Viele Faktoren wirken auf Rohstoffpreise ein - Large Bore Pistons
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Quelle: Reuters<br />
4<br />
KONZERN-GLOBAL<br />
Kolbenschmidt Pierburg betreibt konsequentes Rohstoff-Risikomanagement<br />
Kaum vorhersagbare Situationen<br />
(Fortsetzung v. S. 1)<br />
Was sind die Gründe<br />
für diese volatil<br />
verl<strong>auf</strong>ende Entwicklung<br />
der Rohstoffkosten?<br />
Von Experten<br />
fast immer an<br />
erster Stelle genannt<br />
wird das chinesische Wirtschaftswunder.<br />
Das bevölkerungsreichste Land<br />
der Welt zeichnet sich konstant durch<br />
hohes Wirtschaftswachstum aus: 2008<br />
werden es acht bis neun Prozent s<strong>ein</strong>.<br />
Stärker noch als die Gesamtwirtschaft<br />
steigt dabei die Industrieproduktion,<br />
hier werden in diesem Jahr nicht weniger<br />
als 18 Prozent Zuwachs erwartet.<br />
Dementsprechend gestiegen ist auch<br />
die Nachfrage nach Rohstoffen im ehemaligen<br />
Reich der Mitte, vor allem für<br />
den Ausbau der Infrastruktur und andere<br />
Investitionen. Mehr als 20 Prozent<br />
der weltweiten Förderung an Basismetallen<br />
werden in China verbraucht – inzwischen<br />
ist das doppelt so viel wie in<br />
den Ver<strong>ein</strong>igten Staaten von Amerika.<br />
Andere Länder, allen voran Indien,<br />
Brasilien und Russland, zeigen <strong>ein</strong>e<br />
ähnliche Entwicklung wie China <strong>auf</strong>,<br />
wenngleich sie für die Weltwirtschaft<br />
(noch) nicht die gleiche Bedeutung<br />
wie der asiatische Riese haben. Doch<br />
all<strong>ein</strong>e der Boom in den so genannten<br />
Schwellenländern erklärt nicht das Auf<br />
und Ab der Metallpreise. Eine Vielzahl<br />
von Ursachen, sowohl <strong>auf</strong> der Angebots-<br />
wie <strong>auf</strong> der Nachfrageseite, wirkt<br />
<strong>auf</strong> die Rohstoffkurse <strong>ein</strong>. Dass diese<br />
<strong>Faktoren</strong> lokal weit aus<strong>ein</strong>ander liegen,<br />
spielt dabei in der heute globalisierten<br />
Wirtschaftswelt mit ihren vernetzten<br />
Märkten kaum <strong>ein</strong>e Rolle.<br />
Die Gefahr <strong>ein</strong>er Rezession in den<br />
USA und der schwache Dollarkurs be<strong>ein</strong>fl<br />
ussen das Preisniveau aller Rohstoffe,<br />
das ist offensichtlich. Doch weitere,<br />
weniger bekannte Gründe zeigen<br />
ihre Wirkung gerade <strong>auf</strong> dem Markt für<br />
Industriemetalle. Ein Beispiel: Stahl<br />
– der wichtigste Metallwerkstoff überhaupt<br />
– wird aus Eisen gewonnen, das<br />
in der Natur in der Form von Eisenerz<br />
vorkommt. Der Markt wird dabei von<br />
nur drei Bergbauunternehmen dominiert,<br />
die zusammen 70 Prozent des<br />
Handels mit Eisenerz kontrollieren: die<br />
beiden britisch-australischen Firmen<br />
Rio Tinto und BHP Billiton sowie die<br />
brasilianische Vale.<br />
Seit mehreren Monaten versucht BHP<br />
Billiton, den Konkurrenten Rio Tinto<br />
zu übernehmen, was der australischbritische<br />
Konzern nach Möglichkeit zu<br />
vermeiden versucht. Diese Übernahmeschlacht<br />
hat dabei <strong>ein</strong>en direkten<br />
Einfl uss <strong>auf</strong> die Eisenerz- und somit<br />
mittelbar auch <strong>auf</strong> die Stahlpreise.<br />
Wegen ihrer starken Position <strong>auf</strong> dem<br />
Markt konnte Rio Tinto gegenüber der<br />
chinesischen Baosteel Group <strong>ein</strong>en Anstieg<br />
des Preises für Eisenerz in Höhe<br />
von 96 Prozent durchsetzen – in nur <strong>ein</strong>em<br />
<strong>ein</strong>zigen Jahr. Zwar sind Preissteigerungen<br />
gerechtfertigt, denn auch die<br />
Bergbaubranche muss mit gestiegenen<br />
Lohn- und Energiekosten kalkulieren.<br />
Der Hauptgrund in diesem Fall ist jedoch<br />
<strong>ein</strong> anderer: Durch spektakuläre<br />
