"Institutionengeschichte des MfS" (PDF, 109KB, Datei ist nicht - BStU
"Institutionengeschichte des MfS" (PDF, 109KB, Datei ist nicht - BStU
"Institutionengeschichte des MfS" (PDF, 109KB, Datei ist nicht - BStU
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wegen <strong>des</strong> bescheidenen Kenntnisstan<strong>des</strong> über die Institution Staatssicherheit waren die Fragen,<br />
die als erste zu bearbeiten waren, elementarer Art: eine genetische Betrachtung von<br />
Funktion und Struktur der Staatssicherheit. Einige konkretere Themen und Fragestellungen<br />
seien genannt:<br />
• Welche Funktionen hatte das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit im Laufe der Entwicklung<br />
der DDR? Waren sie gleichbleibend oder gab es einschneidende Veränderungen? Wer determinierte<br />
seine Entwicklung: nur die SED oder doch wohl auch die sowjetische Besatzungsmacht,<br />
und in welchem Verhältnis standen beide Einflussfaktoren?<br />
• Schon über die Frage, wie viele hauptamtliche Mitarbeiter dieses Min<strong>ist</strong>erium hatte, konnte<br />
bis dahin nur (wie sich später herausstellen sollte unzutreffend) spekuliert werden; ganz<br />
zu schweigen davon, wie sie sich über die Jahre auf die einzelnen Aufgabenbereiche der<br />
Staatssicherheit verteilten. Allenfalls Vermutungen ex<strong>ist</strong>ierten hinsichtlich der Rekrutierungsmuster<br />
und -techniken. Welchen Sozialisations- und Anpassungsprozessen wurden<br />
die Mitarbeiter unterworfen?<br />
• Es waren die Binnenstruktur der Staatssicherheit und ihre Wandlungen zu rekonstruieren,<br />
die qualitative Entwicklung <strong>des</strong> Stammes an hauptamtlichen und an »Geheimen«, später<br />
»inoffiziellen« Mitarbeitern, einschließlich aller Mischformen wie der hauptamtlichen inoffiziellen<br />
Mitarbeiter (HIM) und der unter Legende arbeitenden Offiziere im besonderen<br />
Einsatz (OibE).<br />
• Wer waren die entscheidenden Akteure in dieser Institution und wie sind sie zu charakterisieren?<br />
• Dass die Stasi sich als »Schild und Schwert« der SED verstand, war bekannt, aber was<br />
bedeutete das konkret? Wie und über welche Hebel und Einflussschienen, wurde die Steuerung<br />
durch die SED vorgenommen? Welche Rolle spielte dabei die SED in der Staatssicherheit?<br />
Waren die SED-Kreisleitung im MfS und der Sektor Staatssicherheit in der Abteilung<br />
Sicherheitsfragen <strong>des</strong> SED-Zentralkomitees vielleicht die heimliche Steuerungsinstanz<br />
dieser Geheimpolizei?<br />
• Wie war das MfS in das Gefüge der Diktatur eingeordnet? Wie war sein Verhältnis zu anderen<br />
Teilen <strong>des</strong> Staatsapparates? Gab es in diesen Beziehungen einschneidende Veränderungen<br />
oder gar Brüche? War die Staatssicherheit, wie hypothetisch formuliert worden <strong>ist</strong>, 9<br />
in den letzten beiden Jahrzehnten der DDR als heimlich mitsteuernde Kraft an die Seite <strong>des</strong><br />
SED-Apparates getreten oder war sie nur ausführen<strong>des</strong> Organ? Oder war sie eine Institution<br />
mit einem zwar beschränkten, aber dennoch wirksamen eigenen Handlungsspielraum?<br />
• Wie war die Staatssicherheit in die herrschende Ideologie eingeordnet? Welchen eigenen<br />
Beitrag le<strong>ist</strong>ete sie zu dieser Ideologie? Wie legitimierte sie ihre Aktivitäten?<br />
Antworten auf diese Fragen wurden in mehreren Projekten, an denen die me<strong>ist</strong>en Wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter von BF beteiligt waren, gesucht. 10 Doch vorab war noch eine grundsätzliche<br />
Frage zu klären, die nach dem Informationsgehalt der Akten, die die Staatssicherheit<br />
hinterlassen hatte:<br />
• H<strong>ist</strong>orische Quellenkunde<br />
Waren diese Akten (wie zu Beginn der 90er Jahre öfter, aber auch heute gelegentlich noch<br />
behauptet wird) wertlos, weil sie aus finsteren Motiven angelegt worden waren und die Stasi<br />
ganz gewiss die Wahrheit <strong>nicht</strong> als das höchste Gut betrachtet hat? Für einen H<strong>ist</strong>oriker klingt<br />
diese Argumentation naiv, aber sie war teilweise durchaus öffentlichkeitswirksam. Zudem<br />
steckt darin selbstverständlich ein sehr ernst zu nehmen<strong>des</strong> Problem: Was <strong>ist</strong> bei der Interpre-<br />
9 Vgl. Klaus-Dietmar Henke: Zu Nutzung und Auswertung der Unterlagen <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes der<br />
ehemaligen DDR. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 41 (1993) 3, S. 575–587.<br />
10 Grundsätzliche Vorbemerkung: Auf Quellenangaben zu Eigenveröffentlichungen in Aufsatzform wird<br />
aus Platzgründen me<strong>ist</strong> verzichtet. Es sei in diesem Zusammenhang auf die Broschüre »Abteilung Bildung<br />
und Forschung. Die ersten zehn Jahre – eine Bilanz«, hg. von der <strong>BStU</strong>, Berlin 2003, verwiesen.<br />
3