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Bonduelle / Vita Holding GmbH - Bundeskartellamt

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BUNDESKARTELLAMT 53113 Bonn<br />

2. BESCHLUSSABTEILUNG Kaiser-Friedrich-Straße 16<br />

B 2 – 15130 – FA -129/03<br />

Telefon: (0228) 9499-529<br />

Zentrale: (0228) 9499-0<br />

Telefax: (0228) 9499-166<br />

In dem Verwaltungsverfahren<br />

BESCHLUSS<br />

1. <strong>Bonduelle</strong> Frais Investissements S.A., Villeneuve d`Ascq (F),<br />

Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1.<br />

Rechtsanwälte<br />

CMS Hasche Sigle<br />

Schöttlestraße 8<br />

70597 Stuttgart<br />

FÜR DIE<br />

VERÖFFENTLICHUNG BESTIMMT<br />

FUSIONSVERFAHREN<br />

VERFÜGUNG GEMÄSS § 40 ABS. 2<br />

GWB<br />

2. Süd-Kapitalbeteiligungs-Gesellschaft mbH, Am Hauptbahnhof 2, 70173 Stuttgart<br />

3. <strong>Vita</strong> <strong>Holding</strong> <strong>GmbH</strong>, Am Heilbrunnen 128, 72766 Reutlingen<br />

4. Carsten Schöne, c/o <strong>Vita</strong> <strong>Holding</strong> <strong>GmbH</strong>, Am Heilbrunnen 128,<br />

72766 Reutlingen<br />

5. Jochen Stephan, c/o <strong>Vita</strong> <strong>Holding</strong> <strong>GmbH</strong>, Am Heilbrunnen 128,<br />

72766 Reutlingen<br />

6. Gartenfrisch Jung <strong>GmbH</strong>, Jagsthausen<br />

Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 6.<br />

Rechtsanwälte<br />

Menzel Rosskopf Heydel<br />

Moltkestraße 54<br />

74076 Heilbronn<br />

- Beteiligte -<br />

- Beigeladene –<br />

wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 GWB hat die 2. Be-<br />

schlussabteilung des <strong>Bundeskartellamt</strong>es am 22. Dezember 2003 beschlossen:<br />

1. Das mit Schreiben vom 6. Oktober 2003 angemeldete Zusammenschlussvorhaben<br />

wird freigegeben.<br />

- 2 -


- 2 -<br />

2. Der Beschluss des <strong>Bundeskartellamt</strong>es vom 25. November 2003 über die Befreiung<br />

vom Vollzugsverbot wird aufgehoben.<br />

3. Die Gebühr für die Anmeldung wird auf<br />

xxx,- €<br />

(in Worten: xxx Euro)<br />

festgesetzt und der Beteiligten zu 1. auferlegt.<br />

Gründe<br />

1. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2003 – hier per Fax eingegangen am gleichen<br />

Tage – hat die Beteiligte zu 1. über ihre Verfahrensbevollmächtigte den<br />

beabsichtigten Erwerb von insgesamt 75,1% der Geschäftsanteile an der<br />

Beteiligten zu 3. nach § 39 GWB bei der Beschlussabteilung angemeldet.<br />

2. Nach Prüfung der Anmeldung hat die Beschlussabteilung festgestellt, dass das an-<br />

gemeldete Vorhaben in den Geltungsbereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-<br />

schränkungen fällt (§ 35 GWB). Mit Schreiben vom 6. November 2003 hat die<br />

Beschlussabteilung der Anmelderin mitgeteilt, dass sie in die Prüfung des<br />

Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist (§ 40 Abs. 1 GWB).<br />

3. Die Gartenfrisch Jung <strong>GmbH</strong>, Jagsthausen, ist auf den Antrag ihres<br />

Verfahrensbevollmächtigten vom 27. Oktober 2003, mit Beschluss vom 28. Oktober<br />

2003 zu dem Verfahren beigeladen worden.<br />

4. Mit Beschluss vom 25. November 2003 ist die Beschlussabteilung dem Antrag der<br />

Beteiligten zu 1., die Zusammenschlussbeteiligten vom Vollzugsverbot des § 41<br />

Abs. 1 GWB zu befreien, unter Auflagen gefolgt.<br />

A. Die beteiligten Unternehmen<br />

5. <strong>Bonduelle</strong> Frais Investissements S.A., Villeneuve d'Asqc (<strong>Bonduelle</strong>), ist eine<br />

