Bildungsmaßnahme nach ... SGB III - Bundeskartellamt
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2. Vergabekammer des Bundes<br />
VK 2 - 74/10<br />
Beschluss<br />
In dem Nachprüfungsverfahren<br />
...<br />
Verfahrensbevollmächtigte:<br />
...<br />
- Antragsteller -<br />
gegen<br />
...<br />
- Antragsgegnerin -<br />
wegen der freihändigen Vergabe einer ... <strong>Bildungsmaßnahme</strong> <strong>nach</strong> ... <strong>SGB</strong> <strong>III</strong>, Vergabe-Nr. ...,<br />
Los 1 (R...), hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch den Vorsitzenden Direktor beim<br />
<strong>Bundeskartellamt</strong> Reh, den hauptamtlichen Beisitzer Regierungsdirektor Sturhahn und die<br />
ehrenamtliche Beisitzerin Loeben auf die mündliche Verhandlung vom 25. August 2010 am 6.<br />
September 2010 beschlossen:<br />
1. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller durch die Aufhebung der Ausschreibung in<br />
seinen Rechten verletzt wurde.<br />
2. Die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung<br />
notwendigen Auslagen des Antragstellers trägt die Antragsgegnerin.<br />
3. Die Hinzuziehung einer anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch den<br />
Antragsteller war erforderlich.
- 2 -<br />
Gründe:<br />
A.<br />
Die Antragsgegnerin (Ag) hat den Antragsteller (ASt) mit Schreiben vom 28. Mai 2010<br />
aufgefordert, im Rahmen des streitgegenständlichen freihändigen Vergabeverfahrens ein<br />
Angebot abzugeben, was der ASt fristgerecht tat. Die freihändige Vergabe bezog sich<br />
vollständig auf die Verdingungsunterlagen eines unter der Vergabenummer ... geführten<br />
öffentliches Ausschreibungsverfahrens der Ag, das diese hinsichtlich des Loses R... mit<br />
Schreiben vom ... 2010 <strong>nach</strong> § 26 Nr. 1 Buchst. c VOL/A aufgehoben hatte. Diese Aufhebung<br />
war damit begründet worden, dass das einzige abgegebene Angebot, jenes des ASt, wegen<br />
eines ungewöhnlich hohen, im Missverhältnis zur angebotenen Leistung stehenden Preises<br />
<strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A habe ausgeschlossen werden müssen. Der ASt hatte dort einen<br />
Preis pro Teilnehmer und Monat von ... € für das Jahr 2010 und von ... € für das Jahr 2011<br />
geboten. Im streitgegenständlichen freihändigen Verfahren, in dem der ASt wiederum der<br />
einzige Bieter war, senkte er seinen Angebotspreis auf [A] € pro Monat und Teilnehmer für die<br />
gesamte Vertragslaufzeit. Er lag damit jedoch weiterhin über dem von der Ag geschätzten Preis<br />
von [S] € pro Monat und Teilnehmer für das in Rede stehende Los. Die zuständige<br />
Fachabteilung sprach sich zwar vorbehaltlich der Zustimmung des Beauftragten für den<br />
Haushalt dafür aus, dieses Angebot des ASt zu bezuschlagen. Der Beauftragte für den<br />
Haushalt versagte jedoch seine Zustimmung. Daraufhin informierte die Ag den ASt mit<br />
Schreiben vom 1. Juli 2010 darüber, dass „die Vergabe der Leistung <strong>nach</strong> derzeitigem Stand<br />
nicht weiterverfolgt“ werde. Das Angebot des ASt habe <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A<br />
(Missverhältnis des Angebotspreises zur Leistung/ungewöhnlich hoher Preis) keine<br />
Berücksichtigung finden können und sei ausgeschlossen worden.<br />
Der ASt rügte mit Schreiben vom 2. Juli 2010 zum einen, dass unklar sei, was die Ag mit ihrer<br />
Formulierung meine, das „Vergabeverfahren werde <strong>nach</strong> derzeitigem Stand nicht weiter<br />
verfolgt“. Sollte damit eine Aufhebung des Verfahrens gemeint sein, werde diese vorsorglich<br />
gerügt, da kein Aufhebungsgrund ersichtlich sei. Zum anderen rügte der ASt seinen Ausschluss<br />
vom Verfahren, da er keinen ungewöhnlich hohen Preis angeboten, sondern mit äußerster<br />
Zurückhaltung kalkuliert habe und der Preis in angemessenem Verhältnis zur Leistung stehe.
