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Neues VCÖ-Magazin

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vcömagazin<br />

P.b.b. Verlagspostamt 1050 Wien Zulassungs-Nr. GZ 02Z030778M<br />

2013-01<br />

<strong>VCÖ</strong> – Mobilität<br />

mit Zukunft<br />

Bräuhausgasse 7–9<br />

1050 Wien<br />

T +43-(0)1-893 26 97<br />

F +43-(0)1-893 24 31<br />

E vcoe@vcoe.at<br />

www.vcoe.at<br />

»Umweltschonende Mobilität ist im ländlichen Raum möglich«<br />

Regine Gerike, Leiterin des Instituts für Verkehrswesen, Universität für Bodenkultur, Wien – Seite 7<br />

Mobil in der Region:<br />

Die Mischung macht’s<br />

Mit dem bus oder dem Elektro-fahrrad zum bahnhof, fahrgemeinschaften für den Weg zur<br />

Arbeit bilden, zu fuß zum wieder eröffneten Dorfladen – die Zukunft der Mobilität auf dem<br />

land ist vielfältig. initiativen aus den Regionen zeigen, wie’s funktioniert.<br />

Über klimafreundliche Mobilität<br />

wird in den ländlichen Regionen<br />

Österreichs nachgedacht. Es werden<br />

Konzepte entwickelt und Pilotprojekte<br />

gestartet, um die Mobilitätsbedürfnisse<br />

der Bevölkerung sicherzustellen. Gemeinden<br />

arbeiten zusammen, um flexible<br />

Mobilitätsangebote auch finanzieren zu<br />

können. Bürgerinnen und Bürger organisieren<br />

in Eigenregie Dorfläden, damit<br />

sie ihre täglichen Einkäufe wieder zu Fuß<br />

oder mit dem Fahrrad im Ort erledigen<br />

können. Auf Tagungen werden Erfahrungen<br />

ausgetauscht, die Mobilitätszentralen<br />

schließen sich zu einem österreichweiten<br />

Netzwerk zusammen.<br />

Diese Anstrengungen sind dringend<br />

nötig. Ländliche Regionen sehen sich mit<br />

großen Herausforderungen konfrontiert:<br />

Abwanderung, Überalterung, Ausdünnung<br />

der Nahversorgung, Abnahme der<br />

Wirtschaftskraft und damit der Arbeits-<br />

Vielfältig mobil<br />

Initiativen aus<br />

den Regionen<br />

zeigen wie<br />

umweltschonende<br />

Mobilität am Land<br />

funktioniert.<br />

Kooperation von Gemeinden ist dafür<br />

eine wesentliche Voraussetzung. Seite 4<br />

plätze. Längere Wege zu Arbeitsplätzen,<br />

Geschäften, Schulen und Freizeiteinrichtungen<br />

verstärken die Abhängigkeit vom<br />

Auto, das aufgrund steigender Spritpreise<br />

immer teurer wird.<br />

Multimodal mobil in der Region<br />

Was kann getan werden, um die Abhängigkeit<br />

vom Pkw in ländlichen Regionen<br />

zu reduzieren? Entweder kommen Produkte<br />

und Dienstleistungen zu jenen, die<br />

sie brauchen, oder die Menschen können<br />

durch ein entsprechendes Angebot auf<br />

umweltfreundliche Art mobil sein. Am<br />

besten ist eine flexible Kombination von<br />

beidem. Wenn Gemeinden kooperieren,<br />

können sie leichter Rahmenbedingungen<br />

für multimodale Mobilität bereitstellen.<br />

Gemeinsam mit ortsansässigen Unternehmen<br />

und der Unterstützung von Bund<br />

und Bundesländern können sie Anreize<br />

schaffen, damit die Bevölkerung das pas-<br />

Kluge Raumplanung<br />

Ein Schlüssel für<br />

umweltfreundliche<br />

Mobilität<br />

in ländlichen<br />

Regionen ist die<br />

Raumplanung.<br />

Mobilitätskosten müssen berücksichtigt<br />

werden. Seite 9<br />

Mobilität Mit Zukunft<br />

sende Verkehrsmittel für den jeweiligen<br />

Zweck wählen kann. Um multimodale<br />

Mobilität zu ermöglichen, braucht es<br />

mehr Angebot im Öffentlichen Verkehr<br />

und beim Bedarfsverkehr wie Rufbussen<br />

und Sammeltaxis, es braucht komfortable<br />

Geh- und Fahrradverbindungen entlang<br />

von Freilandstraßen sowie den Ausbau<br />

von Elektro-Mobilität und Carsharing in<br />

der Region.<br />

kluge Raumplanung<br />

berücksichtigt Mobilitätskosten<br />

Eine kluge Raumplanung berücksichtigt<br />

die Erschließungs- und Mobilitätskosten<br />

bei der Standortwahl von Siedlungen und<br />

setzt auf kostengünstige, energiesparende<br />

Varianten. Auch die Regionalpolitik und<br />

die entsprechenden Fördertöpfe sind danach<br />

auszurichten, Alternativen zur Autoabhängigkeit<br />

zu etablieren und zur Verkehrsvermeidung<br />

beizutragen.<br />

„Die Anliegen des <strong>VCÖ</strong> stimmen voll mit der Soziallehre der Katholischen<br />

Kirche überein. Ökologische und soziale Verträglichkeit sind die Grundlage für<br />

nachhaltige Entwicklung und – falls Kostenwahrheit<br />

gegeben ist – auch für wirtschaftlichen Erfolg. Als<br />

überzeugter Katholik unterstütze ich daher schon seit<br />

vielen Jahren den <strong>VCÖ</strong> mit Spenden.“<br />

Stephan Turnovszky,<br />

Weihbischof in Wien<br />

2013<br />

25 JahRe <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

Foto Landbus Bregenzerwald


2<br />

kommentar<br />

Impressum:<br />

<strong>VCÖ</strong>-<strong>Magazin</strong> – für Mobilität mit Zukunft<br />

Redaktion und Anzeigenleitung:<br />

A-1050 Wien<br />

Bräuhausgasse 7–9<br />

T +43-(0)1-893 26 97<br />

F +43-(0)1-893 24 31<br />

E vcoe@vcoe.at<br />

www.vcoe.at<br />

Medieninhaber, Herausgeber:<br />

<strong>VCÖ</strong>, 1050 Wien, Bräuhausgasse 7–9<br />

ZVR-Zahl: 674059554<br />

Konto: BAWAg PSK 7.526.525<br />

DVR-Nr. 0539856<br />

Unter Beteiligung von:<br />

vcö-magazin 2011-05<br />

2013-01<br />

Denkt euch was <strong>Neues</strong> aus!<br />

Von Markus Gansterer<br />

<strong>VCÖ</strong>-Verkehrspolitik<br />

Das aktuelle geschäftsmodell des Autohandels beruht darauf,<br />

möglichst große, möglichst teure Autos zu verkaufen.<br />

Den Kundinnen und Kunden wird suggeriert, ein großes Auto<br />

sei praktischer und sicherer – auch wenn oft ein<br />

Kleinwagen reichen würde. Übersehen wird dabei,<br />

dass sich in der gesellschaft ein Wandel abspielt: Es<br />

genügt, ein Auto zu nutzen, wenn es gebraucht wird,<br />

anstatt es ständig und teuer zu besitzen.<br />

Die Autoindustrie beginnt ihre Fühler in Richtung<br />

Zukunft auszustrecken, indem sie mit eigenen Angeboten<br />

des „Auto nützen statt besitzen“ einsteigt. Der<br />

Autohandel bietet noch nicht einmal Mietautos an. Vor allem<br />

»Autos leihen statt kaufen«<br />

im ländlichen und kleinstädtischen Raum gäbe es enormes<br />

Potenzial für neue, flexible geschäftsmodelle. Autohäuser gibt<br />

es auch in vielen kleineren Orten. Sie könnten Mietwagen und<br />

Carsharing anbieten. Das Konzept „Mobilitäts angebot statt<br />

Autoverkauf“ könnte so aussehen: Wer nur selten ein Auto benötigt,<br />

leiht es sich einfach bei Bedarf. Wer regelmäßig auf ein<br />

Auto angewiesen ist, kauft einen Kleinwagen, der für den Alltag<br />

meist ausreicht. gleichzeitig stehen jederzeit größere Fahrzeuge<br />

zur Verfügung – vom Kombi bis zum Klein-Lkw, bestellt per<br />

Mobiltelefon-App und sogar vors Haus geliefert.<br />

Laut einer Umfrage, die kürzlich in einem Fachmagazin der<br />

Automobilwirtschaft zitiert wurde, sind Fahrzeughändlerinnen<br />

und -händler deutlich konservativer als ihre Kundinnen und<br />

Kunden. Zwei Drittel lehnen gezielte Strategien für junge Kundinnen<br />

und Kunden ab. Die Bedeutung neuer Mobilitätsformen<br />

schätzten sie deutlich geringer ein als die gesamtbevölkerung.<br />

Der Rat des Studienautors: „Der Fahrzeughandel muss agieren,<br />

nicht reagieren.“ Also: Denkt euch etwas <strong>Neues</strong> aus!<br />

> Ihre Meinung dazu an markus.gansterer@vcoe.at<br />

Markus<br />

Gansterer<br />

Georg<br />

Kapsch<br />

Brigitte<br />

Jilka<br />

Gabriela<br />

Moser<br />

Reinhard<br />

Seiß<br />

Christian<br />

Gratzer<br />

Jos<br />

Dings<br />

Willi<br />

Nowak<br />

Stephan<br />

Turnovszky<br />

Hans<br />

Emrich<br />

Dietmar<br />

Steiner<br />

Christopher<br />

Seif<br />

Ursula<br />

Kapfenberger-<br />

Poindl<br />

Ursula<br />

Jungmeier-Scholz<br />

Cosima<br />

Pilz<br />

UID-Nr. ATU 36822809<br />

Zulassungs-Nr. gZ 02Z030778 M<br />

Persönlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

die Meinung der Autorin beziehungsweise des<br />

Autors wieder.<br />

Coverfoto: Landbus Bregenzerwald<br />

Layout: A BISS Z PRODUCTIONS<br />

Redaktion: Sonja Schnögl, www.muendig.at<br />

Herstellung: Druckerei Berger,<br />

3580 Horn, Wiener Straße 80<br />

Erstellt mit finanzieller Unterstützung des<br />

Landes Niederösterreich.<br />

Regina<br />

Rausch<br />

Rudolf<br />

Friewald<br />

Ilse<br />

Königstetter<br />

Bernhard<br />

Hachleitner<br />

Alexander<br />

Egit<br />

Regine<br />

Gerike<br />

Ulla<br />

Karlheinz A.<br />

Geißler<br />

Sonja<br />

Schnögl<br />

Rasmussen<br />

Sebastian<br />

Seebauer<br />

Melanie<br />

Herget<br />

Herwig<br />

Gruber<br />

Roman<br />

Michalek<br />

Daniel<br />

Santillan<br />

Uta<br />

Linnert<br />

Bettina<br />

Urbanek<br />

Vitus<br />

Monitzer<br />

Thomas<br />

Krautscheid<br />

Christian<br />

Höller<br />

Karl-Heinz<br />

Winkler<br />

Christian<br />

Steger-Vonmetz<br />

Roman<br />

Kellner<br />

Joachim<br />

Ninaus<br />

Stephan<br />

Maurer<br />

David<br />

Frey<br />

Das Mobilitätsverhalten<br />

ändert sich immer wieder<br />

Die Österreicherinnen und Österreicher ändern zunehmend ihr<br />

Mobilitätsverhalten. Job- und Wohnungswechsel sind die häufigsten<br />

Gründe dafür, wie eine Studie unter Mitarbeit des <strong>VCÖ</strong> zeigt.<br />

Immer mehr Menschen sind immer<br />

öfter multimodal mobil, das heißt<br />

es werden auf einer Strecke mehrere<br />

Verkehrsmittel kombiniert. „Die Österreicherinnen<br />

und Österreicher haben<br />

kein starres Mobilitätsverhalten<br />

mehr, die Bereitschaft für Änderungen<br />

ist größer als bisher angenommen<br />

wurde“, fasst <strong>VCÖ</strong>-Experte Markus<br />

Gansterer die Ergebnisse der europäischen<br />

Studie „USEmobility“ zusammen,<br />

an der der <strong>VCÖ</strong> für Österreich<br />

mitgearbeitet hat. In repräsentativen<br />

Umfragen wurden die Motive für Änderungen<br />

bei der Verkehrsmittelwahl<br />

erhoben. In Österreich wurden rund<br />

2.000 Personen befragt.<br />

Änderung durch Arbeitsplatz-<br />

und Wohnungswechsel<br />

51 Prozent der Befragten haben ihr<br />

Mobilitätsverhalten am Arbeitsweg<br />

verändert, 41 Prozent erledigen ihre<br />

Einkäufe heute mit anderen Verkehrsmitteln<br />

und 38 Prozent sind für<br />

ihre Freizeitaktivitäten anders mobil.<br />

Für die Hälfte jener, die ihr Mobilitätsverhalten<br />

verändert haben, waren<br />

private Gründe ausschlaggebend, wie<br />

Arbeitsplatz- oder Wohnungswechsel.<br />

Ein Drittel stieg um, weil das nun verwendete<br />

Verkehrsmittel attraktiver ist<br />

als das bisherige, etwa durch die Ausweitung<br />

des Angebots an öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln oder durch spezielle<br />

Preisangebote. Verschlechterungen<br />

beim bisher verwendeten Verkehrs-<br />

„Sag mir, wie du fährst“<br />

Thomas Krautscheid, Leiter Qualitätsforschung Verkehr,<br />

Vertrieb und Umwelt beim Projektpartner Quotas Ltd.,<br />

über die Ergebnisse der Studie „USEmobility“:<br />

Foto: Ante Klecina<br />

In Kroatien: Im Rahmen des Projektes USEmobility wurden repräsentative Befragungen in fünf<br />

