Städtetouren 2009 Teil 1.qxd - Ferienregion Allgäu - Urlaub, Wetter ...
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Die Landschaft(en)<br />
Das bayerische Schwaben: Gebilde zwischen Alpen und Ries, Lech und Iller<br />
Kulturelle Fülle als Resultat geografischer<br />
Kleinteiligkeit und vieler Landesgrenzen<br />
Landschaften im bayerischen Schwaben: Wer hier nur an Berge, Hügel und<br />
Flusstäler denkt, springt zu kurz. Der mitunter kuriose Verlauf der Geschichte,<br />
Konfessionsstreitigkeiten sowie eine ausgeprägte Kleinstaaterei und Kultur-,<br />
Sprach- und andere Grenzen, Abneigungen und Abhängigkeiten haben das<br />
Land zwischen Alpen und Ries vielfältig und facettenreich werden lassen.<br />
Das bayerische Schwaben, einer der<br />
sieben Regierungsbezirke Bayerns, ist<br />
in so mancher Hinsicht ein bunter<br />
Flickenteppich. Grundsätzlich teilt<br />
sich das bayerische Schwaben in zwei<br />
große Regionen auf – in das <strong>Allgäu</strong><br />
und in Nordschwaben, wobei zum<br />
Letzteren heute auch der Landkreis<br />
Aichach-Friedberg gehört. Doch der<br />
ist (eines der Mirakel der bayerischen<br />
Gebietsreform der 1970er Jahre) altbaierisch<br />
– tiefstes Bayern also.<br />
Kaum etwas trifft die Altbaiern um<br />
Aichach und Friedberg so tief, wie<br />
wenn man sie Schwaben nennt. Darin<br />
sind sie mit dem <strong>Allgäu</strong>er verwandt,<br />
den man ebenfalls mit nichts mehr<br />
kränkt als mit der Bezeichnung<br />
„Schwabe“. Wobei sich der „Bergallgäuer“<br />
im Oberallgäu heftigst vom<br />
Unterallgäuer distanziert. Was aber<br />
6 Landschaften<br />
die <strong>Allgäu</strong>er und Altbaiern eint: Die<br />
Schwaben, das sind alle anderen –<br />
die Nordschwaben. Sie leben in und<br />
um Augsburg, Dillingen, Günzburg<br />
und Neu-Ulm oder auch im Landkreis<br />
Donau-Ries, wobei der Rieser mit<br />
einem Neu-Ulmer ungefähr so viel<br />
gemeinsam hat wie ein Finne mit<br />
einem Italiener. Immerhin leidet ein<br />
rechter Rieser bereits darunter, dass<br />
„sein“ Landratsamt im Zuge der bereits<br />
erwähnten Gebietsreform ins<br />
„ferne“ Donauwörth abwanderte.<br />
Augsburg ist sowieso etwas ganz<br />
Eigenes. Als drittgrößte Stadt in<br />
Bayern, ausgestattet mit dem stolzen<br />
Bewusstsein der einzigartigen Geschichte<br />
einer Welthandelsmacht der<br />
Frühen Neuzeit und starken Minderwertigkeitskomplexen<br />
in Richtung<br />
München, sieht sich Augsburg als das<br />
(häufig unverstandene) kulturelle<br />
Zentrum der Region. Und weil „Nordschwaben“<br />
einerseits zu sehr nach<br />
Husum klingt und andererseits doch<br />
arg nach Tuttlingen, nennen sich die<br />
Nordschwaben im Tourismus lieber<br />
„Bayerisch-Schwaben“. Schwaben<br />
heißt zwar eigentlich der ganze bayerische<br />
Regierungsbezirk, doch sein<br />
Süden nennt sich selbstbewusst und<br />
bundesländerübergreifend nur <strong>Allgäu</strong>,<br />
denn das Westallgäu gehört bereits<br />
zu Baden-Württemberg. Das alles ist<br />
ein bisschen arg kompliziert? Macht<br />
nichts. Versuchen wir es mal andersherum,<br />
über die Geschichte und die<br />
Geografie. Zur Historie: Alle bayerischen<br />
Schwaben (einschließlich der<br />
<strong>Allgäu</strong>er und der Altbaiern) sind im<br />
