zur ewIgkeIt STeINAuF STeIN - Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz
zur ewIgkeIt STeINAuF STeIN - Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz
zur ewIgkeIt STeINAuF STeIN - Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Architektur<br />
TexT<br />
Christine Loriol<br />
FOTOS<br />
Katharina Wernli<br />
Um Bauten zu schaffen, die Jahrhunderte<br />
überdauern können,<br />
braucht es keinen weltberühmten<br />
Architekten, keine komplexen<br />
Pläne und schon gar keinen speziellen Mörtel.<br />
Alles, was nötig ist, sind Steine, Know-how und ein<br />
langer Atem: Man setzt zwei Steine auf einen Stein,<br />
in der nächsten Schicht einen auf zwei, dann wieder<br />
zwei auf einen und so weiter. Eine ganze Tonne<br />
Steine muss bewegt werden, um einen Meter Trockenmauer<br />
von einem Meter Höhe zu bauen ...<br />
Diese Technik ist uralt. Ohne jedes Bindemittel<br />
entstanden so in Irland Weidemauern, deren Alter<br />
von Fachleuten auf 5000 Jahre geschätzt wird.<br />
Schottland und Spanien, Frankreich und Italien,<br />
Mallorca, Korsika und Sardinien sind von Trockenmauern<br />
durchzogen, es gibt sie in Deutschland,<br />
Österreich und der <strong>Schweiz</strong>. Im Alpenraum<br />
fiel diesen Mauern eine ganz besondere Bedeutung<br />
zu: Mit ihnen hat der Mensch seit Urzeiten die steilen<br />
Hänge terrassiert, um auf jedem Quadratmeter<br />
gewonnenen Landes Nahrungsmittel zu pflanzen.<br />
Er hat Grenz- und Weidemauern gebaut, um seine<br />
Tiere zusammenzuhalten oder den Wind daran zu<br />
hindern, zerstörerisch über seine fruchtbare Erde<br />
zu fegen. Er hat sich mit Trockenmauern vor Lawinen<br />
geschützt und seine Vorräte in kleinen Gebäuden<br />
aus geschichteten Mauern gelagert.<br />
Überall tragen Trockenmauern die Handschrift<br />
ihres Standortes, vor allem durch das Steinmaterial,<br />
aus dem sie errichtet wurden; auch der<br />
Baustil ist unterschiedlich, je nach Region. Und<br />
natürlich zeigt jedes Mauerbild ein Stück weit die<br />
Handschrift seiner Erbauer. Nur eines ist eine Trockenmauer<br />
nie: jemandem zugeschrieben. Kein<br />
Architekt hinterlässt hier eine Signatur, weil es ihn<br />
in diesem Sinne gar nicht gibt. Eine Trockenmauer<br />
ist ein Gemeinschaftswerk, ein Paradebeispiel für<br />
das, was der Kulturtheoretiker Bernard Rudofsky<br />
als anonyme Architektur bezeichnet.<br />
Doch mit der Industrialisierung auch im<br />
Alpenraum, mit der Ausbreitung des Tourismus<br />
und dem eklatanten Rückgang der Landwirtschaft<br />
gerade in schwierigem Gelände schwand das Wissen<br />
um die uralte Technik. Denn nun gab es, auf<br />
den ersten Blick, keine Notwendigkeit mehr,<br />
diesen Teil des bäuerlichen Erbes im Alpenraum<br />
zu erhalten. Die Mauern verfielen.<br />
Dass sich in der <strong>Schweiz</strong> ein nachhaltiges<br />
Interesse daran entwickelte, diese Mauern zu<br />
erhalten und zu erneuern, ist einer umtriebigen<br />
Frau zu verdanken: Marianne Hassenstein. Die<br />
heute 54-Jährige übernahm 1986 die Leitung einer<br />
kleinen Non-Profit-Organisation, der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Umwelt</strong>-<strong>Einsatz</strong> <strong>Schweiz</strong> (SUS). Nach etwas zähen<br />
Anfängen kam Ende der Achtzigerjahre der Zeitgeist<br />
dem <strong>Stiftung</strong>szweck entgegen: Das Waldsterben<br />
machte von sich reden, <strong>Umwelt</strong>schutz wurde<br />
ein Thema, Ökologie war kein Fremdwort mehr.<br />
Wo früher Arbeitslose herangezogen wurden,<br />
packten jetzt auch Schulklassen und freiwillige<br />
Erwachsene mit an; die Arbeit in der Natur ist seit<br />
jenen Jahren auch ein soziales Projekt. Entsprechend<br />
wuchs und gedieh die <strong>Stiftung</strong>, der Hassenstein<br />
vorstand.<br />
„Und mir war zum ersten Mal etwas langweilig“,<br />
bekennt sie keck. „Ich brauchte eine<br />
Heraus forderung.“ Marianne Hassenstein wollte<br />
Mauern bauen. Trockenmauern: „Mein Thema ist<br />
die Landschaft, die Schönheit der Landschaft. Seit<br />
jeher. Trockenmauern habe ich als Landschaftselement<br />
wahrgenommen, seit ich mich erinnern<br />
Den stein<br />
ins roLLen<br />
brachte vor 17 Jahren<br />
Marianne Hassenstein,Geschäftsführerin<br />
der <strong>Stiftung</strong> <strong>Umwelt</strong>einsatz<br />
<strong>Schweiz</strong>.<br />
Zuerst mauerte sie<br />
selbst, dann organisierte<br />
sie Workshops<br />
und Feriencamps.<br />
Das TrockenmAuern ist eine uralte Handwerkskunst. Sie entstand in der bäuerlich geprägten kulTurlAnDSchAFT,<br />
wo es zwar genügend hänDe zum Zupacken gab, aber kaum technische oder logistische möglichkeiten.<br />
4 aLps . 03 2011 03 2011 . aLps<br />
5