Benthin - Bundeskartellamt
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5. Beschlussabteilung<br />
B 5 – 17/10<br />
Fusionsverfahren<br />
Verfügung gemäß § 40 Abs. 2 GWB<br />
Öffentliche Version<br />
Beschluss<br />
In dem Verwaltungsverfahren<br />
1. Hunter Douglas N.V.<br />
2, Piekstraat<br />
3071 EL Rotterdam<br />
Niederlande<br />
– Beteiligte zu 1. –<br />
2. <strong>Benthin</strong> GmbH<br />
Osterstader Str. 16<br />
27572 Bremerhaven<br />
3. Faber Polska Sp.z.o.o.<br />
Ul. Poznańska 31<br />
62-001 Chludowo<br />
Polen<br />
4. Faber Danmark A/S<br />
Hestehavevej 22<br />
5856 Ryslinge<br />
Dänemark
5. Faber Blinds UK Ltd.<br />
Kilvey Road, Brackmils<br />
Northampton NN4 7PB,<br />
Vereinigtes Königreich<br />
– Beteiligte zu 2. bis 5. –<br />
6. VKR Holding A/S<br />
Breeltevej 18<br />
2970 Hørsholm<br />
Dänemark<br />
– Veräußerer –<br />
Verfahrensbevollmächtigte zu 1. bis 6.: RAe Hengeler Müller<br />
Benrather Straße 18-20<br />
40213 Düsseldorf<br />
wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 35 ff. des Gesetzes<br />
gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat die 5. Beschlussabteilung<br />
des <strong>Bundeskartellamt</strong>es am 20. Mai 2010 beschlossen:<br />
Das mit Schreiben vom 2. Februar 2010 angemeldete Zusammenschlussvorhaben<br />
wird freigegeben.<br />
Die Gebühr für die Anmeldung und für diese Entscheidung wird auf<br />
[...] Euro<br />
(in Worten: [...]t Euro)<br />
festgesetzt und den Beteiligten zu 1. bis 5. auferlegt.<br />
A. SACHVERHALT<br />
1. Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Februar 2010, eingegangen per Telefax am<br />
selben Tage, hat die Hunter Douglas N.V., Rotterdam, Niederlande (im Folgenden:<br />
„HD“), den geplanten Erwerb aller Anteile an und der Kontrolle über die<br />
2
<strong>Benthin</strong> GmbH, Bremerhaven, einschließlich deren Tochtergesellschaften<br />
<strong>Benthin</strong> Technology GmbH, Bremerhaven, <strong>Benthin</strong> Systèmes E.U.R.L., St.<br />
Soupplets, Frankreich, und <strong>Benthin</strong> A/S, Ryslinge, Dänemark, (gemeinsam:<br />
„<strong>Benthin</strong>“) sowie Faber Polska Sp.z.o.o., Chludowo, Polen, Faber Danmark<br />
A/S, Ryslinge, Dänemark, und Faber Blinds UK Ltd., Northampton, Großbritannien<br />
(im Folgenden: „Faber“, zusammen mit <strong>Benthin</strong>: „F/B“ oder „Zielunternehmen“)<br />
angemeldet.<br />
2. Erworben werden sollen auch gewerbliche Schutzrechte und einzelne Kundenbeziehungen.<br />
Hingegen sollen die bisherige Holding Faber A/S sowie deren<br />
Tochtergesellschaften in den USA (Faber USA, Inc.) und in Australien (Faber<br />
<strong>Benthin</strong> Australia Pty. Ltd.) sowie die Gebäude von Faber <strong>Benthin</strong> in England<br />
und Dänemark nicht erworben werden.<br />
3. Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 hat die Beschlussabteilung HD mitgeteilt,<br />
dass sie in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten<br />
ist.<br />
I. VERFAHRENSBETEILIGTE<br />
1. ERWERBER<br />
4. HD ist ein global tätiges Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden. HD bietet<br />
Komplettsysteme für die Herstellung innen- und außenliegender Sonnenschutzprodukte<br />
einschließlich sämtlicher Komponenten und Materialien, Motoren,<br />
Steuerungsanlagen, Stoffe und Lamellen sowie Maschinen und weitere erforderliche<br />
Leistungen an. HD fertigt und vertreibt auch maßgefertige und<br />
Standard-Sonnenschutzprodukte sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich.<br />
5. Darüber hinaus stellt HD eine breite Palette anderer Produkte her, u.a. Metallfassaden,<br />
Metalldecken und sonstige Fassadenstoffe, Flachaluminium z.B. für<br />
Jalousien, aber auch für sonstige industrielle Zwecke, Lacke sowie Profile für<br />
Yacht- und Lichtmasten und Zeltstangen.<br />
6. Im Geschäftsjahr 2009 erzielte HD weltweit Umsätze in Höhe von ca.<br />
€ 2.000 Mio., davon ca. € [...] Mio. in der EU und ca. € [...] Mio. in Deutschland.<br />
3
2. ZIELUNTERNEHMEN<br />
7. F/B ging aus einem Zusammenschluss zwischen der Faber A/S und der<br />
<strong>Benthin</strong> AG hervor (B3-14/02). F/B bietet Komplettsysteme für die Herstellung<br />
von Sonnenschutzprodukten beginnend bei Komponenten über Stoffe bis hin<br />
zu Produktionsmaschinen an. Betroffen ist jedoch nur der innenliegende alternative<br />
Sonnenschutz.<br />
8. Im Geschäftsjahr 2009 erzielte F/B weltweit Umsätze in Höhe von<br />
ca. € [...] Mio., davon ca. € [...] Mio. in der EU und ca. € [...] Mio. in Deutschland.<br />
3. VERÄUßERER<br />
9. F/B ist derzeit Teil der VKR Holding A/S, Hørsholm, Dänemark (http://www.vkrholding.com/).<br />
II.<br />
DAS VORHABEN<br />
10. HD beabsichtigt, alle Anteile an und die Kontrolle über F/B zu erwerben.<br />
III.<br />
VERFAHRENSVERLAUF – ERMITTLUNGEN<br />
11. In dem Verfahren wurden umfangreiche Ermittlungen durchgeführt:<br />
12. Es wurden Fragebögen an die Akteure auf den Herstellungs- und Distributionsstufen<br />
versandt.<br />
13. Am 18. März 2010 besichtigte die Beschlussabteilung eine Fertigungsstätte von<br />
F/B in Bremerhaven und die ebenfalls im Bereich Sonnenschutzprodukte tätige<br />
Tochtergesellschaft von HD, Blöcker, in Bremen. Hier fanden Gespräche mit<br />
den Beteiligten und Betriebsbesichtigungen statt, in deren Verlauf das Zielunternehmen<br />
sowie Produkte und Produktion des Zielunternehmens vorgestellt<br />
wurden.<br />
14. Am 30. März 2010 besichtigte die Beschlussabteilung die Fertigungsstätte des<br />
Konfektionärs MHZ Hachtel GmbH & Co. KG, Leinfelden-Echterdingen (im Folgenden:<br />
„MHZ“), in Schwaigern-Stetten, der seiner Plisseeproduktion in wesentlichen<br />
Bereichen Systeme von F/B zugrunde legt. Die Beschlussabteilung<br />
ließ sich die einzelnen Produktionsschritte detailliert an den jeweiligen Arbeitsplätzen<br />
und Maschinen erläutern.<br />
4
15. Am 31. März 2010 besichtigte die Beschlussabteilung die Fertigungsstätte Göttingen<br />
des Konfektionärs Heinrich Büscher GmbH, Bielefeld (im Folgenden:<br />
„Büscher“), der Systeme der HD-Tochter Blöcker verwendet, und ließ sich auch<br />
hier die Produktion zeigen und erklären.<br />
16. Am 23. April 2010 fand ein Gespräch mit Vertretern des Zielunternehmens im<br />
<strong>Bundeskartellamt</strong> statt.<br />
B. GRÜNDE<br />
I. FORMELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN<br />
17. Der beabsichtigte Erwerb aller Geschäftsanteile an F/B erfüllt die Zusammenschlusstatbestände<br />
des § 37 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 GWB.<br />
18. Die Umsätze der Beteiligten überschreiten die Schwellenwerte des<br />
§ 35 Abs. 1 GWB, und das Vorhaben hat keine gemeinschaftsweite Bedeutung<br />
1 . Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 1<br />
Nr. 1 GWB sind nicht gegeben. Das Vorhaben betrifft auch nicht ausschließlich<br />
Bagatellmärkte gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB. Es unterliegen zwar verschiedene<br />
Sonnenschutzprodukten vorgelagerte Märkte (Systemmärkte) als<br />
Bagatellmärkte nicht der Prüfung. Das Vorhaben betrifft im Bereich der Maßfertigung<br />
(Konfektionierung) von Sonnenschutzprodukten sowie der Belieferung<br />
mit Behang aber auch Märkte, die nicht Bagatellmärkte sind.<br />
II.<br />
MATERIELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN<br />
19. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen erfüllt das Zusammenschlussvorhaben<br />
nicht die materiellen Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB.<br />
1. SACHLICHE MARKTABGRENZUNG<br />
20. Nach dem Bedarfsmarktkonzept gehören Produkte demselben sachlich relevanten<br />
Markt an, wenn sie aus Sicht eines verständigen und durchschnittlichen<br />
Abnehmers hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen<br />
Verwendungszwecks ohne weiteres austauschbar sind, weil sie sich zur Befriedigung<br />
eines bestimmten Bedarfs eignen. 2 Bei der Marktabgrenzung sind<br />
1 Der EU-weite Umsatz von F/B lag im letzten Geschäftsjahr unter € 100 Mio., so dass die Schwellenwerte<br />
des Art. 1 Abs. 2 b) und Abs. 3 d) FKVO nicht erreicht werden.<br />
2 Ständige Rechtsprechung, vgl. BGH Urt. v. 21.12.04, KVR 26/03, Deutsche Post/trans-o-flex;<br />
BGHZ 131, 107, 110 - Backofenmarkt; BGH Urt. v. 19.3.1996 - KZR 1/95; WuW/E 3058, 3062 -<br />
5
weiterhin die Gesichtspunkte des Sortimentsangebots und der Produktionsumstellungsflexibilität<br />
zu berücksichtigen. Danach sind sachliche Märkte nach<br />
Produktgruppen abzugrenzen, die einen typisierten Bedarf decken, sowie danach,<br />
ob für die Produkte und deren Entwicklung und Herstellung ein vergleichbares<br />
Fertigungs- und Entwicklungs-Know-how sowie gleichartige Fertigungseinrichtungen<br />
einsetzbar sind und die Produktion sowie das Angebot<br />
kurzfristig und ohne signifikante Zusatzkosten und -risiken umgestellt werden<br />
können. 3<br />
21. Das Zielunternehmen bezeichnet sich auf seiner Internetseite 4 als führenden<br />
Systemgeber in der Sonnenschutzbranche. Es bietet Komplettangebote für die<br />
Fertigung von innenliegenden alternativen Sonnenschutzprodukten an. Das<br />
Produktprogramm deckt fast alle Hauptproduktgruppen wie Horizontaljalousien,<br />
Vertikaljalousien, Rollos, Plissees und Raffrollos ab. Lediglich Flächenvorhänge<br />
werden (noch) nicht angeboten. Innerhalb jeder Produktgruppe entwickelt, gestaltet<br />
und vertreibt das Zielunternehmen sämtliche für das Produkt erforderlichen<br />
Einzel-Hardwarekomponenten und entsprechende Produktionsausrüstungen.<br />
Die durchgeführten Ermittlungen haben gezeigt, dass die Gesamtheit dieser<br />
Leistungen jeweils separate Systemgebermärkte als Vorstufe der Herstellung<br />
von Sonnenschutzprodukten bilden. Die Tätigkeiten der Zusammenschlussbeteiligten<br />
überschneiden sich im Bereich dieser Systemgebermärkte,<br />
die Bagatellmarktschwelle des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB wird jedoch in<br />
