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michael<br />
fiebrich<br />
Reiner Wein aus dem Ahrtal<br />
„Reinen Wein einschenken“ ist eine geläufige Redewendung,<br />
die dafür steht, die unverfälschte Wahrheit zu sagen.<br />
Dahinter steckt, dass Wein ein Genussmittel ist, an das von<br />
jeher hohe Anforderungen in Sachen Qualität, Reinheit und<br />
unerlaubter Zusatzstoffe gestellt werden. Als Verbraucher<br />
will man sichergehen, dass in diesen Getränken nur das drin<br />
ist, was man erwartet.<br />
Allerdings: Was drin ist und was drin war und wieder<br />
rausgenommen wurde, darüber sind sich nicht alle<br />
Menschen im Klaren. Denn Wein wird oft, um ungewünschte<br />
Kleinteilchen herauszufiltern, die den Wein<br />
trüben könnten, mit Gelatine „geklärt“, die dem Wein<br />
anschließend wieder entzogen wird. Wer als Veganer<br />
also Wein trinkt, trinkt zwar keine Gelatine, aber schon<br />
der Gedanke, dass diese auf dem Weg zum Endprodukt<br />
verwendet wurde, verleidet den Genuss.<br />
Um zu ergründen, warum und wie die Gelatine in den<br />
Wein kommt, haben wir uns mit jemandem unterhalten,<br />
der sich damit auskennt: Michael Fiebrich, 34, aus<br />
Mayschoss im Ahrtal südwestlich von Bonn, ist ein<br />
junger Winzer, der sich bewusst entschieden hat, seine<br />
Trauben biologisch anzubauen und beim Ausbau des<br />
Weines auf Gelatine zu verzichten.<br />
Michael, wie kamst du zum Veganismus?<br />
Ich bin in der Eifel südlich von Aachen aufgewachsen, war<br />
jung, unzufrieden und wütend. Es gab in der Region eine<br />
kleine Hardcore-Szene, ich spielte in einer Band, ging auf<br />
viele Konzerte. Ich lebte damals sogar eine Weile straight<br />
edge, also ohne Alkohol, und das ist natürlich ein gewisser<br />
Gegensatz zu dem, was ich heute mache. Später kam<br />
dann das Interesse an vegetarischer und veganer Ernährung<br />
dazu, aber nicht durch die Musikszene, sondern weil<br />
ich mir Gedanken gemacht habe und zu dem Entschluss<br />
kam, dass es auch anders geht. Ich habe mich schon immer<br />
gegen vorgegebene Denkmuster gewehrt und versucht,<br />
mein eigenes Ding zu machen. Meine Entwicklung vom<br />
Vegetarier hin zum Veganer war dann auch eher eine allmähliche,<br />
es fing mit damit an, keine Lederschuhe mehr zu<br />
kaufen. Damals war ich 19. Verstanden hat das in meinem<br />
Umfeld keiner. Die dachten wohl, das sei so eine jugendliche<br />
Phase, die sich wieder gibt. Das war dann aber nicht so.<br />
Und wie begann dein langer Weg zum Winzer?<br />
Ich habe nach dem Zivildienst eine Ausbildung zum Landwirt<br />
gemacht. Ich wollte eigentlich ökologischer Gemüsebauer<br />
werden, der Betrieb, den ich fand, durfte aber<br />
nur zum Landwirt ausbilden, denn Landwirt und Gemüsegärtner<br />
sind zwei verschiedene Ausbildungsberufe.<br />
Ich dachte, dass da kein großer Unterschied besteht, bis<br />
Foto: Joachim Hiller<br />
nach einem halben Jahr die Landwirtschaftskammer feststellte,<br />
dass mein Betrieb ja gar keine Viehhaltung hat,<br />
das aber zu meiner Ausbildung gehört. Also sollte ich ab<br />
dem zweiten Jahr in einen Betrieb mit Viehhaltung wechseln.<br />
Damals war ich noch „nur“ Vegetarier und kam so zu<br />
einem alten Bekannten meines Vaters, der in der Südeifel<br />
einen Betrieb mit Milchschafen hatte. Die Arbeit dort<br />
fand ich sehr interessant und ich habe auch viel gelernt,<br />
etwa darüber, dass man in einer Region wie der Eifel als<br />
Gemüsebauer aufgrund der klimatischen Bedingungen<br />
nicht weit kommt, dass Viehhaltung also auch einen kulturellen<br />
Hintergrund hat. In dieser Gegend kann man zwar<br />
im Hausgarten etwas Gemüse anbauen, doch um als Bauer<br />
davon zu leben, dafür reicht es nicht: niemand wäre bereit,<br />
drei Euro für einen Salatkopf zu bezahlen. Also bleibt dort<br />
nur die Viehhaltung. Ich habe in diesem Betrieb auch ganz<br />
konkret gesehen, wie eng Fleisch- und Milchwirtschaft<br />
zusammenhängen. Das eine Jahr in dem Betrieb habe ich<br />
dann durchgezogen, und es machte mir auch durchaus<br />
Spaß, an der Produktveredlung, also von der Milch zum<br />
Käse, mitzuarbeiten und zu sehen, wie das alles funktioniert.<br />
Konsequenterweise habe ich in den letzten Monaten<br />
in diesem Betrieb auch das Fleisch der Tiere dort gegessen.<br />
Es erschien mir inkonsequent, das nicht zu tun.<br />
Und danach wurdest du endgültig zum Veganer?<br />
Ja, nachdem ich meinen Ausbildungsteil dort beendet hat,<br />
war mir klar, dass es vegan weiterlaufen muss. Ich hatte<br />
den Zusammenhang zwischen Fleisch und Milch erlebt<br />
und verstanden und empfand es als unnötig, dass Tiere<br />
sterben müssen, um mich zu ernähren. Mit dem heutigen<br />
jahrelangen Abstand zu dieser für mich extremen Situ