Un seul monde Un solo mondo Eine Welt Mekong - Deza - admin.ch
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<strong>Un</strong> <strong>seul</strong> <strong>monde</strong><br />
<strong>Un</strong> <strong>solo</strong> <strong>mondo</strong><br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong><br />
NR. 3 / SEPTEMBER 2008<br />
DAS DEZA-MAGAZIN<br />
FÜR ENTWICKLUNG<br />
UND ZUSAMMENARBEIT<br />
www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
<strong>Mekong</strong> – eine Region<br />
im Aufs<strong>ch</strong>wung, von dem<br />
längst ni<strong>ch</strong>t alle profitieren<br />
Kirgistan: Hartes Pflaster<br />
in turbulenten Zeiten<br />
Partners<strong>ch</strong>aften zwis<strong>ch</strong>en<br />
öffentli<strong>ch</strong>-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Institutionen<br />
und Privatwirts<strong>ch</strong>aft:<br />
Was bringen sie?
DOSSIER<br />
Inhalt<br />
HORIZONTE<br />
2<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
DEZA<br />
MEKONG<br />
Li<strong>ch</strong>t und S<strong>ch</strong>atten entlang des <strong>Mekong</strong><br />
Vom rasanten Aufs<strong>ch</strong>wung in Südostasien profitieren ni<strong>ch</strong>t<br />
alle Mens<strong>ch</strong>en glei<strong>ch</strong>ermassen – eine Reportage aus Laos<br />
6<br />
Tägli<strong>ch</strong>er Kampf gegen Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
Siriporn Skrobanek, Präsidentin der ‘Foundation for Women’<br />
in Bangkok, im Interview<br />
12<br />
Die Bambusrevolution<br />
Für Kleinbauern und die Industrie im <strong>Mekong</strong> birgt Bambus<br />
ein riesiges Potenzial – nun wird dessen Produktion und<br />
Verarbeitung mit einem breit angelegten Projekt gefördert<br />
14<br />
Ein <strong>Un</strong>ternehmer und das Chaos<br />
Der zentralasiatis<strong>ch</strong>e Vielvölkerstaat Kirgistan kämpft<br />
mit Altlasten aus der Sowjetära, unter denen au<strong>ch</strong> die<br />
Privatinitiative leidet<br />
16<br />
Viel wi<strong>ch</strong>tiger ist die Frage, wo der Mens<strong>ch</strong><br />
Anerkennung findet<br />
Shaarbek Amankul über die kulturellen Veränderungen<br />
in seiner Heimat<br />
20<br />
Praktis<strong>ch</strong>e Ergebnisse zählen<br />
Martin Dahinden, Direktor der DEZA, über spannende<br />
Begegnungen, strategis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>werpunkte und eine<br />
gründli<strong>ch</strong>e Reorganisation<br />
21<br />
Von Holz zu Gas zu Strom<br />
Die S<strong>ch</strong>weiz gestaltet ihr Indien-Engagement neu, was si<strong>ch</strong><br />
direkt auf die unterstützten Projekte nieders<strong>ch</strong>lägt<br />
22<br />
FORUM<br />
KULTUR<br />
Endli<strong>ch</strong> ein Spital für 440 000 Mens<strong>ch</strong>en<br />
Die Humanitäre Hilfe der S<strong>ch</strong>weiz unterstützt<br />
in Liberia den Wiederaufbau des Gesundheitswesens<br />
24<br />
Public Private Partnership – Gewinn für wen?<br />
Bringen die Partners<strong>ch</strong>aften zwis<strong>ch</strong>en öffentli<strong>ch</strong>-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Institutionen und der Privatwirts<strong>ch</strong>aft tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
den Dur<strong>ch</strong>bru<strong>ch</strong> im Kampf gegen die Armut?<br />
26<br />
Familienvater<br />
Die haitianis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>riftstellerin Evelyne Trouillot über<br />
einen Mann, der eigentli<strong>ch</strong> zu allem bereit wäre<br />
29<br />
«Bildung ist eine Frage über Leben und Tod»<br />
Angélique Kidjo, <strong>Welt</strong>star der Worldmusic, im Gesprä<strong>ch</strong><br />
über persönli<strong>ch</strong>es Engagement, Rassismus und Bildung<br />
30<br />
Editorial 3<br />
Periskop 4<br />
Einblick DEZA 25<br />
Was eigentli<strong>ch</strong> ist… Monitoring? 25<br />
Service 33<br />
Impressum 35<br />
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die Agentur<br />
der internationalen Zusammenarbeit im Eidgenössis<strong>ch</strong>en Departement<br />
für auswärtige Angelegenheiten (EDA), ist Herausgeberin von «<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong>».<br />
Die Zeits<strong>ch</strong>rift ist aber keine offizielle Publikation im engeren Sinn; in ihr<br />
sollen au<strong>ch</strong> andere Meinungen zu Wort kommen; deshalb geben ni<strong>ch</strong>t<br />
alle Beiträge unbedingt den Standpunkt der DEZA und der Bundesbehörden<br />
wieder.
Zweistellige Wa<strong>ch</strong>stumsraten, industrielle Boom-Region<br />
– Südostasien ist eine der am s<strong>ch</strong>nellsten wa<strong>ch</strong>senden<br />
Regionen der <strong>Welt</strong>. Sie ist dur<strong>ch</strong> den fast 5000 Kilometer<br />
langen <strong>Mekong</strong>-Fluss verbunden. China, Myanmar,<br />
Laos, Thailand, Kambods<strong>ch</strong>a und Vietnam quert und befru<strong>ch</strong>tet<br />
dieser gewaltige Strom als Lebensader, bevor er<br />
s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ins Süd<strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>e Meer fliesst.<br />
Insbesondere China, Vietnam und Thailand stehen in den<br />
letzten Jahren für wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Aufs<strong>ch</strong>wung. Von diesem<br />
profitieren au<strong>ch</strong> die kleineren Na<strong>ch</strong>barländer Laos<br />
und Kambods<strong>ch</strong>a. <strong>Un</strong>d zusammen mit Vietnam werden<br />
sie – wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> gespro<strong>ch</strong>en – gerade vollständig in<br />
den <strong>Welt</strong>markt integriert. Es wird mehr und mehr produziert,<br />
ers<strong>ch</strong>lossen und gebaut, mehr und mehr Touristen<br />
bringen Geld ins Land und s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ins Portemonnaie<br />
der Mens<strong>ch</strong>en.<br />
Do<strong>ch</strong> die Medaille hat eine Kehrseite: Die traditionelle<br />
Lebensweise vieler Mens<strong>ch</strong>en ist grundsätzli<strong>ch</strong> in Frage<br />
gestellt. Ganze Kleinbauernfamilien ziehen mit Sack und<br />
Pack in die boomenden Städte oder ins verheissungsvolle<br />
Na<strong>ch</strong>barland. Andere bleiben und werden zu Vertragsbauern,<br />
bauen statt Reis nun plötzli<strong>ch</strong> Kauts<strong>ch</strong>uk<br />
oder Bananen an. Wieder andere – ni<strong>ch</strong>t selten ethnis<strong>ch</strong>e<br />
Minderheiten – werden für riesige Staudammprojekte<br />
zwangsumgesiedelt, womit oft ni<strong>ch</strong>t nur die kulturelle<br />
sondern au<strong>ch</strong> spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Heimat auf dem Spiel steht.<br />
Editorial<br />
Hier Wa<strong>ch</strong>stumsraten und Boom –<br />
dort Kampf um Ressourcen und gegen<br />
Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
Mit den neuen, direkteren und s<strong>ch</strong>nelleren Verbindungswegen<br />
entsteht ni<strong>ch</strong>t nur mehr Handel, die lokale Bevölkerung<br />
verliert au<strong>ch</strong> immer mehr Einfluss auf die<br />
Ressourcen. Fast alle Länder kämpfen gegen illegale<br />
Migranten, Mens<strong>ch</strong>enhandel und Korruption.<br />
Das Dossier zur <strong>Mekong</strong>-Region (ab Seite 6) zeigt auf,<br />
mit wel<strong>ch</strong> riesigen Herausforderungen die Entwicklung<br />
in Südostasien einhergeht und wie die Mens<strong>ch</strong>en damit<br />
umgehen. Die Reportage aus Laos verans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>t aufs<br />
Treffli<strong>ch</strong>ste den Balanceakt zwis<strong>ch</strong>en Festhalten und<br />
Vorwärtsgehen. Die illegale Migration und der Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
stehen im Interview mit Siriporn Skrobanek<br />
im Mittelpunkt. <strong>Un</strong>d s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> zeigt der Artikel über das<br />
Potenzial von Bambus exemplaris<strong>ch</strong> auf, in wel<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tung<br />
das Engagement der S<strong>ch</strong>weiz in der Region weist:<br />
<strong>Eine</strong> gute Regierungsführung, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Entwicklung,<br />
die Verbesserung der ländli<strong>ch</strong>en Lebensbedingungen<br />
und eine na<strong>ch</strong>haltige Bewirts<strong>ch</strong>aftung der natürli<strong>ch</strong>en<br />
Ressourcen.<br />
Anregende Lektüre wüns<strong>ch</strong>t Ihnen<br />
Harry Sivec<br />
Chef Medien und Kommunikation DEZA<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 3
Periskop<br />
4<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Redux/laif<br />
Zukunftsträ<strong>ch</strong>tige<br />
Hybridkraftwerke<br />
(bf ) Fast ein Drittel der <strong>Welt</strong>bevölkerung<br />
lebt heute ohne<br />
Stromversorgung, und dieser<br />
Anteil nimmt mit den explodierenden<br />
Bevölkerungszahlen in<br />
den Entwicklungsländern no<strong>ch</strong><br />
zu. Diese sind denn au<strong>ch</strong> besonders<br />
daran interessiert, ländli<strong>ch</strong>e<br />
und abgelegene Gegenden mit<br />
der dringend benötigten elektris<strong>ch</strong>en<br />
Energie zu versorgen und<br />
zwar mit Hilfe billiger, zuverlässiger<br />
und umweltfreundli<strong>ch</strong>er<br />
Te<strong>ch</strong>nologien. Dieses Interesse<br />
an na<strong>ch</strong>haltigen Stromproduktionssystemen<br />
hat dazu geführt,<br />
dass die Na<strong>ch</strong>frage na<strong>ch</strong> Hybridkraftwerken<br />
– normalerweise<br />
eine Kombination von Windund<br />
Sonnenkraft – massiv angestiegen<br />
ist. Bis im Jahr 2010, so<br />
re<strong>ch</strong>net eine aktuelle Studie vor,<br />
werden weltweit jährli<strong>ch</strong> für<br />
rund 900 Millionen US-Dollar<br />
Hybridkraftwerke gebaut.<br />
Generatorenanlagen, kleine<br />
Windkraftanlagen und Sonnenkraft<br />
sind die drei zentralen<br />
Te<strong>ch</strong>nologien bei den Hybridsystemen.<br />
Sie können individuell<br />
kombiniert oder glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
eingesetzt werden. Erfreuli<strong>ch</strong><br />
für die Entwicklungsländer:<br />
Die weltweit massiv gestiegene<br />
Na<strong>ch</strong>frage hat ni<strong>ch</strong>t nur höhere<br />
Fors<strong>ch</strong>ungsetats und verbesserte<br />
Te<strong>ch</strong>nologien na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> gezogen,<br />
der daraus entstandene Wettbewerb<br />
lässt au<strong>ch</strong> die Preise für<br />
diese Kraftwerke sinken.<br />
Pietro Cenini/Panos/Strates<br />
Mit Muskat gegen Fliegen<br />
( jls) Seit vier Jahren werden die<br />
Mangobäume in Westafrika von<br />
Fliegen aus Asien befallen, die<br />
ihre Eier in die Frü<strong>ch</strong>te legen:<br />
In Senegal gehen den Produzenten<br />
so bis zu 60 Prozent der<br />
Ernte verloren, der Export<br />
s<strong>ch</strong>rumpfte auf die Hälfte.<br />
Afrikanis<strong>ch</strong>e, französis<strong>ch</strong>e und<br />
amerikanis<strong>ch</strong>e Fors<strong>ch</strong>er su<strong>ch</strong>en<br />
– bisher erfolglos – na<strong>ch</strong><br />
Lösungen gegen die Plage. Der<br />
Bauer Samba Faye aus einem 90<br />
Kilometer von Dakar entfernten<br />
Dorf weiss si<strong>ch</strong> selber zu helfen<br />
und ist überzeugt, dass seine<br />
Bäume dieses Jahr vers<strong>ch</strong>ont<br />
bleiben. Er hat nämli<strong>ch</strong> beoba<strong>ch</strong>tet,<br />
dass Muskat die Fliegen<br />
anzieht. Jetzt giesst er eine<br />
«Geheimmis<strong>ch</strong>ung» aus gemahlener<br />
Muskatnuss, Wasser und<br />
Insektizid in eine Plastikflas<strong>ch</strong>e,<br />
s<strong>ch</strong>neidet diese oben ab und<br />
biegt die Flas<strong>ch</strong>enwand na<strong>ch</strong> innen<br />
zu einem Tri<strong>ch</strong>ter, dur<strong>ch</strong><br />
den die Fliegen hinein-, aber<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr herausfliegen können.<br />
Die Fallen hängt er in seine<br />
Mangobäume. Pape Diédhiou,<br />
Vorsteher des nationalen<br />
Komitees zur Bekämpfung der<br />
Fru<strong>ch</strong>tfliegen, zweifelt ni<strong>ch</strong>t an<br />
den Vorzügen der Erfindung,<br />
«vor allem au<strong>ch</strong> deshalb, weil<br />
industriell hergestellte Fallen<br />
teuer und auf dem lokalen<br />
Markt ni<strong>ch</strong>t zu haben sind».<br />
Boomender Tourismus<br />
(bf ) Gemäss aktuellen Zahlen<br />
der UNO-Tourismusorganisation<br />
UNWTO nimmt die<br />
Bedeutung des Tourismus für<br />
Entwicklungsländer und deren<br />
Wirts<strong>ch</strong>aft unaufhaltsam zu, ja<br />
er boomt geradezu. <strong>Welt</strong>weit<br />
nahm 2007 die Zahl der Individualtouristen<br />
gegenüber dem<br />
Vorjahr um satte 6 Prozent auf<br />
898 Millionen zu. <strong>Eine</strong> zunehmende<br />
Anzahl dieser Touristen<br />
reiste in sehr arme Länder,<br />
wel<strong>ch</strong>e die Einnahmen aus<br />
dem Tourismus besonders nötig<br />
haben. Rund 44 Millionen<br />
Individualreisende besu<strong>ch</strong>ten<br />
dabei Afrika. Der verglei<strong>ch</strong>sweise<br />
rei<strong>ch</strong>e Mittlere Osten<br />
empfing 46 Millionen internationale<br />
Touristen. Die hö<strong>ch</strong>sten<br />
Zuwa<strong>ch</strong>sraten jedo<strong>ch</strong> verzei<strong>ch</strong>neten<br />
dur<strong>ch</strong>wegs asiatis<strong>ch</strong>e<br />
Länder: Malaysia sah 20 Prozent<br />
mehr Touristen, Kambods<strong>ch</strong>a<br />
19 Prozent, Vietnam 16 Prozent,<br />
Indonesien 15 Prozent, Indien<br />
13 Prozent und China 10<br />
Prozent.
Zei<strong>ch</strong>nung von Martial Leiter<br />
Der Umzug<br />
Offiziell anerkannte Heiler<br />
( jls) Seit kurzem ist in Ruanda<br />
die traditionelle Heilkunst offiziell<br />
anerkannt. Die Heilpraktiker<br />
bleiben ni<strong>ch</strong>t länger im<br />
<strong>Un</strong>tergrund, organisieren si<strong>ch</strong> in<br />
Vereinen und teilen ihr Wissen<br />
mit Pharmaziestudenten der<br />
staatli<strong>ch</strong>en <strong>Un</strong>iversität und mit<br />
dem ruandis<strong>ch</strong>en Fors<strong>ch</strong>ungsund<br />
Te<strong>ch</strong>nologieinstitut (IRST).<br />
Dieses staatli<strong>ch</strong>e Institut erteilt<br />
den Heilpraktikern Bewilligungen<br />
zur Ausübung ihres Berufs<br />
und zum Betrieb von Apotheken<br />
oder Ambulatorien. Da die<br />
moderne Medizin immer teurer<br />
wird, prüfen die Wissens<strong>ch</strong>aftler<br />
die Einsatzmögli<strong>ch</strong>keiten althergebra<strong>ch</strong>ter<br />
Arzneien, die in der<br />
Bevölkerung hohes Vertrauen<br />
geniessen. Bestimmte Rezepte,<br />
beispielsweise für Hustensirup<br />
aus Eukalyptusessenz, sind auf<br />
dem Land weit verbreitet. Die<br />
lokalen Arzneien werden im<br />
Labor des IRST geprüft. Sofern<br />
si<strong>ch</strong> die Wirksamkeit einer<br />
Substanz na<strong>ch</strong>weisen lässt, darf<br />
sie legal produziert und kommerzialisiert<br />
werden. Der Heilpraktiker,<br />
der sie anwendet,<br />
erhält zehn Prozent des Verkaufspreises.<br />
Mit Lamas die Existenz<br />
si<strong>ch</strong>ern<br />
(bf ) Der Besitz und die Zü<strong>ch</strong>tung<br />
von Lamas, Alpacas und<br />
Vicuñas bedeutet für viele arme<br />
bolivianis<strong>ch</strong>e Landgemeinden<br />
und deren Bevölkerung ein<br />
ernst zu nehmendes Potenzial<br />
zur Einkommenssi<strong>ch</strong>erungen.<br />
Dies jedenfalls ist die Überzeugung<br />
des Internationalen Fonds<br />
für Landwirts<strong>ch</strong>aftsentwicklung<br />
der UNO (IFAD), wel<strong>ch</strong>er<br />
ein Projekt für die verbesserte<br />
Zü<strong>ch</strong>tung von Lamas und deren<br />
Artverwandten mit einem Betrag<br />
von 14,38 Millionen US-Dollar<br />
Reporters/laif<br />
unterstützt. Das Projekt soll<br />
Mikro-<strong>Un</strong>ternehmen fördern,<br />
wel<strong>ch</strong>e insbesondere von Frauen<br />
und jungen Mens<strong>ch</strong>en geführt<br />
werden. Es stellt Startgelder zur<br />
Verfügung und unterstützt die<br />
Produktion von Fleis<strong>ch</strong>, Fellen<br />
und Wolle von Lamas, die<br />
Weiterverarbeitung beispielsweise<br />
als ho<strong>ch</strong>wertige Textilien,<br />
sowie den Ökotourismus. In<br />
Bolivien selber ist das getrock-<br />
nete Lamafleis<strong>ch</strong> – genannt<br />
«Charque» – heiss begehrt.<br />
Bereits heute wird es von rund<br />
6000 Bolivianerinnen vor allem<br />
aus den Bergregionen produziert.<br />
Mit te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>er Hilfe,<br />
verbesserter Verarbeitung,<br />
Verpackung sowie Marketing<br />
und Vertrieb soll nun die<br />
Produktion in den nä<strong>ch</strong>sten<br />
Jahren verdoppelt werden.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 5
D O S S I E R<br />
6<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008
Samuel Zuder/laif<br />
Naftali Hilger/laif<br />
Li<strong>ch</strong>t und S<strong>ch</strong>atten<br />
entlang des <strong>Mekong</strong><br />
Die südostasiatis<strong>ch</strong>en Staaten ma<strong>ch</strong>ten in den letzten Jahren<br />
vor allem dur<strong>ch</strong> ein überdur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>nelles Wa<strong>ch</strong>stum<br />
von si<strong>ch</strong> reden. Insbesondere Vietnam und der übermä<strong>ch</strong>tige<br />
Na<strong>ch</strong>bar China gelten als Triebfeder für diese Entwicklung.<br />
Do<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t überall profitieren die Mens<strong>ch</strong>en glei<strong>ch</strong>ermassen<br />
vom Aufs<strong>ch</strong>wung, wie die Reportage aus Laos zeigt. Von<br />
Daniel Kestenholz*.<br />
Luang Namtha, im nordwestli<strong>ch</strong>en Laos, ni<strong>ch</strong>t weit<br />
von der <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Grenze: 2002 gab es hier no<strong>ch</strong><br />
keinen Strom und dementspre<strong>ch</strong>end au<strong>ch</strong> keine<br />
Kühls<strong>ch</strong>ränke und kein Fernsehen, ledigli<strong>ch</strong> Naturstrassen.<br />
Wer von weiter her angereist kam, benutzte<br />
einen der drei Flüge die Wo<strong>ch</strong>e mit einer<br />
alten <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en 15-Plätzer-Mas<strong>ch</strong>ine. Dann kamen<br />
2003 die Chinesen – und mit ihnen Geld und<br />
Strom. Die Mens<strong>ch</strong>en kauften Fernsehgeräte und<br />
Satellitens<strong>ch</strong>üsseln und wurden mit Fernsehen<br />
übers<strong>ch</strong>wemmt – mit laotis<strong>ch</strong>en, thailändis<strong>ch</strong>en<br />
und <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Programmen, mit CNN, BBC<br />
und Seifenopern.<br />
2005 begann dann der Bau der R3a-Strasse, die<br />
China und Thailand via Laos verbindet. Im März<br />
2008 eingeweiht und via Luang Namtha verlaufend,<br />
wurde die Fahrzeit vom weit abgelegenen<br />
Luang Namtha an die thailändis<strong>ch</strong>e Grenze von<br />
zehn auf drei Stunden verkürzt. Ganze, zuvor kaum<br />
errei<strong>ch</strong>bare Landstri<strong>ch</strong>e erwarten wa<strong>ch</strong>senden<br />
Wohlstand dur<strong>ch</strong> Handel und Investitionen. Allein<br />
Thailands Grenzprovinz Chiang Rai re<strong>ch</strong>net, den<br />
Handel mit Laos und China bis 2018 zu verzehnfa<strong>ch</strong>en.<br />
Chinesen, blonde Touristen, laotis<strong>ch</strong>e<br />
Kinder<br />
Allein in den paar wenigen Monaten seit die Strasse<br />
eröffnet ist, hat si<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>werverkehr dur<strong>ch</strong><br />
Luang Namtha vervielfa<strong>ch</strong>t. Genauso wie die Reisenden<br />
und Touristen. Vom Norden reisen Chinesen<br />
und vom Süden westli<strong>ch</strong>e Rucksacktouristen<br />
an, was wiederum privates <strong>Un</strong>ternehmertum von<br />
Ansässigen ankurbelt, die kleine Snackbuden,<br />
Gasthäuser, Ges<strong>ch</strong>äfte eröffnen. Heute fotografieren<br />
<strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>e Touristen in Luang Namtha die<br />
blonden Rucksacktouristen, die wiederum laotis<strong>ch</strong>e<br />
Kinder in ihren bunten Kleidern abzuli<strong>ch</strong>ten<br />
versu<strong>ch</strong>en, die ihrerseits bei den Chinesen um Süssigkeiten<br />
betteln. Auf den Kopf gestellte, multidimensionale<br />
Exotik.<br />
Willkommen im neuen Laos, das na<strong>ch</strong> Jahrzehnten<br />
der Abs<strong>ch</strong>ottung tief greifendem Wandel unterzogen<br />
wird. Im nördli<strong>ch</strong>en Luang Namtha<br />
hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> massive Investitionen seitens<br />
der Chinesen, im Osten dur<strong>ch</strong> Investitionen der<br />
Vietnamesen, in den südwestli<strong>ch</strong>en Landesteilen<br />
dur<strong>ch</strong> das den Laoten nahe verwandte Thailand.<br />
Kambods<strong>ch</strong>a und Laos dagegen, die eine rund 200<br />
Kilometer lange Grenze teilen, bleiben voneinander<br />
abges<strong>ch</strong>ottet, als befänden sie si<strong>ch</strong> auf vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Kontinenten. No<strong>ch</strong> bietet Laos als Paradies<br />
der Ökotouristen Exotik mit allein 25 Minoritäten<br />
um Luang Namtha – eine asymmetris<strong>ch</strong>e<br />
Exotik jedo<strong>ch</strong>, bei der Brau<strong>ch</strong>tum und Moderne,<br />
Tradition und Forts<strong>ch</strong>ritt auf Konfrontationskurs<br />
geraten. Vor wenigen Jahren no<strong>ch</strong> kaum zugängli<strong>ch</strong>e,<br />
bewaldete Bergregionen mit Ethnien, von denen<br />
die meisten weder die Landesspra<strong>ch</strong>e spre<strong>ch</strong>en<br />
no<strong>ch</strong> Lesen, S<strong>ch</strong>reiben oder Re<strong>ch</strong>nen können,<br />
werden über Umsiedlungsprojekte, den Bau von<br />
Infrastruktur und die Erri<strong>ch</strong>tung von Plantagen in<br />
modernere Zivilisation eingebunden.<br />
Umstrittener Vertragsanbau für<br />
Kauts<strong>ch</strong>uk<br />
Laos geht dur<strong>ch</strong> eine eigentli<strong>ch</strong>e, stille Revolution,<br />
vorab infolge des Novums Vertragsanbau, bei<br />
dem hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>e Konzerne ganzen<br />
Gebieten gegen Preisabspra<strong>ch</strong>e das Saatgut verkaufen<br />
und die spätere Ernte abkaufen. Was in<br />
