Diät und Ergänzungsmittel bei Prostatakrebs - Bundesverband ...
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Magazin3/2005<br />
Informationen für <strong>Prostatakrebs</strong>erkrankte <strong>und</strong> Angehörige<br />
<strong>Diät</strong> <strong>und</strong> <strong>Ergänzungsmittel</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Heft 3, Dezember 2005<br />
Erschienen:<br />
Gut Ding will Weile haben, oder: Was lange währt, wird endlich (hoffentlich) gut ......................................................1<br />
Warum brauchen deutsche Prostata-Karzinom Patienten den Ratgeber zum <strong>Prostatakrebs</strong>? ....................................2<br />
Rezension ..................................................................................................................................................................4<br />
Bestellhinweis ..............................................................................................................................................................5<br />
Ernährung:<br />
<strong>Diät</strong> <strong>und</strong> <strong>Ergänzungsmittel</strong> <strong>bei</strong> <strong>Prostatakrebs</strong> ..............................................................................................................5<br />
Diagnose <strong>und</strong> Therapie:<br />
Multidisziplinäres <strong>Prostatakrebs</strong> Symposium. Teil II ....................................................................................................12<br />
Nationale Konferenz über <strong>Prostatakrebs</strong> 2005 ..........................................................................................................15<br />
Neue Ergebnisse einer großen Langzeitstudie vorgestellt ........................................................................................25<br />
In einer großen Studie wird Dutasterid jetzt zur Krebsprävention geprüft ..................................................................27<br />
Gute Noten für intermittierende Chemo <strong>bei</strong> Prostata-Krebs ....................................................................................27<br />
Selbsthilfe:<br />
Die Selbsthilfegruppe Erektile Dysfunktion (Impotenz) – ein Exot in der Selbsthilfelandschaft ....................................28<br />
Prostata – Podiumsveranstaltung <strong>Prostatakrebs</strong> in Celle ..........................................................................................31<br />
7. Limeshainer Ges<strong>und</strong>heitsmesse ..........................................................................................................................32<br />
SHG <strong>Prostatakrebs</strong> München ....................................................................................................................................33<br />
Sonstiges:<br />
Patientenorientierte Medizin gefordert ......................................................................................................................34<br />
RESOLUTION – „Der Tag der Krebshilfe“ 2005 ............................................................................................................36<br />
10.000er Anruf <strong>bei</strong> der Krebs-Hotline des Tumorzentrums Freiburg ..........................................................................36<br />
Konstituierende Sitzung des Medizinischen Beirats im BPS erfolgt ............................................................................37<br />
Leserbriefe ................................................................................................................................................................39<br />
Mehr Zeit für mich ....................................................................................................................................................41<br />
Das Geheimnis der Selbstheilungskräfte ..................................................................................................................42<br />
Foto Titelseite © stern: Franz Stadlbauer, PROCAS, <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfegruppe Regensburg<br />
Impressum:<br />
Verantwortlich sind im Auftrage des Vorstandes<br />
Marlene Kühlechner <strong>und</strong> Wolfgang Petter.<br />
Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe e.V.<br />
Alte Straße 4, 30989 Gehrden<br />
Postfach 10 11 25, 30983 Gehrden<br />
Telefon: (0 5108) 92 66 46<br />
Fax: (0 5108) 92 66 47<br />
E-Mail: info@prostatakrebs-bps.de<br />
Internet: www.prostatakrebs-bps.de<br />
Erscheinungsweise: 3 x jährlich<br />
Mitglied im Paritätischen<br />
Wohlfahrtsverband<br />
Bankverbindung:<br />
Sparkasse Hannover: Konto-Nummer 70 20 100<br />
Bankleitzahl 250 501 80<br />
Spendenkonto:<br />
Sparkasse Hannover: Konto-Nummer 70 20 621<br />
Bankleitzahl 250 501 80<br />
Eingetragen im Vereinsregister Bonn: VR-Nr. 7824<br />
Gemeinnützigkeit durch FA Hannover-Land I: 23/200/46792<br />
Der B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe e.V. wird unterstützt<br />
durch die Deutsche Krebshilfe. Er finanziert seine Ar<strong>bei</strong>t<br />
darüber hinaus durch Spenden. Die Spenden sind abzugsfähig<br />
im Sinne des § 10 des Einkommensteuergesetzes.
GUT DING WILL WEILE HABEN, ODER:<br />
WAS LANGE WÄHRT,<br />
WIRD ENDLICH (HOFFENTLICH) GUT<br />
Zur Entstehung der deutschen Ausgabe von Dr. Stephen B. Strums<br />
<strong>und</strong> Donna Poglianos „A Primer on Prostate Cancer“<br />
von Ing. (grad.) Ralf-Rainer Damm<br />
Ende 2002 oder Anfang 2003 ging die Meldung durch<br />
das KISP- <strong>und</strong> das BPS-Forum, dass in den USA ein Dr.<br />
Strum ein tolles, vornehmlich an Patienten gerichtetes<br />
Buch über <strong>Prostatakrebs</strong> geschrieben habe. Kurze Zeit<br />
später konnte man es über Dr. Eichhorn in Bad Reichenhall<br />
beziehen. Ich ließ mir von ihm ein Exemplar kommen<br />
<strong>und</strong> war damit hier wohl einer der ersten Leser des<br />
„Primers“ (gesprochen: „Primmer“), wie dieses Buch unter<br />
Eingeweihten in Deutschland bald nur noch hieß. Meine<br />
Rezension <strong>bei</strong> Amazon.de vom 31. Juli 2003 – ist das<br />
wirklich erst gut zwei Jahre her? – ist bis heute die einzige<br />
geblieben. Immerhin fanden fünf von fünf K<strong>und</strong>en sie<br />
„hilfreich“. Ich bezeichnete darin den „Primer“ (Fibel) als<br />
„Bibel“.<br />
Es war den Aktivisten in der deutschen PK-Szene – inzwischen<br />
konnte/musste ich mich wohl dazu rechnen –<br />
schnell klar, dass dieses Buch übersetzt gehörte, damit<br />
auch die Vielen, die Englisch nicht oder nicht gut genug<br />
beherrschten, dieses wertvolle Informations- <strong>und</strong> Nachschlagewerk<br />
nutzen könnten. Christian Ligensa schlug<br />
vor, dass mehrere von uns der englischen Sprache einigermaßen<br />
Mächtigen sich zusammentun sollten, um<br />
das Buch zu übersetzen. Ich wusste von einer anderen<br />
umfangreichen Übersetzung her, mit wieviel Ar<strong>bei</strong>t <strong>und</strong><br />
Zeitaufwand so etwas verb<strong>und</strong>en ist. Ferner war ich der<br />
Meinung – <strong>und</strong> bin es immer noch –, dass eine Übersetzung<br />
aus einer Hand kommen muss. Einer Ar<strong>bei</strong>t von<br />
mehreren müsse man unweigerlich Brüche anmerken.<br />
Zudem ging die zu erwartende Ar<strong>bei</strong>t weit über das hinaus,<br />
was ich ehrenamtlich <strong>und</strong> unentgeltlich zu tun<br />
bereit war, zumal irgendein Verlag an dem Buch ja Geld<br />
verdienen würde.<br />
Das Projekt köchelte somit eine ganze Zeitlang auf Sparflamme.<br />
Im Frühjahr 2004 gab es einen Spendenaufruf<br />
des BPS, um das Geld für eine professionelle Übersetzung<br />
(geschätzt wurde ein Bedarf von ca. 12.000 Euro)<br />
zusammenbringen. Es kam auch eine ordentliche<br />
Summe zusammen, aber für das Bezahlen eines Fachübersetzers<br />
hätte es <strong>bei</strong> weitem nicht gereicht. Dann<br />
1
erreichte mich die Meldung, eine Anglistik-Studentin sei<br />
beauftragt worden, gegen erschwingliches Honorar das<br />
Buch zu übersetzen. Mitte des Jahres 2004 lag tatsächlich<br />
eine Übersetzung in elektronischer Form vor.<br />
Im Juli 2004 trafen sich Christian Ligensa, Ludwig<br />
Schmidt <strong>und</strong> ich, um das Ergebnis zu begutachten, <strong>und</strong><br />
wir waren schnell ernüchtert. Das arme Mädchen, das<br />
natürlich bis dato von der Materie vollkommen unberührt<br />
gewesen war – <strong>und</strong> hoffentlich auch nie wieder mit ihr<br />
Berührung haben wird – war mit dieser<br />
Aufgabe schlicht überfordert gewesen.<br />
Es stellte sich Ratlosigkeit ein. Keiner<br />
von uns Dreien verspürte Lust, dieses<br />
Kreuz auf sich zu nehmen, nicht<br />
für Geld <strong>und</strong> gute Worte.<br />
Also zog Wolfgang Petter mit einem<br />
Exemplar des „Primers“ von einer Pharmafirma<br />
zur anderen <strong>und</strong> versuchte,<br />
sie für ein Sponsoring einer professionellen<br />
Übersetzung zu gewinnen. Anfangs<br />
war immer Interesse vorhanden,<br />
aber wenn die Herren sich das<br />
Buch genauer angesehen hatten,<br />
nahmen sie Abstand. Zu groß war<br />
wohl die Sorge, dass es von manchen<br />
der niedergelassenen Urologen übel<br />
aufgenommen werden würde, wenn<br />
man dazu <strong>bei</strong>trüge, die Patienten<br />
überaufzuklären, <strong>und</strong> sie könnten ja<br />
dann vielleicht dazu übergehen, eher<br />
die Produkte der Konkurrenz zu verschreiben.<br />
Schließlich wurden die Gesetzlichen<br />
Krankenkassen angesprochen, <strong>und</strong><br />
das W<strong>und</strong>er geschah: Anlässlich der<br />
Interdisziplinären <strong>Prostatakrebs</strong>gespräche<br />
im Oktober 2004 in Hannover<br />
überreichten zwei Krankenkassenvertreter<br />
in Anwesenheit von Dr. Strum<br />
<strong>und</strong> Dr. Eichhorn Wolfgang Petter<br />
einen symbolischen Scheck in namhafter<br />
Höhe. Es konnte losgehen! Ein<br />
Pharma-Hersteller konnte ein Fachübersetzerbüro<br />
für medizinische Texte<br />
benennen.<br />
2<br />
Etwa Mitte November 2004 gingen uns zwei umfangreiche<br />
Word-Dateien zu – die Übersetzung des Buchtextes<br />
<strong>und</strong> die der Bildunterschriften, dazu eine von Donna<br />
Pogliano, der Mitautorin des „Primers“, stammende<br />
lange Korrekturliste, die sie nach Erscheinen der ersten<br />
englischen Ausgabe zusammengestellt hatte. Der Übersetzer<br />
hatte diese Korrekturen bereits in die deutsche<br />
Übersetzung mit eingear<strong>bei</strong>tet. Der erste Blick überzeugte<br />
uns, der zweite nicht mehr. Wieder stellte sich Ernüch-<br />
Warum brauchen deutsche Prostata-<br />
Karzinom Patienten den Ratgeber zum<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>?<br />
Der Ratgeber <strong>Prostatakrebs</strong> ist ganz darauf abgestimmt, dem Patienten<br />
Schritt für Schritt über neue Erkenntnisse in Diagnostik <strong>und</strong> Therapie des<br />
Prostata-Karzinoms zu informieren <strong>und</strong> zu schulen. Er soll zu einem kompetenten<br />
Gesprächspartner für seine behandelnden Ärzte (Urologen,<br />
Radiologen, Chirurgen, Onkologen) werden. In dem Buch werden<br />
Untersuchungen <strong>und</strong> Behandlungsmethoden beschrieben die in<br />
Deutschland noch relativ unbekannt sind. Ich halte es für durchaus<br />
wünschenswert, dass so ein Druck von Seiten der Patienten auf Ärzte,<br />
Kostenträger <strong>und</strong> Politiker ausgeht, damit endlich auch <strong>bei</strong> uns die<br />
Betroffenen eine Versorgung nach neuestem wissenschaftlichen Stand<br />
erhalten. Die Politik muss umgehend in den Entscheidungsprozess mit<br />
einbezogen werden, damit nicht wie es zurzeit leider der Fall ist dem<br />
Arzt die ethische <strong>und</strong> ökonomische Verantwortung <strong>bei</strong> Entscheidungen<br />
zu neuen Untersuchungen <strong>und</strong> Behandlungsverfahren aufgebürdet<br />
wird.<br />
Es gibt in deutscher Sprache kein Buch, in dem das Konzept von Dr.<br />
Strum beschrieben wird. Es gibt kein in deutscher Sprache geschriebenes<br />
Buch, das die Fortschritte im Kampf gegen den <strong>Prostatakrebs</strong> aus<br />
verschiedenen Fachdisziplinen wie Pathologie, Strahlentherapie <strong>und</strong><br />
