Lesen - Golf Dornseif
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Die öffentliche Hysterie überschlug sich in der Presse (mit anschaulichen Beispiel-Zeichnungen). Man<br />
ereiferte sich über alle möglichen Variationen einer „angemessenen Demütigung“ des nahenden<br />
Prinzen. DIE WELT AM MONTAG und DAS ECHO fabulierten, der Prinz müsse „viermal hintereinander<br />
um eine Audienz beim Kaiser (vergeblich) bitten und dürfe erst beim fünften Bittgang erhört<br />
werden!“<br />
Am Hof in China lösten derartige Kommentare helle Empörung aus: „Ehe Prinz Chun und seine<br />
Begleiter solche Unterwürfigkeit praktizierten, wie jetzt öffentlich in Deutschland diskutiert werde,<br />
würden sie sich lieber umbringen. Der Kotau sei eine Art religiöser Huldigung (so belehrte man die<br />
Deutschen), nur für den chinesischen Kaiser geschaffen in dessen Eigenschaft als Sohn des Himmels.<br />
Deshalb dürfe ein Kotau niemals gegenüber einem anderen weltlichen Herrscher vollzogen<br />
werden, ohne ganz China schwer zu provozieren“.<br />
In der deutschen Presse zirkulierte alsbald das folgende amüsante „Sühne-Prinz-Gedicht“:<br />
Alles war schon hergerichtet<br />
Und verteilt war jede Rolle<br />
Jeder wusste schon bei Hofe<br />
Wie er sich benehmen solle.<br />
Und es war durchaus nicht leicht<br />
Denn zum letzten Male waren<br />
(Glaube ich) beim Großen Kurfürst<br />
Die Gesandten der Tataren.<br />
Niemand lebte, der es wusste,<br />
Wie man damals sich verbeugte,<br />
Und den gelben Schweinepriestern<br />
Seinerseits Respekt bezeugte!<br />
Prinz Chun als romantischer Poet