Artikel als PDF - ARKU Maschinenbau GmbH
Artikel als PDF - ARKU Maschinenbau GmbH
Artikel als PDF - ARKU Maschinenbau GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SCHWERPUNKT<br />
Richten<br />
1<br />
2<br />
4 5<br />
3
1 Liebherr-Raupenkrane<br />
LR1750<br />
2 Mit größter Sorgfalt<br />
hergestellt: Arku-<br />
Richtmaschinen<br />
3 V. l.: Otto Schmid,<br />
Peter Eiswirt (Arku),<br />
Erik Lorenz und Wolfgang<br />
Beringer mit<br />
gerichteten Blechen<br />
4 Unebenheiten um 3<br />
mm sind nach dem<br />
Brennschneiden und<br />
Entgraten üblich<br />
5 Je gerader die<br />
Kante, desto fl otter<br />
GANZ<br />
FLACH<br />
FÜR<br />
GANZ<br />
HOCH<br />
HOCHFESTE STAHLBLECHE setzt<br />
Liebherr für seine Mobilkrane ein. Damit sie<br />
rationell weiterverarbeitet, das heißt geschweißt<br />
werden können, müssen sie sehr eben sein.<br />
Eine Herausforderung für die Richttechnik.<br />
Das Wort ›Kran‹ ist etymologisch mit dem griechischen<br />
›géranos‹ (= Kranich) verwandt, ebenso wie<br />
›Geranie‹ (via ›geranium‹), die auf Wiesen und an<br />
Wegen, aber nicht in Balkonkästen wachsende Familie<br />
der Storchschnabelgewächse, zu denen auch die Gattung<br />
Reiherschnabel gehört. Während aber der Reiher seinen H<strong>als</strong><br />
gerne krümmt, hält ihn der Kranich lieber gerade – und wurde<br />
so zum Namensgeber für den Kran, der seinen ›H<strong>als</strong>‹ ebenfalls<br />
gerade halten muss, um den aufgebürdeten Lasten zu wiederstehen.<br />
Die Assoziation ist so eng, dass es im Englischen, Französischen<br />
und Italienischen sogar jeweils nur ein Wort für Kran<br />
und Kranich (crane, grue, gru) gibt.<br />
Mit ›krumm‹ und ›gerade‹ sind wir auch schon beim eigentlichen<br />
Th ema dieser Geschichte, doch zuvor ein paar Worte zur<br />
Geschichte von Liebherr und besonders zum Ehinger Liebherr-<br />
Werk. Hier werden Fahrzeugkrane gebaut, vom ›kleinen‹ –<br />
Größe ist relativ – Teleskop-Mobilkran LTM 1030 mit höchstens<br />
35 t Last, der wieselfl ink – Behendigkeit ist relativ – mit 80<br />
km/h über Autobahnen sausen darf, bis zum riesigen LTR<br />
11200 mit 1200 t Last, der auf 1,8 km/h, immerhin ein halber<br />
Meter pro Sekunde, limitiert ist. Dieser wird an Hubkraft nur<br />
noch übertroff en vom Gitter-Raupenkran LR 11350 (1350 t).<br />
Die Liebherr-Werk Ehingen <strong>GmbH</strong> wurde 1969 gegründet, 20<br />
Jahre nach dem Bau des ersten Turmdrehkrans von Hans Lieb-<br />
herr. Heute misst das Werksgelände in Ehingen 820 000 m2 (für<br />
Experten: etwa 100 Fußballfelder) und beherbergt etwa 2 700<br />
Beschäft igte. Mit einem Ausstoß von rund 1 500 Fahrzeugkranen<br />
pro Jahr darf sich Liebherr <strong>als</strong> Weltmarktführer bezeichnen,<br />
und das wird man nicht einfach so, sondern nur, wenn<br />
man mehr bietet <strong>als</strong> andere, aber zu einem akzeptablen Preis.<br />
Das Mehr besteht unter anderem im Einsatz hochfester Bleche<br />
mit 960 bis 1100 MPa, versuchsweise schon mit 1300 MPa, die<br />
Gewicht sparen und dadurch eine höhere Nutzlast erlauben.<br />
Leider sind bessere Materialien auch teurere Materialien, und<br />
wenigstens ein Teil der Kosten für diese edleren Werkstoff e<br />
sollte durch ausgeklügelte Produktionsmethoden ausgeglichen<br />
werden, damit nicht auch die Preise zu edel werden.<br />
»Je gerader eine Schweißkante ist, desto effi zienter kann der<br />
Schweißer eine hohe und reproduzierbare Qualität erzielen«,<br />
