„finanziell fit“ – Ein neuer Ansatz der finanziellen Bildung ... - BAG-SB
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Finanzielle <strong>Bildung</strong> ist dadurch ein zentraler <strong>Ansatz</strong> <strong>der</strong><br />
Armuts- und Überschuldungsprävention.<br />
Finanzielle <strong>Bildung</strong> als sekundäre Überschuldungsprävention<br />
Es wird zwischen primären, sekundären und tertiären Präventionsansätzen<br />
unterschieden. Ziel primärer Überschuldungsprävention<br />
ist die Vermeidung <strong>der</strong> Problementstehung,<br />
d.h. die För<strong>der</strong>ung finanzieller <strong>Bildung</strong> zur Vermeidung von<br />
Überschuldung und sozialem Ausschluss. Es gibt eine große<br />
Vielfalt an unterschiedlichen Projekten im Bereich primärer<br />
Prävention, die sich eher unspezifisch an Zielgruppen wie<br />
„Schüler“ o<strong>der</strong> „Jugendliche“ richten. Als Beispiele seien<br />
hier z.B. das Projekt „Finanzführerschein“ des Vereins<br />
Schuldnerhilfe Essen o<strong>der</strong> das Projekt „Fit for money“ des<br />
DRK Kiel genannt (www.finanzfuehrerschein.de; www.fitfor-money.de).<br />
Zielgruppe tertiärer Prävention sind dagegen<br />
bereits überschuldete Personen, denen über rechtsförmliche<br />
Verfahren sowie personenbezogene Beratungs- und <strong>Bildung</strong>sangebote<br />
eine ökonomische und soziale Reintegration<br />
ermöglicht werden soll. Ziele tertiärer Prävention sind also<br />
eine Unterstützung des Entschuldungsprozesses und eine<br />
Vermeidung von erneuter Überschuldung. Menschen, die<br />
sich in einer Schuldnerberatung befinden o<strong>der</strong> diese bereits<br />
abgeschlossen haben, können außerdem eine wichtige Multiplikatorenfunktion<br />
für Familie, Verwandte und Freunde<br />
übernehmen. So hat beispielsweise das Institut für Finanzdienstleistungen<br />
verschiedene Module zur <strong>Bildung</strong>sarbeit<br />
mit Überschuldeten entwickelt (www.finanzielle-allgemein<br />
bildung.de).<br />
„Finanziell <strong>fit“</strong> ist demgegenüber ein Angebot <strong>der</strong> sekundären<br />
Überschuldungsprävention, das sich gezielt an erwerbslose<br />
junge Erwachsene richtet. Dieses Projekt sekundärer<br />
Prävention setzt zu einem Zeitpunkt an, an dem sich Menschen<br />
in einer zumindest potentiellen Krise befinden und<br />
Lernbedarf haben: „Lehren, wenn gelernt wird“ (Reifner,<br />
2003). Dies ist ein Vorteil gegenüber primärpräventiven<br />
Ansätzen, z.B. in Schulen, die häufig darauf angewiesen<br />
sind, spätere Lebensphasen und Handlungssituationen vorweg<br />
zu nehmen. Junge Erwachsene in prekären wirtschaftlichen<br />
Situationen werden dagegen in einer Phase erreicht, in<br />
<strong>der</strong> Fragen <strong>der</strong> Haushalts- und Budgetplanung, <strong>der</strong> Nutzung<br />
von Finanzdienstleistungen sowie des Umgangs mit Krisen<br />
beson<strong>der</strong>s aktuell sind. Es wird also eine spezifische „Risikogruppe“<br />
adressiert, <strong>der</strong>en Krisenbewältigungskompetenzen<br />
ausgebaut werden sollen. Ziel ist es außerdem, die Kompetenzen<br />
<strong>der</strong> jungen Erwachsenen im Umgang mit Finanzdienstleistungen<br />
zu för<strong>der</strong>n und ihren Zugang zu diesen zu<br />
verbessern.<br />
<strong>Ein</strong>er <strong>der</strong> Gründe für eine Fokussierung auf die Gruppe <strong>der</strong><br />
Erwerbslosen ist die Tatsache, dass Arbeitslosigkeit ein<br />
wichtiger Auslöser von Überschuldung ist. In <strong>der</strong> Altersgruppe<br />
<strong>der</strong> 25-34Jährigen ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> arbeitslos gemel-<br />
deten überschuldeten Personen überproportional groß (Reifner;<br />
