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neue geschäfte in alten gemäuern - Landesinitiative StadtBauKultur ...

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194 : VOM NUTZEN DES UMNUTZENS<br />

BRAUTEMPEL IM WASSERSPORTPALAST<br />

Klaus-Ludwig Thiel<br />

Die ehemals selbstständigen Städte Barmen und Elberfeld erlebten im<br />

19. Jahr hundert e<strong>in</strong>e wahre Bevölkerungsexplosion durch den ständigen<br />

Zuzug von Industriearbeitern, die <strong>in</strong> der aufstrebenden Textil<strong>in</strong>dustrie im<br />

Tal der Wupper Arbeit und Auskommen suchten. Die Wohnbau<strong>in</strong>dustrie<br />

boomte und riesige Arbeiterquartiere wuchsen allmählich aus dem Tal bis <strong>in</strong><br />

die Höhenlagen h<strong>in</strong>auf. Die im Tal gelegenen älteren Stadtquartiere wie das<br />

Island <strong>in</strong> Elberfeld waren heillos überbelegt, den Wohnungen fehlten Hygienee<strong>in</strong>richtungen<br />

wie Badezimmer oder Geme<strong>in</strong>schaftsduschen. An spor tlichen<br />

Möglichkeiten, die den Menschen halfen, den harten Arbeitsalltag mit<br />

s<strong>in</strong>nvoller körperlicher Ertüchtigung auszugleichen, mangelte es ebenfalls<br />

<strong>in</strong> den eng bebauten Gründerzeitwohnvierteln. Daher muss es als Pioniertat<br />

des modernen Städtebaus gewertet werden, dass die sogenannte Barmer<br />

Aktiengesellschaft am 19. Juli 1882 im Zentrum von Barmen e<strong>in</strong>es der ersten<br />

deutschen Volksbäder <strong>in</strong> Betrieb nahm.<br />

Das Schwimm- und Wannenbad bot nun der Bevölkerung die Möglichkeit,<br />

die sportlichen und hygienischen Defizite der privaten Wohnwelt auszugleichen.<br />

Das Angebot erstreckte sich vom Damenschwimmbad, welches<br />

eigentlich nur zum Wasserstehen konzipiert war, über das Herrenschwimmbecken<br />

bis zu den parallel zu den Becken angeordneten, streng nach Geschlechtern<br />

getrennten Wannenbädern. 1889 wurden sogar verschiedene<br />

Dampfbäder zur Gesundheitspflege e<strong>in</strong>gerichtet. Dass die Barmer Badeanstalt<br />

im Zweiten Weltkrieg kaum Schäden erlitt, obwohl fast die gesamte Innenstadt<br />

nur noch e<strong>in</strong>em Trümmerfeld glich, führte man im Volksmund auf<br />

das Äußere der Badeanstalt zurück, das mehr e<strong>in</strong>er Kirche mit Zweiturmfront<br />

und angehängtem Chor gleicht als e<strong>in</strong>em Wassersportpalast.<br />

Ab 1993 reiften dann die Überlegungen, das <strong>in</strong>zwischen nicht mehr rentable<br />

und auch die Wassersportrichtl<strong>in</strong>ien nicht mehr erfüllende Bad zu schließen,<br />

was erhebliche Proteste <strong>in</strong> der Bevölkerung hervorrief. E<strong>in</strong> Lüdenscheider<br />

Investorengremium kaufte das Schwimmbad Ende der 1990er Jahre, um<br />

hier zusammen mit dem Wuppertaler Architekten Rudolf Hoppe e<strong>in</strong>e<br />

Schankwirtschaft mit eigener Brauerei nach dem Vorbild des ehemaligen<br />

Lüdenscheider Schillerbades e<strong>in</strong>zurichten.<br />

Der Gastronomiebereich umfasst das Damenschwimmbad, die Haupt -<br />

schwimmhalle und den Umgang der ehemaligen Umkleidekab<strong>in</strong>en,<br />

wo heute die Braukessel untergebracht s<strong>in</strong>d. Aus städtebaulichen<br />

Gründen wurde die Haupterschließung <strong>in</strong> den Bereich des ehemaligen<br />

Damenschwimmbades verlegt, welches ursprünglich die Rückseite des<br />

Bades bildete. Zum e<strong>in</strong>en wurde aus dieser Richtung die Mehrzahl der Gäste<br />

erwartet und zum anderen konnte hier e<strong>in</strong>e Außengastronomie Platz f<strong>in</strong>den.<br />

Der ursprüngliche Haupte<strong>in</strong>gang mit den Treppenhaustürmen und e<strong>in</strong>er<br />

dreijochigen E<strong>in</strong>gangsarkade blieb zwar erh<strong>alten</strong>, dient aber nur noch der<br />

Anlieferung und dem Zugang für den Bürotrakt, der <strong>in</strong> der ehemaligen<br />

Schwimmmeisterwohnung untergebracht wurde.<br />

Bei der Umplanung wurde aus denkmalpflegerischer Sicht darauf geachtet,<br />

dass die frühere Funktion der Schwimmhallen ablesbar blieb. So wurden<br />

die Beckenränder mit den gekachelten Wasserüberläufen ebenso erh<strong>alten</strong><br />

BRAUHAUS BARMEN<br />

Kle<strong>in</strong>e Flurstraße 5 | 42275 Wuppertal-Barmen<br />

ARCHITEKT: Rudolf Hoppe, Wuppertal<br />

BAUHERR: Jörg Mehl, Lüdenscheid<br />

195<br />

VOM NUTZEN DES UMNUTZENS :<br />

wie beispielsweise die Umkleidegalerien oder der Kopf e<strong>in</strong>es Bergischen<br />

Löwen, der als Wasserzulauf e<strong>in</strong>st frisches Wasser <strong>in</strong> das Becken spie. In<br />

e<strong>in</strong>er gediegenen Atmosphäre sitzt man nun <strong>in</strong> der Ebene des Herrenschwimmbeckens<br />

und kann das hausgebraute Bier genießen, anstatt mühevolle<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heiten abzuleisten.

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