Onkologie ähnlich übersichtlich zusammenfasst. Besonders wertvoll sind<br />
die vielen Tipps im Umgang mit dem Ärztestand <strong>und</strong> die Anleitungen<br />
zur Dokumentation der eigenen Krankengeschichte. Es steht für mich<br />
außer Frage, dass die deutsche Übersetzung des Buches von Dr. Strum<br />
<strong>und</strong> D. Pogliano ein großer Gewinn für viele tausend <strong>Prostatakrebs</strong>patienten<br />
<strong>und</strong> ihrer Angehörigen in Deutschland ist.<br />
DR. MED. FRANK EICHHORN<br />
Urologe<br />
Naturheilverfahren
Von links: Prof. Bonkhoff, Dr. Strum, W. Petter, Dr. Eichhorn, Prof.<br />
Barentsz, Patient, R.-R. Damm<br />
terung ein – dies hatte er ungenau übersetzt, das hatte<br />
er schlicht falsch verstanden, wenn man es so machen<br />
würde, wie er es übersetzt hatte, wäre der Patient auf der<br />
Stelle tot. Unser Resumee: Über weite Strecken ganz gut,<br />
aber längst noch nicht gut genug, um dies unbesehen<br />
an eine Druckerei zu geben. Ein nach dieser Vorlage<br />
gedrucktes Buch wäre Wasser auf die Mühlen derer<br />
gewesen, die eine deutsche Ausgabe dieses Werkes für<br />
so notwendig halten wie weiland die Kirche eine deutsche<br />
Übersetzung der Bibel. Sie hätten es uns hohnlachend<br />
um die Ohren geschlagen <strong>und</strong> wären zur Tagesordnung<br />
übergegangen.<br />
Ich will den Fachübersetzer hier nicht zu sehr schelten,<br />
denn er hat auch wertvolle Vorar<strong>bei</strong>t geleistet. Viel zu<br />
umfangreich ist die Medizin, als dass ein Einzelner auf<br />
allen Gebieten sprachlich <strong>und</strong> fachlich sattelfest sein<br />
könnte. Aber er hätte <strong>bei</strong> Unsicherheiten besser recherchieren<br />
können, er hätte sich manche in nicht immer<br />
schlichtem Englisch gefassten Sätze genauer ansehen<br />
sollen – er hätte Dr. Strum im Zweifelsfall nur eine E-Mail<br />
zu senden brauchen <strong>und</strong> hätte eine Erläuterung bekommen.<br />
Er hatte zwar das umfangreiche Glossar <strong>und</strong> das<br />
ebenso umfangreiche Stichwortverzeichnis übersetzt,<br />
aber er hatte sie nicht alphabetisch geordnet.<br />
Um es kurz zu machen: Wolfgang Petter bot mir nun<br />
doch Geld <strong>und</strong> reichlich gute Worte, <strong>und</strong> ich ließ mich<br />
überreden, die gesamte Übersetzung Wort für Wort <strong>und</strong><br />
Satz für Satz mit dem Original zu vergleichen. Zunächst<br />
hatte ich Zweifel an meinen Englischkenntnissen, wenn<br />
ich zu einer anderen Deutung kam als der, die ich vorfand,<br />
denn immerhin hatte ich einen Text vor mir, der<br />
von einem professionellen Übersetzer für medizinische<br />
Texte stammte; der Mann hatte, im Gegensatz zu mir<br />
(Ingenieur), schließlich dieses Handwerk gelernt. Als ich<br />
das erste Mal einen etwas komplizierteren Satz ganz<br />
anders verstand als mein Vorübersetzer, schrieb ich Dr.<br />
Strum eine Mail: Der Übersetzer hat den <strong>und</strong> den Satz so<br />
<strong>und</strong> so verstanden, ich aber so <strong>und</strong> so. Wer von uns hat<br />
Recht? Dr. Strums Antwort kam prompt <strong>und</strong> war kurz <strong>und</strong><br />
unmissverständlich: „You are right“. Danach fragte ich in<br />
ähnlichen Fällen nicht mehr.<br />
Unsere erste Auflage ist aufgr<strong>und</strong> der eingear<strong>bei</strong>teten<br />
Korrekturen identisch mit der zweiten englischen, ja geht<br />
sogar ganz geringfügig über sie hinaus. Ich möchte<br />
mich an dieser Stelle ganz herzlich <strong>bei</strong> Jürg van Wijnkoop<br />
in der Schweiz bedanken, der es in dieser Zeit übernahm,<br />
aus meinem Text meine Tipp- <strong>und</strong> sonstigen Fehler<br />
herauszufieseln.<br />
Im Juli 2005 bekam ich einen Korrekturabdruck, <strong>und</strong> wieder<br />
gab's mehr zu tun als erwartet. Anhand dieses<br />
Abdrucks musste auch noch das wertvolle <strong>und</strong> umfangreiche<br />
Stichwortverzeichnis Stichwort für Stichwort an den<br />
Drucksatz angepasst <strong>und</strong> alphabetisch geordnet werden<br />
(Donna Pogliano schrieb mir einmal, dass Dr. Strum<br />
reif für die Gummizelle gewesen sei, als er mit dem<br />
„Index“ fertig war).<br />
Nichts <strong>und</strong> niemand ist perfekt, <strong>und</strong> es mag trotz aller<br />
Sorgfalt noch der eine oder der andere Fehler ans<br />
Tageslicht kommen. Ich hoffe <strong>und</strong> denke aber, dass ich<br />
mein Teil dazu <strong>bei</strong>tragen konnte, dass mehr deutschsprachige<br />
Männer mit <strong>Prostatakrebs</strong> sich künftig im Sinne<br />
von Dr. Strum <strong>und</strong> Donna Pogliano als „empowered<br />
patients“ – informierte, selbstbestimme <strong>und</strong> selbstbewusste<br />
Patienten – betrachten können, <strong>und</strong> darauf bin ich<br />
ein bisschen stolz.<br />
ING. (GRAD.) RALF-RAINER DAMM<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe Information –<br />
Dreifache Hormonblockade<br />
3
REZENSION<br />
von Professor Dr. Lothar Weissbach<br />
Dieser Ratgeber will eine „Anleitung für den selbst<br />
bestimmten Patienten“ sein. Wenn man ihn kritisch gelesen<br />
hat, muss man drei Fragen stellen:<br />
4<br />
Wie sieht der selbst bestimmte Patient aus?<br />
Welcher Arzt kooperiert mit ihm?<br />
In welchem Ges<strong>und</strong>heitssystem bewegen sich<br />
<strong>bei</strong>de?<br />
Das Buch ist weit mehr als ein Ratgeber; es ist ein Lehrbuch,<br />
denn das gesamte didaktische Konzept stellt<br />
nicht auf Beratung ab, sondern auf Belehrung bzw. Wissensvermittlung.<br />
Ein umfangreiches Literaturverzeichnis,<br />
die Präsentation von Studienergebnissen <strong>und</strong> ausführlichen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen aus der Molekularbiologie sowie Hinweise<br />
für weitere Recherchen <strong>und</strong> ein detailliertes<br />
Schlagwortverzeichnis qualifizieren dieses Lehrbuch. Daraus<br />
muss man die Frage ableiten, wie viel Wissensvermittlung<br />
einem Patienten hilft. Viele Betroffene werden<br />
möglichst viele Erkenntnisse für sich beanspruchen. Helfen<br />
ihnen aber diese? Sind sie auf Apoptose, Anitisense-<br />
Oligonukleotid, aktivierte dendritische Zellen <strong>und</strong> Rasbzw.<br />
Raf-Signalwege vorbereitet? Wollen sie den Bragg-<br />
Peak der Protonenstrahltherapie kennen <strong>und</strong> die Niedrig-<br />
LET der Neutronenstrahltherapie verstehen? Wer diese<br />
<strong>und</strong> andere Fragen uneingeschränkt bejaht, verfügt<br />
über mindestens einen medizinischen Studiengang in<br />
jüngster Zeit oder über langjährige Erfahrungen auf den<br />
verschiedenen Gebieten der Tumorbehandlung mit<br />
anhaltendem wissenschaftlichen Interesse oder er hat<br />
an zahlreichen Gesprächen in der regionalen Selbsthilfegruppe<br />
teilgenommen. Die übrigen Voraussetzungen<br />
sind Internet- <strong>und</strong> Englischkenntnisse, denn immer wieder<br />
wird auf Originalquellen in US-amerikanischen Internetseiten<br />
verwiesen. Deren Verlässlichkeit gilt es zu relativieren,<br />
da es hierfür keine Qualitätsprüfung gibt <strong>und</strong><br />
häufig nur auf Angaben des Produktherstellers verwiesen<br />
wird. Der deutsche Patient wird auch unter Einhaltung<br />
der von Strum <strong>und</strong> Pogliano völlig zu Recht geforderten<br />
Bedenkzeit bis zu einer Therapieentscheidung nicht einmal<br />
einen molekularbiologischen Gr<strong>und</strong>kurs absolvieren<br />
wollen, sondern den Arzt seines Vertrauens um einen Rat<br />
hinsichtlich der einzuschlagenden Behandlung bitten.<br />
Dazu wird der Arzt bereit sein, ohne die von den Autoren<br />
erhobene Forderung „Finde einen Künstler!“ realisieren<br />
zu können.<br />
Zweifellos brauchen wir mehr interdisziplinäre Beratung,<br />
mehr datenorientierte Therapie auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />
vom Patienten zusammen gestellten Krankengeschichte<br />
<strong>und</strong> auch mehr ärztliches Wissen über das PCa. Brauchen<br />
wir aber mehr zweifelhafte Tumormarker, mehr hinlänglich<br />
bekannte unergiebige Bildgebung <strong>und</strong> mehr<br />
Hinweise auf amerikanische Therapieverfahren, die<br />
noch nicht einmal dort zugelassen sind, d. h. nicht ausreichend<br />
geprüft <strong>und</strong> nicht von der Solidargemeinschaft<br />
finanziert sind? Mit diesen Fragen beginnt die Verunsicherung,<br />
die nach dem Lesen dieses Lehrbuchs einsetzt.<br />
Das eigene Wissen erweist sich auch nach der Lektüre<br />
als unvollkommen <strong>und</strong> möchte vermehrt <strong>und</strong> vertieft<br />
werden. Deshalb sollten Ärzte uneingeschränkt (!) zu<br />
diesem „Ratgeber“ greifen – damit sie wissen, was auf<br />
sie zukommt: die Forderung nach noch mehr Diagnostik,<br />
deutlich mehr individuelle <strong>und</strong> ganzheitliche Therapievielfalt<br />
<strong>und</strong> weitaus mehr Beratung. Diese Forderungen<br />
beruhen zwar auf einer von den Autoren vorgenommen<br />
Selektion von Studiendaten, aber dieses Orientierungs<strong>und</strong><br />
Entscheidungsprinzip ist besser als eine einseitige<br />
Therapieentscheidung (z. B. radikale Prostatektomie).<br />
Der von den Autoren geforderte ärztliche Partner wird<br />
sich auszeichnen müssen durch Wissen, Geduld <strong>und</strong><br />
Toleranz. Zur Bescheidenheit im Sinne der GOÄ möchte<br />
man ihm nicht raten, denn das, was gefordert wird, ist<br />
mit dem deutschen Vergütungssystem für ärztliche Leistungen<br />
unvereinbar.<br />
Das verlangt nach Beantwortung der eingangs gestellten<br />
dritten Frage. Das vorliegende Lehrbuch berücksichtigt<br />
nicht die Gegebenheiten im deutschen Ges<strong>und</strong>heitswesen.<br />
Bei den vielen genannten Vorzügen ist das<br />
ein Manko. Der auf solche Art informierte Patient wird in
allen Etagen der Versorgungskaskade an die Grenzen<br />
der Akzeptanz <strong>bei</strong> den Kostenträgern stoßen. Soviel<br />
„Ganzheitlichkeit“ gibt das Sozialgesetzbuch nicht her,<br />
denn vieles von dem, was gefordert wird, ist nicht anerkannter<br />
Standard der Profession.<br />
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DIÄT UND ERGÄNZUNGSMITTEL<br />
BEI PROSTATAKREBS<br />
von Udo Ehrmann<br />
Vorbemerkung<br />
Wie Obduktionen ergeben, werden fast alle älteren<br />
Männer <strong>Prostatakrebs</strong> bekommen. So hat ein großer Teil<br />
aller Männer über 50 Jahren einen meist langsam<br />
wachsenden <strong>Prostatakrebs</strong> oder Vorformen davon <strong>und</strong><br />
mit 80 Jahren fast alle.<br />
Maximal 3 von 100 Männern sterben in Westeuropa <strong>und</strong><br />
Nordamerika am <strong>Prostatakrebs</strong> oft in hohem Alter <strong>und</strong><br />
der Rest hat keine Beschwerden.<br />
Trotzdem ist z.B. <strong>bei</strong> Japanern <strong>und</strong> anderen Asiaten klinischer<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> als Todesursache erheblich seltener,<br />
obwohl die meisten asiatischen Männer ebenfalls ver-<br />
Nach Zahlungseingang erfolgt der Versand umgehend.<br />
Eine Bestellkarte finden Sie auf der letzten Umschlagseite.<br />
borgenen (latenten) <strong>Prostatakrebs</strong> haben. Unterdurchschnittlich<br />
häufig ist klinischer <strong>Prostatakrebs</strong> auch <strong>bei</strong><br />
Südeuropäern.<br />
Man vermutet, dass dies mit dem gesamten Lebensstil<br />
<strong>und</strong> z.B. der Ernährung zusammenhängt (traditionelle<br />
asiatischer Ernährung bzw. traditionelle Mittelmeerkost /<br />
mediterane Ernährung).<br />
Denn bereits die nächste Generation von Immigranten<br />
in die USA weist bereits ähnliche <strong>Prostatakrebs</strong>-Raten wie<br />
der Durchschnitts-Amerikaner auf (Wittmore 1995).<br />
Um möglichst lange mit dem <strong>Prostatakrebs</strong> zu leben<br />
oder seine Rückkehr (Rezidiv nach OP oder Bestrahlung)<br />
hinaus zu schieben, wollen viele Männer in Eigeninitiative<br />
etwas tun.<br />
5
Ergänzend zu einer medizinischen Therapie oder Watchful<br />
Waiting (kontrolliertes Abwarten) stellen sie ihre Ernährung<br />
um <strong>und</strong> nehmen ausgewählte <strong>Ergänzungsmittel</strong>.<br />