keinem Fall überschritten.<br />
22. Das Vorhaben betrifft ferner die Belieferung mit Behang für Sonnenschutzprodukte.<br />
Auch hier überschneiden sich die Tätigkeiten der Beteiligten, wobei das<br />
Zielunternehmen den Handel mit Behang einstellen will.<br />
23. Schließlich ist die Maßfertigung ( Konfektionierung) von Sonnenschutzprodukten<br />
betroffen. In den beiden letztgenannten Bereichen wird die Bagatellmarktschwelle<br />
unabhängig von der exakten Marktdefinition jeweils überschritten.<br />
Pay-TV-Durchleitung; Beschl. v. 5.10.2004 - KVR 14/03, WRP 2004, 1502, 1504 - Staubsaugerbeutelmarkt.<br />
3 vgl. BGH Staubsaugerbeutelmarkt, a.a.O., sowie BGH, 16.1.07, KVR 12/06, National Geographic<br />
II, sowie Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne<br />
des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, 97/C 372/03, Rdnr. 20 ff.<br />
4 http://www.faber.dk/unternehmen.aspx.<br />
6
24. Im Folgenden werden aus Gründen der Verständlichkeit zunächst die Sonnenschutzprodukte<br />
selbst ausgehend vom Bedarf des Endkunden erläutert (1.1). In<br />
einem zweiten Schritt wird auf die hier betroffenen vorgelagerten Marktstufen<br />
im Bereich maßgefertigter Sonnenschutzprodukte eingegangen (1.2). Es folgt<br />
eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Zusammenschlussbeteiligten zur<br />
sachlichen Marktabgrenzung (1.3).<br />
1.1 Endprodukte: alternativer innenliegender Sonnenschutz<br />
25. Ausgehend vom Bedarf des Endkunden berührt der Zusammenschluss auf der<br />
letzten Marktstufe (a) innenliegende (b) alternative (c) Sonnenschutzprodukte,<br />
die (d) maßgefertigt werden.<br />
a) Jeweils eigenständige Märkte für innen- und außenliegenden Sonnenschutz<br />
26. Zunächst sind innen- und außenliegender Sicht- und Sonnenschutz zu unterscheiden,<br />
wobei vorliegend ausschließlich der Bereich des innenliegenden<br />
Sonnenschutzes betroffen ist. Während außenliegender Sonnenschutz den<br />
Wärmeumwandlungsprozess auf die Außenseite der Verglasung verlagert,<br />
sammelt sich bei innenliegendem Sonnenschutz Energie innerhalb des Gebäudes.<br />
Außenliegender Sonnenschutz bietet deshalb einen wirkungsvolleren<br />
Sonnenschutz und zeichnet sich durch eine höhere Energieeffizienz aus. Der<br />
außenliegende Sonnenschutz, im speziellen Außenjalousien oder Rollläden,<br />
bieten nach Aussage aus Fachkreisen etwa einen 30-40 % effizienteren Sonnenschutz<br />
als die innenliegenden Systeme. Mit dem Begriff außenliegender<br />
Sonnenschutz meint der Fachbetrieb neben Außenjalousien und Rollläden insbesondere<br />
auch Markisen. Die Bereiche innen- und außenliegender Sonnenschutz<br />
unterscheiden sich außerdem hinsichtlich der Ausgangsmaterialien. Im<br />
Außenbereich liegt der Schwerpunkt auf der Robustheit der Materialien (hohe<br />
Witterungsstabilität, hohe UV-Belastbarkeit, stärkere Verschmutzung des Materials).<br />
Da Beschattungsanlagen im Innenbereich von Gebäuden nicht witterungsbeständig<br />
sein müssen, können verschiedenste Materialien eingesetzt<br />
werden. Dadurch ergibt sich gegenüber dem außenliegenden Sonnenschutz<br />
eine relativ große Gestaltungsfreiheit. Unterschiede ergeben sich zudem aufgrund<br />
der baulichen Einsatzvoraussetzungen und der technischen Ausführung<br />
(z.B. außenliegend: Tiefe der Fensterleibung, Einsatz von Windwächtern zum<br />
Schutz bei Sturm). Zudem unterliegt außenliegender Sonnenschutz Vorgaben<br />
7
wie Denkmalschutz und architektonischer Gestaltung und dient z.T. dem Einbruchschutz.<br />
Den unterschiedlichen Funktionen entsprechend haben sich auch<br />
unterschiedliche Anbieterstrukturen und Vertriebswege herausgebildet (außenliegend:<br />
vorwiegend Rollladenbauer, Fensterbauer, Architekturbüros; innenliegend:<br />
vorwiegend Fachmärkte, Raumausstatter und SB-Märkte).<br />
27. Im Ergebnis haben die Marktermittlungen des <strong>Bundeskartellamt</strong>es durchgängig<br />
gezeigt, dass innen- und außenliegender Sonnenschutz unterschiedlichen<br />
Märkten zuzuordnen ist.<br />
b) Eigenständige Märkte für traditionellen und alternativen innenliegenden Sonnenschutz<br />
28. Der Bereich des innenliegenden Sicht- und Sonnenschutzes lässt sich weiter<br />
unterteilen in traditionellen (klassischen) Sichtschutz, d.h. Gardinen, auch als<br />
Fensterdekoration bezeichnet, einerseits und alternative Produkte des innenliegenden<br />
Sonnenschutzes andererseits. Die Leistungen des Zielunternehmens<br />
betreffen ausschließlich Produkte des alternativen innenliegenden Sonnenschutzes.<br />
Der Grund für diese in der Branche übliche Unterscheidung liegt zum<br />
einen darin, dass Gardinen zu Zwecken des Sonnenschutzes nur eingeschränkt<br />
geeignet sind, zum anderen darin, dass Gardinen aus Sicht des Nachfragers<br />
durch ihre textile Anmutung eher dem Sichtschutz und dekorativen<br />
Zwecken dienen. Mitunter wird alternativer Sonnenschutz, z.B. ein Rollo, mit<br />
einer traditionellen Gardine kombiniert. Zwar gibt es auch hier fließende Übergänge,<br />
gleichwohl haben die Marktermittlungen gezeigt, dass Gardinen und<br />
Zubehör nicht zu den alternativen Sonnenschutzprodukten gezählt werden,<br />
sondern als eigene Produktsparte gelten. Dem entspricht auch die Herangehensweise<br />
im Branchenreport 9/2005 „Dekorativer und technischer Sicht- und<br />
Sonnenschutz - Perspektiven bis 2015“ 5 , in dem die Bereiche Gardinen und innenliegender<br />
Sicht- und Sonnenschutz getrennt dargestellt und analysiert werden.<br />
29. Im Ergebnis bilden alternative innenliegende Sonnenschutzprodukte (im Folgenden:<br />
„innenliegender Sonnenschutz“) einen eigenständigen Produktbereich,<br />
der vom traditionellen Sichtschutz zu unterscheiden ist. Diese Einschätzung<br />
entspricht auch dem allgemeinen Branchenverständnis.<br />
5 BBE-Studienreihe Wohnwelten 2015.<br />
8
c) Kategorien innenliegender Sonnenschutzprodukte<br />
30. Bauartbedingt lassen sich im Bereich des innenliegenden Sonnenschutzes im<br />
Wesentlichen vier weitere Schlüsselkategorien (Produktgruppen) unterscheiden:<br />
• Plissees (auch Plisseeanlage oder Faltstores),<br />
• Jalousien (oder Horizontallamellen, Horizontaljalousie),<br />
• Vertikallamellen (oder Vertikaljalousie, Vertikal-Lamellen oder Lamellenvorhänge)<br />
und<br />
• Rollos.<br />
Neu hinzugerechnet werden zum Teil Flächenvorhänge, die jedoch von einigen<br />
Marktteilnehmern eher in den Bereich dekorativen Sichtschutzes einbezogen<br />
werden. Ob Flächenvorhänge den innenliegenden Sonnenschutzprodukten<br />
zuzurechnen sind, kann offen bleiben.<br />
Für die Beschreibung der einzelnen Produktgruppen wird im Folgenden vor allem<br />
auf Dokumentationen des Verbandes innenliegender Sonnenschutz e.V.<br />
(„VIS“) 6 zurückgegriffen.<br />
31. Ein Plissee zeichnet sich dadurch aus, dass vorgefalteter (plissierter) Stoff<br />
ziehharmonikaartig zwischen zwei Schienen zu einem Paket zusammengeschoben<br />
wird. Neben einlagigem Stoff kann auch doppellagiger Plisseestoff<br />
eingesetzt werden. Solche Plissees werden als Waben-Plissee bezeichnet, da<br />
sie im seitlichen Querschnitt an Bienenwaben erinnern. Ein Plissee kann freihängend<br />
oder verspannt montiert werden. Die verspannte Montage ermöglicht<br />
den Einsatz in Dachfenstern und eine bewegliche Ausführung der oberen und<br />
unteren Schiene, so dass sich Teilflächen des Fensters verschatten lassen. Ein<br />
Plissee kann in verschiedenen geometrischen Formen hergestellt werden<br />
(rechteckig, trapezförmig, dreieckig oder halbkreisförmig). Die Bedienung kann<br />
über Griff, Schnur, Kette, Kurbel, Federzug und Motor erfolgen.<br />
32. Eine Jalousie ist eine Art Lamellenvorhang mit horizontal eingebauten beweglichen<br />
Lamellen aus verschiedenen Materialien wie Aluminium, Holz oder PVC.<br />
Die Bedienung kann mit Zugschnur und Wendestab, Endlosschnur, Endlosket-<br />
6 http://www.vis-online.org/images/stories/verbandspublikationen/sicht-_und_sonnenschutz.pdf.<br />
9
te, Kurbel oder mit Hilfe eines Elektromotors erfolgen. Die Montage ist vor dem<br />
Fenster ebenso wie direkt am Fensterrahmen möglich. Eine Fixierung bei kippbaren<br />
Fenstern erfolgt dann durch eine so genannte Pendelsicherung. Diese<br />
besteht aus einem Faden oder Draht, der durch zusätzliche Bohrungen am äußeren<br />
Rand der Lamellen geführt und unten am Fensterrahmen fixiert wird.<br />
33. Vertikallamelle 7 wird definiert als Behang aus vertikal angeordneten,<br />
wendbaren Lamellen, der nach einer Seite, beiden Seiten oder zur Mitte raffbar<br />
ist. Die Lamellen werden an einer oberen Laufschiene aus Aluminium aufgehängt,<br />
zur zusätzlichen Stabilisierung gibt es auch Varianten mit einer zweiten,<br />
unteren Schiene. Die Laufschiene kann an Wand oder Decke montiert werden.<br />
34. Ein Rollo ist eine auf eine Welle gewickelte Stoffbahn. Rollos werden in verschiedenen<br />
Varianten angeboten, z.B. Kassettenrollo, Springrollo, Seitenzugrollo,<br />
Dachflächenrollo etc. Auch Wellendurchmesser und Bedienung variieren.<br />
35. Ein Flächenvorhang (auch Paneltrac oder Schiebevorhang genannt) besteht<br />
aus glatten Stoffbahnen, die mit einem Schienensystem hin und hergeführt<br />
werden. Derzeit bietet F/B noch keine Systeme für Flächenvorhänge an, plant<br />
dies aber für die Zukunft.<br />
d) Unterscheidung innenliegenden Sonnenschutzes in Standardware und maßgefertigte<br />
Ware<br />
36. Bezüglich aller oben genannten Schlüsselkategorien ist aufgrund wesentlicher<br />
Unterschiede in Bezug auf<br />
und maßgefertigte Ware (im Fol-<br />
• Nachfragerpräferenzen und Preis,<br />
• Produktvielfalt und Produktqualität,<br />
• Produktfertigung und<br />
• Vertriebskanäle<br />
eine weitere Unterteilung in Standardware 8<br />
genden: „Maßware“) vorzunehmen.<br />
7 http://www.baunetzwissen.de/standardartikel/Sonnenschutz_Vertikal-<br />
