NiKK Naturschutz im Kreis Kleve - NABU Kleve e.V.
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Eigentlich ist das <strong>Naturschutz</strong>gebiet<br />
(NSG) Emmericher Ward zwischen<br />
der Ziegelei Muhr und der Landesgrenze<br />
auf der nördlichen Rheinseite<br />
gut untersucht.<br />
Aber am Rhein ist man vor Überraschungen<br />
nie sicher. Wie viel Treibgut<br />
den Rhein hinab schw<strong>im</strong>mt und<br />
irgendwann an einem Ufer landet,<br />
kann man leicht an dem zahllosen<br />
bunten Plastikmüll ablesen. Dass<br />
sich darunter zunächst unsichtbare<br />
Samen befinden, wird <strong>im</strong>mer dann<br />
deutlich, wenn sich eine neue Art am<br />
Rheinufer ansiedelt. So war es vermutlich<br />
auch vor rund hundert<br />
Jahren mit der Gewöhnlichen Spitzklette,<br />
die sich offensichtlich von den<br />
rheinaufwärts gelegenen Häfen aus<br />
ausbreitete.<br />
Im Juli 2009 stieß ich als Mitarbeiter<br />
der <strong>NABU</strong>-<strong>Naturschutz</strong>station bei<br />
Kartierungsarbeiten auf eine mir bis<br />
dahin unbekannte Pflanzenart. Das<br />
niedrige Pflänzchen bildete einen<br />
dichten Teppich von einigen Quadratmetern.<br />
Später erwies sich die<br />
unbekannte Pflanze als Großes Büchsenkraut<br />
(Lindernia dubia), das noch<br />
nie in Nordrhein-Westfalen gefunden<br />
wurde.<br />
Das Büchsenkraut wächst am<br />
schlammigen, regelmäßig unter Wasser<br />
stehenden Ufer eines Gewässers<br />
<strong>im</strong> Buhnenfeld. Vom Rheinufer ist<br />
dieses Gewässer durch einen recht<br />
hohen Uferwall und einen Auwald-<br />
streifen getrennt. Es wurde mangels<br />
größeren Hochwassers schon lange<br />
nicht mehr durchströmt und verlandet<br />
zusehends. Trotzdem beherbergt<br />
das flache Gewässer noch eine ganze<br />
Reihe typischer Schlammuferarten:<br />
Roter Gänsefuß, Schlammkraut,<br />
Strand-Ampfer, Schwarzfrüchtiger<br />
Zweizahn und die Nadelbinse.<br />
Das Große Büchsenkraut ist ursprünglich<br />
in Nordamerika zuhause, wurde<br />
aber schon Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
erstmals in Europa entdeckt. Es<br />
breitete sich von Frankreich und Ita-<br />
Großes Büchsenkraut in der<br />
Emmericher Ward – Erstfund<br />
für NordrheinWestfalen<br />
lien kommend bis nach Mitteleuropa<br />
aus. Hier scheint es aber sehr selten<br />
zu bleiben. In Deutschland tritt es<br />
nur entlang der Elbe relativ regelmäßig<br />
auf. In den letzten Jahren<br />
wurde es zudem an einigen Stellen in<br />
Bayern und Hessen gefunden. Die<br />
Vorkommen in Hessen liegen <strong>im</strong><br />
Rheintal und könnten die Quelle der<br />
Samen sein, die in der Emmericher<br />
Ward angeschwemmt wurden.<br />
Freilich könnte Lindernia aber auch<br />
von Vögeln eingeschleppt worden<br />
sein. Mehrere pflanzliche Neubürger<br />
<strong>NiKK</strong> 1 2010<br />
23<br />
(sogenannte Neophyten) sind in<br />
manchen Lebensräumen so wüchsig,<br />
dass sie fast die gesamte übrige<br />
Vegetation verdrängen. Das Drüsige<br />
Springkraut oder der Japanknöterich<br />
sind hierfür Beispiele. Das insgesamt<br />
recht spärliche Auftreten in Mitteleuropa<br />
legt nahe, dass das Büchsenkraut<br />
keine große Verdrängungswirkung<br />
entfalten wird. Allerdings<br />
scheint Lindernia in der Emmericher<br />
Ward sehr wohl die einhe<strong>im</strong>ische<br />
Nadelbinse und das Schlammkraut,<br />
also die beiden kleinsten Arten, zu<br />
überwachsen.<br />
Um die natürliche Auendynamik<br />
wieder in Gang zu bringen plant die<br />
<strong>NABU</strong>-<strong>Naturschutz</strong>station durch<br />
Schleifen der hinteren Bereiche der<br />
Buhnen die Durchströmung der<br />
Buhnenfelder wieder regelmäßiger<br />
zu ermöglichen. Damit würde der<br />
Rhein mit seinem Hochwasser<br />
wieder regelmäßig Schlammbänke<br />
wegspülen und an anderer Stelle<br />
neu aufschütten. Die Verlandung des<br />
Gewässers ginge zurück und es<br />
entstünde ständig neuer Lebensraum<br />
für diese eigentümliche Lebensgemein<br />
schaft der Schlammfluren, in<br />
der sich gerade die gefährdeten<br />
besonders kleinen Arten ständig neu<br />
ansiedeln könnten.<br />
Dietrich Cerff