Lesen - Golf Dornseif

Die anderen Punkte sahen Todesstrafen für die Hauptschuldigen am Boxer Aufstand vor, das zweijährige
Verbot der chinesischen Waffen- und Munitionseinfuhren, die Vergrößerung des Gesandtschaftsviertels
in Peking, die ständige Stationierung zahlreicher Sicherheitskräfte sowie das Recht, 12
strategisch bedeutsame Punkte zwischen Peking und der Küste militärisch zu besetzen.
Durch ein Edikt vom 29. Mai musste China überdies die Zahlung einer Entschädigung (für Kriegsschäden)
in Höhe von 450 Millionen Tafels leisten, verbunden mit einem Amortisationsplan über 39
Jahre. Halbjährliche Raten sollten mit vier Prozent verzinst werden. Deutschland erhielt den zweithöchsten
Anteil.
Die teils gedämpft freundlichen und teils hämischen Presseberichte zum Besuch des Prinzen Chun in
Deutschland wucherten üppig. Der Prinz musste seine Anreise in einem Basler Hotel unterbrechen,
weil er „an Seekrankheit litt“ und sich erst etwas erholen wollte. Die BERLINER DAMENZEITUNG
vom 1. September 1901 spottete, der Chinese „sei in Wahrheit keineswegs seekrank, sondern angstkrank,
weil sein Herz in die Unterhosen plumpste.“ Und das BERLINER TAGEBLATT höhnte ähnlich:
Prinz Chun leide an einer unglaubwürdigen Erkrankung und habe sich dadurch schon jetzt die
Sympathien des deutschen Volkes verscherzt.
Abgesehen von der „mutmaßlichen“ Seekrankheit hatte die verzögerte Anreise aber andere Ursachen
protokollarischer Natur. Die Hofschranzen beider Nationen konnten sich nicht einigen, wie das „Kotau
Machen“ absolviert werden sollte: Wie viele Verbeugungen, wie viele Schritte rückwärts, wie viel
Katzbuckelei war angemessen bzw. zumutbar je nach der Perspektive? Wie tief (oder flach)
durften/sollten/mussten die Verbeugungen ausfallen?
Wilhelm II. wird bald Kaiser von China sein