Konzerntochter (99,98 %) der <strong>Bonduelle</strong> SCA, Renescure (F). <strong>Bonduelle</strong> ist auf<br />

dem Gebiet der Gemüseverarbeitung zu Konserven, Tiefkühlgemüse sowie der<br />

- 3 -


- 3 -<br />

Herstellung von frischen Produkten aus Salat und Gemüse tätig. <strong>Bonduelle</strong> erzielte<br />

im letzten Geschäftsjahr (2001/2002) weltweite Umsatzerlöse von ca. 1.250 Mio. €,<br />

davon in der EU [....] Mio. € und in Deutschland [.......] Mio. €. Im Bereich der<br />

Herstellung von frischen Produkten aus Gemüse und Salat wurden im Kalenderjahr<br />

2002 Umsätze in Höhe von [......] Mio. € in Deutschland erzielt.<br />

6. Die Süd-Kapitalbeteiligungs-Gesellschaft mbH, Stuttgart (Süd-KB), ist eine<br />

Kapitalbeteiligungs-Gesellschaft, die überwiegend Beteiligungen an<br />

mittelständischen Unternehmen hält. Sie ist eine 100 %-Tochter der Landesbank<br />

Baden-Württemberg, an der das Land Baden-Württemberg, der<br />

Sparkassenverband Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart beteiligt sind. Die<br />

Süd-KB ist Gesellschafterin der <strong>Vita</strong>-<strong>Holding</strong> <strong>GmbH</strong> mit einem Anteil von 24,9%.<br />

Die Landesbank Baden-Württemberg erzielte im Geschäftsjahr 2002 weltweite<br />

Umsatzerlöse in Höhe von 18.114 Mio. €, davon in der EU [....] Mio. € und in<br />

Deutschland [.....] Mio. €.<br />

7. Die <strong>Vita</strong> <strong>Holding</strong> <strong>GmbH</strong>, Reutlingen, ist im Wesentlichen in der Herstellung und<br />

dem Vertrieb von küchenfertigen Salat- und Gemüsemischungen für den<br />

Lebensmitteleinzelhandel und den Bereich Großverbraucher (Hotellerie,<br />

Gastronomie und Catering) tätig. Geringe Umsätze werden mit Zusatzprodukten<br />

wie Dressings, süßen Nachtischen, Bratlingen und Soja-Produkten erzielt. Im<br />

Geschäftsjahr 2002/2003 erzielte <strong>Vita</strong> einen weltweiten Umsatz von 72,7 Mio. €.<br />

Dieser wurde fast vollständig in Deutschland erzielt.<br />

8. Herr Jochen Stephan ist Gesellschafter der <strong>Vita</strong> <strong>Holding</strong> <strong>GmbH</strong>. Seine<br />

Geschäftsanteile belaufen sich auf 65,1%.<br />

9. Herr Carsten Schöne ist Geschäftsführer und Gesellschafter der <strong>Vita</strong> <strong>Holding</strong><br />

<strong>GmbH</strong>. Sein Geschäftsanteil beträgt 10%.<br />

B. Anwendungsbereich des GWB<br />

10. Die Anwendbarkeit des GWB ergibt sich zum einen – da die Beteiligte zu 1. und 3.<br />

in Deutschland Umsätze erzielen - aus der Inlandswirkung gemäß § 130 Abs. 2<br />

- 4 -


- 4 -<br />

GWB, zum anderen nach Art. 21 Abs. 2 Unterabsatz 1 FKVO i.V.m. § 35 Abs. 3<br />

GWB aus der Nichtzuständigkeit der EU-Kommission, da die Umsatzschwellen<br />

nach Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO nicht erreicht werden.<br />

11. Die Aufgreifschwellen des § 35 Abs. 1 GWB werden hingegen überschritten, da die<br />

beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr insgesamt mehr als 500 Mio. €<br />

weltweite und wenigstens eines über 25 Mio. € inländische Umsatzerlöse erzielten.<br />

De-minimis- und Bagatellmarktklausel sind nicht anwendbar, so dass das Vorhaben<br />

nach § 39 GWB anmeldepflichtig ist.<br />

C. Zusammenschlusstatbestand<br />

12. Die Beteiligte zu 1. beabsichtigt den Erwerb von 75,1 % der Anteile an der<br />

Beteiligten zu 3. Zunächst ist geplant, [......].<br />

13. Das Vorhaben erfüllt im ersten Schritt [......] den Zusammenschlusstatbestand des §<br />

37 Abs. 1 Nr. 3 a) (Anteilserwerb) sowie Abs. 1 Nr. 2 GWB (Kontrollerwerb). [.....].<br />

Im zweiten Erwerbsschritt [.....] wird der Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs.<br />