Staaten Europas durchgeführt.<br />

mittel, etwa höhere Spritkosten oder<br />

Parkplatzprobleme, gaben ein Fünftel<br />

als Grund für den Umstieg an.<br />

Öffentliche Verkehrsmittel<br />

werden stärker genutzt<br />

„Bereits zwei Drittel der Menschen<br />

in Österreich nutzen öffentliche Verkehrsmittel<br />

zumindest gelegentlich,<br />

um zur Arbeit zu kommen, und Freizeitziele<br />

werden sogar von 70 Prozent<br />

zumindest gelegentlich mit dem Öffentlichen<br />

Verkehr erreicht“, macht<br />

<strong>VCÖ</strong>-Experte Gansterer auf ein weiteres<br />

Ergebnis aufmerksam. Die drei<br />

Hauptgründe für die stärkere Nutzung<br />

öffentlicher Verkehrsmittel sind<br />

die bessere Erreichbarkeit von Haltestellen<br />

beziehungsweise Bahnhöfen<br />

(61 Prozent), häufigere Verbindungen<br />

„Fast die Hälfte der Bevölkerung berichtet über eine Veränderung<br />

in ihrem Mobilitätsverhalten. Die USEmobility-<br />

Befragung zeigt, dass die Wahl des Verkehrsmittels stark Thomas Krautscheid,<br />

Quotas Ltd.<br />

vom Zweck der Reise abhängt. Die größten Veränderungen<br />

stellten wir bei den Arbeitswegen fest. In Großstädten verzeichnete der Öffentliche<br />

Verkehr Zuwächse, in den ländlichen Gebieten der USEmobility-Staaten hat der Pkw-<br />

Verkehr zugenommen.“<br />

„In allen Staaten hat ein beträchtlicher Anteil (25 Prozent) der Befragten eine sehr pragmatische<br />

Einstellung gegenüber der Wahl des Verkehrsmittels. Deren Verhalten ist nicht<br />

durch Mobilitätsgewohnheiten gesteuert, sondern kann durch attraktive Verkehrsangebote<br />

stark beeinflusst werden. Zentral sind nahegelegene Haltestellen in Wohngebieten<br />

und die gute Erreichbarkeit der Zielorte. Durch die Verbindung mit einigen wichtigen<br />

‚weichen Faktoren‘, wie Reisekomfort, Annehmlichkeiten sowie eine große Flexibilität<br />

der Angebote (regelmäßige Abfahrten und einfache Ticketübertragung), kann eine größere<br />

Wirkung erzeugt werden, die Fahrgäste anzieht.“<br />

„Wir sind überrascht, wie viele Menschen von einer Änderung im Mobilitätsverhalten in<br />

den letzten fünf Jahren berichtet haben. Das Mobilitätsverhalten ist weitaus flexibler als<br />

erwartet. Der starke Einfluss der Lebenssituation eines Menschen war eine sehr interessante<br />

Entdeckung, da sich die meisten Diskussionen über Änderungen in den Mobilitätsgewohnheiten<br />

auf das Verkehrsangebot und nicht auf die persönliche Situation der Nutzenden<br />

konzentrieren. Der Anteil an pragmatisch denkenden Fahrgästen ist sehr hoch.<br />

Dennoch bedeutet Pragmatismus nicht das Fehlen von Emotionen. Der Autoverkehr ist<br />

viel stärker mit Emotionen besetzt als der Öffentliche Verkehr. Hier hat der Öffentliche<br />

Verkehr Raum für Entwicklungen.“<br />

(54 Prozent) sowie geringere Kosten<br />

(46 Prozent). Als Motive, öffentliche<br />

Verkehrsmittel nicht zu nutzen, werden<br />

die Fahrzeit und die Anzahl der<br />

Umstiege (51 Prozent) und die mangelnde<br />

Anzahl von Verbindungen (50<br />

Prozent) am häufigsten genannt. Als<br />

Gründe gegen das Autofahren werden<br />

am häufigsten die höheren Kosten<br />

(65 Prozent) und die fehlende<br />

Möglichkeit, das Auto jederzeit und<br />

überall kostenlos abstellen zu können<br />

(35 Prozent) genannt. Die Befragung<br />

zeigt, dass das Ziel einer stärkeren<br />

Verlagerung vom Auto auf öffentliche<br />

Verkehrsmittel dann schneller erreicht<br />

wird, wenn Spritpreise steigen und<br />

das kosten lose Abstellen von Pkw im<br />

öffentlichen Raum abgeschafft wird.<br />

Im Vergleich zu den anderen Staaten<br />

sind die Österreicherinnen und<br />

Österreicher sehr multimodal mobil.<br />

74 Prozent kombinieren verschiedene<br />

Verkehrsmittel auf ihren Alltagswegen.<br />

Nur in Deutschland sind es mit<br />

76 Prozent mehr. In Ungarn sind es<br />

73 Prozent, in Kroatien 72 Prozent, in<br />

Belgien nutzen nur 64 Prozent mehrere<br />

Verkehrsmittel, in den Niederlanden<br />

überhaupt nur 56 Prozent.<br />

Der <strong>VCÖ</strong> fordert bessere Schnittstellen<br />

zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln<br />

und die Einführung<br />

einer elektronischen Mobility-Card,<br />

mit der nicht nur alle öffentlichen<br />

Verkehrsmittel, sondern auch City-<br />

Bikes und Carsharing-Autos benützt<br />

werden können.<br />

Zum Projekt:<br />

Im EU-Projekt USEmobility arbeiten<br />

Organisationen wie der <strong>VCÖ</strong> aus<br />

fünf Staaten (Belgien, Deutschland,<br />

Ungarn, Kroatien, Österreich) zusammen.<br />

Es soll herausgearbeitet werden,<br />

was Menschen dazu bewegt, auf umweltfreundliche<br />

Verkehrsmittel umzusteigen.<br />

Dafür wurde eine repräsentative<br />

Befragung in den Partnerstaaten<br />

durchgeführt.<br />

> Webtipp: http://usemobility.eu<br />

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Medieninhaber: gemeinnütziger Verein „<strong>VCÖ</strong> – Mobilität mit Zukunft“, 1050 Wien. geschäftsführer: Dr. Willi Nowak.<br />

grundlegende Richtung gemäß Paragraf 25, Absatz 4 Mediengesetz: Das <strong>VCÖ</strong>-<strong>Magazin</strong> ist ein Medium zur Verbreitung der Ziele des <strong>VCÖ</strong> und dient insbesondere der Förderung ökologisch<br />

verträglicher, sozial gerechter und effizienter Mobilität durch Beiträge aus den Bereichen Verkehrspolitik, Verkehrswissenschaft, Verkehrspsychologie und Verkehrssicherheit.


interview<br />

Alternativen erlebbar<br />

machen<br />

Den meisten Menschen, die in ländlichen Regionen leben, fehlen<br />

Erfahrungen mit Alternativen zum eigenen Auto, sagt die deutsche<br />

Umweltwissenschafterin Melanie Herget.<br />

Frau Herget, Sie haben das Mobilitätsverhalten<br />

von Familien in ländlichen Regionen<br />

untersucht. Unterscheidet es sich<br />

grundlegend von dem in der Stadt?<br />

Familien besitzen in ländlichen Räumen<br />

durchschnittlich mehr Autos als<br />

in der Stadt. Sie legen mehr Wege zurück,<br />

davon mehr Wege mit dem Auto<br />

und insgesamt größere Entfernungen<br />

als Eltern in der Stadt. Interessant<br />

ist jedoch, dass die Zeit, die Eltern in<br />

ländlichen Räumen täglich unterwegs<br />

sind, trotzdem deutlich kürzer ist als<br />

die von Eltern in der Stadt.<br />

Welche Mobilitätstypen gibt es?<br />

Im Rahmen meiner Interviews habe<br />

ich fünf verschiedene Mobilitätstypen<br />

identifiziert: Da sind erstens diejenigen,<br />

die sich bei stark steigenden<br />

Kraftstoffpreisen am ehesten mit Verwandten<br />

und Bekannten ihre Autos<br />

und Fahrten teilen würden, und zweitens<br />

diejenigen, die sich ebenfalls eine<br />

gemeinschaftlichere Autonutzung gut<br />

vorstellen können, zur Not aber auch<br />

in städtischere Wohnlagen umziehen<br />

würden. Dann gibt es drittens Eltern,<br />

die sich als Alternative in erster Linie<br />

einen Umstieg auf Bahn oder Bus vorstellen<br />

können – allerdings nur, wenn<br />

das Angebot verbessert würde, es also<br />

mehr und direktere Verbindungen zu<br />

ihren üblichen Zielen gäbe. Aus dieser<br />

Gruppe erwägen als vierter Mobilitätstyp<br />

einige wenige einen Umzug<br />

in die Stadt, falls sich ein alltagstaugliches<br />

Angebot öffentlicher Verkehrsmittel<br />

nicht realisieren lassen sollte.<br />

Der fünfte Mobilitätstyp schließlich<br />

vcö-hintergrundgespräch<br />

Foto: Bernhardt Link<br />

Melanie Herget<br />

Die Umweltwissenschafterin (36)<br />

forschte an der Technischen Universität<br />

Berlin im Fachgebiet Integrierte<br />

Verkehrsplanung vier Jahre zum Thema<br />

Familienmobilität im ländlichen Raum.<br />

besteht aus Müttern und Vätern, die<br />

vermehrt auf Fahrrad oder Roller umsteigen<br />

würden, wenn die Kosten der<br />

Autonutzung zu hoch werden. Ob<br />

die Wahl dabei eher aufs Rad oder<br />

auf ein motorisiertes Kleinstfahrzeug<br />

fällt, hängt stark von der Fahrradinfrastruktur<br />

vor Ort und den zurückzulegenden<br />

Entfernungen ab.<br />

Empfinden Eltern in ländlichen Regionen<br />

ihre Abhängigkeit vom Auto als störend?<br />

Eltern, die bereits seit Generationen<br />

nur die Autonutzung kennen, empfinden<br />

ihre Abhängigkeit als ganz normal<br />

und keinesfalls als störend. Eltern<br />

dagegen, die zeitweise in der Stadt gelebt<br />

haben und ein dichtes Netz des<br />

Öffentlichen Verkehrs kennen, sind<br />

da durchaus kritischer. Wenn sich<br />

das Autofahren fest in die Routine<br />

eingeschrieben hat, wird nicht mehr<br />

hinterfragt. Nur wer eine höhere Verkehrsmittelvielfalt<br />

erlebt hat und eine<br />

hohe Umweltschutzbereitschaft äußert,<br />

empfindet Autoabhängigkeit als<br />

störend.<br />

Wie schätzen Sie die Bereitschaft der Bevölkerung<br />

in der Region zur Veränderung<br />

ihres Mobilitätsverhaltens ein?<br />

In der Psychologie wird davon ausgegangen,<br />

dass die Bereitschaft zur Verhaltensänderung<br />

zunimmt, wenn sowohl<br />

die Wahrnehmung einer Bedrohung<br />

hoch ist als auch wirkungsvolle<br />

Möglichkeiten zur Bewältigung dieser<br />

Bedrohung gesehen werden. Daher<br />

vermute ich, dass die Bereitschaft zur<br />

Veränderung des Verkehrsverhaltens<br />

bei der Bevölkerung in ländlichen Regionen<br />

erst dann größer wird, wenn<br />

ihre Problemwahrnehmung durch<br />

stark und dauerhaft steigende Spritpreise<br />

deutlich zunimmt. Parallel dazu<br />

müssten die Menschen die Möglichkeit<br />

bekommen, positive Erfahrungen<br />

mit Alternativen zum eigenen Auto<br />

machen zu können. Diese Alternativen,<br />

ein Busangebot, Rufbusse und<br />

sichere Radwege zum Beispiel für Pedelecs<br />

auf weiteren Wegen abseits der<br />

stark befahrenen Landstraßen müssten<br />

überhaupt einmal existieren.<br />

> Das Interview führte Uta Linnert. Es erschien<br />

erstmals im fairkehr-<strong>Magazin</strong> des VCD.<br />

> Literaturtipp:<br />

„Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im<br />

ländlichen Raum“, Projekt der TU Berlin.<br />

Download unter: www.verkehrsplanung.<br />

tu-berlin.de/ufmhandbuch.pdf<br />

Feine Luft statt Feinstaub<br />

Wie steht es um die Luftqualität in Österreichs Ballungsräumen?<br />

Welche Maßnahmen sind nötig, um Verbesserungen zu erzielen? Diesen<br />

und weiteren aktuellen Fragen widmete sich das <strong>VCÖ</strong>-Hintergrundgespräch<br />