Vietnam s<strong>ch</strong>on lange besonders im industriellen<br />
Anbau und in der S<strong>ch</strong>weinezu<strong>ch</strong>t praktiziert wird,<br />
darauf setzen jetzt in Laos ganze Landstri<strong>ch</strong>e ihre<br />
Hoffnungen. Das Zauberwort heisst Kauts<strong>ch</strong>uk,<br />
von dem die Chinesen ni<strong>ch</strong>t genug kaufen kön-<br />
<strong>Mekong</strong><br />
Laos’ politis<strong>ch</strong>e<br />
Erstarrung<br />
Die Globalisierung s<strong>ch</strong>reitet<br />
voran. Kambods<strong>ch</strong>a plant<br />
auf 2009 die Eröffnung<br />
einer Börse, Vietnams<br />
Wirts<strong>ch</strong>aft wä<strong>ch</strong>st und<br />
wä<strong>ch</strong>st – Laos setzt weiter<br />
auf Abs<strong>ch</strong>ottung und<br />
Erstarrung. Der 8. Parteikongress<br />
2006 bestätigte,<br />
dass Parteizugehörigkeit<br />
weiter über Karriere<strong>ch</strong>ancen<br />
und sozialen Status<br />
ents<strong>ch</strong>eiden. Der S<strong>ch</strong>muggel<br />
insbesondere von<br />
Holz, weiteren Rohstoffen<br />
und wilden Tieren na<strong>ch</strong><br />
Vietnam, China und Thailand<br />
floriert weiter, ohne<br />
dass Laos Steuern erheben<br />
würde. Vientianes mutigste<br />
Öffnung bleibt der<br />
Neue Wirts<strong>ch</strong>aftsme<strong>ch</strong>anismus<br />
NEM aus den<br />
1980er Jahren, der au<strong>ch</strong><br />
Hilfsgebern die Türen na<strong>ch</strong><br />
Laos öffnete. Do<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />
Ideologie hält Laos’ Führer<br />
vor Reformen ab. Sondern<br />
Angst, dass mit der Öffnung<br />
eine S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ung<br />
der Partei einhergehen<br />
könnte. Diese ist na<strong>ch</strong> wie<br />
vor voll auf die verbündeten<br />
kommunistis<strong>ch</strong>en<br />
Na<strong>ch</strong>barn ausgeri<strong>ch</strong>tet.<br />
China und Vietnam sind<br />
Laos’ grösste – und praktis<strong>ch</strong><br />
einzige – Investoren.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 7
8<br />
Fred Grimm Stefan Boness/Panos/Strates<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
nen. <strong>Eine</strong> Familie könne mit 30 Kauts<strong>ch</strong>ukbäumen<br />
ein anständiges Leben führen, heisst es im angrenzenden<br />
China. Darauf setzen Laoten ihre ganze<br />
Zukunft.<br />
An Bedeutung gewinnt Vertragsanbau au<strong>ch</strong> bei<br />
Maniok für die Herstellung von Ethanol sowie bei<br />
Zuckerrohr, Wassermelonen, Soja, Mais und Bananen.<br />
Der Anbau von Kauts<strong>ch</strong>uk aber hat die unbestreitbar<br />
grösste Wirkung auf Mens<strong>ch</strong>en und<br />
Umwelt.<br />
Als Vorbild dient die angrenzende <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>e, zuvor<br />
ärmli<strong>ch</strong>e Provinz Yunan, die es aufgrund des<br />
Gummianbaus zu etwas gebra<strong>ch</strong>t habe, wie man<br />
The HeraldTribune/laif<br />
in Laos sagt. Mittlerweile offerieren <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>e<br />
Joint Ventures Saatgut und Dünger sogar gratis.<br />
Na<strong>ch</strong> a<strong>ch</strong>t Jahren kann ein Kauts<strong>ch</strong>ukbaum erstmals<br />
angeritzt werden. Der gängige Deal: Die Bauern<br />
erhalten 70 Prozent des Erlöses, die Chinesen<br />
30 Prozent. Kauts<strong>ch</strong>ukplantagen können in Eigenregie,<br />
mit Hilfe von Verwandten, im Vertragsanbau<br />
eben oder als Konzession angelegt werden.<br />
Bei der Vergabe von Konzessionen herrs<strong>ch</strong>t allerdings<br />
seit geraumen Monaten ein Moratorium. Die<br />
Regierung hat die Brisanz von Gummianbau sehr<br />
wohl erkannt, der allerhand Probleme mit si<strong>ch</strong><br />
bringt. Oft sind die Vertragsbedingungen unklar,
Thailand<br />
Laos<br />
Vientiane<br />
Kambods<strong>ch</strong>a<br />
Phnom Penh<br />
<strong>Mekong</strong><br />
Hanoi<br />
Chinesis<strong>ch</strong>es Meer<br />
Vietnam<br />
China<br />
es herrs<strong>ch</strong>en Konflikte um Land, zwis<strong>ch</strong>en Dorfbewohnern<br />
oder Dörfern.<br />
Weitere Folgen davon: Natürli<strong>ch</strong>e Biotope und<br />
Waldgebiete werden zerstört, der Geldsegen ist<br />
ein Magnet für Korruption und «im Zusammenhang<br />
mit Gummi stellt eine zunehmende Zuwanderung<br />
von <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Arbeitskräften ein ni<strong>ch</strong>t<br />
zu unters<strong>ch</strong>ätzendes Problem dar», sagt Peter<br />
Reckhaus von der deuts<strong>ch</strong>en Gemeins<strong>ch</strong>aft für<br />
Te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Zusammenarbeit GTZ in Laos. Korruptionsfördernd<br />
wirken zudem die minimalen<br />
Gehälter der Staatsbediensteten.<br />
Umsiedlung als Chance?<br />
Gerade am Vertragsanbau zeigt si<strong>ch</strong> damit in Laos,<br />
dass als Folge der Gehaltsstrukturen Korruption<br />
eine anhaltend prägende Rolle spielt. Überdies<br />
gehören Kauts<strong>ch</strong>ukplantagen in ers<strong>ch</strong>lossenen Gebieten<br />
angelegt und erfordern ni<strong>ch</strong>t selten Umsiedlungen,<br />
womit die Verspre<strong>ch</strong>ungen für eine<br />
bessere Zukunft oftmals mit den Prioritäten von<br />
Hilfsorganisationen in Konflikt geraten. Ausländis<strong>ch</strong>e<br />
Hilfsprojekte folgen meist dem Grundsatz,<br />
au<strong>ch</strong> Minoritäten wie indigene oder ethnis<strong>ch</strong>e<br />
Gruppen in ihrem alten Umfeld zu bewahren, um<br />
au<strong>ch</strong> Brau<strong>ch</strong>tum und Tradition zu retten.<br />
Demokratis<strong>ch</strong>e Volksrepublik Laos<br />
Einwohner 6,7 Millionen<br />
Hauptstadt Vientiane<br />
Flä<strong>ch</strong>e 236 800 km2 Bes<strong>ch</strong>äftigung 80% der Bevölkerung arbeiten<br />
in der Landwirts<strong>ch</strong>aft, 20% im<br />
Industrie- und Dienstleistungssektor<br />
Lebenserwartung Männer: 54 Jahre<br />
Frauen: 58 Jahre<br />
Königrei<strong>ch</strong> Kambods<strong>ch</strong>a<br />
Einwohner 14,2 Millionen<br />
Hauptstadt Phnom Penh<br />
Flä<strong>ch</strong>e 181 040 km2 Bes<strong>ch</strong>äftigung 75% der Bevölkerung<br />
arbeiten in der Landwirts<strong>ch</strong>aft,<br />
der Rest im Industrie- und<br />
Dienstleistungssektor<br />
Lebenserwartung Männer : 60 Jahre<br />
Frauen : 64 Jahre<br />
Sozialistis<strong>ch</strong>e Republik Vietnam<br />
Einwohner 86,1 Millionen<br />
Hauptstadt Hanoi<br />
Flä<strong>ch</strong>e 329 560 km2 Bes<strong>ch</strong>äftigung 55% der Bevölkerung<br />
arbeiten in der Landwirts<strong>ch</strong>aft,<br />
26% im Dienstleistungssektor,<br />
19% im Industriesektor<br />
Lebenserwartung Männer: 69 Jahre<br />
Frauen: 74 Jahre<br />
Soziologen wie Ian Baird und Bruce Shoemaker<br />
haben mit ganzen Abhandlungen daraus gefolgert,<br />
dass die meisten Umsiedlungen in Laos – aufgrund<br />
der politis<strong>ch</strong>en Natur der regierenden Kommunisten<br />
– unfreiwillig seien und die kulturelle Integration<br />
zwangsläufig beinhalte, ja ein Rezept für Armut<br />
sei.<br />
Die Südostasien-Anthropologin Holly High wiederum<br />
hält diesem Ansatz eine «Romantisierung<br />
von Armut» entgegen. Na<strong>ch</strong> eigenen Studien, so<br />
High, hätten Mens<strong>ch</strong>en beispielsweise bei Hmong-<br />
Umsiedlungen in und um Vieng Say keine Wahl<br />
zwis<strong>ch</strong>en Umsiedlung oder ni<strong>ch</strong>t gehabt. «Do<strong>ch</strong><br />
die Idee, in ihre alten Dörfer zurück zu kehren, haben<br />
sie einhellig und lebhaft zurückgewiesen», so<br />
High. Umsiedlungen, sagt sie, hätten ihre Vorzüge,<br />
insbesondere wegen dem Bau von Strassen, S<strong>ch</strong>ulen,<br />
Spitälern. Siedler würden si<strong>ch</strong> infolge ihrer<br />
Armut no<strong>ch</strong> länger von ihrer neuen Umgebung<br />
ausges<strong>ch</strong>lossen fühlen, do<strong>ch</strong> die Umsiedlung repräsentiere<br />
für Siedler au<strong>ch</strong> die Hoffnung, aus der<br />
Armut auszubre<strong>ch</strong>en. Gemäss High sehen die<br />
Mens<strong>ch</strong>en eine Umsiedlung praktis<strong>ch</strong> ausnahmslos<br />
als S<strong>ch</strong>ritt in Ri<strong>ch</strong>tung Modernität mit besseren<br />
Chancen für ihre Kinder bezügli<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>ule und<br />
einer Arbeit fern der Äcker. «Die Umsiedlungs-<br />
<strong>Mekong</strong><br />
Migration in gelobteres<br />
Land<br />
Für Laos’ bitterarme<br />
Bauern und Bergvölker gilt<br />
weiterhin ni<strong>ch</strong>t China oder<br />
Vietnam als das gelobte<br />
Land, sondern Thailand.<br />
Na<strong>ch</strong> der Einbringung der<br />
Ernte ist in den armseligen<br />
Dörfern ni<strong>ch</strong>ts mehr zu<br />
tun. Arbeit gibt es keine.<br />
Wer in Thailand gearbeitet<br />
hat, kann na<strong>ch</strong> der Rückkehr<br />
gewöhnli<strong>ch</strong> ein Haus<br />
bauen, man<strong>ch</strong>e gar ein<br />
Auto kaufen. Gearbeitet<br />
wird im bena<strong>ch</strong>barten<br />
Königrei<strong>ch</strong> auf Plantagen<br />
und in Fabriken. Armut<br />
und Chancenlosigkeit als<br />
Hauptbeweggründe für<br />
Migration öffnen wiederum<br />
einer Ausbeuterindustrie<br />
von Arbeitsvermittlern und<br />
Mens<strong>ch</strong>enhändlern die<br />
Tore. Laos und Thailand<br />
begannen im Februar 2006<br />
mit einer Kooperation zur<br />
Si<strong>ch</strong>erung der Grenze und<br />
Aufspürung von Opfern<br />
von Mens<strong>ch</strong>enhandel, insbesondere<br />
Frauen und<br />
Kindern. Bis Ende 2007<br />
wurden in Laos gerade mal<br />
168 Vermisstenmeldungen<br />
aufgegeben. 28 Personen<br />
tau<strong>ch</strong>ten in Thailand wieder<br />
auf. Jedes Jahr wagen<br />
Zehntausende die Reise<br />
in ein ungewisses Leben.<br />
Viele bleiben vers<strong>ch</strong>ollen,<br />
andere wollen ni<strong>ch</strong>t wieder<br />
zurückkehren.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 9
10<br />
Lebensader <strong>Mekong</strong><br />
Es steht s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t um<br />
den <strong>Mekong</strong>, die 4500<br />
Kilometer lange, im tibetis<strong>ch</strong>en<br />
Ho<strong>ch</strong>land entspringende<br />
Lebensader, von<br />
der direkt oder indirekt 100<br />
Millionen Mens<strong>ch</strong>en leben.<br />
In Rekordjahren wurden<br />
im <strong>Mekong</strong> 1,3 Millionen<br />
Tonnen Fis<strong>ch</strong>e gefangen,<br />
viermal mehr als in der<br />
Nordsee. Der <strong>Mekong</strong><br />
bewässert ni<strong>ch</strong>t nur die<br />
Reiskammer Vietnams,<br />
sondern dient au<strong>ch</strong> als<br />
Energiequelle und Transport-<br />
und Handelsroute.<br />
China hat am Oberlauf des<br />
<strong>Mekong</strong> kräftig Staudämme<br />
gebaut. Laos hatte ähnli<strong>ch</strong>e<br />
Pläne – do<strong>ch</strong> infolge Überbeanspru<strong>ch</strong>ung<br />
liegen zur<br />
Trockenzeit bereits ganze<br />
Flussstrecken trocken, ja<br />
Meerwasser drang s<strong>ch</strong>on<br />
50 Kilometer landeinwärts<br />
und bedrohte Vietnams<br />
Reiskammer. Die <strong>Mekong</strong><br />
River Commission warnte:<br />
«Wenn der <strong>Mekong</strong> weiter<br />
so ausgebeutet wird,<br />
besteht die Gefahr, dass<br />
Wälder, Artenvielfalt, Fis<strong>ch</strong>bestand<br />
und Bodenqualität<br />
so viel S<strong>ch</strong>aden erleiden,<br />
dass eine Erholung unmögli<strong>ch</strong><br />
wird.» Laos hat inzwis<strong>ch</strong>en<br />
Abstand genommen<br />
von einstigen Plänen, mit<br />
23 <strong>Mekong</strong>-Staudämmen<br />
das «Kraftwerk Südostasiens»<br />
zu werden.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
The New York Times/Redux/laif Naftali Hilger/laif<br />
programme bieten viel Raum für Interpretationen<br />
angesi<strong>ch</strong>ts des riesigen Gebiets zwis<strong>ch</strong>en Konsensus<br />
und Zwang», sagt Holly High. «Do<strong>ch</strong> statt in<br />
ihrem alten Ort in der alten Zeit verankert zu bleiben,<br />
wüns<strong>ch</strong>en die Mens<strong>ch</strong>en Wandel.»<br />
Hilfsorganisationen rät High, ni<strong>ch</strong>t zu versu<strong>ch</strong>en,<br />
das Rad der Zeit zurückzudrehen und Umsiedlungen<br />
per se zu bekämpfen, sondern die Ursa<strong>ch</strong>en<br />
von Armut und <strong>Un</strong>glei<strong>ch</strong>heit. Diese nämli<strong>ch</strong><br />
seien verantwortli<strong>ch</strong> für die ers<strong>ch</strong>reckend hohen<br />
Zahlen von Krankheiten, Tod und au<strong>ch</strong> Aussonderung<br />
unter umgesiedelten Bevölkerungen. Die<br />
von Hilfswerken au<strong>ch</strong> als «Umsiedlungstragödie»<br />
gebrandmarkte Umsiedlungspolitik der laotis<strong>ch</strong>en<br />
Regierung, so High, sei daher ni<strong>ch</strong>t die Ursa<strong>ch</strong>e<br />
von Armut, sondern Symptom davon.<br />
Ein Jahr lang gratis Reis<br />
Konfliktgeladen sind au<strong>ch</strong> andere Modernisierungsbestreben<br />
von Laos, so die vielen Dammprojekte,<br />
um die eigene Elektrifizierung und au<strong>ch</strong> den<br />
Export von Strom in Na<strong>ch</strong>barländer wie China,<br />
Thailand und Vietnam gegen Devisen voranzutreiben.<br />
Seit Jahren sorgt das Wasserkraftprojekt<br />
Nam Tha 1 unter <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>er Leitung für ein Hin<br />
und Her. Es soll den Fluss Nam Tha stauen und<br />
würde die Umsiedlung von mehreren tausend<br />
Mens<strong>ch</strong>en und Zerstörung von rei<strong>ch</strong>em Kulturgut<br />
erfordern. Etwa den Verlust von bis zu dreihundertjährigen<br />
Tempeln, um deren S<strong>ch</strong>utz jetzt<br />
Marcel & Eva Malherbe/laif<br />
Chris Stowers/Panos/Strates<br />
au<strong>ch</strong> die <strong>Welt</strong>kulturbehörde UNESCO angegangen<br />
wurde.<br />
Den Anwohnern der 28 Dörfer in dem Tal, das auf<br />
einer Länge von 110 Kilometern überflutet werden<br />
soll, haben die Chinesen rund ein Prozent der<br />
Gesamtinvestitionen für Abfindungen vorges<strong>ch</strong>lagen.<br />
Jede der 260 Familien soll ein Jahr lang Reis<br />
erhalten, dazu 75 Wellble<strong>ch</strong>e, Baumaterialien wie<br />
Holz und Zement, einen Büffel und umgere<strong>ch</strong>net<br />
1500 US-Dollar in bar. Do<strong>ch</strong> mit den Überflutungen<br />
würden ni<strong>ch</strong>t nur abgelegene Dörfer von<br />
Minoritäten geopfert werden, au<strong>ch</strong> seit zwei Jahrhunderten<br />
dur<strong>ch</strong> Handel florierenden Dörfern<br />
der Lü und Lao droht der Verlust ihrer Existenzgrundlage.<br />
Der Staudamm würde die alten Handelsstrukturen<br />
dramatis<strong>ch</strong> verändern. Güter gehörten von<br />
Booten auf die Strasse umgeladen, Flusss<strong>ch</strong>iffer<br />
verlieren Einkommen. Glei<strong>ch</strong>zeitig würden au<strong>ch</strong><br />
zahllose S<strong>ch</strong>ulen, Gesundheitszentren und Wassersysteme<br />
zerstört, die mit Hilfe europäis<strong>ch</strong>er Hilfswerke,<br />
NGOs sowie der EU, <strong>Welt</strong>bank und Asiatis<strong>ch</strong>en<br />
Entwicklungsbank ADB gebaut wurden.<br />
Die gesamten Hilfsprojekte zielten darauf ab, die<br />
sanitären Bedingungen und Ausbildungs<strong>ch</strong>ancen<br />
der lokalen Bevölkerung zu verbessern – einer Bevölkerung,<br />
die bereits aus höheren Gebieten umgesiedelt<br />
worden war.<br />
«Man kann si<strong>ch</strong> vorstellen», s<strong>ch</strong>reibt der französis<strong>ch</strong>e<br />
Ethnologe Olivier Evrard, «wie s<strong>ch</strong>wierig es
Markus Kir<strong>ch</strong>gessner/laif<br />
für diese Mens<strong>ch</strong>en ist, si<strong>ch</strong> jetzt ‘wirkli<strong>ch</strong> niederzulassen’,<br />
wenn alle Investitionen über die letzten<br />
zehn Jahre in den neuen Dörfern so weggeworfen<br />
werden wie Müll in eine Abfalltonne.»<br />
Zwis<strong>ch</strong>en Festhalten und Vorwärtsgehen<br />
Trotz Fragezei<strong>ch</strong>en zu den Entwicklungss<strong>ch</strong>üben,<br />
wer si<strong>ch</strong> in Luang Namtha ums<strong>ch</strong>aut, erhält dur<strong>ch</strong>aus<br />
den Eindruck, dass es bergauf geht. Die Zunahme<br />
von Motorfahrzeugen und Fahrrädern,<br />
Satellitens<strong>ch</strong>üsseln, metallbedeckten Häusern und<br />
von Kleintraktoren sowie die moderne Kleidung<br />
der Mens<strong>ch</strong>en sind augenfällige Indikatoren dafür.<br />
Au<strong>ch</strong> im angrenzenden Vietnam und Kambods<strong>ch</strong>a<br />
verbessert si<strong>ch</strong> die Situation, insbesondere im Gesundheitswesen<br />
dank der grösseren Di<strong>ch</strong>te an medizinis<strong>ch</strong>em<br />
Personal und Gesundheitszentren<br />
au<strong>ch</strong> in abgelegenen Gebieten. Das Personal ist<br />
besser ausgebildet, die Wasserversorgung effizienter<br />
und Dörfer erhalten erstmals sanitäre Einri<strong>ch</strong>tungen.<br />
Luang Namtha wird au<strong>ch</strong> der momentane Neubau<br />
des Flughafens mit grösseren Pisten für entspre<strong>ch</strong>ende<br />
Mas<strong>ch</strong>inen einen weiteren wi<strong>ch</strong>tigen<br />
Entwicklungss<strong>ch</strong>ub bes<strong>ch</strong>eren. Zusammen mit der<br />
Nord-Süd-Verkehrsa<strong>ch</strong>se, dem laufend ausgebauten<br />
Stromnetz und der Einbindung weiter Bevölkerungskreise<br />
in Vertragsanbau steht Luang Namtha<br />
vor enormem sozialem Wandel. Dieser bereitet<br />
ni<strong>ch</strong>t nur Minoritäten grosse Sorgen. Kürzli<strong>ch</strong><br />
vers<strong>ch</strong>wand unter mysteriösen Umständen ein<br />
Betreiber eines kleinen Hotels für Ökotouristen.<br />
Na<strong>ch</strong> Beri<strong>ch</strong>ten der Dorfbewohner hatte er gegen<br />
Chinesen mobilisiert, die in der Nähe in Kauts<strong>ch</strong>ukplantagen<br />
investierten.<br />
Das angesehene Magazin Irrawaddy erklärt zum<br />
Fall, den einige als Sinnbild für die Paranoia von<br />
Laos’ Kommunistenregime gegenüber westli<strong>ch</strong>em<br />
Einfluss, vor allem in abges<strong>ch</strong>iedenen Gebieten sehen:<br />
«Auf der einen Hand begrüsst Laos die Deviseneinnahmen<br />
dur<strong>ch</strong> Tourismus. Auf der anderen<br />
für<strong>ch</strong>tete es Si<strong>ch</strong>erheitsrisiken, wenn Touristen<br />
na<strong>ch</strong> Belieben das Land erfors<strong>ch</strong>en wollen.»<br />
Vietnams Kommunisten hingegen haben si<strong>ch</strong><br />
längst als umsi<strong>ch</strong>tige Pragmatiker erwiesen, die nur<br />
no<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Aussen den Roten Stern auf gelbem<br />
Grund tragen. Laos’ regierende Revolutionäre<br />
Volkspartei dagegen blockiert wi<strong>ch</strong>tige Reformen<br />
– au<strong>ch</strong> zu den strikten sozialen Kontrollen, die das<br />
Land seit der Ma<strong>ch</strong>tübernahme der Kommunisten<br />
im Jahr 1975 in Erstarrung halten.<br />
Das Vers<strong>ch</strong>winden des Hotelbetreibers ist Testament<br />
für genau dieses Konfliktfeld, in dem si<strong>ch</strong><br />
Laos unter seiner alten Führung gefangen sieht:<br />
Laos hat si<strong>ch</strong> abges<strong>ch</strong>ottet, do<strong>ch</strong> will ni<strong>ch</strong>t länger<br />
abges<strong>ch</strong>ottet bleiben. Ein heikler Balanceakt. ■<br />
*Daniel Kestenholz ist u.a. für die deuts<strong>ch</strong>e Tageszeitung<br />
«Die <strong>Welt</strong>» Asien-Korrespondent. Er lebt und<br />
arbeitet seit 1994 in Bangkok.<br />
<strong>Mekong</strong><br />
Boomender Tourismus<br />
Indo<strong>ch</strong>ina hiess das frühere<br />
Kolonialgebiet der<br />
Franzosen, das Laos,<br />
Kambods<strong>ch</strong>a und Vietnam<br />
umfasste. Zurückgeworfen<br />
dur<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>ottung und<br />
Kriege, begann die Öffnung<br />
der Region erst<br />
in den 1990er Jahren.<br />
Türöffner waren vielfa<strong>ch</strong><br />
Touristen, die Geld bra<strong>ch</strong>ten<br />
und unter den abges<strong>ch</strong>otteten<br />
Bevölkerungen<br />
den Wuns<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Veränderungen<br />
und Forts<strong>ch</strong>ritt<br />
auslösten. Inzwis<strong>ch</strong>en ist<br />
Tourismus Laos’ wi<strong>ch</strong>tigster<br />
Devisenbringer mit<br />
gegenwärtig rund 150<br />
Millionen Dollar im Jahr.<br />
1990 waren no<strong>ch</strong> 14 400<br />
Touristen na<strong>ch</strong> Laos gereist,<br />
im Jahr 2020 werden<br />
1,6 Millionen erwartet.<br />
Tourismus ist au<strong>ch</strong> Kambods<strong>ch</strong>as<br />
am s<strong>ch</strong>nellsten<br />
wa<strong>ch</strong>sender Sektor mit<br />
1997 no<strong>ch</strong> 219 000<br />
Einreisen, die si<strong>ch</strong> heute<br />
der 1,5 Millionen Marke<br />
annähern. Indo<strong>ch</strong>inas alte<br />
Führungsma<strong>ch</strong>t Vietnam<br />
hängt seine Na<strong>ch</strong>barn bezügli<strong>ch</strong><br />
Tourismus deutli<strong>ch</strong><br />
ab mit aktuell fast 4,2<br />
Millionen Einreisen. Do<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> hier überwiegt das<br />
alte Misstrauen gegenüber<br />
Fremden: Trotz ersten<br />
Öffnungsansätzen werden<br />
Ausländer mittels strikten<br />
Aufenthalts-, Investitionsund<br />
Eigentumsre<strong>ch</strong>ten<br />
weiter auf Distanz gehalten.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 11
12<br />
Siriporn Skrobanek<br />
engagiert si<strong>ch</strong> seit mehr als<br />
25 Jahren für Frauen und<br />
Kinder in sozial s<strong>ch</strong>wierigen<br />
Situationen. Sie ist<br />
Spezialistin für Fragen der<br />
Migration und ist Präsidentin<br />
der Foundation for<br />
Women (FFW) in Bangkok.<br />
Vorher hatte sie diese Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisation<br />
während 17 Jahren als<br />
Generalsekretärin geleitet.<br />
Als Spezialistin im Kampf<br />
gegen den Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
half sie die globale<br />
Allianz gegen Frauenhandel<br />
zu gründen und agierte<br />
während se<strong>ch</strong>s Jahren<br />
au<strong>ch</strong> als deren Koordinatorin.<br />
Die FFW setzt si<strong>ch</strong><br />
mit Lobbyarbeit und bei<br />
den Behörden ein für die<br />
Re<strong>ch</strong>te von bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Frauen und Kindern und<br />