- 3 -<br />
Die Ag wies diese Rügen mit Schreiben vom 5. Juli 2010 zurück. Weil das einzige vorliegende<br />
Angebot, jenes des ASt, wegen eines ungewöhnlich hohen Preises habe ausgeschlossen<br />
werden müssen, sei die Ausschreibung <strong>nach</strong> § 26 Nr. 1 Buchst. c VOL/A aufgehoben worden,<br />
da sie kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt habe. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit habe<br />
die Ag im Vorfeld der Ausschreibung unter Berücksichtigung gleichartiger Verfahren in der<br />
Vergangenheit sowie regionaler Besonderheiten einen Schätzpreis gebildet. Den geänderten<br />
Rahmenbedingungen, der allgemeinen Preissteigerung sowie dem Ausschreibungsergebnis<br />
aus dem Vorjahr sei dahingehend Rechnung getragen worden, dass der Schätzpreis im<br />
Vergleich zum Vergabeverfahren im Jahre 2009 für die Region S... um 18,13 % angehoben<br />
worden sei. Bereits im Vorjahr habe der ASt dort den Zuschlag trotz eines deutlich über dem<br />
Schätzpreis liegenden Angebotes von [A-alt] € pro Teilnehmer und Monat erhalten. Der jetzt<br />
angebotene Preis liege um 7,2 % über dem Vorjahrespreis und sei nicht mehr als wirtschaftlich<br />
anzusehen. Zudem sei zu beachten, dass dem Bedarfsträger für die Durchführung der<br />
Maßnahme nur begrenzte Mittel zur Verfügung stünden, die sich im Regelfall am Schätzpreis<br />
der Maßnahme orientierten. Insofern habe § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A auch keine<br />
bieterschützende Funktion; vielmehr solle der Auftraggeber vor haushaltstechnischen und –<br />
rechtlichen Schwierigkeiten bewahrt werden.<br />
Der ASt beantragte daraufhin mit Schreiben vom 19. Juli 2010, eingegangen am selben Tage,<br />
bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die<br />
Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am 20. Juli 2010 an die Ag übermittelt.<br />
Mit seinem Nachprüfungsantrag ergänzt und vertieft der ASt sein Rügevorbringen.<br />
Insbesondere weist er darauf hin, dass sich der Personaleinsatz für die Maßnahme gegenüber<br />
dem Vorjahr deutlich erhöht hat. Während das Verhältnis von Betreuungspersonal zu<br />
Teilnehmern damals bei 1:8 lag, beträgt das Verhältnis nunmehr unstreitig 1:6. Bereits<br />
hierdurch erhöhten sich, so der ASt, die Personalkosten um 25 %. Hinzuzurechnen sei ferner<br />
die nunmehr geforderte zusätzliche Bereitstellung einer psychologischen Begleitung im Umfang<br />
von zehn Wochenstunden. Damit stiegen die Gesamtpersonalkosten um 36,5 %. Die<br />
Personalkosten betrügen – wie ebenfalls unstreitig ist – 60 % der Gesamtkosten. Tatsächlich<br />
habe der ASt seinen Preis gegenüber der Vorgängerausschreibung somit nicht um 7,2 %<br />
erhöht, sondern - bereinigt um die zusätzlichen Kosten – um 12,04 % ermäßigt. Die Ag habe<br />
die veränderten Personalanforderungen offenbar nicht zutreffend bei der Ermittlung des<br />
Schätzpreises berücksichtigt. Wenn die Ag nunmehr vortrage, der letztjährige Preis des ASt sei<br />
überhöht gewesen, so bleibe festzuhalten, dass der ASt zu diesem Preis den Zuschlag erhalten
- 4 -<br />
habe, die Ag also von einem angemessenen Preis ausgegangen sein müsse. Es sei<br />
widersprüchlich, wenn die Ag selbst von einer Kostensteigerung um 18,13 % ausgehe, aber<br />
nunmehr ein Angebot als überhöht betrachte, das – bereinigt um die zusätzlichen<br />
Personalanforderungen – gut 12 % billiger sei als das bezuschlagte Vorjahresangebot.<br />
Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich gewährten Akteneinsicht und der Stellungnahmen<br />
der Ag hat der ASt sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 29. Juli 2010 ergänzt. Zum einen weist<br />
der ASt den Vorwurf zurück, er sei mit seinen Rügen deswegen präkludiert, weil er sich nicht<br />
gegen die Aufhebung des der streitgegenständlichen Vergabe vorausgegangenen öffentlichen<br />
Ausschreibungsverfahrens gewandt habe. Diese Ansicht der Ag gehe schon deshalb fehl, weil<br />
es sich um unterschiedliche Vergabeverfahren handele; zudem habe der ASt im<br />
streitgegenständlichen Verfahren einen deutlich geringeren Preis geboten. Zum anderen macht<br />