„Feine Luft statt Feinstaub“. Von Loris Knoll<br />

Maßnahmen wie strengereAbgasvorschriften<br />

für Neuwagen<br />

haben die Luftqualität in den<br />

Ballungsräumen in den vergangenen<br />

Jahren verbessert.<br />

Dieser politische Erfolg zeigt,<br />

dass gesetzliche Vorschriften<br />

die Luftqualität verbessern können.<br />

Aus medizinischer Sicht ist das bisher<br />

Erreichte aber noch nicht genug.<br />

Vor allem das Problem der besonders<br />

gesundheitsschädlichen ultrafeinen<br />

Partikel (PM01, PM2,5) ist ungelöst.<br />

Manfred Neuberger vom Institut für<br />

Umwelthygiene an der MedUni Wien<br />

forderte mehr PM2,5­Messstellen.<br />

Auch Dieselruß dürfe nicht unterschätzt<br />

werden. „Dieselruß ist giftig<br />

im Frühling, im Sommer, im Herbst,<br />

und im Winter.“ Nur wenn gleichzeitig<br />

Stickoxide und Feinstaub reduziert<br />

werden, verbessert das die Gesundheit.<br />

Die verstärkte Kooperation über<br />

Stadt­ und Bundeslandgrenzen hinweg<br />

und der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs<br />

sind Voraussetzungen, um die<br />

Verkehrsprobleme zu verringern und<br />

die Luftqualität zu verbessern. Laut<br />

Rüdiger Maresch von den Grünen<br />

Wien sei daher der Ausbau des Öffentlichen<br />

Verkehrs, insbesondere der<br />

S­Bahn, zu forcieren. Auch die Bevorrangung<br />

öffentlicher Verkehrsmittel<br />

sei notwendig und werde gemeinsam<br />

mit den Wiener Linien vorbereitet.<br />

Sylvia Leodolter von der Arbeiterkammer<br />

sieht den Öffentlichen Verkehr<br />

als Lösung, die Feinstaubprobleme<br />

zu bekämpfen, ohne die Mobilität<br />

der Menschen zu gefährden. Verbesserungen<br />

wären auch bei Flotten von<br />

Lieferverkehren und Taxis sinnvoll.<br />

Das <strong>VCÖ</strong>­Hintergrundgespräch<br />

zeigte, dass viele Verkehrsmaßnahmen<br />

auch den öffentlichen Raum wieder<br />

fairer verteilen. Andrea Schnattinger<br />

von der Wiener Umweltanwaltschaft<br />

schlug vor, die Verkehrsflächen an die<br />

realen Verkehrsanteile anzupassen, in<br />

Wien wären demnach 71 Prozent der<br />

vcö-magazin 2013-01<br />

Foto: www.weissphotography.at<br />

3<br />

verkehr in EUropa<br />

Kann Regionalpolitik für<br />

Erdölunabhängigkeit sorgen?<br />

Von Ulla Rasmussen,<br />

<strong>VCÖ</strong>-Verkehrspolitik<br />

Die Entwicklung in den ländlichen Regionen spielt bei zahlreichen<br />

politischen Zielen der Europäischen Union eine entscheidende<br />

Rolle. So beim Klimaschutz, der aufgrund der<br />

bisherigen Untätigkeit zur Anpassung an den Klimawandel<br />

wird, den Bemühungen um Effizienz in den<br />

Bereichen Energie und Ressourcen und schließlich<br />

demografische Veränderungen. Viele dieser<br />

Heraus forderungen haben auch verkehrspolitische<br />

Relevanz und machen es notwendig, die Erdölab-<br />

»Energiewende im Verkehr schaffen«<br />

hängigkeit des Verkehrs zu verringern. Dazu ist eine dezentrale<br />

Versorgung mit erneuerbarer Energie nötig. Da allerdings die<br />

wenigsten Menschen von Windrädern, Wasserkraftwerken<br />

oder Photovoltaikparks vor ihrer Haustür begeistert sind, ist<br />

zuerst eine gewaltige Reduktion des Energieverbrauchs nötig.<br />

Es sind in den Regionen jene Infrastrukturprojekte zu fördern,<br />

die zur Verkehrsvermeidung beitragen. Mit anderen Worten:<br />

keine neuen Autobahnen und Regionalflughäfen, sondern gezielter<br />

Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und mehr Schienenanschlüsse<br />

für Betriebe in ländlichen Regionen.<br />

Unternehmen und Regionen, die öffentliche Fördermittel und<br />

Geld aus EU-Fördertöpfen erhalten, sollen dazu verpflichtet<br />

werden, Verantwortung für den umweltfreundlichen Vertrieb<br />

ihrer Produkte und für die Mobilität ihrer Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter zu übernehmen. Unternehmen sollen sich stark<br />

machen für die Anbindung ihres Standortes an öffentliche<br />

Verkehrsmittel und für Infrastrukturen, die bewegungsaktive<br />

Mobilität auf dem Weg zur Arbeit ermöglichen.<br />

Es braucht eine Regionalpolitik, die mit den Mitteln verantwortungsbewusst<br />

umgeht, den Energieverbrauch reduziert und<br />

regionale Kreisläufe stärkt.<br />

> Ihre Meinung an: ulla.rasmussen@vcoe.at<br />

Flächen frei von Autos. Sibylla Zech,<br />

TU Wien, erklärte, dass Mobilität<br />

nicht losgelöst von Siedlungspolitik<br />

gesehen werden dürfe. Eine Stadt der<br />

kurzen Wege ermöglicht es, zeit­ und<br />

kostensparend ans Ziel zu kommen.<br />

Neben einer Reform der Wohnbauförderung<br />

wurde auch mehrfach<br />

eine Änderung der Pkw­Stellplatzverpflichtung<br />

gefordert.<br />

„Die Luftqualität wird sich in<br />

den kommenden Jahren durch den<br />

Technologieaustausch verbessern“,<br />

prognostizierte <strong>VCÖ</strong>­Experte Markus<br />

Gansterer abschließend, „aber<br />

es braucht Maßnahmen, die das beschleunigen<br />

und sicherstellen.“<br />

Hintergrundgespräch:<br />

Sylvia Leodolter<br />

(AK Wien), Sibylla<br />

Zech (TU Wien),<br />

Christian Gratzer (<strong>VCÖ</strong>),<br />

Rüdiger Maresch,<br />

(Grüne Wien), Andrea<br />

Schnattinger (Wiener<br />

Umweltanwaltschaft),<br />

Markus Gansterer<br />

(<strong>VCÖ</strong>) und weitere<br />

interessierte und<br />

fachkundige Personen<br />

diskutierten über<br />

Maßnahmen zur<br />

Verbesserung der<br />

Luftqualität.<br />

> Zum Autor:<br />

Loris Knoll ist Zivildiener<br />

beim <strong>VCÖ</strong>.


Foto: Mobilitätszentrale Burgenland<br />

Foto: Martin Grabmayer - www.fotospass.at<br />

4<br />

»Die Regionalförderung<br />

zielt darauf ab, dass sich<br />

Gemeinden bei Mobilitätsfragen<br />

zusammentun.«<br />

Roman Michalek, Leiter der<br />

Mobilitätszentrale Burgenland<br />

»Insgesamt haben wir in den<br />

Gemeinden 200 Projekte,<br />

von denen viele auch im<br />

Mobilitätsbereich angesiedelt<br />

sind.«<br />

Joachim Ninaus, Geschäftsführer<br />

Verein Ökoregion Kaindorf<br />

2013<br />

25 JahRe <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

„Der <strong>VCÖ</strong> war der Zeit mit seinem modernen Mobilitätsbegriff<br />

Jahrzehnte voraus. Seine Argumente<br />

zeichnen sich dadurch aus, dass sie regelmäßig<br />

Eingang in verkehrsplanerische und verkehrspolitische<br />

Konzepte finden. Ich wünsche dem <strong>VCÖ</strong><br />

weiterhin Stabilität in der Organisation und viele<br />

kompetente Personen,<br />

die zur Aufrecht erhaltung<br />

hoher Lebensqualität mitarbeiten<br />

und mitdenken.“<br />

Brigitte Jilka,<br />

Stadtbaudirektorin<br />

in Wien<br />

vcö-magazin 2013-01<br />

Foto: Mobilitätszentrale Burgenland<br />

Die Orte heißen Sittichenbach,<br />

Liedersdorf oder Wolferode und<br />

sie haben etwas gemeinsam: Es<br />

gibt keine Nahversorgung mehr. Eine<br />

Katastrophe, vor allem für ältere<br />

Menschen der kleinen Gemeinden<br />

im deutschen Bundesland Sachsen-<br />

Anhalt. Doch da ist auch noch Olaf<br />

Rische. Sein „Rollender Supermarkt“,<br />

ein zum Laden umgebauter Lkw, klappert<br />

Woche für Woche Ortschaften im<br />

dünn besiedelten Landkreis Mansfeld-<br />

Südharz ab und versorgt die ansässige<br />

Bevölkerung mit bis zu 2.500 Artikeln<br />

des täglichen Bedarfs. „Mit unserem<br />

Verkaufsmobil bringen wir den Menschen<br />

ein Stück Selbstständigkeit zurück“,<br />

ist er überzeugt.<br />

Kleine Gemeinden – weite<br />

Strecken<br />

Auch in Österreich verschlechtert sich<br />

in der Regel die Versorgung mit notwendigen<br />

Produkten oder Dienstleistungen,<br />

wenn die Bevölkerungsdichte<br />

abnimmt. Jede vierte Gemeinde steht<br />

heute schon ohne Lebensmittelgeschäft<br />

da. Mit der sinkenden regionalen<br />

Wirtschaftskraft gehen auch<br />

die Arbeitsplätze verloren. Die Strecken<br />

vom Wohnort zur Arbeitsstätte<br />

werden länger, der motorisierte Personenverkehr<br />

nimmt zu. Sei es aus<br />

Bequemlichkeit oder mangels Alternativen,<br />

drei Viertel der Pendelnden<br />

in Österreich fahren mit dem Auto.<br />

Je kleiner die Gemeinde und je weiter<br />

das nächste Zentrum entfernt ist,<br />

desto höher ist auch der Motorisierungsgrad<br />

der Bevölkerung. Neben all<br />

den negativen Folgen, die der Anstieg<br />

von motorisiertem Individualverkehr<br />

mit sich bringt, merken das die Betroffenen<br />

auch im Geldbörsel: Ein<br />

Haushalt in Niederösterreich gibt mit<br />

durchschnittlich 6.120 Euro pro Jahr<br />

um 2.000 Euro mehr für Mobilität<br />

aus als ein Haushalt in Wien.<br />

Aber wie lässt sich verhindern, dass<br />

vor dem Haus in kleinen ländlichen<br />

Gemeinden Zweit- und Drittautos<br />

parken? Und was sollen Jugendli-<br />

»Elektro-Fahrräder sind das ideale Trans-<br />

portmittel für die meist nur wenige Kilometer<br />

langen Wege zur nächsten Busstation.«<br />

che oder ältere Menschen tun, wenn<br />

sich das Mobilitätsangebot auf einen<br />

Schulbus und die motorisierte Verwandtschaft<br />

beschränkt? Im Grunde<br />

lässt sich der Pkw-Abhängigkeit und<br />

damit Erdöl-Abhängigkeit ländlicher<br />

Regionen nur auf zwei Arten begegnen.<br />

Entweder sinkt der Mobilitätsdruck,<br />

indem zum Beispiel Dienstleistungen<br />

und Produkte wieder zu<br />

jenen kommen, die sie brauchen.<br />

Oder die Menschen können auf umweltfreundliche<br />

Art mobil sein. Am<br />

besten beides.<br />

Ersteres bieten Olaf Risch und viele<br />

andere, wenn das Angebot auch längst<br />

noch nicht ausreicht. In Deutschland,<br />

Burgenland:<br />

Der GreMo-Seebus<br />

bietet eine optimale<br />

Verknüpfung von Bus,<br />

Bahn und Fahrrad und<br />

motiviert erfolgreich<br />

zum Umstieg vom Auto<br />

auf klimafreundliche<br />

Mobilität.<br />

Vielfältig mobil: Konz<br />

In ländlichen Regionen ist die Abhängigkeit vom eigenen Pkw hoch. Wer das ändern will, muss<br />

Alternativen bieten. Wo Gemeinden zusammenarbeiten, gibt es bereits Lösungsansätze für<br />