gewährt Hilfe für die Opfer<br />
von Mens<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>mugglern.<br />
Teil der Arbeit ist der<br />
regelmässige Besu<strong>ch</strong><br />
von FFW-Mitgliedern im<br />
Immigrationszentrum<br />
von Bangkok, wo viele<br />
«illegale» Einwanderer auf<br />
ihre Ausweisung harren.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Tägli<strong>ch</strong>er Kampf gegen Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
In der <strong>Mekong</strong>-Region ist Thailand als wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> stärkstes<br />
Land ein Anziehungspunkt für Millionen von armen Bewohnern<br />
aus den Na<strong>ch</strong>barländern. Häufig werden diese Mens<strong>ch</strong>en Opfer<br />
von S<strong>ch</strong>lepperorganisationen. Trotz Bemühungen, diese Migrationsströme<br />
mit bilateralen Abkommen zu lenken, halten<br />
si<strong>ch</strong> ungefähr drei Millionen Migranten – mehrheitli<strong>ch</strong> Frauen<br />
und Kinder – illegal in Thailand auf. Siriporn Skrobanek kämpft<br />
seit Jahren an vorderster Front gegen den Mens<strong>ch</strong>enhandel.<br />
Interview: Fred Grimm*.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong>: Siriporn Skrobanek, wel<strong>ch</strong>en Einfluss<br />
haben bilaterale Abkommen auf die<br />
Problematik der Migration?<br />
Siriporn Skrobanek: Sie können dazu beitragen,<br />
Migrationsströme zu regulieren, die legale Einreise<br />
zu fördern und Migranten einen besseren legalen<br />
S<strong>ch</strong>utz zu gewähren. 2006 haben Thailand und<br />
Laos beispielsweise ein Abkommen abges<strong>ch</strong>lossen,<br />
das Opfern von illegalen S<strong>ch</strong>lepperaktivitäten Hilfe<br />
gewährt: Wer als Opfer von S<strong>ch</strong>leppern identifiziert<br />
ist, wird ni<strong>ch</strong>t bestraft und hat Anre<strong>ch</strong>t auf<br />
soziale Hilfe bis zur Rückkehr ins Ursprungsland.<br />
Andere Abkommen mit Vietnam und Malaysia<br />
werden momentan diskutiert.<br />
Wie wurden diese Forts<strong>ch</strong>ritte erzielt?<br />
In Thailand haben die NGOs und vor allem au<strong>ch</strong><br />
die Foundation for Women (FFW) eine Pionierrolle<br />
gespielt mit ihrer Lobbyarbeit und ihrem jahrelangen<br />
Engagement für die Opfer von Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
und illegaler Einwanderung. Au<strong>ch</strong><br />
auf internationaler Ebene haben si<strong>ch</strong> thailändis<strong>ch</strong>e<br />
NGOs sehr aktiv und mit Erfolg in diesem Berei<strong>ch</strong><br />
beteiligt.<br />
Trotzdem, das Problem vom Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
bleibt weiterhin sehr akut. Es kommt regelmässig<br />
zu tragis<strong>ch</strong>en tödli<strong>ch</strong>en Zwis<strong>ch</strong>enfällen<br />
wenn Mens<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> Thailand<br />
ges<strong>ch</strong>leppt werden. Erst kürzli<strong>ch</strong> sind 54<br />
Burmesen, darunter 36 Frauen und ein Kind,<br />
im Kühlraum eines Lastwagens erstickt. Wie<br />
können sol<strong>ch</strong>e Dramen verhindert werden?<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> kommen sol<strong>ch</strong> tragis<strong>ch</strong>e Ereignisse<br />
solange vor, als die Grundprobleme im Heimatland<br />
ni<strong>ch</strong>t gelöst sind; solange, bis ni<strong>ch</strong>t bessere Lebensbedingungen<br />
ges<strong>ch</strong>affen werden. <strong>Eine</strong> ers<strong>ch</strong>werte<br />
legale Einreise zieht jedo<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>muggler<br />
an. So ist das bilaterale Arbeitsabkommen<br />
zwis<strong>ch</strong>en Thailand und Myanmar an<br />
politis<strong>ch</strong>e Bedingungen geknüpft. Die neuste burmesis<strong>ch</strong>e<br />
Bedingung ist, dass si<strong>ch</strong> Ausreisewillige<br />
Reporters/laif<br />
bei den Behörden melden und zuerst für die neue<br />
Verfassung stimmen müssen, bevor sie eine Ausreisegenehmigung<br />
erhalten. Offizielle Abkommen<br />
allein bieten ni<strong>ch</strong>t genügend S<strong>ch</strong>utz für die Opfer<br />
von Mens<strong>ch</strong>enhandel. <strong>Eine</strong> Zusammenarbeit zwis<strong>ch</strong>en<br />
NGOs ist nötig, um beispielsweise die Familien<br />
von Opfern zu finden oder um gegen die<br />
Ausbeutung von Migranten anzukämpfen. Natürli<strong>ch</strong><br />
ist eine Zusammenarbeit mit den Behörden<br />
au<strong>ch</strong> nötig, um die Elemente des organisierten<br />
Verbre<strong>ch</strong>ens aufzuspüren, vor allem wenn es um<br />
deren re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verfolgung geht. Die kürzli<strong>ch</strong> entwickelte<br />
Zusammenarbeit auf diesem Gebiet mit<br />
NGOs hat Hoffnungen geweckt, dass die Opfer<br />
von Mens<strong>ch</strong>enhandel besser ges<strong>ch</strong>ützt und Mens<strong>ch</strong>enhändler<br />
konsequenter verfolgt werden. Aber
Häufig werden nur die kleinen Fis<strong>ch</strong>e ges<strong>ch</strong>nappt<br />
und ni<strong>ch</strong>t die Drahtzieher.<br />
Frauen und Kinder sind besonders häufig<br />
Opfer von illegaler Migration und Mens<strong>ch</strong>enhandel.<br />
Werden viele Frauen in die<br />
Prostitution gezwungen?<br />
Häufig ist die Prostitution zu Beginn die einzige<br />
Option für Frauen, etwas Geld zu verdienen, bevor<br />
sie Arbeit in Fabriken, als Hausangestellte oder<br />
in Restaurants finden. In der Vergangenheit waren<br />
viele Thai-Frauen aus den ärmeren Regionen<br />
Bettina Flitner/laif realistis<strong>ch</strong> betra<strong>ch</strong>tet bleibt ein Hauptproblem:<br />
Thailands Opfer von Mens<strong>ch</strong>enhandel. Jetzt hat<br />
si<strong>ch</strong> die Situation für Thais dank besserer Gesetze<br />
geändert. Do<strong>ch</strong> die Sexindustrie brau<strong>ch</strong>t immer<br />
wieder neue Opfer. Momentan werden immer<br />
mehr Frauen und Kinder aus Myanmar, Laos und<br />
der <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Provinz Yunnan in die Sexindustrie<br />
ges<strong>ch</strong>leppt.<br />
Die Sexindustrie hat si<strong>ch</strong> also regionalisiert.<br />
Wel<strong>ch</strong>e Mögli<strong>ch</strong>keiten sehen Sie, gegen diese<br />
spezifis<strong>ch</strong>e Form des Mens<strong>ch</strong>enhandels zu<br />
kämpfen?<br />
Vor zwanzig Jahren war es in Thailand die Zivilgesells<strong>ch</strong>aft,<br />
u.a. NGOs wie die FFW, wel<strong>ch</strong>e für<br />
dieses gravierende Problem Öffentli<strong>ch</strong>keit ges<strong>ch</strong>affen<br />
hat. So wurde Druck auf die Behörden<br />
ausgeübt, um junge Frauen und Kinder aus dem<br />
armen Nordosten und Norden des Landes besser<br />
zu s<strong>ch</strong>ützen, die damals in die Sexindustrie von<br />
Bangkok gelockt wurden. 1984 führten wir eine<br />
Kampagne gegen Kinderprostitution dur<strong>ch</strong>. In der<br />
Folge wurden Gesetze erlassen, die mithalfen, das<br />
Problem zu bekämpfen. Deshalb sollte au<strong>ch</strong> in Myanmar,<br />
Laos oder eben China die Zivilgesells<strong>ch</strong>aft<br />
gegen diese Probleme ankämpfen. Aber i<strong>ch</strong> bin<br />
mir bewusst, dass das sehr s<strong>ch</strong>wierig ist, da dort eine<br />
Zivilgesells<strong>ch</strong>aft kaum existiert und zudem Prostitution<br />
häufig tabuisiert wird.<br />
Wel<strong>ch</strong>e Mögli<strong>ch</strong>keiten sehen Sie, in den Ursprungsländern<br />
gegen illegale Migration und<br />
Mens<strong>ch</strong>enhandel anzukämpfen, und wel<strong>ch</strong>e<br />
Rolle kann die Entwicklungszusammenarbeit<br />
spielen?<br />
I<strong>ch</strong> habe einen Beri<strong>ch</strong>t für die DEZA verfasst (siehe<br />
Randspalte), in dem i<strong>ch</strong> vors<strong>ch</strong>lage, diese «an<br />
den Rand gedrängten» Gruppen zu identifizieren.<br />
Häufig sind sie unter den ethnis<strong>ch</strong>en Minderheiten<br />
zu finden – dort, wo es viel Armut, wenig Bildung<br />
und einen Mangel an Gesundheitspflege<br />
gibt. Es wäre gut, in einem sol<strong>ch</strong>en Gebiet ein Pilotprojekt<br />
zu starten, das die entspre<strong>ch</strong>enden<br />
Aspekte angehen und e<strong>ch</strong>te Alternativen zur Migration<br />
s<strong>ch</strong>affen würde. ■<br />
(Aus dem Englis<strong>ch</strong>en)<br />
*Fred Grimm lebt in Bankkok und arbeitet als unabhängiger<br />
Journalist für vers<strong>ch</strong>iedene Medien.<br />
<strong>Mekong</strong><br />
Studie über Mens<strong>ch</strong>enhandel<br />
in Laos<br />
Siriporn Skrobanek hat<br />
im Auftrag der DEZA<br />
eine Studie zum Thema<br />
«Mens<strong>ch</strong>enhandel – vor<br />
allem von Frauen und<br />
Kindern – in Laos» verfasst.<br />
Darin unterbreitet<br />
sie Vors<strong>ch</strong>läge, in wel<strong>ch</strong>er<br />
Form die DEZA mit te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>er<br />
<strong>Un</strong>terstützung und<br />
konkreten Projekten die<br />
laotis<strong>ch</strong>en Behörden in<br />
ihren Bemühungen, dem<br />
Mens<strong>ch</strong>enhandel entgegenzuwirken,<br />
stärken<br />
könnte. Klar ist, dass die<br />
nationalen Re<strong>ch</strong>tsgrundlagen<br />
verbessert werden<br />
sollten, beispielsweise im<br />
Strafgesetz oder dem<br />
Gesetz zum S<strong>ch</strong>utz und<br />
zur Entwicklung der Frauen.<br />
Die Studie s<strong>ch</strong>lägt au<strong>ch</strong><br />
vor, Regionen zu identifizieren,<br />
wo die Bewohner besonders<br />
vom Phänomen<br />
Migration betroffen sind.<br />
Dort sollen ni<strong>ch</strong>t nur Aufklärungsarbeit,<br />
sondern<br />
au<strong>ch</strong> konkrete Entwicklungsprojekte<br />
zur Verbesserung<br />
der Lebensgrundlagen<br />
dur<strong>ch</strong>geführt werden.<br />
Ein weiterer Berei<strong>ch</strong>,<br />
der verbessert werden<br />
sollte – beispielsweise<br />
über Ausbildungskurse<br />
in Sozialarbeit – ist der<br />
S<strong>ch</strong>utz und die <strong>Un</strong>terstützung<br />
von Rückkehrern. Die<br />
DEZA plant, si<strong>ch</strong> in diesem<br />
Berei<strong>ch</strong> in Südostasien zu<br />
engagieren.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 13
14<br />
Die S<strong>ch</strong>weiz und die<br />
<strong>Mekong</strong>-Region<br />
Die S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e<br />
Kooperationsstrategie<br />
2007 bis 2011 im <strong>Mekong</strong>,<br />
wel<strong>ch</strong>e vom SECO und<br />
der DEZA gemeinsam erarbeitet<br />
wurde, deckt Laos,<br />
Vietnam, Kambods<strong>ch</strong>a<br />
und Myanmar ab.<br />
S<strong>ch</strong>werpunkte sind gute<br />
Regierungsführung, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Entwicklung,<br />
Verbesserung der ländli<strong>ch</strong>en<br />
Lebensbedingungen<br />
und na<strong>ch</strong>haltige Bewirts<strong>ch</strong>aftung<br />
der natürli<strong>ch</strong>en<br />
Ressourcen. Die jährli<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Un</strong>terstützung beläuft si<strong>ch</strong><br />
auf 38 Millionen Franken,<br />
wovon 30 Millionen auf die<br />
DEZA und 8 Millionen auf<br />
das SECO entfallen. Die<br />
Region ist wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
ein Teil der Association of<br />
South-East Asian Nations<br />
(ASEAN), wobei Vietnam,<br />
Laos, Kambods<strong>ch</strong>a und<br />
Myanmar die ärmsten<br />
Länder dieses regionalen,<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Staatenverbandes<br />
darstellen. Die<br />
vier <strong>Mekong</strong>-Staaten haben<br />
vieles gemeinsam. Sie<br />
zei<strong>ch</strong>nen si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> stark<br />
zentralisierte und sozialistis<strong>ch</strong><br />
geprägte Staatssysteme<br />
aus, die über eine<br />
eher heterogene, von ethnis<strong>ch</strong>en<br />
Minderheiten geprägte<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft regieren.<br />
Zudem lebt ein wi<strong>ch</strong>tiger<br />
Teil der Bevölkerung<br />
in oft s<strong>ch</strong>wer zugängli<strong>ch</strong>en<br />
ländli<strong>ch</strong>en Bergregionen.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Naftali Hilger/laif<br />
Die Bambusrevolution<br />
Für Kleinbauern und die Industrie am <strong>Mekong</strong> stellt Bambus ein<br />
riesiges Potenzial dar. Denn das s<strong>ch</strong>nell wa<strong>ch</strong>sende Rohr ist ein<br />
optimaler Holzersatz und kann – effizient genutzt – einen ents<strong>ch</strong>eidenden<br />
Beitrag zur Reduktion der Armut in der ganzen Region<br />
leisten. Ein breit angelegtes Projekt zeigt erste Erfolge. Von<br />
Maria Roselli.<br />
Das leise Raus<strong>ch</strong>en der Bambuszweige im Wind<br />
gibt für Hunderttausende Kleinbauern der <strong>Mekong</strong>-Region<br />
Anlass zu Hoffnung. Kommen die<br />
Bambushändler in die Dörfer, können die Bauern<br />
endli<strong>ch</strong> wieder ihre Geldbeutel füllen und viellei<strong>ch</strong>t<br />
gar erstmals die eigene Existenz si<strong>ch</strong>ern. <strong>Un</strong>d<br />
mit dem Bambus-Projekt der «Prosperity Initiative»,<br />
einer von der weltweit tätigen Hilfsorganisation<br />
Oxfam gegründeten Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisation,<br />
soll es no<strong>ch</strong> besser kommen. «In den nä<strong>ch</strong>sten<br />
zehn Jahren sollen 1 bis 1,5 Millionen Mens<strong>ch</strong>en<br />
aus der <strong>Mekong</strong>-Region dank der Förderung<br />
des Bambussektors den Weg aus der Armut<br />
finden», sagt Barbara Jäggi Hasler, Programmverantwortli<strong>ch</strong>e<br />
der DEZA.<br />
Diversifizierte Produkte für internationalen<br />
Markt<br />
Bisher bes<strong>ch</strong>ränkte si<strong>ch</strong> die Nutzung der Bambuswälder<br />
in Vietnam, Kambods<strong>ch</strong>a und Laos auf wenige<br />
Produkte. Weit verbreitet war insbesondere die<br />
Produktion von Möbeln, Körben, Bambusstäb<strong>ch</strong>en<br />
oder von Bambussprossen für den tägli<strong>ch</strong>en<br />
Verzehr. Nun sollen die Produktion diversifiziert<br />
und ertragsstärkere Produkte für den internationalen<br />
Markt hergestellt werden.<br />
Während der Pilotphase des Projekts, die ab 2004<br />
in der vietnamesis<strong>ch</strong>en Provinz Thanh Hoa dur<strong>ch</strong>geführt<br />
wurde, stellten die Experten fest, dass allein<br />
dur<strong>ch</strong> die Umlagerung der Produktion von<br />
Papierprodukten auf Bodenbeläge die Einnahmen<br />
stark gesteigert wurden. «In Zahlen ausgedrückt,<br />
wirkt si<strong>ch</strong> die Produktion von Bodenbelägen fünfmal<br />
stärker zu Gunsten der Armutsreduktion aus»,<br />
re<strong>ch</strong>net Nigel Smith, Verantwortli<strong>ch</strong>er der «Prosperity<br />
Initiative» vor. Hauptziel des von der DEZA<br />
mitfinanzierten Bambusprojektes ist denn au<strong>ch</strong> die<br />
Armutsreduktion.<br />
Bambussektor in China als Vorbild<br />
Mit gezielten Interventionen auf allen Ebenen der<br />
Werts<strong>ch</strong>öpfungskette soll der Bambussektor optimiert<br />
werden und zur Industrialisierung der ländli<strong>ch</strong>en<br />
Gebiete beitragen. <strong>Eine</strong> Marktanalyse von<br />
«Prosperity Initiative» in der <strong>Mekong</strong>-Region, unter<br />
besonderer Berücksi<strong>ch</strong>tigung der Werts<strong>ch</strong>öpfungskette,<br />
stellte dem lokalen Bambussektor ein<br />
grosses Wa<strong>ch</strong>stumspotenzial in Aussi<strong>ch</strong>t.
Dermot Tatlow/laif<br />
Um dieses Potenzial zu analysieren und die Interventionen<br />
ri<strong>ch</strong>tig zu planen, haben die Experten<br />
einen Verglei<strong>ch</strong> mit dem Bambussektor in China<br />
dur<strong>ch</strong>geführt. Im mä<strong>ch</strong>tigen Na<strong>ch</strong>barland ist seit<br />
Beginn der 1990er Jahre der Bambussektor stetig<br />
gewa<strong>ch</strong>sen und ist heute weltweit führend. Der<br />
Modernisierungss<strong>ch</strong>ub in der <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Industrie<br />
und der mit der Ho<strong>ch</strong>konjunktur einhergehende<br />
Bauboom haben den Bambusverbrau<strong>ch</strong> diversifiziert<br />
und um ein Mehrfa<strong>ch</strong>es gesteigert:<br />
Ganze Häuser, Baugerüste, Bodenbeläge und Einbauwände<br />
werden heute aus Bambusrohren hergestellt.<br />
«Bambus ist dank neuen Verarbeitungsmethoden<br />
ein optimaler Ersatz für Holz und das nutzen wir<br />
aus, denn die Na<strong>ch</strong>frage na<strong>ch</strong> Holz steigt kontinuierli<strong>ch</strong>,<br />
do<strong>ch</strong> dessen Produktion nimmt stetig<br />
ab», erklärt Nigel Smith. Bambus hat im Verglei<strong>ch</strong><br />
zu Holz viele Pluspunkte: So wa<strong>ch</strong>sen beispielsweise<br />
Bambuswälder sehr s<strong>ch</strong>nell na<strong>ch</strong> und brau<strong>ch</strong>en<br />
nur geringe Pflege. Da die Region sehr rei<strong>ch</strong><br />
an Bambuswäldern ist, haben die Kleinbauern<br />
s<strong>ch</strong>on immer au<strong>ch</strong> auf diese Pflanze gesetzt, do<strong>ch</strong><br />
bisher war die Nutzung unprofessionell und die<br />
Bauern waren den Launen der Händler ausgesetzt,<br />
die aufgrund der geringen Na<strong>ch</strong>frage die Preise<br />
drücken konnten.<br />
Weniger Abfälle, mehr Profit<br />
«<strong>Un</strong>s ist aufgefallen, dass im ertragsstärkeren <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en<br />
Markt zwis<strong>ch</strong>en den Bambusbauern und<br />
den Produzenten eine Verarbeitungsstelle zwis<strong>ch</strong>enges<strong>ch</strong>altet<br />
ist», erklärt Nigel Smith. Diese Er-<br />
kenntnis ist für die Optimierung des Sektors sehr<br />
wi<strong>ch</strong>tig, denn dadur<strong>ch</strong> kann der Ertrag um ein<br />
Mehrfa<strong>ch</strong>es gesteigert werden. Grund dafür ist die<br />
unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>affenheit der Bambusrohre:<br />
Nur gewisse Teile des Halmes eignen si<strong>ch</strong> für bestimmte<br />
Produkte.<br />
Für den industriellen Gebrau<strong>ch</strong>, beispielsweise zur<br />
Herstellung von Möbeln, eignen si<strong>ch</strong> nur robustere<br />
Teile der Pflanze. Ursprüngli<strong>ch</strong> haben aber die<br />
vietnamesis<strong>ch</strong>en Bauern den Bambus direkt an die<br />
Produzenten verkauft. Beispielsweise an einen Möbelproduzenten,<br />
der die Spitze des Halmes gar<br />
ni<strong>ch</strong>t verwendete, weil diese ni<strong>ch</strong>t genügend robust<br />
war. Da die unerwüns<strong>ch</strong>ten Bestandteile der<br />
Pflanzen einfa<strong>ch</strong> weggeworfen wurden, entstanden<br />
enorme Abfallberge.<br />
Laut Oxfam fiel bisher rund die Hälfte der Bambusernten<br />
der Kleinbauern im <strong>Mekong</strong> als Abfall<br />
weg. In China hingegen ma<strong>ch</strong>t dieser Anteil dank<br />
effizienterer Nutzung nur gerade fünf bis zehn Prozent<br />
aus. Die Rohre werden deshalb nun au<strong>ch</strong> im<br />
<strong>Mekong</strong> in Verarbeitungsstellen mas<strong>ch</strong>inell auf die<br />
Bedürfnisse der vers<strong>ch</strong>iedenen Produzenten zuges<strong>ch</strong>nitten<br />
und sortiert.<br />
Diese Optimierung der Produktion ist nur ein Beispiel<br />
dafür, wie das Projekt auf den vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Ebenen der Werts<strong>ch</strong>öpfungskette operiert. <strong>Un</strong>d<br />
Smith s<strong>ch</strong>aut bereits über den Bambus hinaus:<br />
«Wir sind daran zu analysieren, ob au<strong>ch</strong> die Förderung<br />
des Teesektors und des Tourismus ähnli<strong>ch</strong>es<br />
Potenzial zur Armutsreduktion aufweisen.» ■<br />
<strong>Mekong</strong><br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 15
H O R I Z O N T E<br />
16<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Ein <strong>Un</strong>ternehmer und<br />
das Chaos<br />
Kirgistan dur<strong>ch</strong>lebt ni<strong>ch</strong>t erst seit der Tulpenrevolution im Frühjahr<br />
2005 turbulente Zeiten. Der zentralasiatis<strong>ch</strong>e Vielvölkerstaat<br />
kämpft mit Altlasten aus der Sowjetära, viele Mens<strong>ch</strong>en<br />
können si<strong>ch</strong> nur mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser halten,<br />
andere emigrieren. Für jene die bleiben und eigene Ideen umsetzen,<br />
bleibt die Heimat ein sehr hartes Pflaster. Von Marcus<br />
Bensmann*.<br />
Die verlassene Fabrikhalle im Stadtzentrum der<br />
kirgisis<strong>ch</strong>en Hauptstadt Bis<strong>ch</strong>kek war voller S<strong>ch</strong>utt,<br />
und dur<strong>ch</strong> die zerbro<strong>ch</strong>enen Fenster zog es wie<br />
He<strong>ch</strong>tsuppe. Der Tatare Rawil Bu<strong>ch</strong>arow hatte<br />
mit 38 Jahren genug von dem nomadenhaften Erwerbsleben<br />
in Kirgistan. Er wollte einen ri<strong>ch</strong>tigen<br />
Beruf. <strong>Un</strong>d weil es den in dem zentralasiatis<strong>ch</strong>en<br />
Staat am Fusse des Tien Shan Gebirges ni<strong>ch</strong>t gibt,<br />
ents<strong>ch</strong>ied er si<strong>ch</strong>, diesen zu ers<strong>ch</strong>affen.<br />
Im Frühjahr 2005 griff er in den Hallen in Bis<strong>ch</strong>kek<br />
zum Besen. Wenige Wo<strong>ch</strong>en später fegte die<br />
sogenannte Tulpenrevolution in Kirgistan die alte<br />
Ma<strong>ch</strong>t unter dem Präsidenten Askar Akajew aus<br />
dem Land und installierte eine neue.<br />
Die kirgisis<strong>ch</strong>e Ma<strong>ch</strong>tro<strong>ch</strong>ade stürzte das Land<br />
seither in eine permanente politis<strong>ch</strong>e Krise. Regierungen<br />
und Ministerpräsidenten we<strong>ch</strong>selten<br />
man<strong>ch</strong>mal in Wo<strong>ch</strong>enfrist, Demonstrationen und<br />
Aufstände hielten das politis<strong>ch</strong>e Klima in einem<br />
ständigen Siedezustand.<br />
Der Tatare in der Fabrikhalle geriet unversehens in<br />
den politis<strong>ch</strong>en Wirbel seines Landes, und dieser<br />
stellte den no<strong>ch</strong> jungen <strong>Un</strong>ternehmergeist auf immer<br />
wieder neue Proben. <strong>Un</strong>d denno<strong>ch</strong> war er erfolgrei<strong>ch</strong>.<br />
Der Tatare s<strong>ch</strong>uf in der leeren Fabrikhalle<br />