der ASt darauf aufmerksam, dass bei zahlreichen anderen Losen seitens der Ag wesentlich<br />
höhere Preise geschätzt wurden. So habe die Ag den höchsten Schätzpreis von ... € pro<br />
Teilnehmer und Monat für das Los Re... angesetzt, obwohl dort der Personalschlüssel bei 1:10<br />
liegt und keine zusätzlichen Psychologenstunden gefordert werden.<br />
Der ASt hat ursprünglich beantragt, der ASt Akteneinsicht gemäß § 111 GWB zu gewähren und<br />
wie folgt zu entscheiden:<br />
1. Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gem. §§ 102 ff. GWB wird angeordnet.<br />
2. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die freihändige Vergabe für ...<br />
<strong>Bildungsmaßnahme</strong>n <strong>nach</strong> ... <strong>SGB</strong> <strong>III</strong> aufzuheben, wird durch die Vergabekammer<br />
aufgehoben.<br />
3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Ausschluss des Angebotes des Antragstellers<br />
von der Wertung aufzuheben und das Angebot unter Beachtung der Rechtsauffassung<br />
der Vergabekammer erneut zu werten.<br />
4. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin durch den Ausschluss des<br />
Angebotes des Antragstellers und die Aufhebung der Ausschreibung gegen<br />
vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen hat.<br />
5. Weiter hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Antragsteller in seinen Rechten verletzt<br />
worden ist.<br />
6. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den<br />
Antragsteller für die zweckentsprechende Verfolgung seiner Rechte erforderlich war.<br />
7. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
- 5 -<br />
Während er an den übrigen Anträgen festhält, hat der ASt in der mündlichen Verhandlung seine<br />
Anträge zu 2. und 3. zurückgenommen, <strong>nach</strong>dem die Ag dort auf Nachfrage der Kammer erklärt<br />
hatte, sie habe von ihrer Vergabeabsicht endgültig Abstand genommen.<br />
Die Ag beantragt:<br />
Der Antrag auf Nachprüfung wird zurückgewiesen.<br />
Der ASt sei mit seinen Rügen bereits präkludiert, weil er sich nicht gegen die Aufhebung der<br />
vorausgegangenen öffentlichen Ausschreibung gewandt habe, obwohl auch dabei seitens der<br />
Ag auf einen überhöhten Preis des ASt abgestellt worden sei. Jedenfalls aber sei, so die Ag<br />
unter Wiederholung ihres Vortrages aus der Rügeerwiderung, der Ausschluss des ASt wegen<br />
eines ungewöhnlich hohen Preises mit Recht erfolgt.<br />
Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2010 hat die Ag auf Anfrage der Kammer die Ermittlung des<br />
Schätzpreises näher erläutert. Als Basis für die Festlegung des Schätzpreises für das<br />
streitgegenständliche Los habe zunächst der Preis von [A-alt] € gedient, zu dem der ASt im<br />
Vorjahr den Zuschlag für das Los S... erhalten habe. Für eine Absenkung des Schätzpreises für<br />
das nunmehr ausgeschriebene Los R... habe gesprochen, dass das Berufsfeld<br />
HoGa/Hauswirtschaft nicht mehr Bestandteil der Maßnahme ist, die Maßnahme nunmehr eine<br />
Verlängerungsoption enthält und der Maßnahmeort R... <strong>nach</strong> Einschätzung der Ag ländlicher<br />
als der Maßnahmeort S... ist. Demgegenüber habe für eine Erhöhung zum einen gesprochen,<br />
dass die Teilnehmerzahl mit 12 statt 30 Personen geringer ist, zum anderen, dass die<br />
Zielgruppe der Maßnahme erweitert wurde und die Zusatzleistung einer psychologischen<br />
Begleitung von zehn Stunden pro Woche gefordert wird. Nach Abwägung der o.g. Faktoren sei<br />
auf den geschätzten Monatskostensatz von [A-alt] € eine Steigerung von 2 % berechnet<br />
worden. Das Ergebnis, [ca. S] €, stimme mit dem Durchschnittskostensatz in [Bundesland] aus<br />
der letzten standardisierten Ausschreibung von [=S] € überein. Als Schätzpreis seien daraufhin<br />
[S] € pro Teilnehmer und Monat angenommen worden.<br />
Dem ASt wurde unter Beachtung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen teilweise Einsicht<br />
in die Vergabeakten gewährt.<br />
Die Parteien hatten Gelegenheit, ihre Standpunkte in der mündlichen Verhandlung am 25.<br />
August 2010 zu erläutern.
