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Dr.Lilo Tutsch Supervision und Coaching 2005

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abzuklären <strong>und</strong> sich auf seine jeweilige Qualifikation zu besinnen.<br />

Die breite Streuung dessen, was heute unter <strong>Coaching</strong><br />

zusammengefasst wird, spiegelt sich in den verschiedenen<br />

Produktangeboten wie Crashcoaching, Outplacementcoaching,<br />

Personal <strong>Coaching</strong>, Rollencoaching, Persönlichkeitsentwicklungscoaching,<br />

Career <strong>Coaching</strong>, Managercoaching<br />

u.v.a. mehr.<br />

Heutzutage ist es schwierig geworden, eine deutliche Differenzierung<br />

zwischen <strong>Supervision</strong> <strong>und</strong> <strong>Coaching</strong> zu formulieren<br />

(immer wieder wird das <strong>Coaching</strong> auch als „alter Wein<br />

in neuen Schläuchen” bezeichnet). Wir müssen sogar feststellen,<br />

dass der Begriff <strong>Supervision</strong> altmodisch geworden<br />

<strong>und</strong> im „Aussterben” begriffen ist. Mehr <strong>und</strong> mehr wird auch<br />

im Non-Profit-Bereich von <strong>Coaching</strong> gesprochen – ein Tribut<br />

an den Sprachverlust, den wir mehr <strong>und</strong> mehr im deutschsprachigen<br />

Raum erleiden, aber auch an die bereits erwähnte<br />

Schnelllebigkeit <strong>und</strong> Profitdominanz unserer Zeit. Denn mit<br />

<strong>Coaching</strong> sind im Allgemeinen beratende Interventionen gemeint,<br />

die gekennzeichnet sind durch eine konkrete Fragestellung<br />

<strong>und</strong> eine auf die Bearbeitung dieser Fragestellung<br />

begrenzte Zeitdauer (wobei mir allerdings vor kurzem auch<br />

der Begriff „Berufszeit-<strong>Coaching</strong>” zu Ohren gekommen ist,<br />

womit auch diese Definition als überholt gelten darf).<br />

Trotzdem gibt es noch einige Enklaven für <strong>Supervision</strong>.<br />

Dies ist vor allem der psychotherapeutische <strong>und</strong> psychologische<br />

Bereich der Fallsupervision wie auch die Teamsupervision,<br />

so ferne darin die Begleitung von Teams über einen<br />

längeren Zeitraum zu allen anstehenden <strong>und</strong> auftauchenden<br />

Fragestellungen (nicht nur Problemen also) gemeint ist <strong>und</strong><br />

damit auch ein Gutteil Teamentwicklung <strong>und</strong> Prophylaxe intendiert<br />

wird (<strong>und</strong> nicht nur per effectum erfolgt). Moderne<br />

Teamsupervisionen sind heutzutage meist eine Mischung aus<br />

Problemlösung, Konfliktlösung, Austausch, Teamentwicklung<br />

wie Gruppenreifung <strong>und</strong> Pflege der Dialogkultur sowie Fortbildung<br />

zur Selbsthilfe.<br />

<strong>Coaching</strong>-Konzepte orientieren sich weniger als die <strong>Supervision</strong>skonzepte<br />

an den Gr<strong>und</strong>theoremen psychotherapeutischer<br />

Schulen. Sie bestehen zumeist aus einem Mix aus praktischer<br />

Felderfahrung <strong>und</strong> unterstützenden Methoden. Dies<br />

liegt vermutlich an den Anforderungen an einen Coach,<br />

besonders im Praxisfeld des Gecoachten versiert zu sein.<br />

Einen sehr guten Überblick über gängige <strong>Coaching</strong>konzepte<br />

finden wir bei Christopher Rauen in seinem Buch „<strong>Coaching</strong>”<br />

(Rauen 1999).<br />

Sowohl zu <strong>Supervision</strong> als auch zu <strong>Coaching</strong> kann man<br />

zusammenfassend sagen, dass es sich dabei um Vorgänge<br />

handelt, in denen eine Person, ein Team oder eine Gruppe<br />

von Personen in einem, aus dem beruflichen Alltag herausgenommenen<br />

Zeit-Raum die Möglichkeit findet, ihr berufliches<br />

Erleben <strong>und</strong> Handeln zu reflektieren <strong>und</strong> zu einer besseren<br />

Arbeitszufriedenheit <strong>und</strong> zu effizienterem Handeln zu finden.<br />