ein kleines <strong>Un</strong>ternehmen zur Mullbindenproduktion,<br />
während das Land um ihn herum ins<br />
Chaos taumelte.<br />
Thomas Grabka/laif<br />
Thomas Grabka/laif<br />
Thomas Grabka/laif
Alte Mas<strong>ch</strong>inen füttern Chinas Rohstoffhunger<br />
In der leeren Halle in Bis<strong>ch</strong>kek wurden in der Sowjetunion,<br />
bis zu deren Auseinanderfallen im Jahr<br />
1991, einst Mas<strong>ch</strong>inen zusammengesetzt. Dana<strong>ch</strong><br />
gab es für die Industrieprodukte aus Kirgistan keine<br />
Abnehmer mehr, die Arbeiter erhielten erst keinen<br />
Lohn und verloren dann die Arbeit. Dana<strong>ch</strong><br />
emigrierten viele von ihnen, na<strong>ch</strong> Russland oder<br />
Deuts<strong>ch</strong>land und die, die blieben, s<strong>ch</strong>lagen si<strong>ch</strong> mit<br />
Gelegenheistverdiensten dur<strong>ch</strong>s Leben.<br />
Die ersten Jahre verrotteten die Mas<strong>ch</strong>inen und<br />
Werkzeuge in den Hallen, bis fahrende Händler sie<br />
abluden und in wackligen Fahrzeugen als Altmetall<br />
über die Pässe des Tien Shans na<strong>ch</strong> China verkauften.<br />
Die Deindustrialisierung einer der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
ärmsten Sowjetrepubliken in Zentralasien<br />
füttert den Rohstoffhunger Chinas, der<br />
mä<strong>ch</strong>tige östli<strong>ch</strong>e Na<strong>ch</strong>bar des kleinen Landes.<br />
Als die Sowjetunion zerfiel, lebte Rawil mit seinen<br />
Verwandten im Süden Kirgistans in der Nähe<br />
des Wasserkraftwerkes Toktakul, wel<strong>ch</strong>es das Wasser<br />
des Syr Darjas staut. Der Tatare, dessen Grosseltern<br />
von Stalin na<strong>ch</strong> Zentralasien zwangsdeportiert<br />
worden waren, zog zu Beginn der 1990er<br />
Jahre na<strong>ch</strong> Bis<strong>ch</strong>kek in die kirgisis<strong>ch</strong>e Hauptstadt.<br />
Sein erster Job war der <strong>Un</strong>terhalt eines Privattaxis,<br />
mit dem er dur<strong>ch</strong> Bis<strong>ch</strong>kek fuhr und Auss<strong>ch</strong>au<br />
na<strong>ch</strong> Klienten hielt, die er für einen Franken zum<br />
gewüns<strong>ch</strong>ten Ziel bra<strong>ch</strong>te. Das so erwirts<strong>ch</strong>afte<br />
Geld rei<strong>ch</strong>te ni<strong>ch</strong>t. Mit Rawil Bu<strong>ch</strong>arow kam au<strong>ch</strong><br />
die Familie, Mutter, S<strong>ch</strong>wager, Cousins na<strong>ch</strong> Bis<strong>ch</strong>-<br />
Thomas Grabka/laif<br />
Jehad Nga/The NewYorkTimes/Redux/laif<br />
kek, und sie brau<strong>ch</strong>ten ein Haus und Geld zum<br />
Leben. Alle su<strong>ch</strong>ten händeringend na<strong>ch</strong> Arbeit. Die<br />
Frauen des Familienverbandes, die in Textilfabriken<br />
Arbeit fanden, bekamen keinen Lohn, sondern<br />
mussten die gefertigten Kleider selbst am Strassenrand<br />
verkaufen.<br />
Vom Taxi<strong>ch</strong>auffeur zum Mullbinden-<br />
Produzent<br />
Das «Kaufen» und «Verkaufen» wurde in den Staaten<br />
Zentralasiens zur einzigen Verdienstmögli<strong>ch</strong>keit.<br />
Der Tatare arbeitete mal zeitweilig als Fahrer<br />
für einen Bankier aus Russland, do<strong>ch</strong> dessen Bank<br />
ging Pleite und der Russe vers<strong>ch</strong>wand ohne die<br />
ausstehenden Lohnzahlungen.<br />
Dann ma<strong>ch</strong>te si<strong>ch</strong> Bukharow auf, ein Auto in<br />
Deuts<strong>ch</strong>land zu kaufen. Mit einigen Kumpels sammelte<br />
er Gelder zusammen und fuhr bis zu einem<br />
Gebrau<strong>ch</strong>twagenmarkt ins Ruhrgebiet, wo wie in<br />
seiner Heimat einst mä<strong>ch</strong>tige Fabriken leer stehen.<br />
Er kaufte si<strong>ch</strong> einen VW und fuhr mit ihm 6000<br />
Kilometer dur<strong>ch</strong> Russland und die Steppe,<br />
s<strong>ch</strong>mierte den Weg frei dur<strong>ch</strong> korrupte Beamte,<br />
und kam na<strong>ch</strong> a<strong>ch</strong>t Tagen wieder in Bis<strong>ch</strong>kek an.<br />
Dort wurde der Wagen verkauft, mit einem Gewinn<br />
von knapp 400 US-Dollar für eine halbe<br />
<strong>Welt</strong>reise.<br />
All das wollte der Tatare ni<strong>ch</strong>t mehr: Den Job von<br />
der Hand in den Mund, das kleine Ges<strong>ch</strong>äft, das<br />
für den Morgen zwar Geld bringt, aber ni<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong>er<br />
ist für die drauffolgende Wo<strong>ch</strong>e. «Es sollte etwas<br />
Beständiges her, etwas, was Zukunft hat», sagte der<br />
Kirgistan<br />
Usbekistan<br />
Kasa<strong>ch</strong>stan<br />
Tads<strong>ch</strong>ikistan<br />
Bis<strong>ch</strong>kek<br />
Kirgistan<br />
Afghanistan Pakistan<br />
China<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 17
18<br />
Die jüngste<br />
Vergangenheit<br />
Die Proteste gegen die<br />
Parlamentswahlen Ende<br />
Februar 2005 in Kirgistan<br />
s<strong>ch</strong>ienen harmlos. Do<strong>ch</strong> in<br />
den Märztagen 2005 gelang<br />
es den Demonstranten, die<br />
zwei im Süden des Landes<br />
gelegenen Städte Ds<strong>ch</strong>alalabad<br />
und Os<strong>ch</strong> zu erstürmen.<br />
Die Ma<strong>ch</strong>tbasis des<br />
Präsidenten Askar Akajew<br />
kollabierte. Er floh na<strong>ch</strong><br />
Moskau. Es kam zu einer<br />
Doppelherrs<strong>ch</strong>aft mit dem<br />
Repräsentanten des Südens,<br />
Kurmanbek Bakijew,<br />
und dem starken Mann im<br />
Norden, Felix Kulow. Im<br />
Sommer 2005 bestätigte<br />
eine Wahl Bakijew mit über<br />
90 Prozent als Präsident.<br />
Na<strong>ch</strong> dem Wahlsieg sammelte<br />
si<strong>ch</strong> die Opposition<br />
gegen die neue Ma<strong>ch</strong>t.<br />
Morde ers<strong>ch</strong>ütterten<br />
Kirgistan. Im November<br />
2006 zwang ein Protestmars<strong>ch</strong><br />
Bakijew eine neue<br />
Verfassung zu unters<strong>ch</strong>reiben,<br />
die aus Kirgistan eine<br />
Parlamentsdemokratie<br />
ma<strong>ch</strong>te. <strong>Eine</strong>n Monat später<br />
änderte Bakijew die<br />
Verfassung wieder und entliess<br />
den Premierminister<br />
Kulow. Dieser führte dana<strong>ch</strong><br />
die Oppositionsbewegung<br />
gegen Bakijew an<br />
und s<strong>ch</strong>eiterte im Frühjahr<br />
2007. Die Parlamentswahlen<br />
im November 2007<br />
bes<strong>ch</strong>erten Bakijews Partei<br />
«Ak S<strong>ch</strong>ol» einen Sieg.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Tatare und ma<strong>ch</strong>te si<strong>ch</strong> auf die Su<strong>ch</strong>e.<br />
Zusammen mit seiner späteren Frau Gulbahor ist<br />
er dur<strong>ch</strong> die Strassen und Basare der kirgisis<strong>ch</strong>en<br />
Hauptstadt gezogen, um zu s<strong>ch</strong>auen, was gebrau<strong>ch</strong>t<br />
wird, und was sie beide produzieren können. Mullbinden<br />
ma<strong>ch</strong>ten die beiden als das ri<strong>ch</strong>tige Produkt<br />
aus. Krankenhäuser und Apotheken brau<strong>ch</strong>en<br />
Mullbinden. Egal wie die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Lage ist, immer muss verbunden werden, und in<br />
Kirgistan, so fand der Tatare heraus, wurden Mullbinden<br />
nur importiert.<br />
Der junge Mann lernte, was er brau<strong>ch</strong>te. Rawil<br />
Bu<strong>ch</strong>arow bastelte die Mas<strong>ch</strong>inen, die den Baumwollrohstoff<br />
zure<strong>ch</strong>ts<strong>ch</strong>nitt, reinigte und verpackte.<br />
Erwarb die Erlaubnis, in der leeren Fabrikhalle<br />
zu arbeiten, zog Wände ein, stellte Öfen auf, und<br />
begann zu wirts<strong>ch</strong>aften. Die Krankenhäuser und<br />
Apotheken waren von den preiswerten Mullbinden<br />
begeistert, sie bestellten eifrig neue Produkte.<br />
Der Tatare stellte zehn Frauen ein, die tägli<strong>ch</strong> die<br />
Mullbinden zusammenbanden.<br />
Aufträge sind da, aber…<br />
Das <strong>Un</strong>ternehmen wu<strong>ch</strong>s und in der leeren Fabrikhalle<br />
war wieder Leben, das au<strong>ch</strong> die Beamten<br />
der Stadt anzog. Denn wo auf einmal Geld verdient<br />
wird, kann man als Staatsdiener in Kirgistan<br />
au<strong>ch</strong> die Hand aufma<strong>ch</strong>en. Die Besu<strong>ch</strong>e begannen.<br />
Mal wurde der Mietvertrag in Frage gestellt, dann<br />
die Feuerversi<strong>ch</strong>erung geprüft. Der Tatare musste<br />
si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur um die Wirts<strong>ch</strong>aft kümmern, sondern<br />
das <strong>Un</strong>ternehmen verteidigen.<br />
Er s<strong>ch</strong>rieb Bittbriefe. <strong>Un</strong>d er reihte si<strong>ch</strong> beim Büro<br />
des Premierministers Felix Kulow an, denn der Tatare<br />
wollte dem Politiker über seine Mullbindenfabrik<br />
erzählen, und dass der Staat ihnen helfen soll,<br />
und sie ni<strong>ch</strong>t verni<strong>ch</strong>ten darf.<br />
Rawil Bu<strong>ch</strong>arow zog vor das Regierungsgebäude,<br />
um einen Termin zu erhalten, do<strong>ch</strong> da standen<br />
s<strong>ch</strong>on andere. Demonstranten, die lauthals den jeweiligen<br />
Premierminister oder den Präsidenten<br />
zum «Rücktritt» aufforderten. «Ketzen», trete zurück,<br />
ist na<strong>ch</strong> der sogenannten Tulpenrevolution im<br />
Frühjahr 2005 das meist gebrau<strong>ch</strong>te Wort in Kirgistan.<br />
Mal gingen Parlamentarier auf die Strasse,<br />
dann Banditen oder Kohlearbeiter, und zum<br />
S<strong>ch</strong>luss wieder ein neues Oppositionsbündnis.<br />
Über die Mikrofone wurde um die politis<strong>ch</strong>e Zukunft<br />
des Landes ges<strong>ch</strong>rien.<br />
Der Tatare Rawil Bu<strong>ch</strong>arow und sein kleines Mullbindenunternehmen<br />
blieben da zweitrangig. Do<strong>ch</strong><br />
Bu<strong>ch</strong>arow hat einen eisernen Willen und im<br />
Dezember 2006 hatte er es ges<strong>ch</strong>afft, er war zum<br />
Vorzimmer des damaligen Premierministers Felix<br />
Kulow vorgestossen. In einem Brief wurde dem<br />
jungen <strong>Un</strong>ternehmer versi<strong>ch</strong>ert, dass er die angemietete<br />
Fabrikhalle behalten darf. Der Erfolg<br />
währte jedo<strong>ch</strong> nur kurz, Kulow verlor na<strong>ch</strong> wenigen<br />
Wo<strong>ch</strong>en sein Amt, und damit war der S<strong>ch</strong>utzbrief<br />
in den Händen des Tataren wertlos.<br />
No<strong>ch</strong> erstellen in der Fabrikhalle zehn Arbeiterinnen<br />
die Mullbinden, die der Tatare an die Krankenhäuser<br />
und Apotheken verkauft. Do<strong>ch</strong> Bu<strong>ch</strong>arow<br />
ist müde geworden, und er weiss ni<strong>ch</strong>t, ob er<br />
sein <strong>Un</strong>ternehmen retten kann. Aufträge sind da,<br />
aber das gierige Funkeln in den Augen der neuen<br />
kirgisis<strong>ch</strong>en Staatsbeamten au<strong>ch</strong>. ■<br />
*Marcus Bensmann arbeitet seit 1995 als freier Journalist<br />
in Zentralasien mit Sitz in Almaty, Kasa<strong>ch</strong>stan, u.a.<br />
für die «Neue Zür<strong>ch</strong>er Zeitung» und deuts<strong>ch</strong>e Medien.<br />
Er gehört dem Netzwerk www.weltreporter.net an.<br />
Carolyn Drake/Panos/Strates
Kirgistan und die S<strong>ch</strong>weiz<br />
Länderübergreifende Abhängigkeiten und<br />
Zusammenarbeit<br />
(bf ) Zu den zentralasiatis<strong>ch</strong>en Staaten der ehemaligen<br />
Sowjetunion gehören Kirgistan, Usbekistan,<br />
Tads<strong>ch</strong>ikistan, Turkmenistan und Kasa<strong>ch</strong>stan. Die<br />
S<strong>ch</strong>weiz ist seit Anfang der 1990er Jahre in dieser<br />
Region tätig und trug unter anderem dazu bei, dass<br />
(mit Ausnahme von Kasa<strong>ch</strong>stan) diese Staaten in<br />
den internationalen Finanzinstituten Aufnahme<br />
fanden: Dem Internationalen Währungsfonds, der<br />
<strong>Welt</strong>bank und der Europäis<strong>ch</strong>en Bank für Wiederaufbau<br />
und Entwicklung.<br />
Heute engagiert si<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz insbesondere in<br />
Kirgistan und Tads<strong>ch</strong>ikistan sowie in geringerem<br />
Ausmass in Usbekistan. Zwar hat jedes Land na<strong>ch</strong><br />
dem Zusammenbru<strong>ch</strong> der Sowjetunion einen eigenen<br />
Weg in die <strong>Un</strong>abhängigkeit bes<strong>ch</strong>ritten,<br />
do<strong>ch</strong> geografis<strong>ch</strong>e Gegebenheiten – insbesondere<br />
die land- und wasserwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Verzahnung<br />
der Länder dur<strong>ch</strong> drei grosse, gemeinsame Flüsse<br />
– beeinflussen die Entwicklung der ganzen Region.<br />
Deshalb ist die Zusammenarbeit der DEZA<br />
und des SECO in einem Regionalprogramm zusammengefasst,<br />
wel<strong>ch</strong>es sowohl länderübergreifende<br />
als au<strong>ch</strong> bilaterale Projekte beinhaltet.<br />
Das Budget für dieses Regionalprogramm beläuft<br />
si<strong>ch</strong> 2008 auf 37 Millionen Franken, wobei auf die<br />
DEZA 20,5 Millionen und das SECO 16,5 Millionen<br />
entfallen. In der Kooperationsstrategie sind bis<br />
2010 folgende thematis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>werpunktberei<strong>ch</strong>e<br />
festgelegt, in denen – jeweils au<strong>ch</strong> in Kirgistan –<br />
entspre<strong>ch</strong>ende Projekte laufen:<br />
Wasserbewirts<strong>ch</strong>aftung und Reduktion des<br />
Risikos von Naturkatastrophen: Vers<strong>ch</strong>iedenste<br />
Projekte – u.a. das Integrierte Wasserressourcenmanagement-Projekt<br />
– zielen auf den gere<strong>ch</strong>ten<br />
Zugang zu Bewässerungswasser für Bauern ab.<br />
Neben einer verbesserten Produktivität der Landwirts<strong>ch</strong>aft<br />
wird damit au<strong>ch</strong> Konfliktprävention<br />
errei<strong>ch</strong>t. Da die Region regelmässig von Naturkatastrophen<br />
wie Erdbeben, Lawinen und Übers<strong>ch</strong>wemmungen<br />
heimgesu<strong>ch</strong>t wird, sind Massnahmen<br />
zur Prävention wi<strong>ch</strong>tig. Die Humanitäre<br />
Hilfe der DEZA unterstützt sowohl Präventionsprojekte<br />
als au<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e zur Vorbereitung der<br />
Bevölkerung auf ni<strong>ch</strong>t zu verhindernde Umweltereignisse.<br />
Gesundheit: Es werden Reformen bei der Gesundheitsversorgung<br />
unterstützt, damit diese für die<br />
gesamte Bevölkerung zugängli<strong>ch</strong> wird und eine<br />
annehmbare Qualität errei<strong>ch</strong>t.<br />
Öffentli<strong>ch</strong>e Institutionen und Dienstleistungen:<br />
Im Vordergrund steht der S<strong>ch</strong>utz der<br />
zivilen und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>te (etwa mit<br />
einem Re<strong>ch</strong>tsberatungsdienst für den gesi<strong>ch</strong>erten<br />
Thomas Grabka/laif<br />
Zugang der ländli<strong>ch</strong>en Bevölkerung zum Re<strong>ch</strong>tssystem),<br />
indem die Zivilgesells<strong>ch</strong>aft und die Behörden<br />
unterstützt werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig will man<br />
damit die öffentli<strong>ch</strong>en Dienstleistungen für die<br />
Bevölkerung transparenter und effizienter gestalten.<br />
Basisinfrastruktur: In diesem Berei<strong>ch</strong> werden<br />
die na<strong>ch</strong>haltige und ers<strong>ch</strong>wingli<strong>ch</strong>e Nutzung von<br />
Trinkwasser (ländli<strong>ch</strong>e und städtis<strong>ch</strong>e Trinkwasserversorgung)<br />
und Energie (Wasserkraftwerke) unterstützt<br />
sowie bes<strong>ch</strong>ädigte Infrastruktur instand gestellt.<br />
Privatsektorentwicklung: Dieser auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
vom SECO betreute Berei<strong>ch</strong> unterstützt den Privatsektor<br />
unter besonderer Bea<strong>ch</strong>tung der kleinen<br />
und mittleren <strong>Un</strong>ternehmen. So werden etwa die<br />
Produktion und die Vermarktung von Bio-Baumwolle<br />
unterstützt. Glei<strong>ch</strong>zeitig wird der Handelsund<br />
Bankensektor gefördert.<br />
Ausserdem läuft in Kirgistan, Tads<strong>ch</strong>ikistan und<br />
Usbekistan seit 1998 ein erfolgrei<strong>ch</strong>es Projekt im<br />
Berei<strong>ch</strong>e Kunst und Kultur. Mit der <strong>Un</strong>terstützung<br />
von zentralasiatis<strong>ch</strong>em Kunsts<strong>ch</strong>affen – vom<br />
Bau traditioneller Instrumente über das Theater bis<br />
hin zum Kunsthandwerk – werden die kulturelle<br />
Vielfalt, aber au<strong>ch</strong> der Zusammenhalt dieser jungen<br />
Nationen mit einer Vielzahl von ethnis<strong>ch</strong>en<br />
Gruppen gefördert. ■<br />
Kirgistan<br />
Vielvölkerstaat<br />
Der zentralasiatis<strong>ch</strong>e Staat<br />
Kirgistan, an der Grenze<br />
zu China gelegen, ist von<br />
den Ho<strong>ch</strong>gebirgen des<br />
Tien S<strong>ch</strong>an und Ausläufern<br />
des Pamirs dur<strong>ch</strong>zogen.<br />
Knapp 5 Millionen Mens<strong>ch</strong>en<br />
leben auf 200 000<br />
Quadratmetern. Die offiziellen<br />
Zahlen sind mit Vorsi<strong>ch</strong>t<br />
zu geniessen. Viele Tausende<br />
su<strong>ch</strong>en als Fremdarbeiter<br />
auf den Baustellen<br />
in Kasa<strong>ch</strong>stan oder Russland<br />
Arbeit und Auskommen.<br />
Man s<strong>ch</strong>ätzt, dass<br />
über eine halbe Million kirgisis<strong>ch</strong>e<br />
Staatsbürger ausserhalb<br />
des Landes leben.<br />
Kirgistan ist ein Vielvölkerstaat.<br />
Kirgisen, Usbeken,<br />
Russen, Deuts<strong>ch</strong>e, Tataren,<br />
und viele andere Völkers<strong>ch</strong>aften<br />
bewohnen das<br />
Land. Über 75 Prozent der<br />
Mens<strong>ch</strong>en sind muslimis<strong>ch</strong>en<br />
Glaubens. Die politis<strong>ch</strong>e<br />
Lands<strong>ch</strong>aft ist seit<br />
jeher geteilt zwis<strong>ch</strong>en den<br />
kirgisis<strong>ch</strong>en Klaneliten aus<br />
dem Norden und jenen aus<br />
dem Süden des Landes.<br />
Diese Trennung bestimmt<br />
die politis<strong>ch</strong>en Auseinandersetzungen<br />
im Lande.<br />
Das Bruttosozialprodukt<br />
liegt bei 1600 Franken<br />
pro Jahr und Person.<br />
Das Land ist aber mit über<br />
2 Milliarden Franken vers<strong>ch</strong>uldet.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 19
20<br />
Shaarbek Amankul ist<br />
Direktor des Bishkek Art<br />
Center in Kirgistan und<br />
glei<strong>ch</strong>zeitig selbstständiger<br />
Kunsts<strong>ch</strong>affender. Als<br />
Mitglied des kirgisis<strong>ch</strong>en<br />
Künstlerverbands und der<br />
Ceramic Academy in Genf<br />
hat er ein breites globales<br />
Netzwerk aufgebaut und<br />
weltweit an diversen<br />
Bildungsprogrammen und<br />
Seminaren teilgenommen.<br />
Ausserdem war er Leiter<br />
und Teilnehmer an mehreren<br />
Symposien und Ausstellungen<br />
in Zentralasien,<br />
Europa und den USA.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Stimme aus... Kirgistan<br />
Viel wi<strong>ch</strong>tiger ist die Frage, wo der<br />
Mens<strong>ch</strong> Anerkennung findet<br />
Die grossen, au<strong>ch</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Veränderungen<br />
der letzten 15 Jahren in Kirgistan haben si<strong>ch</strong> hier<br />
auf alle Künstler fatal ausgewirkt. Innerhalb kürzester<br />
Zeit haben wir unsere Existenzgrundlage<br />
verloren. Es entstand eine absolute <strong>Un</strong>si<strong>ch</strong>erheit<br />
darüber, was morgen passieren wird. Positiv war gewiss<br />
die Erlangung der Freiheit. <strong>Eine</strong> Zeit lang<br />
konnte au<strong>ch</strong> i<strong>ch</strong> sie geniessen. Sie wurde aber immer<br />
wieder dur<strong>ch</strong> die Notwendigkeit getrübt, das<br />
tägli<strong>ch</strong>e Brot zu verdienen. Die grösste Freiheit<br />
bestand für mi<strong>ch</strong> in der Öffnung der Grenzen. I<strong>ch</strong><br />
fing an zu reisen und Kunst zu s<strong>ch</strong>affen au<strong>ch</strong> ausserhalb<br />
der ehemaligen Sowjetunion. Der Zugang<br />
zu neuen Informationen und Orientierung auf andere<br />
Länder eröffneten mir ganz andere Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
– i<strong>ch</strong> begann, die <strong>Welt</strong> für mi<strong>ch</strong> neu zu entdecken<br />
und stand ni<strong>ch</strong>t mehr ausserhalb.<br />
Vor dem Eintreffen des Sozialismus waren die Kirgisen<br />
ein freies, zentralasiatis<strong>ch</strong>es Nomadenvolk mit<br />
eigenständiger Kultur. Elemente dieses Kulturerbes<br />
habe i<strong>ch</strong> in meine Skulpturen, Objekte und<br />
später Installationen, Videos und Performances<br />
aufgenommen. Dieser Versu<strong>ch</strong>, das Kulturerbe<br />
vergangener Zeiten mit aktuellen Ereignissen und<br />
dem heutigen Leben zu verbinden, ist für mi<strong>ch</strong><br />
von grosser Bedeutung. Es ist die Grundlage meiner<br />
Erfahrungen. Zuglei<strong>ch</strong> ist mit der si<strong>ch</strong> öffnenden<br />
Kunst die Frage na<strong>ch</strong> der Herkunft ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
so wi<strong>ch</strong>tig. Wi<strong>ch</strong>tiger ist die Frage, wo der Künstler<br />
oder einfa<strong>ch</strong> der Mens<strong>ch</strong> Anerkennung findet<br />
und wie und wo i<strong>ch</strong> jetzt etwas verwirkli<strong>ch</strong>en<br />
kann. Für mi<strong>ch</strong> ist ni<strong>ch</strong>t ents<strong>ch</strong>eidend, wo i<strong>ch</strong> ar-<br />
Arif Asci/TCS/laif<br />
beite. Meine innere <strong>Welt</strong> ist stets mit mir, und darum<br />
fühle i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> an jedem Ort wie zu Hause.<br />
Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> ist au<strong>ch</strong> das eine Folge meiner<br />
nomadis<strong>ch</strong>en Herkunft.<br />
Heute ist die visuelle Kunst Kirgistans, wie die<br />
ganze postsowjetis<strong>ch</strong>e Kultur, auf der Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong><br />
nationaler und kultureller Identität. Sie teilt si<strong>ch</strong> in<br />
traditionelle, innovative, atavisiert-sowjetis<strong>ch</strong>e und<br />
andere Anhäufungen der «neuen» Gesells<strong>ch</strong>aft, in<br />
der si<strong>ch</strong> nationale Traditionen mit westli<strong>ch</strong>en Werten<br />
vermis<strong>ch</strong>en – das Ganze wird mit einer revolutionären<br />
Prise gewürzt. Es ist ein komplizierter<br />
viels<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tiger Prozess, der mehrere Aufgaben zuglei<strong>ch</strong><br />