Aber oft werden die Patienten verwirrt durch unterschiedliche<br />
Ratschläge insbesondere von Versandhändlern,<br />
welche Patienten mit Krebsangst <strong>Ergänzungsmittel</strong><br />
mit fragwürdigen Wirksamkeitsversprechen <strong>und</strong> Preisen<br />
anbieten.<br />
Da<strong>bei</strong> wird die Wirksamkeit von <strong>Ergänzungsmittel</strong>n <strong>und</strong><br />
kurzfristiger Ernährungsumstellung auf <strong>Prostatakrebs</strong> oft<br />
überschätzt.<br />
Als Zusammenfassung soll diese Auswertung aktueller<br />
wissenschaftlicher Studien <strong>und</strong> medizinischer Fach- <strong>und</strong><br />
Patienten-Literatur eine erste Orientierung geben.<br />
Teil 1<br />
Auswertung von Studien:<br />
Es gibt derzeit noch keine zuverlässigen wissenschaftlichen<br />
Beweise (Evidenz), dass bestimmte Nahrungskomponenten<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> verursachen oder verhindern<br />
können. Dazu wären hochwertige große randomisiertkontrollierte<br />
Studien (randomized controlled trials, RCT)<br />
mit patientenrelevanten klinischen Endpunkten wie z.B.<br />
Überlebenszeit erforderlich.<br />
Beobachtungsstudien enthalten zu viele Fehlerquellen<br />
<strong>und</strong> können nur zur Bildung von Annahmen dienen.<br />
Gegenwärtige Ernährungsempfehlungen zum <strong>Prostatakrebs</strong><br />
können daher keinen verbindlichen Charakter<br />
haben, sondern sind experimentell.<br />
6<br />
Internationale Vergleiche zeigen eine Beziehung von tierischem<br />
Fett, Zucker, Reis, Zwiebeln, Sonnenlicht-Exposition<br />
(Vitamin D-Bildung) zur <strong>Prostatakrebs</strong>sterblichkeit<br />
(z.B. Colli 2005, AUA).<br />
Beobachtungsstudien sehen u. a. eine Verbindung von<br />
Tomaten bzw. Lycopin (Etminan 2004, Meta-Analyse;<br />
Giovannucci 2005, Review), Hülsenfrüchten incl. Soja<br />
(Kolonel 2000), Vitamin E (ATBC-Studie), Selen (NPC-Studie)<br />
zu niedrigeren <strong>Prostatakrebs</strong>raten.<br />
Die EPIC-Studie hingegen zeigt keinen Zusammenhang<br />
zwischen Ernährung <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>risiko.<br />
Fett<br />
Rotes Fleisch, Milchprodukte, ALA<br />
Die PHS-Studie findet einen Zusammenhang von hohem<br />
Alpha-Linolen-Fettsäurespiegel (ALA) <strong>und</strong> dreifachem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>risiko (Gann 1994).<br />
Die HPF-Studie erkennt eine Verbindung von hohem ALA-<br />
Konsum zu doppeltem Risiko von fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong>.<br />
Als tierische Hauptquellen von ALA werden<br />
rotes Fleisch <strong>und</strong> fette Milchprodukte ermittelt (Leitzmann<br />
2004).<br />
Die EPIC-Studie zeigt jeweils eine Beziehung von reduziertem<br />
Konsum von rotem Fleisch bzw. häufigerem Verzehr<br />
von pflanzlichen Ballaststoffen zu niedrigerer Dickdarmkrebsrate.<br />
Fisch <strong>und</strong> Fischöl<br />
Die HPF-Studie weist einen Zusammenhang auf von häufigem<br />
Fisch-Verzehr (Fischöl-Fettsäuren EPA+DHA; Vitamin<br />
D) <strong>und</strong> halbiertem Risiko von fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong>.<br />
Isolierte Fischöl-Supplemente hingegen zeigen keine<br />
Beziehung zum <strong>Prostatakrebs</strong>risiko (Leitzmann 2004).<br />
Eine schwedische Langzeit-Studie ermittelt eine Beziehung<br />
von fetten Fisch (z.B. Lachs, Sardinen, Hering) <strong>und</strong><br />
verringertem <strong>Prostatakrebs</strong>risiko, bzw. von Ernährung<br />
ohne Fisch <strong>und</strong> dreifacher <strong>Prostatakrebs</strong>rate (Terry<br />
2001).<br />
Die EPIC-Studie zeigt eine Verbindung von häufigerem<br />
Fisch-Konsum zu geringerem Darmkrebsrisiko (Norat<br />
2005).
Obst <strong>und</strong> Gemüse<br />
Die EPIC-Studie zeigt keine Beziehung von häufigem<br />
Gesamtkonsum von Obst- <strong>und</strong> Gemüse (westlicher<br />
Zusammenstellung) zum <strong>Prostatakrebs</strong>risiko (Key 2004),<br />
aber zu geringerem Herzrisiko.<br />
Granatapfel<br />
Im Labor- <strong>und</strong> Tierversuch weißt Granatapfelextrakt bzw.<br />
–saft (z.B. Polyphenol Ellagsäure) eine Beziehung auf zur<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>hemmung (Mukhtar 2005) <strong>und</strong> in klinischer<br />
Phase-II-Studie (Pantuck 2005) zu besserer PSA-Verdopplungszeit<br />
bzw. z.T. reduziertem PSA.<br />
Eine randomisiert-kontrollierte Studie zeigt für isolierte<br />
Ellagsäure eine geringere Vergiftung durch Chemotherapeutika,<br />
aber keine verlängerte Gesamtüberlebenszeit<br />
(Falsaperla 2005).<br />
Kohl <strong>und</strong> Kreuzblütler<br />
Die HPF-Studie zeigt eine Beziehung zwischen häufigem<br />
Kohlverzehr (Sulforaphane) <strong>und</strong> niedrigerem Risiko auf<br />
organbegrenzten <strong>Prostatakrebs</strong> <strong>bei</strong> jüngeren Männern<br />
unter 65 Jahren (Giovannucci 2003).<br />
Im Labor- <strong>und</strong> Tierversuch weist Brokkoli-Extrakt (wg.<br />
Indol-3-Carbinol) Zusammenhänge mit <strong>Prostatakrebs</strong>hemmung<br />
einerseits (Hsu 2005) aber mit Leberkrebsförderung<br />
andererseits auf (z.B. Stoner 2002).<br />
Tomaten <strong>und</strong> Lycopin<br />
Die HPF-Studie ermittelte eine Verbindung von häufigerem<br />
Tomatenkonsum <strong>und</strong> um ein Drittel reduziertem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>risiko, z.B. ab 3 X Tomatensoße pro Woche<br />
(Giovannucci 2002).<br />
Eine kleine klinische Studie zeigt keinen Zusammenhang<br />
zwischen Lycopingabe <strong>bei</strong> Rezidiv nach Prostatektomie<br />
<strong>und</strong> PSA (Borden 2005, AUA).<br />
Soja<br />
Laborstudien zeigen eine Beziehung von Pflanzenhormonen<br />
(7 Phytoöstrogenen) <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>hemmung<br />
(z.B. Shenouda 2004).<br />
Für das phytoöstrogen-reiche Soja ist mangels guter Studien<br />
mit klinischen Endpunkten keine Beziehung zum<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>risiko darstellbar.<br />
Kleine Studien finden einen Zusammenhang von Soja-<br />
Konzentraten <strong>und</strong> Verzögerung der PSA-Anstiegsrate (z.B.<br />
Hussain 2003).<br />
Randomisiert-kontrollierte Studien erkennen keine PSA–<br />
Reduktion (Urban 2001; Adams 2004).<br />
Soja-Konzentrate werden im Laborversuch mit genotoxischen<br />
bzw. krebserregenden Abbauprodukten (Metzler<br />
2003), im Tierversuch mit höherer Brustkrebsrate (z.B. Allred<br />
2004) <strong>und</strong> in einer klinischen Studie mit erhöhter Blasenkrebsrate<br />
in Verbindung gebracht (Sun 2004).<br />
Sonstige Nahrungsbestandteile<br />
Curcumin<br />
Labor- <strong>und</strong> Tierversuche zeigen eine Beziehung von<br />
Curcumin <strong>und</strong> Krebshemmung (z.B. Aggarwal 2003)<br />
bzw. Krebsförderung gleichzeitig (Shaul 2005) sowie Wirkstoffabschwächung<br />
gegenüber Chemotherapie<br />
(Somas<strong>und</strong>aram 2002).<br />
Grüner Tee<br />
Eine kleine randomisiert-kontrollierte Studie zeigt <strong>bei</strong> Grün-<br />
Tee-Extrakt (3X200 mg/Tag) ein 90% reduziertes <strong>Prostatakrebs</strong>risiko<br />
<strong>bei</strong> Männern mit HGPIN (Bettuzzi 2005, AACR).<br />
Modifiziertes Citrus Pektin (MCP)<br />
Tierversuche weisen auf eine Verbindung von MCP zu<br />
Metastasenhemmung. Ein kleine unkontrollierte Studie<br />
zeigt eine Beziehung von MCP <strong>und</strong> leicht verzögerter<br />
PSA-Verdopplungszeit (Guess 2003). Klinische Ergebnisse<br />
z.B. zu Progression <strong>und</strong> Überlebenszeit gibt es nicht.<br />
Rotwein<br />
Die HPF-Studie zeigt keine Verbindung von Rotwein <strong>und</strong><br />
<strong>Prostatakrebs</strong>risiko (Platz 2004).<br />
Eine kleine Studie sieht hingegen einen starken<br />
Zusammenhang von Rotwein <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>rate: je<br />
Glas Rotwein pro Woche eine Risikoreduktion von 6%<br />
(Schoonen 2005).<br />
7
Sägepalmöl (Sabal-Extrakt):<br />
Eine Meta-Analyse zeigt eine Beziehung von Sägepalm-<br />
Extrakt zur Besserung <strong>bei</strong> gutartigen Prostatavergrößerung/<br />
BPH (Wilt 2002, Cochrane Review); eine randomisiert-kontrollierte<br />
Studie bestätigt das nicht (Bent 2005,<br />
AUA).<br />
Vitamine<br />
Betakarotin<br />
Die finnische ATBC-Studie erkennt für Raucher einen<br />
Zusammenhang von hochdosiertem Betakarotin (50<br />
mg) <strong>und</strong> erhöhter Lungenkrebsrate (Heinonen 1998).<br />
Wie die ATBC-Studie zeigt auch die PHS-Studie eine<br />
Beziehung von Betakarotin-Gabe <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>risiko<br />
abhängig vom anfänglichen Betakarotin-Status im Blut,<br />
d.h. niedrigeres <strong>Prostatakrebs</strong>risiko <strong>bei</strong> anfänglich niedrigen<br />
Betakarotin-Status oder hohem BMI bzw. erhöhtes<br />
Risiko <strong>bei</strong> anfänglich hohem Betakarotin-Status (Cook<br />
1999+2000).<br />
Multivitamine<br />
Die randomisiert-kontrollierte SU.VI.Max–Studie findet eine<br />
Beziehung von niedrigdosierten Antioxidanzien (wie z.T. in<br />
Multivitaminkapseln: 120 mg Vitamin C, 30 mg Vitamin<br />
E, 6 mg Beta-Karotin, 100 µg Selen <strong>und</strong> 20 mg Zink) zu<br />
niedrigerer Krebshäufigkeit <strong>und</strong> Gesamtsterblichkeit nur<br />
<strong>bei</strong> Männern, die nicht ausreichend mit o.g. Antioxidanzien<br />
über die Nahrung versorgt werden. Männer, die sich<br />
ohnehin abwechslungsreich ernähren, haben keinen<br />
zusätzlichen Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln<br />
(Hercberg 2004).<br />
Im Gegenteil, die CPS-II-Studie zeigt einen Zusammenhang<br />
von Multivitaminpräparaten <strong>und</strong> leicht erhöhter<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>sterblichkeit (Stevens 2005).<br />
Vitamin B Gruppe<br />
Eine Studie sieht eine Beziehung von hochdosiertem<br />
Vitamin B6 kombiniert mit Folsäure zu häufigerem Herzversagen<br />
(Bonaa 2005, NORVIT).<br />
Vitamin C<br />
Im Laborversuch zeigt sich hochdosiertes Vitamin C als<br />
krebshemmend (Chen 2005).<br />
8<br />
Klinische Ergebnisse zu intravenösem Vitamin C <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong><br />
gibt es nicht.<br />
Eine klinische Studie mit Diabetikern findet einen<br />
Zusammenhang von hochdosierten Vitamin C Tabletten<br />
<strong>und</strong> vermehrter Ateriosklerose bzw. Herzversagen (Lee<br />
2004).<br />
Vitamin D<br />
Die PHS-Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen<br />
hohem Vitamin-D-Spiegel im Blut <strong>und</strong> halbiertem Risiko<br />
von aggressivem <strong>Prostatakrebs</strong> (Li 2005, ASCO).<br />
Vitamin E<br />
Die ATBC-Studie zeigt eine Verbindung zwischen Vitamin<br />
E (200 IU) <strong>und</strong> einem um ein Drittel reduziertem <strong>Prostatakrebs</strong>erkrankungs-<br />
<strong>und</strong> Sterberisiko <strong>bei</strong> Rauchern (Heinonen<br />
1998).<br />
Eine kleine randomisiert-kontrollierte Studie zum lokalisierten<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> erkennt keine PSA-Reduktion <strong>bei</strong> hochdosierten<br />
Antioxidanzien wie Vitamin E (350 mg = ca.<br />
400 IU), Selen (200 µg) <strong>und</strong> Vitamin C (750 mg) nach 5<br />
Monaten (Hoenjet 2005).<br />
Die CPS-II Langzeit-Studie zeigt keine Beziehung von<br />
Vitamin E <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>rate (Rodriguez 2004).<br />
Hochdosiertes Vitamin E steht nach der randomisiertkontrolierten<br />
HOPE-Studie in Beziehung zu vermehrtem<br />
Herzversagen (Lonn 2005) <strong>und</strong> nach einer Meta-Analyse<br />
zu höherer Gesamtsterblichkeit (Miller 2005).<br />
Mineralien <strong>und</strong> Spurenelemente<br />
Boron, Bor (Borsalz, Natriumborat):<br />
In Labor- <strong>und</strong> Tierstudien zeigt Bor eine Verbindung zur<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>hemmung <strong>und</strong> in einer kleinen epidemiologische<br />
Studie zu niedrigerem <strong>Prostatakrebs</strong>risiko (Zhang<br />
2004). Klinische Ergebnisse gibt es nicht.<br />
Kalzium<br />
Die PHS-Studie ermittelt eine dosisabhängige Beziehung<br />
zwischen Kalzium (ab 500 mg) <strong>und</strong> erhöhtem <strong>Prostatakrebs</strong>risiko<br />
bzw. sinkendem aktiven Vitamin D im Blutserum<br />
(Chan 2001).