Jalousien_166518.html?img=1&layout=galerie.<br />
8 Standardware wird auch als SB-Ware, DIY (Do it yourself)-Ware, Mitnahmeware oder Regal-Ware<br />
bezeichnet.<br />
10
Nachfragerpräferenzen und Preis:<br />
37. Die qualitative Produktdifferenzierung zwischen Standardware und maßgefertigter<br />
Ware beruht auf unterschiedlichen Nachfragerpräferenzen. Maßgefertigte<br />
Produkte richten sich nach den Marktermittlungen der Beschlussabteilung vornehmlich<br />
an einen qualitätsbewussten und z.T. zahlungskräftigeren Kundenkreis,<br />
der die Produkte vornehmlich für selbst genutztes Wohneigentum nachfragt<br />
und bereit ist, dafür einen um das Mehrfache höheren Preis zu bezahlen.<br />
Die Befragung von Raumausstatterbetrieben (im Folgenden: „Raumausstatter“)<br />
zur Vergleichbarkeit von maßgefertigter innenliegender Sonnenschutz- und<br />
Standardware hat gezeigt, dass die Kunden von Raumausstattern Maß- und<br />
Standardware mit Blick auf Kriterien wie Produktberatung, Stoffvielfalt, Formenvielfalt,<br />
Passgenauigkeit, Aufmaß, Montage, Nutzungsdauer/Haltbarkeit,<br />
Reparaturservice und Preis für nicht bzw. für weniger vergleichbar halten.<br />
38. Aufgrund dessen sind die Nachfrager nach Maßware auch bereit, die um ein<br />
Vielfaches höheren Preise im Bereich des maßgefertigten Sonnenschutzes zu<br />
bezahlen. Dieses höhere Preisniveau reflektiert u.a. den deutlich höheren Anteil<br />
an Handarbeit im Herstellungsprozess und die umfassenderen Serviceleistungen<br />
wie das Aufmaß vor Ort sowie die Montage bei Lieferung des fertigen<br />
Produkts, aber auch Kulanz- und Reparaturleistungen.<br />
Produktvielfalt und -qualität:<br />
39.<br />
40.<br />
Standardware zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass es sich um<br />
einfachere Produkte in begrenzten Standardabmessungen, -formen und -<br />
qualitäten handelt (zum Beispiel Standardrollo: ca. 10 Farben, 6-8 Größen, 1<br />
Bedienvariante).<br />
Maßware zeichnet sich im Besonderen dadurch aus, dass sie nach individuellen<br />
Kundenwünschen passgenau angefertigt wird. Nachfrager nach Maßprodukten<br />
erwarten insbesondere eine hohe Qualität in Bezug auf die Funktionen<br />
und die Fertigung sowie die Passgenauigkeit des Produkts. Maßware zeichnet<br />
sich zudem dadurch aus, dass die Möglichkeit von Sonderformen, der Variantenreichtum<br />
hinsichtlich der Bedienung und die breite Auswahl an Stoffen und<br />
Designs eine herausgehobene Rolle für die Kaufentscheidung der Endverbraucher<br />
spielen. So kann eine einzelne Montagevariante für maßgefertigte Rollos<br />
rund 200 Farben unterschiedlicher Transparenz und Optik umfassen.<br />
11
Produktfertigung:<br />
41. Ausgehend von der qualitativen Produktdifferenzierung unterscheiden sich<br />
auch die Hersteller und Bezugswege von Standard- und Maßware grundlegend.<br />
Während Standardware zum überwiegenden Anteil in asiatischen Ländern<br />
produziert und nach Europa importiert wird, erfolgt die Herstellung von<br />
Maßware kundennah durch Konfektionsbetriebe (im Folgenden:<br />
„ Konfektionäre“), die von Raumausstattern oder den Fachabteilungen des<br />
Handels beauftragt werden. Die im Inland tätigen umsatzstärksten Konfektionäre<br />
sind insbesondere MHZ, Teba, Kadeko, Erfal, Warema, Ifasol, Saum &<br />
Viehbahn, Silent Gliss, Büscher und Liedeco.<br />
42. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist auch, dass Maßware im Gegensatz<br />
zu Standardprodukten überwiegend manuell gefertigt wird. Der Einsatz<br />
von Maschinen ist derzeit zumeist auf größere Konfektionäre und selbst bei<br />
diesen auf einzelne Arbeitsschritte oder Arbeitsabschnitte beschränkt.<br />
43. Im Inland gibt es nach den Ermittlungen des <strong>Bundeskartellamt</strong>es nur wenige<br />
Hersteller von Standardware mit in der Regel eingeschränktem Produktsortiment.<br />
Wesentliche inländische Anbieter von Standardware sind: Gardinia (gehört<br />
zu HD), Liedeco, Klöckner Design, Buchheister, Schrader, Leha, SAM Design<br />
& Trading, Ifasol, Gruber Vertriebs GmbH, Durach und Teba. Darüber hinaus<br />
wurden als Anbieter von Standardware Coulisse, Norman (Nienmade) und<br />
bece (B&C) genannt, die vorwiegend mit Importware auf dem Markt vertreten<br />
sind. Nach den Marktermittlungen beträgt der Importanteil bei Standardware in<br />
Deutschland ca. 90%.<br />
44. Die Marktermittlungen haben gezeigt, dass Hersteller, die sowohl Standardware<br />
als auch maßgefertigte Ware führen, diese jeweils unterschiedlichen Sparten<br />
zuordnen. Die Erwerberin z.B. ist bei Standardprodukten in Baumärkten (z.B.<br />
OBI) mit der Marke GARDINIA vertreten, im Bereich Maßware hingegen u.a.<br />
mit der Marke Luxaflex. Das Unternehmen Liedeco GmbH, Uder, vergibt für<br />
Standardware und Maßware unterschiedliche Produktmarken (Liedecoplus<br />
bzw. Liedecolux) und trennt diese auch in der Außendarstellung „konsequent“. 9<br />
9<br />
BTH-Heimtex 3/2008, S. 86.<br />
12
Vertriebskanäle:<br />
45. Standardware wird schwerpunktmäßig als Regalware insbesondere über Bauund<br />
Möbelmärkte vertrieben. Die Ware ist vorrätig (Lagerhaltung) und kann sofort<br />
vom Kunden mitgenommen und selbst montiert werden. Aufmaß und die<br />
Montage liegen hier alleine in den Händen des Endverbrauchers.<br />
46. Maßware wird hingegen individuell gefertigt und über Raumausstatter, Fachgeschäfte<br />
und entsprechende Fachabteilungen von Möbelhäusern und Baumärkten<br />
vertrieben. Diese müssen in der Lage sein, entsprechende Beratungsleistungen<br />
(insbesondere Aufmaß- und Montageservice) zu erbringen und den<br />
Endverbraucher in seiner Auswahl zu unterstützen. Zurückgegriffen wird hierbei<br />
auf sogenannte Kollektionsbücher. Kollektionsbücher (auch Fachkataloge genannt)<br />
werden den Raumausstattern von den Konfektionären oder Systemgebern<br />
10 zur Verfügung gestellt bzw. verkauft. Befragte Konfektionäre bezifferten<br />
die Preise für Konfektionsbücher auf 100 bis 150€, wobei der Preis teilweise<br />
mit der ersten Bestellung des Raumausstatters beim Konfektionär verrechnet<br />
wird. Die Konfektionären pro Kollektionsbuch konkret entstehenden Kosten<br />
schätzten die befragten Konfektionäre noch deutlich höher ein. Konfektionsbücher<br />
erscheinen in regelmäßigen zeitlichen Abständen (ca. alle 2-4 Jahre) neu<br />
und enthalten Stoffproben und Fotos maßgefertigter Produkte in ihrer Formenvielfalt.<br />
Sie dienen dazu, dem Endkunden die Form-, Farb-, Stoff- und Qualitätsvielfalt<br />
zu präsentieren und ihn in seiner Kaufentscheidung zu beraten. Kollektionsbücher<br />
sind auch aufgrund der hochwertigen Aufmachung in der Lage,<br />
den qualitativen Mehrwert der Produkte zu vermitteln.<br />
47. Zwar bieten einige Handelsunternehmen wie JalouCity, Bau- und Möbelmärkte<br />
wie OBI, Praktiker, toom-Baumarkt (REWE), Schlau Heimtex Einkaufs GmbH<br />
(Hammer Heimtex), TTL und GLOBUS parallel Standard- und maßgefertigte<br />
Ware an, gleichwohl erfolgt auch hier eine klare Trennung zwischen Standardware<br />
und maßgefertigter Ware in Bezug auf deren Außendarstellung. Soweit<br />
Handelsunternehmen maßgefertigte Ware anbieten, halten sie entsprechende<br />
Fachabteilungen zur Gewährleistung des nötigen Services vor. Bei Nachfrage<br />
nach Maßware erfolgt die Bestellabwicklung z.B. im Kommissionsgeschäft<br />
10 Kleinere Konfektionäre entwerfen keine eigenen Kollektionen sondern greifen auf Kollektionen<br />
und Kollektionsbücher der Systemgeber zurück.<br />
13
eim Lieferanten oder durch direkte Weitergabe der Bestellung an den/die jeweilige(n)<br />
Konfektionär(e).<br />
48. Darüber hinaus erfolgt der Vertrieb innenliegender Sonnenschutzprodukte auch<br />
über das Internet. Zwar entfallen hier für Maßware die vom Fachhandel gebotenen<br />
Serviceleistungen Aufmaß, Beratung und Montage. Der Kunde kann aber<br />
aus vorgegebenen Kollektionen 11 wählen, die der Internethändler auf seiner Internetseite<br />
zur Verfügung stellt und sein individuelles Produkt in Form, Farbe<br />
und Aufmaß zusammenstellen. Der Internethändler gibt dann die Bestellung an<br />
den jeweiligen Hersteller weiter, dessen Produkte er vertreibt. Die Anfertigung<br />
und Lieferung der Bestellung erfolgt dann in der Regel durch den Hersteller direkt.<br />
49. Die Unterschiede hinsichtlich Produktion und Vertriebskanälen zwischen Stan-<br />
dardware und Maßware lassen sich wie folgt anschaulich darstellen:<br />
„Cut-down-Ware:“<br />
50. Die Unterscheidung von Standard- und Maßware wird durch das Phänomen<br />
der so genannten Cut-down-Ware nicht in Frage gestellt. Unter Cut-down-Ware<br />
11 Die Kollektionen werden in der Regel von den jeweiligen Konfektionären erstellt.<br />
14
fallen Produkte aus industrieller Massenfertigung, die vor Ort – etwa in einem<br />
Baumarkt – auf bestimmte Breitenmaße angepasst werden können. Trotz dieser<br />
Individualisierungsmöglichkeit bleibt Cut-down-Ware jedoch ein Produkt der<br />
Massenfertigung und bewegt sich daher auf dem Niveau von Standardware.<br />
Sie ist nicht mit maßgefertigter Ware gleichzusetzen. Dies gilt zum einen für die<br />
Qualität des Behangs und der Komponenten, zum anderen für die Vielfalt an<br />
Bauformen, Stoffen und Designs sowie Bedienmöglichkeiten. Das Unternehmen<br />
Norman (die deutsche Vertriebsgesellschaft des chinesischen Herstellers<br />
von Sonnenschutzprodukten Nien Made) bietet laut Internet selbst maßgefertigte<br />
Plissees nur in 30 Farben an. Schließlich werden auch beim Absatz – schon<br />
wegen ihrer Geringwertigkeit – die begleitenden Serviceleistungen (individuelle<br />
Beratung vor Ort, Aufmaß und Montage) nicht erbracht. Insofern handelt es<br />
sich bei Cut-down-Ware nach Auskunft der Marktteilnehmer quantitativ um ein<br />
Phänomen von begrenzter Bedeutung, das nach übereinstimmender Einschätzung<br />
nur für preisbewusste Kunden eine gewisse Alternative zur Standardware<br />
