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XXsmall... UN*TRAGBAR.pdf - Institut für Raumgestaltung

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<strong>XXsmall</strong>... <strong>UN*TRAGBAR</strong><br />

Räume zwischen Kleidern und Bauten<br />

Univ.Ass. fra. Klug<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Raumgestaltung</strong><br />

Univ. Prof. Arch. Irmgard Frank<br />

Häute, Kleider und Bauten, umhüllen uns, schützen uns,<br />

schmücken uns, sind jene Oberfläche an der unsere<br />

Identität einen Ausdruck erfährt und uns damit sozial<br />

und symbolisch einbettet. Die Grundstruktur des Lebendigen<br />

ist dabei der Treibstoff aus dem diese Identitäten<br />

und in weiterer Folge ihre Ausdrucksformen geflochten<br />

und bewegt werden.


<strong>XXsmall</strong> <strong>UN*TRAGBAR</strong><br />

Räume zwischen Kleidern und Bauten<br />

Thema des Workshops war es, mittels einer assoziativen, fächerübergreifenden<br />

Betrachtungsweise in den Zwischenraum von menschlicher Bekleidung und<br />

architektonischen Hüllen einzutauchen und durch verschiedenste Herangehensweisen<br />

die formale, konstruktive und funktionale Vielfalt dieses Beziehungsgeflechtes<br />

zwischen textiler Elementik und gebauter Struktur zu entdecken. Themen wie Haut,<br />

Umhang, Schutzraum, Zelle wurden ebenso aufgegriffen wie Struktur, Form, Ordnung,<br />

Material. Auf alle Fälle ging es bei allen Arbeiten um die größtmögliche Minimierung<br />

und Optimierung von Raum begleitet von Anforderungen an Flexibilität und<br />

Multifunktionalität sowie um eine intensive Auseinandersetzung mit dem in ständiger<br />

Korrelation stehenden Paar von Innen und Außen auf den unterschiedlichsten Ebenen.<br />

Während sich einige Arbeiten von der Mode oder der eigenen menschlichen<br />

Haut her annähern und versuchen diese weiter zu entwickeln, ist <strong>für</strong> andere das<br />

architektonische Grundelement der Wand Ausgangspunkt der Überlegungen. Ganz<br />

anders gibt es aber auch die Idee von definierten Aktionen oder Tätigkeiten die, wie<br />

beispielsweise das Umkleiden, per Definition Räume zwischen Kleidern und Bauten<br />

aufspannen oder es wird das Thema der Zelle als körpernaher Minimalraum, im Sinne<br />

eines Kokons, in Verbindung mit reduzierten statischen Mitteln aufgegriffen. Aber<br />

auch sozial-räumliche Settings in bezug auf Ausgrenzungen verschiedenster Art<br />

werden zum Anlaß genommen, sich der Entwicklung und Gestaltung von Räumen<br />

zwischen Kleidern und Bauten anzunehmen.<br />

Schon allein aufgrund dieser Vielzahl von unterschiedlichen Bearbeitungsmöglichkeiten<br />

ergibt sich in den Ergebnissen des Workshops ein sehr vielfältiges, breit gefächertes<br />

Spektrum von Themenschwerpunkten in bezug auf die Bekleidungsthematik, das von<br />

sozialpolitischen Anliegen über philosophisch-ästheische Ansprüche bis hin zu den<br />

hohen, u.a. auch technischen Anforderungen an ‚Industrial Designʻ reicht und damit<br />

einen sehr grundlegenden Bogen über die Komplexität von ‚Architekturbekleidungʻ<br />

spannt.<br />

Bei allen TeilnehmerInnen möchte ich mich sehr <strong>für</strong> das eingebrachte Engagement<br />

und der offensichtlichen Freude an der Arbeit bedanken und hoffe sehr, dass diese<br />

kontextuelle Zusammenstellung der Projekte in Verbindung mit einer nachträglichen<br />

Reflexion weitere Impulse <strong>für</strong> folgende Arbeiten bietet sowie allgemein einen Beitrag<br />

zur aktuellen Architekturdiskussion darstellt!<br />

Franziska Klug<br />

Kleider, sie anlegen, zusammenlegen, überziehen, wechseln, anziehen, in sie hinein<br />

schlüpfen, sich ihrer entledigen oder sich in ihnen verkriechen, sie tragen sowohl von<br />

außen als auch von innen. Sie umhüllen, schützen, schmücken uns. Sie lassen unsere<br />

Körper nur mehr erahnen, machen uns selbst zum Geheimnis.<br />

Bauten, in sie hinein gehen, aus ihnen herausgehen, durch sie hindurch gehen, von<br />

einem in den anderen gehen, sie erleben sowohl von innen als auch von außen, sich<br />

mit ihnen anlegen, in sie hineinschlüpfen, sich in ihnen verkriechen, sie überziehen.<br />

Wir sind ihr Träger sowohl von innen als auch von außen. Sie umhüllen, schützen,<br />

schmücken uns. Sie lassen unsere Gesellschaft erahnen und machen sie gleichzeitig<br />

zum Geheimnis.<br />

Häute, Kleider und Bauten, umhüllen uns, schützen uns, schmücken uns, sind jene<br />

Oberfläche an der unsere Identität einen Ausdruck erfährt und uns damit sozial und<br />

symbolisch einbettet. Die Grundstruktur des Lebendigen ist dabei der Treibstoff aus<br />

dem diese Identitäten und in weiterer Folge ihre Ausdrucksformen geflochten und<br />

bewegt werden.<br />

Während sich bei der Kleidung der einzelne Mensch, der menschliche Körper selbst<br />

als Träger, als unmittelbare, lebendige Tragstruktur erweist, so kann diese Rolle im<br />

Falle der Bauten auf mehrere Menschen und ihre Art des Zusammenspiels, auf die<br />