Selen<br />
Die HPF-Studie sieht eine Beziehung zwischen Selen <strong>und</strong><br />
geringerem Risiko von fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong><br />
(Yoshizawa 1998).<br />
Die randomisiert-kontrollierte NPC-Studie zeigt nur als<br />
sek<strong>und</strong>ären Endpunkt einen Zusammenhang von Selen<br />
<strong>und</strong> niedrigerem <strong>Prostatakrebs</strong>risiko (Duffield-Lillico<br />
2002).<br />
Gesicherte Ergebnisse zu Selen (200 µg Selenmethionin)<br />
<strong>und</strong> Vitamin E (400 UI alpha-Tocopherol) wird es erst in<br />
einigen Jahren geben (randomisiert- kontrollierte SELECT-<br />
Studie).<br />
Zink<br />
Die HPF-Studie zeigt eine Beziehung von hochdosiertem<br />
Zink (über 100mg) <strong>und</strong> verdoppeltem Risiko von fortgeschrittenem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> (Leitzmann 2003).<br />
Lebensstil<br />
Übergewicht<br />
Mehrere Studien<br />
erkennen eine Verbindung<br />
von Übergewicht<br />
(hoher BMI, Adipositas/<br />
Fettsucht),<br />
besonders seit jungem<br />
Alter, zu<br />
aggressiverem <strong>Prostatakrebs</strong> (z.B. Strom 2005, AUA).<br />
Nach Prostatektomie zeigt Übergewicht einen<br />
Zusammenhang mit schlechterer Lebensqualität (Montgomery<br />
2005, AUA).<br />
Lebensstiländerung<br />
Eine kleine randomisiert-kontrollierte Studie zeigt <strong>bei</strong><br />
unbehandeltem <strong>Prostatakrebs</strong> im Frühstadium <strong>und</strong><br />
intensiver Lebensstiländerung einen verzögerten bzw.<br />
gestoppten PSA-Anstieg (Ornish 2005). Das einjährige<br />
Lebensstil-Programm kombiniert vegetarische Niedrig-<br />
Fett-<strong>Diät</strong>, mit täglicher Bewegung <strong>und</strong> Entspannungstechniken.<br />
Psyche<br />
Depression <strong>und</strong> Fatigue zeigen in einer dänischen Studie<br />
keine Beziehung zum Krebsrisiko (Johansen 2005).<br />
Teil 2<br />
Beispiele für Nahrungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Ergänzungsmittel</strong><br />
Vorbehaltlich der in Teil 1 genannten Einschränkungen<br />
enthält die nachfolgende Beispielliste mögliche Optionen<br />
zur allgemeinen Ges<strong>und</strong>heitsprävention über <strong>Prostatakrebs</strong><br />
hinaus.<br />
Fett<br />
Verminderung soll Hormonspiegel regulieren <strong>und</strong> PSA-<br />
Anstieg hemmen.<br />
Eher nicht empfehlenswert (vermeiden):<br />
Hydrierte/gehärtete mehrfach ungesättigte Trans-Fettsäuren<br />
(Industriefette): gehärtete Margarine, gehärtete<br />
Back-, Brat- <strong>und</strong> Frittierfette, als versteckte Fette in vielen<br />
Fertigprodukten.<br />
Eher weniger empfehlenswert (vermindern):<br />
Alle tierischen <strong>und</strong> bestimmte pflanzliche Fette: Gesättigte<br />
Fettsäuren: in tierischem Fett <strong>und</strong> Kokosfett.<br />
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (hochdosiert Krebswachstumsfaktoren?<br />
reduzieren, nicht verzichten, da<br />
essentielle Fettsäuren):<br />
a) Arachidonsäure (Omega-6-Öl): in rotem Fleisch,<br />
Milchfett (incl. Butter), Eigelb, Maiskeim-, Sojaöl<br />
(50%), Erdnuss-, Leinöl; entzündungsfördernd<br />
b) Linolsäure: in Distel-, Maiskeim-, Soja- <strong>und</strong> Leinöl<br />
c) Omega-3-Öle: – Alpha-Linolensäure (ALA, evtl.<br />
schädlich für Männer, prostatakrebsfördernd): tierisch:<br />
überwiegend aus rotem Fleisch <strong>und</strong> fetten<br />
Milchprodukten<br />
pflanzlich: überwiegend in Leinöl (50% ALA), geringer<br />
z.B. in Soja- <strong>und</strong> Walnussöl.<br />
Eher unbedenklich:<br />
Empfehlenswertes Omega-3-Öl: Fisch-Öl EPA + DHA:<br />
besonders in fettem Fisch: Lachs, Sardinen, Hering etc.<br />
(incl. Vitamin D) weißes Fleisch (fettarmes Geflügel),<br />
magere Milchprodukte, Eiweiß.<br />
9
Einfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-9-Öl): überwiegend<br />
in Olivenöl (kalt gepresst, nativ extra, enthält entzündungshemmendes<br />
Oleocanthal) <strong>und</strong> Rapsöl (kalt<br />
gepresst, nativ).<br />
Zucker/Stärke<br />
(konzentrierte Kohlenhydrate)<br />
Eher weniger empfehlenswert (verringern):<br />
Kohlehydrate mit hohem Glukosegehalt (= hoher glykämischer<br />
Index) z.B. als leere Kalorien in Industrie-Zucker,<br />
Weissmehlprodukten (z.B. Süß- <strong>und</strong> Backwaren), sonstigen<br />
Fertigprodukten.<br />
Risiko: Anstieg des Insulin-(hormon-)spiegels (= Krebswachstumsfaktor),<br />
Diabetes, Fettablagerung.<br />
Eher empfehlenswert:<br />
Vollwertprodukte: Vollkorn-Getreideprodukte (z.B. Reis,<br />
Roggen etc.), wenig Vollrohrzucker, Honig, Rosinen etc.<br />
Dunkler Kakao (oder zuckerarme Zartbitterschokolade<br />
z.B. Bio, stopfend): Polyphenole <strong>und</strong> Stearinsäure.<br />
Besser kleinere Mahlzeiten bzw. insgesamt Kalorienreduktion<br />
(nicht <strong>bei</strong> Kachexie/extreme Abmagerung), Slow-<br />
Food statt Fast-Food.<br />
Gemüse/Obst<br />
Mehrmals täglich, d.h. am besten kein Essen ohne frisches<br />
Obst, Gemüse oder Salat.<br />
Sie enthalten neben Ballaststoffen wichtige Antioxidanzien<br />
<strong>und</strong> Pflanzenhormone (Isoflavonoide, Flavonoide,<br />
Lignane):<br />
Tomaten: roter Karotinoid-Farbstoff Lycopin, geringer<br />
auch in roter Paprika, Wassermelone, rosa Grapefruit,<br />
Guave, Papaya<br />
Hülsenfrüchte: Bohnen, Soja, Erbsen, Linsen etc.<br />
Soja: unkonzentriertes Genistein, Daidzein (= Isoflavonoid)<br />
z.B. in Brot mit Sojamehl, frischem Tofu etc.<br />
Obst <strong>und</strong> Vollwert-Getreide: u.a. Phytosterinöl/ Betasitosterol;<br />
besonders reich an Polyphenolen <strong>und</strong> sonstigen<br />
Antioxidanzien: Granatapfel, Datteln, Preiselbeeren<br />
(+Tannine gegen Blasenentzündung), Himbeeren, Erdbeeren,<br />
rote Weintrauben<br />
10<br />
Kohl: alle Sorten, incl. Sauerkraut (Milchsäure) <strong>und</strong> sonstige<br />
Kreuzblütlern wie Kresse, Meerrettich <strong>und</strong> Senf <strong>und</strong><br />
ihre Sprossen: pikantes Sulforaphan <strong>und</strong> Glucorapharin<br />
Zwiebeln: alle Allium-Sorten incl. Lauch, Schnittlauch,<br />
Knoblauch etc. enthalten u.a. nach Labor- <strong>und</strong> Tierversuchen<br />
entzündungs-, atheriosklerose- <strong>und</strong> evtl. krebshemmende<br />
Schwefelverbindungen sowie Flavonoide<br />
Karotten (Möhren): enthalten Beta-Karotin (Provitamin A)<br />
<strong>und</strong> wie Petersilie das im Tierversuch evtl. krebshemmende<br />
Falcarinol (Kobaek-Larsen 2005).<br />
Ballaststoffe<br />
Besonders die löslichen Ballaststoffe sollen Testosteron-,<br />
Cholesterin-, Zucker- bzw. Insulinspiegel regulieren: z.B. in<br />
Bohnen, Soja, Rosenkohl, Karotten, Hafer, Reiskleie, Apfel,<br />
Zitrusfrüchten.<br />
Flüssigkeit<br />
Mindestens 1 - 2 Liter Wasser/Tag unterstützt die Leber<br />
<strong>bei</strong>m Entgiften <strong>und</strong> fördert die Gehirnleistung:<br />
z.B. auch als Kräutertee, koffeinarmer grüner Tee, 1 Glas<br />
gepresster oder Direktsaft.<br />
Alkohol: Verringern auf z.B. auf 1 Glas Rotwein zum<br />
Essen. Rotwein enthält evtl. krebshemmende Polyphenole<br />
wie Resveratrol (auch in Trauben, Beeren <strong>und</strong> Erdnüssen;<br />
Aggarwal 2004).<br />
Da Alkohol wie Fett die Hormonbildung fördert <strong>und</strong><br />
ebenfalls die Leber belastet, passt er eher nicht zur<br />
medikamentösen Hormonentzugstherapie(Hormonblockade).