darstellt, nicht jedoch für den qualitätsbewussten Kunden eine Alternative zur<br />
Maßware ist. Nach Darstellung der Beteiligten 12 betrifft Cut-down-Ware im Wesentlichen<br />
die Vertriebsschiene Bau- und Möbelmärkte jenseits der Fachabteilungen.<br />
Eine so weite Überschneidung, dass sie in den Markt für maßgefertigte<br />
Produkte einzubeziehen sind, ist daraus nicht abzuleiten.<br />
e) Zwischenergebnis Endkundenmärkte<br />
51. Nach dem Vorstehenden bildet aus Sicht des Endkunden Maßware für innenliegenden<br />
Sonnenschutz (Plissee, Jalousien, Lamellen, Rollos) einen eigenständigen<br />
Markt. Die Frage der Austauschbarkeit der einzelnen Produktgruppen<br />
untereinander kann für die Zwecke der Prüfung dieses Vorhabens offen<br />
bleiben.<br />
1.2 Vorgelagerte Marktstufen im Bereich maßgefertigter Sonnenschutzprodukte<br />
52. Wie dargestellt erhält der Endkunde sein maßgefertigtes Sonnenschutzprodukt<br />
von einem Raumausstatter oder in einer entsprechenden Fachabteilung. Gefertigt<br />
wird das Produkt hingegen von Konfektionären.<br />
12 Übersicht, übergeben beim Besuch von <strong>Benthin</strong> in Bremerhaven.<br />
15
53. Das Zusammenschlussvorhaben betrifft die Märkte, auf denen Konfektionäre<br />
die von ihnen für die Herstellung benötigten Hardware-Komponenten und weitere<br />
Leistungen wie Konstruktionspläne und Maschinen nachfragen. Den Konfektionären<br />
als Nachfragern stehen hier so genannte Systemgeber gegenüber,<br />
welche die erforderlichen Leistungen als Bündel anbieten (a).<br />
54. Betroffen sind ferner die Märkte, auf denen Konfektionäre (textilen und nicht<br />
textilen) Behang nachfragen (b).<br />
55. Da Zielunternehmen und Erwerberin auch als Konfektionäre tätig sind und Systemgeberleistung<br />
und Konfektionierung in einem Vertikalverhältnis zueinander<br />
stehen, ist schließlich der Bereich der Konfektionierung selbst betroffen (c).<br />
a) Hardware-Komponenten und Leistung der Systemgeber<br />
56. Im Bereich Hardwarekomponenten zur Herstellung der unterschiedlichen Produktgruppen<br />
des innenliegenden Sonnenschutzes sind die Konfektionäre nach<br />
den Marktermittlungen des <strong>Bundeskartellamt</strong>es weitgehend auf sog.<br />
„Systemgeber“ angewiesen. Sowohl die Erwerberin als auch das Zielunternehmen<br />
sind als Systemgeber tätig. Der Zusammenschluss führt somit im Bereich<br />
Systemgeberleistungen zu horizontalen Überschneidungen.<br />
57. Als „ System“ in diesem Sinne ist eine Art Baukasten- oder Modulsystem zu<br />
verstehen, aus dem sich ein Produkt jeden Produkttyps zusammensetzt und<br />
das für eine Vielzahl von technischen Varianten dieses Produkttyps die benötigten<br />
Einzelkomponenten bündelt und für die Konfektionäre bereit hält. Die<br />
technischen Varianten können sich aus unterschiedlichen Betätigungsweisen<br />
(z.B. manuell/elektrisch), Teilfunktionen (Plissee mit Anschlag unten, oben, frei<br />
hängend), Formen (Dreiecks, Trapez-, Halbkreisflächen) oder Ausstattungsvarianten<br />
(diverse Schnüre, Bänder, Ketten) ergeben. Wie viele Einzelkomponenten<br />
für ein System erforderlich sind, hängt von der jeweiligen technischen<br />
Komplexität des Produkts ab. In Bezug auf die genannten Schlüssel-<br />
Produktgruppen ergibt sich eine graduelle Abstufung von Plissee über Jalousien<br />
und Lamellen zu Rollos.<br />
58. Für die in seinem Portfolio befindlichen Produkttypen benötigt der Konfektionär<br />
jeweils mindestens ein System. Die Marktermittlungen haben gezeigt, dass sich<br />
in der Regel die Nachfrage eines Konfektionärs für jeden Produkttyp auf einen<br />
Systemgeber beschränkt. Das folgt schon daraus, dass aufgrund der Spezifika<br />
16
jedes Systems unterschiedliche Fertigungslinien mit unterschiedlichen Maschinen,<br />
Werkzeugen und Vorrichtungen zu errichten sind. Zudem müssen die Mitarbeiter<br />
des Konfektionärs für deren Handhabung und weitere manuelle Fertigungsschritte<br />
geschult werden. Auch scheidet eine doppelte Bevorratung von<br />
Einzelkomponenten zweier oder mehrerer Systemgeber schon aus wirtschaftlichen<br />
Gründen aus. Ein Parallelbetrieb kommt daher praktisch nur für eine<br />
Übergangszeit bei einem Wechsel des Systemgebers vor, der aber aus den<br />
genannten und weiteren Gründen mit sehr hohem Aufwand verbunden ist und<br />
insofern eher selten vorkommt.<br />
aa) Leistungsumfang des Systemgebers<br />
59. Der Leistungsumfang eines Systemgebers umfasst ein Paket von Leistungen,<br />
die als Gesamtleistung angeboten, nachgefragt und teilweise sogar vertraglich<br />
gekoppelt werden:<br />
• Die entscheidende Leistung eines Systemgebers liegt in der Entwicklung<br />
eines modularen Systems für eine Sonnenschutzproduktgruppe (Plissee,<br />
Jalousie, Vertikallamelle oder Rollo) und seiner Varianten (Sonderformen,<br />
größenbedingte Variationen der technischen Gestaltung, Bedienvarianten).<br />
Der Systemgeber testet das Produkt, definiert Größengrenzbereiche und<br />
entwickelt es - auch auf Anregung der Konfektionäre - kontinuierlich weiter.<br />
• Der Systemgeber stellt die dazugehörigen Komponenten selbst her oder<br />
kauft sie zu. Wie viele Einzelkomponenten für ein System erforderlich sind,<br />
hängt von der technischen Komplexität des Produkts ab: Hier ergibt sich eine<br />
graduelle Abstufung von Plissees über Jalousien und Vertikallamellen zu<br />
Rollos, die sich auch in der Anzahl und dem funktionellen Ineinandergreifen<br />
der erforderlichen Komponenten ausdrückt.<br />
• Der Systemgeber stellt dem Konfektionär sämtliche technische Daten und<br />
Vorgaben zur Verfügung, die der Konfektionär für die Fertigung des Produktes<br />
benötigt, z.B. Konstruktionszeichnungen (Explosionszeichnungen und<br />
z.B. auch so genannte Fädelpläne) und IT-gestützte Kalkulationshilfen für<br />
Sonnenschutzsysteme unterschiedlicher Größen und Formen (z.B. Anzahl<br />
und Anordnung der Bohrungen, Anzahl der erforderlichen Schnurführungen,<br />
Stoffbedarf etc.).<br />
17
• Der Systemgeber entwickelt Werkzeuge, Vorrichtungen und – seit jüngster<br />
Zeit – auch halb- oder vollautomatische Maschinen zur Erleichterung einzelner<br />
Arbeitsschritte oder -abschnitte aus dem Gesamtprozess sowie entsprechende<br />
Software und stellt diese bereit.<br />
• Schließlich stellt der Systemgeber Kollektionen zusammen und entwirft<br />
Marketinginstrumente wie z.B. Kollektionsbücher, mit denen der Konfektionär<br />
den Raumausstattern gegenüber agieren kann.<br />
60. Ein Konfektionär ist regelmäßig nicht in der Lage, die Gesamtleistung eines<br />
Systemgebers durch das Zusammenstellen von Einzelleistungen zu ersetzen,<br />
sei es durch Eigenleistung oder über Dritte:<br />
bb) Systementwicklung durch Konfektionäre<br />
61. Die Entwicklungsleistung des jeweiligen Sonnenschutzproduktes setzt eigenes<br />
technisches Know-how voraus, das bei den Konfektionären im Regelfall nicht<br />
vorhanden ist. Die Komplexität der Entwicklungsleistung hängt dabei von der<br />
Komplexität des Produkts ab, wobei sich wiederum die bereits angeführte graduelle<br />
Abstufung von Plissees über Jalousien und Vertikallamellen zu Rollos<br />
ergibt. Diese graduelle Abstufung führt auch dazu, dass Konfektionäre bezogen<br />
auf technisch weniger anspruchsvolle und nicht für Sonderformen oder Dachfenster<br />
gut geeignete Produkte eigene Entwicklungen auf den Markt bringen<br />
können. Die selbstentwickelten Systeme finden in der Regel auch nur Eingang<br />
in die Eigenproduktion, um sich von den übrigen Konfektionären wettbewerblich<br />
abzusetzen. Soweit Konfektionäre in der Vergangenheit eigene Systeme entwickelten,<br />
gelang dies nur den größten auf dieser Marktstufe, die auf eigene<br />
Technologieabteilungen und Know-how aus dem Maschinenbau zurückgreifen<br />
konnten. Konfektionäre wiesen im Rahmen der Marktermittlungen jedoch auch<br />
darauf hin, dass sie sich aus unterschiedlichen Gründen derzeit nicht im Stande<br />
sähen, ein eigenes System für das technisch komplexeste Produkt Plissee<br />
zu entwickeln.<br />
cc)<br />
Kein Rückgriff auf reine Komponentenhersteller möglich<br />
62. Bezüglich der Beschaffung der Komponenten stellt die Möglichkeit des Direkteinkaufs<br />
von Komponenten für die Konfektionäre nach den Ermittlungen der<br />
Beschlussabteilung allenfalls bezüglich weniger Einzelteile eine Alternative dar.<br />
18
Sofern sie Einzelteile unabhängig vom System des Systemgebers zukaufen,<br />
beschränkt sich dies regelmäßig auf nichtfunktionale Teile.<br />
63. Grundsätzlich sind Komponenten nicht zwischen den Systemen unterschiedlicher<br />
Systemgeber kompatibel. Kein Konfektionär kann sich aus verschiedenen<br />
Quellen sämtliche Komponenten selbst beschaffen, da die Einzelteile jeweils<br />
funktional ineinandergreifen müssen. Dies bestätigte das Zielunternehmen im<br />
Laufe der Marktermittlung ausdrücklich. Nur in ihrem Systemzusammenhang<br />
ergeben die Teile ein Ganzes, das funktioniert und den Qualitätsanforderungen<br />
für seinen Gebrauch entspricht. Anderes gilt für funktionsferne Komponenten<br />
wie Schnüre und Griffe und einfache Vorrichtungen wie z.B. manuelle Stoffbohrer<br />
oder Stoffschneidevorrichtungen.<br />
64. Nach Auskunft von Konfektionären lohnt sich ein Fremdbezug in der Regel<br />
schon deshalb nicht, weil das Volumen der von ihnen nachgefragten Einzel-<br />
Komponenten aus wirtschaftlichen Aspekten heraus zu gering ist. Hier ist zu<br />
beachten, dass es für den Konfektionär nicht ausreicht, Bauteile für besonders<br />
häufig verkaufte Konfigurationen innerhalb einer Produktgruppe zu beschaffen.<br />
Vielmehr benötigt er auch sämtliche Komponenten für weniger oft nachgefragte<br />
Sonderformen. Auch ist angesichts der beschränkten Einkaufsvolumina und<br />
des Aufwands der Erschließung von Bezugsquellen die zu erzielende Ersparnis<br />