Nr. 2 GWB (Erwerb der alleinigen Kontrolle) verwirklicht. Der im dritten Schritt [......].<br />

D. Fusionskontrollrechtliche Beurteilung<br />

14. Durch das Vorhaben werden marktbeherrschende Stellungen auf den relevanten<br />

Märkten weder begründet noch verstärkt, so dass die Untersagungsvoraussetzun-<br />

gen des § 36 Abs. 1 GWB nicht erfüllt sind.<br />

I. Marktabgrenzung<br />

Der Marktabgrenzung ist das sogenannte Bedarfsmarktkonzept zugrunde zu legen.<br />

Dem relevanten Markt sind danach diejenigen Produkte zuzurechnen, die aus Sicht<br />

der Abnehmer nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage eines<br />

bestimmten Bedarfs austauschbar sind.<br />

1. Sachlich relevante Märkte<br />

15. Das Zusammenschlussvorhaben betrifft mehrere Produktmärkte. Im Einzelnen sind<br />

dies die Herstellung und Lieferung küchenfertiger Salate, küchenfertigen Gemüses,<br />

Sprossen und küchenfertiger frischer Kräuter an Lebensmitteleinzelhandel und<br />

- 5 -


- 5 -<br />

Großverbraucher. Daneben sind die Märkte für Dressings, Frucht- und<br />

Gemüsesäfte, Desserts und küchenfertige Bratlinge/Fleischersatzprodukte<br />

betroffen. Näherer Betrachtung bedarf allerdings nur der Markt für küchenfertige<br />

Salate, da allein auf diesem Markt die Marktstellung (Marktanteile) der Beteiligten<br />

und die diesbezügliche Überschneidung ihrer Aktivitäten Anlass zu<br />

wettbewerblichen Bedenken geben.<br />

16. Küchenfertige, d.h. gewaschene und geschnittene Salatmischungen bestehen<br />

überwiegend aus Blattsalaten. Der Endverbraucher macht den küchenfertigen Salat<br />

selbst mit Dressing an. Küchenfertige Salatmischungen werden in<br />

Kleinverpackungen im Lebensmitteleinzelhandel – in Kühlregalen gelagert –<br />

angeboten. In größeren Packungseinheiten werden sie für Großverbraucher<br />

(Hotels, Restaurants, Catering) angeboten.<br />

17. Küchenfertige Salatmischungen sind aus Nachfragersicht von sonstigen<br />

Feinkostsalaten (angemachte Salate wie Fleischsalate, Kartoffelsalate,<br />

Gurkensalate etc.) zu unterscheiden 1 . Das erklärt sich zum einen aus der<br />

Unterschiedlichkeit der Ausgangsprodukte in bezug auf materielle Eigenart,<br />

Geschmack und wohl auch Verzehranlass bzw. Funktion innerhalb einer Mahlzeit<br />

oder Speisefolge, zum anderen aber auch daraus, dass angemachte Salate sofort<br />

verzehrfertig sind. Durch das bereits vorhandene Dressing, zumeist<br />

mayonnaisehaltig, ist der Feinkostsalat in einer bestimmten Geschmacksrichtung<br />

fertig gewürzt. Weil sich Blattsalate nicht für eine solche Zubereitung eignen,<br />

können sie erst kurz vor dem Verzehr mit dem Dressing versehen werden.<br />

Hierdurch wird ein gesonderter Zubereitungsvorgang – entweder durch den<br />

Endverbraucher selbst oder durch das Restaurant – nach individuellen<br />

Geschmacksvorstellungen vorgenommen. Im Unterschied zum küchenfertigen<br />

Salat lässt sich der fertige Feinkost-Salat durch bestimmte Inhaltsstoffe mehrere<br />

Tage oder bei Zugabe von Konservierungsstoffen für einen längeren Zeitraum<br />

aufbewahren. Unter den Gesichtspunkten Geschmack, Frische, Haltbarkeit und<br />

Gesundheit (<strong>Vita</strong>mine) ist der küchenfertige Salat somit nicht mit sonstigen<br />

Feinkostsalaten vergleichbar.<br />

18. Nicht zum Markt für küchenfertige Salate gehört ungewaschener Salat. Im<br />

Unterschied zum küchenfertigen Salat muss dieser zunächst gewaschen und<br />

geschnitten werden, was mit einem zeitlichen Aufwand verbunden ist. Das Produkt<br />