<strong>Ergänzungsmittel</strong><br />
Beispiele, keine Empfehlungen. Ergänzend, nicht alternativ<br />
zu einer Therapie. Faustregel: nicht mehr als 5<br />
gleichzeitig.<br />
Betakarotin (Pro-Vitamin A): besser Karotten, konzentrierter<br />
Karottensaft nur in geringen Mengen unbedenklich (s. o.)<br />
Boron, Bor (Borsalz, Natriumborat): Spurenelement (z.B.<br />
1 mg), besser Rosinen, Pflaumen, Erdnüsse, rote Trauben<br />
(s. o.)<br />
Brokkoli-Kapseln: wg. Indol-3-Carbinol (natürliches<br />
TCDD, pflanzliches Antiöstrogen), evtl. <strong>Prostatakrebs</strong>hemmend<br />
<strong>und</strong> Leberkrebs fördernd gleichzeitig; als gekochtes<br />
Gemüse unbedenklich<br />
China-Kräuter-Extrakte mit Phythoöstrogen (z.B. PC-<br />
Spes): häufig durch synthetische Östrogene verunreinigt,<br />
Risiko Brustwachstum <strong>und</strong> tiefe Venen-Thrombose, PSA-<br />
Senkung meist nur vorübergehend<br />
Curcumin (Curcuma, Kurkuma, Gelbwurz): gelber<br />
Farbstoff des Curcuma-Gewürzes, u.a. Bestandteil von<br />
Curry-Mischungen; konzentriertes Curcumin (Polyphenol);<br />
evtl. auch Krebs fördernd (s. o.); als frisches Curcuma-<br />
oder Curry-Gewürz unbedenklich<br />
Fischöl (Lachs-Öl/ Omega-3-Öl): enthält entzündungshemmende<br />
Eicosanoide EPA <strong>und</strong> DHA, besser Wildfisch,<br />
besonders in fettem Fisch, gut <strong>bei</strong> Herzleiden; große<br />
Raubfische mit Umweltgiften<br />
belastet<br />
Granatapfel (Grenadine,<br />
Punica granatum, pomegranate):<br />
reich an Polyphenol<br />
Ellagsäure (auch in Himbeeren,<br />
geringer in Walnüssen,<br />
Aprikosen <strong>und</strong> Wassermelonen)<br />
evtl. synergetische<br />
Effekte mit weiteren<br />
Antioxidanzien, besser frische<br />
Frucht oder Bio-Saft<br />
Grüner Tee: enthält Polyphenol Katechin (EGCG), nach<br />
o. g. Studie z.B. als entkoffeiniertes Extrakt (3X200mg entsprächen<br />
mindestens 15 Tassen bzw. 2 Liter entkoffeinierter<br />
Grüner Tee); zu viel Koffein/Teein: Herz belastend<br />
Kalzium: fördert hoch dosiert z.B. ab 500 mg /Tag evtl.<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> (s. o.); z.B. Kalzium + zuviel Milchprodukte,<br />
abzuwägen <strong>bei</strong> Osteoporose (s. u. Vitamin D)<br />
Leinöl: enthält zur Hälfte pflanzliches Omega-3-Öl, als<br />
Alpha-Linolen-Fettsäure/ ALA: hoch dosiert für Männer<br />
schädlich, fördert wahrscheinlich <strong>Prostatakrebs</strong> (s. o.);<br />
geringe Mengen Leinsamen unbedenklich<br />
Lycopin (Lykopin, Lycopene): besser als natürliches<br />
Lycopin aus erhitzten Tomaten mit etwas Öl verwertbar,<br />
z.B. 1 Glas Tomatensaft aus 2 TL Tomatenmark + TL Olivenöl<br />
+ Wasser, Soße aus passierten Tomaten etc.<br />
Modifiziertes Citrus Pektin (MCP): unklarer Effekt (s. o.),<br />
vgl. Soja-Konzentrate; besser frische Zitrusfrüchte<br />
Multivitaminpräparate<br />
Vermutlich nur <strong>bei</strong> Männern mit einseitiger Ernährung<br />
Krebs- <strong>und</strong> Gesamtsterberisiko vermindernd, Multivitamine<br />
in alleiniger Langzeitanwendung evtl. <strong>Prostatakrebs</strong><br />
fördernd (s. o.); besser abwechslungsreiche Ernährung.<br />
Selen (Selenium, Selenmethionin/-hefe, Natriumselenit):<br />
Tabletten/Ampullen überdosiert toxisch (z.B. über<br />
300 µg/Tag), Vitamin C erst nach 2 St<strong>und</strong>en; Alternative:<br />
Paranüsse (z.B. 1-3 pro Tag)<br />
Sägepalmöl (Sabal, saw palmetto, serenoa repens):<br />
unklarer Effekt <strong>bei</strong> gutartiger Prostatavergrößerung/ BPH<br />
(s. o.)<br />
Soja-Konzentrate: evtl. krebserregend, besser frische<br />
Soja-Produkte (s. o.)<br />
Vitamin B-Gruppe: gegen<br />
Anämie <strong>bei</strong> Hormonentzug;<br />
hochdosiert evtl.<br />
Infarkt fördernd (s. o.), besser<br />
Frischprodukte<br />
Vitamin C (Ascorbinsäure):<br />
hoch dosiert <strong>bei</strong> Diabetikern<br />
evtl. Infarkt fördernd<br />
(s. o.), besser Frischprodukte<br />
Vitamin D3 (Calciferol): evtl. Knochenschützend <strong>bei</strong><br />
Osteoporose z.B. durch Hormonentzugtherapie; überdosiert<br />
(z.B. über 100 µg = 4000 IU) Hypercalcämie (Verkalkung<br />
von Weichteilorganen, Nierensteine etc.), eher im<br />
Winter, besser Tageslicht bzw. Sonnenbad;<br />
11
unterscheide: aktives Vitamin D (Calcitriol), z.B. <strong>bei</strong> fortgeschrittenem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> neben Chemotherapie<br />
Vitamin E (alpha- +gamma-Tocopherol): niedrig<br />
dosiert unbedenklich z.B. unter 150 IU; <strong>bei</strong> langfristiger<br />
Überdosierung (z.B. ab 400 IU /Tag): evtl. erhöhte Infarktrate<br />
<strong>und</strong> Gesamtsterblichkeit (s. o.); u. a. in Pflanzenöl<br />
<strong>und</strong> Nüssen<br />
Zink: überdosiert z.B. ab 100 mg evtl. <strong>Prostatakrebs</strong> fördernd<br />
(s. o.), besser Frischprodukte<br />
Täglich 1 /2 St<strong>und</strong>e Spaziergang oder Radfahren <strong>bei</strong><br />
Bewegung & Sport<br />
Tageslicht oder Sonne, mindestens 1X wöchentlich Walken,<br />
Joggen, Ballssport; Fitness- oder Krafttraining: stabilisiert<br />
Muskelmasse, Knochendichte <strong>und</strong> Psyche bzw.<br />
hemmt Fatigue (Erschöpfung, Müdigkeit, Depression <strong>bei</strong><br />
Krebs).<br />
12<br />
Meditation/Entspannung:<br />
Autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Qi-<br />
Gong, Tai-Chi, Yoga, Kunst- <strong>und</strong> Musiktherapie, <strong>bei</strong><br />
Bedarf Psychotherapie etc. können helfen, den Lebensstil<br />
insgesamt zu ändern.<br />
UDO EHRMANN<br />
Bremer <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe Für Lebensqualität<br />
IU = International Units, internationale Einheiten.<br />
MULTIDISZIPLINÄRES PROSTATAKREBS SYMPOSIUM<br />
17. BIS 19. FEBRUAR 2005, IN ORLANDO, FLORIDA<br />
Derzeitiger Stand <strong>und</strong> zukünftige Entwicklungslinien zur<br />
Verhinderung <strong>und</strong> zum Management der Behandlung des<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>es<br />
von Christian Ligensa<br />
Teil II: Ausgewählte Berichte aus den Themenbereichen<br />
VII bis XII<br />
12. Impfungen gegen <strong>Prostatakrebs</strong> (Vaccine)<br />
• Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Methode: in einer Studie mit 127<br />
Männern mit asymptomatischen (es sind noch keine<br />
Folgende Broschüren zur ges<strong>und</strong>en Ernährung sind<br />
über die Geschäftsstelle des BPS abrufbar:<br />
Ernährung <strong>bei</strong> Krebs. Ein Ratgeber für Betroffene,<br />
Angehörige <strong>und</strong> Interessierte<br />
Ges<strong>und</strong> bleiben. Gesünder Leben<br />
Ernährung. Ges<strong>und</strong>en Appetit!<br />
Symptome aufgetreten) hormonrefraktären (der Krebs<br />
reagiert nicht mehr auf Hormone), metastatischen<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> fanden Wissenschaftler heraus, dass ein<br />
neuer Typ einer Immunotherapie die Überlebenschancen<br />
um fast 18% erhöhten. Immunotherapie<br />
wird auch als biologische Therapie bezeichnet, sie
aktiviert das Immunsystem, um Krebs zu bekämpfen.<br />
In dieser Studie wurde der therapeutische Krebsimpfstoff<br />
APC8015 (Provenge) eingesetzt. Obwohl<br />
APS8015 als ein Impfstoff bezeichnet wird, handelt es<br />
sich nicht um einen solchen, wie er für Pockenimpfung<br />
oder gegen Grippe eingesetzt wird. Dieser Stoff<br />
ist nicht ausgelegt, um Krebs zu verhindern, sondern<br />
ist eher dafür vorgesehen, dass das Immunsystem<br />
des Patienten die Krebszellen erkennt <strong>und</strong> attackiert.<br />
In dieser Studie erhielten 82 Männer den Impfstoff, 45<br />
Männer erhielten einen inaktiven, vorgetäuschten<br />
Impfstoff, also ein Placebo. Die Männer erhielten 3<br />
Dosen in Intervallen von zwei Wochen <strong>und</strong> wurden<br />
dann über 3 Jahre hinweg beobachtet.<br />
• Ergebnisse: Nach drei Jahren waren noch mehr als 3<br />
mal so viel Männer am Leben, die dieses Medikament<br />
erhalten hatten (33%) gegenüber der Placebogruppe<br />
(11%). Die häufigsten Nebenwirkungen dieses<br />
Impfstoffes waren Fieber <strong>und</strong> Schüttelfrost <strong>und</strong><br />
diese Nebenwirkungen verschwanden innerhalb von<br />
zwei Tagen nach Anwendung der Vaccine.<br />
• Bedeutung für Patienten: Dies ist die erste Studie, die<br />
nachweist, dass Patienten mit hormon-refraktärem,<br />
metastatischen <strong>Prostatakrebs</strong> länger leben können,<br />
wenn mit einer Impfstofftherapie behandelt wird.<br />
Jedoch handelt es sich hier<strong>bei</strong> um eine kleine Studie<br />
<strong>und</strong> die Ergebnisse müssen erst noch wiederholt festgestellt<br />
werden, ehe diese Behandlung weitgehend<br />
akzeptiert werden kann. Der Einsatz von APC8015 ist<br />
immer noch eine experimentelle Therapie <strong>und</strong> ist<br />
außerhalb von klinischen Studien leider noch nicht<br />
verfügbar.<br />
13. Hinzufügen von 150 mg Bicalutamid zu einer<br />
Standardtherapie bringt klinische Vorteile <strong>bei</strong> Männern<br />
mit lokal fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong>: Ergebnisse<br />
der Studie „Early Prostate Cancer (EPC) Programm“<br />
nach 5,4 Jahren der mittleren Beobachtungszeit.<br />
• Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Methode: Die zurzeit immer noch<br />
laufende EPC Studie soll herausfinden, ob die Gabe<br />
von 150 mg Bicalutamid <strong>bei</strong> Männern mit lokalisiertem<br />
oder lokal fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong> zu<br />
einer Standardtherapie weitere Vorteile bringt. Hier die<br />
Ergebnisse nach einer mittleren Beobachtungszeit<br />
von 5,4 Jahren. Dieses Programm wird in drei Gruppen<br />
mit jeweils randomisierten (Zufallsauswahl), placebokontrollierten<br />
Doppelblind-Versuchen in Nordamerika,<br />
Europa, Afrika, Australien, Israel, Mexiko <strong>und</strong><br />
Skandinavien, ausgelegt für eine prospektive (beobachtend<br />
zu erwartende) kombinierte Analyse durchgeführt.<br />
8113 Männer mit lokalisiertem (T1-2, No/Nx)<br />
oder lokal fortgeschrittenem (T3-4, jedes N oder T, N+)<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> erhielten nach einer Zufallsauswahl entweder<br />
eine Gabe von 150 mg Bicalutamid oder ein<br />
Placebo (Scheinmedikament) zusätzlich zu einer Standardtherapie<br />
(radikale Prostatektomie, Strahlentherapie<br />
oder „Watchful Waiting“)<br />
• Ergebnisse: Bicalutamid erhöhte die progessionsfreie<br />
Überlebenszeit in beträchtlichem Maße <strong>und</strong> zwar <strong>bei</strong><br />
den Versuchsreihen mit der Bicalutamidgabe zu Standardtherapien,<br />
wie radikale Prostatektomie <strong>und</strong> Strahlentherapie<br />
<strong>bei</strong> fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong>. Die<br />
Progressionsrate in der Versuchsgruppe mit „Watchful<br />
Waiting (WW)“ war sowieso sehr gering (3%), dort konnte<br />
auch kein Unterschied in den <strong>bei</strong>den Gruppen festgestellt<br />
werden. In der gesamten Population dieser<br />
EPC Studie wurde jedoch nachgewiesen, dass die<br />
Gabe von Bicalutamid <strong>bei</strong> Männern mit lokal fortgeschrittener<br />
Krankheit unabhängig von der Art der Standardtherapie<br />
die progressionsfreie Überlebenszeit signifikant<br />
erhöhte. Bei Männern mit lokalisierter Erkrankung<br />
