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"Institutionengeschichte des MfS" (PDF, 109KB, Datei ist nicht - BStU

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der Quellen solcher Behauptungen wie der einschlägigen MfS-Akten nachgegangen. Sein<br />

Ergebnis war, dass es keine solche Kontinuität gegeben hat und die frühen Stasi-Mitarbeiter<br />

ihre Verhörmethoden und ihre Fertigkeiten in manipulativer Beweisführung, außer ihrer Brutalisierung<br />

durch die Kriegserfahrung, sowjetischen Instrukteuren verdankten.<br />

In der ersten Hälfte der 50er Jahre konkurrierte die SED-Spitze mit den sowjetischen Diensten<br />

hinsichtlich der Verfügungsgewalt über die Staatssicherheit. Mit der partiellen Verringerung<br />

der sowjetischer Präsenz in den Satellitenstaaten nach dem ungarischen Aufstand und der<br />

Einsetzung von Mielke als Min<strong>ist</strong>er für Staatssicherheit glaubte sie, die Frage, wer Herr im<br />

Hause <strong>ist</strong>, in ihrem Sinne gelöst zu haben. Doch in den 60er Jahren stellte sich das Problem<br />

neu: Mielke war zwar fast immer bereit dem SED-Generalsekretär zu gehorchen, aber mit der<br />

Unterordnung seines Min<strong>ist</strong>eriums unter nachrangige SED-Funktionäre hatte er Schwierigkeiten.<br />

Den Konflikt, den es darum in den frühen 60er Jahren gab, hat Siegfried Suckut nachgezeichnet.<br />

Der Übereifer der Staatssicherheit drohte aus Sicht <strong>des</strong> Parteiapparats die Legitimationsbasis<br />

der SED zu untergraben und forderte zudem ihren allumfassenden Führungsanspruch<br />

heraus, der keine Konkurrenzinstitution duldete. Selbstverständlich hat die Partei den<br />

Konflikt formell in ihrem Sinne entschieden, aber faktisch bedeutete das mittelfr<strong>ist</strong>ig <strong>nicht</strong><br />

viel, denn allzu sehr war sie auf ihr Repressionsinstrument angewiesen und der kritisierte Übereifer<br />

wurde in ihrem Interesse praktiziert.<br />

Das Zusammenspiel von Staatssicherheit und Justiz, die beide im Sinne <strong>des</strong> Machterhalts der<br />

SED agierten, in der Ära Honecker war das Thema <strong>des</strong> Beitrags von Clemens Vollnhals. Die<br />

Schlussfolgerung aus seiner empirisch untermauerten Analyse war, dass in politisch motivierten<br />

Verfahren »hinter der ausgehöhlten, notdürftig getünchten Fassade scheinbar rechtsstaatlicher<br />

Normen und Verfahren ... auch weiterhin der totalitäre Maßnahmestaat« hauste. 17<br />

Das Thema SED und Staatssicherheit war mit dieser Tagung <strong>nicht</strong> »abgehakt«. Auch in Spezialuntersuchungen<br />

war es weiterhin Gegenstand. So liegen zwei Veröffentlichungen von<br />

Silke Schumann zur SED-Kreisleitung im MfS vor, die die wichtige Rolle der Parteiorganisation<br />

als Sozialisations- und Disziplinierungsinstanz nachzeichnen, aber auch ihre relative Bedeutungslosigkeit<br />

für die »operative Arbeit« der Staatssicherheit – wegen <strong>des</strong> Grundprinzips<br />

der strikten Trennung »politischer« und »operativer« Aspekte. 18 In einer Längsschnittanalyse<br />

<strong>des</strong> Verhältnisses beider Institutionen wurde vor allem die Funktion der Staatssicherheit für<br />

den Machtanspruch der SED herausarbeitete. 19 Und schließlich war das (in Auflösung befindliche)<br />

Verhältnis von MfS und SED in der letalen Krise <strong>des</strong> Systems eine Achse in den Untersuchungen<br />

zur Entmachtung der Staatssicherheit in Ost-Berlin und in den Regionen (dazu<br />

s.u.).<br />

Die populäre These, das MfS sei »ein Staat im Staate« gewesen, kann durch diese Arbeiten<br />

als falsifiziert gelten. Das ändert allerdings <strong>nicht</strong>s daran, dass es weiterhin notwendig <strong>ist</strong>, bei<br />

der h<strong>ist</strong>orischen Analyse weiterreichender Entscheidungen der SED zu fragen, welchen Ein-<br />

17<br />

Wie bei allen späteren Tagungen auch referierten auf der Tagung im Jahr 1996 <strong>nicht</strong> nur Wissenschaftler<br />

aus BF, sondern ebenso Spezial<strong>ist</strong>en von außerhalb. In diesem Fall u.a. Norman Naimark (zur Politik der<br />

sowjetischen Besatzungsmacht 1945–1949), Peter Erler (zur Sicherheitspolitik der KPD/SED), Thomas<br />

Klein (zur zentralen Parteikontrollkommission), Karl Wilhelm Fricke (zum Einfluss <strong>des</strong> MfS auf die politische<br />

Justiz), Hans-Hermann Hertle (zu SED und MfS beim Mauerfall), Armin Wagner (zum Nationalen<br />

Verteidigungsrat) und Lutz Niethammer (zur Mentalitätsgeschichte <strong>des</strong> Verhältnisses von SED und Bevölkerung).<br />

18<br />

Silke Schumann: Parteierziehung in der Geheimpolizei. Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre<br />

(Wissenschaftliche Reihe, 9). Berlin 1997; dies.: Die Parteiorganisation der SED im MfS (MfS-<br />

Handbuch, Teil III/20). Berlin 1998.<br />

19<br />

Walter Süß: Das Verhältnis von SED und Staatssicherheit. Eine Skizze seiner Entwicklung, (BF informiert<br />

Nr. 17). Berlin 1997.<br />

5

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