umweltgerechte Mobilität. Von Roman Kellner<br />

Foto: Ökoregion Kaindorf<br />

wo deutlich mehr mobile Dienstleistende<br />

unterwegs sind als in Österreich,<br />

rollen etwa 1.800 Supermärkte<br />

durchs Land, aber auch Kinos, rund<br />

50 Bankfilialen und 100 Bibliotheken.<br />

Bei der Suche nach Alternativen<br />

zum Auto wird rasch klar, „dass es kein<br />

Allheilmittel für nachfrageschwache,<br />

ländliche Räume gibt, sondern jeweils<br />

Einzelfalllösungen entwickelt werden<br />

müssen“, weiß eine Mobilitätsstudie<br />

der TU Berlin. Was es braucht, sind<br />

regionale Konzepte, die auf die jeweiligen<br />

Bedingungen und Bedürfnisse<br />

Rücksicht nehmen.<br />

Elektro-Fahrräder in der<br />

Ökoregion<br />

Die Ökoregion Kaindorf im steirischen<br />

Bezirk Hartberg hat ein solches<br />

Mobilitätskonzept mit zahlreichen<br />

möglichen Maßnahmen erstellt.<br />

Joachim Ninaus, Geschäftsführer der<br />

Ökoregion, besitzt viel Erfahrung mit<br />

der Umsetzung ökologieorientierter<br />

Visionen, haben sich die 5.500 Einwohnerinnen<br />

und Einwohner aus<br />

sechs Gemeinden doch dem Ziel der<br />

CO 2 -Neutralität verschrieben. Auf<br />

das Thema Mobilität angesprochen,<br />

stöhnt aber auch er: „Es ist das schwierigste<br />

Thema, das es überhaupt gibt.“<br />

Die Ökoregion ist trotzdem und gerade<br />

deshalb auch punkto Mobilität<br />

aktiv. Sie unterstützt zum Beispiel den<br />

Kauf eines Elektro-Fahrrads mit 100<br />

Euro und erleichtert ihn durch die Eröffnung<br />

von zwei entsprechenden Ge-


schäften. Identitätsstiftende Aktivitäten<br />

wie ein Radclub oder das Rennen<br />

„24 Stunden Biken für den Klimaschutz“<br />

begleiten die Initiative. Die<br />

Ökoregion Kaindorf liegt damit im<br />

Trend: 60.000 Elektro-Räder sind in<br />

den Jahren 2010 und 2011 österreichweit<br />

verkauft worden. Sie entpuppen<br />

sich als das ideale Transportmittel für<br />

die meist nur wenige Kilometer langen<br />

Wege zur nächsten Busstation<br />

oder zum nächsten Bahnhof. Joachim<br />

Ninaus: „Insgesamt haben wir in den<br />

Gemeinden 200 Projekte, von denen<br />

viele auch im Mobilitätsbereich angesiedelt<br />

sind.“<br />

Rufbusse in Osttirol<br />

Vitus Monitzer ist Bürgermeister der<br />

Osttiroler Gemeinde St. Veit, die gemeinsam<br />

mit Hopfgarten und St. Jakob<br />

im Defereggental der Hohen<br />

Tauern liegt. Wie bei vielen anderen<br />

Seitentälern auch drängen hier ungenügende<br />

Busangebote die Einwohnerinnen<br />

und Einwohner ins Auto.<br />

Im Jahr 2010 hat die kleine Region<br />

deshalb beschlossen, die nur selten<br />

fahrenden Post- und Skibusse durch<br />

einen Rufbus zu ergänzen, das sogenannte<br />

def Mobil. Vitus Monitzer ist<br />

mit dem Ergebnis zufrieden, der Bus<br />

werde hauptsächlich von Jugendlichen,<br />

älteren Menschen sowie Touristen<br />

und Touristinnen genutzt, 600 bis<br />

700 Fahrten pro Monat gäbe es. Aber<br />

er ist schnell beim Thema Geld. Die<br />

100.000 Euro für drei Jahre Betrieb<br />

seien gesichert. Die weitere Zukunft<br />

sei unsicher, denn: „Ohne Unterstützung<br />

von Bund und Bundesland geht<br />

das nicht. Jetzt kostet die Einzelfahrt<br />

2,10 Euro, wir können sie schwer auf<br />

7 oder 8 Euro anheben.“<br />

Ökoregion Solar-<br />

Strom-Tankstelle:<br />

Auf den Straßen der<br />

Ökoregion Kaindorf<br />

sind schon zahlreiche<br />

Elektro-Bikes und<br />

Elektro-Roller unterwegs,<br />

die hier umweltfreundlich<br />

erzeugten<br />

Strom tanken können.<br />

epte aus der Region<br />

Foto: Vitus Monitzer<br />

Bedarfsorientierte Taxi- und Rufbussysteme,<br />

wie im Tiroler Defereggental,<br />

werden zurzeit in vielen Gemeinden<br />

und Regionen eingerichtet.<br />

Ob es nur um einen einzelnen Kleinbus<br />

geht oder um eine ganze Flotte,<br />

ob die Gemeinden die Betreibenden<br />

sind oder private Betriebe, ob es Haltestellen<br />

gibt oder bis vor die Haustüre<br />

gefahren wird – es ist ein flexibles<br />

und gut nutzbares Angebot für die<br />

Bevölkerung.<br />

Autos teilen<br />

Flexibel sind auch Initiativen, den<br />

Pkw zu „veröffentlichen“. Ein Auto<br />

steht in Österreich im Schnitt mehr<br />

als 23 Stunden am Tag ungenützt<br />

herum und wenn es fährt, sitzt selten<br />

mehr als eine Person drinnen, warum<br />

also nicht teilen, mitbenützen oder<br />

ausborgen? David Frey, Projektleiter<br />

der VOR-Mitfahrbörse „compano-<br />

Fahrplatzvermittlung“, hat beobachtet,<br />

dass der Benzinpreis von 1,50 Euro<br />

jene Marke ist, bei der Menschen<br />

sich nach Alternativen zum eigenen<br />

Auto umsehen. Da steigen die Anmeldungen<br />

bei der Onlineplattform, die<br />

gleichermaßen hilft, öffentliche Verkehrsverbindungen<br />

und Mitfahrgelegenheiten<br />

zu finden. „Es geht nicht<br />

darum, dem Öffentlichen Verkehr<br />

Konkurrenz zu machen“, meint Frey.<br />

„Gedacht ist an stabile Fahrgemeinschaften<br />

zu Anknüpfungspunkten<br />

von Bus oder Bahn.“<br />

Mitfahrbörsen gehört ebenso die<br />

Zukunft wie dem Carsharing. Derzeit<br />

setzen etwa 12.000 Menschen<br />

in Österreich auf Carsharing. In der<br />

Schweiz sind es 100.000. Das Angebot<br />

in Österreich sollte noch stark<br />

ausgeweitet und verbessert werden.<br />

Multimodale Angebote<br />

Damit Menschen ihre Autos stehen<br />

lassen, braucht es multimodale Angebote,<br />

also die Möglichkeit, zwischen<br />

Verkehrsmitteln flexibel zu wechseln.<br />

In der Region Neusiedlersee–Seewinkel<br />

funktioniert das schon gut. Nicht<br />

ohne Grund hat der <strong>VCÖ</strong> in diesem<br />

Jahr der Mobilitätszentrale Burgenland<br />

für das Projekt „Grenzenlos mobil<br />

am See“ den <strong>VCÖ</strong>-Mobilitätspreis<br />

Burgenland verliehen. Ermöglicht<br />

durch ein EU-Projekt, das 85 Prozent<br />

der Kosten abdeckt, verbindet<br />

seit Sommer 2011 der GreMo-Seebus<br />

alle wichtigen Ausflugsziele wie die<br />

St. Martins-Therme oder das Seebad<br />

Illmitz. Der Bus nimmt Rücksicht auf<br />

die Bahnzeiten und bezieht, indem er<br />

den Seehafen anfährt, über die Fähre<br />

auch das Westufer des Neusiedlersees<br />

mit ein. Dort wiederum verkehren<br />

in den Gemeinden Purbach, Breitenbrunn<br />

und Mörbisch sogenannte<br />

GMOA-Busse, Verkehrsmittel ohne<br />

fixe Fahrpläne und Haltestellen. Ein<br />

Anruf genügt und etwa zehn bis fünfzehn<br />

Minuten später steht der Bus vor<br />

der Haustüre. Das Ganze zu moderaten<br />

Preisen. In anderen Gemeinden<br />

der Region gibt es ähnliche Systeme.<br />

Und schließlich steht Gästen wie Einheimischen<br />

rund um den Neusiedlersee<br />

ein dichtes Netz von Leihrädern<br />

zur Verfügung. So kann Mobilität<br />

funktionieren, auch ohne Auto.<br />

> Zum Autor:<br />

Roman Kellner, www.wortundweise.at<br />

> Webtipps:<br />

www.oekoregion-kaindorf.at<br />

www.b-mobil.info<br />

www.defereggental.eu<br />

vcö-magazin 2013-01 5<br />

Zahlen und Fakten<br />

Rufbus:<br />

Vor allem Jugendliche<br />

und ältere Menschen<br />

im Defereggental in<br />

Osttirol profitieren vom<br />

sogenannten def Mobil,<br />

einem flexiblen Rufbus,<br />

der vorläufig für drei<br />

Jahre finanziert ist.<br />

abhängigkeit vom Pkw<br />

In ländlichen Regionen ist die Abhängigkeit vom Pkw sehr hoch. Je<br />

geringer die Bevölkerungsdichte, desto höher der Motorisierungsgrad.<br />

Im verbauten Gebiet nutzen rund 56 Prozent der Personen<br />

mehrmals pro Woche einen Pkw, in Streusiedlungen sind es 81<br />

Prozent. Wien hat mit 394 Pkw pro 1.000 Personen den niedrigsten<br />

Motorisierungsgrad der Bundesländer Österreichs, das Burgenland<br />

mit 616 Pkw den höchsten, gefolgt von Niederösterreich mit 610<br />

Pkw. Im Jahr 2011 hatten über eine Million Haus halte ein zweites<br />

Auto.<br />

Schlechte auslastung der autos<br />

Die Auslastung der Fahrzeuge könnte schlechter kaum sein: In<br />

einem Pkw in Österreich sitzen im Schnitt nur 1,17 Personen,<br />

beim Arbeitspendelverkehr sinkt der Besetzungsgrad sogar unter<br />

1,1 Personen pro Pkw. Somit sind 98 Prozent aller verfügbaren<br />

Plätze für Mitfahrende unbesetzt.<br />

Verkehrsanstieg durch das Pendeln<br />

Die Zahl der Pendelnden steigt: Rund 1,9 Millionen Menschen in<br />

Österreich arbeiten nicht in dem Ort, in dem sie wohnen. Etwa<br />

40 Prozent fahren länger als 30 Minuten.<br />

2013<br />

25 JahRe <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

„Seit 25 Jahren beschäftigt sich der <strong>VCÖ</strong> mit dem Thema Mobilität.<br />

Vieles hat sich in dieser Zeit verändert, aber die grundlegende Aufgabenstellung<br />

ist dieselbe geblieben: das individuelle Mobilitätsbedürfnis<br />

des einzelnen Menschen mit dem Verantwortungsbewusstsein<br />

gegenüber Umwelt und Gesellschaft in Einklang zu bringen. Es ist<br />

nicht zuletzt dem <strong>VCÖ</strong> zu verdanken, dass<br />

sich bei den Lösungsansätzen in den vergangenen<br />

Jahren sehr viel getan hat. Alles<br />

Gute für das nächste Vierteljahrhundert!“<br />

Georg Kapsch,<br />

CEO Kapsch AG,<br />

Präsident der Industriellenvereinigung


literatur<br />

Handbuch Stadtplanung und<br />

Gesundheit<br />

Böhme C., Kliemke C., Reimann B.,<br />

Süß W., Verlag Hans Huber, Bern 2012,<br />

246 Seiten, 39,95 Euro<br />

Der größte Teil der<br />

Weltbevölkerung lebt<br />

in Städten. Durch die<br />

rasche Entwicklung<br />

der Städte können<br />

auch Belastungen für<br />

die Gesundheit und<br />

Umwelt des Menschen<br />

entstehen. Die<br />

Beiträge des Handbuchs stellen das<br />

Politikfeld „Stadtplanung und Gesundheit“<br />

in einen breiten Kontext.<br />

Themenbereiche wie Wohnen, Freiraumplanung,<br />

Verkehrsplanung, Barrierefreiheit,<br />

Infrastrukturplanung,<br />

Umweltplanung, Luftreinhaltung,<br />

Lärmminderung und Klimaschutz<br />

werden in Bezug auf Gesundheit und<br />

Stadtplanung diskutiert. Strategien<br />

und Instrumente für ein integriertes<br />

Vorgehen von Stadtplanung und Gesundheit<br />

werden dargestellt.<br />

Kleinräumige Mobilitätsangebote<br />

Empfehlungen für die praktische<br />

Umsetzung. Amt der NÖ Landesregierung<br />

(Heft 29)<br />

Öffentlicher Verkehr in Niederösterreich.<br />

Amt der NÖ Landesregierung (Heft 30)<br />

2012, 48 Seiten.<br />

Kostenlos erhältlich unter www.noe.gv.at<br />

Zwei neue Hefte der Schriftenreihe<br />

des Amtes der Niederösterreichischen<br />

Landesregierung. Heft 29 stellt Beispiele<br />

kleinräumiger Mobilitätsangebote<br />

vor, die sich an den Bedürfnissen<br />

der Nutzerinnen und Nutzer orientieren,<br />

den Öffentlichen Verkehr ergänzen<br />

und das Mobilitätsangebot in der<br />

Region verbessern. Heft 30 präsentiert<br />

Strategien und Zielsetzungen des<br />

Öffentlichen Verkehrs in Niederösterreich.<br />

Dargestellt werden Themen wie<br />

die Stärkung der Hauptachsen in die<br />

Zentren, Regionalverkehrskonzepte<br />

oder kreative Mobilitätslösungen für<br />

die Fläche.<br />

6 vcö-magazin 2012-06<br />

2013-01<br />

2013<br />

25 Jahre <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

25 Jahre <strong>VCÖ</strong> heißt für mich 25 Jahre verlässliche Sacharbeit und verkehrspolitisches<br />

Gewissen – danke! Deshalb unterstütze ich den <strong>VCÖ</strong><br />

seit seiner Gründung als Privatperson durch Spenden. Mobilität muss<br />

intelligenter, energiesparender, klimaschonender werden, damit sie für alle<br />

leistbar bleibt – dafür arbeitet der <strong>VCÖ</strong> ebenso<br />

wie wir Grüne, wenn nötig sicher auch weitere<br />

25 Jahre.“<br />

Gabriela Moser,<br />

Abgeordnete zum Nationalrat,<br />

Verkehrssprecherin der Grünen<br />

Ländliche Region<br />

Um Nahversorgung und Mobilität in ländlichen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen zu s<br />

an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Konzepte, engagierte Gemeinden, die zu Koop<br />

Beteiligung der Zivilgesellschaft.<br />

Fotos, wenn nicht anders angegeben: beigestellt<br />

Regine Gerike<br />

Leiterin des Instituts für Verkehrswesen, Universität für Bodenkultur, Wien,<br />

www.boku.ac.at<br />

„Der ländliche Raum ist das Rückgrat Österreichs, ein wichtiger<br />

Wirtschafts- und Erholungsraum. Gute Erreichbarkeit ist eine zentrale<br />

Voraussetzung für attraktive und leistungsfähige ländliche Räume, in<br />

denen gerne gewohnt und gearbeitet wird. Entwicklungen wie steigende<br />

Preise für fossile Ressourcen treffen den ländlichen Raum härter als die Stadt:<br />

Die Distanzen sind länger, der Anteil an Autofahrten ist hoch, zu wenige Menschen<br />

leben hier, um dichten und liniengebundenen Öffentlichen Verkehr zu rechtfertigen. Umso<br />

wichtiger scheint es, sich jetzt für die kommenden Herausforderungen zu rüsten. Angebote wie „Sanfte<br />

