. 74-75).<br />
Die Maßnahmenplanung, im zweiten Schritt, wird im engen Austausch mit weiteren<br />
Akteuren, aus zum Beispiel der Freien Wohlfahrtspflege, operativen Fachbereichen,<br />
etc., vollzogen. Im dritten Schritt, der Umsetzungsplanung, spielt, vor allem in den<br />
Bereichen Finanzen und Personal, zum einen die enge Kooperation weiterhin eine<br />
wichtige Rolle und zum anderen gilt es Aspekte der Lauf- und Vorlaufzeit <strong>von</strong><br />
Projekten zu beachten. Bei der im fünften Schritt abschließenden (in der Regel<br />
primär <strong>von</strong> verantwortlichen Aufgabenbereichen übernommenen) Evaluation können<br />
Sozialplanerinnen und Sozialplaner eine beratende Funktion übernehmen (vgl. DV<br />
2011, S. 6). Brülle/ Hock 2010 schreiben diesbezüglich, dass neben der<br />
Geschäftsberichterstattung evaluierende Sozialberichte zum Repertoire <strong>von</strong><br />
Sozialplanung gehört, allerdings eine umfassende Erfolgsbewertung hinsichtlich der<br />
8
Effektivität und Effizienz der Maßnahmen <strong>von</strong> unbeteiligten Dritten erfolgen sollte<br />
(vgl. Brülle/ Hock 2010, S. 77-78).<br />
Ergänzend dazu kann Fürst 2008a angeführt werden. Er schreibt, dass Planung<br />
mittlerweile weniger darauf ausgerichtet, »was ist«, sondern »was sein soll« und<br />
bewertet, ob eine Situation »gut« oder »verbesserungswürdig« ist. Die Vorgabe<br />
konkreter Ziele und die Entwicklung <strong>von</strong> Zielkriterien (Leitbild, Kontrast-Szenario,<br />
operationalisierte Ziele) können als wichtige Planungsaufgaben angesehen werden.<br />
Darüber hinaus muss Planung Alternativen zum Erreichen der Zielvorstellung<br />
erarbeiten, diese eventuell wieder neu bewerten und Fragen in Bezug auf Kosten,<br />
Zielerreichung, Zeitaspekten, Korrekturen, empirischer Daten etc. evaluieren (vgl.<br />
Fürst 2008a, S. 38-42). Er sieht die Aufgabenstellung (in Bezug auf den<br />
Ressortbereich der räumlichen Planung) in:<br />
� Einer Moderationsfunktion<br />
Isoliert entscheidende Akteure werden miteinander vernetzt. Im<br />
Prozess findet darüber hinaus eine Vermittlung zwischen den Akteuren statt.<br />
� Einer Innovationstransferfunktion<br />
Ideen werden in praktisches Handeln durch Planung transferiert.<br />
� Einer Funktion des paradigmatischen Wandels<br />
Gesellschaftliche Lernprozesse werden in bestimmte Handlungsfelder<br />
geleitet.<br />
Darüber hinaus weist er auf die Zuhilfenahme neuer Informations- und<br />
Kommunikationstechniken hin, die eine Veränderung der Planung bewirken.<br />
PlanerInnen, so Fürst, sind heute angehalten ihre Daten adressatengerechten<br />
aufzuarbeiten (vgl. Fürst 2008a, S. 38).<br />
1.2 Bewältigungsmöglichkeiten <strong>von</strong> aktuellen Aufgabenstellungen und<br />
Herausforderungen kommunaler Sozialplanung<br />
Wie bereits mehrfach aufgezeigt, sind die Anforderungen an (aktuelle) kommunale<br />
Planung komplex. Um den Anforderungen an eine attraktive und zukunftsfähige<br />
Kommune gerecht zu werden, gilt es, rechtzeitig und adäquat eine Modernisierung<br />
<strong>von</strong> Organisationsstrukturen, die Qualifizierung des Personals und das Optimieren<br />
9
<strong>von</strong> Steuerungsprozessen voranzutreiben. Als zentrale Aspekte <strong>von</strong> moderner<br />
Kommunaler Verwaltung können gesehen werden:<br />
� Die Zentralisierung <strong>von</strong> politischer Steuerung<br />