lösen will. <strong>Eine</strong>rseits ist es die Notwendigkeit,<br />
kulturelle Traditionen zu bewahren, andererseits<br />
einer Offenheit gegenüber der ganzen <strong>Welt</strong>.<br />
Hier die <strong>Welt</strong>kunst in all ihrer Vielfältigkeit, dort<br />
die Notwendigkeit, eine eigene <strong>Welt</strong> zu s<strong>ch</strong>affen,<br />
na<strong>ch</strong> einer dieser <strong>Welt</strong> adäquaten künstleris<strong>ch</strong>en<br />
Geste zu su<strong>ch</strong>en, na<strong>ch</strong> einer genauen und ausdrucksstarken<br />
Form zum Erfassen einer Problematik,<br />
die si<strong>ch</strong> erst gerade ausbreitet. Von der Aktualität<br />
gestellte Aufgaben erfordern tiefe und radikale<br />
Wandlungen im Bewusstsein. Gründe dazu<br />
gibt es genug, darunter der Verlust sozialer und geistiger<br />
Stützen, die Verzerrung von Lebenswerten, das<br />
fehlende Erfolgserlebnis. Statt dessen dominieren<br />
in der Gesells<strong>ch</strong>aft Beunruhigung,Angst,Ausweglosigkeit,<br />
soziales Auseinanderdriften, Erbostheit,<br />
Aggressivität, geistiges <strong>Un</strong>wohlsein.<br />
In letzter Zeit habe i<strong>ch</strong> immer öfter Gelegenheiten,<br />
na<strong>ch</strong> Europa und in die USA zu reisen und<br />
mit Künstlern aus vers<strong>ch</strong>iedenen Ländern zusammen<br />
zu arbeiten, die Interesse an unserer Kultur<br />
bekunden. Dieses Aufeinandertreffen vielfältiger<br />
Ansi<strong>ch</strong>ten und unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er kultureller Erfahrungen<br />
führt zur besseren Verständigung – au<strong>ch</strong><br />
wenn jeder Einzelne ganz anders ist, anders denkt<br />
und lebt und si<strong>ch</strong> in seine eigene Ri<strong>ch</strong>tung entwickelt.<br />
Das Treffen mit anderen Künstlern hilft<br />
mir oft, meine Ideen zu klären und zusätzli<strong>ch</strong> zu<br />
überprüfen. Wenn i<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Standpunkte<br />
kenne, darunter Standpunkte von Vertretern<br />
anderer Kulturen, gelingt es mir s<strong>ch</strong>neller, an<br />
das Wesentli<strong>ch</strong>e heranzukommen, an das Wi<strong>ch</strong>tige,<br />
an das, was die ganze Mens<strong>ch</strong>heit angeht. ■<br />
(Aus dem Russis<strong>ch</strong>en)
Anfang Mai habe i<strong>ch</strong> meine Arbeit als Direktor der<br />
DEZA begonnen. Seither ist kaum ein Tag vergangen<br />
ohne spannende Begegnungen, Auseinandersetzungen<br />
und Entdeckungen. Es ist die faszinierendste<br />
Aufgabe, die i<strong>ch</strong> mir vorstellen kann.<br />
Fast glei<strong>ch</strong>zeitig mit meinem Arbeitsantritt hat die<br />
parlamentaris<strong>ch</strong>e Diskussion über die neue einheitli<strong>ch</strong>e<br />
Strategie der Entwicklungszusammenarbeit<br />
und den neuen Rahmenkredit begonnen.<br />
Zum ersten Mal verfügen DEZA und SECO über<br />
glei<strong>ch</strong>e Leitlinien.<br />
Die strategis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>werpunkte sind einfa<strong>ch</strong> zu<br />
merken: Verminderung der Armut, Förderung<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>erheit und Reduktion von Si<strong>ch</strong>erheitsrisiken<br />
sowie Gestaltung einer entwicklungsfördernden<br />
Globalisierung.<br />
Die Herausforderung ist aber ni<strong>ch</strong>t die Formulierung<br />
und Darstellung der Strategie, sondern ihre<br />
Umsetzung in praktis<strong>ch</strong>e Ergebnisse, die Partnerländern<br />
und vor allem einzelnen Mens<strong>ch</strong>en nützt.<br />
Zu diesem Zweck unterzieht si<strong>ch</strong> die DEZA zur<br />
Zeit einer gründli<strong>ch</strong>en Reorganisation.<br />
Es war ein positives Zei<strong>ch</strong>en, dass der Nationalrat<br />
vor der Sommerpause die Vorlagen ohne Gegenstimme<br />
gutgeheissen hat. Die Zustimmung ist ein<br />
Ansporn, was bisher gut gema<strong>ch</strong>t wurde, no<strong>ch</strong><br />
besser zu ma<strong>ch</strong>en. I<strong>ch</strong> freue mi<strong>ch</strong> auf diese Herausforderung.<br />
Das Thema dieser Nummer erinnert mi<strong>ch</strong> an die<br />
Zeit, als i<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> Direktor des Genfer Minenzentrums<br />
war und oft die <strong>Mekong</strong>-Region besu<strong>ch</strong>te.<br />
Mit dem Bots<strong>ch</strong>aftertitel, Rucksack und Wasser-<br />
DEZA-Standpunkt<br />
Praktis<strong>ch</strong>e Ergebnisse zählen<br />
flas<strong>ch</strong>e war i<strong>ch</strong> unterwegs oder steckte au<strong>ch</strong> mal<br />
in sengender Hitze in der S<strong>ch</strong>utzausrüstung im Minenfeld.<br />
Wie kaum eine andere Gegend sind Laos, Kambods<strong>ch</strong>a<br />
und Vietnam von Spuren vergangener<br />
Konflikte geprägt. Wie Narben liegen Minen und<br />
Blindgänger in der Lands<strong>ch</strong>aft. Die vergangenen<br />
Konflikte haben si<strong>ch</strong> aber au<strong>ch</strong> ins Denken und in<br />
die Erinnerungen der Bevölkerung eingegraben<br />
und sind bis heute eine Last für die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Entwicklung in ländli<strong>ch</strong>en<br />
Gegenden.<br />
Das beginnt si<strong>ch</strong> nun zu ändern. Erfolge in der Armutsbekämpfung<br />
und in den wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Reformen<br />
verwandeln die Region. Neue Formen der<br />
Zusammenarbeit sind am entstehen. Die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e<br />
Entwicklungszusammenarbeit trägt zu<br />
diesem Wandel bei. ■<br />
Martin Dahinden<br />
Direktor der DEZA<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 21<br />
D E Z A
22<br />
S<strong>ch</strong>weiz und Indien:<br />
Zusammenarbeit mit<br />
Zukunft<br />
Die S<strong>ch</strong>weiz unterstützt<br />
Indien seit 1958. Die DEZA<br />
ist seit 1963 mit Programmen<br />
aktiv, die vorab auf<br />
die Verbesserung der<br />
Lebensbedingungen und<br />
der Re<strong>ch</strong>te armer Bevölkerungsgruppen<br />
abzielen.<br />
Gemeinsam mit indis<strong>ch</strong>en<br />
Partnern wurden unter anderem<br />
im Landwirts<strong>ch</strong>aftsberei<strong>ch</strong><br />
und in der Entwicklung<br />
neuer Umweltte<strong>ch</strong>nologien<br />
bea<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Erfolge<br />
erzielt. Mittlerweile ist<br />
Indien ni<strong>ch</strong>t nur ein politis<strong>ch</strong>es,<br />
sondern au<strong>ch</strong> ein<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es S<strong>ch</strong>wergewi<strong>ch</strong>t.<br />
Vor diesem Hintergrund<br />
reduziert die<br />
S<strong>ch</strong>weiz ihr finanzielles<br />
Engagement und ri<strong>ch</strong>tet<br />
si<strong>ch</strong> thematis<strong>ch</strong> neu aus.<br />
Neben dem S<strong>ch</strong>werpunkt<br />
Energie und Klima, wird die<br />
DEZA si<strong>ch</strong> auf Wissensmanagement,<br />
Süd-Süd-<br />
Zusammenarbeit und<br />
Gouvernanz konzentrieren.<br />
Das Finanzvolumen wird<br />
von rund 16 Millionen<br />
Franken (2007) bis 2010<br />
auf a<strong>ch</strong>t Millionen pro Jahr<br />
reduziert.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Von Holz zu Gas zu Strom<br />
Indien boomt, das ehemalige Armenhaus Asiens wird zur Wirts<strong>ch</strong>aftsma<strong>ch</strong>t.<br />
Die Kehrseite: Rund 400 Millionen Mens<strong>ch</strong>en<br />
leben immer no<strong>ch</strong> in Armut. Widersprü<strong>ch</strong>e, die au<strong>ch</strong> Entwicklungsakteure<br />
herausfordern. Vor diesem Hintergrund gestaltet<br />
die S<strong>ch</strong>weiz ihr Indien-Engagement neu – mit Fokus auf Klima<br />
und Energie. Von Marie-Thérèse Karlen*.<br />
25 Kilometer von Pali aus, in einem hügeligen,<br />
di<strong>ch</strong>t bewaldeten Gebiet, liegt Jemara im Norden<br />
des indis<strong>ch</strong>en Gliedstaates Chhattisgarh. Ohne an<br />
ein öffentli<strong>ch</strong>es Netz anges<strong>ch</strong>lossen zu sein, haben<br />
die 617 Mens<strong>ch</strong>en von Jemara Strom. Es rei<strong>ch</strong>t für<br />
90 Haushalte, die Strassenbeleu<strong>ch</strong>tung, die S<strong>ch</strong>ule.<br />
Erzeugt wird der Strom dur<strong>ch</strong> einen «Gasifier»:<br />
eine Anlage, in der Holz so langsam verbrennt, dass<br />
dadur<strong>ch</strong> Gas entsteht, das gereinigt in einen Motor<br />
gelangt, der den Generator antreibt. «Diese<br />
Te<strong>ch</strong>nologie hat enormes Potenzial. In Jemara<br />
funktioniert das System seit drei Jahren. Allerdings<br />
kann das Ganze no<strong>ch</strong> verfeinert werden. Wir fors<strong>ch</strong>en<br />
weiter», sagt Jean-Bernard Dubois, Leiter des<br />
globalen Umweltprogrammes in der DEZA.<br />
Langjähriges Engagement im<br />
Umweltberei<strong>ch</strong><br />
Die «Gasifier»-Te<strong>ch</strong>nologie ist eine von mehreren<br />
Arten erneuerbarer Energiequellen, die die DEZA<br />
mit indis<strong>ch</strong>en Partnern testet. Das Ziel: Der Landbevölkerung<br />
Zugang zu Energie ermögli<strong>ch</strong>en, die<br />
diese si<strong>ch</strong> leisten kann und die zudem umweltverträgli<strong>ch</strong><br />
ist. «Klimawandel und Energie – beides hat<br />
eine wi<strong>ch</strong>tige Armutsdimension. Hier brau<strong>ch</strong>en die<br />
Ärmsten unsere <strong>Un</strong>terstützung heute doppelt. Ent-<br />
wicklung setzt den Zugang zu Energie voraus. Diese<br />
wiederum darf in Zeiten des Klimawandels die<br />
Umwelt ni<strong>ch</strong>t zusätzli<strong>ch</strong> belasten», erklärt Christoph<br />
Graf, Chef der DEZA-Sektion Südasien. Die<br />
S<strong>ch</strong>weiz unterstützt seit den 1990er Jahren Indien<br />
in der Entwicklung umweltfreundli<strong>ch</strong>er Te<strong>ch</strong>nologien.<br />
Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit TERI,<br />
dem Institut, dessen Direktor Rajendra K. Pa<strong>ch</strong>auri<br />
als Vorsitzender des <strong>Welt</strong>klimarates im letzten<br />
Jahr den Friedensnobelpreis erhielt. TERI und die<br />
NGO «Development Alternative» entwickelten<br />
mit S<strong>ch</strong>weizer <strong>Un</strong>terstützung unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />
Programme im Energieberei<strong>ch</strong>. So sind mittlerweile<br />
über hundert KMUs in den Berei<strong>ch</strong>en Backstein-<br />
und Glasherstellung sowie Giessereien auf<br />
energieeffiziente Te<strong>ch</strong>nologien umgestiegen. Bereits<br />
in den 1990er Jahren, als das Ozonlo<strong>ch</strong> die<br />
Umweltdebatte bestimmte, bra<strong>ch</strong>te die S<strong>ch</strong>weiz<br />
mit dem indis<strong>ch</strong>en Industrieunternehmen Godrej<br />
Kühls<strong>ch</strong>ränke auf den Markt, die ohne ozons<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong>esFluor-Chlor-Kohle-Wasserstoff-Gemis<strong>ch</strong><br />
(FCKW) auskommen.<br />
Aus dieser Art Engagement resultieren der rei<strong>ch</strong>e<br />
Erfahrungshintergrund der DEZA im Umweltberei<strong>ch</strong><br />
und das di<strong>ch</strong>te Netz von Partnern aus<br />
Miryam Graf (3)
Wissens<strong>ch</strong>aft, Industrie, Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />
und Regierungskreisen.<br />
Energie für 125 000 indis<strong>ch</strong>e Dörfer<br />
«Die S<strong>ch</strong>weiz hat über die Jahrzehnte hinweg in<br />
Indien ein wi<strong>ch</strong>tiges Vertrauensverhältnis aufgebaut<br />
und geniesst heute als Partnerin hohe Glaubwürdigkeit»,<br />
umreisst François Binder seine Erfahrung.<br />
Er leitet das DEZA-Koordinationsbüro in<br />
Delhi, wo vor kurzem die indis<strong>ch</strong>e NTPC (National<br />
Thermal Power Corporation) angeklopft<br />
hat. Die staatli<strong>ch</strong>e Gesells<strong>ch</strong>aft ist die grösste Energieproduzentin<br />
Indiens.<br />
Ein Milliardenvolk mit Energie zu versorgen ist<br />
eine immense Aufgabe. Indien deckt heute seinen<br />
Bedarf zu 70 Prozent dur<strong>ch</strong> Importe. Als Verursa<strong>ch</strong>er<br />
von Treibhausgasen belegt das Land weltweit<br />
den dritten Platz. <strong>Un</strong>d no<strong>ch</strong> immer sind<br />
s<strong>ch</strong>ätzungsweise 125 000 Dörfer ohne Strom. Dies<br />
wird si<strong>ch</strong> so bald au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ändern, liegen sie do<strong>ch</strong><br />
zu abgelegen. Deshalb su<strong>ch</strong> NTPC na<strong>ch</strong> Lösungen,<br />
um die ärmsten Dörfer mit dezentralen, erneuerbaren<br />
Energiequellen zu versorgen. Die<br />
DEZA soll sie im Berei<strong>ch</strong> Energiegewinnung<br />
dur<strong>ch</strong> Biomasse (z.B. «Gasifier»-Te<strong>ch</strong>nologie) aber<br />
au<strong>ch</strong> in der Förderung der Wasserkraft unterstützen.<br />
«Zusammenarbeit dieser Art bietet der S<strong>ch</strong>weiz interessante<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten, öffnet neue Türen. Indien<br />
brau<strong>ch</strong>t heute allem voran neue Te<strong>ch</strong>nologien,<br />
die umweltfreundli<strong>ch</strong> und sozialverträgli<strong>ch</strong> sind»,<br />
erklärt Christoph Graf. Diese Eins<strong>ch</strong>ätzung teilt<br />
François Binder in Delhi: «Die indis<strong>ch</strong>e Regierung<br />
verfügt über enorme Ressourcen, um die Armutsbekämpfung<br />
selber anzugehen. Sie brau<strong>ch</strong>t keine<br />
Finanzhilfe im herkömmli<strong>ch</strong>en Sinn mehr. Indien<br />
ist vielmehr auf Wissen angewiesen, in Gebieten<br />
in denen das Land selber kaum oder gar kein<br />
Know-how besitzt.»<br />
Ausgewogene Partners<strong>ch</strong>aft<br />
Die «Beziehung auf glei<strong>ch</strong>er Augenhöhe» zwis<strong>ch</strong>en<br />
der S<strong>ch</strong>weiz und Indien (siehe Randspalte)<br />
birgt Chancen für beide Seiten. Christoph Graf<br />
verspri<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> einiges von der Neuausri<strong>ch</strong>tung:<br />
«Hier setzt die DEZA einen neuen Ansatz um.<br />
Ein thematis<strong>ch</strong>es Programm, das auf andere fortges<strong>ch</strong>rittene<br />
Entwicklungsländer übertragen werden<br />
kann. Ideal wäre natürli<strong>ch</strong>, wenn dies über<br />
Süd-Süd-Zusammenarbeit ges<strong>ch</strong>ieht.» Allerdings,<br />
s<strong>ch</strong>ränkt er ein, dürfe man die politis<strong>ch</strong>en Vorzei<strong>ch</strong>en<br />
ni<strong>ch</strong>t vergessen. «Dass Know-how von Indien<br />
na<strong>ch</strong> Banglades<strong>ch</strong> fliesst, ist gut mögli<strong>ch</strong>. <strong>Eine</strong><br />
Zusammenarbeit zwis<strong>ch</strong>en Indien und Pakistan<br />
dürfte si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wieriger gestalten.»<br />
Mit ihrem starken Fokus auf Klima und Energie<br />
unterstützt die DEZA den aufstrebenden Giganten<br />
Indien, alternative Energieressourcen zu ers<strong>ch</strong>liessen.<br />
Damit dient sie in erster Linie der armen<br />
Landbevölkerung Indiens. Glei<strong>ch</strong> dana<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong><br />
selbst, weil sie daraus wi<strong>ch</strong>tige Lehren ziehen und<br />
neue Kontakte knüpfen kann. <strong>Un</strong>d s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> beteiligt<br />
sie si<strong>ch</strong> an der Lösung eines globalen Problems:<br />
den Auswirkungen des Klimawandels. Der<br />
ma<strong>ch</strong>t bekanntli<strong>ch</strong> an keiner Grenze Halt, weder<br />
an jener zu Indien no<strong>ch</strong> an jener zur S<strong>ch</strong>weiz. ■<br />
*Marie-Thérèse Karlen ist Programmbeauftragte bei der<br />
Sektion Entwicklungspolitik der DEZA und hat die Region<br />
im Rahmen einer Dienstreise besu<strong>ch</strong>t.<br />
Nur ein Viertel profitiert<br />
vom Boom<br />
Indien ist mit seinen 1,1<br />
Milliarden Mens<strong>ch</strong>en die<br />
weltweit grösste Demokratie.<br />
Im südasiatis<strong>ch</strong>en<br />
Raum ist das Land einer<br />
der wi<strong>ch</strong>tigsten politis<strong>ch</strong>en<br />
Akteure. Au<strong>ch</strong> auf internationaler<br />
Ebene gewinnt<br />
Indien im Verbund mit anderen<br />
S<strong>ch</strong>wellenländern<br />
zunehmend an Einfluss.<br />
Der in den 1990er Jahren<br />
einsetzende Wirts<strong>ch</strong>aftsboom<br />
setzt si<strong>ch</strong> ungebro<strong>ch</strong>en<br />
fort. Die indis<strong>ch</strong>e<br />
Wirts<strong>ch</strong>aft wä<strong>ch</strong>st pro Jahr<br />
um sieben bis neun Prozent.<br />
Die Kehrseite: Vom<br />
Boom profitieren nur rund<br />
260 Millionen Mens<strong>ch</strong>en –<br />
ein Viertel der Bevölkerung.<br />
60 Prozent leben<br />
immer no<strong>ch</strong> von der<br />
Landwirts<strong>ch</strong>aft. Dieser<br />
Sektor erwirts<strong>ch</strong>aftete<br />
2007 nur 17,5 Prozent des<br />
Bruttonationaleinkommens.<br />
Indien ist immer no<strong>ch</strong> das<br />
Land mit der grössten Zahl<br />
an Armen: 385 Millionen<br />
Mens<strong>ch</strong>en leben mit weniger<br />
als einem Dollar pro<br />
Tag. Die <strong>Un</strong>terernährung<br />
von Kindern unter fünf<br />
Jahren ist in den letzten<br />
Jahren von 45 auf 47<br />
Prozent gestiegen (China:<br />
8 Prozent; Simbabwe:<br />
13 Prozent).<br />
Faszination S<strong>ch</strong>weiz-<br />
Indien<br />
Der Publizist und ehemalige<br />
Ges<strong>ch</strong>äftsleiter von<br />
Alliance Sud Ri<strong>ch</strong>ard<br />
Gerster vermittelt in seinem<br />
Bu<strong>ch</strong> «Swissness made in<br />
India» einen breit angelegten<br />
Einblick in die Entwicklungszusammenarbeit<br />
zwis<strong>ch</strong>en der S<strong>ch</strong>weiz<br />
und Indien, dokumentiert<br />
Erfahrungen, Erfolge und<br />
Misserfolge der bisherigen<br />
Zusammenarbeit und zeigt<br />
Zukunftsperspektiven auf.<br />
«Swissness made in India»<br />
von Ri<strong>ch</strong>ard Gerster, Orell<br />
Füssli Verlag Züri<strong>ch</strong> 2008<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 23
24<br />
Rückkehr von<br />
Flü<strong>ch</strong>tlingen<br />
Das ganz im Norden gelegene<br />
Lofa ist eine der am<br />
meisten vom Bürgerkrieg<br />
betroffenen Verwaltungsregionen<br />
Liberias. Praktis<strong>ch</strong><br />
alle Bewohner flü<strong>ch</strong>teten<br />
in die Na<strong>ch</strong>barländer<br />
oder in andere Landesregionen.<br />
Seit wieder<br />
Friede herrs<strong>ch</strong>t, sind sie<br />
auf Lastwagen der Vereinten<br />
Nationen in ihre Dörfer<br />
zurückgekehrt. Die DEZA<br />
unterstützte den Einsatz<br />
internationaler Hilfsorganisationen<br />
bei der Rückführung<br />
von Flü<strong>ch</strong>tlingen und<br />
Vertriebenen. Seit 2006<br />
setzt sie si<strong>ch</strong>, insbesondere<br />
in Lofa, au<strong>ch</strong> direkt<br />
für den Wiederaufbau von<br />
Liberia ein. Abgesehen<br />
vom Wiederaufbau des<br />
Tellewoyan-Spitals, der<br />
<strong>Un</strong>terstützung des Gesundheitswesens<br />
und<br />
der Instandsetzung von<br />
Strassen trägt das bilaterale<br />
Programm au<strong>ch</strong> zur<br />
Sanierung von S<strong>ch</strong>ulen bei<br />
und sorgt damit glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
bei den Handwerkern für<br />
Aufträge: S<strong>ch</strong>reiner wurden<br />
mit der Herstellung<br />
von S<strong>ch</strong>ulbänken beauftragt<br />
und Näherinnen<br />
s<strong>ch</strong>neidern S<strong>ch</strong>uluniformen.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Thoma Andres/DEZA<br />
Endli<strong>ch</strong> ein Spital für 440 000 Mens<strong>ch</strong>en<br />
Na<strong>ch</strong> vierzehn Jahren Bürgerkrieg und einer vollständig zerstörten<br />
Infrastruktur baut Liberia mit internationaler Hilfe sein<br />
Gesundheitssystem wieder auf. Die Humanitäre Hilfe der<br />
S<strong>ch</strong>weiz unterstützt diesen Kraftakt. Sie hat den Bau eines<br />
Krankenhauses in Voinjama, im Norden des Landes, finanziert<br />
und stellt während fünf Jahren den Betrieb si<strong>ch</strong>er.<br />
( jls) Wie viele andere Gebäude in Voinjama, dem<br />
Hauptort der Region Lofa, wurde das Tellewoyan-<br />
Spital während des Kriegs total zerstört. Es war das<br />
einzige Regionalspital für rund 440 000 Einwohner.<br />
Anfang 2006 begann die DEZA mit Wiederaufbau,<br />
Vergrösserung und Wiederinbetriebnahme.<br />
Die Bauarbeiten wurden unter der Leitung eines<br />
S<strong>ch</strong>weizer Ar<strong>ch</strong>itekten von lokalen Firmen dur<strong>ch</strong>geführt.<br />
Aufgrund des ers<strong>ch</strong>werten Zugangs zu<br />
Voinjama gestalteten sie si<strong>ch</strong> überaus aufwändig.<br />
Die Stadt ist während der Regenzeit vom Rest des<br />
Landes praktis<strong>ch</strong> abges<strong>ch</strong>nitten.<br />
Am 1. Mai dieses Jahr wurde das Spital eröffnet.<br />
Glei<strong>ch</strong>entags konnten neun Patienten aufgenommen<br />
werden und auf der Entbindungsstation kam<br />
ein Mäd<strong>ch</strong>en zur <strong>Welt</strong> – es wurde auf den Namen<br />
Tellewoyan getauft. In den kommenden fünf Jahren<br />
übernimmt die DEZA die Betriebskosten der<br />
Institution. «Der Regierung Liberias fehlen ni<strong>ch</strong>t<br />
nur die Mittel dazu, sondern au<strong>ch</strong> das notwendige<br />
Personal – das Land hat nur gerade dreissig<br />
Ärzte. Wir sind vorübergehend Stellvertreter der<br />
Behörden, die aber in den nä<strong>ch</strong>sten Jahren na<strong>ch</strong><br />
und na<strong>ch</strong> wieder die Verantwortung übernehmen»,<br />
erläutert Thomas Frey, Liberia-Projektleiter der<br />
DEZA. Mit der Verwaltung des Spitals beauftragt<br />
wurde die Organisation International Medical<br />
Corps, die kenianis<strong>ch</strong>e und äthiopis<strong>ch</strong>e Ärzte einsetzt.<br />
Verbindung des Spitals zu den<br />
Aussenposten<br />
Parallel dazu unterstützt die S<strong>ch</strong>weiz den Ausbau<br />
der medizinis<strong>ch</strong>en Grundversorgung, wel<strong>ch</strong>e<br />
dur<strong>ch</strong> vierzig abgelegene Gesundheitsposten auf<br />
dem Land si<strong>ch</strong>ergestellt wird. Zwis<strong>ch</strong>en Aussenposten<br />
und Krankenhaus wurde ein Kommunikationssystem<br />
eingeri<strong>ch</strong>tet. Das über Funk avisierte<br />
Tellewoyan-Spital kann so Patienten sein Ambulanzfahrzeug<br />