1 S. zur Marktabgrenzung bei Feinkostsalaten B 2 – 33/99 – Beeck/Homann.<br />

- 6 -


- 6 -<br />

unterscheidet sich auch in seiner Zusammensetzung (Variationsbreite).<br />

Küchenfertiger Salat ist nicht lediglich als Monosalat, sondern auch als Mischsalat<br />

erhältlich, d.h. kombiniert unterschiedliche Salatsorten. Schließlich ist<br />

ungewaschener Salat zunächst von Strunk und schadhaften Stellen zu befreien.<br />

Küchenfertiger Salat ist demgegenüber, so wie er erworben wird, zum Verzehr<br />

geeignet.<br />

19. Gesonderte Märkte für die Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels und der<br />

Belieferung von Großverbrauchern mit küchenfertigem Salat sind nicht zu bilden.<br />

Die Produkte für den Lebensmitteleinzelhandel und die Großverbraucher sind<br />

identisch. Vorhandene Unterschiede zwischen beiden Marktsegmenten sind<br />

deshalb nicht derart bedeutsam, dass sie einen eigenen Markt begründeten. Das<br />

gilt namentlich für die Unterschiede im Vertrieb an den Lebensmitteleinzelhandel<br />

und an die Großverbraucher. Während die Belieferung des Lebensmitteleinzel-<br />

handels regelmäßig über die Zentrallager - im Gegensatz zu den einzelnen<br />

Supermärkten – erfolgt, werden die Großverbraucher direkt beliefert. Da die<br />

Belieferung aber im Allgemeinen mit denselben LKWs bzw. Speditionen geschieht,<br />

ist der Ort der Lieferung zweitrangig. Schließlich sind auch bestehende<br />

Unterschiede in den Gebindegrößen beider Segmente unbeachtlich. Die<br />

Umstellungsflexibilität ist hoch. Es ist ohne großen Aufwand möglich, die üblichen<br />

Packungsgrößen des jeweils anderen Segments zu liefern. Die Mehrheit der von<br />

der Beschlussabteilung befragten Wettbewerber beliefern sowohl den<br />

Lebensmitteleinzelhandel als auch Großverbraucher.<br />

20. Auch eine Differenzierung nach Hersteller- und Handelsmarken ist nicht angezeigt.<br />

Funktionell ist der unter der Marke eines Handelsunternehmens verkaufte Salat aus<br />

Sicht der Verbraucher, aus der sich die des Handels ableitet, ohne weiteres mit den<br />

unter Herstellermarke verkauften Produkten austauschbar. So geben die Kriterien<br />

Preisniveau und Werbung keinen Hinweis auf die Notwendigkeit einer<br />

differenzierten Marktbetrachtung. Zwar gibt es Preisunterschiede zwischen<br />

Handels- und Herstellermarken. Da der Rohwarenanteil an der Preiskalkulation<br />

aber sehr hoch ist, sind diese Preisunterschiede gering. Hinzu kommt, dass auch<br />

Herstellermarken bislang kaum beworben werden. Eine marktabgrenzende<br />

Trennlinie zwischen beiden Segmenten ist deshalb nicht gegeben.<br />

- 7 -


2. Räumlich relevante Märkte<br />

- 7 -<br />

21. Bei den vom Zusammenschluss betroffenen Markt für küchenfertige Salate ist von<br />

einem bundesweiten Markt auszugehen. Der Markt für küchenfertige Salate ist<br />

einerseits durch eine Vielzahl von kleineren, regional tätigen Anbietern geprägt.<br />

Andererseits gibt es mehrere überregional aufgestellte Wettbewerber, die - insoweit<br />

den Beteiligten zu 1. und 3. vergleichbar - bundesweit liefern. Bei entsprechend<br />

schonender Verarbeitung und Kühlkette ist es logistisch möglich, Lieferungen<br />

bundesweit zu organisieren.<br />

22. Auch bei den sonstigen vom Zusammenschluss betroffenen Märkten geht die<br />

Beschlussabteilung von bundesweiten Märkten aus.<br />

II. Wettbewerbliche Auswirkungen<br />

23. Der Zusammenschluss von <strong>Bonduelle</strong> und <strong>Vita</strong> führt nicht zur Begründung einer<br />

marktbeherrschenden Stellung.<br />

1. Markt für küchenfertige Salate<br />

24. Eine exakte Ermittlung des Marktvolumens war wegen der im Rahmen dieses<br />

Verfahrens nicht erfassbaren Anzahl kleinerer regional tätiger Wettbewerber nicht<br />

möglich. Schätzungen des Marktvolumens der befragten Marktteilnehmer variieren<br />

zwischen 150 Mio. € und 300 Mio. € Marktvolumen im Jahr. Addiert man die<br />

Umsätze der von der Beschlussabteilung befragten 10 größten Anbieter im<br />

Kalenderjahr 2002, so ergibt sich ein Volumen von mindestens 203 Mio. €. Dieses<br />