Im Mittelpunkt <strong>von</strong> politischer Steuerung stehen zwei Kernleistungsprozesse.<br />
Zum einen die politische Führung, die sich vom Bürger, über die Politik zur<br />
Verwaltung vollzieht. Und zum anderen das strategische Management, dass<br />
ausgeht <strong>von</strong> der Politik, über die Verwaltung bis hin zum Bürger (vgl.<br />
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen 2011, S. 27).<br />
� Konzepte, die durch das kommunale Verwaltungsmanagement initiiert werden<br />
Darunter können umfassende Reformkonzepte verstanden werden, wie zum<br />
Beispiel das NSM (Neue Steuerungsmodell), das Konzept<br />
»Dienstleistungsunternehmen Kommunalverwaltung« in Verbindung mit dem<br />
Leitbild »Bürgerkommune« und die Entwicklung eines Steuerungskonzeptes in<br />
Richtung »wirkungsorientierte Steuerung« (vgl. Ministerium für Arbeit,<br />
Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen 2011, S. 27-28).<br />
� Wissenschaftliche Diskussionen über wirkungsorientierte Steuerung<br />
Auch implementierten Steuerungsmechanismen (wie zum Beispiel der<br />
wirkungsorientierten Steuerung) müssen sich einer breiten wissenschaftlichen<br />
Diskussion stellen. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden mit Erfahrungen der<br />
Praxis abgewogen und gegeben falls neu überdacht (vgl. Ministerium für Arbeit,<br />
Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen 2011, S. 28).<br />
� Zunahme <strong>von</strong> wirkungsorientierte Steuerung<br />
Unter dem Grundsatz »Vorsorge ist besser als Nachsorge« evaluieren<br />
Kommunen die Wirkung <strong>von</strong> präventiven Maßnahmen. Es gilt, laufende und<br />
zukünftige Projekte auf Landes- und kommunaler Ebene optimaler aufeinander<br />
abzustimmen, ihre vorbeugende Wirkung zu prüfen und gegebenenfalls zu<br />
verbessern (vgl. Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen 2011, S. 30)<br />
Zusammenfassend zeigt sich, dass aktuelle, moderne, kommunale Verwaltungen in<br />
der Regel folgende Merkmale aufweisen:<br />
� Ausrichtung auf die Wirkung der Maßnahmen und einer Optimierung der<br />
Prozesse sowie ein kundenorientiertes, verwaltungsebenübergreifendes,<br />
multimediales Vorgehen.<br />
10
� Nutzung moderner IT; vor allem in den Bereichen der Planungsprozesse und<br />
damit auch der Sozialplanung.<br />
� Bereitstellung eines sogenannten Führungsinformationssystems (FIS) für<br />
zeitgerechte Darstellung <strong>von</strong> steuerungsrelevanten Informationen.<br />
� Festlegung der Rahmenbedingungen, in dem Sozialplanung stattfindet<br />
<strong>von</strong> Seiten der Verwaltungsführung in Verbindung mit einer starken Prägung<br />
durch festgelegte Steuerungssysteme.<br />
� Enge Verbindung zwischen sozialplanerischem Vorgehen und dem<br />
entsprechenden Verwaltungsmanagement. Abhängigkeit <strong>von</strong> örtlichen<br />
Unterschieden. Das heißt, die Aufgabenstellung, Arbeitsweise und Umsetzung<br />
<strong>von</strong> Maßnahmen kann somit stark variieren (vgl. Ministerium für Arbeit,<br />
Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen 2011, S. 30).<br />
Diese örtlichen Unterschiede aufgreifend führt zu der Frage, wie kommunale<br />
Sozialplanung in einzelnen Regionen aussieht. Am Beispiel des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es<br />