beim Direkteinkauf meist nicht ausreichend. Zudem kommt eine solche Beschaffung<br />
bei Dritten nur dann in Betracht, wenn die hohen Qualitätsanforderungen<br />
im Bereich der Maßprodukte gewahrt werden können. Gerade in diesem<br />
Punkt waren – wie die Marktermittlungen ergeben haben – die bisherigen<br />
Versuche der Erschließung alternativer Bezugsquellen von Seiten der größeren<br />
Konfektionäre nicht von Erfolg gekrönt, so dass insgesamt der Bezug von Einzelkomponenten<br />
aus Asien in der Branche nicht als gangbare Bezugsalternative<br />
gesehen wird.<br />
65. Die Anmelder lassen zwar selbst teilweise ihre Komponenten bei Zulieferern –<br />
auch aus dem asiatischen Raum – produzieren, allerdings nur unter der Voraussetzung,<br />
dass durch die Bündelung des Einkaufsvolumens Größenordnungen<br />
erreicht werden, die deren Bezug einschließlich der erforderlichen Qualitätskontrollen<br />
wirtschaftlich rechtfertigen.<br />
19
dd) Kein separater Markt für Maschinen und Werkzeuge für Systemangebote<br />
66. Auch bezüglich der zur Fertigung benötigten Maschinen und Werkzeuge stellen<br />
sich die vorgenannten Probleme. Auf das jeweilige System ausgerichtete Maschinen<br />
sind jedenfalls im Hinblick auf die technisch wesentlichen, komplexeren<br />
Arbeitsschritte nicht durch Maschinen und Werkzeuge sowie Vorrichtungen<br />
branchenfremder Hersteller zu ersetzen (z.B. Fädelautomaten, Kederstanzen<br />
bei der Plissee-Fertigung). Auch bei vielen anderen Arbeitsschritten machen<br />
die Spezifika der Komponenten den Einsatz von Werkzeugen des Systemgebers<br />
erforderlich (z.B. wegen der erforderlichen Halterungen). Im Übrigen liegt<br />
der Rückgriff auf Werkzeuge des Systemgebers auch aufgrund von Verbundvorteilen<br />
häufig nahe. Der Systemgeber versorgt den Konfektionär auch mit detaillierten<br />
Anweisungen hinsichtlich der Auslegung und des Zusammenbaus der<br />
Produkte, die je nach Größe variieren können (Fädelpläne, Stoffkalkulator).<br />
67. Konfektionäre erreichen nicht die kritische Größe, um selbst gemeinsam mit<br />
Unternehmen des allgemeinen Maschinenbaus Eigenentwicklungen vorantreiben<br />
zu können. Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ist angesichts<br />
der hohen Qualitätsanforderungen ein langandauerndes Wechselspiel von<br />
Tests und Veränderungen erforderlich, um Werkzeuge und Maschinen zur Einsatzreife<br />
zu bringen. Die jüngst erfolgte Entwicklung erster praxistauglicher<br />
Halbautomaten für die Plisseefertigung durch das Zielunternehmen ist einer<br />
längeren Entwicklungskooperation zwischen <strong>Benthin</strong> und dem mit Abstand<br />
größten und technisch versiertesten Konfektionär MHZ geschuldet. Für alle<br />
kleineren Konfektionäre scheidet die Entwicklung von Maschinen und Werkzeugen<br />
in Kooperation mit Unternehmen des allgemeinen Maschinenbaus dagegen<br />
schon aus Ressourcengründen aus. MHZ geht davon aus, dass die geforderten<br />
Losgrößen für ein branchenfremdes Maschinenbauunternehmen wirtschaftlich<br />
uninteressant wären.<br />
ee) Separate Systemmärkte für Gruppen von Sonnenschutzprodukten<br />
68. Aus Sicht des Konfektionärs als Nachfrager nach Systemgeberleistungen sind<br />
unterschiedliche Systeme für verschiedene Produktgruppen nicht austauschbar,<br />
weil sie jeweils nur die Fertigung von Sonnenschutzprodukten einer einzigen<br />
Produktgruppe erlauben.<br />
20
69. Systeme für unterschiedliche Produktgruppen sind auch nicht mit der Begründung<br />
im Sinne eines Vollsortiments zu einem relevanten Markt zusammenzufassen.<br />
Dass die führenden Systemgeber bereits Systeme für unterschiedliche<br />
Produktgruppen vertreiben und danach streben, sich als „Full-Line-Supplier“<br />
aufzustellen, d.h. für sämtliche Produktgruppen Systeme anzubieten, reicht dafür<br />
nicht aus. Konfektionäre als Abnehmer haben in der Vergangenheit bewusst<br />
nicht für sämtliche Produktgruppen Systeme von nur einem Systemgeber bezogen,<br />
um sich nicht in eine zu große Abhängigkeit von nur einem Systemgeber<br />
zu begeben.<br />
70. Es besteht auch keine Produktionsumstellungsflexibilität, die es als sachgerecht<br />
erscheinen ließe, Systeme für unterschiedliche Produktgruppen in einen<br />
einheitlichen sachlich relevanten Markt einzubeziehen. Denn ein Systemgeber<br />
kann gerade nicht kurzfristig und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand ein<br />
System für eine andere Produktgruppe erstellen. Dies gilt insbesondere für die<br />
technisch komplexeren Produkte Vertikallamelle, Plissee und Jalousie.<br />
71. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass Systeme für unterschiedliche Produktgruppen<br />
von Sonnenschutzsystemen separate Produktmärkte bilden.<br />
b) Behang<br />
72. Die Belieferung mit textilem und nichttextilem Behang ist regelmäßig kein notwendiges<br />
Element der dargestellten Gesamtleistung des Systemgebers. Alle<br />
maßgeblichen Konfektionäre haben – soweit sie nicht für einzelne Systeme wie<br />
HD z.B. Luxaflex Lizenzvereinbarungen eingegangen sind – mitgeteilt, dass sie<br />
ihre Textilkollektionen jedenfalls in weiten Teilen von Dritten, d.h. nicht vom jeweiligen<br />
Systemgeber, erwerben. Sie sehen darin für sich ein wesentliches Differenzierungsmerkmal,<br />
um sich mit ihren Kollektionen von ihren Wettbewerbern<br />
abzusetzen. Lediglich kleinere Konfektionäre erwerben oft mit den Systemen<br />
die Textilkollektionen sowie die entsprechenden Marketinginstrumente vom jeweiligen<br />
Systemgeber.<br />
73. Es lassen sich textiler Behang und Lamellen aus verschiedensten nicht-textilen<br />
Materialien unterscheiden. Technische Textilien können durch Beschichtungen,<br />
Bedampfung, Kaschierung oder Beflockung ausgerüstet werden, um unterschiedlichen<br />
Anforderungen zu genügen (Verdunklung, Thermoisolation,<br />
Durchsicht, Brandschutz, Lichtechtheit, textiler Griff, Beständigkeit gegen Kon-<br />
21
denswasser oder Reinigungsmittel, Feuchtraumeignung, Unempfindlichkeit gegen<br />
mechanische Einflüsse, etc.). Ob die Unterscheidungskriterien die Annahme<br />
separater Produktmärkte rechtfertigen, kann offen bleiben, da sich im Bereich<br />
Behang keine wettbewerblichen Bedenken ergeben bzw. unabhängig von<br />
der exakten Produktmarktdefinition ausräumen lassen. Es ist auch mit Sicherheit<br />
davon auszugehen, dass im Bereich Behang die Bagatellmarktschwelle<br />
überschritten wird. Diese Einschätzung beruht auf dem Umstand, dass die befragten<br />
Konfektionäre ihre Kosten für den Behang deutlich höher einstuften als<br />
die Kosten für Komponenten, und die abgefragten Volumina für Komponenteneinkäufe<br />
der Konfektionäre nach Produktgruppen der Bagatellmarktschwelle<br />
bereits sehr nahe kommen (vgl. unten „Marktvolumen und Marktanteile“ im Abschnitt<br />
„Systemmärkte“).<br />
c) Konfektionierung<br />
74. Wie oben erläutert, erfolgt die Herstellung von Maßware individuell durch Konfektionäre.<br />
Dem Konfektionär stehen als Abnehmer Raumausstatter, Fachhändler<br />
und Fachabteilungen gegenüber.<br />
75. Regelmäßig fertigt ein Konfektionär Sonnenschutzprodukte unterschiedlicher<br />
Produktgruppen, teilweise beschränkt sich ein Konfektionär auf einzelne Produktgruppen<br />
und vornehmlich kleine Konfektionäre fertigen oft sogar nur eine<br />
Produktgruppe. Ob zwischen separaten Märkten für die Konfektionierung unterschiedlicher<br />
Sonnenschutzproduktgruppen (Maßware) zu unterscheiden ist,<br />
kann offen bleiben, da unabhängig von der Marktdefinition keine wettbewerblichen<br />
Bedenken bestehen. Die Bagatellmarktschwelle wird auch bei Betrachtung<br />
separater Produktmärkte für die Konfektionierung unterschiedlicher Sonnenschutzproduktgruppen<br />
jeweils deutlich überschritten.<br />
1.3 Vortrag der Zusammenschlussbeteiligten zur sachlichen Marktabgrenzung<br />
76. Die Anmelder vertreten den Standpunkt, der sachlich relevante Markt umfasse<br />
Produkte für den innen und außen liegenden Sonnenschutz, einschließlich der<br />
Endprodukte und der zugehörigen Komponenten. Die Anmelder tragen vor, innen<br />
und außenliegender Sonnenschutz sei aus Sicht des Nachfragers austauschbar,<br />
und es sei vor dem Hintergrund funktionaler Austauschbarkeit auch<br />
nicht zwischen traditionellem und alternativem innenliegenden Sonnenschutz<br />
22
zu unterscheiden. Eine Differenzierung zwischen Maß- und Standardprodukten<br />
sei nicht gerechtfertigt, denn beide seien funktional austauschbar, und es existiere<br />
eine Tendenz hin zu einer „Verschränkung“ der früher typischen Vertriebskanäle.<br />
77. Weiter tragen die Anmelder vor, dem Konfektionär als Nachfrager stehe nicht<br />
nur der Systemgeber als Anbieter gegenüber. Vielmehr sei der Systemgeber<br />
dem Wettbewerb durch reine Komponentenhersteller, durch die Möglichkeit der<br />
Lohnfertigung im Ausland und durch Standardware ausgesetzt:<br />
• Komponenten könne der Konfektionär von einem Komponentenhersteller<br />
oder einem Großhändler beziehen oder selbst fertigen. Die Marktuntersuchung<br />
hat gezeigt, dass dieser Weg derzeit nicht beschritten wird und sich<br />
dies im Prognosezeitraum auch nicht ändern wird.<br />
• Der Konfektionär könne von der eigenen Fertigung absehen und im Wege<br />
der Lohnfertigung komplette maßgefertigte Sonnenschutzsysteme aus dem<br />
Ausland (z.B. in Tschechien, Polen, Rumänien, Israel, Indien, China) beziehen<br />
(make or buy). Insofern bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zwischen<br />
Komponenten und dem Endprodukt. Dem ist entgegenzuhalten, dass die<br />
Auslagerung der Produktion für einen Konfektionär bereits deshalb keine<br />
ernsthafte Alternative darstellt, weil dies der völligen Aufgabe seiner Tätigkeit<br />
gleichkäme. Er würde vom Hersteller zum Händler.<br />
• Schließlich könne der Konfektionär auf Standardware ausweichen, indem er<br />