Grunde ihres Herzens Partikularisten.<br />
Das hat die Historie bewirkt, die das<br />
Gebiet zwischen Bodensee, <strong>Allgäu</strong>er<br />
und Lechtaler Alpen im Süden sowie<br />
der Donau und dem Ries im Norden,<br />
dem Lech im Osten und der Iller im<br />
Westen bis in das 18. Jahrhundert<br />
in immer noch kleinere Herrschaftsgebilde<br />
und -gebietchen aufspaltete.<br />
Die Augsburger Stadtmauern zum<br />
Beispiel umschlossen gleich drei<br />
völlig eigenständige Staatsgebilde.<br />
Augsburg war seit 1276 eine Freie<br />
Reichsstadt, seit der Spätantike aber<br />
auch der Mittelpunkt des Bistums<br />
Augsburg. Und das Benediktinerstift<br />
St. Ulrich und Afra wurde 1643/44<br />
ein Klosterstaat. Um das Ganze noch<br />
zu steigern: Die Augsburger Fugger<br />
lebten in dieser Stadt – juristisch betrachtet<br />
– quasi exterritorial. Heutige<br />
Augsburger Stadtteile wie Pfersee<br />
oder Göggingen waren habsburgischvorderösterreichisch,<br />
Lechhausen<br />
war bayerisch, Oberhausen gehörte<br />
dem Bischof und Haunstetten dem<br />
Reichsstift St. Ulrich und Afra.<br />
In Kempten zerstörten sich die<br />
evangelische Bürgerstadt und die<br />
Residenz der katholischen Fürstäbte<br />
im Dreißigjährigen Krieg mithilfe von<br />
kaiserlichen beziehungsweise schwedischen<br />
Truppen lieber gegenseitig,<br />
als miteinander auszukommen. In<br />
Oettingen, bis heute eine Kleinstadt,<br />
gab es sogar zwei Schlösser. Östlich<br />
der Straße glaubte man evangelisch,<br />
im Westen katholisch. Erst Napoleon<br />
und die Zeit haben diesem Irrwitz<br />
ein Ende gemacht. Beinahe ist man<br />
geneigt, zu sagen: leider. Wie viele<br />
deutsche Landschaften haben eine<br />
solche Kulturvielfalt zu bieten wie<br />
die Region zwischen <strong>Allgäu</strong> und Ries?<br />
Vielfalt in die Vielfalt bringt freilich<br />
auch die Landschaft selbst. Das <strong>Allgäu</strong><br />
– eine der beliebtesten <strong>Urlaub</strong>sregionen<br />
Deutschlands – und seine<br />
Berge und Seen zwischen Nebelhorn<br />
und Auerberg zu beschreiben, ist vermutlich<br />
überflüssig. Weit weniger bekannt<br />
ist dagegen die nördlich anschließende<br />
Landschaft, die sich in<br />
Richtung Donau auf engstem Raum<br />
mal als brettflach, mal als höchst<br />
hügelig erweist, bis dieses Alpenvorland<br />
am Südufer der Donau endet.<br />
Der Lech und die Iller sowie etliche<br />
kleinere Flüsschen durchziehen dieses<br />
sanfte Terrain.<br />
Nördlich der Donau wird es nochmals<br />
spektakulär. Wo der Fränkische Jura<br />
und die Schwäbische Alb zusammenstoßen,<br />
hat vor 15 Millionen Jahren<br />
ein Meteorit einen fast kreisrunden<br />
Krater mit 25 Kilometern Durchmesser<br />
geformt. Dadurch ist eines der<br />
eigentümlichsten Landschaftsbilder<br />
Deutschlands entstanden – mit interessanten<br />
geologischen Formationen<br />
an den Rändern des Rieskraters, der<br />
von der mäandrierenden Wörnitz in<br />
Richtung Donau durchzogen wird. Die<br />
Alpen sieht man bei klarer Sicht und<br />
Föhn auch im „tiefen Norden“ – zum<br />
Beispiel sogar noch vom Turm des<br />
Donauwörther Liebfrauenmünsters.<br />
Landschaften<br />
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