Mobilität“ in Werfenweng oder diverse klima:aktiv-Projekte des Lebensministeriums zeigen, dass<br />

umweltschonende Mobilität auch in ländlichen Räumen und auch bei knapper werdenden fossilen<br />

Ressourcen, strengeren Limits für Treibhausgas-Emissionen oder Lärmbelastung machbar ist. Wichtige<br />

Bausteine einer solchen Mobilität sind möglichst kurze Wege, zum Beispiel durch eine enge Verzahnung<br />

von Raum- und Verkehrsplanung, eine flexible und gegebenenfalls mobile Versorgung und<br />

nachfragegesteuerter Öffentlicher Verkehr. Infrastrukturen für Daten werden immer wichtiger. Sie<br />

erlauben etwa die Ansiedlung von Gewerbe, das viele Daten, aber wenig Personen und Güter bewegt.<br />

Konzepte sollten den jeweiligen Bedingungen angepasst sein und durch oder mit den Akteurinnen<br />

und Akteuren erarbeitet werden.“<br />

Christian Steger-Vonmetz<br />

Caruso Carsharing, www.carusocarsharing.com<br />

„Carsharing nur in Großstädten? In innovativen Gemeinden wie Gaubitsch<br />

im Weinviertel, Thüringerberg, Alberschwende und Langenegg in Vorarlberg<br />

wurde schon längst der Gegenbeweis angetreten. In diesen Kleingemeinden<br />

existieren funktionierende und kostendeckende Carsharing-Angebote. Eine kleine<br />

Sensation: Es gibt auch Elektro-Autos, die äußerst effizient eingesetzt werden. Die<br />

Bürgerinnen und Bürger freuen sich über das kostengünstige und umweltfreundliche<br />

Mobilitätsangebot. Was braucht es, damit Carsharing auch in der ländlichen Region möglich<br />

ist? Das Wichtigste sind engagierte Leute vor Ort. Damit der Alltag reibungslos und ohne großen Aufwand<br />

funktioniert, hat Caruso professionelle Tools entwickelt. Caruso Carsharing ist spezialisiert auf individuelle<br />

Carsharing-Systeme in Wohnanlagen, Unternehmen und Gemeinden. Ein Fokus liegt auf Elektro-Autos, für<br />

die wir ein Monitoring des Akkuladestandes übernehmen können. Caruso bietet eine benutzerfreundliche<br />

Online-Reservierung, ein komfortables automatisches Fahrtenbuch und umfassendes Know-how. Damit<br />

kann ein für die individuelle Situation passendes Carsharing-System umgesetzt werden. Unsere Erfahrungen<br />

sind sehr motivierend. Ja, Carsharing funktioniert auch in der Region sehr gut.“<br />

Stephan Maurer<br />

Geschäftsführer Mobilitätszentrale Pongau GmbH un<br />

„Mobilitätszentralen sind die regionalen Drehsche<br />

vice für alle Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs. D<br />

stelle zwischen Verkehrsträgern und Kundinnen und<br />

die Verbesserung des Angebots im Öffentlichen Verkehr.<br />

Dienstleistungspalette sehr unterschiedlich sind. Im Falle der R<br />

Pongau Eigentümer der Gesellschaft. Weil Treibstoffe teurer werden, suchen imm<br />

kehrsmittel. Diese Entwicklung macht es notwendig, das Angebot bei Bus und Ba<br />

und Service damit Schritt halten. Hier spielen Mobilitätszentralen mit ihrer Schni<br />

besonders der Jugendlichen in eher abgelegenen Gemeinden sicherzustellen, muss<br />

ist eine entscheidende Voraussetzung für die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistu<br />

Verhaltensänderung erreicht werden, ist es notwendig, das richtige Mobilitätsange<br />

öffentliche Verkehrsmittel eine echte Alternative zur Autofahrt.“


en mit Zukunft<br />

ichern, braucht es differenzierte,<br />

erationen bereit sind, und die<br />

Herwig Gruber<br />

Geschäftsführer, Firmengruppe Kastner,<br />

www.kastner.at<br />

„In ländlichen Räumen ist die Sicherstellung<br />

der Nahversorgung ein zentrales Thema. Wir sind<br />

ein regionaler Großhändler und darauf spezialisiert<br />

selbstständige Kaufleute im ländlichen Raum zu beliefern.<br />

Wir bieten Interessierten eine Systempartnerschaft an,<br />

bei der wir Kaufleute von der Standortsuche und -analyse über die betriebswirtschaftliche<br />

Beratung bis hin zu Ladenbau und Finanzierung unterstützen. Private<br />

haben selten die finanziellen Möglichkeiten, um sich mit einem Geschäft selbstständig<br />

zu machen. Mit entsprechenden Sicherheiten finanzieren wir Warenlager<br />

oder Einrichtung langfristig vor. Unsere eigene Expansionsabteilung ist ständig<br />

unterwegs, um in Orten, in denen es keine Nahversorgung mehr gibt, neue Kaufleute<br />

und Lokale für ein Geschäft zu finden.<br />

Dabei ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinden sowie den Bürgerinnen und<br />

Bürgern sehr wichtig. Vielerorts funktioniert die Nahversorgung dann, wenn<br />

Mieten gestützt werden und die Leute sich selbst am Geschäft beteiligen oder<br />

Vereine diese Funktion übernehmen. Logistisch gewährleisten wir durch die Bündelung<br />

der Aufträge verschiedener Vertriebsschienen eine optimale Auslastung<br />

von Lkw. Punkto Mobilität gibt es bei uns einen Leitspruch: „Lieber fährt ein<br />

Lkw von Kastner mit Lebensmitteln drei Mal in der Woche in den entlegensten<br />

Ort und beliefert dort ein Geschäft, als die Bewohnerinnen und Bewohner fahren<br />

selbst mit dem Auto 20 Kilometer zum nächsten Einkaufszentrum“. Derzeit<br />

arbeiten wir gerade an einem Konzept für ein mobiles Geschäft. Die Wertschöpfung<br />

in der Region zu behalten, ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Dazu gehört<br />

auch das Angebot an regional und nachhaltig produzierten Produkten, das wir<br />

ständig ausweiten.“<br />

vcö-magazin 2013-01<br />

Ursula<br />

Kapfenberger-<br />

Poindl<br />

Regionalmanagerin, Regionalentwicklung Waldviertel,<br />

www.rm-waldviertel.at<br />

„Das Waldviertel ist aufgrund seiner räumlichen Struktur und seiner geringen Bevölkerungsdichte<br />

eine besondere Herausforderung für eine moderne, flächendeckende Versorgung mit<br />

Öffentlichem Verkehr. Menschen benötigen Verkehrsmittel, die sie in kurzen Intervallen zu<br />

ihren Arbeitsstätten und Schulen, zu Einkaufsmöglichkeiten, Ämtern sowie medizinischer<br />

Versorgung und wieder zurück bringen. Da es im Waldviertel kein eindeutiges Zentrum, sondern<br />

fünf relativ gleichwertige Bezirkshauptstädte gibt, verteilen sich die Personenströme auf<br />

diese, was eine finanzielle Herausforderung für die Auftraggebenden des Öffentlichen Verkehrs<br />

bedeutet. Die Waldviertel Linien haben die Situation des Öffentlichen Verkehrs der Region<br />

in den letzten Jahren verbessert. Die Waldviertlerinnen und Waldviertler waren in den letzten<br />

Jahrzehnten jedoch stark vom eigenen Auto abhängig, daher muss der Umstieg auf öffentliche<br />

Verkehrsmittel wieder gelernt werden. Dazu bietet das Regionalmanagement und der Projektverein<br />

Waldviertel Beratung und Bewusstseinsbildung durch die Mobilitätszentrale Waldviertel.<br />

Ein großes Anliegen ist die Ausweitung der Waldviertel Linien auch auf das Wochenende, da<br />

viele Besucherinnen und Besucher die Attraktionen des Waldviertels gerne öffentlich anfahren<br />

würden und hier zusätzlich Wertschöpfung für die Region generiert werden könnte.“<br />

Karl-Heinz Winkler<br />

Geschäftsführer Gemeindeverband Personennahverkehr Unteres Rheintal, Landbus Unterland, www.landbusunterland.at<br />

„Ländliche Gebiete und Berggebiete stellen besondere Herausforderungen an den Öffentlichen Personennahverkehr.<br />

Hier liegen Schulen, Geschäfte und Freizeiteinrichtungen in den meisten Fällen nicht „um die Ecke“.<br />

Anfahrtswege von 10 bis 30 Kilometer sind an der Tagesordnung. In den meisten Fällen gibt es an Schultagen<br />

ein Grundangebot an Öffentlichem Verkehr. Für Freizeitaktivitäten (Sport, Musikschule etc.) ist oft ein Zweitauto<br />

zwingend notwendig. Hier ist ein elementares Umdenken erforderlich. Voraussetzung dafür ist ein akzeptables<br />

Angebot an Öffentlichem Verkehr. Die Erfahrungen, die wir in vielen Teilen Vorarlbergs gemacht haben, zeigen, dass<br />

nur ein konsequentes, vertaktetes Busangebot angenommen wird. Alternative Systeme (Rufbus, Ruftaxi etc.) werden nur<br />

spärlich in Anspruch genommen. Sie sind zwar meist kostengünstig, infolge der geringen Nutzung aber gesamtwirtschaftlich<br />

wenig effizient. Wünschenswert ist auch in dünn besiedelten Gebieten ein Systemangebot, das auf einem Grundtakt aufbaut<br />

(Stundentakt mit Ausdünnungen oder Zwei-Stunden-Takt mit Verdichtungen) und das primär die Hauptnachfragerelation bedient. Diese verläuft<br />

meist vom ländlichen Raum in regionale Zentren oder an Bahnanschlusspunkte. Nur so ist gewährleistet, dass der Öffentliche Verkehr nicht nur<br />

von Schülerinnen und Schülern und einigen wenigen Menschen, die zur Arbeit pendeln, benützt wird. 98 Prozent (ohne Schülerfreifahrten) der<br />

Zuschüsse des Bundes an den Öffentlichen Verkehr fließen in die Bahn. Ländliche Gebiete haben im Vergleich zu den Ballungsgebieten sehr wenig<br />

davon, da sie oft nicht an das Bahnnetz angeschlossen sind. Hier ist ein Umdenken der Verteilung der Zuschüsse erforderlich und überfällig.“<br />

d Regionalverband Pongau, www.mobilito.at<br />

iben für Mobilitätsdienstleistungen. Sie bieten Beratung, Information und Seraher<br />

ist eine Mobilitätszentrale immer eine verkehrsmittel-übergreifende Schnitt-<br />

Kunden. Eine wesentliche Aufgabe ist das regionale Mobilitätsmanagement und<br />

Es gibt zahlreiche Mobilitätszentralen in Österreich, wobei Trägerschaft oder<br />

egion Pongau sind die 25 Gemeinden des Bezirks über den Regionalverband<br />

er mehr Menschen Alternativen zum Autofahren und benutzen öffentliche Verhn<br />

in den Regionen weiter auszubauen und dabei darauf zu achten, dass Qualität<br />

ttstellen-Funktion eine wesentliche Rolle. Die Mobilität der Bevölkerung und<br />

eines der zentralen Ziele der Angebotsplanung sein. Umweltschonende Mobilität<br />

ngsfähigkeit einer Region und für die Lebensqualität ihrer Bevölkerung. Soll eine<br />

bot für den richtigen Zweck zur richtigen Zeit bereit zu stellen. Erst dann sind<br />

NetZweRK VeRKehR<br />

2013<br />

25 Jahre <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

„Kaum eine Materie ist durch so viel Voreingenommenheit und Unwissen geprägt wie<br />

unsere Mobilität. Voreingenommenheit und Unwissen, die derzeit als Basis für politische<br />

Entscheidungen oder milliardenschwere Investitionen ebenso dienen, wie sie Grundlage<br />

sind für die Verkehrsmittelwahl der Bevölkerung oder die Planung unserer Städte und<br />

Gemeinden. Der <strong>VCÖ</strong> fördert gegen das Unwissen regelmäßig<br />

wertvolle Daten und Fakten zu Tage und kämpft gegen die Voreingenommenheit<br />

unablässig durch Bewusstseinsbildung an.<br />

Danke für 25 Jahre Arbeit an einer nachhaltigeren Zukunft!“<br />

Reinhard Seiß,<br />

Raumplaner und Fachpublizist


Elektro-Mobilität:<br />

Hybridbusse helfen<br />

Verkehrsunternehmen<br />

beim Einsparen von<br />

CO 2 .<br />

8<br />

vcö-magazin 2013-01<br />

In der Wiener Innenstadt werden<br />

die neuen Busse der Linien 2A und<br />

3A elektrisch angetrieben. Vom<br />

niedrigen Lärmpegel und der Emissionsfreiheit<br />

im Fahrbetrieb profitieren<br />

auch die an der Strecke Wohnenden<br />

sowie Passantinnen und Passanten –<br />

und die Umwelt. Bis zum Sommer<br />

sollen alle Flüssiggasbusse auf diesen<br />

Linien ersetzt sein. Pro Jahr spart das<br />

300 Tonnen CO 2 , 5,3 Tonnen Kohlenmonoxid<br />

und 1,75 Tonnen Stickoxide.<br />

HOCHLEISTUNG I PRÄZISION I ZUVERLÄSSIGKEIT<br />

HOCHLEISTUNG I PRÄZISION I ZUVERLÄSSIGKEIT<br />

Der neue<br />

Schienen-Schweißroboter<br />

www.plassertheurer.com<br />

Plasser & Theurer und Plasser sind international eingetragene Marken<br />

Foto: Traktionssysteme Austria<br />

Stark im Kommen:<br />

Busse mit Elektro-Motoren<br />

In sensiblen Bereichen von Städten fahren schon batteriebetriebene Linienbusse.<br />