erläutert Erik Lorenz, Betriebsleiter bei Liebherr in Ehingen, einen<br />
leicht nachvollziehbaren Zusammenhang. »Der Schweißer<br />
arbeitet Akkord; der freut sich ebenfalls, wenn er zügig arbeiten<br />
kann. Nach dem Brennschneiden, Strahlen und Entgraten<br />
sind die Bleche aber nicht eben genug für die Weiterverarbeitung,<br />
zumal wir auch Schweißroboter einsetzen, die mit unebenen<br />
Blechen überhaupt nicht zurechtkämen«, ergänzt Erik Lorenz,<br />
und tatsächlich: Wenn einer der beiden ›Richter‹ das Lineal<br />
anlegt, sind Lichtspalte von schätzungsweise 3 mm erkennbar.<br />
»Manchmal sind es auch 5 mm auf einen Meter, abhängig<br />
vom Stahllieferanten, jedenfalls zu viel, und deshalb<br />
muss jedes Teil auf die Richtmaschine«, erklärt Otto Schmid,<br />
Meister in der Teilefertigung, dazu.<br />
Die Richtmaschine ist eine FlatMaster 120 von Arku und<br />
kommt mit den bis 25 mm (960 MPa) dicken Blechen gut zurecht,<br />
wenngleich nicht immer beim ersten Mal. Denn die beiden<br />
Arbeiter an der Maschine sind sehr pingelig: Zeigt sich ein<br />
mehr <strong>als</strong> 0,5 mm starker Lichtspalt über dem Blech, muss das<br />
Teil noch einmal zwischen die 13 Walzen. Bei komplexen Geometrien<br />
kann es notwendig werden, dass einzelne Teile zugleich<br />
in Längs- und Querrichtung gerichtet werden müssen.<br />
Automatisch und fünfmal so schnell<br />
Der FlatMaster deckt zirka 90 Prozent der Laser- und Brennteile<br />
bei Liebherr ab. Noch dickere Bleche, das sind aber weniger<br />
<strong>als</strong> zehn Prozent, müssen nach wie vor auf eine der Richtpressen.<br />
Diese können zwar auch deutlich dickere Teile richten, allerdings<br />
ist dieser Prozess sehr aufwendig: Man braucht erfahrene<br />
Mitarbeiter, die Unebenheiten im Blech mit geschultem<br />
Auge erkennen und diese durch gezielten Druck beseitigen.<br />
Beim Walzenrichten hingegen wird das gesamte Teil gerichtet.<br />
Das Blech durchläuft eine Reihe von Wechselbiegungen und<br />
wird dadurch eben und spannungsfrei. Beim Arku FlatMaster<br />
geben die Mitarbeiter lediglich den Ein- und Auslaufwert ein<br />
und legen das zu richtende Teil auf die Rollenbahn. Der Rest<br />
läuft vollautomatisch ab. »Der FlatMaster ist fünfmal so schnell<br />
und unabhängig von der Tagesform des Mitarbeiters«, so Erik<br />
Lorenz.<br />
Zeit spart der FlatMaster auch bei der Reinigung. In der täglichen<br />
Anwendung reicht oft das Reinigungsvlies zum groben<br />
Säubern der Richtwalzen aus. Schmutz und Materialrückstände<br />
im Richtaggregat können so allerdings nicht eff ektiv beseitigt<br />
werden. Diese verbleiben in der Maschine und gelangen<br />
immer wieder auf die Richtwalzen. Schmutzpartikel führen zu<br />
Kratzern und Markierungen auf dem Blech. Ist keine gründliche<br />
Reinigung des Richtaggregates möglich, kann die Ma-<br />
das Schweißen ➔<br />
www.bbr.de Oktober 2010<br />
41
42<br />
SCHWERPUNKT<br />
Richten<br />
1<br />
2<br />
www.bbr.de Oktober 2010<br />
schine sogar beschädigt werden. Bei Liebherr wird der Flat-<br />
Master mindestens einmal pro Jahr von Grund auf gereinigt.<br />
Um an das Richtaggregat zu gelangen, müssen die Richtwalzen<br />
ausgebaut werden. Der FlatMaster verfügt über ein einzigartiges<br />
Schnellwechselsystem für Richtwalzen. Dadurch kann der<br />
gesamte Reinigungsvorgang inklusive Ein- und Ausbau der<br />
Richtwalzen an einem halben Arbeitstag abgewickelt werden.<br />
