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gen von Gen 2-3? Wie sollen sich die Leser solcher Auslegungen ein angemessenes Urteil bilden<br />

können, wenn sie von solchen sprachlichen Zusammenhängen nichts erfahren?<br />

2. Die Erschaffung des Menschen: "Da formte Jahwe Gott den Menschen aus Erde vom Ackerboden<br />

<strong>und</strong> blies ihm den Atem des Lebens in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges<br />

Wesen" (Gen 2,7). Die Erschaffung des Menschen aus Erde bzw. Ton (Töpferlehm) ist im Alten<br />

Orient eine geläufige Vorstellung. Sie begegnet sowohl in Mesopotamien als auch in Ägypten,<br />

aber auch in Griechenland <strong>und</strong> Afrika. 33 Der akkadische Gilgamesch-Epos erzählt, wie die Göttin<br />

Aruru den Menschen aus Ton formt. Sie "kneift" dazu einen Lehmklumpen von einer größeren<br />

Menge Lehm ab. 34 Auch im babylonischen Atramhasis-Epos wird der Mensch aus Ton geschaffen.<br />

Damit er seiner Lebensaufgabe besser gewachsen ist, vermischen die Götter den Ton<br />

mit dem Blut eines untergeordneten Gottes. Nach ägyptischer Vorstellung erschafft der Schöpfergott<br />

Chnum die Menschen, indem er sie aus Ton zu Figuren formt. Eine andere Gottheit<br />

haucht diesen Figuren dann das Leben ein. Auf einem Relief ist Chnum zu sehen - in Menschengestalt,<br />

mit Widderkopf -, wie er an der Töpferscheibe arbeitet <strong>und</strong> einen Pharao aus Ton formt.<br />

Diese Beispiele zeigen, wie handfest <strong>und</strong> konkret man sich sowohl in Mesopotamien als auch in<br />

Ägypten die Erschaffung des Menschen durch die Götter vorgestellt hat. Die Götter gingen dabei<br />

genauso vor, wie menschliche Töpfer. Man unterschied nicht gr<strong>und</strong>sätzlich (kategorial) zwischen<br />

dem Schaffen der Götter <strong>und</strong> dem Schaffen der Menschen. Gerade in dieser Hinsicht ist<br />

der biblische Text (Gen 2,7) wesentlich vorsichtiger <strong>und</strong> zurückhaltender:<br />

Die biblische Erzählung von der Erschaffung des Menschen erzählt keine Details des Erschaffungsvorgangs.<br />

Wann hat Gott den Menschen erschaffen? Wo hat er ihn erschaffen? Wieviel<br />

Erde hat er genommen? Wie lange hat die Erschaffung gedauert? Trotz der anschaulichen Sprache<br />

wahrt der Text das Geheimnis des Schöpferwirkens. Der Erzähler hat ein sicheres Gespür<br />

dafür, dass er Gott nicht in falscher Weise vermenschlichen darf. Er spricht weder von einer<br />

"Gestalt" Gottes noch von seinen "Händen", seinem "M<strong>und</strong>", oder seinem "Atem". 35 Es findet<br />

sich auch kein Hinweis auf ein "Abkneifen" des Lehms, oder auf eine "Töpferscheibe". Im Hebräischen<br />

gibt es ein spezielles Wort für Töpferlehm ("chomär"; vgl. Gen 11,3 u.ö.). Dieses Wort<br />

wird in Gen 2,7 nicht benutzt. Dafür ist - anders als in den altorientalischen Parallelen - vom<br />

"Staub der Erde" die Rede. Dass das Wort "Staub" (afar) sehr bewusst verwendet wird, zeigt Gen<br />

3,19. Dort wird der gleiche Ausdruck noch einmal aufgegriffen („Denn Staub bist du <strong>und</strong> zum<br />

Staub wirst du zurückkehren“). Das Wort "Staub" passt aber denkbar schlecht zur Tätigkeit eines<br />

33 Vgl. zum Folgenden Yoyotte, Entstehung; Pettinato, Menschenbild. Auch Prometheus bildet den Menschen aus<br />

Lehm (vgl. Westermann, Urgeschichte, 279). Zu den zahlreichen afrikanischen Belegen vgl. Frazer, Arche, 6-20.<br />

Es ist kein Zufall, dass viele alte Völker gerade im Töpferlehm das Ausgangsmaterial für die Erschaffung des<br />

Menschen gesehen haben. Die Entdeckung, dass Ton <strong>und</strong> Lehm zu haltbaren Formen gestaltet werden kann, ge-<br />

hört zu den großen Entdeckungen der Menschheitsgeschichte. Sie führte nicht nur zu neuen Möglichkeiten im<br />

Mauerbau - man war nicht mehr ausschließlich auf Steine angewiesen, deren Transport oft mühsam war - <strong>und</strong> im<br />

Bau von Wasserleitungen, sondern sie war vor allem entscheidend für die Entstehung der Keramik. Die Keramik<br />

wiederum war für die Kultur der Menschen von so herausragender Bedeutung, dass man die frühe Geschichte der<br />

Menschen in die "vorkeramische" <strong>und</strong> "keramische Zeit" (ab 5500 v. Chr.) gliedert. Die Menschen waren faszi-<br />

niert, von den Gestaltungsmöglichkeiten dieses Materials. Aus feuchtem Lehm konnte man die unterschiedlich-<br />

sten Dinge gestalten: Ziegel, Röhren, Krüge, Töpfe, Vasen, Tiere, Vögel, Köpfe, ein menschliches Gesicht u.a.<br />

Mit dem Trocknen des Tons wurden alle diese Formen haltbar. Tongefäße sind wasserdicht. Sie schützen ihren<br />

Inhalt vor Feuchtigkeit, Licht <strong>und</strong> Hitze. Bis heute übt der Töpferlehm seine Faszinationskraft aus, nicht nur auf<br />

Töpfer, Künstler <strong>und</strong> Kinder.<br />

34 "Aruru wusch sich die Hände, kniff sich Lehm ab, warf ihn draußen hin. Enkidu, den Gewaltigen schuf sie, einen<br />

Helden ..." (Westermann, Urgeschichte, 279).<br />

35 Es ist nur vom "Atem des Lebens" die Rede, nicht aber vom "Atem Gottes".

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