- 6 -<br />
Durch Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 23. August 2010 wurde die Entscheidungsfrist<br />
bis zum 6. September 2010 verlängert.<br />
Auf die Schriftsätze der Parteien, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie die von der Ag<br />
übermittelte Vergabeakte wird ergänzend Bezug genommen.<br />
B.<br />
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Zu entscheiden ist lediglich noch über das<br />
ursprünglich nur hilfsweise verfolgte Feststellungsbegehren des ASt, <strong>nach</strong>dem dieser auf die<br />
Erklärung der Ag in der mündlichen Verhandlung, wegen fehlender Finanzmittel endgültig von<br />
der Vergabeabsicht Abstand genommen zu haben, mit der Rücknahme seiner auf die<br />
Fortsetzung des Vergabeverfahrens gerichteten Hauptanträge reagiert und die Wirksamkeit der<br />
Aufhebung der Ausschreibung anerkannt hat.<br />
I. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.<br />
1. Die Zuständigkeit der Vergabekammer ist <strong>nach</strong> § 104 Abs. 1 GWB eröffnet, da der<br />
ausgeschriebene Auftrag dem Bund gemäß § 98 Nr. 2 GWB zuzurechnen ist. Der<br />
Nachprüfungsantrag ist auch statthaft, da die für Dienstleistungsaufträge einschlägigen<br />
Schwellenwerte überschritten werden. Seiner Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass<br />
die zunächst angegriffene Aufhebungsentscheidung – als solche verstand der ASt<br />
ausweislich seiner Anträge zu 2. und 3. letztlich die Mitteilung der Ag vom 1. Juli 2010,<br />
und so war sie offenbar auch gemeint – nicht erst während des laufenden<br />
Nachprüfungsverfahrens getroffen worden ist. Vielmehr ist in der Rechtsprechung<br />
anerkannt, dass auch eine vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erfolgte<br />
Aufhebung zum Gegenstand der vergaberechtlichen Nachprüfung gemacht werden kann<br />
(vgl. nur BGH, Beschl. v. 18. Februar 2003 – X ZB 43/02; EuGH Urt. v. 18. Juni 2002 –<br />
Rs. C-92/00 – Hospital Ingenieure/Stadt Wien; Urt. v. 16. Oktober 2003 – Rs. C-244/02 –<br />
Kauppatalo; 2. Vergabekammer des Bundes, Beschl. v. 11. Dezember 2008 – VK 2 –<br />
76/08; Dieck-Bogatzke, VergR 2008, 392/394 f.). Für eine Aufgabe der Vergabeabsicht<br />
vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens kann nichts anderes gelten. War somit der<br />
ursprüngliche Leistungsantrag trotz einer vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens
- 7 -<br />
liegenden Aufgabe der Vergabeabsicht und Aufhebung der Ausschreibung statthaft, so<br />
ist es auch der nunmehr ausschließlich verfolgte Feststellungsantrag.<br />
2. Der ASt verfügte hinsichtlich der zunächst angestrebten Fortführung des<br />
Vergabeverfahrens, mit der er letztlich den Zuschlag begehrte, über die erforderliche<br />
Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB, denn er hatte sein Interesse am Auftrag<br />
durch das unterbreitete Angebot dokumentiert und hätte – als einziger Bieter – bei einer<br />
Fortführung des Verfahrens ausgezeichnete Zuschlagschancen gehabt. Dass derjenige<br />
Bieter, dessen Angebot von einem Ausschluss <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A betroffen<br />
ist, im Nachprüfungsverfahren eine unrechtmäßige Anwendung dieser Vorschrift geltend<br />
machen kann, bedarf – anders als der dritte Bieter schützende Charakter der<br />
Bestimmung, um den es hier nicht geht – keiner näheren Begründung und wurde in der<br />
mündlichen Verhandlung auch von der Ag nicht mehr in Frage gestellt.<br />
3. Bezüglich der nunmehr angestrebten Feststellung, die Ag habe den ASt in seinen<br />
Rechten verletzt, ergibt sich das erforderliche Feststellungsinteresse daraus, dass die<br />
begehrte Feststellung die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erleichtern<br />
kann, die im Falle einer unberechtigten Aufhebung der Ausschreibung jedenfalls<br />
hinsichtlich des negativen Interesses nicht von vornherein auszuschließen sind.<br />
4. Der ASt hat seiner Rügeobliegenheit <strong>nach</strong> § 107 Abs. 3 GWB genügt. Er hat sich bereits<br />
am Tage <strong>nach</strong> Zugang der Mitteilung über den Ausschluss seines Angebotes und die<br />
Absicht der Ag, das Vergabeverfahren <strong>nach</strong> derzeitigem Stand nicht weiter zu verfolgen,<br />
gegen diese Entscheidungen gewandt. Dass sich der ASt in dem der<br />
streitgegenständlichen Vergabe vorausgegangenen öffentlichen<br />
Ausschreibungsverfahren nicht gegen den unter Berufung auf dieselben Vorschriften<br />
mitgeteilten Ausschluss seines Angebots und die Aufhebung jener Ausschreibung<br />