entgegens<strong>ch</strong>icken.<br />
Ein weiterer Teil des Programms ist der Instandsetzung<br />
überwu<strong>ch</strong>erter Zufahrtsstrassen gewidmet.<br />
Allerdings werden die meisten Kranken au<strong>ch</strong><br />
weiterhin zu Fuss Ri<strong>ch</strong>tung Voinjama gelangen.<br />
Wer ni<strong>ch</strong>t selbst gehen kann, wird von<br />
Angehörigen auf behelfsmässigen Bahren dur<strong>ch</strong><br />
die unwegsamen Wälder gebra<strong>ch</strong>t. <strong>Eine</strong> sol<strong>ch</strong>e<br />
Reise kann mehrere Tage dauern. ■<br />
(Aus dem Französis<strong>ch</strong>en)
DEZA wird umgebaut<br />
(jtm) Die DEZA wird grundlegend<br />
reorganisiert. Dies hat der<br />
neue Direktor Martin Dahinden<br />
anfangs Juni, rund einen Monat<br />
na<strong>ch</strong> seinem Amtsantritt bekannt<br />
gegeben. Die DEZA soll<br />
damit besser auf die Umsetzung<br />
der einheitli<strong>ch</strong>en entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en<br />
Strategie des Bundesrates<br />
vorbereitet werden. Ziel<br />
der Reform ist eine wirksamere<br />
und operationellere Ausri<strong>ch</strong>tung<br />
der DEZA. Ihre Präsenz im<br />
Terrain soll verstärkt und an die<br />
Kooperationsbüros mehr Verantwortung<br />
übertragen werden.<br />
Die Länderdienste, der thematis<strong>ch</strong>e<br />
und der multilaterale<br />
Berei<strong>ch</strong> der Entwicklungszusammenarbeit<br />
werden in einer<br />
neuen Struktur mit s<strong>ch</strong>lankeren<br />
Führungsstrukturen aufgehen,<br />
um Kohärenz si<strong>ch</strong>er zu stellen.<br />
Angestrebt wird zudem eine<br />
verbesserte Zusammenarbeit mit<br />
anderen Stellen des EDA und<br />
der Bundesverwaltung, um die<br />
vorhandenen Fa<strong>ch</strong>kenntnisse<br />
besser zur Geltung zu bringen.<br />
Die Reorganisation nimmt<br />
Forderungen aus der Ges<strong>ch</strong>äftsprüfungskommission<br />
und aus<br />
dem Parlament auf. <strong>Eine</strong> Vorgabe<br />
für den Abbau von Personal<br />
ist damit ni<strong>ch</strong>t verbunden.<br />
Bei den Mitarbeitenden sind die<br />
Reformpläne auf mehrheitli<strong>ch</strong><br />
positives E<strong>ch</strong>o gestossen, au<strong>ch</strong><br />
wenn im Einzelnen no<strong>ch</strong> viel<br />
Klärungsbedarf besteht. Mit der<br />
Reorganisation geht au<strong>ch</strong> eine<br />
thematis<strong>ch</strong>e Fokussierung einher.<br />
In der bilateralen Zusammenarbeit<br />
will die DEZA dort<br />
stärkere Akzente setzen, wo die<br />
Kernkompetenzen der S<strong>ch</strong>weiz<br />
liegen: Beispielsweise im Berei<strong>ch</strong><br />
der guten Regierungsführung,<br />
des Bildungswesens und des<br />
Managements natürli<strong>ch</strong>er<br />
Ressourcen. Vermehrt ins institutionelle<br />
Blickfeld rücken zudem<br />
globale Herausforderungen<br />
wie Klimawandel, Migration<br />
und Ernährungssi<strong>ch</strong>erheit.<br />
Was eigentli<strong>ch</strong> ist… Monitoring?<br />
(bf) Egal in wel<strong>ch</strong>em Berei<strong>ch</strong>, im natürli<strong>ch</strong>en Ablauf eines Projektes<br />
unters<strong>ch</strong>eidet man grundsätzli<strong>ch</strong> vier Prozesse: Planung,<br />
Umsetzung, Monitoring und zum S<strong>ch</strong>luss die Evaluation. Zuerst<br />
ist da eine Idee, dann wird diese umgesetzt und glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
laufend überprüft ob man auf Kurs ist, und am Ende s<strong>ch</strong>aut man<br />
au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong>, ob das Ziel errei<strong>ch</strong>t worden ist. Die Funktion des<br />
Monitorings besteht nun darin, einen Prozessverlauf na<strong>ch</strong> vorgegebenen<br />
Indikatoren zu beoba<strong>ch</strong>ten, bzw. die Voraussetzung<br />
für die Steuerung zu s<strong>ch</strong>affen, sofern si<strong>ch</strong> der Verlauf ni<strong>ch</strong>t entspre<strong>ch</strong>end<br />
der Planung entwickelt. Um dies erfolgrei<strong>ch</strong> ausführen<br />
zu können, legt man bereits in der Planung später überprüfbare<br />
Indikatoren fest, beispielsweise bezügli<strong>ch</strong> Finanzen, Personal,<br />
Kompetenzen, Materialen etc.. So gesehen, gibt es kein<br />
Monitoring ohne Planung und ohne Indikatoren. Die DEZA<br />
legt dabei au<strong>ch</strong> bereits in der Planungsphase je na<strong>ch</strong> Programm<br />
oder Projekt ein eher eng- oder weitmas<strong>ch</strong>iges Monitoring-<br />
System fest. Auf der Finanzebene werden beispielsweise Zahlungen<br />
sehr eng begleitet und einmal monatli<strong>ch</strong> überprüft,<br />
während auf der Resultatebene ein monatli<strong>ch</strong>es Überprüfen oft<br />
keinen Sinn ma<strong>ch</strong>t, weil si<strong>ch</strong> die Resultate erst viel später einstellen<br />
– beispielsweise bei einem Gesundheits- oder einem Bildungsprojekt.<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> muss man si<strong>ch</strong> beim Festlegen auf<br />
Jörgen S<strong>ch</strong>ytte/Still Pictures<br />
Einblick DEZA<br />
Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>sförderung unter<br />
der Lupe<br />
(vuc) Die DEZA evaluiert ihre<br />
Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>sförderung, die<br />
seit mehreren Jahren jungen<br />
Mens<strong>ch</strong>en Berufserfahrung in<br />
der internationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />
vermittelt.<br />
Die rund 30 Jahre alten JPO<br />
( Junior Professional Officers)<br />
müssen über einen <strong>Un</strong>iversitätsabs<strong>ch</strong>luss<br />
oder eine ebenbürtige<br />
Ausbildung und über mindestens<br />
ein Jahr Berufserfahrung<br />
na<strong>ch</strong> Studienabs<strong>ch</strong>luss verfügen.<br />
Ziel ist, kompetente Anwärter<br />
auf Funktionen bei der DEZA<br />
und ihren Partnerorganisationen<br />
vorzubereiten und ihnen operative<br />
Erfahrungen am Hauptsitz<br />
und in den Einsatzländern zu<br />
ermögli<strong>ch</strong>en. Die JPO-Ausbildung<br />
beginnt mit einem Jahr<br />
in der S<strong>ch</strong>weiz – am Sitz der<br />
DEZA oder einer NGO –, an<br />
das si<strong>ch</strong> ein zwei bis drei Jahre<br />
dauerndes Auslandengagement<br />
in einem Projekt oder einem<br />
Kooperationsbüro der DEZA,<br />
einer NGO oder einer internationalen<br />
Organisation ans<strong>ch</strong>liesst.<br />
Jedes Jahr sind rund vierzig<br />
Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>skräfte im einen<br />
oder anderen Stadium ihrer<br />
Ausbildung engagiert. Mehrere<br />
der JPO wurden na<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>luss<br />
ihrer Ausbildung von der DEZA<br />
angestellt, in den letzten Jahren<br />
insgesamt 44, davon 31 Frauen;<br />
die übrigen verteilten si<strong>ch</strong> auf<br />
internationale Organisationen<br />
und Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen.<br />
Nä<strong>ch</strong>stens evaluiert die<br />
DEZA ihre Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>sförderung.<br />
Bis die Resultate bekannt<br />
sind, werden deshalb keine<br />
neuen Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>skräfte rekrutiert.<br />
Elf der zuletzt aufgenommenen<br />
JPO sind Frauen, vier<br />
sind Männer.<br />
ein Monitoringsystem immer au<strong>ch</strong> die Kosten/Nutzen-Frage<br />
stellen. Die Praxis zeigt nämli<strong>ch</strong>, dass zu komplexe Monitoring-<br />
Systeme langfristig wenig Mehrwert s<strong>ch</strong>affen.<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
25
F O R U M<br />
26<br />
Public Private<br />
Partnership<br />
Die deuts<strong>ch</strong>e Entwicklungsagentur<br />
GTZ definiert<br />
Public Private Partnerships<br />
als «Projekte, bei denen<br />
betriebswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Interessen der <strong>Un</strong>ternehmen<br />
mit entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en<br />
Zielen kombiniert<br />
werden». In anderen<br />
Worten: Es sind Partners<strong>ch</strong>aften<br />
zwis<strong>ch</strong>en staatli<strong>ch</strong>en<br />
Institutionen und<br />
der Privatwirts<strong>ch</strong>aft in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit.<br />
PPDP und die DEZA<br />
Die DEZA arbeitet seit<br />
Jahren in ihren Partnerländern<br />
im Berei<strong>ch</strong> der<br />
<strong>Un</strong>ternehmensförderung<br />
mit lokalen Privaten zusammen.<br />
Neueren Datums<br />
hingegen ist, dass sie au<strong>ch</strong><br />
aktiv die Zusammenarbeit<br />
mit grossen S<strong>ch</strong>weizer<br />
<strong>Un</strong>ternehmen und transnationalen<br />
Firmen su<strong>ch</strong>t. Sie<br />
folgt dabei dem von der<br />
UNO und dem Global<br />
Compact lancierten Trend<br />
einer vermehrten Zusammenarbeit<br />
zwis<strong>ch</strong>en öffentli<strong>ch</strong>enEntwicklungsagenturen<br />
und der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />
in der Armutsbekämpfung.<br />
Mit einer neuen Strategie<br />
zu Public Private Development<br />
Partnerships formuliert<br />
die DEZA 2008 Zielsetzungen<br />
und Rahmenbedingungen<br />
sol<strong>ch</strong>er<br />
Partners<strong>ch</strong>aften, um künftig<br />
sol<strong>ch</strong> neue Formen und<br />
Instrumente der öffentli<strong>ch</strong>privaten<br />
Zusammenarbeit<br />
im Entwicklungsberei<strong>ch</strong><br />
gezielt nutzen zu können.<br />
Dabei engagiert sie si<strong>ch</strong><br />
sowohl als Partnerin als<br />
au<strong>ch</strong> als Vermittlerin bei<br />
der Förderung von Partners<strong>ch</strong>aften<br />
und Netzwerken<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
www.sdc.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/de/Ho<br />
me/Themen/Wirts<strong>ch</strong>aft_und<br />
_Bes<strong>ch</strong>aeftigung/Privatsekt<br />
orbeteiligung<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
SSACI<br />
Public Private Partnership – Gewinn<br />
für wen?<br />
Projektinitiativen mit dem magis<strong>ch</strong>en Label PPP für Public Private<br />
Partnership sind en vogue. Bringen diese Partners<strong>ch</strong>aften<br />
zwis<strong>ch</strong>en öffentli<strong>ch</strong>-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Institutionen und der Privatwirts<strong>ch</strong>aft<br />
tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> den Dur<strong>ch</strong>bru<strong>ch</strong> im Kampf gegen die Armut?<br />
Von Gabriela Neuhaus.<br />
Die Argumente, die für eine Partners<strong>ch</strong>aft zwis<strong>ch</strong>en<br />
staatli<strong>ch</strong>en Institutionen und der Privatwirts<strong>ch</strong>aft<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit spre<strong>ch</strong>en, liegen<br />
auf der Hand. Gelingt es, private Geldgeber für<br />
den Kampf gegen die Armut zu gewinnen, fliessen<br />
zusätzli<strong>ch</strong>e finanzielle Mittel; Synergien können<br />
genutzt und Entwicklungsprojekte besser mit<br />
der «realen Wirts<strong>ch</strong>aft» vernetzt werden. Damit erhöht<br />
si<strong>ch</strong> die Chance, dass sol<strong>ch</strong>e Projekte mittelfristig<br />
selbsttragend sind und ni<strong>ch</strong>t mehr subventioniert<br />
werden müssen.<br />
Kritiker hingegen befür<strong>ch</strong>ten eine Instrumentalisierung<br />
der Entwicklungszusammenarbeit, die<br />
letztli<strong>ch</strong> vor allem der Privatwirts<strong>ch</strong>aft in der industrialisierten<br />
<strong>Welt</strong> nützt, statt den Armen. «Na<strong>ch</strong>dem<br />
die Integrationspolitik von <strong>Welt</strong>bank und<br />
IWF in den Entwicklungsländern ges<strong>ch</strong>eitert ist,<br />
wird nun versu<strong>ch</strong>t, das westli<strong>ch</strong>e Wirts<strong>ch</strong>aftsmodell<br />
mit Hilfe von Public Private Partnerships in den<br />
Süden zu exportieren», sagt der Ökonom und<br />
Wirts<strong>ch</strong>aftsjournalist Gian Trepp zu den PPPs, die<br />
weltweit gefördert werden.<br />
«Es gilt heute als gesi<strong>ch</strong>ert», meint hingegen David<br />
Keller von der Sektion Arbeit und Einkommen<br />
bei der DEZA, «dass die Millenniumsziele vom<br />
öffentli<strong>ch</strong>en Sektor allein ni<strong>ch</strong>t errei<strong>ch</strong>t werden<br />
können. Die Einbindung des Privatsektors ist daher<br />
von grosser Bedeutung.» Glei<strong>ch</strong>zeitig weiss man<br />
bei der DEZA aber au<strong>ch</strong>, dass sol<strong>ch</strong>e Partners<strong>ch</strong>aften<br />
heikle Gratwanderungen sind und hat<br />
deshalb die Formel PPP um ein D für Development<br />
(Entwicklung) auf Public Private Development<br />
Partnership erweitert.<br />
Versi<strong>ch</strong>erung für Arme<br />
«Für uns hat au<strong>ch</strong> in Partners<strong>ch</strong>aften die Armutsbekämpfung<br />
als Entwicklungsziel oberste Priorität»,<br />
sagt Kellers Kollege Simon Junker. «Das D<br />
in unserem Konzept ist zentral und für unsere Beurteilung<br />
von mögli<strong>ch</strong>en Partners<strong>ch</strong>aften handlungsleitend.»<br />
<strong>Un</strong>d Sektionsleiter Peter Ts<strong>ch</strong>umi<br />
ergänzt: «Öffentli<strong>ch</strong>-private Partners<strong>ch</strong>aften müssen<br />
einen entwicklungsrelevanten Mehrwert bringen.<br />
Das ist unsere Minimalforderung.»<br />
Als positives Beispiel dafür, wie eine sol<strong>ch</strong>e Partners<strong>ch</strong>aft<br />
aussehen könnte, nennen die DEZA-Verantwortli<strong>ch</strong>en<br />
ein Projekt zur Förderung von Mikroversi<strong>ch</strong>erungen<br />
in Entwicklungs- und S<strong>ch</strong>wellenländern,<br />
das vom internationalen Versi<strong>ch</strong>erungskonzern<br />
Zuri<strong>ch</strong> Financial Services an die
Christian Heeb/laif<br />
DEZA herangetragen worden ist.<br />
Aufgrund von ersten Erfahrungen, die Zuri<strong>ch</strong>-<br />
To<strong>ch</strong>tergesells<strong>ch</strong>aften in Bolivien, Venezuela und<br />
Mexiko mit der Entwicklung von Versi<strong>ch</strong>erungen<br />
für untere Einkommenss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten gema<strong>ch</strong>t hatten,<br />
wollte man ein Konzept für dieses Kundensegment<br />
im weltweiten Zuri<strong>ch</strong>-Versi<strong>ch</strong>erungsangebot entwickeln.<br />
«Bald merkten wir aber, dass wir umfassenderes<br />
Know-how bezügli<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>er Mikroversi<strong>ch</strong>erungen<br />
benötigten, zudem hatten wir keinen<br />
Zugang zu den unteren Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten, für<br />
die das neue Angebot geda<strong>ch</strong>t ist. Deshalb wandten<br />
wir uns an die DEZA», sagt Projektinitiator Urs<br />
S<strong>ch</strong>wartz.<br />
Partners<strong>ch</strong>aft mit unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er<br />
Motivation<br />
Zu Beginn war der Dialog s<strong>ch</strong>wierig, denn die Interessen<br />
der künftigen Partner waren ni<strong>ch</strong>t von<br />
vornherein deckungsglei<strong>ch</strong>: «Wir müssen Geld<br />
verdienen – unser primäres Ziel war nie, mit der<br />
Lancierung von Mikroversi<strong>ch</strong>erungen Entwicklungshilfe<br />
zu leisten», sagt Urs S<strong>ch</strong>wartz.<br />
Ganz anders die DEZA: Für sie sind Mikroversi<strong>ch</strong>erungen<br />
ein Instrument, das zur Risikominderung<br />
armer Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten beitragen kann.<br />
Deshalb war man am Projekt zwar interessiert, allerdings<br />
nur unter der Voraussetzung, dass die mit<br />
öffentli<strong>ch</strong>en Geldern finanzierten neuen Erkenntnisse,<br />
die im Lauf der Zusammenarbeit gewonnen<br />
werden, na<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>luss des auf drei Jahre angelegten<br />
Projekts öffentli<strong>ch</strong> publiziert würden.<br />
Dies war au<strong>ch</strong> im Interesse der Internationalen<br />
Arbeitsorganisation ILO, die als dritte Partnerin am<br />
Projekt beteiligt ist. «Die Zusammenarbeit mit einer<br />
multinationalen Firma wie Zuri<strong>ch</strong> Financial<br />
Services ermögli<strong>ch</strong>t uns, Fallstudien zu erstellen,<br />
die über einzelne Länder und Beispiele hinaus gehen.<br />
Zudem kann man mit sol<strong>ch</strong>en Firmen sehr<br />
effizient arbeiten – sie sind bereit, beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e<br />
finanzielle Risiken einzugehen und Ressourcen<br />
zu investieren», begründet ILO-Experte Craig<br />
Chur<strong>ch</strong>ill seine Begeisterung für die neuartige<br />
Partners<strong>ch</strong>aft.<br />
Au<strong>ch</strong> bei Zuri<strong>ch</strong> spri<strong>ch</strong>t man von einer Win-Win-<br />
Situation, obs<strong>ch</strong>on das <strong>Un</strong>ternehmen seine gemeinsam<br />
mit DEZA und ILO erarbeiteten Mikrofinanz-Kompetenzen<br />
publizieren muss: «Die<br />
Partners<strong>ch</strong>aft mit der DEZA und der ILO öffnet<br />
viele Türen und verleiht uns Glaubwürdigkeit bei<br />
NGOs, Regierungen und Versi<strong>ch</strong>erungsaufsi<strong>ch</strong>tsbehörden»,<br />
sagt Urs S<strong>ch</strong>wartz.<br />
«Dieser Deal hätte ni<strong>ch</strong>t abges<strong>ch</strong>lossen werden<br />
dürfen», kritisiert hingegen Gian Trepp. Ein Mikroversi<strong>ch</strong>erungssystem,<br />
das von einer international<br />
operierenden Firma na<strong>ch</strong> westli<strong>ch</strong>em Vorbild<br />
und als Teil ihres Ges<strong>ch</strong>äftsmodells entwickelt wird,<br />
entspre<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t den Anforderungen an ein na<strong>ch</strong>haltiges<br />
Entwicklungsprojekt. «Wenn der Staat mit<br />
der Privatwirts<strong>ch</strong>aft eine Partners<strong>ch</strong>aft eingeht,<br />
stellt si<strong>ch</strong> die Frage, wer mehr davon profitiert. In<br />
diesem Fall profitiert die Zuri<strong>ch</strong>. Anders gesagt,<br />
vers<strong>ch</strong>enkt die DEZA dieser faktis<strong>ch</strong> US-amerikanis<strong>ch</strong>en<br />
Versi<strong>ch</strong>erungsgesells<strong>ch</strong>aft den Reputa-<br />
Das Budget des Partners<strong>ch</strong>aftsprogramms<br />
South<br />
African Co-operation<br />
Initiative, in dem Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
als Me<strong>ch</strong>aniker und<br />
Hotelangestellte (links)<br />
sowie in Informatik und<br />
im Gesundheitswesen<br />
(nä<strong>ch</strong>ste Seite) ausgebildet<br />
werden, teilen si<strong>ch</strong><br />
zwölf S<strong>ch</strong>weizer Grossunternehmen<br />
und die<br />
DEZA<br />
Philanthropie und<br />
«Business with the<br />
Poor»<br />
Das Engagement von<br />
Privaten in der Armutsbekämpfung<br />
entspri<strong>ch</strong>t<br />
einem globalen Trend<br />
und erfolgt ni<strong>ch</strong>t nur in<br />
Zusammenarbeit mit<br />
öffentli<strong>ch</strong>en Partnern.<br />
Grossunternehmer wie<br />
z.B. Bill Gates oder<br />
Stephan S<strong>ch</strong>midheiny<br />
verfügen über ein grosses<br />
finanzielles Potenzial und<br />
greifen mit ihren philanthropis<strong>ch</strong>en<br />
Stiftungen aktiv in<br />
die Entwicklungszusammenarbeit<br />
ein.<br />
Internationale Firmen, die<br />
in Entwicklungsländern<br />
investieren, übernehmen<br />
oft au<strong>ch</strong> gezielt eine Rolle<br />
beim Aufbau von Wirts<strong>ch</strong>aft<br />
und Infrastruktur<br />
vor Ort – ni<strong>ch</strong>t zuletzt, weil<br />
si<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Verbesserungen<br />
positiv auf die eigene<br />
Ges<strong>ch</strong>äftstätigkeit auswirken.<br />
In diesem Sinn wird<br />
denn au<strong>ch</strong> z.B. vom World<br />
Business Council for<br />
Sustainable Development<br />
(WBCSD) unter dem Sti<strong>ch</strong>wort<br />
«Business with the<br />
Poor» die Investition «in<br />
die Armen» als na<strong>ch</strong>haltige<br />
und zukunftsträ<strong>ch</strong>tige<br />
Ges<strong>ch</strong>äfts- und Anlagemögli<strong>ch</strong>keit<br />
propagiert.<br />
www.wbcsd.org<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 27
28<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
Jörgen S<strong>ch</strong>ytte/Still Pictures<br />
The BostonGlobe/Redux/laif<br />
tionsgewinn aus der Zusammenarbeit mit dem<br />
S<strong>ch</strong>weizer Staat.»<br />
«Beitrag zur sozialen Verantwortung»<br />
Der gute Ruf und das entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />
Know-how der DEZA sind au<strong>ch</strong> bei der Swiss-<br />
South African Co-operation Initiative SSACI von<br />
zentraler Bedeutung: Diese PPDP besteht seit 2001<br />
und ist die Basis für eine ganze Palette von Entwicklungsprojekten<br />
in den Berei<strong>ch</strong>en Berufsbildung<br />
und Förderung von Kleinstunternehmen in<br />
Südafrika. Das Programm trägt die entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />
Hands<strong>ch</strong>rift der DEZA und wurde 2007<br />
von der südafrikanis<strong>ch</strong>en Wirts<strong>ch</strong>aftszeitung «Big<br />
News» mit dem Preis für die «beste Partners<strong>ch</strong>aft<br />
im Berei<strong>ch</strong> der <strong>Un</strong>ternehmensentwicklung» ausgezei<strong>ch</strong>net.<br />
«Die DEZA war die treibende Kraft bei der Etablierung<br />
der SSACI und ist bis heute die grösste<br />
Geldgeberin, indem sie für die Hälfte des Gesamtbudgets<br />
aufkommt», sagt Ken Duncan, Ge-<br />
s<strong>ch</strong>äftsführer der Initiative. In die andere Hälfte des<br />
Budgets teilen si<strong>ch</strong> zwölf S<strong>ch</strong>weizer Grossunternehmen,<br />
die alle in Südafrika Niederlassungen haben.<br />
«Die Aktivitäten der SSACI gehören ni<strong>ch</strong>t unbedingt<br />
zum Kernges<strong>ch</strong>äft der beteiligten Firmen»,<br />
erläutert Simon Junker den <strong>Un</strong>ters<strong>ch</strong>ied zum Mikroversi<strong>ch</strong>erungsprojekt.<br />
«<strong>Un</strong>sere Partner ma<strong>ch</strong>en<br />
mit, um im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung<br />
einen Beitrag zu leisten.»<br />
Ganz selbstlos ist jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> deren Engagement<br />
ni<strong>ch</strong>t: Ein Teil der an der SSACI beteiligten<br />
S<strong>ch</strong>weizer Firmen arbeitete zum Beispiel einst mit<br />