wird im folgenden Kapitel ein kleiner exemplarischer Einblick <strong>von</strong> örtlichem<br />
Planungsvorgehen aufgezeigt.<br />
11
2. Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong><br />
Eine <strong>von</strong> vielen kommunalen Sozialplanungen in Deutschland leistet der in Hessen<br />
liegende <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>. Er ist Teil des Regierungsbezirks Gießen (Mittelhessen).<br />
Seine Verwaltungsstandorte sind <strong>Dill</strong>enburg und Wetzlar.<br />
Abbildung 2: Lage des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es (Quelle: Menn, 2011b, Folie 2)<br />
2.1 Aufbau und aktueller Stand der partizipativen Sozialplanung im<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong><br />
In einer großen Gebietsreform schlossen sich in den 1970iger Jahren der Altkreis<br />
Wetzlar (Süden) und der <strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> (Norden) zum <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> zusammen. Die<br />
rund 260.000 Einwohner des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es leben in 8 Städten und 15<br />
Gemeinden (vgl. Sozialbericht 2008, S. 16). Ein erstmalig sozialstruktureller<br />
Überblick der Versorgung, in Bezug auf sozialpolitische Fragen und Anforderungen,<br />
wurde durch den »Sozialatlas 2000« aufgeführt. Drei Jahre später erfolgte sukzessiv<br />
eine Bestandserhebung <strong>von</strong> Strukturdaten aller kreisgeförderten psychosozialen<br />
Angebote, partizipative Sozialplanungsprozesse, die Finanzierung der<br />
Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung sowie eine Überarbeitung<br />
der Erziehungsberatungslandschaft. Im Rahmen einer Neustrukturierung und<br />
Kommunalisierung der Förderung sozialer Hilfen in Hessen verpflichtete sich der<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> seit dem 14.12.2004 zur landesweiten einheitlichen<br />
Sozialberichtserstattung. Seit dem <strong>Kreis</strong>tagsbeschluss vom 07.05.2007 wird diese<br />
kontinuierlich durchgeführt (vgl. Sozialbericht 2008, S. 9).<br />
12
Der <strong>von</strong> 2003 betriebene Aufbau <strong>von</strong> Sozialcontrolling und partizipativer<br />
Sozialplanung verfolgte, laut Menn, das Ziel, ein flächendeckendes Netz an<br />
Beratung und Förderung im Sozial- und Jugendbereich zu erhalten (vgl. Menn<br />
2011a, S. 1). Daraus resultierend wurde die »Steuerungsgruppe Sozialplanung im<br />
LDK« geründet. Ihre Aufgabe besteht, darin, in Kooperation mit verschiedenen<br />
Fachbereichen des <strong>Kreis</strong>es, der Liga der freien Wohlfahrtpflege, der Sozial- und<br />
Jugendhilfeplanung sowie der Vorsitzenden der Jugendhilfeausschüsse des <strong>Kreis</strong>es<br />
und der Stadt Wetzlar, der Agentur für Arbeit, des Jobcenters, des<br />
Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GpV) und den VertreterInnen der<br />
<strong>Kreis</strong>tagsausschüsse transparente und nachvollziehbare Entscheidungsvorlagen für<br />
die <strong>Kreis</strong>politik zu entwickeln (vgl. Menn 2011a, S. 1). Oder auch anders formuliert,<br />
sie dient zur Koordination partizipativer Sozialplanungsprozessen, gewährleistet die<br />
Sozialberichtserstattung und die Umsetzung der in der Rahmenvereinbarung<br />
(Neustrukturierung und Kommunalisierung der Förderung sozialer Hilfen in Hessen)<br />
verankerten Grundsätze und bringt die Arbeitsergebnisse in die<br />