Marktvolumen lässt eine Vielzahl allein regional tätiger Wettbewerber<br />

unberücksichtigt. Wettbewerber mit einer konservativen Gesamtumsatzschätzung –<br />

wie die Beigeladene – gehen von einem Anteil der kleinen, nur regional agierenden<br />

Wettbewerber in Höhe von 17 Mio. € aus. Andere Schätzungen liegen deutlich<br />

darüber. Befragungen der Nachfragerseite durch das Kartellamt haben die<br />

Ausführungen der Beteiligten zu 1. und 3. bestätigt, wonach neben den großen<br />

Anbietern - deren Umsätze leicht zu erfassen sind – ebenfalls eine Vielzahl<br />

kleinerer Wettbewerber die Nachfrage, beispielsweise den Bedarf in der<br />

Gastronomie, befriedigen. Mit der Schätzung der Beigeladenen von 17 Mio. €<br />

Umsatz der Kleinanbieter, geht die Beschlussabteilung von einem Gesamtumsatz<br />

von ca. 220 Mio. € im Kalenderjahr 2002 aus.<br />

- 8 -


a. Keine Einzelmarktbeherrschung<br />

- 8 -<br />

25. Ob der Anteil kleiner Anbieter tatsächlich größer ist, kann dahingestellt bleiben, da<br />

jedenfalls die Marktbeherrschungsvermutung des § 19 Abs. 3 S. 1 GWB selbst bei<br />

Nichtberücksichtigung des Anteils der kleinen Wettbewerber nicht erfüllt wäre.<br />

26. Marktanteile ohne/mit Berücksichtigung der kleinen Anbieter:<br />

Marktanteil<br />

ohne Klein-<br />

27. Bei Berücksichtigung des (konservativ) geschätzten Anteils kleinerer Anbieter am<br />

Gesamtvolumen ergibt sich ein addierter Marktanteil in Höhe von [25-33,3%]. Die<br />

Zusammenschlussbeteiligten bleiben damit unterhalb der Schwelle der<br />

Einzelbeherrschungsvermutung des § 19 Abs. 3 S. 1 GWB.<br />

Marktanteil<br />

mit Kleinanbieter<br />

Umsatz in Mio.<br />

€<br />

anbieter<br />

<strong>Vita</strong> [….] 25-33,3% 25-33,3%<br />

Primalat 15-25% 15-25%<br />

Sapros 10-20% 5-15%<br />

Jung 10-20% 5-15%<br />

Elsdorfer 5-15% 5-15%<br />

Havita 5-15% 5-15%<br />

Töpfer 0-10% 0-10%<br />

Tacken 0-10% 0-10%<br />

<strong>Bonduelle</strong> [....] 0-10% 0-10%<br />

Burgmühle 0-10% 0-10%<br />

Kleine Anbieter<br />

Addierte Marktanteile<br />

5-15%<br />

<strong>Vita</strong>/<strong>Bonduelle</strong> 25-33,3% 25-33,3%<br />

28. Auch wenn die Einzelbeherrschungsvermutung nicht greift, ist <strong>Vita</strong> allerdings der<br />

mit Abstand größte Wettbewerber, dessen Marktstellung durch den<br />

Zusammenschluss mit <strong>Bonduelle</strong> noch gestärkt wird. Allerdings ist auch nach der<br />

Fusion nicht davon auszugehen, dass die Beteiligten zu 1. und 3. eine überragende<br />

Marktstellung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB bei der Herstellung<br />

küchenfertigen Salates in Deutschland innehaben werden und damit keiner<br />

hinreichenden Kontrolle ihres Verhaltensspielraumes mehr unterliegen. Der<br />

gemeinsame Marktanteil von [25-33,3%] übertrifft den der beiden nächsten<br />

Wettbewerber (Primalat und Sapros [.....]) zwar deutlich. Der Marktanteil der<br />

Beteiligten zu 3. ist allerdings nach den der Beschlussabteilung vorliegenden<br />