Der Supervisor bzw. Coach hat darin die Aufgabe, eine<br />

Atmosphäre zu schaffen, die dem Dialog miteinander förderlich<br />

ist, diesen zu moderieren <strong>und</strong> anzuleiten, der jeweili-<br />

ORIGINALARBEIT<br />

gen Fragestellung <strong>und</strong> den Themen nachzugehen, sowie bei<br />

der Erarbeitung <strong>und</strong> Durchführung von Lösungen behilflich<br />

zu sein. Worauf der Supervisor in seinem Vorgehen den<br />

Schwerpunkt legt, wird aus der jeweiligen Fragestellung, aber<br />

auch aus seinen Konzepten <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Wertigkeiten entstehen.<br />

Sowohl <strong>Supervision</strong> als auch <strong>Coaching</strong> stehen im betrieblichen<br />

Zusammenhang im Kontext der umfassenderen Organisationsentwicklung,<br />

sind also Instrumente der Organisationsentwicklung.<br />

Zum Anforderungsprofil des Supervisors<br />

Die Vielfalt der Persönlichkeiten, ihr Zusammenwirken,<br />

ihre unterschiedlichen Aufgaben, ihre Beziehungen zueinander<br />

<strong>und</strong> zur gemeinsamen Sache, die Stimmung <strong>und</strong> Motivationslage<br />

in einem Team, der Systemhintergr<strong>und</strong> oder Kontext,<br />

die Disziplin <strong>und</strong> Reife im Gespräch <strong>und</strong> in der Arbeit miteinander,<br />

die Frage der Arbeitsbelastung <strong>und</strong> vieles mehr –<br />

im weitesten Sinn also die Frage, wie Gruppen funktionieren<br />

<strong>und</strong> miteinander arbeiten <strong>und</strong> umgehen, stellt an den Supervisor<br />

bisweilen eine beträchtliche Anforderung an seine Fähigkeit,<br />

auf mehreren Ebenen zu denken, zu spüren <strong>und</strong> zu<br />

handeln, dar. Mehrfach wurde in der Literatur die Frage gestellt,<br />

ob es eine bestimmte Persönlichkeitstruktur gibt, die<br />

sich für die supervisorische Tätigkeit besonders eignet. In<br />

derartigen Analysen wurde herausgef<strong>und</strong>en, dass die Effizienz<br />

des Supervisors nicht von einer bestimmten Persönlichkeitstruktur<br />

abhängt, sondern dass eben jede Struktur ihre<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile aufweist. So wurden lediglich Eigenschaften,<br />

Haltungen <strong>und</strong> Vorgangsweisen gef<strong>und</strong>en, die eine solche<br />

Tätigkeit erleichtern. Sie beziehen sich im Wesentlichen<br />

auf folgende Merkmale (vgl. Carfio, Hess 1988; Berner,<br />

Johnsson 1993): Empathie, Echtheit, Wärme, Transparenz,<br />

Konkretheit, Engagement, Flexibilität, Aufgeschlossenheit,<br />

Interesse, Aufmerksamkeit, Offenheit, Verstehen, beiderseitige<br />

Kommunikation, Zusammenarbeit. Bezüglich der Vorgangsweise<br />

stellen Carfio <strong>und</strong> Hess in ihrer Zusammenschau<br />

von Befragungen an Supervisanden fest, dass die Definition<br />

einer konkreten Zielsetzung, ein sachliches, eindeutiges <strong>und</strong><br />

unmittelbares Feedback sowie eine gute Dosierung zwischen<br />

aktivem <strong>und</strong> zurückgenommenem Vorgehen, gepaart mit einem<br />

einsichtsbetonten <strong>und</strong> respektvollen Stil, den höchsten<br />

Erfolg verspricht. Es ist nahezu überflüssig zu betonen, dass<br />

diese Eigenschaften, Haltungen <strong>und</strong> Umgangsweisen für jegliche<br />

Zusammenarbeit wichtig sind, v.a. aber dass es auffällt,<br />

wie diese Faktoren im Gr<strong>und</strong>e jene sind, die einen Dialog<br />

<strong>und</strong> dessen personale Voraussetzungen auf der Ebene der<br />

Begegnung zwischen Personen <strong>und</strong> ihrer gemeinsamen Sache<br />

konstituieren.<br />

Interessant in diesem Zusammenhang ist jedoch die Aussage,<br />

dass Supervisoren, die Techniken beherrschen, erfolgreicher<br />

sind. Dazu muss man anmerken, dass gleichzeitig<br />

bekannt ist, dass Techniken, die unspezifisch, unreflektiert<br />

bzw. zu häufig oder zu vielfältig eingesetzt werden, dem<br />

<strong>Supervision</strong>sprozess eher abträglich sind. Werden also Techniken<br />

<strong>und</strong> die darin meist spielerisch herbeigeführten Neuerfahrungen<br />

nicht in den Bezugsrahmen zur Sache <strong>und</strong> zur<br />

EXISTENZANALYSE 22/1/<strong>2005</strong> 7

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