Zimmermann 2005). Die jungen Erwachsenen zwischen<br />
18 und 24 Jahren haben demgegenüber einen unterproportionalen<br />
Anteil an Überschuldeten in <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Erwerbslosen.<br />
Reifner und Zimmermann sehen die Gründe hierfür<br />
in <strong>der</strong> Wohnsituation und <strong>der</strong> vergleichsweise noch niedrigen<br />
Kredithöhe <strong>der</strong> jungen Erwachsenen. Dies spricht dafür,<br />
dass gerade diese Zielgruppe ein beson<strong>der</strong>s wichtiger Adressat<br />
für Maßnahmen <strong>der</strong> Überschuldungsprävention ist. <strong>Ein</strong>e<br />
Fokussierung auf die Zielgruppe <strong>der</strong> erwerbslosen jungen<br />
Erwachsenen hat außerdem den Vorteil, dass eine Erreichbarkeit<br />
dieser Gruppe über die Träger von <strong>Bildung</strong>s- und<br />
Qualifizierungsmaßnahmen gewährleistet ist.<br />
Durch ein sekundärpräventives Angebot <strong>der</strong> Überschuldungsvorsorge<br />
kann es gelingen, junge Erwachsene mit Krisenbewältigungskompetenzen<br />
auszustatten, die es ihnen<br />
später im entscheidenden Moment ermöglichen, strategisch<br />
klug zu handeln und darüber hinaus bei Bedarf frühzeitig<br />
die Hilfe professioneller Beratung in Anspruch zu nehmen.<br />
Gleichzeitig muss aber auch nach den Grenzen finanzieller<br />
<strong>Bildung</strong> gefragt werden (vgl. Schwartz 2006). Diese Grenzen<br />
bestehen zum einen in <strong>der</strong> Komplexität von Finanzdienstleistungen<br />
und den multifaktoriellen Ursachen von<br />
Überschuldungsprozessen, aber auch in <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />
von rechtlichen Verän<strong>der</strong>ungen und Schutzmaßnahmen.<br />
Das Projekt <strong>„finanziell</strong> <strong>fit“</strong><br />
Ziel des Projektes <strong>„finanziell</strong> <strong>fit“</strong> 1 des Schuldnerfachberatungszentrums<br />
<strong>der</strong> Johannes Gutenberg-Universität ist die<br />
Integration von Angeboten finanzieller <strong>Bildung</strong> in Qualifizierungs-<br />
und <strong>Ein</strong>glie<strong>der</strong>ungsmaßnahmen sowie Arbeitsgelegenheiten<br />
für erwerbslose junge Erwachsene unter 25 Jahren.<br />
Hierzu wurden zum einen direkt Veranstaltungen mit<br />
erwerbslosen jungen Erwachsenen durchgeführt. Zum an<strong>der</strong>en<br />
wurden Fortbildungen für Multiplikatoren angeboten,<br />
die diese dabei unterstützen sollen, kompetenter mit dem<br />
Thema Ver- und Überschuldung umzugehen sowie Überschuldungsprävention<br />
in ihre Arbeit zu integrieren.<br />
Mittlerweile wurde das ursprüngliche Konzept von <strong>„finanziell</strong><br />
<strong>fit“</strong> unter dem Namen <strong>„finanziell</strong> fit <strong>–</strong> familie“ für die<br />
Zielgruppe (junge) Familien modifiziert. Dabei werden zwar<br />
weitgehend die gleichen Inhalte, jedoch methodisch neu aufbereitet,<br />
thematisiert, aber an<strong>der</strong>e Schwerpunkte gesetzt:<br />
Beispielsweise wird hier <strong>der</strong> Entwurf eines auf die eigenen<br />
Erfor<strong>der</strong>nisse zugeschnittenen Haushaltsplanes selbst und<br />
nicht die Themen erste eigene Wohnung o<strong>der</strong> Handy in den<br />
Mittelpunkt gestellt.<br />
Die Angebote von <strong>„finanziell</strong> <strong>fit“</strong> zielen darauf, das Wissen<br />
und vor allem die Handlungskompetenzen <strong>der</strong> Teilnehmen-<br />
1. Das.Präventionsprojekt.startete.im.Juni.2005.und.wurde.geför<strong>der</strong>t.<br />
durch.das.Ministerium.für.Arbeit,.Soziales,.Familie.und.Gesundheit.<br />
Rheinland-Pfalz.und.komplett.gesponsert.durch.die.norisbank.AG.<br />
<strong>BAG</strong>-<strong>SB</strong> INFORMATIONEN Heft 3/2006 37