Gesellschaft übertragen werden. In den Bauten tritt diese Transformation vom Einzelmenschen<br />

zur Gesellschaft in übertragener Form ein weiteres Mal zu Tage, als das sie<br />

einerseits selbst Hülle sind und gleichzeitig ihre Fassade eine weitere Hülle der Hülle<br />

darstellt.<br />

‚Wir sprechen von nackten Wänden, so wie wir von dem nackten Körper sprechen, als<br />

ein Etwas, das bedeckt werden sollte.ʼ<br />

(Vilem Flusser, Vom Stand der Dinge – eine kleine Philosophie des Design; Nackte Wände. Verlag Steidl<br />

1993 S. 76)<br />

Wände, Fassaden, Mode fungieren in ihrem ständigen Wechselspiel von Bekleidung,<br />

Körper und Struktur als unmittelbarer Zeichenträger, als permanent präsentes<br />

Informationsmedium über den inneren Zustand eines Wesens, einer Gesellschaft, einer<br />

Epoche, das genau an der Schnittstelle, wo das Versteckte in das Entblößte übergeht<br />

unsere Neugierde erweckt und unsere Vorstellungskraft anregt.<br />

‚Dort wo man nicht klar zwischen Körper und Kleid trennen kann, liegt die Verführung.<br />

Die Verführung wird im Grenzbereich aktiv, so zum Beispiel wenn ein Kleid dem Körper<br />

folgt und man den Körper trotz des Kleides spürt und ahnt, wenn das Kleid täuscht<br />

und das Bild eines Körpers erweckt, der vielleicht gar nicht existiert...ʼ<br />

(Francesco Collotti, Architekturtheoretische Notizen; Quart Verlag 2003, S14)


AUFZEICHNUNGEN<br />

ZU KLEIDERN UND STÄDTEN<br />

man wohnt irgendwo,<br />

man macht irgendeine Arbeit,<br />

man redet irgendwas daher,<br />

man ernährt sich irgendwie,<br />

man sieht sich irgendetwas an,<br />

man sieht wahllos irgendwelche Bilder.<br />

MAN LEBT IRGENDWIE,<br />

MAN IST IRGENDWER.<br />

„Identität“...<br />

einer Person,<br />

eines Dinges,<br />

eines Ortes.<br />

„Identität“,<br />

bei dem Wort allein<br />

wird es mir schon warm ums Herz:<br />

es hat einen Geschmack von Ruhe,<br />

Zufriedenheit, Geborgenheit...<br />

Was ist das, Identität?<br />

Zu wissen, wo man hingehört,<br />

seine Mitte kennen,<br />

seinen Eigenwert?<br />

Zu wissen wer man ist?<br />

Woran erkennt man eine Identität?<br />

Wir machen uns ein Bild von uns selbst,<br />

wir versuchen diesem Bild ähnlich zu sein...<br />

Ist es das?<br />

Der Einklang zwischen dem Bild,<br />

das wir uns von uns machen und...<br />

ja, uns selbst?<br />

Wer ist das, „wir selbst“?<br />

Wir leben in den Städten,<br />

die Städte leben in uns...<br />

Die Zeit vergeht.<br />

Wir ziehen von einer Stadt in die andere,<br />

von einem Land in ein anderes,<br />

wir wechseln die Sprache,<br />

wir wechseln die Gewohnheiten,<br />

wir wechseln Meinungen,<br />

wir wechseln die Kleidung,<br />

wir verändern uns.<br />

Alles verändert sich, und zwar schnell.<br />

Vor allen die Bilder,<br />

die Bilder um uns herum verändern und vervielfältigen sich<br />

in rasender Geschwindigkeit.<br />

Seit jener Explosion die die elektronischen Bilder freigesetzt hat,<br />

die nun all überall die Fotographie ersetzen.<br />

Wir haben gelernt dem fotographischen Bild zu vertrauen.<br />

Können wir dem elekronischen trauen?<br />

Mit der Malerei war alles noch einfach.<br />

Das Original war einzigartig und jede Kopie daher eine Kopie, eine Fälschung.<br />

Mit der Fotographie und dann dem Film wurde alles schon komplizierter.<br />

Das Original war ein Negativ, ohne Kopie existierte es gar nicht,<br />

im Gegenteil, jede Kopie war ein Original.<br />

Jetzt, mit dem elekronischen Bild und bald dem digitalen,<br />

gibt es kein Negativ mehr, genausowenig wie ein Positiv.<br />

Die Idee selbst vom Original ist hinfällig,<br />

alles ist Kopie.<br />

Jede Unterscheidung scheint reine Willkür.<br />

Wer will sich also darüber verwundern,<br />

dass der Begriff der Identität so auf den Hund gekommen ist?<br />

Identität ist out.<br />

Aus der Mode gekommen.<br />

Genau, und was wäre dann in Mode, wenn nicht die Mode selbst?<br />

Die ist immer „in“, sozusagen per Definition.<br />

Identität und Mode.<br />

Ist das also ein Gegensatzpaar?<br />

(...)<br />

WIM WENDERS


TEILNEHMER/INNEN<br />

Ute Inselsbacher + Regina Lechner<br />

Georg Kettele + Stefan Lackner<br />

Nina Obal + Reinhard Steyer<br />

Sophie Grünewald + Christian Kleinschuster<br />

Angelika Tutzer + Peter Heckeroth<br />

Veronika Riemer + Erwin Pilch<br />

Jakob Kocher<br />

Klaus Belagyi + Stefan Fuchs<br />

Martin Glas + Christoph Schwab<br />

Elisabeth Nebel + Martina Purgstaller<br />

ARBEITEN<br />

Ort der Verwandlung<br />

SITWALL<br />

Stiftwand<br />

KARTOFFEL<br />

Raucherzone<br />

A6<br />

rollhops<br />

Kugelpackung<br />

Relaxkabinen<br />

Bewegtform


BEWEGTFORM<br />

In einer simplen Grundform, dem Kreissegment, raumerzeugend zu einem kegelförmigen Zelt<br />

gefalten, stecken ungeahnt viele Formen, wenn sich der Körper der darinnen steckt bewegt!<br />

