WTO und fairer Handel - Schriftenreihe Global Affairs - Nr. 1 - Wir°My

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8 WTO und Fairer Handel - Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt der Produzenten- und Konsumentenländer aus EU-und deutscher Sicht Von Karina Böckmann Die Welthandelsorganisation (WTO) ist neben Weltbank und Weltwährungsfonds die treibende Kraft der Globalisierung. Sie besteht aus 148 Mitgliedern inklusive Deutschland und der EU und ist für drei Vertragswerke zuständig: für das seit 1947 in verschiedenen Gesprächsrunden erweiterte Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT, das internationale Patentrechtabkommen TRIPS und das Dienstleistungsabkommen GATS. GATT, das Welthandelsabkommen, war eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die die Rahmenbedingungen des Welthandels mit dem Ziel festlegte, durch den Abbau von Handelshemmnissen den Welthandel zu fördern. Es wurde 1947 von 23 Staaten in Genf abgeschlossen, trat 1948 in Kraft und wurde 1996 durch die WTO abgelöst. Die vertraglichen Regelungen von GATT einschließlich sämtlicher Unterabkommen und Vereinbarungen sind in die WTO eingegangen. TRIPS, das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, wurde eingerichtet, um das Recht auf geistiges Eigentum weltweit einheitlich zu schützen. 1995 bei der Gründung der WTO vereinbart, ist es mit Fragen der weltweiten Patentierung geistigen Eigentums sowie der Welthandelsorganisation (WTO) Klärung von Streitfällen befasst. 148 Mitgliedstaaten Prinzip der Konsensentscheidungen: eine Entscheidung gilt als angenommen, wenn ihr kein Mitgliedst aat formell widerspricht Welthandelsorganisation (WTO) 146 Mitgliedstaaten Prinzip der Konsensentscheidungen: eine Entscheidung gilt als angenommen, wenn ihr kein Mitgliedstaat formell widerspricht Güter- und Zollabkommen (GATT) regelt den Warenverkehr in den Bereichen: • Industriegüter: Zollsenkungen bis zu 100% • Landwirtschaft: Abbau von Subventionen • Textilhandel: Abbau von Exportbeschränkungen Güter- und Zollabkommen (GATT) regelt den Warenverkehr in den Bereichen: Industriegüter: Zollsenkungen bis zu 100% • Landwirtschaft: Abbau von Subventionen • Textilhandel: Abbau von Exportbeschränkungen Dienstleistungs - abkommen (GATS) regelt den Handel mit Dienstleistungen. Öffnung der Märkte, Abbau von Handelshemmnissen in den Bereichen: • Telekommunikation • Banken und Versicherungen • Transport • Tourismus Dienstleistungs - abkommen (GATS) regelt den Handel mit Dienstleistungen. Öffnung der Märkte, Abbau von Handelshemmnissen in den Bereichen: • Telekommunikation • Banken und Versicherungen • Transport • Tourismus Abkommen über geistiges Eigentum (TRIPS) regelt den Schutz des geistigen Eigentums in den Bereichen: • Patente • Marken • Urheberrecht • Industriedesign •Computerprogramme Abkommen über geistiges Eigentum (TRIPS) regelt den Schutz des geistigen Eig entums in den Bereichen: • Patente • Marken • Urheberrecht • Industriedesign • Computerprogramme Grafik: P&U Streitschlichtung Regelung bei Handelskonflikten Streitschlichtung Regelung Die Patente beschränken sich dabei nicht nur auf industrielle oder handwerkliche Innovationen, sondern betreffen auch die Biotechnologie. So können Personen oder Firmen die Rechte an Mikroorganismen, Gensequenzen und Bakterien und deren Vermarktung erlangen. Hier setzt die Kritik der Globalisierungsgegner an: Große Agrarkonzerne lassen Saatgut patentieren, das traditionell von Kleinbauern in Entwicklungsländern angebaut wird. Diese müssen auf einmal das Saatgut inklusive einer Lizenzgebühr kaufen und erhalten unter Umständen Sorten, die sich nur einmal aussäen lassen. TRIPS kann sich auch verheerend auf die Versorgung von Aids-Kranken mit preiswerten Medikamenten negativ auswirken. Wenn sich Indien beispielsweise, ein wichtiger Hersteller preiswerter Generika, TRIPS verpflichtet, werden die indischen Produzenten nicht mehr ohne weiteres ihre kopierten Erzeugnisse auf dem Markt absetzen können. Was das für die vielen HIV Aidskranken in den armen Entwicklungsländern bedeuten, lässt sich unschwer ausmalen. TRIPS wird aus diesen Gründen als Machtinstrument der großen Konzerne in den