Entscheidungsprozesse der Gremien des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es und der Stadt Wetzlar<br />
ein“ (Menn 2011a, S. 1).<br />
In komprimierter Form kann folgender zeitlicher Ablauf in Verbindung mit<br />
planerischem Vorgehen skizziert werden:<br />
� <strong>Kreis</strong>tagsbeschluss vom 15.12.2003<br />
Beginn des Aufbaus <strong>von</strong> Sozialplanung und Sozialcontrolling in Form einer<br />
Projektstruktur mit der Zielsetzung:<br />
- Kompetenzen der Wohlfahrtspflege und der freien<br />
Träger in Verbindung mit staatlichen Institutionen zu nutzen.<br />
- Eine Verknüpfung zwischen der laufenden Jugend- und der<br />
Sozialplanung um die Aktualisierung regionaler Bedarfe, Überarbeitung<br />
<strong>von</strong> vorhandenen Förderrichtlinien sowie die Formulierung <strong>von</strong><br />
Standards notwendiger sozialer Hilfen anzustreben (vgl. Menn 2011b,<br />
Folie 7).<br />
Zu diesem Zweck wurden im Teilprojekt 1 (siehe Abbildung 3) Arbeitsgruppen<br />
gebildet, die ein flächendeckendes Netz an Beratung und Förderung im Sozial-<br />
und Jugendbereich aufbauen und/oder erhalten sollten. Desweitern erfolgte<br />
eine Überprüfung und Optimierung der Förderstruktur, Abbau <strong>von</strong><br />
Doppelstrukturen und der Vorrang <strong>von</strong> präventiven Angeboten.<br />
13
Abbildung 3: Projektstruktur des Aufbaus <strong>von</strong> Sozialplanung / Sozialcontrolling im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>.<br />
(Quelle: Menn 2011b, Folie 8)<br />
� <strong>Kreis</strong>tagsbeschluss vom 13.12.2004<br />
Implementierung einer partizipativen Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> in<br />
Verbindung mit der Fortführung kontinuierlicher Planungsprozesse.<br />
Die bisherige Projektstruktur einer Projektarbeit wird dadurch beendet.<br />
Die Steuerung des Prozesses wird an die »Steuerungsgruppe Sozialplanung im<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> übertragen. Ihre Aufgaben liegen in:<br />
- Der Koordination des partizipativen Sozialplanungsprozesses<br />
- Der Gewährleistung des Sozialberichts und die Umsetzung der in der<br />
Rahmenvereinbarung (der Neustrukturierung und Kommunalisierung der<br />
Förderung sozialer Hilfen in Hessen) festgelegten Grundsätze<br />
- Einbringung der Arbeitsergebnisse in die Entscheidungsprozesse der<br />
Gremien des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es und der Stadt Wetzlar<br />
Die aktuelle Zusammensetzung (Stand April 2012) der »Steuerungsgruppe<br />
Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>« zeigt die folgende Tabelle:<br />
14
Tabelle 1: Steuerungsgruppe Sozialplanung (Quelle: Menn 2012, S. 1-2)<br />
15
� Rahmenvereinbarungen über die Grundsätze der Neustrukturierung und<br />
Kommunalisierung der Förderung sozialer Hilfen in Hessen zwischen dem<br />
Land, Landeswohlfahrtverband und der Kommunen vom 14.12.2004<br />
Daraus folgend wurden zwei weitere Rahmenvereinbarungen getroffen<br />
(vgl. Menn, 2011a, S. 1-2):<br />
- Rahmenvereinbarung zwischen dem <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und den nach dem<br />
Schwangerschaftskonfliktgesetz anerkannten freien Träger über die<br />
Grundsätze für leistungs- und qualitätsorientierte<br />
Zuwendungsvereinbarungen sowie Leitsätze institutioneller Beratung bei<br />
Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikten (2004).<br />
- Rahmenvereinbarung zur Sicherung eines ausreichenden Angebotes<br />
<strong>von</strong> Erziehungs- und Familienberatung nach dem SGB VIII für den <strong>Lahn</strong>-<br />
<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und die Stadt Wetzlar (2005).<br />
� Wissenschaftliche Begleitung <strong>von</strong> Januar 2006 bis Juli 2007<br />
„Der Kommunalisierungsprozess und dessen Umsetzung vor Ort wurden in<br />
sechs hessischen Kommunen durch das Rhein-Ruhr-Institut für<br />
Sozialforschung (RISO) unter Leitung <strong>von</strong> Prof. Dr. D. Grunow wissenschaftlich<br />
beobachtet. Es fanden teilnehmende Beobachtungen in der Steuerungsgruppe<br />
Sozialplanung sowie ExpertInneninterviews statt und zentrale Dokumente, wie<br />
Protokolle und politische Beschlüsse, wurden ausgewertet“ (Menn 2011a, S. 3).<br />
Der Sozialplanungsprozess im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> kann vor diesem Hintergrund als<br />
regelrechter <strong>Kreis</strong>lauf bezeichnet werden, der durch Beschlüsse zur Bildung <strong>von</strong><br />
Planungsgruppen führt und die Einbindung <strong>von</strong> Personen und Projekten forciert.<br />
Darüber hinaus wird die Wichtigkeit einer transparenten Darstellung der<br />
Planungsprozesse berücksichtigt, um Planungsbericht und die Präsentation der<br />
Arbeitsergebnisse in den Gremien vorzustellen. Aufgrund dieser Berichte und<br />
Ausführungen werden wiederum neue Beschlüsse gefasst. Das folgende Schaubild<br />
verdeutlicht diesen <strong>Kreis</strong>lauf.<br />
16
Abbildung 4: Partizipative Sozialplanungsprozesse (Quelle: Menn 2011b, Folie 18)<br />
2.2 Die Planung des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es vor dem Hintergrund der im Seminar<br />
entwickelten Forschungsfragen<br />
Viele der im Seminar entwickelten Forschungsfragen konnten durch<br />
unterschiedlichste Quellen (vorrangig Texte der Sozialplanerin des <strong>Kreis</strong>es Meike<br />
Menn) bereits in den vorangegangen Kapiteln beantwortet werden. Im Folgenden<br />
wird aus diesem Grunde sehr komprimiert und verkürzt auf die schriftliche<br />
Beantwortung der Sozialplanerin Meike Menn per E-Mail eingegangen.<br />
2.2.1 Gibt es einen gesetzlichen oder politischen Auftrag für ihre Planung?<br />
(Beziehungsweise welche §§ des SGB VIII sind betroffen?)<br />
Menn führt zur Beantwortung der Frage die <strong>Kreis</strong>tagsbeschlüsse sowie den auf<br />
Landesebene in Gang gesetzten »Kommunalisierungsprozess« am 14.12.2004 an.<br />
Sie verweist auf den VSOP und ihren Vortrag Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<br />
<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> (vgl. Menn 2012, S. 1). Sie beschreibt den Kommunalisierungsprozess wie<br />
folgt: „Bislang förderten das Land Hessen und die Kommunen ohne gemeinsamen<br />
Abstimmungsprozess soziale Hilfen vor Ort. Mit der Einführung des<br />
Kommunalisierungsprozesses sollte nun in den Städten und <strong>Kreis</strong>en selbst<br />
entschieden werden, wie die Mittel vor Ort vergeben werden. In der am 14.12.2004<br />
unterschriebenen Rahmenvereinbarung zur Kommunalisierung sozialer Hilfen wurde<br />
eine bedarfs- und ressourcenorientierte Sozialplanung unter Beteiligung der<br />
Ortsligen festgelegt (§ 3 der RV). Weiter wurde eine kommunale<br />