Inspiriert von den ‚Körperarchitekturenʼ der niederländischen Künstlerin Maria Blaisse,<br />

zelebrierten Nebel und Purgstaller das Thema der Gestaltflexibilität von textilen Materialien. Sie<br />

nähern sich dabei einem Grenzbereich von Material, Form, Bewegung und Körper und lassen in<br />

ihrem Objekt diese Themen zu einer eigenständigen Disziplin werden.<br />

Das entstandene, gewandartige Gebilde ist ‚drei Häute zugleichʼ: die eigene, die der Kleidung<br />

und die der Architektur.<br />

Durch einfaches Einschlitzen und Aufschneiden eines textilen Materials verändern sie nicht nur<br />

die Gestaltflexibilität ihres lederartigen, steifen Kunstgewebes, das <strong>für</strong> sie Sinnbild der eigenen<br />

Haut ist, sondern transportieren es gleichzeitig aus seiner 2-dimensionalen Beschaffenheit als<br />

Stoffbahn in eine dritte, in Verbindung mit Bewegung sogar in eine vierte Dimension.<br />

Ihr ‚Körperraumʼ, der in gleicher Weise auch als Raumkörper wirksam wird, passt sich der<br />

Körperform und der Bewegung des Trägers an und verfügt dabei über ein markantes<br />

Eigenleben, das gleichzeitig unvorhergesehene Verbindungen mit kontextuellen Einflüssen<br />

eingeht. Durch die Integration von Zeitlichkeit und Bewegung, durch den Bewegungsfluß,<br />

entstehen fließende, geschmeidige Strukturen, die über das sich bewegende Subjekt in<br />

ständiger Verbindung mit ihrer Umwelt stehen. In der Performance als inszenierte Raum-Zeit-<br />

Ereignisse entsteht ein Dialog von Bilder-, Formen- und Körpersprache.<br />

Ähnlich eines Computermodells, das mit numerischen Daten, die Merkmale der virtuellen<br />

Entwurfsumgebung beschreiben (wie zum Beispiel Temperatur, Schwerkraft und andere<br />

Kräfte), gefüttert wird, und mittels komplexen Rechenoperationen den Formgebungsprozeß<br />

einleitet um unterschiedliche Gestalten zu generieren, entspricht der bewegte, menschliche<br />

Körper genau diesen Rechenvorgängen indem auch seine Bewegungen von der Umgebung<br />

beeinflußt werden und sich durch das Bewegen selbst ständig verändernde Gestalten an der<br />

Außenhaut abzeichnen. ‚So gravieren sich die verdichteten Bewegungsfolgen (...) direkt ins<br />

Gedächtnis ein und bleiben als erinnerte Fragmente zum Greifen nah...ʻ<br />

(aus: Silvia Buol, Raum-Zeit-Tanz; Quart-Verlag 2002)<br />

Martina Purgstaller/Elisabeth Nebel


KUGELPACKUNG<br />

Stefan Fuchs/Klaus Belagyi<br />

‚Je älter er wurde, desto mehr lag ihm daran, die Wahrnehmung der ganzen Erde<br />

zu schärfen, das abstrakte Wissen, dass wir auf einem rotierenden Planeten reisen,<br />

durch ein Gefühl da<strong>für</strong> konkret und lebendig zu machen. Er war überzeugt davon,<br />

dass Fehlentwicklungen und Unverständnis der Welt mit falschen Vorstellungen<br />

zusammenhängen, die uns vom Auf- und Untergehen der Sonne reden lassen oder von<br />

‚ihr da oben im Weltraumʼ und ‚wir hier unten auf der Erdeʼ (...) Aber <strong>für</strong> den Navigator,<br />

als der sich Richard Buckminster Fuller verstand, gab es kein Oben und Unten, sondern<br />

nur ein Innen und Aussen, ein Herein und Hinaus.ʼ<br />

aus: YOUR PRIVATE SKY R. Buckminster Fuller Diskurs Hrsg. J. Krausse + C. Lichtenstein Verlag Lars Müller<br />

– Museum f. Gestaltung Zürich 2001 S. 7<br />

Ausgehend von der Idee eines Minimalraumes gelangten die beiden Studenten zu ihrem<br />

Ausgangselement, der Kugel, die in ihrer geometrischen Form das größte Volumen bei<br />

kleinster Oberfläche bietet. Diese Idee beibehaltend wurde, um eine adäquate Weise der<br />

Addition von Kugeln herzustellen, Richard Buckminster Fullers Energetische Geometrie<br />

in der ‚dichtesten Packung von Kugelnʼ (1946) aufgegriffen. Dieses Denkbild der<br />

expandierenden Sphäre begleitete Fuller bei der Entwicklung seiner Kugelgeometrie. 12<br />

Kugeln werden an den Eckpunkten eines Ikosaeder um eine innenliegende 13-te Kugel<br />

angeordnet, und zwar so, dass jede Kugel die benachbarte berührt. Die äußere Form<br />

dieser 13 Kugeln ergibt wieder annähernd eine Kugel.<br />

Ausgestattet mit der Funktion von Übernachtungs-Kojen sowie der Option von<br />

‚Naßkugelnʼ innerhalb des Kugelverbandes sollte das 13-teilige Kugelkonglomerat mit<br />

innenliegender Erschließungskugel in zerlegbarer Leichtbauweise konstruiert werden.<br />

Um einen Sichtschutz zu den jeweils benachbarten Kugelelementen zu gewährleisten,<br />

wurde jede einzelne Kugel (mit Ausnahme der Erschließungskugel in der Mitte) zur<br />