sie entweder zuschneidet „semi-made-to-measure“ oder in Schritten von<br />
wenigen Zentimetern vorhält. Auch diese Szenarien lassen sich gegenwärtig<br />
auf dem deutschen Markt nicht beobachten und kämen darüber hinaus<br />
einer Aufgabe der bisherigen Tätigkeit eines Konfektionärs gleich.<br />
78. Die Marktermittlungen haben gezeigt, dass die von den Anmeldern vorgenommene<br />
Marktabgrenzung nicht den Angebots- und Nachfragegegebenheiten<br />
entspricht.<br />
23
2. RÄUMLICHE MARKTABGRENZUNG<br />
2.1 Systemmärkte<br />
79. Soweit Systemmärkte betroffen sind, kann die räumliche Marktabgrenzung offen<br />
bleiben, denn aus Sicht der in Deutschland tätigen Konfektionäre ändert<br />
sich das Angebot an Systemen nicht durch eine geographische Ausdehnung<br />
des räumlich relevanten Marktes. Selbst bei Unterstellung eines europäischen<br />
oder sogar weltweiten Marktes ergeben sich für die Konfektionäre keine zusätzlichen<br />
Ausweichmöglichkeiten auf andere Systemgeber.<br />
2.2 Behang<br />
80. Die Ermittlungen der Beschlussabteilung haben gezeigt, dass Konfektionäre<br />
den zur Fertigung des Endprodukts benötigten textilen und nicht textilen Behang<br />
in einem Maße über die Grenzen Deutschlands hinweg nachfragen, die<br />
die Annahme eines zumindest EWR-weiten Marktes gebieten. Ob der räumlich<br />
relevante Markt noch weiter zu fassen ist, kann offen bleiben.<br />
2.3 Konfektionierung<br />
81. Der räumlich relevante Markt für die Konfektionierung von Maßprodukten ist<br />
national abzugrenzen. Die Anbieterstruktur unterscheidet sich zwischen europäischen<br />
Staaten merklich. Dies belegen sowohl die Ermittlungsergebnisse als<br />
auch die der Beschlussabteilung vorliegenden Strategiepapiere der Erwerberin.<br />
Die Nachfrager (Raumausstatter etc.) greifen jeweils auf national ansässige<br />
Konfektionäre zurück, weil für sie Lieferzeiten und Service von großer Bedeutung<br />
sind. Entsprechend bezeichneten befragte Konfektionäre die Nähe zum<br />
Kunden durch Fachberater als entscheidenden Erfolgsfaktor, weil sie sich hinsichtlich<br />
der Produktfertigung nur begrenzt von Wettbewerbern abheben könnten.<br />
In Deutschland tätige Konfektionäre beschränken sich regelmäßig auf das<br />
Inland und haben auch nicht die Möglichkeit, ihren Aktionsradius auszudehnen.<br />
Etwas anderes gilt – und dies auch nur beschränkt – für Konfektionäre, die<br />
über einen eigenen Vertrieb in anderen Ländern (hier insbesondere im<br />
deutschsprachigen Raum und Frankreich) verfügen. Schließlich unterscheiden<br />
sich nicht nur die national geprägten Qualitätsanforderungen an das Endpro-<br />
24
dukt, sondern auch die unterschiedlichen Präferenzen hinsichtlich der Produktgruppen<br />
zwischen den europäischen Staaten.<br />
3. WETTBEWERBLICHE WÜRDIGUNG<br />
3.1 Systemmärkte<br />
82. Auf den deutschen Systemmärkten für Produkte des innenliegenden alternativen<br />
Sonnenschutzes ist die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung zu<br />
erwarten. Eine Betrachtung (hypothetischer) europäischer oder sogar weltweiter<br />
Märkte ändert daran nichts, da aus Sicht der nachfragenden Konfektionäre<br />
keine weiteren Anbieter hinzukommen. Bei diesen Märkten handelt es sich jedoch<br />
um Bagatellmärkte im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB, die nicht<br />
der fusionskontrollrechtlichen Prüfung unterliegen.<br />
a) Marktvolumen und Marktanteile<br />
83. Das Marktvolumen und die Marktanteile auf den Systemmärkten sind auf Basis<br />
einer Befragung sämtlicher im VIS organisierter Konfektionäre ermittelt worden.<br />
Anhand abgefragter Volumina der Komponenteneinkäufe der Konfektionäre<br />
wurde ein Gesamteinkaufsvolumen für Systeme ermittelt. Dieses Gesamtmarktvolumen<br />
ist tendenziell noch zu groß, denn das Gesamtvolumen der an<br />
Konfektionäre verkauften Komponenten enthält auch Einkäufe von Komponenten,<br />
die nicht von Systemgebern stammen, weil sie entweder Verwendung in<br />
von Konfektionären selbst entwickelten Mechaniken finden oder in Mechaniken<br />
eingesetzt werden, die von externen Systemgebern stammen, aber von Dritten<br />
erworben werden. Wie die Marktermittlung gezeigt hat, treten beide Konstellationen<br />
aber nur in geringem Umfang auf.<br />
84. Der Anteil am Marktvolumen, der nicht durch die Befragung ermittelt werden<br />
konnte, weil er auf kleinere nicht im VIS vertretene Konfektionäre entfällt, wird<br />
vom Zielunternehmen auf 25-30%, von befragten VIS Mitgliedern auf 5-30%<br />
und in einem Fall auf 40% geschätzt.<br />
85. Die Ergebnisse hinsichtlich der ermittelten Marktvolumina wurden verifiziert,<br />
indem die Meldungen der befragten Konfektionäre mit den Systemverkäufen<br />
der Beteiligten abgeglichen wurden.<br />
25
86. Auf der Grundlage der Befragung von Konfektionären ergeben sich für die Systemmärkte<br />
folgende Marktvolumina und Marktanteile:<br />
Produktgruppe Marktvolumen Marktanteil<br />
Gesamt 32.040.339<br />
- Vertikallamellen 5.694.453<br />
- Plissee 11.878.252<br />
- Horizontaljalousie 6.847.026<br />
- Rollo 6.792.437<br />
- Raffrollo 828.170<br />
darunter HD/Blöcker:<br />
Gesamt: [ ... ] [40-50]%<br />
- Vertikallamellen [ ... ] [0-10]%<br />
- Plissee [ ... ] [70-80]%<br />
- Horizontaljalousie [ ... ] [40-50]%<br />
- Rollo [ ... ] [20-30]%<br />
darunter <strong>Benthin</strong>:<br />
Gesamt: [ ... ] [30-40]%<br />
- Vertikallamellen [ ... ] [90-100]%<br />
- Plissee [ ... ] [10-20]%<br />
- Horizontaljalousie [ ... ] [0-10]%<br />
- Rollo<br />
[ ... ]<br />
[10-20]%<br />
HD/Blöcker plus <strong>Benthin</strong><br />
Gesamt: [ ... ] [65-80]%<br />
- Vertikallamellen [ ... ] [85-100]%<br />
- Plissee [ ... ] [85-100]%<br />
- Horizontaljalousie [ ... ] [45-60]%<br />
- Rollo [ ... ] [40-55]%<br />
87. Auch wenn für die nicht durch das <strong>Bundeskartellamt</strong> befragten Konfektionäre<br />
jeweils 25-30% hinzugerechnet werden, liegen die Marktvolumina mit Ausnahme<br />
von Plissee deutlich unter der Bagatellmarktschwelle. Für Plissee ist bei<br />
Zugrundelegung eines zu addierenden Marktvolumens von 25% bzw. 30% für<br />
2009 von folgenden Marktvolumina auszugehen:<br />
Plissee:<br />
Ermitteltes Marktvolumen + 25 % Ermitteltes Marktvolumen + 30 %<br />
nicht erfasster Konfektionäre: nicht erfasster Konfektionäre:<br />
14.371.596 14.946.460<br />
88. Die Marktvolumina zeigen, dass alle Systemmärkte – wenn auch für Plissee<br />
nur geringfügig – die Umsatzschwelle für die Annahme von Bagatellmärkten<br />
gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB unterschreiten. Nach der Bagatellmarkt-<br />
26
klausel finden die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle keine Anwendung,<br />
soweit ein Markt betroffen ist, auf dem seit mindestens fünf Jahren<br />
Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf dem im letzten<br />
Kalenderjahr weniger als 15 Mio. € umgesetzt wurden.<br />
89. Die ermittelten Marktanteile zeigen aber auch, dass sich mit HD/Blöcker und<br />
<strong>Benthin</strong> die beiden stärksten Anbieter auf den einzelnen Systemmärkten für innenliegenden<br />
Sonnenschutz in Deutschland zusammenschließen. Es entsteht<br />
eine Einheit mit einem überragenden gemeinsamen Marktanteil von 85-100%<br />
bei Plissee und Vertikallamellen und damit eine monopolähnliche Stellung der<br />
Zusammenschlussbeteiligten auf diesen Systemmärkten.<br />
90. Es gibt – mit Einschränkungen bei Jalousien und Rollo – keine wesentlichen<br />
Wettbewerber. Den von den Beteiligten übermittelten Strategiepapieren ist zu<br />
entnehmen, dass sich traditionell HD/Blöcker und <strong>Benthin</strong> als entscheidende<br />
Gegenspieler auf dem Systemmarkt gegenüberstehen. In HD Strategiepapieren<br />
der HD Tochtergesellschaft Blöcker heißt es: [...]. 13<br />
91. Die Marktermittlung hat auch gezeigt, dass weitere von den Beteiligten genannte<br />
vermeintliche Wettbewerber, insbesondere das in den Niederlanden ansässige<br />
Unternehmen Coulisse (http://de.coulisse.nl/), derzeit und im Prognosezeitraum<br />
vor allem in den Bereichen Systeme für Vertikallamelle und Plissee<br />
keine erhebliche Rolle spielen werden.<br />
92. Potentielle Wettbewerber konnten nicht ermittelt werden.<br />
Der Aufwand, den die Entwicklung eines neuen Systems erfordert, ist sowohl in<br />
finanzieller als auch zeitlicher Hinsicht im Verhältnis zu den damit gegen die<br />
Zusammenschlussbeteiligten zu generierenden Umsätzen zu hoch. Entwicklungskosten<br />
für ein neues System betragen – wie die Marktermittlungen gezeigt<br />
haben – über 1 Mio. €. Auch asiatische Anbieter sind nicht als potentielle Wettbewerber<br />
zu werten, denn die befragten Konfektionäre sehen asiatische Anbieter<br />
auf Dauer nicht dazu in der Lage, Systeme in der für den deutschen Markt<br />
für maßgefertigte Ware erforderlichen Qualität zu liefern. Außerdem befürchten<br />
Konfektionäre, dass kurze Vorlauf- und Fertigungszeiten sowie Vorhaltezeiten<br />
von Material bei weiten Transportwegen zu logistischen Problemen führen.<br />
13 Hunter Douglas Europe B.V., Blindmakers Budget 2010, Blindmaker: Blöcker ZNL, Management<br />
Comments Budget 2010, B2010 vl, S. 3 (Schreiben der Anmelder vom 17. März 2010, Ordner 5).<br />
27
) Keine Bündelung sachlich benachbarter Bagatellmärkte<br />
93. Sinn und Zweck der Bagatellmarktklausel ist es, Vorhaben von der Fusionskontrolle<br />
auszunehmen, die einen gesamtwirtschaftlich unbedeutenden Markt betreffen.<br />
Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung eines Zusammenschlusses kann<br />
sich jedoch auch daraus ergeben, dass sich der Zusammenschluss auf mehrere<br />
sachlich getrennte Einzelmärkte auswirkt. Deshalb wird eine isolierte Betrachtung<br />
der Einzelmärkte dem Sinn und Zweck der Bagatellmarktklausel nicht<br />
immer gerecht. Vielmehr ist die Bagatellmarktklausel so auszulegen, dass unter<br />
