21.02.2013 Aufrufe

Schweizerische Ärztezeitung Bollettino dei medici svizzeri Bulletin des

Schweizerische Ärztezeitung Bollettino dei medici svizzeri Bulletin des

Schweizerische Ärztezeitung Bollettino dei medici svizzeri Bulletin des

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Streiflicht Horizonte<br />

Kurztext für Ärztinnen und Ärzte mit knappem zeitbudget<br />

Fast track in der ambulanten Medizin<br />

als strategische trumpfkarte für Spitäler<br />

Richard O. Binswanger<br />

Der Autor arbeitet als Konsiliararzt<br />

für Radiologie an den<br />

Kantonsspitälern Münsterlingen<br />

und Baden.<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. med. Richard O. Binswanger<br />

Radiologie<br />

und Nuklearmedizin FMH<br />

Führungsschule Bodensee<br />

Münsterlingen<br />

Oberer Seeweg 9<br />

CH­8597 Landschlacht<br />

r.binswanger[at]bluewin.ch<br />

www.fsb-spital.ch<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

Mein Schwager wohnt in Afrika. Vor zwei Jahren<br />

erhielt er eine Knietotalprothese in der Schweiz.<br />

Diese macht seither Probleme. Er ist nie schmerzfrei.<br />

Im vergangenen Sommer kam er in die Schweiz, um<br />

eine Lösung zu finden. Der Orthopäde sah ihn<br />

schon am Tag nach der Ankunft. Er meldete ein<br />

neurologisches Konsilium an. Dieses fand drei<br />

Wochen später statt. Der Bericht lag nach weiteren<br />

zwei Wochen vor. Dann folgten Probebehandlungen<br />

mit Anästhetika, danach verging wieder viel Zeit,<br />

unter anderem mit Physiotherapie. Am Tag <strong>des</strong><br />

Abflugs war das Problem nicht gelöst. Mein<br />

Schwager ist zurückgereist. Er hat weiter Schmerzen<br />

und hofft nun auf eine Lösung in einem Jahr, wenn<br />

er wieder in die Schweiz kommt. Solche Geschichten<br />

höre ich jeden Tag von Patienten, Freunden und<br />

Kollegen.<br />

Fast Track im ambulanten Bereich<br />

Im stationären Bereich ist der Fast Track für die Abklärung<br />

und Behandlung schon seit langem etabliert.<br />

Wir kennen oft schon am ersten oder zweiten<br />

Spitaltag die definitive Diagnose. Und in der Ambu­<br />

Auch in der Medizin muss es Wege geben, auf denen alles etwas schneller geht als üblich.<br />

lanz? Ganz anders an der Mayo Klinik [1]. Dort kümmern<br />

sich spezialisierte Teams um die Optimierung<br />

der Patiententermine. Das brauchen wir auch! Wir<br />

brauchen eine Abteilung mit Spezialisten, die sich<br />

um die zeitnahe Terminvergabe kümmern. Über alle<br />

Fachgebiete und für externe Abklärungen. Ein interdisziplinäres<br />

Projekt. Wenn ein Spezialist den Rat<br />

weiterer Fachärzte braucht, darf die gesamte Abklärung<br />

nicht mehr als zehn Tage dauern, Labor­ und<br />

Histologieberichte inklusive.<br />

Ein Postulat der Gerechtigkeit<br />

Wenn die Regierungspräsidentin Ihres Kantons<br />

(oder Ihre Mutter) ambulant ins Spital kommt und<br />

mehrere Spezialisten sehen muss, greifen Sie oder<br />

Ihre Sekretärin zum Telefon und erhalten alle Termine<br />

am gleichen oder am Folgetag. Nach 3 bis 4 Tagen<br />

haben Sie alles beisammen. Die Behandlung kann<br />

beginnen. Schliesslich würde ohne Ihre Patientin<br />

nichts mehr laufen in der Politik, und die rasche<br />

Rückkehr an den Arbeitsplatz ist sowieso volkswirtschaftlich<br />

gefordert. Wenn ein Eisenleger aus Mazedonien<br />

mit 5 Kindern zu Hause in der gleichen Lage<br />

ist, dauert das Gleiche mehrere Wochen. In dieser<br />

Zeit fehlt er bei der Arbeit und chronifiziert. Im<br />

schlimmsten Fall landet er in der Invalidenversicherung.<br />

Das ist Zweiklassenmedizin. Das dürfen wir<br />

nicht länger zulassen!<br />

Der strategische Vorteil<br />

Die Vorteile <strong>des</strong> Fast Tracks sind evident: Zuallererst<br />

für den Patienten, dann aber auch für die Volkswirtschaft,<br />

die Versicherer und insbesondere die Invalidenversicherung.<br />

Ein Spital, das den Fast Track einführt,<br />

wird ausserordentlich erfolgreich und erfährt<br />

einen riesigen Reputationsgewinn. Medizinisch und<br />

wirtschaftlich (die Mayo Klinik erwirtschaftete im<br />

Jahr 2007 auf einen Umsatz von 7 Milliarden US­<br />

Dollar einen Gewinn von 700 Millionen). Ihr Spital<br />

wird alle Konkurrenten ausstechen. Das soll nicht<br />

gehen? Das kostet zu viel? Mitnichten. Versuchen<br />

Sie es doch. Starten Sie das Programm in den nächsten<br />

Monaten!<br />

Literatur<br />

1 Berry LL, Selterman KD. Management Lessons from<br />

Mayo Clinic. McGraw­Hill; 2008.<br />

<strong>Schweizerische</strong> <strong>Ärztezeitung</strong> | <strong>Bulletin</strong> <strong>des</strong> médecins suisses | <strong>Bollettino</strong> <strong>dei</strong> <strong>medici</strong> <strong>svizzeri</strong> | 2012;93: 16<br />

606

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!