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Leseprobe - Rowohlt

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schäftigkeit, in Made leines Wohnung oben im dritten Stock<br />

die Türklingel laut und eindringlich zu schrillen.<br />

Der Impuls erreichte sie weniger als ein Geräusch denn<br />

als Empfindung, ein Elektroschock, der ihr das Rückgrat<br />

hinaufschoss. Mit einer einzigen Bewegung riss Made leine<br />

sich das Kissen vom Kopf und setzte sich auf. Sie wusste,<br />

wer da klingelte. Es waren ihre Eltern. Sie hatte eingewilligt,<br />

sich um 7.30 Uhr mit Alton und Phyllida zum Frühstück zu<br />

treffen. Diesen Plan hatten sie schon zwei Monate zuvor, im<br />

April, besprochen, und jetzt waren sie da, zur verabredeten<br />

Zeit, in ihrer beflissenen und erwartungsvollen Art. Dass<br />

Alton und Phyllida aus New Jersey angereist waren, um bei<br />

Made leines Graduierung dabei zu sein, dass es nicht nur der<br />

Erfolg ihrer Tochter war, den sie heute hier feiern wollten,<br />

sondern auch ihr eigener als Eltern, hatte nichts Schlimmes<br />

oder Unerwartetes an sich. Das Problem war, dass Made leine<br />

zum ersten Mal in ihrem Leben nichts damit zu tun haben<br />

wollte. Sie war nicht stolz auf sich. War nicht zum Feiern aufgelegt.<br />

Sie hatte den Glauben an die Bedeutung des Tages<br />

und an alles, wofür die Graduierung stand, verloren.<br />

Sie erwog, nicht an die Tür zu gehen. Aber sie wusste,<br />

wenn sie es nicht tat, würde es eine ihrer Mitbewohnerinnen<br />

tun, und dann musste sie erklären, wohin und mit wem sie<br />

gestern Abend verschwunden war. Also schlüpfte Made leine<br />

aus dem Bett und stand widerstrebend auf.<br />

Das schien fürs Erste zu gelingen. Ihr Kopf fühlte sich seltsam<br />

leicht an, wie ausgehöhlt. Aber in der nächsten Sekunde<br />

staute sich das Blut, das ihr wie Sand in einem Stundenglas<br />

aus dem Gehirn rann, und der hintere Teil ihres Schädels explodierte<br />

vor Schmerz.<br />

Mitten in diesem Feuerwerk, als wäre es dessen schrillende<br />

Ursache, klingelte es wieder.<br />

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