bestimmten Umständen die in mehreren sachlich getrennten Einzelmärkten erzielten<br />
Umsätze für die Prüfung der Bagatellmarktschwelle zusammenzufassen<br />
sind. Eine solche Zusammenfassung der Märkte ist jedenfalls dann erforderlich,<br />
wenn es sich um gleichartige Einzelmärkte handelt, die in sachlicher Hinsicht<br />
und in ihrer Marktstruktur im Wesentlichen übereinstimmen. 14<br />
94. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor: die Systemmärkte für unterschiedliche<br />
Produktgruppen des innenliegenden Sonnenschutzes sind nicht gleichartig.<br />
95. Mit Blick auf Systemmärkte für die Produktgruppen Plissee und Horizontallamelle<br />
lässt die technische Verwandtschaft der Produkte eine Gleichartigkeit der<br />
Systemmärkte zunächst vermuten. Es bestehen jedoch deutliche Unterschiede<br />
in der jeweiligen Marktstruktur: Auf dem Systemmarkt für Plissee erreichen die<br />
Zusammenschlussbeteiligten einen gemeinsamen Marktanteil von [...%], auf<br />
dem Markt für Horizontaljalousien hingegen lediglich [...%]. Dieser Unterschied<br />
allein schließt eine Gleichartigkeit der Marktstruktur jedoch noch nicht aus. Die<br />
unterschiedlichen Marktanteile sind insbesondere dem Umstand geschuldet,<br />
dass mit MHZ der umsatzstärkste Konfektionär ein eigenes System für Horizontallamellen<br />
entwickelt hat und (ausschließlich für die Eigenfertigung) verwendet.<br />
Dieser Weg steht jedoch den kleineren Konfektionären nicht offen. Für<br />
vergleichbare Marktverhältnisse könnte sprechen, dass sich das relative Verhältnis<br />
der Marktanteile der Zusammenschlussbeteiligten auf den Systemmärkten<br />
für Plissee und Horizontaljalousie ähnelt (Plissee: HD/Blöcker [..]%, <strong>Benthin</strong><br />
[...%], d.h. 100:24; Horizontaljalousie HD/Blöcker [...%], F/B [...%], d.h. 100:20).<br />
Das Zielunternehmen hat jedoch im Laufe des Verfahrens Informationen bei-<br />
14 BGH, Beschluss vom 25.9.2007, KVR 19/07 - Sulzer/Kelmix Rz. 21ff.<br />
28
gebracht, die der Annahme gleicher Marktverhältnisse auf den Systemmärkten<br />
für Plissee und Horizontaljalousie entgegenstehen.<br />
96. Auch andere Systemmärkte sind nicht zusammenzufassen. So unterscheiden<br />
sich die Systemmärkte für Plissee und Rollo hinsichtlich der Marktstruktur erheblich,<br />
nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Historie der Produkte (das<br />
Rollo als eines der ältesten und das Plissee als eines der jüngsten Produkte 15 )<br />
und der technischen Anforderungen an deren Herstellung.<br />
97. Auch zwischen Vertikallamelle und Plissee bestehen erhebliche konstruktive<br />
Unterschiede. Ferner unterscheiden sich gerade Systeme für Vertikallamelle<br />
von solchen für Plissees dadurch, dass Halb- und Vollautomaten für die Produktion<br />
(Fertigung der Lamelle, im Fall des Vollautomaten einschließlich Einsetzen<br />
des unten in der Lamelle eingebrachten Gewichts) problemlos von verschiedenen<br />
Anbietern erhältlich sind.<br />
98. Damit sind die in den einzelnen Systemmärkten für Sonnenschutzprodukte erzielten<br />
Umsätze für die Prüfung der Bagatellmarktschwelle nicht zusammenzufassen.<br />
Da die Umsätze jeweils unter der Bagatellmarktschwelle bleiben, unterliegen<br />
die Systemmärkte keiner materiellen fusionskontrollrechtlichen Prüfung.<br />
3.2 Behang<br />
a) Horizontale Effekte<br />
99. HD handelt mit Behang für Sonnenschutzprodukte unterschiedlicher Produktgruppen<br />
und verfügt auch über eigene Fertigungsanlagen. Auch F/B handelt -<br />
in weit geringerem Umfang - mit Behang, hat jedoch mitgeteilt, diesen Geschäftsbereich<br />
einstellen zu wollen.<br />
100. Es wurde davon abgesehen, Marktanteile der Beteiligen zu erfassen, denn die<br />
Ermittlungen haben gezeigt, dass Konfektionären zahlreiche weitere Anbieter<br />
zur Verfügung stehen und zumindest die größeren Konfektionäre den Behang<br />
in erheblichem Umfang von Drittanbietern erwerben, um sich von ihren Wettbewerbern<br />
zu differenzieren. Wesentliche Anbieter technischer Textilien sind<br />
u.a. Bamberger Kaliko (www.bamberger-kaliko.de), van Clewe (www.vanclewe.de),<br />
Junker & Müller (www.jm-techtex.com), Verotex (www.verotex.de)<br />
oder Almehdals (www.almedahls.se).<br />
15 http://www.vis-online.org/images/stories/verbandspublikationen/sicht-_und_sonnenschutz.pdf<br />
29
101. Neue Entwicklungen oder Gestaltungen textiler Behänge können einem Anbieter<br />
einen Vorsprung gegenüber seinen Wettbewerbern verleihen. So entwickelte<br />
HD ein Wabenplissee, bei dem die hintere Wand der Waben verkürzt ist, um<br />
der Wabenstruktur dauerhaft Stabilität zu verleihen. Soweit solche Stärken bestehen,<br />
sind Überschneidungen zwischen den Tätigkeiten der Beteiligten jedoch<br />
nicht ersichtlich.<br />
b) Koppelung von Behang und Systemgeberleistung<br />
102. Im Zuge der Ermittlungen wurde von Marktteilnehmern die Befürchtung geäußert,<br />
das Zusammengehen der Zusammenschlussbeteiligten und die damit<br />
gewonnene Marktmacht könne dazu genutzt werden, dass die Beteiligten<br />
zwangsweise den Bezug ihrer Systemgeberleistungen an den gleichzeitigen<br />
Bezug von textilem Behang aus ihren Kollektionen koppeln. Umgekehrt könnten<br />
die Beteiligten begehrte Stoffe nur an solche Konfektionäre verkaufen, die<br />
auch Systeme der Beteiligten verwenden.<br />
103. Für die Zwecke der Zusammenschlusskontrolle ist ohne Bedeutung, ob die beschriebenen<br />
Verhaltensweisen gegen Art. 102 EG oder § 19, § 20 GWB verstoßen.<br />
Denn Aufgabe der Zusammenschlusskontrolle ist es, bereits der Entstehung<br />
von marktbeherrschenden Stellungen durch externes Wachstum vorzubeugen.<br />
Ob das nachgelagerte Verhalten Missbrauch von Marktbeherrschung<br />
ist, braucht daher im Rahmen von Fusionskontrollverfahren nicht beurteilt<br />
zu werden.<br />
104. Tatsächlich verfolgte HD ursprünglich ein Geschäftsmodell des „industriellen<br />
Franchisings“. Dieses Modell sah vor, dass sich der Konfektionär verpflichtete,<br />
100% des Materials und der Maschine von HD zu beziehen. Die entsprechenden<br />
Koppelungsverträge wurden auch als Lizenzverträge bezeichnet. Seit 1998<br />
praktiziert HD diese Art der Koppelung nicht mehr. Gleichwohl versucht HD<br />
weiterhin, an Systemnehmer auch textilen Behang zu veräußern. Dieses Ziel<br />
wird bei kleineren Konfektionären, die von HD nicht nur das System, sondern<br />
darüber hinaus auch Kollektionen abnehmen, regelmäßig leichter erreicht als<br />
bei den maßgeblichen Konfektionären. Nutzt ein Konfektionär die Kollektion eines<br />
Systemgebers, nimmt er automatisch auch den in der Kollektion vorgesehenen,<br />
vom Systemgeber angebotenen Behang ab. Die größeren Konfektionä-<br />
30
e hingegen erstellen eigene Kollektionen, um sich im Binnenwettbewerb untereinander<br />
zu differenzieren, und erwerben den Behang in erheblichem Umfang<br />
von Drittanbietern.<br />
105. Die bisherige Marktstruktur erlaubte es Konfektionären, in Verhandlungen mit<br />
dem jeweiligen Systemgeber glaubhaft auf die Option eines Systemgeberwechsels<br />
hinzuweisen. Eine Umstellung ist zwar mit großem Aufwand verbunden,<br />
vermittelt aber dennoch ein erhebliches Drohpotential, weil der nachfolgende<br />
Systemgeber bislang den wechselwilligen Konfektionär in hohem Maße<br />
unterstützte. Trotz des damit verbundenen Aufwands wurden solche Systemgeberwechsel<br />
in der Vergangenheit auch tatsächlich durchgeführt. So wechselte<br />
der Konfektionär Büscher im Jahr 1997 auf das Plisseesystem Cosiflor von<br />
Blöcker. MHZ stellte seine Plisseefertigung 1993 von HD auf Blöcker und im<br />
Jahr 2007 dann auf <strong>Benthin</strong> um.<br />
106. Der Zusammenschluss wird den Konfektionären das Drohpotential der Wechseloption<br />
entziehen. Dies könnte zur Folge haben, dass die Beteiligten künftig<br />
entsprechende Koppelungsbestrebungen unter den Bedingungen eines hochgradig<br />
beherrschten Marktes wieder aufnehmen und durchsetzen.<br />
107. Die Ermittlungen haben über die geäußerten Befürchtungen hinaus gleichwohl<br />
keine Hinweise darauf erbracht, dass die Beteiligten nach Vollzug des Zusammenschlusses<br />
tatsächlich in einem Umfang Systeme und Behang koppeln<br />
könnten, der innerhalb des Prognosezeitraums die Entstehung einer beherrschenden<br />
Stellung der Beteiligten auf den Märkten für Behang erwarten ließe.<br />
Da der Behang für den Konfektionär das entscheidende Element für die Differenzierung<br />
im Wettbewerb untereinander darstellt, müssten die Zusammenschlussbeteiligten<br />
mit erheblichem Widerstand seitens der Konfektionäre rechnen.<br />
Dies wurde auch durch ein dazu befragtes VIS-Mitglied gegenüber der<br />
Beschlussabteilung geäußert. Das <strong>Bundeskartellamt</strong> wird diesen Bereich jedoch<br />
weiterhin kritisch beobachten und gegebenenfalls unzulässige Koppelungspraktiken<br />
im Rahmen der Missbrauchskontrolle verfolgen.<br />
108. Denkbar ist auch, dass die Zusammenschlussbeteiligten die gewonnene<br />
Marktmacht nutzen könnten, um den Direktbezug von Einzelkomponenten zu<br />
verhindern. Anhand der nichtaustauschbaren Komponenten hat der Systemgeber<br />
Transparenz über den gesamten Warenausstoß des Konfektionärs, so<br />
31
dass ein Drittbezug von Einzelkomponenten dem Systemgeber nicht verborgen<br />
bleibt. Das Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung auf den entsprechenden<br />
Komponentenmärkten ist gleichwohl nicht zu befürchten, weil die Anbieter<br />
für solche kompatiblen und deshalb regelmäßig einfachen Komponenten<br />
(Schnüre, Federn) ihre Produkte in einem größeren geographischen Raum anbieten<br />
und einen erheblichen Anteil ihres Absatzes im Bereich standardisierter<br />
Waren finden dürften.<br />
3.3 Konfektionierung<br />
a) Horizontale Effekte<br />
109. Sowohl HD als auch Faber konfektionieren Produkte des alternativen innenliegenden<br />
Sonnenschutzes, jedoch verfügen beide in Deutschland nicht über entsprechende<br />