Industriestaaten betrachtet. Tatsächlich waren es die Länder des Nordens, die mit Unterstützung der Pharma- und Agrochemiekonzerne und gegen den Willen der meisten Entwicklungsländer im Rahmen der GATT-Uruguay-Runde auf eine Globalisierung des Patentrechts drängten. Der Süden stimmte den Forderungen am Ende zu, weil er sich im Rahmen des Gesamtpakets Vorteile im Agrar- und Textilsektor erhoffte. Diese Hoffnungen haben sich zum größten Teil nicht erfüllt. Ebenfalls kontrovers diskutiert wird GATS, das Abkommen zur Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen. Dieses Vertragswerk soll öffentliche Dienste und wichtige Infrastrukturleistungen wie Post und Telekommunikation, Energie- und Wasserversorgung, Banken und Versicherungen, medizinische und soziale Dienste, Tourismus und Transport, Handel und Bauwesen, Bildung und Kultur regeln. Von zentraler Bedeutung für GATS sind das Meistbegünstigungsprinzip, das vorschreibt, dass einem Land gewährte Handelsvergünstigungen auch für alle anderen WTO-Mitglieder gelten müssen, sowie das Prinzip der Inländerbehandlung. Es verlangt, dass gebietsfremde und gebietsansässige Firmen gleichermaßen wettbewerbsfähig sind. Dieses Abkommen begünstigt nach Ansicht seiner Kritiker erneut die großen Konzerne. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus aller Welt haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der Dienstleistungssektor in den Industriestaaten bereits zwei Drittel der Wirtschaftsleistung ausmacht und das Interesse der führenden Unternehmen an einer weltweiten Liberalisierung dieses Sektors entsprechend groß sei. Fast alle Erfahrungen mit der Liberalisierung öffentlicher Dienst- leistungen haben gezeigt, dass die Preise steigen, die Qualität abnimmt, Arbeitsplätze verloren gehen und sich Einkommen und Arbeitsbedingungen verschlechtern. Die Entscheidungsfindung bei der WTO lässt Vertretern vieler Entwicklungsländer kaum Partizipationsmöglichkeiten. Zwar gilt in der WTO formal das Konsensprinzip. Konsens bedeutet aber, dass keiner der bei einem Treffen Anwesenden ausdrücklich einem Vorschlag widerspricht. Für viele Entwicklungsländer, die in Genf nur sehr kleine Delegationen unterhalten, ist eine tatsächliche Anwesenheit in den oft parallel stattfindenden Sitzungen verschiedener WTO Gremien nicht möglich. Das Konsensprinzip in der WTO sichert daher in erster Linie, dass nichts gegen den Willen der großen Handelsmächte entschieden werden kann. "Willy Brandts Bild von der `Einen Welt' nimmt immer konkretere Gestalt an. Die Welt wächst also zusammen - doch droht sie zugleich auseinander zu fallen, denn die Chancen und Risiken, die sich aus der Globalisierung ergeben, sind zwischen den Nationen, aber auch innerhalb von Gesellschaften eines Landes, äußerst ungleich verteilt" Nord-Süd-Beziehungen zwischen Markt und Moral - Rede von Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul anlässlich des 60. Geburtstages von Prof. Dr. Klaus Fritzsche (17. Juni 2000, Gießen) Schließlich ist zu sehen, dass auch bei einem formalen `Ein-Land-eine- Stimme'-Prinzip die ungleiche Machtverteilung in der WTO zwischen den mächtigen Handelsnationen und vielen kleinen - oft auf Grund von Verschuldung finanziell und wirtschaftlich abhängigen und somit ohnmächtigen - Staaten bestehen bleibt. Die Kritiker weisen zudem darauf hin, dass die Verpflichtung ohne eine vorangegangene öffentliche Diskussion eingegangen wurde, obwohl fast alle 9
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