Thesenpapier - Migration - Integration - Diversity
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Arbeit macht. Bei näherem Hinsehen wird in der Regel schnell deutlich, dass sich<br />
weder das Personal interkulturell zusammensetzt, noch auf Basis einer<br />
interkulturellen Konzeption gearbeitet wird.<br />
Frau Dr. Baumgratz-Gangl, die am Bundesinstitut für Berufsbildung arbeitet,<br />
beschreibt die Situation in einem Beitrag sehr treffend:<br />
„Trotz der Beschwörung interkultureller Kommunikationsfähigkeit und der wie Pilze<br />
aus dem Boden wachsenden Trainings und „Module“ ist das Handeln der Akteure,<br />
aber auch der Zielgruppen selbst, von den eigenen, meist unbewusst wirkenden<br />
Normen und Stereotypen geprägt.<br />
Monokulturell, d.h. an dominanten Berufsauffassungen und gesellschaftlichen<br />
Wertmustern der deutschen Mehrheitsgesellschaft ausgerichtete pädagogische<br />
Verhaltensweisen, curriculare Ansätze, Beratungskonzepte, Beurteilungen von<br />
Fähigkeiten etc. verstellen den Blick für diejenigen, die „beschult, beraten,<br />
klassifiziert, ausgewählt, einbezogen oder ausgegrenzt“ werden. An die Stelle einer<br />
gezielten Aufmerksamkeit tritt die stereotype Verstellung und die davon abgeleitete<br />
Hypothese über die Angemessenheit der Intervention.“ 38<br />
Abgesehen von der Fülle von Angeboten, die dazu führt, dass kaum noch jemand<br />
einen Überblick über die Angebotspalette hat, ist des weiteren Infrage zu stellen, ob<br />
ein maßnahmeorientierter Beratungsansatz zielbringend ist. In Fachkreisen wird<br />
schon seit längerem diskutiert, dass sich Beratung und Vermittlung an den<br />
Biographien, ihren Potentialen und Bedürfnissen der jungen Menschen orientieren<br />
muss und nicht an den vorhandenen standardisierten Angeboten.<br />
Faktoren, wie das Nebeneinander von Förderinstrumenten und Förderangeboten<br />
ebenso wie die unterschiedlichen Zuständigkeiten, die geradezu dazu verführen, die<br />
eigene Institution als unzuständig zu erklären, und die Aufgabe der Problemlösung<br />
anderen zuzuweisen: den Eltern, der Schule, dem Jugendamt, der Arbeitsagentur<br />
etc. sind bei einer Verbesserung der Problematik nicht gerade förderlich.<br />
Ein zielorientierter Ansatz würde bedeuten, dass alle beteiligten Akteure sich in der<br />
Verantwortung sehen und interdisziplinär, über gegenwärtige Zuständigkeiten hinweg<br />
und unter Zurückstellung von Eigeninteressen eine gemeinsame Strategie<br />
entwickeln und umsetzen!<br />
Dabei sind vor allem folgende Erkenntnisse aus der praktischen Arbeit zu<br />
berücksichtigen:<br />
Elternarbeit ist aus verschiedenen Gründen unbedingt erforderlich. Eltern<br />
nichtdeutscher Herkunft sind verhältnismäßig schlecht über unser Bildungssystem<br />
informiert. Obwohl sie ihre Kinder unterstützen möchten, wissen sie oft nicht wie,<br />
fühlen sich überfordert und schämen sich nicht selten wegen ihrer ‚Defizite’. Häufige<br />
Folgen sind Rückzug, Nichteilnahme an Informationsveranstaltungen etc. Der<br />
Kreislauf, der dadurch in Gang gesetzt wird, ist nicht zu unterschätzen. Ihre Kinder<br />
fühlen sich von ihnen nicht ausreichend unterstützt und die Vertreter/innen von<br />
Institutionen unterstellen Desinteresse am beruflichen Werdegang der Kinder. Die<br />
wenigsten verfügen über die Ressourcen, um ohne Unterstützung diesen Kreislauf<br />
zu durchbrechen. Deswegen sind Hilfestellungen zu entwickeln, die darauf abzielen,<br />
38 Baumgratz-Gangl, Gisela, Kompetenzen fördern – berufliche Qualifizierung, in: <strong>Migration</strong> und soziale Arbeit,<br />
Hrsg. Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V., 26. Jg., H.1, April 2004, S. 40