- 9 -


- 9 -<br />

Zahlen in den letzten 5 Jahren um über 20 Prozentpunkte gefallen, ein Vorgang der<br />

sich im Kalenderjahr 2003 nach Angaben der Verfahrensbevollmächtigten der<br />

Beteiligten zu 1. dramatisch beschleunigt hat. Der Verlust von Marktanteilen wird<br />

nicht durch den Marktanteil von <strong>Bonduelle</strong> kompensiert. Dies ist insbesondere im<br />

Segment des Lebensmitteleinzelhandels auf den Rückgang der Herstellermarken<br />

zugunsten der Handelsmarken zurückzuführen. Dies konnte die Beteiligte zu 1. als<br />

reiner Markenhersteller nicht und die Beteiligte zu 3. nur zum Teil über die<br />

Belieferung von Lebensmittelkonzernen für konzerneigene Handelsmarken<br />

kompensieren. Der Anteil der Lieferungen von <strong>Vita</strong>, der vom<br />

Lebensmitteleinzelhandel unter einer Handelsmarke verkauft wird, ist im Zeitraum<br />

2000 bis 2003 von 0% auf 25% gestiegen. Insgesamt beträgt der Anteil der<br />

Handelsmarken am Gesamtvolumen im Lebensmitteleinzelhandel über 30%. Es<br />

existieren zudem – wie auch in anderen Lebensmittelsegmenten - keine Anzeichen<br />

dafür, dass der Vormarsch der Handelsmarken in den nächsten Jahren schwächer<br />

werden könnte. Gegen die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung spricht<br />

im Übrigen – was das Marktsegment des Lebensmittelhandels angeht - auch die<br />

Nachfragemacht des Handels, die es den Lieferanten nicht gestattet,<br />

wettbewerblich unkontrolliert zu agieren. Im Marktsegment der Großverbraucher<br />

spricht gegen einen wettbewerblich unkontrollierten Verhaltensspielraum das<br />

Vorhandensein regionaler und z.T. auch lokaler Anbieter, die, indem sie flexibler<br />

und schneller auf die Nachfrage reagieren können, einen erheblichen<br />

Wettbewerbsdruck ausüben.<br />

29. Auch die weiteren Kriterien für eine überragende Marktstellung nach § 19 Abs. 2<br />

Satz 1 Nr. 2 GWB werden nicht erfüllt. Die Übernahme von <strong>Vita</strong> durch die Beteiligte<br />

zu 1. führt zwar zur Kombination dreier Betriebsstätten (Wanzleben/Sachsen-<br />

Anhalt, Reutlingen/Baden-Württemberg, Straelen/Nordrhein-Westfalen), die das<br />

Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gut abdecken. Da aber die meisten<br />

überregional tätigen Anbieter bereits bislang mit nur einem Werk bundesweit liefern<br />

können, ist dieser Vorteil nicht so erheblich, als dass er allein oder in Kombination<br />

mit weiteren Faktoren eine beherrschende Marktstellung begründen könnte. Zudem<br />

sind die Investitionskosten nicht derart hoch, dass andere Wettbewerber daran<br />

gehindert wären, ebenfalls neue Standorte zu eröffnen. Die von den Wettbewerbern<br />

genannten Zahlen für eine Fertigungsstraße variieren. Abhängig von der Kapazität<br />

der Anlage nennen die meisten Wettbewerber eine Summe zwischen 1 und 2 Mio.<br />

€. Auch ein spezielles Know-how für die Fertigung ist nicht erforderlich. Wegen der<br />

- 10 -


- 10 -<br />

begrenzten Haltbarkeit der Salate ist die mit dem Zusammenschluss mit <strong>Bonduelle</strong><br />

einhergehende Verbesserung des Zugangs zu den Beschaffungsmärkten nur<br />

theoretischer Natur (Zusammenarbeit mit der Centralmarkt Rheinland/Straelen) 2 .<br />

Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass Blattsalate im Inland keine Mangelware<br />

sind und zudem ausreichend Fertigungskapazitäten zur Verfügung stehen. So<br />

haben alle befragten Wettbewerber übereinstimmend von vorhandenen freien<br />

Kapazitäten gesprochen. Diese liegen teilweise bei über 50%.<br />

30. Auch dass die Marke <strong>Bonduelle</strong> im Lebensmittelhandel bekannt ist, führt zu keiner<br />

anderen Beurteilung. Bis auf weiteres ist im Bereich küchenfertiger Salate nicht<br />

erkennbar, dass der Bekanntheit einer Marke eine wesentliche Bedeutung<br />

zukommt. Über die Hälfte des Marktvolumens fällt auf den Bereich<br />

Großgastronomie, bei der die Marke aus der Sicht des Endverbrauchers irrelevant<br />

ist. Im Lebensmitteleinzelhandel dagegen machen Handelsmarken einen<br />

erheblichen Teil des Marktes aus.<br />

31. Gegen die Annahme einer überragenden Marktmacht spricht auch, dass weder im<br />

Bereich des Lebensmitteleinzelhandels noch der Großgastronomie langjährige<br />

Vertragsbindungen üblich sind. Aus Sicht des Nachfragers sind Lieferflexibilität und<br />

Qualität entscheidende Merkmale. Qualitätsbeanstandungen führen bereits<br />

kurzfristig zu Vertragspartnerwechseln.<br />

32. Nicht zu verkennen ist indes die erhebliche Finanzkraft der Beteiligten zu 1. Durch<br />

den Zusammenschluss kommt es zu einer Kombination der Finanzkraft der<br />

Beteiligten zu 1., mit der nach wie vor bedeutenden Marktstellung der Beteiligten zu<br />

3. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beteiligte zu 1. und 3. sich dies in Zukunft<br />

insbesondere beim Preiswettbewerb zu Nutze machen. Aus den genannten<br />

Gründen ist jedoch der Preis bei dem Frischeprodukt Salat nur einer von mehreren<br />

Aktionsparametern. Zudem ist mit der Süd-KB bereits gegenwärtig ein finanzstarker<br />

Investor Gesellschafter der Beteiligten zu 3. Der Unterschied besteht deshalb allein<br />

darin, dass die Beteiligte zu 1. auch operativ auf demselben Markt tätig wird. Aus<br />

dieser Tatsache allein ergibt sich aber kein überragender einseitiger<br />

Verhaltensspielraum der Zusammenschlussbeteiligten.<br />

33. Die Beteiligte zu 1. führt zwar derzeit im Segment für haltbar gemachtes<br />

(Dosen)Gemüse neuartige Verpackungen ein, 3 der Gewinn zusätzlicher<br />

2 S. dazu Lebensmittelzeitung vom 7. November 2003.<br />

3 S. dazu Lebensmittelzeitung vom 21. November 2003.<br />

- 11 -


- 11 -<br />

Innovationskraft dürfte dagegen im Bereich küchenfertiger Salate nicht wesentlich<br />

sein.<br />

34. Hinzu kommt, dass es weitere ausländische Anbieter gibt, die versuchen, auf dem<br />

deutschen Markt Fuß zu fassen. So hat beispielsweise die Beteiligte zu 3. im Juni<br />

2003 den Großauftrag eines Systemgastronomen teilweise – für eine bestimmte<br />

Region - an einen holländischen Konkurrenten verloren. Im Kalenderjahr 2002 sind<br />

zwei ausländische Anbieter in den Markt - der eine ist Marktführer in Frankreich<br />

(Florette) - eingetreten. Florette will, [.....].<br />

35. Daneben wird der wettbewerbliche Handlungsspielraum der Marktteilnehmer, also<br />

auch der am Zusammenschluss Beteiligten, durch die Ausweichmöglichkeiten der<br />

Nachfrager auf frischen ungewaschenen Salat, der einem benachbarten<br />

Produktmarkt angehört, eingegrenzt (sog. Substitutionskonkurrenz).<br />

b. Keine gemeinsame Marktbeherrschung<br />

36. Gemeinsam mit den Mitwettbewerbern Primalat und Sapros kommt <strong>Vita</strong> schon vor<br />

dem Zusammenschluss auf einen Marktanteil von deutlich über 50%, so dass die<br />

Vermutung des engen Oligopols nach § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB greift. Daneben<br />

wird bei Einbeziehung der Beigeladenen Jung auch der Schwellenwert für das<br />

weite Oligopol nach § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 GWB überschritten. Die<br />

Oligopolvermutung wird aber durch die auf dem Markt herrschenden<br />

Wettbewerbsbedingungen, die weiterhin wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen,<br />

widerlegt. Dafür sprechen die in den letzten Jahren zu beobachtenden erheblichen<br />

Veränderungen der Marktanteile der auf dem Markt tätigen Wettbewerber. Ein<br />

weiteres Indiz sind die in letzter Zeit erfolgten Markteintritte auf dem deutschen<br />