gewandt hatte, ist, wie auch von der Ag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr<br />
bestritten wurde, für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Denn die<br />
Auswirkungen etwaiger Obliegenheitsverletzungen <strong>nach</strong> § 107 Abs. 3 GWB<br />
beschränken sich grundsätzlich auf das jeweilige Vergabeverfahren, so dass<br />
Versäumnisse im Vorgängerverfahren keine Präklusion in einem neuen Verfahren<br />
bewirken können. Ob und unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von diesem<br />
Grundsatz anzuerkennen sein mögen, bedarf hier schon deshalb keiner Erörterung, weil<br />
sich jedenfalls auch der maßgebliche Lebenssachverhalt entscheidend verändert hat:
- 8 -<br />
Der ASt hat seinen Angebotspreis gegenüber der in der öffentlichen Ausschreibung<br />
gemachten Offerte deutlich abgesenkt; dass auch dieser Preis von der Ag als<br />
unverhältnismäßig hoch eingestuft werden würde, hatte der ASt keineswegs dadurch<br />
akzeptiert, dass er den im Vogängerverfahren ausgesprochenen Angebotsschluss<br />
hinnahm.<br />
II.<br />
Der Nachprüfungsantrag erweist sich in der Gestalt, die er <strong>nach</strong> Rüchnahme der<br />
Leistungsanträge gewonnen hat, auch als begründet. Der Ausschluss des Angebots des<br />
ASt <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A und die als Folge davon vorgenommene Aufhebung des<br />
freihändigen Vergabeverfahrens waren rechtswidrig und haben den ASt in seinen Rechten<br />
verletzt.<br />
1. Entgegen der Auffassung der Ag sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine<br />
rechtmäßige Aufhebung der Ausschreibung <strong>nach</strong> § 26 Nr. 1 VOL/A nicht erfüllt. Dies gilt<br />
unabhängig davon, ob bei einer Ausschlussbedürftigkeit des einzigen Angebots <strong>nach</strong> §<br />
25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A, wie die Ag sie geltend macht, der von der Ag ausschließlich<br />
herangezogene Buchstabe c des § 26 Nr. 1 VOL/A einschlägig oder die Aufhebung an<br />
Buchstabe a der Bestimmung (so die h.M., vgl. etwa Lischka in Müller-Wrede, VOL/A, 2.<br />
Aufl. 2007, § 26 VOL/A Rz. 44; Portz in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 1. Aufl. 2007,<br />
§ 26 VOL/A Rz. 37) zu messen ist. Denn der Ausschluss des Angebots des ASt <strong>nach</strong> §<br />
25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A war nicht gerechtfertigt. Die Ag hat den Schätzpreis fehlerhaft<br />
bestimmt, so dass dieser bereits keinen geeigneten Anhaltspunkt dafür liefern konnte,<br />
der Angebotspreis des ASt stehe in dem von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vorausgesetzten<br />
offenbaren Missverhältnis zur Leistung (dazu sogleich unter a)). Selbst wenn man indes<br />
den Schätzpreis als Maßstab akzeptieren wollte, wäre kein offenbares Missverhältnis<br />
des Angebotspreises zur Leistung festzustellen (vgl. unten b)). Eine Aufhebung des<br />
Vergabeverfahrens wegen einer Unwirtschaftlichkeit des Wettbewerbsergebnisses im<br />
Sinne des § 26 Nr. 1 Buchst. c VOL/A scheidet ebenfalls aus (vgl. unten c)).<br />
a) Der Ag ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass ein Schätzpreis einen<br />
geeigneten Maßstab für die <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vorzunehmende Prüfung<br />
des Angebotspreises bilden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn keine anderen<br />
Angebote vorliegen. Der Rückgriff auf den Schätzpreis setzt indes voraus, dass
- 9 -<br />
dieser zutreffend gebildet wurde. Letzteres war hier nicht der Fall. Angesichts des<br />
Umstandes, dass die Preisschätzung prognostischen Charakter hat, ist dem<br />
Auftraggeber zwar ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Erforderlich ist<br />
jedoch, dass der Auftraggeber bei der Kostenschätzung mit der gebotenen Sorgfalt<br />
vorgeht und unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen zeitnah<br />
alle bei der Ausarbeitung der Schätzung erkennbaren Daten in einer den Umständen<br />
des geplanten Vergabeverfahrens angemessenen und methodisch vertretbaren<br />
Weise berücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 5. November 2002 – X ZR 232/00; Lischka in<br />
Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl. 2007, § 26 VOL/A Rz. 70). Der Beurteilungsspielraum<br />
wird daher überschritten, wenn der Auftraggeber bei der Preisschätzung Faktoren<br />
außer Betracht lässt, deren Bedeutung für die zu erwartenden Preise sich geradezu<br />
aufdrängt. Dies war im vorliegenden Verfahren der Fall, denn die Ag hat der<br />
Kostensteigerung, die durch die gegenüber der Vorjahresausschreibung erhöhten<br />