Auf längeren Routen werden immer häufiger Hybrid- und Trolleybusse eingesetzt.<br />

Geladen werden die Elektrobusse<br />

an den Endhaltestellen durch einen<br />

Stromabnehmer am Dach – für<br />

jeweils maximal 15 Minuten. Über<br />

Nacht wird vollständig geladen. Und<br />

die Bremsenergie wird rückgespeist.<br />

„Wir rechnen mit einer maximalen<br />

Rückspeisung von 20 Prozent der<br />

Antriebsenergie“, sagt Wiener-Linien-<br />

Geschäftsführer Günter Steinbauer.<br />

Trotzdem sind die Reichweiten von<br />

rein batteriebetriebenen Bussen für<br />

andere Linien noch zu gering.<br />

Hybrid- und Trolleybusse<br />

reduzieren den CO 2 -Ausstoß<br />

Eine Alternative sind Hybridbusse,<br />

bei denen ein Dieselmotor den<br />

Elektroantrieb unterstützt oder das<br />

Dieselaggre gat die Batterien während<br />

der Fahrt auflädt. So kann der Verbrennungsmotor<br />

immer im optimalen<br />

Drehzahlbereich betrieben werden.<br />

Das reduziert den CO 2 -Ausstoß<br />

und den Lärm und spart Energie. 15<br />

Prozent im Vergleich zu konventionellen<br />

Dieselbussen sind realistisch.<br />

Münster 2013<br />

28. - 30. Mai<br />

Mit der neuen Technologie zur Abbrennstumpfschweißung APT 1500 R von<br />

Plasser & Theurer, wird erstmalig ein vollautomatischer Schweißvorgang<br />

ohne manuelle Interaktion durchgeführt. Durch die Möglichkeit integrierte,<br />

automatische Verspannungsschweißungen durchzuführen entfällt die<br />

Verwendung eines separaten Schienenziehgerätes. Weitere Vorteile des<br />

neuen Schienen-Schweißroboters sind: Vollautomatische Ausrichtung<br />

der Fahrkante und der Schienenoberkante, Pulsschweißen für verkürzte<br />

Schweißzeiten und Abbrandlängen bei hoher Qualität sowie automatische<br />

Auswertung und Aufzeichnung der Schweißung.<br />

Von Bernhard Hachleitner<br />

Das hat ein groß angelegter Praxistest<br />

mit 40 deutschen Verkehrsbetrieben<br />

gezeigt. Je dichter der Verkehr, je<br />

mehr Stop-and-go, desto größer ist<br />

die Einsparung.<br />

Die Umstellung auf Hybridfahrzeuge<br />

bremsen vor allem die Anschaffungskosten.<br />

Bei der dritten Variante<br />

von E-Mobilität bei Bussen, dem Trol-<br />

»Im Busbereich gibt es mittelfristig<br />

keine nachhaltige<br />

Alternative zur Elektrizität.«<br />

Günter Eichhübl, Geschäftsführer<br />

Traktionssysteme Austria<br />

leybus, sind vor allem die Investitionen<br />

in die Oberleitungen – und wohl<br />

auch die Scheu vor einer langfristigen<br />

Systementscheidung – Hemmschuhe.<br />

Die Stadt Salzburg spart mit ihrem 98<br />

Kilometer langen Trolleybusnetz etwa<br />

60.000 Tonnen CO 2 pro Jahr gegenüber<br />

Dieselbussen ein.<br />

Stetiges Wachstum<br />

„Die Wachstumserwartungen sind,<br />

auf unser Geschäft mit elektrischen<br />

Traktionsmotoren für Busse und<br />

Schienenfahrzeuge allgemein gesehen<br />

derzeit im einstelligen Bereich, bei<br />

elektrischen Busanwendungen aber<br />

deutlich höher“, sagt Günter Eichhübl<br />

von Traktionssysteme Austria.<br />

Das Wiener Neudorfer Unternehmen<br />

spielt im Weltmarkt der Elektro-Motoren<br />

für Hybrid- und Trolleybusse<br />

vorne mit. „Die Nachhaltigkeit ist evident<br />

und sichert so stetes Wachstum.“<br />

Laut einer US-Studie wird der Markt<br />

für Elektrobusse in den kommenden<br />

fünf Jahren um gut 25 Prozent wachsen.<br />

Auch wenn die Kosten (noch)<br />

höher sind. Eichhübl: „Es wird mittelfristig<br />

mangels nachhaltiger Alternative<br />

zum Energieträger Elektrizität kein<br />

anderes System zur Verfügung stehen.<br />

Je früher wir uns damit anfreunden,<br />

desto reibungsloser wird der Umstieg<br />

zu schaffen sein.“ Ein Umstieg auf<br />

Elektro-Mobilität im Öffentlichen<br />

Verkehr, die zu einem beachtlichen<br />

Teil „Made in Austria“ ist.<br />

> Zum Autor:<br />

Bernhard Hachleitner, www.hachleitner.at<br />

Foto: Traktionssysteme Austria


Der Schlüssel zu<br />

umweltfreundlicher Mobilität<br />

Auch in ländlichen Regionen ist umweltfreundliche Mobilität möglich.<br />

Ein Schlüssel dazu liegt in der Raumplanung. Die Umsetzung ist nicht immer leicht –<br />

aber es gibt positive Beispiele. Von Bernhard Hachleitner<br />

des Gesamtenergieverbrauchs<br />

eines<br />

50Prozent<br />

durchschnittlichen Haushalts<br />

mit Auto gehen auf das Konto<br />

der Mobilität. In dezentralen Lagen<br />

und wenn praktisch alle Alltagswege<br />

mit dem Auto zurückgelegt werden,<br />

ist es noch mehr. Wohnraum in der<br />

Nähe leistungsfähiger öffentlicher<br />

Verkehrsmittel, dichtere Siedlungsstrukturen<br />

und Revitalisierung von<br />

leerstehenden Gebäuden in Ortskernen<br />

statt Einfamilienhäuser auf der<br />

grünen Wiese sparen Energie sowie<br />

Kosten für Erschließung und Erhaltung.<br />

Energieausweis für<br />

Siedlungen<br />

Der Weg zu energiebewusster Raumplanung<br />

ist steinig. Zwar ist das<br />

grundlegende Wissen vorhanden,<br />

doch mit der Anwendung hapert es.<br />

„Wie beim Fußball halten sich auch<br />

bei der Raumplanung alle für Fachleute.<br />

Die Diskussionen laufen meist sehr<br />

emotional ab, sachliche Argumente<br />

kommen zu kurz“, sagt der Raumplaner<br />

Hans Emrich. Seine Firma<br />

Emrich Consulting hat für das Land<br />

Niederösterreich den „Energieausweis<br />

für Siedlungen“ entwickelt. Dieser<br />

beurteilt die Energiebilanz nicht nur<br />

anhand der wärmetechnischen Eigenschaften<br />

der Häuser, sondern bezieht<br />

auch die Distanz zum Arbeits- oder<br />

Ausbildungsplatz, die Anbindung an<br />

den Öffentlichen Verkehr sowie Fuß-<br />

und Radwege innerhalb der Siedlung<br />

mit ein und berechnet daraus einen<br />

Energielevel von A bis G, ähnlich<br />

wie bei Elektrogeräten. Damit ist ein<br />

Vergleich zwischen verschiedenen<br />

Standorten in der Gemeinde möglich.<br />

Mit diesem – kostenlos im Internet<br />

erhältlichen – Tool kann in ein, zwei<br />

Stunden die Energieeffizienz geplanter<br />

Siedlungen berechnet werden.<br />

„Damit kommen konkrete Zahlen ins<br />

Foto: bilderbox.at<br />

Spiel, es gibt eine rationale Entscheidungsgrundlage“,<br />

erklärt Emrich. Die<br />

Nähe zu Geschäften, Schulen, medizinischer<br />

Versorgung und Freizeiteinrichtungen<br />

verbessert die Energiebilanz<br />

ebenso wie die Anbindung an<br />

öffentliche Verkehrsmittel mit guter<br />

Taktfrequenz.<br />

Zersiedlung ist für Gemeinden<br />

auch wirtschaftlich schlecht<br />

Im Jahr 2009 wurden beispielsweise<br />

in der Stadtgemeinde Retz für ein etwa<br />

3,5 Hektar großes Siedlungsgebiet<br />

am Obernalber Spitz unterschiedliche<br />

Varianten entwickelt. „Der Energieausweis<br />

hat zur Entscheidung für eine<br />

Variante am südlichen Ortsrand<br />

geführt, die mit konventionellen Planungsmethoden<br />

nicht in die engere<br />

Wahl gekommen wäre“, so Emrich.<br />

Die gewählte Variante ist stärker verdichtet<br />

und durch eine geschlossene<br />

Bebauung der Straßenfront – wie bei<br />

alten Straßendörfern – energetisch<br />

optimiert. In den Jahren 2010 und<br />

2011 wurden bereits Baugründe verkauft.<br />

Insgesamt haben den Energieausweis<br />

für Siedlungen bisher etwa<br />

30 Gemeinden in Niederösterreich<br />

eingesetzt.<br />

2013<br />

25 JaHrE <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

„Die Entwicklung der Städte und des ländlichen Raums ist, nicht nur in Österreich, seit<br />

Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich vom individuellen Autoverkehr bestimmt.<br />

I nzwischen mussten wir erkennen, dass hier eine Grenze überschritten wurde, die unser<br />

aller Lebensqualität mehr und mehr beeinträchtigt und die Mobilität an sich, die Triebkraft<br />

unseres Wirtschaftssystems, existenziell gefährdet, die Städte und die Landschaft,<br />

unser aller Lebensraum zerstört. Der <strong>VCÖ</strong> ist seit 25 Jahren ein wesentlicher Mahner in<br />

der Wüste der autofixierten Ignoranz. Mobilität umfasst weit mehr als die überwiegend<br />

sinnlose Bewegung des privaten Zimmers namens Automobil<br />

durch die Gegend. Wenn das irgendwann einmal auch von der<br />

Politik erkannt werden wird, wird dies vor allem ein Verdienst<br />

des <strong>VCÖ</strong> gewesen sein ...“<br />

Dietmar Steiner,<br />

Direktor Architekturzentrum Wien<br />

Größer ist die Nachfrage nach dem<br />

Infrastrukturkostenkalkulator, der<br />

ebenfalls im Internet verfügbar ist. Er<br />

baut auf dem Energieausweis auf und<br />

ermöglicht Gemeinden, Kosten und<br />

erwartbare Einnahmen der Erschließung<br />

von Siedlungsgebieten über einen<br />

längeren Zeitraum zu berechnen.<br />

„Mit diesem Kalkulator erkennen die<br />

Gemeinden, dass neue Siedlungen in<br />

peripheren Lagen auch nach 20 bis 25<br />

Jahren meist mehr kosten als einbringen.“<br />

Es ist also auch aus wirtschaftlicher<br />

Sicht nicht sinnvoll, die Zersiedelung<br />

weiter zu fördern.<br />

vcö-magazin 2013-01 9<br />

Energiebilanz:<br />

Beim Bauen wird<br />

noch zu wenig an<br />

die Mobilitätskosten<br />

gedacht.<br />

Energieausweis:<br />

Die Firma Emrich<br />

Consulting hat für das<br />

Land Niederösterreich<br />

den „Energieausweis<br />

für Siedlungen“ entwickelt<br />

und wurde dafür<br />

im Jahr 2010 mit dem<br />

<strong>VCÖ</strong>-Mobilitätspreis<br />

ausgezeichnet.<br />

FREIBURG, 11. – 13. MÄRZ 2013<br />

Kongresszentrum Konzerthaus Freiburg<br />

»In den Ortskernen gibt es<br />

oft wenig genutzte Flächen,<br />

trotzdem werden auf der<br />

grünen Wiese Siedlungen<br />

errichtet. Kaum jemand will<br />

mit 100 Grundbesitzerinnen<br />

und Grundbesitzern im<br />

Ortskern verhandeln, wenn<br />

außerhalb die gleiche Fläche<br />

von ein paar wenigen gekauft<br />

werden kann. Die Eingriffe im<br />

Ortskern dürfen außerdem<br />

nicht zu großflächig sein,<br />

sondern müssen sehr behutsam<br />

erfolgen, weil sonst die<br />

Identität verloren geht. Es<br />

fehlen noch Konzepte und<br />

vor allem Förderungen für<br />

die Revitalisierung solcher<br />

Flächen.«<br />

Hans Emrich,<br />

Emrich Consulting, www.emrich.at<br />

Allerdings stehen die Gemeinden<br />

unter Druck. Strukturschwache<br />

ländliche Regionen verlieren an Bevölkerung,<br />

viele Orte schrumpfen.<br />

Das stoppt aber nicht die Dynamik<br />

der Zersiedelung. „Um der Ausdünnung<br />

entgegenzuwirken, sieht sich<br />

die Politik gezwungen, Bauplätze zur<br />

Verfügung zu stellen“, so Emrich.<br />

Die liegen dann meist auf der grünen<br />

Wiese.<br />

> Zum Autor:<br />

Bernhard Hachleitner, www.hachleitner.at<br />

> Webtipp:<br />

www.energieausweis-siedlungen.at<br />

Mobilität im Wandel<br />

Beim 6. ÖPNV-Innovationskongress skizzieren hochkarätige Referenten aus dem<br />

