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VOLKER MEHL - Ox Fanzine

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16<br />

michael<br />

fiebrich<br />

Reiner Wein aus dem Ahrtal<br />

„Reinen Wein einschenken“ ist eine geläufige Redewendung,<br />

die dafür steht, die unverfälschte Wahrheit zu sagen.<br />

Dahinter steckt, dass Wein ein Genussmittel ist, an das von<br />

jeher hohe Anforderungen in Sachen Qualität, Reinheit und<br />

unerlaubter Zusatzstoffe gestellt werden. Als Verbraucher<br />

will man sichergehen, dass in diesen Getränken nur das drin<br />

ist, was man erwartet.<br />

Allerdings: Was drin ist und was drin war und wieder<br />

rausgenommen wurde, darüber sind sich nicht alle<br />

Menschen im Klaren. Denn Wein wird oft, um ungewünschte<br />

Kleinteilchen herauszufiltern, die den Wein<br />

trüben könnten, mit Gelatine „geklärt“, die dem Wein<br />

anschließend wieder entzogen wird. Wer als Veganer<br />

also Wein trinkt, trinkt zwar keine Gelatine, aber schon<br />

der Gedanke, dass diese auf dem Weg zum Endprodukt<br />

verwendet wurde, verleidet den Genuss.<br />

Um zu ergründen, warum und wie die Gelatine in den<br />

Wein kommt, haben wir uns mit jemandem unterhalten,<br />

der sich damit auskennt: Michael Fiebrich, 34, aus<br />

Mayschoss im Ahrtal südwestlich von Bonn, ist ein<br />

junger Winzer, der sich bewusst entschieden hat, seine<br />

Trauben biologisch anzubauen und beim Ausbau des<br />

Weines auf Gelatine zu verzichten.<br />

Michael, wie kamst du zum Veganismus?<br />

Ich bin in der Eifel südlich von Aachen aufgewachsen, war<br />

jung, unzufrieden und wütend. Es gab in der Region eine<br />

kleine Hardcore-Szene, ich spielte in einer Band, ging auf<br />

viele Konzerte. Ich lebte damals sogar eine Weile straight<br />

edge, also ohne Alkohol, und das ist natürlich ein gewisser<br />

Gegensatz zu dem, was ich heute mache. Später kam<br />

dann das Interesse an vegetarischer und veganer Ernährung<br />

dazu, aber nicht durch die Musikszene, sondern weil<br />

ich mir Gedanken gemacht habe und zu dem Entschluss<br />

kam, dass es auch anders geht. Ich habe mich schon immer<br />

gegen vorgegebene Denkmuster gewehrt und versucht,<br />

mein eigenes Ding zu machen. Meine Entwicklung vom<br />

Vegetarier hin zum Veganer war dann auch eher eine allmähliche,<br />

es fing mit damit an, keine Lederschuhe mehr zu<br />

kaufen. Damals war ich 19. Verstanden hat das in meinem<br />

Umfeld keiner. Die dachten wohl, das sei so eine jugendliche<br />

Phase, die sich wieder gibt. Das war dann aber nicht so.<br />

Und wie begann dein langer Weg zum Winzer?<br />

Ich habe nach dem Zivildienst eine Ausbildung zum Landwirt<br />

gemacht. Ich wollte eigentlich ökologischer Gemüsebauer<br />

werden, der Betrieb, den ich fand, durfte aber<br />

nur zum Landwirt ausbilden, denn Landwirt und Gemüsegärtner<br />

sind zwei verschiedene Ausbildungsberufe.<br />

Ich dachte, dass da kein großer Unterschied besteht, bis<br />

Foto: Joachim Hiller<br />

nach einem halben Jahr die Landwirtschaftskammer feststellte,<br />

dass mein Betrieb ja gar keine Viehhaltung hat,<br />

das aber zu meiner Ausbildung gehört. Also sollte ich ab<br />

dem zweiten Jahr in einen Betrieb mit Viehhaltung wechseln.<br />

Damals war ich noch „nur“ Vegetarier und kam so zu<br />

einem alten Bekannten meines Vaters, der in der Südeifel<br />

einen Betrieb mit Milchschafen hatte. Die Arbeit dort<br />

fand ich sehr interessant und ich habe auch viel gelernt,<br />

etwa darüber, dass man in einer Region wie der Eifel als<br />

Gemüsebauer aufgrund der klimatischen Bedingungen<br />

nicht weit kommt, dass Viehhaltung also auch einen kulturellen<br />

Hintergrund hat. In dieser Gegend kann man zwar<br />

im Hausgarten etwas Gemüse anbauen, doch um als Bauer<br />

davon zu leben, dafür reicht es nicht: niemand wäre bereit,<br />

drei Euro für einen Salatkopf zu bezahlen. Also bleibt dort<br />

nur die Viehhaltung. Ich habe in diesem Betrieb auch ganz<br />

konkret gesehen, wie eng Fleisch- und Milchwirtschaft<br />

zusammenhängen. Das eine Jahr in dem Betrieb habe ich<br />

dann durchgezogen, und es machte mir auch durchaus<br />

Spaß, an der Produktveredlung, also von der Milch zum<br />

Käse, mitzuarbeiten und zu sehen, wie das alles funktioniert.<br />

Konsequenterweise habe ich in den letzten Monaten<br />

in diesem Betrieb auch das Fleisch der Tiere dort gegessen.<br />

Es erschien mir inkonsequent, das nicht zu tun.<br />

Und danach wurdest du endgültig zum Veganer?<br />

Ja, nachdem ich meinen Ausbildungsteil dort beendet hat,<br />

war mir klar, dass es vegan weiterlaufen muss. Ich hatte<br />

den Zusammenhang zwischen Fleisch und Milch erlebt<br />

und verstanden und empfand es als unnötig, dass Tiere<br />

sterben müssen, um mich zu ernähren. Mit dem heutigen<br />

jahrelangen Abstand zu dieser für mich extremen Situ

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