Anforderungen an die Personalausstattung verursacht wird, nicht hinreichend<br />
Rechnung getragen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Ag den veränderten<br />
Personalschlüssel von 1:6 statt im Vorjahr 1:8 nicht berücksichtigt hat.<br />
In der Vergabeakte finden sich zwar kaum Angaben über die Grundlagen der<br />
Kostenschätzung. In einem internen Schreiben vom 2. März 2010 wird jedoch der<br />
seitens der Ag offenbar zunächst angesetzte Schätzpreis von ... € als im Hinblick auf<br />
das Ergebnis der Vorjahresausschreibung zu niedrig und nicht <strong>nach</strong>vollziehbar<br />
gekennzeichnet. Angesichts der geringeren Zahl von Teilnehmern und der<br />
erweiterten Zielgruppe solle von einem gegenüber dem Zuschlagpreis des Vorjahres<br />
von [A-alt] € – den Zuschlag hatte der ASt erhalten; das einzige konkurrierende<br />
Angebot war deutlich teurer gewesen – noch erhöhten Angebotspreis ausgegangen<br />
werden, mindestens aber vom Schätzwert in [Bundesland] von [=S] €. Der<br />
letztgenannte Wert wurde bei der Finanzplanung sodann als Schätzwert zugrunde<br />
gelegt. In der seitens der Kammer erbetenen näheren Erläuterung des<br />
Schätzpreises, die die Ag mit Schriftsatz vom 29. Juli 2010 gab, wurde der vorjährige<br />
Zuschlagspreis von [A-alt] € als Ausgangspunkt benannt. Als kostensteigernde<br />
Faktoren waren zum einen die geringere Teilnehmerzahl von 12 statt 30<br />
Teilnehmern und zum anderen die erweiterte Zielgruppe und die Zusatzleistung<br />
Psychologische Begleitung von zehn Stunden pro Woche gekennzeichnet. Unter<br />
Berücksichtigung der kostensenkenden Faktoren – Wegfall des Berufsfeldes<br />
HoGa/Hauswirtschaft, Vorhandensein einer Verlängerungsoption und ländlicherer
- 10 -<br />
Charakter von Remscheid im Vergleich zu Solingen – sei eine Steigerung von<br />
insgesamt 2,0 % berechnet worden, was insgesamt zu einem Schätzpreis in Höhe<br />
des Durchschnittspreises von NRW in Höhe von [S] € geführt habe.<br />
In der mündlichen Verhandlung Bestand Einigkeit darüber, dass die<br />
maßnahmerelevanten Kosten in Remscheid nicht wesentlich geringer als in Solingen<br />
sind und der Fortfall des Berufsfelds HoGa/Hauswirtschaft nur mit wenigen<br />
Prozentpunkten zu veranschlagen ist. Dass die vorhandene Verlängerungsoption als<br />
entlastender Faktor bedeutsamer sei als die um 60 % verringerte Teilnehmerzahl,<br />
durch die die kalkulatorischen Kosten unstreitig steigen, ist nicht anzunehmen und<br />
wurde seitens der Ag auch nicht behauptet. Vielmehr waren sich die Beteiligten<br />
einig, dass den mit der Maßnahme einhergehenden personellen Kosten<br />
entscheidendes Gewicht zukommt. Personalkostensteigerungen gegenüber der<br />
Vorjahresmaßnahme werden im vorliegenden Fall aber nicht allein durch die<br />
zusätzlich geforderte psychologische Begleitung im Umfang von zehn Stunden pro<br />
Woche verursacht. Noch bedeutsamer ist <strong>nach</strong> der einleuchtenden und<br />
unwidersprochen gebliebenen Darstellung des ASt vielmehr die Veränderung des<br />
Personalschlüssels von zuvor 1:8 auf 1:6, die bereits für sich genommen die<br />
Personalkosten um 25 % steigen lässt. Dass die Personalkosten wegen des<br />
veränderten Schlüssels und der erforderlichen psychologischen Begleitung<br />
gegenüber der Vergleichsausschreibung um 36,5 % steigen, was unter<br />
Berücksichtigung einer – unbestritten gebliebenen – Personalkostenquote von 60 %<br />
zu einer Erhöhung der Gesamtkosten von 21,9 % führt, ist unwidersprochen<br />
geblieben und kann als gesichert gelten.<br />
Angesichts der demgegenüber ver<strong>nach</strong>lässigenswerten Bedeutung der übrigen von<br />
der Ag genannten Faktoren ist die geschätzte Erhöhung der monatlichen Kosten pro<br />
Teilnehmer um lediglich 2 % von [A-alt] € auf [S] € nicht plausibel und lässt sich am<br />
ehesten dadurch erklären, dass der veränderte Personalschlüssel – ein wesentlicher<br />
Faktor, der weder in der Vergabeakte noch in der Stellungnahme der Ag vom 29. Juli<br />
2010 erwähnt wurde – keine, zumindest aber keine hinreichende, Berücksichtigung<br />
gefunden hat. Dieses Versäumnis mag darauf beruhen, dass in den<br />
Verdingungsunterlagen unter Ziff. B.2.4 – Personal – <strong>nach</strong> wie vor ein<br />
Betreuungsschlüssel von 1:8 für das Schulungsteam genannt war, während sich der<br />
unstreitig zu beachtende Schlüssel von 1:6 erst aus dem Preis- und Leistungsblatt
- 11 -<br />
ergab. Dass dem veränderten Personalschlüssel Rechnung getragen wurde,<br />