In- und Ausland in Vorträgen und Workshops aktuelle Entwicklungen, zeigen<br />

neue Perspektiven auf und richten dabei den Blick über die Landesgrenzen<br />

hinaus. Einen Höhepunkt des Kongresses bildet erneut die Verleihung des<br />

ÖPNV-Innovationspreises für Projekte, die wegweisend für die Entwicklung<br />

der Mobilität in Baden-Württemberg sind. Seien Sie dabei!<br />

Programminfos und Anmeldung unter www.innovationskongress-bw.de<br />

227006_Anzeige-VCOE_145x88_RZ-1.indd 1 09.01.13 09:37<br />

Foto: beigestellt


10<br />

kurzmeldungen<br />

Enns baut Radweg<br />

entlang Freilandstraße<br />

Auf einem rund 600 Meter langen Teilstück<br />

der vielbefahrenen Ennser Straße<br />

wird ein eigener Radweg errichtet, um<br />

den Radverkehr Richtung Ennser Zentrum<br />

zu erleichtern. Die Gesamtkosten<br />

von rund 600.000 Euro teilen sich das<br />

Land Oberösterreich und die Gemeinde.<br />

Für eine Anbindung an den Bahnhof wird<br />

gesorgt, was zusätzliche Möglichkeiten<br />

zur klimafreundlichen Mobilität für Pendelnde<br />

schafft. Die aktuelle <strong>VCÖ</strong>-Radfahrumfrage,<br />

an der österreichweit mehr als<br />

2.500 Radfahrende teilgenommen haben,<br />

zeigt: 75 Prozent wünschen sich mehr<br />

Radwege entlang von Freilandstraßen,<br />

die damit wesentliche Bausteine für eine<br />

effektive Radverkehrsförderung sind.<br />

Online unterschreiben<br />

für Tempo 30<br />

Die Europäische Bürgerinitiative<br />

„30 km/h – macht<br />

die Straßen lebenswert!“<br />

setzt sich für ein EU-weites<br />

reguläres Tempolimit von<br />

30 km/h für städtische Gebiete und<br />

Wohngebiete ein. Es handelt sich dabei<br />

um ein Volksbegehren auf EU-Ebene,<br />

mit dem Einfluss auf die Gesetzgebung<br />

genommen werden kann. Notwendig sind<br />

eine Million Unterstützungserklärungen<br />

innerhalb eines Jahres aus mindestens<br />

sieben EU-Mitgliedsstaaten. 30 km/h-<br />

Tempolimits sind kostengünstige Möglichkeiten,<br />

um die Verkehrssicherheit zu<br />

erhöhen, Verschmutzungen und Lärm<br />

zu reduzieren und die Bedingungen fürs<br />

Gehen, Radfahren und die Benutzung öffentlicher<br />

Verkehrsmittel zu verbessern.<br />

http://de.30kmh.eu/<br />

Steuerbegünstigte<br />

Jobtickets für alle<br />

Der <strong>VCÖ</strong> begrüßt die im Dezember 2012<br />

beschlossene Erweiterung des Jobtickets<br />

für alle Beschäftigten. Unternehmen<br />

können nun ihren Beschäftigten die<br />

Jahreskarte für den Öffentlichen Verkehr<br />

bezahlen, ohne dass auf diese Leistung<br />

Lohnsteuer und Sozialabgaben anfallen.<br />

Wer im Öffentlichen Verkehr zur Arbeit<br />

kommt, ist sicherer unterwegs. Und<br />

die Unternehmen ersparen sich teure<br />

Firmenparkplätze. Negativ ist, dass bei<br />

der Erhöhung des Pendelpauschales<br />

Autonutzende gegenüber Bahnnutzenden<br />

weiter bevorzugt werden. Das ist nicht<br />

nur für den Klimaschutz kontraproduktiv.<br />

Vom Arbeitsort weg ins Grüne zu ziehen,<br />

um dann mit dem Auto in die Stadt zu<br />

pendeln, führt zu massiven Verkehrsproblemen<br />

und sollte nicht finanziell<br />

belohnt werden. Jeder dritte Euro aus<br />

der Pendelpauschale fließt derzeit an<br />

Pendelnde mit einem Jahreseinkommen<br />

von mehr als 45.000 Euro. Durch eine<br />

Einkommens obergrenze für die staatliche<br />

Förderung könnten die Kosten der Pendelförderung<br />

um 120 Millionen Euro pro<br />

Jahr reduziert werden.<br />

vcö-magazin 2013-01<br />

Foto: ÖBB<br />

<strong>Neues</strong> Zentrum<br />

für das Tullnerfeld<br />

Rund fünf Kilometer östlich von Tulln steht der neue Bahnhof<br />

Tullnerfeld – noch – im Niemandsland. Das wird sich durch die<br />

Errichtung von Wohnbauten und Gewerbeprojekten rasch<br />

ändern. Von Ilse Königstetter<br />

Im Dezember 2012 rückte die Region<br />

Tulln noch näher an die Bundeshauptstadt<br />

Wien heran. Durch<br />

die Eröffnung des neuen Bahnhofs<br />

Tullnerfeld wird das gesamte Einzugsgebiet<br />

an die neue Bahn-Hochleistungsstrecke<br />

angebunden. Für<br />

Pendelnde von rund 15 umliegenden<br />

Gemeinden bringt das eine spürbare<br />

Verkürzung ihrer Arbeitswege. Die<br />

Fahrtdauer zwischen Wien und St.<br />

Pölten reduziert sich damit auf etwa<br />

25 Minuten, vom Bahnhof Tullnerfeld<br />

dauert es mit dem Intercity 15<br />

Minuten in die Bundeshauptstadt.<br />

„Es bleiben insgesamt 48 Züge in beide<br />

Richtungen hier täglich stehen“,<br />

zeigt sich der Bürgermeister von Michelhausen,<br />

Rudolf Friewald erfreut.<br />

Seine Gemeinde liegt mit einer Entfernung<br />

von einem Kilometer dem<br />

neuen Bahnhof am nächsten. Pendelnde<br />

aus Michelhausen werden also<br />

ihren täglichen Zug zu Fuß erreichen<br />

können, wer aus Würmla, Atzenbrugg<br />

oder noch weiter entfernten Orten<br />

anreist, ist auf das Fahrrad, den Pkw<br />

oder leistungsfähige Zubringer angewiesen.<br />

Die gibt es auch. Friewald:<br />

„Sämtliche bereits bestehenden Buslinien<br />

fahren den Bahnhof in einer<br />

Schleife an.“ Sie sind so getaktet, dass<br />

auch ein Umsteigen zwischen den jeweiligen<br />

Buslinien möglich wird. Neben<br />

der Busdrehscheibe wurden auch<br />

die Fahrpläne der Regionalbahnen<br />

adaptiert. „Beispielsweise fahren morgens<br />

fünf REX-Züge von Amstetten<br />

kommend über das Tullnerfeld nach<br />

Wien West. Drei dieser Züge sind mit<br />

der S 40 von Tulln kommend angebunden.<br />

Abends gibt es bei allen fünf<br />

REX-Zügen Anschlussverbindungen<br />

nach Tulln“, erklärt Christopher Seif,<br />

Pressesprecher der ÖBB Holding AG<br />

für Niederösterreich und Burgenland.<br />

Die VOR-Jahreskarte von Tullnerfeld<br />

nach Wien und retour inklusive der<br />

Kernzone Wien wird bei Einmalzahlung<br />

1.148 Euro pro Jahr kosten.<br />

Wohnen und arbeiten am<br />

Bahnhof<br />

Wer mit dem eigenen Auto anreist,<br />

kann dieses auf einer derzeit 690<br />

Parkplätze umfassenden Park-and-<br />

Ride-Anlage abstellen. Für Fahrräder<br />

sind 120 Abstellplätze geplant, sie<br />

befinden sich noch in Bau. Die Möglichkeit<br />

zur Anmietung von Leihrädern<br />

wird ebenfalls gegeben sein.<br />

Bürgermeister Friewald: „Zusätzlich<br />

geplant ist eine Photovoltaik-Anlage<br />

zum Aufladen von E-Bikes.“ Wer die<br />

finanzieren wird, ist bis jetzt allerdings<br />

noch unklar. Zur zusätzlichen<br />

Belebung des Bahnhofs ist die Errichtung<br />

eines Gewerbezentrums geplant.<br />

„Das Gewerbezentrum soll rund<br />

6.000 m 2 auf zwei Ebenen umfassen<br />

und sowohl Geschäften als auch Büros<br />

Platz bieten“, berichtet Regina<br />

Rausch, zuständig für den Öffentlichen<br />

Verkehr im Amt der NÖ Landesregierung.<br />

Obwohl erst im Herbst<br />

2013 mit dem Bau begonnen werden<br />

soll, sind bereits jetzt 600 m 2 Büroflächen<br />

vergeben. Durch die Grünlage,<br />

die vielen unterschiedlichen Freizeitmöglichkeiten<br />

und die schnelle Zugverbindung<br />

steigt auch das Interesse<br />

an Wohnraum. „Im letzten Jahr wurde<br />

eine Siedlung mit 28 Wohnungen<br />

fertiggestellt, die sofort verkauft waren“,<br />

erzählt Bürgermeister Friewald.<br />

In Pixendorf entsteht auf einer Fläche<br />

von mehr als zehn Hektar das Pro-<br />

Impulse für die<br />

Region:<br />

Der Bahnhof Tullnerfeld<br />

verkürzt die Fahrzeit für<br />

Pendelnde nach Wien.<br />

Rund um den Bahnhof<br />

entstehen Siedlungen<br />

und ein Gewerbegebiet.<br />

»Fahrradab stellplätze, Leihräder und eine<br />

Photovoltaik-Anlage zum Aufladen von<br />

E-Bikes sind geplant.«<br />

Foto: Schwarzenegger<br />

»Wenn wir es schaffen,<br />

dass der Autoverkehr in den<br />

nächsten zehn Jahren in etwa<br />

gleich bleibt und nicht weiter<br />

wächst, ist das ein Erfolg.«<br />

Rudolf Friewald,<br />

Bürgermeister von Michelhausen<br />

jekt „Wohn(t)raum Tullnerfeld“ mit<br />

Reihenhäusern, Wohnanlagen und<br />

Bauparzellen. Damit sieht Friewald<br />

die vorhandene Infrastruktur ausgeschöpft:<br />

„Wenn noch mehr Menschen<br />

aus Wien zuziehen wollen, könnten<br />

wir Probleme bekommen.“<br />

Zeitersparnis für größere<br />

Region<br />

„Pendelnde aus der Region um<br />

Gmünd sparen sich bei Nutzung<br />

des Bahnhofs Tullnerfeld auf dem<br />

Weg nach Wien nahezu eine Stunde<br />

Zeit“, sieht Bürgermeister Friewald<br />

interessante Perspektiven für Teile der<br />

Waldviertler Bevölkerung. Auch der<br />

Flughafen Wien-Schwechat sei via<br />

Tullnerfeld und den neuen Wiener<br />

Hauptbahnhof nun vom Wald- und<br />

Weinviertel aus deutlich leichter zu<br />

erreichen. Friewald geht davon aus,<br />

dass diese Entwicklung den Bahnhof<br />

für viele noch deutlich attraktiver machen<br />

wird.“<br />

> Zur Autorin:<br />

Ilse Königstetter ist Journalistin in Wien.<br />

2013<br />

25 JahRe <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

„Da Öamtc und Arbö sich als Vorfeldorganisationen der Autoindustrie<br />

diskreditiert haben, ist der <strong>VCÖ</strong> mittlerweile der einzige<br />

Verkehrsclub Österreichs. Dem <strong>VCÖ</strong> geht es mit hundertprozentiger<br />

Glaubwürdigkeit um eine ökologische Gestaltung von Verkehr, bei<br />

dem der Mensch im Mittelpunkt steht, den<br />

anderen nur um die Erhaltung einer Welt,<br />

in der der Pkw im Mittelpunkt steht. Ihr<br />

seid unsere Partner, die anderen nicht!“<br />

Alexander Egit,<br />

Geschäftsführer Greenpeace CEE


Der springende Punkt bei Jugendlichen<br />

ist nicht der Führerscheinerwerb,<br />

sondern der<br />

Einstieg ins Berufsleben“, erklärt Sebastian<br />

Seebauer vom Wegener Zentrum<br />

für Klima und globalen Wandel<br />

an der Karl-Franzens-Universität<br />

Graz. „ Immer wenn sich Alltagswege<br />

verändern, werden neue Mobilitätsmuster<br />

entwickelt. Was sich dann als<br />

Gewohnheit etabliert, lässt sich nur<br />

mehr schwer korrigieren. Daher kann<br />

beispielsweise eine Mobilitätsberatung<br />

bei Lehrstellenantritt viel bewirken.<br />

Allerdings natürlich nur in Regionen,<br />

wo ein entsprechendes Alternativangebot<br />

zum Auto gegeben ist.“<br />

Um Jugendliche auf dem Land für<br />

umweltfreundliche Mobilität zu gewinnen,<br />

gibt es mehrere Ansatzpunkte:<br />

Einerseits muss das Angebot an<br />

Öffentlichem Verkehr deutlich verbessert<br />

werden. „Dazu gehört auch,<br />

dass die Jungen von den öffentlichen<br />

Verkehrsunternehmen wertschätzend<br />

behandelt werden“, fordert Sebastian<br />

Seebauer. Wo sich Linien nicht rechnen,<br />

können bedarfsorientierte Angebote<br />

geschaffen werden – Anrufsammeltaxis<br />

oder Gemeindebusse.<br />

Ein zweiter Ansatz zielt darauf ab,<br />

Wege zu vermeiden. In Nordrhein-<br />

Westfalen kommt jede Woche das<br />

Rockmobil, eine rollende Musikschule<br />

samt Proberäumen, in kleine Gemeinden.<br />

Knackpunkt ist jedoch die Motivation<br />

der Jugendlichen, als Erwachsene<br />

nicht nur das Auto zu benützen,<br />

sondern multimodal unterwegs zu<br />

sein. „Bewusstseinsbildung ist enorm<br />

wichtig“, betont Cosima Pilz vom<br />

Umwelt-Bildungs-Zentrum Steiermark.<br />

„Unsere JugendStil-Studie hat<br />

gezeigt, dass für die Wahl der Verkehrsmittel<br />

vor allem die Einstellung<br />

ausschlaggebend ist. Selbst in entlegenen<br />

Vorarlberger Tälern verzichten<br />

ökologisch engagierte Jugendliche<br />

Foto: Viktor Fertsak<br />

Bewusstseinsbildung<br />

zum richtigen Zeitpunkt<br />

Discobus<br />

Oberpullendorf:<br />

Wird von Jugendlichen<br />

gut angenommen.<br />

> Zur Autorin:<br />

Ursula Jungmeier-<br />

Scholz ist Journalistin<br />

in Graz.<br />

<strong>VCÖ</strong> was one of the organisations that helped to found T&E, the<br />