konnte jedoch keine signifikante Verbesserung<br />
des progressionsfreien Überlebens erkannt werden.<br />
Bei Patienten, die keine lokale Therapie erhalten<br />
haben, (WW) zeichnet sich eine verringerte Überlebenszeit<br />
in der Bicalutamidgruppe <strong>bei</strong> den Männern<br />
mit lokal begrenztem <strong>Prostatakrebs</strong> ab, während in<br />
der Gruppe mit lokal fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong><br />
auch hier eine Verbesserung des Überlebens festgestellt<br />
werden konnte.<br />
• Bedeutung für Patienten: Die derzeitigen Daten lassen<br />
darauf schließen, dass die Gabe von 150 mg<br />
Bicalutamid <strong>bei</strong> lokalisiertem <strong>Prostatakrebs</strong> keine<br />
angemessene Maßnahme ist. Auf der anderen Seite<br />
gibt es einen eindeutigen Nachweis, dass 150 mg<br />
Bicalutamid, das zusätzlich zu einer Standardtherapie<br />
gegeben wird, <strong>bei</strong> Männern mit lokal fortgeschrittenem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> Vorteile bringt.<br />
Sehen Sie bitte auch den Betrag auf Seite 25 – 26!<br />
13
14. Docetaxel <strong>bei</strong> Patienten mit hormonsensitivem <strong>Prostatakrebs</strong>,<br />
<strong>bei</strong> denen eine Primärtherapie versagt hat<br />
• Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Methode: Üblicherweise werden<br />
Patienten mit steigendem PSA-Wert, deren Primärtherapie<br />
mit kurativem Ziel nicht den erwarteten Erfolg<br />
gebracht hat, nunmehr palliativ (nicht mehr heilend<br />
sondern die Krankheit kontrollierend) mit Hormonblok-<br />
kade behandelt. Docetaxel ist bereits erfolgreich <strong>bei</strong><br />
hormonrefraktärem <strong>Prostatakrebs</strong> eingesetzt worden.<br />
In dieser Pilotstudie sollten die Effektivität <strong>und</strong> Sicherheit<br />
dieser Chemotherapie <strong>bei</strong> Patienten mit hormonsensiblem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>, deren Primärtherapie versagt<br />
hatte, ermittelt werden. Docetaxel als einzige Komponente<br />
wurde eingesetzt. 20 Patienten mit steigendem<br />
PSA-Wert nach Versagen der Primärtherapie erhielten<br />
40 mg/m 2 Docetaxel durch eine 30 minütige Infusion<br />
pro Woche, dies 3 Wochen hintereinander, dann eine<br />
Woche Pause. Dieser Zyklus wurde 6 Mal wiederholt.<br />
Alle relevanten Tests <strong>und</strong> Untersuchungen wurden<br />
während dieser Zeit durchgeführt <strong>und</strong> so die Reaktionen<br />
ermittelt.<br />
• Ergebnisse: 18 Patienten haben das Protokoll wie vorgesehen<br />
beendet. Der ursprüngliche mittlere PSA-Wert<br />
war 16,25 ng/ml (Bereich 0.3 bis 58,2). Die mittlere<br />
Beobachtungszeit war 16 Monate. 17 Patienten erfuhren<br />
einen PSA-Abfall gegenüber ihrem Wert vor der<br />
Behandlung. 72% hatten da<strong>bei</strong> einen stärkeren PSA-<br />
Abfall als 50%. 2 Patienten hatten ursprünglich Knochenmetastasen,<br />
<strong>bei</strong> einem davon verschwanden<br />
die Metastasen vollständig, kein Nachweis durch ein<br />
bildgebendes Verfahren (MRI), <strong>bei</strong>m anderen wurden<br />
Verbesserung der befallenen Knochenstellen durch<br />
14<br />
ein Knochenscan festgestellt. Blutprobleme (Leukopönie)<br />
trat nur <strong>bei</strong> 3 Patienten auf, geringe toxische Wirkungen<br />
<strong>bei</strong> weiteren 4 Patienten. Nur 13 Patienten<br />
vollendeten die Behandlung ohne jegliche Unterbrechung.<br />
• Bedeutung für Patienten: Docetaxel als Einzelgabe<br />
<strong>bei</strong> <strong>Prostatakrebs</strong>patienten, deren Primärtherapie versagt<br />
hatte, kann den PSA-Wert effektiv herunterbringen,<br />
die da<strong>bei</strong> toxischen (schädlichen) Nebenwirkungen<br />
hielten sich <strong>bei</strong> allen Patienten in Grenzen. Längere<br />
Nachbeobachtungszeiten sind jedoch zur weiteren<br />
Untersuchung erforderlich.<br />
15. 50 mg Bicalutamid zusätzlich zu einer Kastrationstherapie<br />
zur Behandlung eines fortgeschrittenen <strong>Prostatakrebs</strong>es.<br />
• Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Methode: Metaanalysen (Zusammenfassung<br />
mehrer Studien aus verschiedenen<br />
Quellen) haben aufgezeigt, dass der Einsatz von Flutamid/Nilutamid<br />
plus einer Kastration mäßige aber<br />
statistisch bedeutsame Vorteile <strong>bei</strong> der Gesamtüberlebenszeit<br />
für Patienten mit metastatischem <strong>Prostatakrebs</strong><br />
erbringt. Es gibt zwar noch keinen direkten Vergleich<br />
einer Kombinationstherapie mit Kastration plus<br />
Bicalutamid gegenüber Kastration allein, jedoch können<br />
Daten aus Studien, die eine Effektivität dieses<br />
Medikamentes bereits nachgewiesen haben, übernommen<br />
werden, um so den Vorteil auch in diesem<br />
Therapieprotokoll zu belegen. Dies ist eine wohl<br />
akzeptierte Methode <strong>bei</strong> Untersuchungen anderer<br />
Krebs- <strong>und</strong> auch Herzerkrankungen in Studienzentren.<br />
Eine randomisierte Doppelblindstudie, in der die Effizienz<br />
von Bicalutamid mit der von Flutamid verglichen<br />
wurde, wurde kombiniert mit der Studie zum Nachweis<br />
der Effektivität <strong>bei</strong> der Kombination von Flutamid <strong>und</strong><br />
Kastration gegenüber Kastration allein.<br />
• Ergebnisse: Die Analyse zeigte mit 98.5% Sicherheit,<br />
dass auch Bicalutamid in Kombination mit einem<br />
Testosteron im Kastrationslevel die Überlebenszeiten<br />
erhöht gegenüber Kastration allein. Die beste<br />
Abschätzung ergab einen Überlebensvorteil von 20%<br />
• Bedeutung für Patienten: Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit,<br />
dass 50 mg Bicalutamid in der Kombination<br />
mit einem Kastrationslevel des Testosteron<br />
einen Überlebensvorteil gegenüber der Kastrations-
therapie allein erbringt. Die abgeschätzte Risikoverringerung<br />
der Sterblichkeit beträgt 20%.<br />
16. Bei Intermittierender Hormonblockade erhöht eine<br />
Finasterid-Erhaltungstherapie die Zeiten der Pausenphase.<br />
• Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Methode: Für Männer mit <strong>Prostatakrebs</strong><br />
in einer intermittierenden Hormonbehandlung ist<br />
eine möglichst lange Pausenphase mit steigendem<br />
Testosteron ein wünschenswertes Ziel, weil verschwindende<br />
Nebenwirkungen die Lebensqualität erhöhen.<br />
Rückblickend wurden die Daten von 100 Männer in<br />
einer intermittierenden Hormonblockade, davon 60<br />
mit Finasterid - Erhaltungstherapie <strong>und</strong> 40 ohne, <strong>bei</strong><br />
einer Beobachtungszeit von 7,75 Jahren (Minimum 5<br />
Jahre) ausgewertet. Alle 100 Männer erreichten einen<br />
geringsten PSA - Wert von kleiner als 0,05 ng/ml <strong>und</strong><br />
konnten ihn auch in der Therapiephase halten. Die<br />
Pausenphase begann, wenn der Testosteronlevel wie-<br />
PROSTATAKREBS –<br />
NATIONALE KONFERENZ 2005<br />
der 200 mg/dl erreichte <strong>und</strong> endete wenn der PSA-<br />
Wert 2,5 ng/ml (mit Finasterid) <strong>und</strong> 5 ng/ml (ohne)<br />
erreichte. 47 Männer hatten ein T1c oder T2a Stadium,<br />
11 hatten T2b bis T3b, 12 hatten einen PSA-<br />
Rückfall, 30 Männer hatten ein T3c Stadium, also eine<br />
metastatische Situation. Die mittleren Werte zusammen<br />
gefasst in <strong>bei</strong>den Gruppen waren: Alter 66<br />
Jahre, PSA 15 ng/ml, Gleason Score 3+4=7, Behandlungszeit<br />
18 Monate<br />
• Ergebnisse: Die mittlere Zeit der Pausenphase <strong>bei</strong><br />
den Männern mit Finasterid - Erhaltungstherapie<br />
betrug 24,0 Monate gegenüber 8,7 Monaten ohne<br />
Finasterid. 13 Männer entwickelten hormon-unabhängigen<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>.<br />
• Bedeutung für Patienten: Die Gabe von Finasterid<br />
verlängert deutlich die Pausenphase <strong>bei</strong> Männern in<br />
einer intermittierenden Hormonblockade (20 Monate<br />
gegenüber 8,7 Monate). Auch wenn in der Gruppe<br />
mit Finasterid weniger Patienten hormonunabhängigen<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> entwickelt hatten, konnte kein wissenschaftlich<br />
statistisch signifikanter Unterschied in<br />
<strong>bei</strong>den Gruppen festgestellt werden.<br />
CHRISTIAN LIGENSA<br />
Stellvertr. Vorsitzender<br />
B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe e. V.<br />
Red.: Teil 1 – Ausgewählte Berichten aus den Themenkreisen<br />
I bis VI erschienen in Heft 2/2005. Sie erhalten es<br />
auf Anfrage über die Geschäftsstelle.<br />
Neue Wege erforschen: gemeinsam auf die Reise gehen<br />
von Dr. Frank Eichhorn<br />
Die nationale Konferenz über <strong>Prostatakrebs</strong> 2005 wurde<br />
von der Fo<strong>und</strong>ation for Cancer Research & Education<br />
(Stiftung für Krebsforschung <strong>und</strong> Weiterbildung = FCRE),<br />
Us TOO (= <strong>Prostatakrebs</strong>fortbildungs- <strong>und</strong> Selbsthilfe-<br />
gruppe) sowie vom PCRI (= Prostate Cancer Research<br />
Institut = Forschungsinstitut für <strong>Prostatakrebs</strong>) veranstaltet.<br />
Das FCRE haben Dr. Charles E. „Snuffy“ Myers, MD<br />
<strong>und</strong> Rose Sqarlat Myers, PT, PhD im Jahr 2002 gegrün-<br />
15
det. Dr. Myers ist ein bekannter Prostata-Karzinom-Spezialist,<br />
Wissenschaftler, Autor <strong>und</strong> selbst Prostatakarzinompatient.<br />
Us TOO entstand 1990 durch<br />
die Initiative von Prostata-Karzinom-Patienten<br />
um Mitbetroffenen,<br />
ihren Frauen <strong>und</strong> Partnern<br />
zu helfen. Es handelt sich<br />
um eine Nonprofit Organisation, die Männern <strong>und</strong> ihren<br />
Familien helfen will, mehr über das Prostata-Karzinom zu<br />
erfahren, damit sie bessere Entscheidungen bezüglich<br />
ihrer Behandlungsoptionen treffen können <strong>und</strong> sowohl<br />
die emotionalen als auch die physischen Einschränkungen<br />
der Lebensqualität nach einer Behandlung meistern<br />
können.<br />
Weitere Ziele der genannten Organisation:<br />
1. Die Zahl der Männer, die am Prostata-Karzinom sterben,<br />
um mindestens 50% zu reduzieren.<br />
2. Nebenwirkungen der Prostata-Karzinom-Behandlung<br />
zu minimieren.<br />
Angestrebt wird eine ausgewogene medizinische<br />
Betreuung, die neben der Krebstherapie auch andere<br />
ges<strong>und</strong>heitliche Aspekte wie Herz-Kreislauferkrankungen<br />
umfasst. Weitere Schwerpunkte sind eine ausgewogene<br />
auf die Prostata gerichtete <strong>Diät</strong>, körperliches Training<br />
<strong>und</strong> Stressmanagement.<br />
PSA <strong>und</strong> andere Marker<br />
von Jonathan McDermed, PharmD<br />
Das PSA ist der wichtigste Tumormarker zum Nachweis<br />
eines Prostata-Karzinoms, zur Abschätzung der Prognose<br />
<strong>und</strong> zum Monitoring des Behandlungsverlaufs. Bei<br />
bestimmten <strong>Prostatakrebs</strong>formen können jedoch auch<br />
andere Marker vom Normbereich abweichen <strong>und</strong> sollten<br />
kontrolliert werden. Je nach Therapie müssen außerdem<br />
<strong>bei</strong> allen Männern auch andere Routineblutwerte<br />
regelmäßig kontrolliert werden, um medikamentenbedingte<br />
Nebenwirkungen feststellen zu können. Aus einer<br />
erst kürzlich veröffentlichten Studie geht hervor, dass<br />
erhöhte Initial-PSA-Werte mit einem erhöhten <strong>Prostatakrebs</strong>risiko<br />
