WOHNTREND - Kristina Raderschad
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Porträt mit Hund: Foxterrier Masai muss<br />
fürs Familienfoto im Wohnraum die<br />
Kinder von Carlo Dal Bianco und seiner<br />
Frau Alessandra Rebellato vertreten –<br />
alle vier waren in der Schule oder im<br />
Kindergarten. Die Mosaik-Tischleuchte<br />
entwarf der Designer für Bisazza.<br />
Die schwere, weiß lackierte Holztüre öffnet sich – und<br />
ein korallenrot gestrichenes Entree empfängt den Besucher.<br />
Ein Biedermeiersofa unter einem Ölbild aus<br />
den 30er-Jahren füllt den kleinen Raum; ein Foxterrier hat<br />
sich darauf ausgestreckt und lässt sich durch nichts aus der<br />
Ruhe bringen. So bildet er zusammen mit dem Gipsabguss<br />
einer klassizistischen Venusbüste, zwei Wedgwood-Vasen<br />
aus den 50ern, einem hölzernen Porträtkopf vom Flohmarkt<br />
und einer Vintage-Tischleuchte mit schwarz-weißem Schirm<br />
ein Stillleben, das eine Menge über den Hausherrn erzählt.<br />
Hier wohnt jemand, der ein geschultes Auge für Kunst<br />
und Design hat, der seine Klassiker kennt und Zeitgenössisches<br />
schätzt. Der gekonnt Objekte unterschiedlichster Herkunft<br />
kombiniert, ohne Wertvolles museal zu inszenieren.<br />
Die Dinge, die er liebt, sind Teil seines Alltags. Und Alltag<br />
bedeutet für Carlo Dal Bianco, 46, Architekt und Designer,<br />
seit 18 Jahren verheiratet und Vater von vier Kindern: Familie<br />
und Arbeit – beides unter einem Dach. Sein Haus in Vicenza,<br />
ein unaufgeregter viergeschossiger Bau aus den 50er-Jahren,<br />
den er 2004 kaufte und umbaute, beherbergt im Erdgeschoss<br />
sein Design-Atelier. Hier entwickelt er Produkte und<br />
architektonische Konzepte für den Mosaikhersteller Bisazza<br />
oder die Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Darüber wohnt<br />
die Familie auf drei Etagen und 400 Quadratmetern. Das<br />
zweite Geschoss haben die Kinder für sich, in der dritten liegen<br />
der Eingang und die Zimmer der Eltern, und ganz oben<br />
wird gekocht, gegessen, gewohnt. Leben und Arbeiten bilden<br />
eine Einheit, die bunter kaum sein könnte: Ob Sonnengelb<br />
oder Taubenblau, Pistaziengrün oder Schokoladenbraun, Tief -<br />
schwarz oder Korallenrot – jeder Raum hat eine andere Farbe, und jede wirkt selbstverständlich und sophisticated, nicht eine<br />
kommt grell oder unpassend daher.<br />
„Für den Eingang habe ich ganz bewusst einen starken,<br />
heiteren Ton gewählt, der den Besucher freundlich stimmt“,<br />
erklärt Carlo Dal Bianco. „Ein Kniff, der ursprünglich aus<br />
dem Barock stammt.“ Die Farben, die er für einenRaum auswählt,<br />
beziehen sich stets auf ein konkretes Objekt. Im Flur<br />
war es das Bild des italienischen Malers Otello De Maria über<br />
dem Sofa, das sich der Designer und seine Gattin Alessandra<br />
Rebellato, eine Restauratorin, zur Hochzeit schenkten. „Für<br />
das Biedermeiermöbel suchten wir dann einen Bezugsstoff,<br />
der farblich zum Gemälde passt – und auch die Wahl der<br />
roten Wandfarbe kam so zustande“, sagt Carlo Dal Bianco.<br />
Dass Foxterrier Masai dem Sofastoff reichlich Gebrauchsspuren<br />
beigebracht hat, quittiert der Designer mit mildem<br />
Lächeln. Das gehört zum Alltag – und tut der Suggestionskraft<br />
des Interieurs keinen Abbruch.<br />
Vom Entree aus wandelt man durch eine Raumfolge, die<br />
mit ihrer klaren Symmetrie dem Barock entlehnt ist, und<br />
man staunt, wie sich Stimmungen ändern, das Gefühl von<br />
Distanz und Weite sich mit Konzentration und Nähe abwechselt.<br />
Wie sich Raumecken und von der Architektur vorgegebene<br />
Grenzen zwischen Vertikalen und Horizontalen aufzulösen<br />
scheinen, wenn Carlo Dal Bianco satte, dunkle Töne<br />
von den Wänden nahtlos auf die Decken übergehen lässt.<br />
Ruhe im Moos: Vor den grünen Wänden im Schlafzimmer<br />
scheinen der spätbarocke Engel und der antike Holzrahmen<br />
zu schweben. Im Obergeschoss blickt man vom Esstisch<br />
auf die Dachterrasse. Das Rosé von Poul Henningsens Leuchte<br />
„Artischocke“ nimmt die Deckenfläche im Salon auf.<br />
2/11 A & W 111