17
Sozialberichterstattung und Sozialplanung (§§ 4 und 5 der RV) in Verantwortung der<br />
Gebietskörperschaft angestrebt, eine jährliche Berichterstattung an das Land über<br />
ein Monitoring (§3 II der RV) geregelt sowie die Ausarbeitung <strong>von</strong><br />
Zielvereinbarungen mit den Leistungsträgern gefordert“ (Menn 2012, S. 1). Sie<br />
verweist darüber hinaus auf die bereits erwähnte unterschiedliche Entwicklung der<br />
Kommunalisierung in den einzelnen Kommunen und erläutert die (bereits in Kapitel<br />
2.1 skizzierte) wissenschaftliche Begleitung <strong>von</strong> Prof. Grundow. Sie gibt desweitern<br />
an, dass das SGB VIII keine gesetzlichen Vorlagen liefert (vgl. Menn 2012, S. 1).<br />
2.2.2 Welche Planungsmöglichkeiten hat die Kommune?<br />
Menn weist auf den Bericht er Erziehungsberatung und den<br />
Schwangerschaftsberatungen (Rahmenvereinbarungen) hin und schreibt in Bezug<br />
auf die Planung der Kommune: „Das, was sie finanziert, kann sie auch beplanen. Da<br />
hat sie die Möglichkeit einzugreifen, Qualitätsstandards auszuhandeln und<br />
Finanzierungsvereinbarungen zu treffen“ (vgl. Menn 2012, S. 1).<br />
2.2.3 Welche weiteren Akteure sind in dem Planungsbereich tätig?<br />
Die Sozialplanerin schreibt, dass die Steuerungsgruppe Sozialplanung als Akteure<br />
gesehen werden kann. Sie fügt die in Kapitel 2.1 bereits aufgezeigte Tabelle 1 an<br />
(vgl. Menn 2012, S. 1).<br />
2.2.4 Welche Möglichkeiten haben diese, die Planung zu beeinflussen?<br />
Menn schreibt, dass die Möglichkeiten in gemeinsamen Abstimmungsprozessen,<br />
fachlichen Diskussionen, Bildung <strong>von</strong> Unter-Arbeitsgruppen um Themen zu<br />
bearbeiten etc., bestehen und fügt einen Auszug aus einem Sitzungsprotokoll an<br />
(vgl. Menn 2012, S. 2)<br />
2.2.5 Wie sind die Adressaten der Planung eingebunden?<br />
Die betroffenen Träger sind aufgrund der zu bildenden Unter-AGs der<br />
Steuerungsgruppe Sozialplanung in den Planungsprozess eingebunden, so Menn<br />
(vgl. Menn 2012, S. 4).<br />
18
3. Zusammenfassung und Resümee<br />
Zielsetzung der vorliegenden <strong>Hausarbeit</strong> war, das Vorgehen <strong>von</strong> kommunaler<br />
Sozialplanung zu beleuchten. Am Beispiel des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es konnte eine<br />
Verbindung <strong>von</strong> theoretischen Grundlagen und praktischem Vorgehen ermöglicht<br />
werden. Vor allem die partizipative sozialplanerische Ausrichtung stand dabei im<br />
Mittelpunkt.<br />
Die Abhängigkeit und Bindung an Politik, gesellschaftlichen Interessen,<br />
demographischem Wandel, Qualitätsstandards, Ressourcen, fortlaufende,<br />
zukunftsgerichtet Dialoge, etc. war mir bereits bekannt. Interessant fand ich die<br />
praktische Umsetzung anhand <strong>von</strong> Zahlen und Fakten durch Informationen der<br />
Sozialplanerin Meike Menn vor Augen geführt zu bekommen. Der starke Bezug zur<br />
Politik zeigte sich meiner Meinung nach insbesondere in Kapitel 2.1. Ersichtlich<br />
wurde, dass auf jeweilige <strong>Kreis</strong>tagsbeschlüsse und politische Vorgaben spezielle<br />
Planungsschritte erfolgten. Allerdings muss angemerkt werden, dass auch<br />
Planungsergebnisse wiederum politische Beschlüsse nach sich zogen. Ein<br />
<strong>Kreis</strong>lauf der durch die Abbildung 4 (Partizipative Sozialplanungsprozesse) sehr gut<br />