verb<strong>und</strong>en sind. So steigt <strong>bei</strong> Männern zwischen<br />
40 <strong>und</strong> 49 Jahren das relative Risiko auf 3,6 wenn<br />
der Initial-PSA-Wert 0,6ng/ml oder höher gemessen wird.<br />
16<br />
Bei Männern zwischen 50 <strong>und</strong> 59 Jahren steigt das relative<br />
Risiko auf 3,5 wenn der Initial-PSA-Wert 0,71ng/ml<br />
oder höher ist. Fortlaufende PSA-Kontrollen in definierten<br />
Zeitabständen sind der sicherste Test um ein Prostata-<br />
Karzinom zu entdecken. Eine erhöhte PSA-Anstiegsgeschwindigkeit<br />
(= ng/ml pro Jahr) wird mit einem erhöhten<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>risiko assoziiert. Bei einer PSA-V<br />
>0,1ng/ml pro Jahr ist das relative Risiko einen <strong>Prostatakrebs</strong><br />
zu entwickeln 6,5 x höher als <strong>bei</strong> Männern mit<br />
einer PSA-V 0,2ng/ml pro Jahr ist die Inzidenz eines Prostata-<br />
Karzinoms im späteren Leben 44%. Es werden mindestens<br />
drei aufeinanderfolgende PSA-Werte im Abstand<br />
von 6 Monaten für die PSA-V-Kalkulation verlangt. Je<br />
weiter das Prostata-Karzinom entdifferenziert (Gleason 7<br />
<strong>und</strong> höher), umso wahrscheinlicher ist der Anstieg von<br />
anderen Tumormarkern wie CEA, CgA, NSE. Insbesondere<br />
<strong>bei</strong>m androgenunabhängigen Prostata-Karzinom<br />
sollten diese Blutwerte regelmäßig kontrolliert werden.<br />
Die PAP (saure Prostata-Phosphatase) gilt als Kontrollmarker<br />
<strong>bei</strong>m metastasierten Prostata-Karzinom wie<br />
auch <strong>bei</strong>m androgenunabhängigen Prostata-Karzinom.<br />
Die PAP besitzt aber vor allem vor jeglicher Therapie<br />
eine hohe prognostische Aussagekraft als unabhängiger<br />
Vorhersagewert für Erfolg oder Misserfolg einer<br />
lokalen Therapie (Strahlentherapie <strong>und</strong> radikale Prostatektomie).<br />
Bei einer PAP < 3 ist die Wahrscheinlichkeit für<br />
ein PSA-Rezidiv nach lokaler Therapie 21,2%, <strong>bei</strong> einer<br />
PAP >3 ist die Wahrscheinlichkeit 61,3%.<br />
Der Stellenwert genetischer Marker wird in Zukunft steigen.<br />
Es wird z. B. die Überexpression von Sequenzen auf<br />
Chromosom 7 <strong>und</strong> 8 mit einer aggressiven Variante des<br />
Prostata-Karzinoms assoziiert.<br />
Pathologie:<br />
Das Wesen der Erkrankung definieren<br />
von David Bostwick, MD<br />
Der Gleason-Score war lange Standart zur Beurteilung<br />
der Prostata-Karzinom-Biologie. Revolutionäre Erkenntnisse<br />
im Rahmen von Genom <strong>und</strong> Proteomuntersuchungen<br />
brachten eine große Zahl von neuen diagnostischen<br />
<strong>und</strong> therapeutischen Biomarkern hervor.<br />
Der vielversprechendste jetzt zur Verfügung stehende<br />
neue Marker zur Früherkennung des Prostata-Karzinoms
ist der uPM-3 Test, ein einfaches Urinassay das viel<br />
genauer ist als Serum-PSA-Bestimmungen. uPM-3 wird<br />
aus den ersten 20 – 30 ml Spontanurin bestimmt, nachdem<br />
die Prostata digital untersucht wurde. Es handelt<br />
sich um ein neues prostataspezifisches Gen, das am<br />
Prostata-Karzinom hoch über exprimiert ist. Je nach Ausgangs-PSA<br />
liegt die Sensivität zwischen 59 <strong>und</strong> 79%; die<br />
Spezifität zwischen 80 <strong>und</strong><br />
91%. uPM-3 ermöglicht<br />
eine genauere Identifikation<br />
von Patienten, die ein<br />
erhöhtes Prostata-Karzinom-<br />
Risiko haben.<br />
Dr. Bostwick stellte eine Studie<br />
vor nach der Toremifene<br />
<strong>bei</strong> Patienten mit High-<br />
Grade-PIN wirkungsvoll ein<br />
Prostata-Karzinom verhindert.<br />
Hintergr<strong>und</strong>: Estradiol <strong>und</strong> Androgene verursachen eine<br />
PIN ( = Prostatische Intraepitheliale Neoplasie ) <strong>und</strong> <strong>Prostatakrebs</strong><br />
<strong>bei</strong> Mäusen, Ratten <strong>und</strong> H<strong>und</strong>en. Estradiol<br />
wirkt über den Östrogen-Rezeptor-Alpha. Toremifene ist<br />
ein selektiver Östrogen-Rezeptor-Modulator (SERM) der<br />
in Europa <strong>bei</strong> tausenden von Frauen mit Brustkrebs verwendet<br />
wird. Toremifene hat in dem TRAMP-Tiermodell<br />
mit der Maus <strong>Prostatakrebs</strong> verhindert aber nicht <strong>bei</strong><br />
Mäusen, die durch genetische Manipulation den Östrogen-Rezeptor-Alpha<br />
verloren hatten. Im Jahr 2005<br />
wurde eine große Multicenter- Phase-3-Studie mit Toremifene<br />
begonnen.<br />
Diagnose <strong>und</strong> Staging<br />
Charles Myers, MD<br />
Die Biologie verschiedener Prostata-Karzinome ist sehr<br />
unterschiedlich. Es gibt gefährliche, schnell wachsende<br />
Karzinome, die eine aggressive Behandlung erforderlich<br />
machen. Es gibt aber auch Prostata-Karzinome, die<br />
langsam wachsen <strong>und</strong> mit weniger toxischen Medikamenten<br />
behandelt werden können. Ab Gleason 7 sind<br />
die meisten Karzinome gefährlich, dennoch sind auch<br />
in dieser Gruppe einige wenige Karzinome, die eher<br />
langsam wachsen. Die PSA-Verdopplungszeit ist ein<br />
Maßstab dafür, wie schnell das Karzinom wächst. Staginguntersuchungen<br />
sollten die Frage klären, ob das<br />
Karzinom klein <strong>und</strong> auf die Drüse begrenzt ist oder ob<br />
ein hohes Tumorvolumen vorliegt mit einem Kapseldurchbruch<br />
oder mit einer Metastasierung in die Bekkenlymphknoten,<br />
Lymphknoten außerhalb des Beckens<br />
bzw. in die Knochen. Die Behandlung sollte dem Ausmaß<br />
der Erkrankung angepasst<br />
sein, d.h, ein auf die<br />
Drüse begrenztes Prostata-<br />
Karzinom kann durch eine<br />
Operation, eine Strahlentherapie<br />
oder eine Kryotherapie<br />
behandelt werden.<br />
Hat das Karzinom die Drüse<br />
verlassen, kann eine Strahlentherapie<br />
immer noch<br />
Krebszellen in den Lymphknoten<br />
<strong>und</strong> in dem Fettgewebe<br />
der Umgebung abtöten. Ist die Erkrankung im<br />
Knochen oder Lymphknoten ausserhalb des Beckenraums,<br />
werden systemisch wirkende Medikamente in<br />
der Krebsbehandlung benötigt, z.B. eine Hormon- oder<br />
Chemotherapie. Die Schwierigkeit den <strong>Prostatakrebs</strong> zu<br />
heilen liegt darin, dass kleinste „Krebssamen“ über den<br />
Blutkreislauf in den Körper gelangen - dann zwar nicht<br />
wachsen, aber viele Jahre in einer Art Schlafzustand<br />
bleiben können. Diese „Samen“ können aktiviert werden<br />
<strong>und</strong> 5, 10 oder 20 Jahre nach einer lokalen Therapie,<br />
wie radikale Prostatektomie oder Strahlentherapie,<br />
wachsen.<br />
Status <strong>und</strong> Strategie<br />
zur erfolgreichen Behandlung des<br />
Prostata-Karzinoms<br />
von Stephen Strum, MD<br />
Auch im Jahr 2005 werden Männer, <strong>bei</strong> denen ein Prostata-Karzinom<br />
nachgewiesen ist, immer noch nicht<br />
nach einer intelligenten strategischen Methologie aufgear<strong>bei</strong>tet.<br />
Obwohl viele Publikationen vorliegen, die<br />
auf die Bedeutung des Gleason-Scores, den Wert eines<br />
akkuraten klinischen Stagings <strong>und</strong> die Bedeutung der<br />
Analyse von kombinierten Variablen (Nomogramme,<br />
Algorithmen <strong>und</strong> neuronale Netze) hervorheben, wer-<br />
17
den mehr als<br />
90% der Männer<br />
mit neu diagnostiziertem<br />
<strong>Prostatakrebs</strong><br />
nicht solchen<br />
Analysen unterworfen.Stattdessen<br />
bekommen die meisten Männer in den USA<br />
aber auch in anderen Ländern ein Knochenszintigramm<br />
mit CT <strong>und</strong> werden dann aufgefordert, sich für<br />
eine definitive Therapie zu entscheiden. Es hat sich in<br />
vielen Untersuchungen gezeigt, dass diese Vorgehensweise<br />
das Ausmaß der Erkrankung dramatisch unterschätzt.<br />
Verantwortlich dafür ist die niedrige Sensitivität<br />
von Knochenszintigramm <strong>und</strong> CT. Dr. Strum stellt ein Stufenprogramm<br />
vor, das es erlaubt, nach Eingabe der<br />
Basisdaten wie PSA, digitale rektale Untersuchung, Gleason-Score<br />
<strong>und</strong> Drüsenvolumen, eine Primäranalyse mit<br />
Hilfe der üblichen Nomogramme vorzunehmen. Daraus<br />
ergibt sich der Status auf Ebene 1. In Abhängigkeit von<br />
den Risikokalkulationen für eine organbegrenzte, bzw.<br />
lokal fortgeschrittene oder systemische Erkrankung sollten<br />
Zusatzuntersuchungen durchgeführt werden, die zu<br />
einem Status auf höherer Ebene führen. Hier spielen<br />
dann die ganz persönlichen Wünsche <strong>und</strong> Vorstellungen<br />
des Patienten aber auch Symptome <strong>und</strong><br />
Beschwerden <strong>bei</strong>m Wasserlassen eine Rolle. Der Patient<br />
kann nur kompetent mitentscheiden, wenn er gut informiert<br />
ist. Die Fortschritte der modernen Medizin sollten<br />
umgehend zum Wohle des Patienten eingesetzt werden.<br />
Fortschritte in der Sichtbarmachung<br />
des Prostata-Karzinoms<br />
von D. Bruce Sodee, MD<br />
Konventionelle Röntgenaufnahmen sind <strong>bei</strong> Prostata-<br />
Karzinom-Patienten wenig hilfreich, da sie die Anatomie<br />
des Skeletts nur sehr grob darstellen. Das CT zeigt die<br />
Anatomie des Skeletts, besitzt aber bezüglich Knochenmetastasen<br />
lediglich eine Sensitivität von ca. 15%.<br />
Lymphknotenvergrößerungen können erst ab einer<br />
bestimmten Größe nachgewiesen werden. Moderne<br />
bildgebende Verfahren bilden prostatakarzinombe-<br />
18<br />
dingte Stoffwechselvorgänge ab, z.B. die PET (Positronenemissionstomographie).<br />
Verwendet wird FDG: F18 – 2<br />
Fluoro – 2 – Deoxyglukose Carbon 11 Azetat. Dr. Sodee<br />
hat im Jahr 1998 eine Studie begonnen, in der er die<br />
Auflösung des konventionellen Knochenszintigramms<br />
mit den Ergebnissen einer kombinierten ProstaScint <strong>und</strong><br />
CT-Fusion zur Bildgebung verglich. Da<strong>bei</strong> zeigte sich,<br />
dass die Fusionstechnologie eine wesentlich höhere<br />
Auflösung zum Nachweis von Lymphknotenmetastasen<br />
hat, als das CT oder das Knochenszintigramm alleine.<br />
Bei ProstaScint handelt es sich um eine nuklearmedizinische<br />
Untersuchung <strong>bei</strong> der ein markierter monoklonaler<br />
Antikörper gegen das prostataspezifische Membran –<br />
Antigen ( PSMA ) i.v. gespritzt wird. Dieses Antigen wird<br />
sowohl von normalem, als auch von Prostatakarzinomgewebe<br />
– auch unter Androgenentzug - exprimiert. Es<br />
steigt <strong>bei</strong> wenig differenzierten <strong>und</strong> hormonrefraktären<br />
Karzinomen an – also in Situationen in denen das PSA<br />
wenig hilfreich ist.<br />
ProstaScint ist in Amerika seit 1996 von der Food And<br />
Drug Administration ( FDA ) als bildgebendes Agens zum<br />
Staging <strong>bei</strong> neu diagnostizierten Patienten zugelassen.<br />
Voraussetzungen: Nachweis eines Prostatakarzinoms<br />
durch Biopsie <strong>und</strong> hohes Risiko für Weichteilmetastasen<br />
oder zum Restaging nach radikaler Prostatektomie für<br />
Patienten mit ansteigenden PSA – Werten.<br />
Medicare <strong>und</strong> Prostata-Karzinom<br />
von Arthur Lurweg, MD<br />
Bei Medicare handelt es sich um eine der <strong>bei</strong>den größten<br />
Krankenversicherungen in den USA. Der Vortrag<br />
beschäftigte sich mit der Frage, welche Untersuchungen,<br />
Behandlungsmethoden <strong>und</strong> Medikamente von<br />