Hälfte blickdicht ausgeführt. Als begeh- bzw. bewohnbare Skulptur soll dieses Projekt<br />

bei temporären Veranstaltungen als mobile Unterkunft zur Anwendung kommen.<br />

Ansicht<br />

Kugelpackung<br />

Vertikalschnitt<br />

Couchlehne<br />

Couch<br />

Boden der Kugel<br />

Horizontalschnitt<br />

Einstiegs- + Erschließungsbereich<br />

Zentrale Erschließungskugel<br />

Plastelinmodell<br />

Modellfoto


RELAXKABINEN<br />

Martin Glas/Christoph Schwab<br />

Im Warten am Bahnhof orteten Martin Glas und Christoph Schwab den Bedarf<br />

einer weiteren Haut zwischen der Kleidung und der Bahnhofsarchitektur<br />

selbst. Da, um das Einnisten von Obdachlosen zu vermeiden, auf vielen<br />

österreichischen Bahnhöfen keine Sitzgelegenheiten mehr angeboten werden<br />

(nur noch konzentriert auf konkrete Wartezimmer), versuchten sie den<br />

rollbaren Kofferwagen zu einem persönlichen Warteraum weiter zu entwickeln.<br />

Um auch auf Gruppen-Reisende Rücksicht zu nehmen sollte dieser aneinander<br />

koppelbar sein. Das Thema von Innen und Außen wird in dieser Arbeit in der<br />

Auseinandersetzung mit dem Kollektiven einerseits und dem Individuellen<br />

andererseits aufgegriffen, wobei versucht wird diesem mit den Mitteln des<br />

Industrial-Designs gerecht zu werden.<br />

‚The same situation can be seen in the world of fashion, where haute couture<br />

can encompass research, innovation, stridency and polemic, while prét-àporter,<br />

tied to production lines and sales, must focus on efficiency in terms of<br />

a palpable reality, often at the expense of all those aspects that make fashion<br />

design an avant-garde creative act.ʼ (aus: Gustau Gili Galfetti, Model Apartments<br />

– experimental domestic cells S. 8)<br />

Hohe Anforderungen an Dauerhaftigkeit von Material und Konstruktion,<br />

Flexibilität und platzsparende Lagerung sowie Hygiene aber auch der Anspruch<br />

an Serienfertigung und damit das Finden geeigneter Produktionsverfahren<br />

bestimmten damit die Herangehensweise an diese Arbeit. Die Grundstruktur<br />

sollte eine rollbare Rahmenkonstruktion sein, die Platz zum Sitzen, Liegen sowie<br />

der Unterbringung von Gepäck bietet und seitlich schließbar bzw. koppelbar sein<br />

soll. Inspiriert von Dante Donegani und Giovanni Lauda, die Ende der 90-er Jahre<br />

voll eingerichtete, fahrbare Boxen <strong>für</strong> den Haushalt entwickelten, versuchten die<br />

beiden ihre Entwurfsidee in einem ersten Schritt zu konkretisieren. Zusätzlich<br />

sollten ihre Wartezimmer auch noch als Lichtskulpturen im Bahnhofsgebäude<br />

oder am Bahnsteig wirksam werden um auf diese Art und Weise die, sich ständig<br />

verändernden räumlichen Konstellationen hervor zu heben.<br />

(Abb. links: Dante Donegani + Giovanni Lauda - Azioni a scomparsa, Milan, Italy 1997 aus: Gustau Gili<br />

Galfetti, Model Apartments – experimental domestic cells S. 42ff)<br />

Produktanalyse - Grundschema<br />

Vorgangsweise:<br />

1. Themenspezifische Anpassung der Kriterien<br />

2. Funktionsbewertung<br />

3. Funktionsgewichtung<br />

4. Vergleich: Gebrauchswert - Tauschwert<br />

(aus: Produkt-Design ...von der Idee zur Serienreife; Gerhard Heufler)


ORT DER VERWANDLUNG<br />

EINKLEIDEN, ENTKLEIDEN, UMKLEIDEN, VERKLEIDEN, ANKLEIDEN...<br />

Die Umkleidekabine bezeichnen Regina Lechner und Ute Inselsbacher als den Ort, wo das Thema<br />

‚Räume zwischen Kleidern und Bautenʼ Gestalt annimmt. Der Mensch betritt diese, um Schutz vor<br />

den Blicken anderer zu finden und sich so eine neue Erscheinung, durch Kleidung, zuzulegen – gleich<br />

einer Verwandlung. Nach dem Betreten bzw. dem Heraustreten aus der Kabine hat sich der Benutzer<br />

verändert – ein Zusammenspiel von Camouflage und Metamorphose.<br />

Sowohl Spiegel als auch Spirale sind <strong>für</strong> die beiden ein Symbol der Unendlichkeit. Daher leiten sie die<br />

Materialität und die Formgebung ihrer Umkleidekabine ab. ‚Die Kabine erlangt dadurch eine Weite, die<br />

in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Alles wirkt offener und nicht beengend, wie es in dem eigentlich<br />

kleinen Raum sonst wäre. Die Spirale kann sich bis in die kleinste Unendlichkeit zurückziehen, genau<br />

an die Stelle, an der sich der Mensch befindet. Die Wandelemente in denen sich der Betrachter immer<br />

wieder spiegelt, kehren diesen Effekt durch ihre erweiternde Unendlichkeit um. Durch die Aufhebung<br />

der beiden so gegensätzlichen Unendlichkeiten wird ein Raum aus dem ‚Nichtsʼ geschaffen.ʼ<br />

Wie ein Wasserstrudel zieht der Eingang am Beginn der Spirale den Benutzer regelrecht ins Innere<br />

hinein.<br />

Die Wände werden aus auf Schienen geführten, schmalen, vertikalen, schräg, in spiralform aufgestellten,<br />

beidseitigen Spiegeln gebildet. Wie einen Umhang zieht sich der Benutzer seine Kabine über, die sich<br />

ansonsten zusammengefalten in einem Wandverbau befindet.<br />

Im Inneren ist es ihm nicht möglich sich vollständig zu betrachten. Sein Spiegelbild wird in vertikale<br />

Fragmente geteilt, die sich gegenseitig überlappen. Durch das Gegenüberliegen der einzelnen<br />

Spiegelelemente befindet man sich im Inneren der Spirale in einem unendlichen Meer von vertikalen<br />

Fragmenten seiner selbst. Um sich seiner ‚Verkleidungʼ auch mit dem Auge gewahr zu werden, muss<br />

man die Kabine verlassen und seine Verwandlung zu Tage führen.<br />

Nach außen hin gibt die Kabine durch Spiegelung der Umgebung vor, nicht vorhanden zu sein.<br />