verdeutlicht wird. Fürst (2008b) greift den Aspekt der politischen Verbundenheit<br />
ebenfalls auf und schreibt: „Planer sind vor allem in Koordinations- und<br />
Abstimmungsprozessen dem Politischen stark ausgesetzt“ (Fürst 2008b, S. 65).<br />
Da Planung einen komplexen und mehrdimensionalen Prozess darstellt, liegt es auf<br />
der Hand, dass Flexibilität und Individualität eine große Rolle spielen. Die jeweiligen<br />
örtlichen Unterschiede waren mir zu Beginn der <strong>Hausarbeit</strong> in diesem Umfang nicht<br />
bewusst. Allerdings machen sie klar, wie stark Planungen <strong>von</strong> Außeneinflüssen,<br />
aber auch individuellen Positionierungen abhängig sind. Für mich bleibt offen,<br />
inwiefern generalisierte Standards in allen Kommunen zu finden sind.<br />
Am Beispiel der partizipativen Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> wird deutlich, dass<br />
ein partizipativer Sozialplanungsprozess die unterschiedlichsten Planungselemente<br />
(Projektarbeit, Steuerungsgruppe, Sozialbericht, Rahmenvereinbarungen etc.)<br />
sowie Akteure einbezieht und in einem fortlaufenden, steten Überprüfungs- und<br />
Erneuerungskreislauf steht. In diesem Vorgehen sehe ich eine zukunftsorientierte<br />
Ausrichtung, die viele positive Auswirkungen (auf die Bevölkerung und die gesamte<br />
19
Region) beinhalten kann. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung durch<br />
Herrn Prof. Dr. D. Grunow wären in diesem Zusammenhang sicherlich eine<br />
interessante Ergänzung.<br />
Zusammenfassend halte ich fest, dass am Beispiel des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es nur ein<br />
kleiner Einblick in kommunale Sozialplanung gegeben werden konnte. Spezielle<br />
Anforderungen und Bewältigungsstrategien der hiesigen Planung, wie zum Beispiel<br />
Segregationsprozesse oder die Verwendung <strong>von</strong> modernen Technologien, bleiben<br />
aufgrund des Umfangs der <strong>Hausarbeit</strong> unberücksichtigt.<br />
Abschließen möchte ich mit einer Definition des Handbuches Moderne<br />
Sozialplanung, die die genannten Aspekte nochmals gut zusammenfasst.<br />
„Moderne Sozialplanung ist in einen gesamtstrategischen Prozess eingebettet und<br />
ist damit mehr als die Summe isolierter Einzelprozesse. Sie ist lebenslagen- und<br />
wirkungsorientiert und basiert auf definierten Budgets (d. h. sie und ihre Ergebnisse<br />
sind finanziert). Moderne Sozialplanung ist sozialräumlich organisiert, transparent<br />
und bietet Mitwirkung an für alle Beteiligten (Wohnbevölkerung, Betroffene und<br />
Leistungserbringer)“ (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen 2011, S. 31).<br />
Literaturverzeichnis<br />
Brülle, Heiner/ Hock, Beate (2010): Dimensionen <strong>von</strong> Sozialplanung in den<br />
Kommunen und der Stellenwert <strong>von</strong> Jugendhilfeplanung. In: Maykus, Stephan /<br />
Schone, Reinhold (2010): Handbuch Jugendhilfeplanung. VS Verlag, Wiesbaden.<br />
Fürst, Dietrich (2008a): Begriff der Planung und Entwicklung der Planung in<br />
Deutschland. In: Fürst D. / Scholles, F. (Hg.): Handbuch Theorien und Methoden<br />
der Raum- und Umweltplanung S. 21-47. Verlag Dorothea Rohn, Detmold.<br />
Fürst, Dietrich (2008b): Planung als politischer Prozess. In: Fürst D. / Scholles, F.<br />
(Hg.): Handbuch Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung S. 48-69.<br />