erscheint allenfalls dann denkbar, wenn – entgegen der schriftsätzlichen Darstellung<br />
der Ag vom 29. Juli 2010 – nicht der Zuschlagspreis der Vorjahresausschreibung,<br />
sondern der wesentlich geringere Schätzpreis des Vorjahres von [S-alt] € den<br />
Ausgangspunkt der Kostenschätzung bildete. Eine Anhebung des Schätzpreises um<br />
18,13 %, wie sie von der Ag in der Rügeantwort vom 5. Juli 2010 sowie noch im<br />
Schriftsatz vom 26. Juli 2010 erwähnt wird, könnte mit einer Berücksichtigung des<br />
veränderten Personalschlüssels vereinbar sein, sofern man [S-alt] € als<br />
Ausgangspreis nimmt. Doch abgesehen davon, dass eine solche Berechnung im<br />
Widerspruch zu der erbetenen späteren Stellungnahme der Ag steht, wo<strong>nach</strong> [A-alt]<br />
€ den Ausgangspreis bildeten, ergibt sich aus dem Vortrag der Ag und der<br />
Vergabeakte jedenfalls nichts dafür, dass ein nicht näher begründeter Schätzpreis<br />
von [S-alt] € pro Teilnehmer und Monat für die Maßnahme im Jahre 2009<br />
angemessen war. Vielmehr lässt das bereits erwähnte interne Schreiben vom 2.<br />
März 2010 darauf schließen, dass die alte Schätzung deutlich zu gering ausgefallen<br />
war.<br />
Eine ordnungsgemäße, den wesentlichen Kostenfaktoren vertretbar Rechnung<br />
tragende Kostenschätzung liegt <strong>nach</strong> alledem nicht vor. Damit fehlt es bereits an<br />
einem zureichenden Anhaltspunkt für die von der Ag angenommene Überhöhung<br />
des Angebotspreises der ASt.<br />
b) Der Ausschluss des Angebots des ASt wäre jedoch selbst dann nicht gerechtfertigt,<br />
wenn man entgegen dem Vorstehenden den Schätzpreis von [S] € als<br />
Ausgangspunkt für die preisliche Prüfung <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 GWB akzeptieren<br />
wollte. Denn der seitens des ASt gebotene Preis von [A] € pro Monat und<br />
Teilnehmer steht auch unter Berücksichtigung dieses Schätzpreises nicht in einem<br />
offenbaren Missverhältnis zu der geforderten Leistung. Der Schätzpreis wird lediglich<br />
um 5,29 % überschritten. Gründe dafür, bei einer derart geringen Überschreitung<br />
des Schätzpreises das von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vorausgesetzte „offenbare<br />
Missverhältnis“ zu bejahren, während bei einem Unterbieten des Schätzpreises bzw.<br />
des Preises des nächstplazierten Angebotes zumindest Abweichungen von weniger<br />
als 10 % nicht einmal Veranlassung zu einer näheren Überprüfung des Preises<br />
geben, sind nicht ersichtlich (vgl. OLG München, Beschl. v. 2. Juni 2006 – Verg
- 12 -<br />
12/06; VK Brandenburg, Beschl. v. 14. Dezember 2007 – VK 50/07). Ein<br />
offensichtliches Missverhältnis von Preis und Leistung liegt daher nicht vor.<br />
Da keine anderen Ausschlussgründe geltend gemacht wurden, ist das Angebot des<br />
ASt somit zu Unrecht ausgeschlossen worden. Es hätte in der Wertung verbleiben<br />
müssen. Die Aufhebung der Ausschreibung <strong>nach</strong> § 26 Nr. 1 Buchst. c oder Buchst. a<br />
VOL/A kann daher nicht damit gerechtfertigt werden, es habe kein wertbares<br />
Angebot vorgelegen.<br />
c) Ein Aufhebungsgrund ist auch nicht deshalb gegeben, weil das einzige<br />
eingegangene Angebot und damit das Ausschreibungsergebnis – unabhängig von<br />
dem Vorliegen eines Ausschlussgrundes <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A – als<br />
unwirtschaftlich im Sinne des § 26 Nr. 1 Buchst. c VOL/A einzustufen wäre. Eine<br />
derartige Unwirtschaftlichkeit soll zwar auch dann anzunehmen sein, wenn das<br />
Angebot des Bestbieters nicht unwesentlich über dem Marktpreis liegt (vgl. OLG<br />
Frankfurt a.M., Beschl. v. 28. Juni 2005 – 11 Verg 21/04; Lischka in Müller-Wrede,<br />
VOL/A, 2. Aufl. 2007, § 26 VOL/A Rz. 65). Als Indiz für den Marktpreis soll auch eine<br />
ordnungsgemäße Kostenschätzung in Betracht kommen (vgl. OLG Frankfurt a.M.<br />
und Lischka, jew. a.a.O.). Nicht recht deutlich wird dabei indes, in welchem<br />
Verhältnis diese Erwägungen zu dem Ausschlussgrund <strong>nach</strong> § 25 Nr. 2 Abs. 3<br />
VOL/A und dem ihm überwiegend zugeordneten Aufhebungsgrund gemäß § 26 Nr. 1<br />
Buchst. a VOL/A stehen sollen. Einer näheren Erörterung bedarf diese Frage jedoch<br />
bereits deshalb nicht, weil es <strong>nach</strong> dem oben unter B II 1 a Gesagten gerade an<br />
einer ordnungsgemäßen Kostenschätzung fehlt. Überdies wird auch für eine auf den<br />
Schätzpreis abstellende Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 26 Nr. 1 Buchst. c<br />
VOL/A ein deutliches Überschreiten des (ordnungsgemäß zu ermittelnden)<br />