Abschlüsse wie diesen wird der Gewinn<br />
gesteigert und damit auch der Wert des<br />
Unternehmens, die Übernahme durch<br />
den Mitbewerber somit erschwert.<br />
BHP Billiton und Vale konnten ihrerseits<br />
fast ebenso be<strong>ein</strong>druckende<br />
Preissteigerungen durchsetzen. Die<br />
Minenbetreiber profi tieren dabei von<br />
der aktuellen Marktsituation – die<br />
Nachfrage nach Metallen ist riesig,<br />
das Angebot äußerst knapp. Jahrelang<br />
hatte sich das Bergbaugeschäft als wenig<br />
<strong>ein</strong>träglich erwiesen, Investitionen<br />
in diesem Sektor blieben selten, die<br />
ThyssenKrupp AG verk<strong>auf</strong>te 2001 sogar<br />
zwei Erzgruben in Brasilien an Vale wegen<br />
„mangelnder strategischer Bedeutung“.<br />
Jetzt boomt die Branche, doch<br />
kurzfristig ist die rasant gestiegene<br />
Nachfrage nicht zu befriedigen: Um <strong>ein</strong><br />
neues Rohstoffvorkommen ausbeuten<br />
zu können, vergehen fünf bis zehn Jahre,<br />
weil beispielsweise k<strong>ein</strong>e Geologen<br />
<strong>auf</strong> dem Arbeitsmarkt zu fi nden sind<br />
oder neue Minenbagger derzeit nicht<br />
in ausreichender Zahl zur Verfügung<br />
stehen. Die Wartezeit für die Lieferung<br />
<strong>ein</strong>er solchen Maschine beträgt heute<br />
über 30 Monate.<br />
Doch nicht nur wirtschaftliche Ursachen<br />
be<strong>ein</strong>fl ussen das Preisniveau<br />
von Rohstoffen. Auch politische Entscheidungen<br />
<strong>wirken</strong> sich <strong>auf</strong> den Markt<br />
aus. Der wohl bedeutendste Einzelfall:<br />
Indonesien, der weltweit wichtigste<br />
Exporteur von Zinn, versucht derzeit,<br />
die Produktion dieses Industriemetalls<br />
mit staatlichen Eingriffen knapp zu<br />
halten: Zunächst wurden viele illegale<br />
Minen in den vergangenen Jahren still-<br />
gelegt, neue Lizenzen aber entgegen<br />
der früheren Ankündigung aus Jakarta<br />
nur zögerlich vergeben. Nun plant die<br />
indonesische Regierung <strong>ein</strong>e Exportbeschränkung<br />
von 90 000 metrischen<br />
Tonnen pro Jahr durchzusetzen. Die<br />
Absicht dahinter ist klar: Durch die<br />
Reduzierung der Förderquoten sollen<br />
die zeitliche Verfügbarkeit der Bodenschätze<br />
verlängert, sowie der Preis entsprechend<br />
hoch gehalten werden.<br />
Auch in China, das nicht nur wichtiger<br />
Rohstoffimporteur, sondern<br />
auch selbst reich an Bodenschätzen<br />
ist, geht man seit kurzem verstärkt<br />
gegen Umweltsünder vor. Besonders<br />
Kohleminen sind davon betroffen,<br />
was teilweise zu Lieferengpässen für<br />
die zahlreichen Kohlekraftwerke und<br />
somit zu Stromausfällen führte. Die<br />
Folge: Die Bergbauunternehmen im<br />
bevölkerungsreichsten Staat der Erde<br />
– dem größten Produzenten von Aluminium,<br />
Zink und Blei – mussten die<br />
Produktion drosseln.<br />
Ähnliche Probleme zeigen sich auch<br />
in Südafrika. Dort können die lokalen<br />
Stromversorger die Energienachfrage<br />
Hohe Preissteigerung und Volatilität am Beispiel des Aluminiumpreises – im Rahmen der 3-Monats-<br />
Notierung von Aluminium an der London Metal Exchange (LME) – in US-Dollar (Börsenwährung) und in ¤.<br />
nicht decken – die südafrikanischen<br />
Aluminiumhütten arbeiten derzeit mit<br />
nur 90 Prozent der notwendigen Strommenge<br />
und entsprechendem Produktivitätsrückgang.<br />
Auch die Nachbarländer<br />
sind betroffen, denn sie beziehen<br />
ihre Energie zu <strong>ein</strong>em großen Teil aus<br />
Südafrika. Die Ausfälle in der Republik<br />
am Kap führen nach Schätzungen zu<br />
<strong>ein</strong>em fünf- bis sechsprozentigen Rückgang<br />
in der Zinn- und Kupferproduktion<br />
in Namibia, und auch das Aluminiumwerk<br />
Mozal in Mosambik kann s<strong>ein</strong>e<br />
Kapazitäten nicht voll ausschöpfen.<br />
Eskom, der südafrikanische Stromriese,<br />