...TARNEN, EINANDER VERKLEIDEN UND DAS MENSCHLICHE AUGE TÄUSCHEN...<br />

Regina Lechner/Ute Inselsbacher


A6 - SCHLAFSTÄTTE FÜR DEN EXTREMBEREICH<br />

‚Es gibt noch Betten. Wohnungen, streng, eng und strickt gesprochen. Streng eng und strickt<br />

gesprochen, wohnen wir in Betten. Wir wohnen in der Strenge und Enge der Betten.ʻ(...) Der<br />

Abgrund des Schlafes ist unter dem Bette offen. Er ruft mich, dass ich falle. (...)<br />

aus: Vilem Flusser, Dinge und Undinge - phänomenologische Skizzen S. 90ff<br />

Foto ganz oben aus: Arch+ Zeitschrift f. Architektur u. Städtebau Nr. 111 S. 48<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Arbeit mit dem Titel A6, der sich auf<br />

einen theoretischen Schwierigkeitsgrad in der kanadischen<br />

Kletterroutenbewertung bezieht, war das Kapselhotel von Kisho<br />

Kurokawa in Osaka (1979). Die Zelle, als Minimalraum in der<br />

Größe eines Schlafplatzes, wird innerhalb dieses Hotelkonzeptes<br />

platzsparend aneinandergereiht. Es besteht aus gestapelten<br />

‚Schlafwabenʻ in denen man sich nur liegend bzw. sitzend<br />

aufhalten kann.<br />

Die Zelle wird in der Biologie als die kleinste, lebensfähige<br />

Einheit definiert. Sie ist ein sich selbst regulierendes, offenes,<br />

mit seiner Umgebung im permanenten Austausch stehendes<br />

System. Etymologisch gesehen kommt das Wort Zelle vom<br />

kirchenlateinischen Cella und bedeutet kleiner Raum.<br />

Durch die Auseinandersetzung mit der Zelle einerseits,<br />

sowie dem Kokon, als der dem Körper naheliegenster Raum<br />

andererseits, entwickelten Riemer und Pilch eine Schlafstätte<br />

<strong>für</strong> den Extrembereich die eine Mischung aus Bekleidung und<br />

kompakter Zelle darstellt.<br />

Die ‚Substructureʼ wird aus einem Alugestell in Form<br />

einer Rechteckspyramide gebildet. Darüber stülpt<br />

sich eine ‚Superstructureʼ, ein Textil aus künstlichen<br />

Spinnenseidegemisch, welches durch Impregnierungen<br />

witterungsbeständig gemacht wird und den eigentlichen<br />

Raumabschluss, die Raumhülle bildet, wobei die Seitenteile<br />

öffenbar ausgeführt sind.<br />

Veronika Riemer/Erwin Pilch


ollhops<br />

Jakob Kocher<br />

‚Mantel und Zelt stehen einander sehr nahe. Den weiten schweren Radmantel, den man früher so<br />

häufig getragen hat, könnte man ein Zelt heißen, welches man mit sich herumträgt, und das Zelt<br />

einen feststehenden Mantel, mit welchem man sich einhüllt, in welchen man mit dem ganzen<br />

Leibe hineinschlieft, wie man etwa mit dem Arm in den Ärmel eines Rockes hineinschlieft.ʼ<br />

Pettenkofer, Max von; in: Haus-Kleider zum Phänomen der Bekleidung in der Architektur; Karin Harather, S. 10ff<br />

<strong>XXsmall</strong>...<strong>UN*TRAGBAR</strong> stellte <strong>für</strong> Jakob Kocher eine unmittelbare Verbindung zum Thema<br />

der Obdachlosigkeit her. Nicht die gebaute Struktur, sondern ein mobiles Gehäuse schien ihm<br />

angemessen, um die Mobilität Obdachloser nicht zu beeinträchtigen.<br />

Unter dem Motto ‚Tragbares <strong>für</strong> Untragbareʼ entwickelte er eine Art ‚Arbeitskleidungʼ im Sinne<br />

einer Schutzkleidung <strong>für</strong> Obdachlose, deren äußeres Erscheinungsbild sich im Wesentlichen aus<br />

rein funktionellen Erfordernissen ergibt. Durch das bewusste Außerachtlassen von dekorativen<br />

oder auch modischen Elementen und der Reduktion auf das Wesentliche tritt eine besondere<br />

gestalterische Qualität zu Tage, deren Kriterien im funktionellen, praktischen, zeitlosen Schnitt,<br />

der Strapazfähigkeit des Materials sowie in einer soliden Verarbeitung liegen. Die Materialien <strong>für</strong><br />

diesen Wohmmantel stammen alle aus der Altkleidersammlung der Caritas.<br />

Neben der Schutzfunktion <strong>für</strong> den Obdachlosen vor Kälte, Nässe oder auch Hitze war <strong>für</strong> Kocher<br />

auch die soziale Komponente bezüglich einer gesellschaftlichen Eingliederung ein Anliegen.<br />

Durch die Ausstattung der Obdachlosen mit Zweckkleidungen gelingt ihm in gewissem Sinne<br />

eine Umwandlung vom ‚Untragbarenʼ zum ‚Zweckbauʼ unserer Gesellschaft, wozu Karin Harather<br />

folgendes schreibt:<br />

‚Heute kommt der Arbeitskleidung häufig Schutzfunktion im umgekehrten Sinne zu. In vielen<br />

Fällen soll nicht der Mensch vor äußeren Einwirkungen geschützt werden, sondern - ganz im<br />

Gegenteil – die Arbeitskleidung soll verhindern, dass die Umgebung, vor allem das ‚Arbeitsgutʼ,<br />

durch den Menschen oder dessen Kleidung verunreinigt wird. (...) Diverse Kopfbedeckungen<br />

von Küchenangestellten oder auch die keimfreie Chirurgenkleidung sind die bekanntesten<br />

