lauteren Teil eher tigrinya-sprachige städtische junge Erwachsene. Es scheint, als trenne eine imaginäre Linie die beiden Viertel, die vergessen lässt, dass beide der eritreischen Shaebia-Regierung 6 entflohen sind. Anders als die Tigrinya sind viele Kunama in Familienzusammenhängen nach Äthiopien gekommen, nachdem sie sich im Mai 2000 gegen Ende des äthiopisch-eritreischen Grenzkrieges (1998-2000) zusammen mit dem äthiopischen Militär auf äthiopischen Boden zurückgezogen hatten. Die Repressalien und Landenteignung durch die Shaebia-Regierung entzogen ihnen jegliche Existenzgrundlage. Schließlich sahen sie sich im Kreuzfeuer von Regierung und militanter Anti- Shaebia-Opposition DMLEK, die auch jetzt im Flüchtlingslager unter der Hand für einen bewaffneten Kampf gegen das Regime Isayas wirbt. „Ich warte bis Isayas stirbt” Isayas Afewerki, der Präsident Eritreas und Kopf der eritreischen Führungsclique, ließ die Universität von <strong>Asmara</strong> 2003 schließen, um die Entstehung einer intellektuellen Elite zu verhindern. Nun werden die Schüler nach der elften Klasse nach Sawa geschickt, um dort ihre zwölfte Klasse zu absolvieren. Sawa ist allen ein geläufiger Ort. Nur einige wenige qualifizieren sich nach dem sechsmonatigen Dienst an der Waffe, der auch für Frauen verpflichtend ist, für die so genannten „technical colleges”, welche die Universität ersetzen sollen und einem strengen, staatlich überprüften Lehrplan folgen. „Ich war einer der wenigen herausragenden Schüler”, schildert Araia, ein Staatsanwalt. Er durfte nach dem Militärdienst die Universität besuchen, um schließlich in den Staatsdienst zu treten. Nach zweijähriger fast unbezahlter Arbeit verließ auch er Eritrea. Auf die Frage, warum er seinen Lohn nicht eingefordert habe, antwortet er mit einem Lächeln und etwas Selbstironie: „In Eritrea wagt es niemand, nachzufragen.” „Ich warte, bis Isayas stirbt, dann gehe ich sogar zu Fuß zurück nach Eritrea”, sagt uns eine Kunama-Mutter. Gleichzeitig schwärmt sie von besseren Zeiten und den vollen Erntespeichern in ihrer Heimat bei Tocombia, im Westen Eritreas. Hommage an <strong>Asmara</strong> Cafés, Bars und Restaurants ziehen sich entlang der Gassen des städtischen Viertels im Flüchtlingslager Shimelba, welches auch „Little <strong>Asmara</strong>” genannt wird. Friseursalons für Frauen, Barber- Shops für Männer, Kinos, unscheinbare kleine Bordelle und auch Billardtische und Kicker zieren das Straßenbild. Es ist einiges von dem zu fin- Busfahrt in die Zukunft den, was die Lebensqualität <strong>Asmara</strong>s verspricht und die „migrierten” Bedürfnisse der Flüchtlinge befriedigen könnte. In Frühstückshäusern, den biet qursi, hängen unwirkliche Abbildungen von Essen, um die Phantasie der Gäste anzuregen. In den Restaurants und den Frühstückshäusern werden dieselben Gerichte wie in <strong>Asmara</strong> serviert. Von foul (dicken gekochten Bohnen) bis frittata (Rührei), von Kaffee bis Soda ist alles zu haben. „Everything you want is available” ist auch der Schriftzug des „Texas Cafés” , in dem liebevoll Stühle und Tische aus Lehm errichtet wurden, und der Schriftzug verrät, dass es hier, wie früher einmal in <strong>Asmara</strong>, an nichts mangelt. Wenn nur das Zahlungsmittel nicht fehlen würde. Die von Flüchtlingen selbst errichteten und betriebenen Cafés, Bars, Restaurants, Kinos, usw. sind erstaunlicherweise Orte, an denen es nie an Menschen mangelt. Hier trifft man sich mit Freunden, raucht eine Zigarette für ein Simuni (25 Cent), kaut zusammen khat 7 und lauscht den Liedern des populären äthiopischen Sängers Teddy Afro, die in Überlautstärke aus jedem Café „Little <strong>Asmara</strong>s” die Öde des Tages zu übertönen suchen. Allerdings sieht man die Gäste der Cafés nur ein Glas Leitungswasser trinken oder sich eine Portion foul teilen. Bei genauerer Betrachtung gibt es Risse im vermeintlich heilen Bild „Little <strong>Asmara</strong>s”, und es wird wieder deutlich, in welchem Setting wir uns befinden. 6 shaebia ist der essen Ausdruck für die eritreische Regierung. Es ist arabisch und meint sinngemäß ‚Volksfront’. 7 khat, Strauch- pflanze, deren Blätter als leichtes Rauschmittel dienen. 39
„Little <strong>Asmara</strong>” Everything you want is available