dem Apartheidregime zusammen und hatte in der<br />
Folge Legitimationsprobleme. «Die Beteiligung an<br />
SSACI bedeutet aber ni<strong>ch</strong>t bloss Reputationsgewinn<br />
für die <strong>Un</strong>ternehmen, sondern liegt au<strong>ch</strong> in<br />
deren langfristigem Eigeninteresse an gut ausgebildeten<br />
Fa<strong>ch</strong>kräften. In dieser Hinsi<strong>ch</strong>t decken<br />
si<strong>ch</strong> die Interessen der privaten <strong>Un</strong>ternehmen<br />
praktis<strong>ch</strong> mit dem Entwicklungsziel der Armutsbekämpfung<br />
der DEZA», meint David Keller.<br />
Die Partners<strong>ch</strong>aft eröffne zudem inhaltli<strong>ch</strong> neue<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten, ergänzt Ken Duncan: «Ein grosser<br />
Gewinn der SSACI ist, dass hier die Philosophien<br />
aus dem öffentli<strong>ch</strong>en wie aus dem privaten Sektor<br />
zusammen fliessen. So entstand ein Diskussionsforum<br />
für Debatten, an denen si<strong>ch</strong> Repräsentanten<br />
aus beiden Sektoren beteiligen, die si<strong>ch</strong> für die soziale<br />
und ökonomis<strong>ch</strong>e Entwicklung von Südafrika<br />
einsetzen.» ■
Familienvater<br />
Er geht mit leerem Blick dur<strong>ch</strong><br />
die Strassen. Wie müde Arbeitslosigkeit<br />
ma<strong>ch</strong>en kann! Hätte<br />
er bloss Felder zu pflügen oder<br />
Jamswurzeln und Kartoffeln aus<br />
der Erde zu buddeln, er fühlte<br />
sofort das Blut in seinen Adern<br />
fliessen. Er käme todmüde, aber<br />
hungrig und glückli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />
Hause. <strong>Un</strong>d fände wieder<br />
S<strong>ch</strong>laf. Ni<strong>ch</strong>t jenen, der ihn in<br />
dieser Hauptstadt des <strong>Un</strong>glücks<br />
umherirren lässt, in der er seit<br />
sieben Jahren dahinvegetiert.<br />
Seitdem der zerstörte Boden ihn<br />
und die Seinen ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
ernähren kann.<br />
Jeden Morgen lässt er zu Hause,<br />
im einzigen Raum für seine<br />
Frau und seine drei Kinder,<br />
Hunger und Hoffnung zurück.<br />
Die Hoffnung, er kehre am<br />
Abend mit ein wenig Geld und<br />
einem Sack Bröt<strong>ch</strong>en zurück,<br />
den Lieblingsbröt<strong>ch</strong>en seiner<br />
To<strong>ch</strong>ter Katia, oder au<strong>ch</strong> bloss<br />
einer Tüte runder Kekse, jener<br />
dicken, die den Bau<strong>ch</strong> ras<strong>ch</strong> füllen.<br />
Seine S<strong>ch</strong>ritte werden tägli<strong>ch</strong><br />
s<strong>ch</strong>werer von dieser Hoffnung,<br />
er weiss, dass er sie einmal mehr<br />
enttäus<strong>ch</strong>en wird. Er fühlt<br />
s<strong>ch</strong>on, wie si<strong>ch</strong> die deprimierten,<br />
vergrämten Blicke abwenden,<br />
wenn er dur<strong>ch</strong> das Tor in<br />
den alten Hof kommt, wo an-<br />
dere vom S<strong>ch</strong>icksal Ges<strong>ch</strong>lagene<br />
wie er mehr s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t als re<strong>ch</strong>t<br />
Hütten gezimmert haben, die<br />
so unglückli<strong>ch</strong> dreins<strong>ch</strong>auen wie<br />
sie selbst. Die Verzweiflung, die<br />
er in ihnen aufsteigen sieht, gibt<br />
ihm jedes Mal einen Sti<strong>ch</strong> ins<br />
Herz.<br />
Seine Frau wendet si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>ts<br />
von ihm ab. Ihr rund gewordener<br />
Bau<strong>ch</strong> ist ihr im Weg und<br />
das Herz ist ni<strong>ch</strong>t mehr bei der<br />
Sa<strong>ch</strong>e. Seit ihn die Fabrik, wo er<br />
<strong>Un</strong>iformteile einpackte, entliess<br />
und er Tag für Tag auf der Su<strong>ch</strong>e<br />
na<strong>ch</strong> einem Job hinausgeht,<br />
dreht si<strong>ch</strong> ihm seine Frau nur<br />
no<strong>ch</strong> selten zu.<br />
Dabei wäre er zu allem bereit.<br />
Wenn er si<strong>ch</strong> bloss ni<strong>ch</strong>t so<br />
unnütz und kraftlos vorkäme.<br />
Er, der mit fünfzehn seinen Tag<br />
draussen begann, wenn die ersten<br />
Sonnenstrahlen über die<br />
Felder hus<strong>ch</strong>ten, und erst aufhörte,<br />
wenn der aufkommende<br />
Wind sein im Rhythmus der<br />
sauber ges<strong>ch</strong>ärften Si<strong>ch</strong>el vollges<strong>ch</strong>witztes<br />
Hemd getrocknet<br />
hatte. Hunger kannte er s<strong>ch</strong>on,<br />
aber nie diesen Zustand nackter<br />
Verzweiflung, der jede Orientierung<br />
raubt, wütend ma<strong>ch</strong>t und<br />
böse.<br />
Ja, er ist zu allem bereit, das fühlt<br />
er. Er will das Vertrauen seiner<br />
Guiziou Franck/Hemispheres Images/laif<br />
Kinder zurückgewinnen und<br />
Katia erwartungsfroh lä<strong>ch</strong>eln<br />
sehen, wenn sie ihn erblickt.<br />
Er will den runden Bau<strong>ch</strong> seiner<br />
Frau an si<strong>ch</strong> drücken und die<br />
Bewegungen ihres gemeinsamen<br />
Kindes spüren. Das letzte, wie<br />
sie s<strong>ch</strong>on vor Katias Geburt ges<strong>ch</strong>woren<br />
hatten. Aber wie bloss<br />
sollen sie nein zum Leben sagen,<br />
zur Hoffnung, dieses neue<br />
Wesen werde alles ändern,<br />
Glück bringen und den Sieg<br />
über die Armut?<br />
I<strong>ch</strong>, die S<strong>ch</strong>riftstellerin, sehe,<br />
wie der Familienvater seine<br />
S<strong>ch</strong>ritte vor einer Bäckerei verlangsamt.<br />
Die hohe, gebro<strong>ch</strong>ene<br />
Silhouette stützt si<strong>ch</strong> gegen das<br />
S<strong>ch</strong>aufenster. Der Geru<strong>ch</strong> von<br />
fris<strong>ch</strong>em Brot treibt ihm die<br />
Tränen in die Augen. Er ballt<br />
seine Fäuste. Sein flackernder<br />
Blick ers<strong>ch</strong>reckt die Frau, die<br />
gerade mit Tas<strong>ch</strong>en bepackt den<br />
Laden verlässt. Instinktiv zieht<br />
sie mit einer s<strong>ch</strong>ützenden Bewegung<br />
ihren Enkel an si<strong>ch</strong>.<br />
<strong>Eine</strong> Sekunde lang glaubt si<strong>ch</strong><br />
der Familienvater mit den Augen<br />
der Grossmutter zu sehen.<br />
Er senkt den Kopf und wendet<br />
si<strong>ch</strong> von der Bäckerei und ihren<br />
verbotenen Gerü<strong>ch</strong>en ab.<br />
Die Uhr an der Kapelle nebenan<br />
s<strong>ch</strong>lägt zwölf, als ob sie<br />
den Hunger des Tages und seinen<br />
ges<strong>ch</strong>eiterten Morgen segnen<br />
wollte. Weder Aussi<strong>ch</strong>t auf<br />
Arbeit, Brot no<strong>ch</strong> Perspektiven.<br />
Der Familienvater trottet der<br />
Strassenmitte entlang. Mit weitaufgerissenen<br />
Augen und durstig<br />
von all den verpassten Mahlzeiten<br />
betra<strong>ch</strong>tet er die auf ihn zufahrenden<br />
Fahrzeuge. Ni<strong>ch</strong>t so<br />
sehr der Tod reizt ihn, er will die<br />
S<strong>ch</strong>ma<strong>ch</strong> vergessen, zur Ruhe<br />
kommen. ■<br />
(Aus dem Französis<strong>ch</strong>en)<br />
Carte blan<strong>ch</strong>e<br />
Die Haitianerin Evelyne<br />
Trouillot ist 1954 an ihrem<br />
heutigen Wohnort Port-au-<br />
Prince geboren. Sie s<strong>ch</strong>reibt<br />
Romane, Novellen und<br />
Gedi<strong>ch</strong>te und ist Französis<strong>ch</strong>professorin<br />
an der Staatli<strong>ch</strong>en<br />
und an einer privaten <strong>Un</strong>iversität.<br />
Sie hat Romane, Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten<br />
und Gedi<strong>ch</strong>te auf<br />
Französis<strong>ch</strong> und Kreolis<strong>ch</strong><br />
publiziert sowie einen Essay<br />
über Kindheit und Re<strong>ch</strong>tsstaat<br />
in Haiti unter dem Titel<br />
«Restituer l’enfance» (Haïti<br />
Solidarité Internationale,<br />
2002). Ihr Roman «Rosalie<br />
l’infâme» (Dapper, 2003)<br />
wurde 2004 in Grenoble mit<br />
dem Prix de la romancière<br />
francophone ausgezei<strong>ch</strong>net,<br />
und ihr erstes Theaterstück,<br />
«Le Bleu de l’île», erhielt 2005<br />
einen ersten Preis des Prix<br />
Beaumar<strong>ch</strong>ais des Ecritures<br />
théâtrales de la Caraïbe. Auf<br />
Deuts<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>ien 1999 der<br />
Erzählband «Hallo … New<br />
York».<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
29
K U L T U R<br />
30<br />
«<strong>Eine</strong> Frau, die zur S<strong>ch</strong>ule<br />
ging, kennt ihre Re<strong>ch</strong>te»<br />
«<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong>»: Sie sind seit<br />
2002 <strong>Un</strong>icef-Bots<strong>ch</strong>afterin.<br />
Weshalb setzen Sie si<strong>ch</strong> für<br />
diese Organisation ein?<br />
Angélique Kidjo: Meine<br />
Mutter s<strong>ch</strong>leppte mi<strong>ch</strong> als<br />
Kind jeweils zu den <strong>Un</strong>icef-<br />
Lastwagen, um mi<strong>ch</strong> impfen zu<br />
lassen. I<strong>ch</strong> hasste das, aber wenn<br />
sie ni<strong>ch</strong>t darauf bestanden hätte,<br />
wäre i<strong>ch</strong> viellei<strong>ch</strong>t an einer töd-<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
li<strong>ch</strong>en Krankheit wie Kinderlähmung<br />
oder Diphtherie erkrankt.<br />
Als Bots<strong>ch</strong>afterin kann<br />
i<strong>ch</strong> Afrika einen Teil dessen<br />
zurückgeben, was i<strong>ch</strong> erhalten<br />
habe: I<strong>ch</strong> wu<strong>ch</strong>s in einer Familie<br />
auf, die si<strong>ch</strong> bewusst war, wie<br />
wi<strong>ch</strong>tig Impfungen, Hygiene<br />
und Erziehung sind, und will<br />
nun andere Eltern ebenfalls<br />
davon überzeugen. Viele<br />
The NewYorkTimes/Redux/laif<br />
Joerg Glaes<strong>ch</strong>er/laif<br />
«Sie sagen mir, dass sie<br />
an der Aussi<strong>ch</strong>tslosigkeit<br />
verzweifeln»<br />
«Bildung ist eine Frage über<br />
Leben und Tod»<br />
Die Sängerin Angélique Kidjo aus Benin ist ein <strong>Welt</strong>star der Worldmusic. Sie<br />
bekämpft mit ihrer Musik und ihrem Engagement vor Ort Afrikas Grundübel und<br />
verurteilt Rassismus, <strong>Un</strong>gere<strong>ch</strong>tigkeit oder Zwangsemigration. Bildung – als<br />
wi<strong>ch</strong>tigstes Entwicklungsmittel – hat für sie hö<strong>ch</strong>ste Priorität. Interview von<br />
Jane-Lise S<strong>ch</strong>neeberger.<br />
Afrikanerinnen und Afrikaner<br />
stehen dem Impfen ohne Grund<br />
immer no<strong>ch</strong> skeptis<strong>ch</strong> gegenüber.<br />
Viele glauben au<strong>ch</strong>, ihre<br />
To<strong>ch</strong>ter finde keinen Mann<br />
oder respektiere ihn ni<strong>ch</strong>t, wenn<br />
sie sie zur S<strong>ch</strong>ule s<strong>ch</strong>icken. Um<br />
ihre Bedenken zu zerstreuen,<br />
stehe i<strong>ch</strong> als Beispiel vor ihnen:<br />
I<strong>ch</strong> erhielt eine anständige<br />
Ausbildung und bin trotzdem<br />
seit zwanzig Jahren mit einem<br />
Mann verheiratet, den i<strong>ch</strong> a<strong>ch</strong>te.<br />
Sie kämpfen aktiv dafür,<br />
dass Mäd<strong>ch</strong>en Zugang zu<br />
Bildung erhalten, und haben<br />
eine Stiftung gegründet, die<br />
Stipendien an Mäd<strong>ch</strong>en aus<br />
bena<strong>ch</strong>teiligten Familien erteilt.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Im Rahmen der <strong>Un</strong>icef-<br />
Vu/laif
«Wer will es diesen jungen<br />
Mens<strong>ch</strong>en verübeln, wenn<br />
sie den Mut verlieren…»<br />
Kampagne «Auf in die S<strong>ch</strong>ule,<br />
Mäd<strong>ch</strong>en» bereiste i<strong>ch</strong> mehrere<br />
afrikanis<strong>ch</strong>e Länder und kam<br />
mit vielen Eltern ins Gesprä<strong>ch</strong>.<br />
I<strong>ch</strong> konnte sie dafür motivieren,<br />
ihre Tö<strong>ch</strong>ter zur S<strong>ch</strong>ule zu<br />
s<strong>ch</strong>icken. Ein paar Jahre später<br />
stellte si<strong>ch</strong> heraus, dass viele dieser<br />
S<strong>ch</strong>ülerinnen na<strong>ch</strong> der fünften<br />
Klasse keine weitere<br />
Ausbildung bekamen, sei es aus<br />
Geldmangel oder weil der Staat<br />
die Strukturen ni<strong>ch</strong>t bereitstellte.<br />
Deshalb gründete i<strong>ch</strong> im<br />
Mai 2007 die Stiftung Batonga.<br />
Sie finanziert den Besu<strong>ch</strong> der<br />
Oberstufe sowie höhere<br />
Ausbildungen für mittellose<br />
weibli<strong>ch</strong>e Jugendli<strong>ch</strong>e,<br />
Aidswaisen oder Behinderte.<br />
Letztes Jahr erhielten 430<br />
Mäd<strong>ch</strong>en aus Benin, Sierra<br />
Leone, Kamerun, Äthiopien und<br />
Mali ein Stipendium.<br />
Glei<strong>ch</strong>zeitig bauen wir au<strong>ch</strong><br />
Oberstufens<strong>ch</strong>ulhäuser.<br />
In Sa<strong>ch</strong>en Bildung ma<strong>ch</strong>en viele<br />
afrikanis<strong>ch</strong>e Staaten ihre<br />
Hausaufgaben ni<strong>ch</strong>t. Dabei sind<br />
Bildung und Erziehung auf unserem<br />
Kontinent eine Frage<br />
über Leben und Tod. Wer unterri<strong>ch</strong>tet<br />
wurde, wird kein stehendes<br />
Wasser neben seinem Haus<br />
dulden, weil das die Anopheles-<br />
Mücken anzieht, die Malaria<br />
übertragen.<br />
<strong>Eine</strong> Frau, die zur S<strong>ch</strong>ule ging,<br />
kennt ihre Re<strong>ch</strong>te. Sie wagt es,<br />
si<strong>ch</strong> gegen Intimverkehr ohne<br />
Präservativ zu wehren. Sie weiss,<br />
dass man Wasser ko<strong>ch</strong>en muss,<br />
bevor man es in eine Säuglingsflas<strong>ch</strong>e<br />
giesst. Viellei<strong>ch</strong>t hat sie<br />
sogar den Mut, si<strong>ch</strong> gegen die<br />
frühe Verheiratung ihrer To<strong>ch</strong>ter<br />
aufzulehnen. In man<strong>ch</strong>en<br />
Ländern werden a<strong>ch</strong>tjährige<br />
Mäd<strong>ch</strong>en mit vierzigjährigen<br />
Männern verheiratet. Das ist<br />
do<strong>ch</strong> Pädophilie! Diese Tradition<br />
muss vers<strong>ch</strong>winden.<br />
The NewYorkTimes/Redux/laif<br />
«I<strong>ch</strong> befür<strong>ch</strong>te, dass ihre<br />
Frustrationen in Gewalt<br />
ausarten»<br />
<strong>Eine</strong> andere afrikanis<strong>ch</strong>e<br />
Tradition ma<strong>ch</strong>t Mäd<strong>ch</strong>en<br />
zu Opfern der Bes<strong>ch</strong>neidung.<br />
Wie lässt si<strong>ch</strong> auf dieses<br />
Verhalten Einfluss nehmen?<br />
Die Bes<strong>ch</strong>neidung gehört mit<br />
zu den unsägli<strong>ch</strong>en Traditionen,<br />
die Afrika am Weiterkommen<br />
hindern. Sie muss ausgerottet<br />
werden. Im Gegensatz zur weit<br />
verbreiteten Meinung sind ni<strong>ch</strong>t<br />
nur die Männer an deren<br />
Fortbestehen s<strong>ch</strong>uld, sondern<br />
au<strong>ch</strong> die Bes<strong>ch</strong>neiderinnen, die<br />
damit ihr Geld verdienen und<br />
si<strong>ch</strong> ihren sozialen Status si<strong>ch</strong>ern.<br />
Es geht also darum, diese<br />
Frauen aufzuklären und sie beispielsweise<br />
mit Mikrokrediten<br />
zu unterstützen, damit sie andere<br />
Tätigkeiten ausüben können.<br />
Wenn die Bes<strong>ch</strong>neiderinnen<br />
eine na<strong>ch</strong> der andern ihren<br />
Beruf we<strong>ch</strong>seln, wird der<br />
Brau<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>winden. <strong>Un</strong>d die<br />
Eltern, die no<strong>ch</strong> daran hängen,<br />
werden niemanden mehr finden,<br />
der ihre Tö<strong>ch</strong>ter verstümmelt.<br />
Ihre Popularität verleiht<br />
Ihnen einen gewissen<br />
Einfluss auf die afrikanis<strong>ch</strong>en<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en. Was<br />
sagen Sie ihnen?<br />
I<strong>ch</strong> rede oft mit Jugendli<strong>ch</strong>en.<br />
Sie sagen mir, dass sie an der<br />
Aussi<strong>ch</strong>tslosigkeit verzweifeln.<br />
Sie mö<strong>ch</strong>ten etwas aus ihrem<br />
Leben ma<strong>ch</strong>en und prallen am<br />
fehlenden Engagement von<br />
Regierungen ab, die si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />
um das Wohlergehen der<br />
Bevölkerung kümmern. Wer<br />
will es diesen jungen Mens<strong>ch</strong>en<br />
verübeln, wenn sie den Mut<br />
verlieren oder unter Einsatz ihres<br />
Lebens emigrieren wollen?<br />
I<strong>ch</strong> motiviere sie dazu, im eigenen<br />
Land aktiv zu sein und<br />
Druck auf die Behörden aus-<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 311
zuüben, um strukturelle und<br />
re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Veränderungen herbeizuführen.<br />
Was i<strong>ch</strong> befür<strong>ch</strong>te<br />
ist, dass ihre Frustrationen in<br />
Gewalt ausarten. Hoffnungslose<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e sind eine lei<strong>ch</strong>te<br />
Beute für muslimis<strong>ch</strong>e<br />
Fundamentalisten, die die <strong>Welt</strong><br />
aus den Angeln heben wollen.<br />
Was lässt si<strong>ch</strong> gegen sol<strong>ch</strong>e<br />
Entwicklungen tun?<br />
Die Jugendli<strong>ch</strong>en vor<br />
Terrorismus warnen und ihnen<br />
erklären, dass Osama Bin Laden<br />
bestimmt ni<strong>ch</strong>t dafür kämpft,<br />
dass sie selbst ein besseres Leben<br />
haben. Die Länder des Westens<br />
und die Regierungen vor Ort<br />
tragen leider rein gar ni<strong>ch</strong>ts zur<br />
Information bei.<br />
Dass die Information ni<strong>ch</strong>t zirkuliert,<br />
ist grundsätzli<strong>ch</strong> eines<br />
der zentralen Probleme Afrikas.<br />
Ma<strong>ch</strong>thungrige Regimes manipulieren<br />
lieber Analphabeten, als<br />
dass sie gebildete und informierte<br />
Mens<strong>ch</strong>en regieren. Wir<br />
kennen ni<strong>ch</strong>t einmal unsere eigene<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te. I<strong>ch</strong> bin in<br />
Benin aufgewa<strong>ch</strong>sen und wusste<br />
kaum etwas über Apartheid.<br />
Dass es Sklaverei gibt, erfuhr i<strong>ch</strong><br />
mit neun Jahren, als i<strong>ch</strong> ein Foto<br />
von Jimi Hendrix sah. I<strong>ch</strong> fragte<br />
32 <strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
meine Grossmutter, woher dieser<br />
S<strong>ch</strong>warze denn komme, der<br />
ni<strong>ch</strong>t wie die Afrikaner redete.<br />
Die heutige Generation weiss<br />
ni<strong>ch</strong>ts über Sklaverei.<br />
Sollte man dieses Thema<br />
wieder zur Spra<strong>ch</strong>e bringen?<br />
Was halten Sie von<br />
Reparationszahlungen?<br />
Sklaverei wurde in der Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />
gar nie diskutiert. Im<br />
Gegenteil, das Vergessen wurde<br />
bewusst gefördert. Solange wir<br />
dieses Problem ni<strong>ch</strong>t angehen,<br />
kommen wir keinen S<strong>ch</strong>ritt<br />
weiter. Die Logik der Reparationszahlungen<br />
unterstütze i<strong>ch</strong><br />
hingegen ni<strong>ch</strong>t. <strong>Eine</strong> sol<strong>ch</strong>e<br />
Abs<strong>ch</strong>euli<strong>ch</strong>keit lässt si<strong>ch</strong> mit<br />
keiner Geldsumme aufwiegen.<br />
Gegen die Folgen des Sklavenhandels<br />
muss man aber dur<strong>ch</strong>aus<br />
kämpfen. Au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong> werden<br />
S<strong>ch</strong>warze in den Ländern,<br />
in die ihre Vorfahren vers<strong>ch</strong>leppt<br />
wurden, als Bürger zweiter<br />
Klasse betra<strong>ch</strong>tet. Ausserdem<br />
muss man neuen Formen von<br />
Sklaverei zuvorkommen. Länder,<br />
die damit liebäugeln – wie das<br />
beispielsweise in Mauretanien<br />
der Fall war –, müssen wissen,<br />
dass sie international isoliert<br />
werden.<br />
Guenay Ulutuncok/laif<br />
«In Afrika ist Korruption eine<br />
der Entwicklungsbremsen»<br />
Was denken Sie über<br />
Entwicklungshilfe für<br />
Afrika? Man<strong>ch</strong>e halten sie<br />
für eine Vers<strong>ch</strong>wendung, weil<br />
die Armut ni<strong>ch</strong>t zurückgehe.<br />
Man muss s<strong>ch</strong>on sagen, dass sie<br />
bisher ni<strong>ch</strong>t besonders viel errei<strong>ch</strong>t<br />
hat. Ein guter Teil der<br />
Gelder ist s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> auf privaten<br />
Konten gelandet. In Afrika<br />
ist Korruption eine der<br />
Entwicklungsbremsen. Weil<br />
sie ni<strong>ch</strong>t auszumerzen ist, sollten<br />
die Geldgeber bessere Transparenzkriterien<br />
dur<strong>ch</strong>setzen und<br />
den Teil an Verantwortung ni<strong>ch</strong>t<br />
vergessen, den die Firmen aus<br />
dem Westen tragen, die in die<br />
Korruption verwickelt sind.<br />
Internationale Hilfe muss unter<br />
besseren Rahmenbedingungen<br />
ausgeri<strong>ch</strong>tet werden. Die für<br />
Entwicklungsprojekte eingesetzten<br />
Summen dürfen nur unter<br />
strengen Kontrollen fliessen. Die<br />
Regierungen, die damit unterstützt<br />
werden, müssen wissen,<br />
dass ohne den Na<strong>ch</strong>weis konkreter<br />
Forts<strong>ch</strong>ritte ni<strong>ch</strong>t länger<br />
Kredite gespro<strong>ch</strong>en werden. ■<br />
(Aus dem Französis<strong>ch</strong>en)<br />
Angélique Kidjo ist 1960 in<br />
Ouidah, Benin, in eine Familie<br />
mit neun Ges<strong>ch</strong>wistern geboren.<br />
Mit se<strong>ch</strong>s Jahren spielt sie in der<br />
von ihrer Mutter geleiteten<br />
Theatertruppe mit. Später singt<br />
sie in der Band ihrer Brüder,<br />
dann in derjenigen ihrer S<strong>ch</strong>ule.<br />
Ihre erste Platte «Pretty» ma<strong>ch</strong>t<br />
sie in ganz Westafrika bekannt.<br />
Mit 23 Jahren lässt si<strong>ch</strong><br />
Angélique Kidjo in Paris nieder.<br />
Sie wird Frontfrau der deuts<strong>ch</strong>en<br />
Gruppe Pili-Pili, mit der<br />
sie mehrere Alben aufnimmt.<br />
1988 beginnt ihre Solokarriere.<br />
Zusammen mit ihrem Mann,<br />
dem Bassisten und Komponisten<br />
Jean Hébrail, produziert sie<br />
ein Dutzend Alben, darunter<br />
eine Trilogie, die si<strong>ch</strong> mit den<br />
afrikanis<strong>ch</strong>en Wurzeln der Musik<br />
in den USA («Oremi»), in Brasilien<br />
(«Black Ivory Soul») und in der<br />
Karibik («Oyaya!») auseinandersetzt.<br />
Für ihre aktuelle CD «Djin<br />
Djin» erhielt sie im März 2008<br />
den Grammy für das beste zeitgenössis<strong>ch</strong>e<br />
Worldmusic-Album.<br />
Seit 1998 lebt Angélique Kidjo in<br />
New York; sie singt auf Französis<strong>ch</strong>,<br />
Englis<strong>ch</strong> und in vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
afrikanis<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>en.