Produktionsstätten. HD bietet in Deutschland in begrenztem Maße<br />
im Ausland konfektionierte Produkte an. Bei Annahme eines einheitlichen nationalen<br />
Produktmarktes für die Konfektionierung von innenliegenden Sonnenschutzprodukten<br />
beläuft sich das Marktvolumen nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung<br />
insgesamt auf rund 190-200 Mio. Euro. Der Marktanteil von<br />
HD ist sowohl bezogen auf den Gesamtmarkt der Konfektionierung als auch<br />
unter Berücksichtigung enger Märkte für die jeweiligen Produktgruppen weit<br />
von einer marktbeherrschenden Stellung entfernt. Zu Marktanteilsadditionen<br />
kommt es jedenfalls bezogen auf den inländischen Markt nicht, so dass der Zusammenschluss<br />
hier keine wettbewerblichen Bedenken aufwirft.<br />
110. Auf dem Markt zur Konfektionierung maßgefertigten innenliegenden Sonnenschutzes<br />
stehen den Beteiligten mit den FIS-Mitgliedern wesentliche Wettbewerber<br />
gegenüber. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl kleinerer Konfektionäre<br />
(z.T. als Garagisten bezeichnet), die jeweils für sich genommen über marginale<br />
Marktanteile verfügen und – wenn auch z.T. in engen regionalen Tätigkeitsbereichen<br />
– den wesentlichen Konfektionären Wettbewerb liefern.<br />
b) Vertikale Effekte - Abschottung von Einsatzfaktoren<br />
111. Es kommt im Zusammenhang mit der Konfektionierung auch nicht zu wettbewerblich<br />
erheblichen vertikalen Effekten, insbesondere besteht nicht die Gefahr<br />
der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt (den Märk-<br />
32
ten) für die Konfektionierung von Sonnenschutzprodukten durch Abschottung<br />
von Einsatzfaktoren.<br />
112. Ein vertikal integriertes Unternehmen (d.h. ein Unternehmen, das zugleich Systemgeber<br />
und Konfektionär ist) kann, wenn es über ein wesentliches Vorprodukt<br />
(hier das System) verfügt, auf dem nachgelagerten Markt tätigen Wettbewerbern<br />
(den Konfektionären) den Zugang zum Vorprodukt erschweren, um die<br />
Marktposition der Wettbewerber auf dem nachgelagerten Markt (Konfektionierung)<br />
zu verschlechtern.<br />
113. Theoretisch ist es denkbar, dass die Zusammenschlussbeteiligten Konfektionäre<br />
jedenfalls mit Blick auf einige Produktgruppen von Vorprodukten (Systemen<br />
oder Systemkomponenten) abschotten, weil den Konfektionären kein<br />
weiterer wesentlicher Anbieter zur Verfügung steht.<br />
114. Im Ergebnis der Marktermittlungen erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass<br />
die Zusammenschlussbeteiligten eine Marktabschottungsstrategie verfolgen<br />
werden. Eine solche Strategie würde bezogen auf den Prognosezeitraum zu<br />
erheblichen Absatzeinbußen mit Dritten auf dem Systemmarkt führen, die im<br />
Bereich der Konfektionierung zumindest ausgeglichen werden müssten. Traditionell<br />
liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit von HD nicht in der Konfektionierung,<br />
sondern in den Systemmärkten und dem Angebot von Behang. Diese Schwerpunktsetzung<br />
lässt sich auch an der Umsatzverteilung ablesen. Eine Neuorientierung<br />
würde es erforderlich machen, dass die Zusammenschlussbeteiligten in<br />
kürzester Zeit umfangreiche Kapazitäten für die Konfektionierung schaffen<br />
müssten, was durch internes Wachstum nicht geleistet werden könnte. Hinzu<br />
kommt, dass das Geschäftsmodell der Konfektionäre lokale Vertriebsstrukturen<br />
vorsieht, um den Anforderungen kleinteiliger Märkte zu entsprechen. Weder<br />
HD/Blöcker noch F/B verfügen derzeit in Deutschland über entsprechende Vertriebsstrukturen.<br />
Es ist auch nicht zu erwarten, dass sie diese innerhalb des<br />
Prognosezeitraums aufbauen und damit langjährig gewachsene Marktstrukturen<br />
im Bereich der Konfektionierung aushebeln könnten.<br />
115. Im Ergebnis der Ermittlung und nach Abwägung aller maßgeblichen Kriterien ist<br />
davon auszugehen, dass die Zusammenschlussbeteiligten nach Vollzug der<br />
Fusion keinen Anreiz für eine Abschottungsstrategie haben werden. Sollte die<br />
Beteiligten dennoch solche Strategien verfolgen, kann das <strong>Bundeskartellamt</strong> –<br />
33
ohne dass dies für die Fusionskontrollentscheidung tragend wäre (Rn. 103) –<br />
gegen diese im Rahmen der Missbrauchskontrolle vorgehen.<br />
III.<br />
GESAMTWÜRDIGUNG<br />
116. Der Zusammenschluss führt nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer<br />
marktbeherrschenden Stellung auf Märkten, die nicht Bagatellmärkte gemäß §<br />
35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB sind.<br />
117. Das Zusammenschlussvorhaben wird daher freigegeben.<br />
C. GEBÜHREN<br />
118. Die Freigabe eines Zusammenschlussvorhabens nach § 40 Abs. 2 GWB ist als<br />
Amtshandlung der Kartellbehörde gemäß § 80 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 GWB gebührenpflichtig.<br />
Die Kartellbehörde kann hierfür Gebühren bis zu 50.000,- €, bei<br />
besonders großer wirtschaftlicher Bedeutung und außergewöhnlich hohem<br />
Verwaltungsaufwand bis 100.000,- € erheben (§ 80 Abs. 2 Satz 3 GWB). Auf<br />
die Gebühr für die Freigabe sind die Gebühren für die Anmeldung eines Zusammenschlusses<br />
nach § 39 Abs. 1 anzurechnen.<br />
119. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen<br />
Aufwand der Kartellbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung,<br />
die der Gegenstand der gebührenpflichtigen Handlung hat (§ 80 Abs.2<br />
Satz 1 GWB). Für die Bemessung ist maßgeblich auf die wirtschaftliche Bedeutung<br />
des beabsichtigten Zusammenschlusses abzustellen. Sie ergibt sich<br />
grundsätzlich aus der Höhe der Umsätze der beteiligten Unternehmen auf den<br />
vom Zusammenschluss betroffenen Märkten, dem Interesse der Beteiligten am<br />
Zusammenschluss einschließlich der Auswirkungen des Zusammenschlusses<br />
auf die Marktverhältnisse, aus den zu erwartenden betriebswirtschaftlichen Vorteilen<br />
der künftigen Zusammenarbeit auf dem Markt sowie dem wirtschaftlichen<br />
Interesse der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen an der kartellbehördlichen<br />
Entscheidung. Entspricht die nach diesen Bestimmungsmerkmalen<br />
festgestellte wirtschaftliche Bedeutung dem Durchschnitt, ist grundsätzlich eine<br />
mittlere Gebühr angemessen. Diese beträgt nach dem derzeit geltenden Gebührenrahmen<br />
25.000,- €. Von diesem Mittelwert sind abhängig von der jewei-<br />
34
ligen wirtschaftlichen Bedeutung und dem Arbeitsaufwand Zu- oder Abschläge<br />
vorzunehmen, deren Höhe im Ermessen der Kartellbehörde liegt. 16<br />
120. Dem freigegebenen Zusammenschluss kommt in Abwägung der geringen Volumina<br />
der betroffenen Märkte und der hohen Marktanteile der Beteiligten eine<br />
durchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung zu. Der sachliche und personelle<br />
Aufwand zur Erlangung der für eine sachgerechte fusionsrechtliche Prüfung erforderlichen<br />
Informationen über das Zusammenschlussvorhaben und für die fusionskontrollrechtliche<br />
Prüfung war hingegen außerordentlich hoch. Auf die<br />
Gebühr für die Freigabe des Zusammenschlusses war die Gebühr für die Anmeldung<br />
des Zusammenschlusses anzurechnen (§ 80 Abs. 1 Satz 4 GWB).<br />
121. Angesichts dieser für die Bemessung der Gebühr ausschlaggebenden Kriterien<br />
ist im vorliegenden Fall die Festsetzung der Gebühr auf insgesamt [...] € unter<br />
Einschluss der Gebühr für die Untersagung angemessen und erforderlich.<br />
122. Gebührenschuldner sind die Beteiligte zu 1. bis 5. (§ 80 Abs. 6 Satz 1 Nr.1, Nr.<br />
2 GWB).<br />
123. Die Gesamtgebühr ist binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses<br />
auf das Konto der<br />
Bundeskasse Trier<br />
Konto-Nr.: 590 010 20 bei der<br />
Deutschen Bundesbank, Filiale Saarbrücken<br />
BLZ: 590 000 00<br />
IBAN (International Bank Account Nummer = internationale Kontonummer):<br />
DE81 5900 0000 0059 0010 20<br />
BIC (Bank Identification Code = internationale Bankleitzahl):<br />
MARKDEF 1590<br />
zu überweisen.<br />
Bitte geben Sie unbedingt das Kassenzeichen<br />
810600215412<br />
als Verwendungszweck an.<br />
16 Vgl. WuW/E OLG 5259 „Kleinhammer“, KG WuW/E OLG 5287 „Finanzbeteiligung Gebühr“.<br />
35
124. Bitte beachten Sie, dass Ihre Zahlung ohne Angabe des Kassenzeichens nicht<br />
bearbeitet werden kann.<br />
D. RECHTSMITTELBELEHRUNG<br />
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen<br />
einer mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim<br />
<strong>Bundeskartellamt</strong>, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es<br />
genügt jedoch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht,<br />
dem Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht.<br />
Die Beschwerde ist durch einen beim <strong>Bundeskartellamt</strong> oder beim Beschwerdegericht<br />
einzureichenden Schriftsatz zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung<br />
beträgt zwei Monate. Sie beginnt im gleichen Zeitpunkt<br />
wie die Frist für die Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag vom Vorsitzenden<br />
des Beschwerdegerichts verlängert werden. Die Beschwerdebegründung<br />
muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und<br />
seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die – gegebenenfalls<br />
auch neuen – Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde<br />
stützt.<br />
Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt<br />
unterzeichnet sein.<br />
E. VOLLZUGSANZEIGE<br />
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens<br />
die Pflicht nach § 39 Abs. 6 GWB unberührt lässt, den Vollzug<br />
des Zusammenschlusses unverzüglich anzuzeigen. Die Auslagen für die<br />
erforderliche Bekanntmachung dieses Beschlusses im Bundesanzeiger (§ 43<br />
Abs. 2 Nr. 1 GWB) werden gesondert erhoben (§ 80 Abs. 1 Satz 3 GWB).<br />
Nothdurft Arnold Dr. Kölzow<br />
36