Markt durch ausländische Anbieter. Auch die Tatsache, dass die erwähnten<br />

Wettbewerber unterschiedliche Kostenstrukturen haben, sprechen für individuelles<br />

wettbewerbliches Verhalten. Schließlich erklären alle Anbieter übereinstimmend,<br />

dass ein hoher Preisdruck herrsche, was ebenfalls anhaltenden Wettbewerb belegt.<br />

2. Sonstige Märkte<br />

37. Auf den übrigen Märkten sind die wettbewerblichen Auswirkungen des<br />

Zusammenschlusses gering. Frucht- und Gemüsesäfte, Desserts und küchenfertige<br />

Bratlinge/Fleischersatzprodukte sind Zusatzprodukte, die <strong>Vita</strong> im Wesentlichen<br />

nicht selbst herstellt, sondern zukauft. Sie stellen eine Ergänzung des <strong>Vita</strong>-<br />

Sortiments dar. Die Marktanteile auf den betroffenen Märkten sind geringfügig. Mit<br />

- 12 -


- 12 -<br />

Ausnahme des Marktes für Sprossen, des Marktes für küchenfertiges Gemüse und<br />

Dressings kommt es zu keiner Marktanteilsaddition. Sichere Marktdaten für die auf<br />

dem Markt für Sprossen erzielten Umsätze sind nicht zu erhalten. Die Schätzung<br />

eines Marktvolumens von 38 Mio. € durch die Antragsstellerin erscheint vor dem<br />

Hintergrund der Nachfrage durch eine Vielzahl asiatischer Lebensmittelläden und<br />

Restaurants plausibel. Der addierte Marktanteil der Beteiligten zu 1. und 3. bewegt<br />

sich danach um die [2-7%]. Unter Anwendung des Bedarfsmarktkonzeptes geht die<br />

Beschlussabteilung davon aus, dass küchenfertiges Gemüse –also Gemüse, dass<br />

gewaschen und zerkleinert ist - und tiefgekühltes Gemüse einem einzigen Markt<br />

zuzuordnen ist. Bei einem Marktvolumen von über 400 Mio. € liegt der Anteil von<br />

<strong>Vita</strong> knapp über [0-5%]. Der Anteil von <strong>Bonduelle</strong> lag im Jahr 2002 mit einem<br />

Umsatz von [....] Mio. € bei [2-7%]. Wegen der geringen Marktanteile von <strong>Bonduelle</strong><br />

und <strong>Vita</strong> und der Existenz großer Anbieter auf dem bundesweiten Markt (Iglo,<br />

Frosta) sind die wettbewerblichen Auswirkungen auf diesem Markt gering. Auch die<br />

wettbewerblichen Auswirkungen für den Markt für Dressings sind minimal. Als sog.<br />

Komplementärprodukt küchenfertiger Salate werden vielfach gekühlte Dressings<br />

angeboten. Mangels Hinzufügung von Konservierungsstoffen sind diese nur<br />

begrenzt haltbar. Nach Ansicht der Beschlussabteilung aber sind flüssige Fertig-<br />

Salatsaucen, unabhängig von ihrer individuellen Haltbarkeit, einem einzigen Markt<br />

zugehörig. Aus Verbrauchersicht ist allein entscheidend, dass die Saucen industriell<br />

für das Anmachen von Salaten produziert werden. Nach den der<br />

Beschlussabteilung vorliegenden Marktinformationen, liegt der addierte Marktanteil<br />

von <strong>Bonduelle</strong> und <strong>Vita</strong> – ausgehend von einem konservativ angesetzten<br />

Marktvolumen von 55 Mio. € - um die [2-7%].<br />

E. Ergebnis<br />

38. Aus den vorgenannten Gründen hat die Beschlussabteilung entschieden, das ange-<br />

meldete Zusammenschlussvorhaben nicht zu untersagen. Diese Verfügung ergeht<br />

nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB.<br />

- 13 -


F. Gebühren<br />

39. xxx<br />

G. Rechtsmittelbelehrung<br />

- 13 -<br />

40. Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer<br />

mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundes-<br />

kartellamt, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt je-<br />

doch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlan-<br />

desgericht Düsseldorf, eingeht.<br />

41. Die Beschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt<br />

einen Monat. Sie beginnt mit dem Eingang der Beschwerde und kann auf Antrag<br />

vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichtes verlängert werden. Die Beschwerde-<br />

begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten<br />

und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die Tatsachen und Be-<br />

weismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.<br />

- 14 -


- 14 -<br />

42. Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen bei einem<br />

deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.<br />

Reh Wendelmuth Brauer

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