Beispiele einer solcherart schützenden Arbeitskleidung.ʼ<br />

aus: Haus-Kleider zum Phänomen der Bekleidung in der Architektur; Karin Harather, S. 91<br />

annahme zur hülle der obdachlosen<br />

der obdachlose das phänomen der städte - der wanderer festgehalten in einem umfeld – der bezug zum<br />

beduinen im städtischen raum – sein haus - sein mantel - seine kleidung - alles hab und gut bei sich – bildet<br />

seinen schutz vor – kälte – nässe – wärme – und seiner umgebung – schutz vor der gesellschaft ?<br />

ort – großstädte<br />

situation der gesellschaft – situation der familie – (getragen werden) ertragen werden


SITWALL<br />

Die Ausdrücke Wand und Gewand haben eine gemeinsame Wurzel. ‚Sie bezeichnen den gewebten und<br />

gewirkten Stoff, der die Wand bildet.ʼ<br />

Gottfried Semper in: Haus-Kleider zum Phänomen der Bekleidung in der Architektur; Karin Harather, S. 11<br />

IDEE<br />

Die Funktion einer Wand ist im Wesentlichen die Abteilung von Räumen, die Grenze zwischen Innen<br />

und Außen. Wir benutzen sie als Halterung von unseren Bildern, Durchbrechen sie um Tageslicht in<br />

unsere Räume eindringen zu lassen, lehnen alle möglichen Sachen und uns selbst gegen sie, oft wird<br />

sie mit unzähligen Plakaten und Postern beklebt.<br />

Wir haben versucht, eine vertikale Wand mehr in das Mobiliar zu integrieren, sie persönlich zu<br />

benutzen, sich in sie hineinzusetzen. Auf möglichst kleinen Raum einen möglichst großen Nutzen zu<br />

erzielen war unsere Intension, da die Wand im unbenützten Zustand eine vertikale Scheibe, Wand<br />

bildet und im öffentlichen Raum ein richtungsweisendes Element darstellt.<br />

Georg Kettele/Stefan Lackner<br />

Urbane Plätze sind überfüllt mit Reklametafeln, welche nur die Funktionen der Werbung erfüllen.<br />

Der zweite Leitgedanke war es, eine Werbetafel im öffentlichen Raum zu kreieren, die einerseits<br />

Informationen an den Konsumenten bringt und andererseits als urbanes Möbelstück verwendet<br />

werden kann.<br />

INTERAKTIVE KUNST<br />

Die Werbung kann auf unsere SITWALL projiziert oder direkt aufgedruckt werden. In beiden<br />

Varianten wird die Darstellung, die Botschaft, durch Hineinsetzen verzerrt, verändert. Durch die<br />

Benutzung von Menschen wird jedes Mal eine neue Wand kreiert, welche beim Verlassen aller<br />

Personen sich wieder auf ihre Ursprungsform zurückformt.


STIFTWAND<br />

‚Wände sind Dinge meiner Umgebung. Sie bedingen mich, ohne dass ich mir darüber<br />

Rechenschaft ablegen könnte. Denn sie stehen stumm um mich herum, von meiner<br />

Gewohnheit an sie geknebelt. Gelingt es mir aber, durch meine Gewohnheit hindurch bis<br />

zu ihnen vorzustoßen, um sie zu sich selbst zu befreien, dann sprechen sie eine sehr<br />

beredte Sprache.ʼ<br />

Vilem Flusser, Dinge und Undinge - phänomenologische Skizzen; Wände; Edition Akzente Hanser Verlag 1993,<br />

S 32<br />

Ausgangspunkt auch <strong>für</strong> diese Arbeit, mit dem Titel ‚Stiftwandʻ, war die Wand sowie die<br />

Auseinandersetzung mit dem Innen und dem Außen.<br />

Nach Gottfried Semper war die Bekleidung der Mauer das Ursprüngliche, seiner<br />

räumlichen und architektonischen Bedeutung nach das Wesentliche; die Mauer selbst<br />

nur das Sekundäre.<br />

Obal und Steyer heben die Wand aus dieser Sekundärfunktion als Traggerüst heraus. Sie<br />

entwickelten die Wand, losgelöst aus ihrem üblichen baulichen Kontext der ‚vier Wändeʼ,<br />

als Möbelstück, als Innen und Außen gleichzeitig weiter, indem sie das Prinzip der Wand<br />

dialektisch verschwinden lassen. Das heißt, Wand wird zur bzw. zum Vorwand. Die Wand<br />

wird zum Raum, sie wird begehbar, bewohnbar.<br />

Individuell wie die Kleidung können sowohl Innenräume als auch Außenräume in die Wand<br />

gedrückt werden. Auf der jeweiligen Rückseite findet sich immer die Negativform des<br />

Raumes. Im Gegensatz zur Sitwall von Kettele und Lackner, die nach Benutzung in die<br />

ursprüngliche Form der Wand zurückgeht, hinterlässt die Stiftwand einen Abdruck, eine<br />

Spur des Benutzers, und zwar solange bis der nächste Benutzer diese Spur durch eine<br />

neue verwischt.<br />

Hintergrundbild aus: Latent Utopias - Experiments with contemporary architecture, Zaha Hadid/Patrik Schumacher<br />

steirisc(:her:)bst Verlag Springer Wien, New York<br />

Nina Obal/Reinhard Steyer<br />

VARIATIONEN UND MÖGLICHKEITEN<br />

MENSCH LIEGE TISCH + STÜHLE SITZGELEGENHEIT MIT<br />

ARMLEHENEN<br />

KASTEN (KUSCHEL-) HÖHLE BETT REGAL<br />

TREPPE WÄSCHETROCKNER SOFA EIGENE IDEEN


RAUCHERZONE - Rauchsäulen<br />

Angelika Tutzer/Peter Heckeroth<br />

‚Der Philosoph denkt, wenn er drinnen und draußen sagt, an sein und nichtsein. (...) Das Draußen<br />

und das Drinnen sind zwei Innerlichkeiten; sie sind immer bereit umzukippen, ihre Feindlichkeit<br />

auszutauschen.ʼ aus: Die Poetik des Raumes, Gaston Bachelard; Verlag Fischer Frankf. a. M. 1987 S 211 ff<br />