Verlag Dorothea Rohn, Detmold.<br />
20
GG (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland) (1992). Bundeszentrale für<br />
politische Bildung (Hrsg.) Bonn.<br />
Kaufmann, Franz-Xaver (2002): Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische<br />
Analyse. Opladen.<br />
Maykus, Stephan / Schone, Reinhold (2010): Handbuch Jugendhilfeplanung. VS<br />
Verlag, Wiesbaden.<br />
SGB (Sozialgesetzbuch) VIII, 9. Auflage, Deutscher Taschenbuchverlag, München<br />
(2004)<br />
Onlinedokumente<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> (2005a): Presseinformation Nr. 181/ 2005 Beratungsstellen, <strong>Lahn</strong>-<br />
<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und Stadt Wetzlar unterzeichnen Rahmenvereinbarungen zur Sicherung<br />
eines ausreichenden Angebots <strong>von</strong> Erziehungs- und Familienberatung. Unter:<br />
http://www.lahn-dill-kreis.de/presse/ldk_presse_artikel_10888.html (19.02.2012)<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> (2005b): Rahmenvereinbarung zur Sicherstellung eines<br />
ausreichenden Angebots <strong>von</strong> Erziehungs- und Familienberatung nach SGB VIII für<br />
den <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und die Stadt Wetzlar. Unter: http://www.lahn-dill-<br />
kreis.de/14562/Rahmenvereinbarung.pdf (19.02.2012)<br />
Menn, Meike (2011a): Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>. Unter:<br />
http://www.vsop.de/files/JT_2011_Menn_Partizipative_Sozialplanung_im_LDK_AG.<br />
pdf, S. 1-4 (Zugriff am 03.04.2012)<br />
Menn, Meike (2011b): Partizipative Sozialplanung im <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>. Zukunft des<br />
Sozialen gestalten – Impulse der Sozialplanung. Unter:<br />
http://www.vsop.de/files/JT_2011_Menn_Sozialplanung_<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>.pdf (Zugriff<br />
24.04.2012)<br />
Menn, Meike (2012): Beantwortung der Fragen per E-Mail (E-Mail I und E-Mail II)<br />
am 03.04.2012, Seite 1-5 (im Anhang der <strong>Hausarbeit</strong>)<br />
21
VSOP (Verein für Sozialplanung e. V.) (2012): Sozialplanung. Unter:<br />
http://www.vsop.de (Zugriff am 19.04.2012)<br />
Deutscher Verein für öffentliche und Private Fürsorge (2011): Eckpunkte für<br />
eine integrierte Sozial- und Finanzplanung in Kommunen. Unter:<br />
http://www.vsop.de/files/FA_DV_2011_Eckpunkte_Integrierte_Sozial_Finanzplanun<br />
g_Kommunen.pdf, S.1-18 (Zugriff am 19.04.2012)<br />
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen (2011): Moderne Sozialplanung. Ein Handbuch für Kommunen. Unter:<br />
http://www.mais.nrw.de/08_PDF/003/Handbuch_Sozialplanung_Endversion.pdf,<br />
S. 1-211 (Zugriff am 19.04.2012)<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1: (Deckblatt): Unter: http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>, S. 1<br />
Abb. 2: Lage des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es (Quelle: Menn, 2011b, Folie 2), S. 12<br />
Abb. 3: Projektstruktur des Aufbaus <strong>von</strong> Sozialplanung / Sozialcontrolling im<br />
<strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>. (Quelle: Menn 2011b, Folie 8), S. 14<br />
Abb. 4: Partizipative Sozialplanungsprozesse (Quelle: Menn 2011b, Folie 18), S. 17<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Steuerungsgruppe Sozialplanung (Menn 2012, S. 2-3), S. 15<br />
22