räumte unterdessen <strong>ein</strong>, dass vor<br />
2012 nicht mit <strong>ein</strong>er ausreichend hohen<br />
Energieversorgung zu rechnen sei.<br />
Schließlich können auch Naturereignisse<br />
die Preisentwicklung von Rohstoffen<br />
be<strong>ein</strong>fl ussen. Der vergangene<br />
Winter in China war besonders hart,<br />
viele Transportwege durch Schnee und<br />
Eis unpassierbar geworden. Kohletransporte<br />
erreichten ihre Ziele oftmals<br />
nicht, was die diffi zile Energieversorgungslage<br />
weiter erschwerte. Auf Jamaika<br />
kam die Bauxitproduktion während<br />
des Hurrikans Dean im Sommer<br />
2007 vollständig zum Erliegen. Und in<br />
Chile ist man besorgt, dass <strong>ein</strong>e lange<br />
Die Abteilung<br />
„Materialpreissicherung“<br />
(Z-VM)<br />
von KolbenschmidtPierburg<br />
– <strong>auf</strong><br />
E n g l i s c h :<br />
Commodity<br />
Hedging –<br />
gibt es seit<br />
fast zwei Jahren. „Damals kannten die<br />
<strong>Rohstoffpreise</strong> nur noch <strong>ein</strong>e Richtung<br />
– nach oben; die Preissteigerungen<br />
konnten jedoch nur teilweise über so<br />
genannte Materialteuerungszuschläge<br />
(MTZ) an die Kunden weitergegeben<br />
werden, was zu <strong>ein</strong>er erheblichen<br />
Belastung des Konzernergebnisses<br />
führte“, erinnert sich Dr. Peter Merten.<br />
„Vor diesem Hintergrund traf der Vorstand<br />
der Kolbenschmidt Pierburg AG<br />
in Abstimmung mit dem Rh<strong>ein</strong>metall-<br />
Vorstand die Entscheidung, innerhalb<br />
der Neckarsulmer Firmengruppe künftig<br />
Sicherungsgeschäfte abzuschließen<br />
und dafür im Frühjahr 2007 die Abteilung<br />
Z-VM zu gründen. „Gerade <strong>auf</strong>grund des<br />
erheblichen Einfl usses der <strong>Rohstoffpreise</strong>ntwicklung<br />
<strong>auf</strong> den Erfolg unseres<br />
Unternehmens berichtet diese direkt<br />
an mich“, führt der Finanzvorstand der<br />
Kolbenschmidt Pierburg AG weiter aus.<br />
Heute werden dort von Dieter Schadenberger<br />
und Roland Preisler Risikopositionen<br />
analysiert, Marktinformationen<br />
beschafft sowie Vorstand und<br />
Geschäftsführer beraten. Täglich stehen<br />
die beiden Experten mit Brokern<br />
(Händlern) im Kontakt und verfolgen<br />
die Bewegungen preisvolatiler, aber<br />
für Kolbenschmidt Pierburg wichtiger<br />
Rohstoffe wie Aluminium, Kupfer, Nickel<br />
und Zinn an der Börse über den<br />
Beim Commodity Hedging is<br />
Die Materia<br />
in den Griff<br />
Dr. Peter Merten: „Wollen die Risiken soweit<br />
Bildschirm, um diese dann entsprechend<br />
abzusichern.<br />
„In der Anfangszeit waren wir vor<br />
allem mit der Ermittlung des „Netto-<br />
Exposures, also mit der unternehmensweiten<br />
Bestands<strong>auf</strong>nahme der<br />
Rohstoffpreisrisiken beschäftigt“,<br />
erklärt Schadenberger. Davon ausgehend,<br />
wurden Absicherungen für die<br />
<strong>ein</strong>zelnen Geschäftsbereiche von Kolbenschmidt<br />
Pierburg vorgeschlagen,<br />
die dann seitens des Vorstandes und<br />
der Geschäftsführungen genehmigt<br />
wurden. „Zeitgleich erfolgte <strong>ein</strong>e Art<br />
,Beauty Contest‘“, berichtet der Rohstofffachmann<br />
und bezieht sich damit<br />
<strong>auf</strong> die Treffen mit verschiedenen Brokern,<br />
mit denen <strong>ein</strong>e Zusammenarbeit<br />
in Frage kam.<br />
Ziel des „Contests“ war es, herauszufi<br />
nden, wer die Problematik des<br />
Geschäftes der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />
versteht und die Anforderungen<br />
seitens des Unternehmens<br />
am besten erfüllen konnte. Eine dieser<br />
Anforderungen war unter anderem der<br />
Abschluss von an der London Metal Exchange<br />
(LME) registrierten Kontrakten.<br />
Diese bieten sowohl den Vorteil des<br />
direkten Preisvergleichs als auch die