Brussels-based green transport groups federation, back in 1989.<br />

Since then <strong>VCÖ</strong> has developed incredibly to the very professional<br />

organisation it is today. Many people don’t know that key EU issues<br />

are discussed and decided in government ministries in capital cities,<br />

much more than in Brussels. We are thankful and happy that <strong>VCÖ</strong> is<br />

such a great help in engaging with Austrian<br />

decision-makers and we wish you a very<br />

happy birthday!<br />

Jos Dings,<br />

Director Transport & Environment T&E,<br />

Brüssel<br />

aufs Auto, während die Befragten in<br />

einem Grazer Gymnasium sogar jegliche<br />

Einschränkung für Autofahrende<br />

abschaffen wollten.“<br />

Besonders schwierige<br />

Zielgruppe<br />

Vorbild für die Förderung umweltfreundlicher<br />

Mobilität ist die Salzburger<br />

Gemeinde Werfenweng. Dort<br />

gibt es einen Dorfbus, den bedarfsorientierten<br />

Shuttledienst zum Bahnhof<br />

Bischofshofen und Belohnungen für<br />

Fahrgemeinschaften oder Familien,<br />

die ihr Zweitauto verkaufen. Volksschulkinder<br />

gehen seit dem Jahr 2012<br />

begleitet per „Pedibus“ zur Schule.<br />

„Wir hoffen, dass sie später auch zu<br />

Fuß zur Bushaltestelle gehen“, so Bür-<br />

vcö-magazin 2013-01 11<br />

Wenn das entsprechende Bewusstsein und ein gutes Angebot vorhanden sind,<br />

sind auch Jugendliche in ländlichen Regionen für umweltfreundliche Mobilität zu<br />

gewinnen. Auto und Führerschein sind ihnen trotzdem wichtig. Von Ursula Jungmeier-Scholz<br />

2013<br />

25 Jahre <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

25 Minuten schneller<br />

germeister Peter Brandauer. Während<br />

der Pedibus von zwei Dritteln der<br />

Werfenwenger Familien angenommen<br />

wird, ist die Motivation der Jugendlichen<br />

eher schwierig. Zwar können<br />

jene, die auf ein Moped mit Verbrennungsmotor<br />

verzichten, günstige<br />

E-Mopeds mieten und bekommen<br />

gratis Kinokarten und Fahrscheine für<br />

das Nachtmobil. Doch die Resonanz<br />

ist (noch) gering.<br />

Partizipation erhöht<br />

Akzeptanz<br />

Sehr gut von Jugendlichen angenommen<br />

werden hingegen nächtliche<br />

Discobusse, wie sie unter anderem<br />

der gemeinnützige burgenländische<br />

Verein Discobus bietet. Die Hin- und<br />

seit Ab 9. 9. Dezember 2012<br />

Rückfahrt kostet nur zwei Euro. Den<br />

größten Teil der Finanzierung übernehmen<br />

die Gemeinden. Rund 2.500<br />

Jugendliche sind im Burgenland pro<br />

Wochenende mit dem Discobus unterwegs.<br />

Werden junge Menschen in<br />

die Planung von Mobilitätsmaßnahmen<br />

eingebunden, erhöht das die<br />

Akzeptanz beträchtlich. Das Lebensministerium<br />

bietet seit Kurzem im<br />

Rahmen von klima:aktiv mobil Unterstützung<br />

für Gemeinden und Bundesländer,<br />

die gemeinsam mit Jugendlichen<br />

alternative Mobilitätskonzepte<br />

entwickeln.<br />

In Österreich blieb die Anzahl der<br />

Führerscheinneulinge laut Statistik<br />

Austria im Jahr 2011 gegenüber dem<br />

Vorjahr nahezu gleich. Zwischen den<br />

Jahren 2006 und 2010 ist sie um 12<br />

Prozent gestiegen. 92 Prozent der<br />

Führerscheinneulinge waren unter<br />

25 Jahre alt, in Wien nur 79 Prozent,<br />

was die Statistik Austria auf den guten<br />

Öffentlichen Verkehr in Wien zurückführt.<br />

Repräsentative Studien über<br />

die Bedeutung von Auto und Führerschein<br />

für Jugendliche gibt es weder<br />

für Österreich noch für Deutschland.<br />

„Gerade Jugendliche aus ländlichen<br />

Regionen warten erfahrungsgemäß<br />

sehnsüchtig auf ihr eigenes Auto“, sagt<br />

Cosima Pilz. „Das kann den jungen<br />

Menschen auch gar nicht vorgeworfen<br />

werden“, betont Sebastian Seebauer.<br />

„Sie haben sich ihren Wohnort ja<br />

nicht selbst ausgesucht.“<br />

westbahn.at<br />

25 Minuten schneller<br />

zwischen Wien und Salzburg<br />

Die WESTbahn nutzt<br />

mit dem Fahrplanwechsel<br />

seit am 09.12.2012 9.12.2012 die die neue neue<br />

Hochleistungsstrecke Hochleistungsstrecke über das<br />

Tullnerfeld. über das Tullnerfeld.<br />

Damit sind Sie<br />

Damit<br />

künftig<br />

sind Sie<br />

noch<br />

künftig<br />

noch<br />

schneller<br />

schneller<br />

am<br />

am<br />

Ziel.<br />

Ziel.


Foto: Michael Schrenk<br />

12 vcö-magazin 2013-01<br />

Karlheinz A. Geißler<br />

termine<br />

direkt gefragt Konferenz _______________________<br />

USEmobility-Abschlusskonferenz<br />

Das EU-Projekt USEmobility (<strong>VCÖ</strong><br />

ist Projektpartner) analysiert, was<br />

Menschen bewegt, ihr Mobilitätsverhalten<br />

zu ändern. Teilnahme ist<br />

kostenlos. Veranstalter: Allianz pro<br />

Schiene. www.usemobility.eu<br />

Berlin (D), 13. Februar 2013<br />

Weniger Tempo – mehr Zeit<br />

<strong>VCÖ</strong>-<strong>Magazin</strong>: Was lässt sich über<br />

„Zeiterleben“ und „Zeitsparen“ im<br />

Zusammenhang mit Mobilität sagen?<br />

Wie lässt sich in der Mobilität das<br />

richtige Maß finden, damit wir nicht<br />

immer (zu) schnell sein müssen?<br />

Karlheinz A. Geißler, Zeitforscher,<br />

Buchautor und emeritierter Professor für<br />

Wirtschaftspädagogik an der Universität der<br />

Bundeswehr in München. Mit dem Thema Zeit<br />

beschäftigt er sich auch in dem Buch „Enthetzt<br />

Euch! Weniger Tempo – mehr Zeit“.<br />

www.timesandmore.com<br />

Foto: bilderbox.at<br />

Fotos: Philipp Wied; photocase.de<br />

Karlheinz A. Geißler: „Werden Fachleute für den Bau von Straßen, Zugstrecken und Flughäfen nach<br />

ihrer Aufgabe gefragt, antworten sie unisono: die Verkehrsteilnehmenden so schnell wie möglich von A<br />

nach B zu bringen. Das Ziel aller Mobilität, nichts anderes ist damit gesagt, besteht im Ersparen von<br />

Zeit. Entspricht das eigentlich auch dem Ziel derjenigen, die einen Ortswechsel, wohin auch immer, in<br />

Erwägung ziehen? Geht es diesen immer nur darum, die Zeit, die sie auf Straßen, in Zügen und Flugzeugen<br />

verbringen, zu minimieren? Träfe dies zu, wäre Mobilität nichts anderes als Zeitverschwendung. Sie ist<br />

aber keine Zeitverschwendung, sie ist Zeitverwendung. Beim Unterwegssein geht es nämlich zuallererst<br />

um Zeitqualitäten, nicht jedoch um deren Quantitäten. Ein Beispiel: Wer mit dem Zug von Frankfurt<br />

nach Köln fährt, hat die Wahl zwischen einer Schnellstrecke, die eine Stunde dauert, und einer langsameren<br />

Strecke, die annähernd die doppelte Zeit braucht. Die Schnellstrecke folgt dem Verlauf einer<br />

sechsspurigen Autobahn, die weniger rasche dem kurvigen Rheintal. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />

sorgt für schnellen Transport, die Rheinstrecke, sie zählt zu den schönsten der Welt, für ästhetische<br />

Erlebnisse und Erfahrungen. Auf welcher Strecke wird Zeit verloren, auf welcher Zeit gewonnen? Die<br />

Antwort: Auf beiden wird Zeit verloren und auf beiden wird sie gewonnen – allein es handelt sich um<br />

eine jeweils andere. Die mit Höchstgeschwindigkeit Transportierten gewinnen qualitätslose Uhrzeit und<br />

verlieren Erlebnis- und Erfahrungszeit. Die Reisenden mit Rheinblick verlieren Uhrzeit und gewinnen<br />

dafür ästhetische Erlebnisse und Erfahrungen. Beim Transport gilt es, Zeit in Geld zu verrechnen, bei<br />

der Reise in lebendige Erfahrung.“<br />

Spenden für Mobilität mit Zukunft!<br />

Große Herausforderungen …<br />

Die Erdöl- und Autoabhängigkeit<br />

unserer Mobilität wird mehr und mehr<br />

zur Kosten falle für unsere Gesellschaft.<br />

Auf der Strecke bleiben Gesundheit,<br />

Umwelt und Lebensqualität. Das muss<br />

sich ändern.<br />

Foto: ÖBB<br />

Foto: iStockphoto.com<br />

… brauchen großen Einsatz<br />

Der <strong>VCÖ</strong> setzt sich seit 25 Jahren für<br />

eine Mobilität mit Zukunft ein und fordert<br />

konsequentes Handeln der Politik. Es<br />

braucht Ideen und vernetztes Denken.<br />

Ihre großzügige Spende an den <strong>VCÖ</strong><br />

ermöglicht diesen <strong>VCÖ</strong>-Einsatz.<br />

Ihre großzügige Spende unterstützt den <strong>VCÖ</strong>!<br />

Spenden-Konto: 7.540.714, BAWAG PSK, BLZ 60.000<br />

MOBILITÄT MIT ZUKUNFT<br />

Foto: Maria Hötzmanseder<br />

2013<br />

25 JAHRE <strong>VCÖ</strong><br />

Mobilität mit Zukunft<br />

www.vcoe.at<br />

Mitmach-Aktion ___________________<br />

Autofasten<br />

Anregung zur Änderung der eigenen<br />

Mobilität in der Fastenzeit. Eine Initiative<br />

der Umweltbeauftragten der katholischen<br />

und evangelischen Kirche<br />

Österreichs. www.autofasten.at<br />

Österreichweit,<br />

13. Februar – 30. März 2013<br />

Kongress ________________________<br />

6. ÖPNV Innovationskongress<br />

Mobilität im Wandel. Kongresszentrum<br />

Konzerthaus Freiburg.<br />

www.innovationskongress-bw.de<br />

Freiburg (D), 11.–13. März 2013<br />

Kongress ________________________<br />

19. Umwelt- & Verkehrskongress:<br />

„Städte in Zukunft:<br />

grün+mobil“<br />

Veranstalter: UMKEHR e.V.<br />

www.buvko.de<br />

Berlin (D), 15.–17. März 2013<br />

Kongress ________________________<br />

Nahverkehrskongress 2013<br />

Nahverkehr der Zukunft „Flexibel<br />

und Multimodal“. igv@vor.at<br />

Wien, 18.–19. April 2013<br />

literatur<br />

Enthetzt Euch!<br />

Weniger Tempo – mehr Zeit<br />

Karlheinz A. Geißler,<br />

S. Hirzel Verlag 2012,<br />

248 Seiten, 20,40 Euro<br />

Zeitsparen ist zum<br />

Volkssport Nummer<br />

eins geworden. Für<br />

nichts anderes wird so<br />

viel Zeit aufgewendet<br />

wie fürs Zeitsparen.<br />

Dabei ist die wahre Zeit die mit<br />

persönlichem Erleben gefüllte, nicht<br />

die für die Zukunft ersparte Zeit.<br />

Der bekannte Zeitforscher analysiert<br />

in diesem Buch die Ursachen unseres<br />

tendenziell fehlgeleiteten Umgangs<br />

mit der Zeit und bietet Anregungen<br />

für einen weniger gehetzten Lebensstil:<br />

Weniger Tempo – mehr Zeit!<br />

Zukunftsfähige Stadt- und<br />

Verkehrsplanung<br />

Hrsg. Günther Witzany, Books on<br />

Demand, Norderstedt 2011, 128 Seiten,<br />

19,80 Euro<br />

Das Buch dokumentiert<br />

die acht Beiträge<br />

zur Tagung „Zukunftsfähige<br />

Stadt- und Verkehrsplanung“.<br />

Es zeigt, dass die Lösung<br />

vieler Probleme<br />

der Stadtplanung in der Festlegung<br />

des richtigen Maßstabs liegt – bei<br />

der Geschwindigkeit, den Gebäuden,<br />

beim Platz bedarf der Menschen.

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