Bei einer konventionellen Richtmaschine ohne Schnellwechselsystem<br />
kann eine Grundreinigung schon mal mehrere Tage in<br />
Anspruch nehmen. Diese müssen zerlegt und wieder zusammengesetzt<br />
werden, was häufi g nur mit Hilfe des Richtmaschinenherstellers<br />
zu bewältigen ist.<br />
Seit März 2009 steht der FlatMaster 120 in der Ehinger Halle,<br />
und seit April 2010 gehört er Liebherr. Wie das? Bis Anfang<br />
2008 hatte Liebherr ein älteres Fabrikat eines anderen Herstellers,<br />
das aber die geforderten Querschnitte und Güten nicht<br />
mehr schafft e, weshalb man zu häufi g auf die Pressen zurückgreifen<br />
musste. Es war Hochkonjunktur und an vernünft ig kalkulierbare<br />
Durchlaufzeiten war so nicht zu denken.<br />
Im Spätwinter 2008 war man auf Arku aufmerksam geworden,<br />
und im März 2009 kam es zum ersten Kontakt. Im Frühsommer<br />
wurden erste Richtversuche durchgeführt, und bei Lieb-<br />
1 Zeigt sich ein mehr<br />
<strong>als</strong> 0,5 mm starker<br />
Lichtspalt über dem<br />
Blech, muss das Teil<br />
noch einmal zwischen<br />
die 13 Walzen.<br />
2 Der FlatMaster<br />
verfügt über ein<br />
einzigartiges Schnellwechselsystem<br />
für<br />
die Richtwalzen.<br />
»Der FlatMaster ist<br />
fünfmal so schnell.«<br />
Erik Lorenz, Betriebsleiter bei Liebherr in Ehingen<br />
herr war man vom guten Ergebnis überrascht. Intensive Richtversuche<br />
im Arku-Richtzentrum bestätigten: Der FlatMaster<br />
120 konnte die kritischen Brennteile erfolgreich richten. Am<br />
liebsten hätten die Liebherr-Verantwortlichen die Maschine<br />
gleich mitgenommen, allerdings war zu diesem Zeitpunkt kein<br />
Etat freigegeben.<br />
Doch die Teile mussten ja irgendwie eben werden. Arku vermittelte<br />
daher einen bestehenden Kunden mit FlatMaster 120<br />
<strong>als</strong> Lohnfertiger. Jedoch gab es schnell Probleme mit dem Material<br />
und der Logistik. Materialwechsel zwischen Schwarzblech<br />
und Edelstahl vertragen sich eben nicht so gut: Der vermeintlich<br />
korrosionsbeständige Edelstahl korrodiert überall,<br />
wo sich auch nur mikroskopisch kleine unedlere Späne eingerückt<br />
haben. Jener Lohnfertiger hatte aber auch Edelstahlbleche<br />
zu richten – und bekam <strong>als</strong>bald Probleme. Aus Maus! Aber<br />
immerhin hatte der FlatMaster 120 bewiesen, was er kann.<br />
Eine lohnende Investition<br />
Nachdem der Deal mit dem Lohnrichter geplatzt war, übernahm<br />
Arku selbst das Lohnrichten für Liebherr im hauseigenen<br />
Richtzentrum Baden-Baden. Mit der steigenden Anzahl<br />
der Teile stieg auch der logistische Aufwand enorm. Schnell<br />
stand fest, dass das keine Dauerlösung sein konnte. Liebherrs<br />
Stahlbau hatte aber immer noch keine Investitionsfreigabe. Also<br />
kam man auf eine andere Idee: Im März 2009 wurde der<br />
FlatMaster für zwölf Monate gemietet. Ein gutes Jahr später, im<br />
April 2010 – die Mittel waren inzwischen freigegeben –, wurde<br />
die Maschine schließlich übernommen. Dass sich die Investi<br />
tion lohnen würde, war ja längst nachgewiesen. Die Pressen<br />
werden nur noch für besonders dicke Bleche genutzt.<br />
Aber selbst das ist Erik Lorenz noch zu viel. Der Betriebsleiter<br />
denkt schon an den nächsten Schritt: Er will auch dickere Bleche<br />
durch Walzen statt Stempel richten lassen. Arku kann ihm<br />
helfen: Die FlatMaster-Baureihe geht bis 60 mm Blechdicke.<br />
Das reicht.<br />
Hans-Georg Schätzl<br />
www.arku.de