Film / DVD<br />
Junge Filme aus dem<br />
Südkaukasus<br />
( jtm) Mit dem Projekt «Avanti»<br />
hat die DEZA dem Films<strong>ch</strong>affen<br />
im Südkaukasus neues Leben<br />
eingehau<strong>ch</strong>t. Seit 2003 sind insgesamt<br />
47 Spiel-, Dokumentarund<br />
Kurzfilme in Georgien,<br />
Armenien und Aserbaids<strong>ch</strong>an<br />
entstanden. Na<strong>ch</strong> dem Zusammenbru<strong>ch</strong><br />
der Sowjetunion war<br />
das traditionsrei<strong>ch</strong>e südkaukasis<strong>ch</strong>e<br />
Films<strong>ch</strong>affen praktis<strong>ch</strong><br />
zum Erliegen gekommen.<br />
Staatli<strong>ch</strong>e Fördergelder blieben<br />
aus, institutionelle Kapazitäten<br />
gingen verloren, während<br />
glei<strong>ch</strong>zeitig die te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en<br />
Anforderungen an die Filmproduktion<br />
stiegen. Auf dem Markt<br />
nahmen russis<strong>ch</strong>e und amerikanis<strong>ch</strong>e<br />
Produktionen überhand,<br />
die einheimis<strong>ch</strong>e Kulturproduktion<br />
verkümmerte. Um die multikulturelle<br />
Identität der Region<br />
zu stärken und dem lokalen<br />
Films<strong>ch</strong>affen wieder auf die<br />
Beine zu helfen, lancierte die<br />
DEZA zusammen mit der<br />
Lausanner Stiftung Focal das<br />
Projekt «Avanti». <strong>Eine</strong>s der<br />
Produkte ist eine DVD mit<br />
fünf Kurzfilmen junger Autoren,<br />
die die Realität ihrer Heimat<br />
mit Leidens<strong>ch</strong>aft und Humor<br />
porträtieren.<br />
Die DVD«Kurzfilme<br />
Südkaukasus», (<strong>Un</strong>tertitel: Englis<strong>ch</strong><br />
und Russis<strong>ch</strong>) kann bei der DEZA<br />
über info@deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong> bestellt<br />
werden – die ersten 50 Stück werden<br />
gratis abgegeben.<br />
<strong>Welt</strong>filme in der Peripherie<br />
(hel) Die <strong>Welt</strong>filmtage im bündneris<strong>ch</strong>en<br />
Thusis sind als kleiner<br />
und feiner Filmevent bekannt.<br />
Gezeigt werden Spiel- und<br />
Dokumentarfilme aus Lateinamerika,<br />
Afrika, Asien und der<br />
S<strong>ch</strong>weiz. Begegnungen mit<br />
Mens<strong>ch</strong>en aus anderen Kulturen<br />
gibt es auf der Leinwand aber<br />
au<strong>ch</strong> bei den persönli<strong>ch</strong>en<br />
Begegnungen mit Films<strong>ch</strong>affenden,<br />
die in Thusis gross ges<strong>ch</strong>rieben<br />
werden. Na<strong>ch</strong><br />
Graubünden kommt unter anderem<br />
die politis<strong>ch</strong> engagierte<br />
Ecuadorianerin Tania Hermida.<br />
Sie zeigt ihren ersten, mehrfa<strong>ch</strong><br />
ausgezei<strong>ch</strong>neten Spielfilm «Qué<br />
tan lejos». Dieses Roadmovie<br />
über eine Touristin und eine<br />
Ecuadorianerin auf der Su<strong>ch</strong>e<br />
na<strong>ch</strong> ihren Träumen war in<br />
Ecuador ein Riesenerfolg.<br />
Eingeladen ist au<strong>ch</strong> die junge<br />
Regisseurin Ishtar Yasin mit<br />
ihrem in Fribourg zweifa<strong>ch</strong><br />
ausgezei<strong>ch</strong>neten Spielfilmdebüt<br />
«El Camino». Dieser Migrations-Film<br />
erzählt das S<strong>ch</strong>icksal<br />
von zwei nicaraguanis<strong>ch</strong>en<br />
Kindern, die der Ausbeutung<br />
wehrlos ausgeliefert sind.<br />
Persönli<strong>ch</strong> anwesend ist au<strong>ch</strong><br />
der Fernsehjournalist und<br />
Dokumentarfilmer Ulri<strong>ch</strong><br />
Tilgner, ein ausgewiesener<br />
Nahostexperte und Verfe<strong>ch</strong>ter<br />
des Dialogs der Kulturen.<br />
18. <strong>Welt</strong>filmtage Thusis, 5.bis 9.<br />
November 2008, Information und<br />
Programm www.kinothusis.<strong>ch</strong><br />
Kambods<strong>ch</strong>as visuelles<br />
Gedä<strong>ch</strong>tnis<br />
Kambods<strong>ch</strong>a war in den<br />
S<strong>ch</strong>lagzeilen, bevor es zu einer<br />
ges<strong>ch</strong>ätzten Reisedestination<br />
geworden ist: Krieg zunä<strong>ch</strong>st,<br />
Verni<strong>ch</strong>tungslager später und<br />
das Terrorregime der Roten<br />
Khmer. Seit 1993 entwickelt<br />
si<strong>ch</strong> zaghaft eine Demokratie.<br />
Vor diesem Hintergrund siedelte<br />
der kambods<strong>ch</strong>anis<strong>ch</strong>e<br />
Regisseur Rithy Panh seinen<br />
Spielfilm «<strong>Un</strong> soir après la<br />
guerre» an. Er blickt darin auf<br />
die Zeit na<strong>ch</strong> dem Krieg, auf<br />
jene fragile Phase, in der die<br />
Mens<strong>ch</strong>en mit einem gewöhnli-<br />
<strong>ch</strong>en Alltag umgehen lernen<br />
und glei<strong>ch</strong>zeitig das Gewesene<br />
verarbeiten müssen. Der Film ist<br />
von einer jungen Frau aus dem<br />
Heute heraus in grossen<br />
Rückblenden ins Jahr 1992<br />
erzählt. Sie musste ihre Liebe<br />
verlieren, um zu si<strong>ch</strong> zu finden.<br />
Rithy Panh führt uns vor<br />
Augen, wie s<strong>ch</strong>wierig dies na<strong>ch</strong><br />
all den Jahren von Krieg und<br />
Terror geworden ist, in einem<br />
wunders<strong>ch</strong>önen Land, in dem<br />
die Mens<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> mehr an den<br />
Tod als an das Leben gewöhnt<br />
haben.<br />
Rithy Panh und seine Filme «<strong>Un</strong><br />
soir après la guerre», «Les gens de la<br />
rizière» sowie das Theaterporträt<br />
«Les artistes du théâtre brûlé» sind<br />
als DVD mit deuts<strong>ch</strong>en und französis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Un</strong>tertiteln bei Trigon-film<br />
erhältli<strong>ch</strong>. Bestellungen und<br />
Information: 056 430 12 30 oder<br />
www.trigon-film.org<br />
Der grosse Markt<br />
Im Vorort der Hauptstadt von<br />
Mosambik verkauft der zwölfjährige<br />
Paito Krapfen, um etwas<br />
Geld zum <strong>Un</strong>terhalt seiner<br />
Familie beizusteuern. Nun soll<br />
er für seine Mutter Mehl kaufen.<br />
Im Laden ist das aber gerade<br />
ausgegangen. Mit einem<br />
kleinen Zwis<strong>ch</strong>enhandel, nämli<strong>ch</strong><br />
dem Verkauf von einzelnen<br />
Zigaretten, versu<strong>ch</strong>t Paito, einen<br />
kleinen Gewinn zu erwirts<strong>ch</strong>aften.<br />
Do<strong>ch</strong> dann raubt ihm ein<br />
Dieb das Päck<strong>ch</strong>en. Verzweifelt<br />
ma<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> Paito auf den Weg<br />
ins Zentrum der Stadt. Auf dem<br />
informellen Markt lernt er den<br />
glei<strong>ch</strong>altrigen Xano kennen.<br />
Gemeinsam versu<strong>ch</strong>en die beiden<br />
Jungen, mit vers<strong>ch</strong>iedensten<br />
Aktivitäten etwas Geld zu verdienen.<br />
Der lei<strong>ch</strong>tfüssige, semi-<br />
Service<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
33
Musik<br />
34<br />
dokumentaris<strong>ch</strong>e Kinderfilm<br />
«O grande bazar» von Licinio<br />
Azevedo vermittelt viele<br />
Eindrücke vom Alltagsleben<br />
in Mosambik und beeindruckt<br />
dur<strong>ch</strong> die erfris<strong>ch</strong>ende Ideenvielfalt<br />
und Kreativität der<br />
beiden optimistis<strong>ch</strong>en Jungen.<br />
Er wurde mit mehreren Preisen<br />
ausgezei<strong>ch</strong>net, u.a. für den<br />
besten Kurzfilm am Durban<br />
International Film Festival 2006<br />
und mit dem Publikumspreis<br />
am Festival «Cinémas d'Afrique»<br />
Angers 2007.<br />
«Der grosse Markt – O grande<br />
bazar» von Licinio Azevedo,<br />
Mosambik 2006.<br />
Dokumentaris<strong>ch</strong>er Spielfilm, 56<br />
Minuten, DVD, Portugiesis<strong>ch</strong>/<br />
Deuts<strong>ch</strong>, d/f/e untertitelt, geeignet<br />
ab 10 J.; Verleih und Verkauf:<br />
Bildung und Entwicklung,<br />
Tel. 031 389 20 21,<br />
verkauf@globaleducation.<strong>ch</strong>;<br />
Information und Beratung:<br />
Filme für eine <strong>Welt</strong>,<br />
Tel. 031 398 20 88,<br />
www.filmeeinewelt.<strong>ch</strong><br />
Feinste Harmonie<br />
(er) Sie ist einzigartig, die Musik<br />
der Native Americans. Sie reflektiert<br />
fast magis<strong>ch</strong> die der indianis<strong>ch</strong>en<br />
Vita innewohnende<br />
Weisheit, Spiritualität und<br />
Naturliebe. Diese ist spürbar<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008<br />
bei den über raus<strong>ch</strong>endem<br />
Gewitterregen s<strong>ch</strong>webenden<br />
elegis<strong>ch</strong>en Flötentönen des<br />
Navajo-Musikers R. Carlos<br />
Nakai. Diese Klänge – wie die<br />
anderen auf dem Streifzug dur<strong>ch</strong><br />
das Terrain von indianis<strong>ch</strong>em<br />
Sound eingespielten meditativen,<br />
hie und da rockigen Tracks<br />
– vers<strong>ch</strong>affen si<strong>ch</strong> Gehör, vor allem<br />
dur<strong>ch</strong> Stimmen, die si<strong>ch</strong> anmutig,<br />
kristallklar, erdig, sanft<br />
und spröde in ruhigen, besinnli<strong>ch</strong>en,<br />
do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> kraftvollen<br />
unter die Haut gehenden, oft<br />
mehrstimmigen Gesängen<br />
entfalten. Dazu tragen u. a.<br />
die stimmgewaltigen Cherokee-<br />
S<strong>ch</strong>western des Trios Walela<br />
bei, der diesmal ni<strong>ch</strong>t punkrockende<br />
Familienclan der<br />
Blackfire, die 67-jährige, legendäre<br />
Sängerin Buffy Sainte-<br />
Marie und die irokesis<strong>ch</strong>e<br />
Sängerin Joanne Shenandoah.<br />
Wenn diese ihr der Grossmutter<br />
gewidmetes Poem vorträgt, untermalt<br />
dur<strong>ch</strong> ein behutsam<br />
s<strong>ch</strong>wingendes Wiegenlied, dann<br />
ist das Harmonie vom feinsten!<br />
Various: «Think Global: Native<br />
America» (World Music<br />
Network/Musikvertrieb)<br />
Marokko, Madagaskar, Mali<br />
(er) «3MA» steht zunä<strong>ch</strong>st für 3<br />
afrikanis<strong>ch</strong>e Staaten: Marokko,<br />
Madagaskar und Mali. Die «3»<br />
signalisiert, dass es si<strong>ch</strong> um ein<br />
Vorhaben dreier international<br />
renommierter Saitenkünstler<br />
handelt: Es sind dies aus Marokko<br />
der die Kurzhals-Laute Oud<br />
spielende Driss El Maloumi, aus<br />
Madagaskar Rajery mit seiner<br />
Bambuszither Valiha und aus<br />
Mali der Griot Ballaké Sissoko<br />
mit seiner Harfenlaute Kora. Sie<br />
inszenieren ein musikalis<strong>ch</strong>es<br />
Rencontre, wo si<strong>ch</strong> die Stimmungen<br />
ihrer Instrumente in<br />
sanft fliessenden und seidig wogenden<br />
Klangornamenten verknüpfen.<br />
Ihre Finger eilen virtuos<br />
über die Saiten, und<br />
bisweilen po<strong>ch</strong>en oder strei-<br />
<strong>ch</strong>eln sie die Resonanzkörper<br />
liebevoll. So s<strong>ch</strong>mei<strong>ch</strong>eln si<strong>ch</strong><br />
feine Saiten-Reigen von wei<strong>ch</strong><br />
perlenden Tönen, glockenhell<br />
pulsierenden Läufe, dunkel<br />
vibrierende Klangspuren und<br />
(als Zugabe) faszinierender<br />
Männergesang in unsere Ohren.<br />
Diese melodis<strong>ch</strong>-harmonis<strong>ch</strong>e<br />
Musik samt den di<strong>ch</strong>ten<br />
Spannungsmomenten kristallisiert<br />
afrikanis<strong>ch</strong>e Tradition<br />
und aktuelle Musik der <strong>Welt</strong> in<br />
einem zeitgenössis<strong>ch</strong>en Musikprojekt<br />
der besonderen Art.<br />
Rajery, Ballaké Sissoko & Driss<br />
El Maloumi: «Projet 3MA»<br />
(Contre Jour – Harmonia<br />
Mundi/Disques Office)<br />
Innere Reinigung<br />
(er) Es sind eigenwillige und<br />
faszinierende Klangbilder, die<br />
sie kreiert: Da finden si<strong>ch</strong> melodis<strong>ch</strong>e<br />
und perkussive Klänge<br />
von <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Instrumenten<br />
wie Zheng (25-saitige Zither),<br />
Pferdekopfgeige, Trommel und<br />
Gong mit Sounds westli<strong>ch</strong>er<br />
Electronica wie Drum 'n' Bass,<br />
Trip Hop und Club-Beats in<br />
behutsam, komplex und exquisit<br />
geflo<strong>ch</strong>tenen Ethnopop-<br />
S<strong>ch</strong>leifen. Da ist ihre eigenwillige,<br />
wandlungsfähige und<br />
Bü<strong>ch</strong>er und Bros<strong>ch</strong>üren<br />
betörende Frauenstimme: Sie<br />
webt mit kehlig hellem Timbre,<br />
zuweilen soulig, und mitunter<br />
von profunden Mön<strong>ch</strong>sstimmen<br />
begleitet, einen motivrei<strong>ch</strong>en<br />
Songteppi<strong>ch</strong>. <strong>Un</strong>d eigenwillig<br />
sprengt die halbmongolis<strong>ch</strong>e,<br />
halb<strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>e Sängerin und<br />
Multi-Instrumentalistin Sa<br />
Dingding dabei Spra<strong>ch</strong>grenzen<br />
und präsentiert die Lieder ihrer<br />
europäis<strong>ch</strong>en Debüt-CD «Alive»<br />
in Sanskrit, Mandarin, tibetis<strong>ch</strong>er<br />
und in einer selbst erfundenen<br />
Spra<strong>ch</strong>e. Die bekennende<br />
Buddhistin erhielt den begehrten<br />
BBC World Music Award<br />
für ihre Klangverliebtheit und<br />
innovative Kompositionsfreudigkeit,<br />
womit die 25-Jährige<br />
den Zugang zu ihrer Kultur und<br />
zur «inneren Reinigung» unrebellis<strong>ch</strong><br />
ebnen will.<br />
Sa Dingding: «Alive» (Wrasse<br />
Records/Musikvertrieb)<br />
Mehr tun – aber das Ri<strong>ch</strong>tige!<br />
(bf ) In regelmässigen Abständen<br />
wird die Wirksamkeit der<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
grundsätzli<strong>ch</strong> in Frage gestellt.<br />
Nun meldet si<strong>ch</strong> einer zu Wort,<br />
der ni<strong>ch</strong>t nur darüber redet,<br />
sondern si<strong>ch</strong> seit Jahren fundiert<br />
mit der Sa<strong>ch</strong>e auseinander setzt.<br />
Peter Niggli ist Kenner von und<br />
Verfasser mehrerer Studien über<br />
Afrika. Seit 1998 ist er au<strong>ch</strong><br />
Ges<strong>ch</strong>äftsleiter von Alliance Sud,<br />
der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en<br />
Arbeitsgemeins<strong>ch</strong>aft von se<strong>ch</strong>s<br />
grossen S<strong>ch</strong>weizer Hilfswerken.<br />
In seinem Bu<strong>ch</strong> «Der Streit um<br />
die Entwicklungshilfe» zeigt er<br />
auf, was Entwicklungszusammenarbeit<br />
errei<strong>ch</strong>en kann und<br />
was ni<strong>ch</strong>t, warum die UNO-<br />
Millenniums-Entwicklungsziele<br />
nützli<strong>ch</strong> sind und warum «Mehr<br />
tun – aber das Ri<strong>ch</strong>tige» – so<br />
der <strong>Un</strong>tertitel seines Bu<strong>ch</strong>s –<br />
ein weitaus besserer und glaubwürdigerer<br />
Weg ist, als die Entwicklungszusammenarbeit<br />
grundsätzli<strong>ch</strong> zu verdammen.<br />
Er warnt einerseits davor, die
Grenzen der Entwicklungszusammenarbeit<br />
aus den Augen zu<br />
verlieren, und andererseits, dass<br />
ein Grossteil der Entwicklungsgelder<br />
zur Wahrung der Eigeninteressen<br />
der Geber missbrau<strong>ch</strong>t<br />
würde.<br />
«Der Streit um die Entwicklungshilfe»<br />
von Peter Niggli, Rotpunktverlag<br />
Züri<strong>ch</strong> 2008<br />
In den Bergen Afghanistans<br />
(bf) Ende Juli 1986 verlässt<br />
Didier Lefèvre Paris Ri<strong>ch</strong>tung<br />
Pakistan. Dort trifft er eine<br />
Equipe von Ärzten der Organisation<br />
Médecins sans Frontières<br />
(Ärzte ohne Grenzen) und begleitet<br />
diese na<strong>ch</strong> Afghanistan,<br />
mitten hinein in den Krieg zwis<strong>ch</strong>en<br />
der Sowjetunion und den<br />
Muds<strong>ch</strong>aheddin. Ans<strong>ch</strong>liessend<br />
kehrte Lefèvre no<strong>ch</strong> sieben Mal<br />
na<strong>ch</strong> Afghanistan zurück, «um<br />
Bekannte zu treffen und die<br />
Veränderungen zu dokumentieren».<br />
Nun ist mit «Der Fotograf<br />
– In den Bergen Afghanistans»<br />
der erste Teil einer auf drei<br />
Bände angelegten Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
auf Deuts<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>ienen, wel<strong>ch</strong>e<br />
Impressum<br />
«<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong>» ers<strong>ch</strong>eint viermal jährli<strong>ch</strong> in<br />
deuts<strong>ch</strong>er, französis<strong>ch</strong>er und italienis<strong>ch</strong>er<br />
Spra<strong>ch</strong>e.<br />
Herausgeberin<br />
Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit<br />
(DEZA) des Eidgenössis<strong>ch</strong>en Departementes<br />
für auswärtige Angelegenheiten<br />
(EDA)<br />
Redaktionskomitee<br />
Harry Sivec (verantwortli<strong>ch</strong>)<br />
Catherine Vuffray (vuc - Gesamtkoordination)<br />
Joa<strong>ch</strong>im Ahrens (ahj) Barbara Fournier (for)<br />
Anlässe<br />
Comix und Fotografie nutzt,<br />
und die Reisen des französis<strong>ch</strong>en<br />
Fotoreporters na<strong>ch</strong>zuerzählen.<br />
Lefèvre war für die<br />
Fotos zuständig, ges<strong>ch</strong>rieben<br />
und gezei<strong>ch</strong>net hat Emmanuel<br />
Guibert, in Szene gesetzt und<br />
koloriert hat Frédéric Lemercier.<br />
Dem 2007 an Herzversagen verstorbenen<br />
Didier Lefèvre gelang<br />
mit «Der Fotograf» ein internationaler<br />
Überras<strong>ch</strong>ungserfolg.<br />
<strong>Welt</strong>weit wurden bereits über<br />
200 000 Exemplare in a<strong>ch</strong>t<br />
Spra<strong>ch</strong>en verkauft.<br />
«Der Fotograf – In den Bergen<br />
Afghanistans» von Guibert/<br />
Lefèvre/Lemercier, Edition Moderne<br />
2008<br />
Wasser im Focus<br />
(jtm) Die Jahreskonferenz der<br />
S<strong>ch</strong>weizer Ostzusammenarbeit<br />
findet am 7. November im<br />
Solothurner Landhaus statt, direkt<br />
an der Aare. Wasser steht<br />
au<strong>ch</strong> thematis<strong>ch</strong> im Focus.<br />
Wasser zum Trinken, zum<br />
Bewässern, zum Erzeugen<br />
von Energie ist unersetzli<strong>ch</strong> im<br />
Entwicklungsprozess. Wasser<br />
ist ni<strong>ch</strong>t nur Quelle von Leben,<br />
sondern kann au<strong>ch</strong> Ursa<strong>ch</strong>e<br />
sein von Konflikten, wenn die<br />
Verteilung ni<strong>ch</strong>t funktioniert<br />
oder die Nutzung ni<strong>ch</strong>t effizient<br />
und bedürfnisgere<strong>ch</strong>t organisiert<br />
ist. Das gilt insbesondere au<strong>ch</strong><br />
für Tads<strong>ch</strong>ikistan, Kirgistan und<br />
Usbekistan, die zur effizienten<br />
Nutzung der Wasserressourcen<br />
auf einen funktionierenden<br />
Dialog angewiesen sind. Wie<br />
kann das Wasser besser für den<br />
Entwicklungsprozess Zentral-<br />
Thomas Jenats<strong>ch</strong> (jtm) Jean-Philippe Jutzi (juj)<br />
Gabriela Spirli (sgq) Andreas Stauffer (sfx)<br />
Beat Felber (bf)<br />
Redaktion<br />
Beat Felber (bf – Produktion)<br />
Gabriela Neuhaus (gn) Maria Roselli (mr)<br />
Jane-Lise S<strong>ch</strong>neeberger (jls)<br />
Ernst Rieben (er)<br />
Gestaltung Laurent Coc<strong>ch</strong>i, Lausanne<br />
Lithografie Mermod SA, Lausanne<br />
Druck Vogt-S<strong>ch</strong>ild Druck AG, Derendingen<br />
Le Figaro Magazine/laif<br />
asiens genutzt werden? Wel<strong>ch</strong>en<br />
Beitrag leistet das S<strong>ch</strong>weizer<br />
Wasserprogramm – ein Stützpfeiler<br />
des Engagements von<br />
SECO und DEZA in der<br />
Region? Erörtert werden<br />
diese Leitfragen in Referaten,<br />
Workshops und Filmbeiträgen<br />
von Experten aus Zentralasien<br />
und der S<strong>ch</strong>weiz. Die Veranstaltung<br />
ist gratis, der Besu<strong>ch</strong> steht<br />
allen Interessierten offen.<br />
«Focus», die Jahreskonferenz der<br />
S<strong>ch</strong>weizer Ostzusammenarbeit; 7.<br />
November im Landhaus Solothurn<br />
Rund um Jobs in der internationalen<br />
Zusammenarbeit<br />
Ni<strong>ch</strong>t nur die internationale<br />
Zusammenarbeit (IZA) hat si<strong>ch</strong><br />
verändert, au<strong>ch</strong> die Anforderungen<br />
an jene, die in diesem<br />
Berei<strong>ch</strong> arbeiten: Ob Entwicklungszusammenarbeit<br />
oder<br />
humanitäre Hilfe, ob UN-<br />
Organisation oder NGO –<br />
verlangt wird von den IZA-<br />
Fa<strong>ch</strong>leuten heute anderes und<br />
oft au<strong>ch</strong> mehr als früher.<br />
Glei<strong>ch</strong>zeitig nimmt die Konkurrenz<br />
um die begehrten Jobs<br />
zu, da si<strong>ch</strong> der Arbeitsmarkt<br />
mehr und mehr internationalisiert.<br />
Do<strong>ch</strong> wie sieht der IZA-<br />
Arbeitsmarkt in Zukunft überhaupt<br />
aus? Wel<strong>ch</strong>es sind die<br />
Trends bei den Profilen in diesem<br />
Berei<strong>ch</strong>? Wel<strong>ch</strong>e Anforde-<br />
Wiedergabe<br />
Der Na<strong>ch</strong>druck von Artikeln ist, na<strong>ch</strong> Bewilligung<br />
dur<strong>ch</strong> die Redaktion, unter Quellenangabe<br />
gestattet. Belegexemplare erwüns<strong>ch</strong>t.<br />
Abonnemente<br />
«<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong>» ist gratis (nur in der S<strong>ch</strong>weiz)<br />
erhältli<strong>ch</strong> bei: DEZA, Medien und<br />
Kommunikation, 3003 Bern<br />
Tel. 031 322 44 12 Fax 031 324 13 48<br />
E-Mail: info@deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
Internet: www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
860192226<br />
Service<br />
leute künftig erfüllen? Diese<br />
Fragen stehen im Zentrum des<br />
Rahmenprogramms «Profile<br />
der Profis von morgen» am<br />
diesjährigen Forum Cinfo in<br />
Biel. Hier treffen si<strong>ch</strong> am 6.<br />
September über 1000 Fa<strong>ch</strong>leute<br />
und sol<strong>ch</strong>e, die es werden wollen<br />
zum Informationsaustaus<strong>ch</strong><br />
und Networking. Rund 90<br />
Organisationen aus der S<strong>ch</strong>weiz,<br />
dem Ausland sowie ausgewählte<br />
Internationale Organisationen<br />
sind mit Infoständen vertreten.<br />
Forum Cinfo, 6. September im<br />
Kongresshaus Biel; www.cinfo.<strong>ch</strong><br />
EDA-Spezialisten kommen<br />
zu Ihnen<br />
Mö<strong>ch</strong>ten Sie si<strong>ch</strong> aus erster<br />
Hand über die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e<br />
Aussenpolitik informieren?<br />
Referentinnen und Referenten<br />
des Eidgenössis<strong>ch</strong>en Departements<br />
für auswärtige Angelegenheiten<br />
(EDA) stehen S<strong>ch</strong>ulklassen,<br />
Verbänden und Institutionen<br />
für Vorträge und<br />
Diskussionen zu zahlrei<strong>ch</strong>en<br />
aussenpolitis<strong>ch</strong>en Themen zur<br />
Verfügung. Der Vortragsdienst<br />
ist kostenlos, kann seine Dienstleistungen<br />
jedo<strong>ch</strong> nur innerhalb<br />
der S<strong>ch</strong>weiz anbieten, und es<br />
sollten mindestens 30 Personen<br />
an der Veranstaltung teilnehmen.<br />
Weitere Informationen:<br />
Vortragsservice EDA,<br />
Informationsdienst, Bundeshaus<br />
West, 3003 Bern;<br />
Tel. 031 322 31 53 oder<br />
031 322 35 80;<br />
Fax 031 324 90 47/48;<br />
E-Mail: info@eda.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
Vers<strong>ch</strong>iedenes rungen müssen die IZA-Fa<strong>ch</strong>-<br />
Der Umwelt zuliebe gedruckt auf <strong>ch</strong>lorfrei<br />
geblei<strong>ch</strong>tem Papier<br />
Gesamtauflage 53 000<br />
Ums<strong>ch</strong>lag <strong>Mekong</strong>-Delta, Vietnam;<br />
Hemispheres/laif<br />
ISSN 1661-1667<br />
<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.3 / September 2008 35
Grabka/laif<br />
In der nä<strong>ch</strong>sten Nummer:<br />
Seit der Internationalen Konferenz von Monterrey im Jahr 2002<br />
wird die Entwicklungsfinanzierung auf globaler Ebene diskutiert und<br />
nimmt immer konkretere Formen an: Von der Mobilisierung einheimis<strong>ch</strong>er<br />
und internationaler Ressourcen über den internationalen Handel<br />
bis hin zur Rückführung von Potentatengeldern. Ein Dossier über<br />
das bislang Errei<strong>ch</strong>te, neue Trends, Innovationen und strittige Fragen<br />
in Sa<strong>ch</strong>en Entwicklungsfinanzierung.