In Anbetracht der Tatsache, dass das Rauchen im öffentlichen Raum (Flughäfen, Bahnhöfe etc.)<br />

immer mehr eingeschränkt wird, muss der Raucher auf Raucherzonen ausweichen. Das Bild des<br />

Rauchens, überall und zu jeder Zeit soll aber nicht verloren gehen. Die Raucherzone soll mobil und<br />

praktisch sein – der Aufbau der Säule erfolgt nach dem Prinzip des Elementarhauses von Martin<br />

Ruiz de Azua. Durch eine runde Öffnung am Boden stülpt man sich seine Raucherzone über.<br />

Durch simples eintreten von warmer Luft behält die Zone ihre Form. Im Taschenformat kann die<br />

Raucherzone den Raucher überall hin begleiten. Ein ungestörtes Rauchen wird möglich – sowohl<br />

<strong>für</strong> Raucher als auch Nichtraucher. Nach dem Verlassen der Raucherzone wird die runde Öffnung<br />

am Boden mit Hilfe einer Schnur zusammengezogen und verschlossen. Nachdem die Raucherzone<br />

verlassen und über die Schnur zusammengezogen wurde ermöglicht ein<br />

Filter am Boden das Entweichen der Luft.<br />

Danach ist ein Zusammenfalten der Raucherzone gewährleistet.<br />

Interessanter Aspekt dieser Arbeit ist die Umkehrung der Schutzfunktion<br />

einer Haut, eines Kleidungsstückes oder eines Gebäudes. Bietet normalerweise<br />

der Innenraum Schutz vor dem Außen, so wird in diesem Fall der<br />

Außenraum vor dem Innenraum geschützt.<br />

Weiters thematisieren Tutzer und Heckeroth mit ihrer Arbeit den<br />

Zusammenhang von Sozialisation und Raum. Durch das Hervorheben<br />

des ‚räumlichen settingsʻ einzelner Personen im Raum, das sich immer wieder verändert, wird<br />

eindeutig wie menschliche Bewegungen, Positionen und Beziehungen zueinander Raum bilden und<br />

den Charakter eines Raumes bestimmen.<br />

motivation elementarhaus: die montage erfordert keinerlei anstrengung. man läßt einfach luft durch das loch am boden<br />

des stoffes hineinströmen, und ein neues haus entsteht. von innen hat man einen gefilterten ausblick nach draußen.<br />

beidseitig beschichtetes, metallisches polyester bietet schutz gegen hitze und kälte und dient in jeder umgebung<br />

als attraktiver blickfang. (Abb. oben: Elementarhaus von M. Ruiz de Azua aus: Große Ideen XS kleine BauKunstWerke; DVA 2002)<br />

im selbst angefertigten prototyp mit den abmessungen 80*80*180 wurde ein erster ‚rauchtest‘ abgehalten. <strong>für</strong><br />

abgehärtete raucher sollte es kein problem darstellen die raucherzone zu benutzen. damit aber der rauch besser<br />

aufsteigen kann und sich nicht auf kopfhöhe sammelt, sollen die außenmaße 70*70*210 betragen. dieses volumen<br />

läßt sich auch problemlos in taschenformat zusammenfalten.


KARTOFFEL<br />

Sophie Grünewald/Christian Kleinschuster<br />

‚Die Eierschale ist das hervorragenste uns bekannte Konstruktionsbeispiel <strong>für</strong> größtmögliche<br />

Widerstandsfähigkeit gegenüber innerer und äußerer Belastung in Verbindung mit<br />

geringstmöglicher Kraft.ʻ<br />

(aus: Friedrich Kiesler – INSIDE THE ENDLESS HOUSE, Dieter Bogner; Verlag Böhlau Wien 1997 S. 52)<br />

Die gegossene Einheit – nach Friedrich Kiesler ein Schalen-Monolith, leichtgewichtig und<br />

mobil, der Boden setzt sich in der Wand fort, die Wand im Dach, das Dach in der Wand,<br />

die Wand im Boden – ist <strong>für</strong> die Arbeit ‚Kartoffelʼ von Sophie Grünewald und Christian<br />

Kleinschuster grundlegende Idee.<br />

Ausgehend von der Urform des Eies, in dem Lebewesen heranwachsen, wurde ein, an<br />

durchschnittliche Körpermaße angepasster, minimaler Rückzugsraum, der als Raum im<br />

Raum funktioniert entwickelt. Ursprünglich wurde, in Analogie zu Kieslers ‚Endless Houseʼ,<br />

angedacht, die Form von Innen nach Außen zu bearbeiten. Aufgrund der Materialwahl,<br />

Glasfasermatten und Polyester auf Drahtgerüst, war dies aber wegen der starken<br />

Ausdunstungen des Polyesters nicht möglich. So bearbeiteten die Beiden ihr Grundgerüst<br />

von außen nach innen, wobei aufgrund des Materialverhaltens in Verbindung mit den<br />

vorherrschenden, zur Verarbeitung des Materials ungünstigen Temperaturverhältnissen<br />

eine vorher nicht absehbare Form, eine ideale Zufallsform, entstand, die auf sehr<br />

eigenwillige Weise die Ästhetik des Zusammenwirkens von Konstruktion, (un)sachgemäßes<br />

Herstellungsverfahren und Material widerspiegelt. Das Herstellen an sich wird zur<br />

Performance dessen Resultat im Vorfeld nicht konkret abschätzbar ist. Der Zufall, sowie<br />

das Reagieren auf diese Zufälligkeiten wird zur Methode. Durch diese Art des Experiments<br />

können das Formenrepertoire ebenso wie die Raumkonzepte der Architektur auf einer<br />

sehr elementaren Ebene, die Bewegung und Lebendigkeit zum Motiv hat, weiterentwickelt<br />

werden, indem man sich die einzelnen Entstehungsvorgänge ins Bewußtsein ruft und sich<br />

mit der formalen und räumlichen Komplexität des Entstandenen auf unterschiedlichen<br />