Schätzpreises verlangt, das – soweit ersichtlich – erst jenseits einer Abweichung von<br />
10 % angenommen wird (vgl. die Nachweise bei Lischka, a.a.O., § 26 VOL/A Rz. 65<br />
f., 71), während die Abweichung im vorliegenden Fall nur gut 5 % beträgt.<br />
Anhaltspunkte dafür, dass – unabhängig von dem unzureichend ermittelten<br />
Schätzpreis – der Angebotspreis des ASt den Marktpreis erheblich überschreitet,<br />
liegen nicht vor.<br />
2. Andere Gründe, die eine Aufhebung <strong>nach</strong> § 26 Nr. 1 VOL/A rechtfertigen könnte, sind<br />
nicht ersichtlich. Dass der Ag ausreichende Mittel für die Bezuschlagung des Angebots
- 13 -<br />
des ASt fehlen, dürfte zwar – was auch der ASt nicht in Frage stellt – einen sachlichen<br />
Grund für die Aufhebung der Ausschreibung darstellen, vermag diese aber im<br />
vorliegenden Fall nicht zu rechtfertigen. Insbesondere stellt das Fehlen der erforderlichen<br />
Haushaltsmittel keinen sonstigen schwerwiegenden Grund für die Aufhebung der<br />
Ausschreibung im Sinne des § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A dar.<br />
Dem Nachprüfungsantrag war <strong>nach</strong> alledem wie erkannt stattzugeben.<br />
C.<br />
Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 Satz 1 GWB.<br />
Eine Beteiligung des ASt an den Verfahrenskosten im Hinblick auf die zunächst gestellten, in<br />
der mündlichen Verhandlung jedoch zurückgenommenen Anträge zu 2. und 3. wäre unbillig.<br />
Die Ag hat die Aufhebung des Vergabeverfahrens zunächst lediglich mit dem Gesichtspunkt<br />
begründet, dass der Angebotspreis des ASt missbräuchlich überhöht sei und das Angebot<br />
deshalb ausgeschlossen werden müsse. Dem ist der ASt mit Erfolg entgegengetreten. Hätte die<br />
Ag nicht in der mündlichen Verhandlung unter Berufung auf das Fehlen hinreichender<br />
Haushaltsmittel erklärt, sie habe ihre Vergabeabsicht endgültig aufgegeben, so hätte der ASt<br />
voraussichtlich auch mit seinen auf die Fortsetzung des Vergabeverfahrens gerichteten<br />
Anträgen zu 2. und 3. Erfolg gehabt. Dass die Ag in der mündlichen Verhandlung unabhängig<br />
von der (fehlenden) Ausschlussbedürftigkeit des Angebots des ASt den endgültigen Fortfall<br />
ihrer Vergabeabsicht geltend machte, stellt einen neuen Umstand dar, auf den der ASt mit der<br />
Umstellung seiner Anträge reagieren durfte, ohne <strong>nach</strong>teilige Kostenfolgen befürchten zu<br />
müssen. Hätte er ursprünglich nur die Leistungsanträge gestellt und diese sodann zu<br />
Feststellungsanträgen abgeändert, so hätte dies keine <strong>nach</strong>teiligen Kostenfolgen für ihn gehabt.<br />
Es darf ihm daher auch nicht zum Nachteil gereichen, dass er vorsorglich hilfsweise bereits<br />
Feststellungsanträge gestellt hatte, so dass der ASt, statt seine Hauptanträge umzuformulieren,<br />
diese schlichtweg fallen lassen und an seinen Hilfsanträgen festhalten konnte. Bei wertender<br />
Betrachtung handelt es sich bei der Rücknahme der Anträge zu 2. und 3. unter<br />
Aufrechterhaltung der Hilfsanträge lediglich um eine Antragsänderung, die eine<br />
Kostenbeteiligung des ASt ebensowenig rechtfertigt wie eine Minderung seiner Ansprüche auf
- 14 -<br />
Aufwendungsersatz oder eine Verpflichtung des ASt zur teilweisen Tragung der Aufwendungen<br />
der Ag.<br />
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den ASt war notwendig. In dem<br />
Nachprüfungsverfahren stellten sich Rechtsfragen, deren Komplexität und Schwierigkeit<br />
anwaltliche Vertretung notwendig gemacht haben.<br />
D.<br />
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist<br />
schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt,<br />
beim Oberlandesgericht Düsseldorf - Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf,<br />
einzulegen.<br />
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung<br />
muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten<br />
und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel<br />
angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.<br />
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für<br />
Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.<br />
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der<br />
Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen <strong>nach</strong> Ablauf der<br />
Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das<br />
Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur<br />
Entscheidung über die Beschwerde verlängern.
- 15 -<br />
Der Vorsitzende Reh ist<br />
wegen Ortsabwesenheit an der<br />
Unterschriftsleistung gehindert<br />
Sturhahn<br />
Sturhahn