Rebuilding Asmara - Hinterland Magazin
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38<br />
essen<br />
3 fornello, ein klei-<br />
ner Holzkohlenofen -<br />
im Flüchtlingslager<br />
meist aus WFP-<br />
Kanistern hergestellt<br />
4 Anhand des sog.<br />
„SPHERE Standard”<br />
misst die UNO den<br />
Standard der Wasserqualität<br />
und -<br />
quantität pro Person.<br />
Nach diesem<br />
Standard stehen<br />
jeder Person 20 l pro<br />
Tag zu. In Shimelba<br />
jedoch stehen den<br />
Bewohnern lediglich<br />
10-16 Liter Wasser<br />
zur Verfügung, in<br />
der Trockenzeit sind<br />
es lediglich 6-7 Liter.<br />
5 Barentu ist die<br />
Hauptstadt der<br />
Kunama, die etwa<br />
die Hälfte der<br />
Bewohner des<br />
Flüchtlingslagers<br />
ausmachen. Der<br />
Titel spielt auf die<br />
beiden ethnischen<br />
Gruppen an, die sich<br />
in dem Lager in<br />
unterschiedlichen<br />
Vierteln einquartiert<br />
haben.<br />
„Schlafen wie die Hunde es tun”<br />
Meheret, eine Mutter von zwei Kindern, erklärt,<br />
dass ihr die Ration für die ersten Tage relativ gut<br />
ausreicht. Ab der Monatsmitte beginnt sie, die<br />
Soßen, die zum ingera-Fladen gegessen werden,<br />
mit Wasser zu verdünnen und die Portionen zu<br />
verkleinern. Gegen Ende des Monats bleibt ihr<br />
nichts anderes übrig, als einzelne Mahlzeiten auszulassen<br />
und das Essen auf einmal pro Tag zu<br />
reduzieren. Andere Mütter berichten, dass sie sich<br />
in dieser Zeit lethargisch und müde fühlen und<br />
unfähig sind, zu arbeiten: „Das einzige, was uns<br />
bleibt, ist zu schlafen, wie die Hunde es tun.”<br />
Die kulinarischen Realitäten<br />
Eines Nachmittags besuchen wir Yonas, der gerade<br />
sein Mittagessen zubereitet. Wir sehen ihm zu, wie<br />
er mit großer Sorgfalt Zwiebeln und Tomaten<br />
schneidet und in einem Topf auf einem fornello 3<br />
verkocht. Anschließend vermengt er das Gemüse<br />
mit shiro-Pulver - einem aus Erbsen gewonnenen<br />
Pulver. Zu guter Letzt breitet er den gekauften<br />
ingera-Fladen auf einem großen Teller aus und<br />
schüttet die fertige Soße darüber. Wir sind<br />
erstaunt, dass er für sein Mittagessen - und auch<br />
für die anderen Mahlzeiten - außer etwas Öl nichts<br />
von seinen Rationen verwendet. Yonas schildert<br />
uns, dass es die meisten<br />
im Lager ähnlich halten.<br />
Sie verkaufen ihren Weizen<br />
an eine ingera-Bäckerin<br />
und kaufen später<br />
wieder den fertigen Fladen.<br />
Vergleicht man das<br />
Flüchtlingslager Shimelba<br />
mit anderen äthiopischen<br />
Flüchtlingslagern, so ist<br />
der Anteil unterernährter<br />
Menschen dort am höchsten.<br />
Das liegt hauptsächlich<br />
an den mangelhaften<br />
Essensrationen, aber auch<br />
der fehlenden Möglichkeit<br />
zu landwirtschaftlichem<br />
Anbau. Lediglich in der kurzen Regenzeit ist<br />
es möglich, kleine Mengen Tomaten, bamia (Okra-<br />
Schoten) und ein paar andere Gewächse anzubauen.<br />
Der Ertrag reicht allerdings noch nicht einmal<br />
für einen Monat aus.<br />
Shimelba ist ein trockener Ort, an dem die Regenzeiten<br />
sehr kurz ausfallen. In der Trockenzeit ist<br />
die Wasserversorgung ein Problem. Installierte<br />
Pumpen gewährleisten zwar im Durchschnitt eine<br />
Grundversorgung an Wasser, die allerdings in der<br />
Trockenzeit stark nachlässt und nicht zumutbar ist 4 .<br />
Die Wasserqualität verursacht Durchfall und<br />
Magenkrämpfe, vereinzelt sogar Fieber. Dies steigert<br />
die Vulnerabilität der Menschen erheblich.<br />
Auch Malariaerkrankungen sind im Lager an der<br />
Tagesordnung.<br />
Shimelba - Ort zwischen Barentu 5 und <strong>Asmara</strong><br />
Das Lager liegt in einem Tal, das von einem Plateau<br />
zu überschauen ist. Letzteres teilen sich<br />
UNHCR (United Nation High Commissioner for<br />
Refugees), WFP (World Food Programme), andere<br />
Hilfsorganisationen sowie die zuständige Regierungsbehörde<br />
und vermitteln eine aus dem raumsemantischen<br />
Setting ableitbare Hierarchie gegenüber<br />
den Flüchtlingen im Tal.<br />
Das Flüchtlingslager Shimelba kommt mit der<br />
Dämmerung zur Ruhe. Es ist in ein weites Tal<br />
gebettet, das sich inmitten von kargen Bäumen,<br />
vereinzelten Grasflecken und Felsen verliert. Eng<br />
aneinander liegende Hütten markieren das Camp<br />
und trennen es von der weiten Einöde.<br />
Das Flüchtlingslager hat<br />
kaum etwas mit der<br />
üblichen UNHCR-Zeltlandschaft<br />
gemein, es ist<br />
vielmehr eine kleine<br />
Stadt. Kleine Gassen ziehen<br />
sich durch die<br />
Ansammlungen von Hütten<br />
und Häusern und<br />
ordnen sie in kleine Viertel.<br />
Man meint zumindest<br />
zwei unterschiedliche<br />
ausmachen zu können.<br />
Während sich das eine<br />
durch seine Lichter, die<br />
Lehmhäuser und den<br />
Lärm der ohrenbetäuben-<br />
Blick vom Plateau auf das Lager<br />
den Musik auszeichnet,<br />
erkennt man in dem<br />
anderen Hütten mit Strohdächern und kleinen<br />
bewachsenen Hintergärten, grasendes Vieh und<br />
vereinzelt Kamele. Die unterschiedlichen Viertel<br />
spiegeln die unterschiedlichen Lebensweisen der<br />
Bewohner wider. Während das ruhigere Viertel<br />
ländlich geprägte Kunama beherbergt, hausen im