Ebenen einläßt.<br />

‚Es erscheint zunehmend geboten, die Kategorien des Zufallsereignisses und der spontanen<br />

Mutation in unsere Theorien von Innovation und Fortschritt einzubauen, auch wenn diese<br />

Begriffe - Zufälligkeit und Fortschritt - bislang als Antithesen galten. (...) Sollte man nicht<br />

wissen was man tut? Nicht unbedingt, wenn man wachsam genug ist, die eigenen Zwecke zu<br />

erkennen, wenn sie einem unterwegs begegnen. Man kann sehr wohl im Nachhinein erkennen<br />

und bestimmen, was man getan hat, im Rückblick auf das Geschehene.ʻ<br />

(Mechanismen radikaler Innovation, Patrik Schumacher in: Zaha Hadid architektur, Hrsg.: Noever Peter MAK/HATJE<br />

CANTZ Verlag 2003 S.19)<br />

Nachdem wir unsere Form zum ersten mal so richtig wahrgenommen haben, dachten wir uns ‚das ist kein Ei mehr‘. (Grünew./Kleinsch.)


Nachwort von Irmgard Frank<br />

Entwerfen<br />

Im Studienjahr 2002/03 wurde ein neuer Studienplan installiert, der im ersten Studienabschnitt<br />

dem Kurzentwurf eine besondere Bedeutung zukommen lässt. In jeweils einwöchigen<br />

Workshops wird anhand eines klar abgegrenzten und definierten Themas ein Kurzentwurf<br />

erarbeitet. Die seminaristische Form und die zeitliche Konzentration auf eine Woche lässt<br />

gruppendynamische Prozesse mit geballter Intensität entstehen. Der Entwurfsvorgang<br />

ist ein Vorgang der Synthese. Hier werden alle relevanten Aspekte zusammengefügt und<br />

in ein räumliches Äquivalent übersetzt. Was „Entwerfen“ nun wirklich bedeutet wird von<br />

Laien missverstanden und von (angehenden) Fachleuten oft unterschätzt. Der Moment des<br />

Übergangs von konzeptionellen Überlegungen zur architektonischen Umsetzung ist daher oft<br />

ein kritischer. Es gibt unterschiedliche methodische Zugänge und persönliche Vorgangsweisen<br />

damit umzugehen. Im Entwurfsprozess bewegt man sich ständig zwischen den beiden Polen<br />

des reflektierenden Beobachters und Kritikers einerseits und des aus diesem gedanklichen<br />

Konstrukt räumlich Schaffenden anderseits. Architekten thematisieren diesen Vorgang des<br />

Entwerfens selten. Eher kennt man Aussagen von Schriftstellern über den Prozess des<br />

Schreibens. Wie also bringe ich das gedankliche Konstrukt „raus aus dem Kopf und aufs<br />

Papier“. Die Workshops bieten gerade da<strong>für</strong> ein geeignetes Trainingsfeld. Überschaubare<br />

präzise formulierte Aufgabenstellungen eignen sich ausgezeichnet um Fertigkeiten im<br />

Entwerfen zu trainieren, den eigenen Zugang dazu zu finden und zu schärfen, sowie andere<br />

Herangehensweisen kennenzulernen und zu beobachten. Die zeitliche Dichte und das<br />

Miteinander erzeugt eine intensive, kreative Arbeitsstimmung, in der der oft zur Lähmung<br />

führende Entstehungsdruck abgelöst wird vom Virus der Begeisterung.<br />

Thema<br />

Am <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Raumgestaltung</strong> ist die Auseinandersetzung mit Raum, wie, wodurch und womit<br />

wir Raum wahrnehmen zentrales Thema. Obwohl uns diese Fragen aus architektonischer<br />

Sicht interessieren, geht es uns nicht nur um den rein architektonischen Raum. Wir nehmen<br />

Raum durch unseren eigenen Körper wahr, indem wir atmen nehmen wir uns Raum, durch<br />

Verhaltensweisen und Gesten beanspruchen wir Raum oder lassen uns diesen nehmen.<br />

Indem wir uns durch den Raum bewegen nehmen wir diesen als sich permanent verändernden<br />

wahr. Die Kleidung, als zweite Haut kann als Raum in dem sich unser Körper aufhält gelesen<br />

werden. Der Raum zwischen Körper und Kleidung kann null oder auch mehr sein. Das Zelt als<br />

textile Hülle hat so betrachtet mehr als mehr Raum. Wir definieren es ist bereits Behausung.<br />

Das Workshop „ xxsmall... <strong>UN*TRAGBAR</strong>“ hatte genau diesen Zwischenbereich zwischen<br />

Haut und Hülle zum Thema. Was daraus entstand zeigt die vorliegende Publikation.<br />

Das erfreulich vielfältige und niveauvolle Ergebnis dieses Workshops ist vor allem durch<br />

die sorgsame Vorbereitung und Leitung von Franziska Klug möglich geworden. Treibende<br />

Kraft war ihr persönliches Interesse die Thematik aufzugreifen und dieser nachzuspüren. Der<br />

von ihr eingebrachte komprimierte Input mittels Impulsreferaten, Büchertisch, permanentes<br />

Einwerfen und Aufgreifen von Fragestellungen war Voraussetzung <strong>für</strong> die vorliegende<br />

Qualität der Ergebnisse. Vergleichbare Konzepte und Arbeitsstrategien vorhandener Projekte<br />

heranzuziehen um Sparringpartner (Analogien) <strong>für</strong> den eigenen Entwurf zu haben, war<br />

methodischer Hintergrund. In diesem Sinne wünsche ich allen Workshopteilnehmern und<br />

Lesern viel Freude an der Publikation. Es wäre wünschenswert und durchaus im Bereich des<br />

Möglichen, wenn das eine oder andere Projekt das Interesse künftiger Nutzer weckt und so<br />

über den vorhandenen Prototyp hinaus weiterentwickelt wird.

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