der Versicherung bezahlt werden.<br />
Medicare deckt fast alle Untersuchungen im Rahmen<br />
des Sreening, der Diagnostik sowie der chirurgischen<br />
<strong>und</strong> medikamentösen Therapie ab. Auch alle Formen<br />
der Strahlentherapie sowie die erforderlichen Kontrolluntersuchungen<br />
werden bezahlt. Entscheidend ist, ob der<br />
behandelnde Urologe oder Onkologe die Untersuchungen<br />
für sinnvoll <strong>und</strong> notwendig hält. Speziell <strong>bei</strong> Patienten<br />
mit einem fortgeschrittenen Prostata-Karzinom<br />
scheint es bemerkenswert, dass alle On- <strong>und</strong> Off label-
Medikamente bezahlt werden. Mitar<strong>bei</strong>ter von Medicare<br />
setzen sich dafür ein, den umfangreichen Service<br />
allen Versicherten bekannt zu machen, damit das<br />
Angebot auch ausgenutzt wird. Die PSA-Wert-Bestimmungen<br />
im Rahmen der Krebsvorsorge wird gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
unterstützt.<br />
Behandeln oder nicht behandeln:<br />
Schwere Entscheidungen für Männer<br />
mit Prostata-Karzinom<br />
von H. Ballentine Carter, MD<br />
So paradox es klingt, aber viele Patienten sind vor die<br />
kuriose Entscheidung gestellt, sich dem Rat des Chirurgen<br />
zur radikalen Prostatektomie anzuschließen oder<br />
sich überhaupt keiner Therapie zu unterziehen, wenn es<br />
sich um ein sehr langsam wachsendes Karzinom handelt.<br />
Es ist also die Frage, in welcher Situation eine Operation<br />
zur Heilung notwendig <strong>und</strong> wann ein abwartendes<br />
Verhalten (Watchful-Waiting) vertretbar ist. Welche<br />
Patienten müssen nun einer operativen Therapie zugeführt<br />
werden? Das hängt von der Risikogruppe ab. Ein<br />
relativ niedriges Risiko liegt <strong>bei</strong> einem Stadium T2a oder<br />
PSA 7 vor. In der niedrigen Risikogruppe<br />
sind ca. 80% der Patienten nach einer radikalen<br />
Prostatektomie auch nach 10 Jahren noch rezidivfrei.<br />
Die Ergebnisse sind in der Hochrisikogruppe<br />
wesentlich schlechter. Hier sind nur ca. 30% nach 10<br />
Jahren rezidivfrei. Eine 1995 begonnene Studie an der<br />
John Hopkins Universität zeigte, dass es durchaus möglich<br />
ist, eine streng selektierte Gruppe von Patienten mit<br />
einem niedrigen Progressionsrisiko zu identifizieren <strong>und</strong><br />
vorerst nicht zu behandeln. Andererseits konnte die radikale<br />
Prostatektomie ihre Effektivität <strong>bei</strong> Patienten mit<br />
einer aggressiven Erkrankung belegen. In der Watchful-<br />
Waiting-Gruppe waren Patienten, die ein niedriges<br />
Tumorvolumen hatten mit einem PSAD (PSA Dichte)<br />
Fortschritte in der Strahlentherapie<br />
Brachytherapie, konventionelle externe Bestrahlung,<br />
3D-konformale Bestrahlung, intensitätsmodulierte<br />
Strahlentherapie <strong>und</strong> 4D-IG-IMRT <strong>und</strong> ...<br />
von Dr. Michael Datolli, MD<br />
Dr. Datolli beschäftigte sich zunächst mit einer Reihe<br />
von Vorbehalten gegen die Brachytherapie z. B. dass<br />
diese Behandlungsmodalität kontraindiziert sei <strong>bei</strong><br />
hohem Gleacon-Score, extrakapsulärem Tumorwachstum,<br />
hoher Ausgangs-PAP <strong>und</strong> ungünstigem Ploidie-Status.<br />
Er hält dem entgegen, dass es zahlreiche Studien<br />
gibt, die auch in diesen ungünstigen Fällen mit der Brachytherapie<br />
bessere Ergebnisse zeigen als mit der radikalen<br />
Prostatektomie, insbesondere wenn man die Brachytherapie<br />
mit einer externen Bestrahlung kombiniert.<br />
Auch das Argument, Patienten, die ein PSA-Rezidiv hätten,<br />
könnten nicht einer 2. lokalen Therapie zugeführt<br />
werden, kann er nicht akzeptieren, sondern verweist auf<br />
Experten, die durchaus in der Lage sind, auch nach<br />
SEEDS-Implantation radikal zu prostatektomieren ohne<br />
wesentlich höhere Komplikationsraten. Ausserdem<br />
könnte immer noch eine IMRT, eine Kryotherapie oder<br />
eine HIFU (hoch intensiver fokussierter Ultraschall) durchgeführt<br />
werden. Auch eine Fettleibigkeit wird nicht als<br />
Kontraindikation für eine Brachytherapie gewertet. Selbst<br />
eine chronische Prostatitis mit entsprechenden Symptomen<br />
<strong>und</strong> erhöhtem IPSS-Wert (international Prostate<br />
Symptom Score) sei keine Kontraindikation zur Brachytherapie,<br />
da diese Beschwerden nach der Behandlung<br />
oft verschwinden. Auch <strong>bei</strong> sehr kleinen Drüsen, wie<br />
auch <strong>bei</strong> transurethral voroperierten Patienten kann<br />
eine Brachytherapie durchgeführt werden. Wenn man<br />
zur Implantation der SEEDS ein Ultraschallfarbdopplergerät<br />
verwendet, gelingt es, die Dosis im Tumor zu optimieren.<br />
Es ist möglich, extrakapsulär SEEDS zu platzieren,<br />
wenn es Hinweise dafür gibt, dass das Karzinom<br />
organüberschreitend wächst oder die Samenblasen<br />
infiltriert. Eine nach der Brachytherapie durchgeführte<br />
zusätzliche externe Strahlentherapie <strong>bei</strong> Patienten mit<br />
mittlerem Risiko führte nicht zu einem Anstieg der Komplikationen<br />
wie Strahlenschäden des Darmes oder der<br />
Blase. Mit einer IMRT kann im Vergleich zur dreidimensionalen<br />
konformalen Bestrahlung die Nebenwirkungsrate<br />
dramatisch reduziert werden. So lag die Rate von<br />
20<br />
rektalen Blutungen nach IMRT <strong>bei</strong> 4%, in der 3-D-konformal<br />
bestrahlten Patientengruppe <strong>bei</strong> 14%. (Dosis 81<br />
Gy). Insgesamt ist die Technik der IMRT in Bezug auf PSA-<br />
Kontrolle der 3-D-konformalen Bestrahlung vergleichbar<br />
- <strong>bei</strong> wesentlich weniger Nebenwirkungen. Der zusätzliche<br />
Vorteil liegt darin, dass die IMRT die Penisbasis <strong>und</strong><br />
die Schwellkörper wesentlich weniger belastet <strong>und</strong><br />
damit die Rate von erektilen Dysfunktionen deutlich<br />
senkt. Die Entwicklungen in der Zukunft werden sich auf<br />
den Ausgleich der durch die Atmung bedingten Prostatabewegungen<br />
richten <strong>und</strong> durch Kombination verschiedener<br />
bildgebender Verfahren das Ziel genauer<br />
definieren. Bei der 4-D-IG-IMRT scheint sich eine Alternative<br />
zur Protonenbestrahlung anzudeuten. Beim Vergleich<br />
verschiedener Bestrahlungsmodalitäten mit der<br />
radikalen Prostatektomie schneidet die Strahlentherapie<br />
in allen Risikogruppen besser ab.<br />
Robotunterstützte Prostatektomie<br />
mit 3-D-Video<br />
von Ashutosh Tewari, MD, M.Ch.<br />
Dr. Tewari zeigte eindrucksvoll seine Operationstechnik<br />
in einem Videofilm. Bei der roboterassistierten radikalen<br />
Prostatektomie ist es möglich, minimal invasiv, nervenschonend<br />
zu operieren. Die von der radikalen Prostatektomie<br />
bekannten Komplikationen wie Inkontinenz,<br />
hoher Blutverlust, postoperative Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />
der Erektion lassen sich deutlich verringern.<br />
Es liegt auf der Hand, dass eine neue derart effiziele<br />
Technik nicht kurzfristig in allen Krebszentren eingesetzt<br />
werden kann. Es ist vielmehr zu erwarten, dass ein längeres<br />
individuelles Training notwendig ist. Vorläufige<br />
Daten zeigen, dass die Tumorkontrolle vergleichbar ist<br />
mit den Daten der radikalen Prostatektomie <strong>und</strong> externen<br />
Strahlentherapie.<br />
Der Androgenentzug zur Behandlung<br />
des Protasta-Karzinoms<br />
von Dr. Charles Myers, MD.<br />
In mehr als 4000 wissenschaftlichen Artikeln die pro Jahr<br />
zum Thema Prostata-Karzinom veröffentlicht werden,<br />
beschäftigt sich ein großer Teil mit Varianten des Androgenentzugs<br />
(ADT). Ausserhalb der urologisch/onkologi-
schen Facharztpraxen wird immer wieder vermutet,<br />
dass der Androgenentzug im Schnitt nur 18 Monate<br />
erfolgreich ist <strong>und</strong> dann eine Hormonresistenz eintritt.<br />
Dies ist offensichtlich nur für eine sehr kleine Zahl von<br />
Patienten der Fall. Je höher die Tumorlast, z. B. mit ausgedehnter<br />
Lymphknotenmetastasierung <strong>und</strong> Knochenschmerzen<br />
umso kürzer ist das Ansprechen auf den<br />
Androgenentzug. Bei wenigen Knochenmetastasen<br />
sprechen die Patienten im Schnitt 4 – 5 Jahre an, wo<strong>bei</strong><br />
30 – 40% auch nach 9 Jahren noch nicht hormonrefraktär<br />
sind. Bei PSA-Rezidiven, z. B. nach radikaler Prostatektomie,<br />
ist die Prognose offensichtlich noch besser.<br />
Hier liegt die Wahrscheinlichkeit für ein hormonrefraktäres<br />
Stadium innerhalb von 10 Jahren unter 50%. Die<br />
intermittierende Hormontherapie mit einer Erhaltungstherapie<br />
während der Off-Phase zeigt insgesamt mehr<br />
Vorteile als Nachteile für den Patienten. In einer Studie<br />
von Dr. Bob Leibowitz mussten 5 von 110 Patienten<br />
einem 2. Behandlungsprotokoll nach 13 Monaten ADT<br />
unterzogen werden. Nur 9 von 110 Patienten hatten in<br />
der Off-Phase einen PSA über 8ng/ml. Der durchschnittliche<br />
PSA-Wert unter Proscar-Erhaltungstherapie lag <strong>bei</strong><br />
1,88ng/ml. Zur second -line-Hormonmanipulation<br />
kommt eine Variation der Antiandrogene in Frage oder<br />
auch DES (ein Östrogenpräparat) in Kombination mit<br />
Marcumar. Die transdermale Applikation von Estradiol<br />
scheint das Risiko von cardiovaskulären Nebenwirkungen<br />
zu minimieren. Der Erfolg einer Östrogentherapie<br />
mit Pflastern hängt offensichtlich davon ab, ob ein ausreichender<br />
Blutspiegel erreicht werden kann (0ckrim,<br />
Journal of Urology 169, 1735, 2003).<br />
Ketokonazol hat sich in der second line Therapie des<br />
Prostata-Karzinoms bewährt. Da<strong>bei</strong> scheint eine niedrige<br />
Dosis, 200mg alle 8 St<strong>und</strong>en, ebenso effektiv zu sein<br />
wie eine Hochdosistherapie mit 400mg alle 8 St<strong>und</strong>en.<br />
Die Ansprechsrate liegt <strong>bei</strong> 50%. Zu beachten ist die<br />
hepatotoxische Wirkung von Ketokonazol. Weitere Medikamente,<br />
die einen PSA-Anstieg <strong>bei</strong>m hormonrefraktären<br />
Prostata-Karzinom hemmen, sind Celebrex, Akkutane<br />
<strong>und</strong> Sando statin. In einer Studie mit Lykopene<br />
(Tomatenextrakt) zeigte eine Gruppe von 52 Patienten<br />
mit metastasiertem Prostata-Karzinom mit Kastration<br />
<strong>und</strong> Lykopene wesentlich bessere Ergebnisse als die<br />
Gruppe, die nur kastriert wurde mit Überlebensraten<br />
nach 2 Jahren von 13% ohne gegen 22% mit Lykopene.<br />
Soja-Isoflavone zeigten in einer Studie von Hussain<br />
in einer Dosierung von 100mg 2 x täglich eine Stabilisierung<br />
der Erkrankung in 83% von hormonsensitiven<br />
Patienten <strong>und</strong> in 35% von hormonresistenten Patienten<br />
ohne signifikanten Einflusses auf den Testosteronspiegel.<br />
Die hormonrefraktäre Erkrankung:<br />
Ein Kontinuum von Erkrankungen <strong>und</strong><br />
Optionen<br />
von Oliver Sartor, MD.<br />
Die Hypothese: das hormonrefraktäre Prostata-Karzinom<br />
ist ein Kontinuum. Wenn dies stimmt ist, zum Zeitpunkt<br />
der Diagnose bereits eine Komponente eines hormonrefraktären<br />
Prostata-Karzinoms vorhanden (HRPC). Die<br />
primäre PSA-pos. Zelle könnte von einer sozusagen<br />
unsterblichen Zelle eines weniger ausgereiften Phenotyps<br />
abstammen. Bei einer normalen Prostata bestehen<br />
PSA-produzierende Zellen aus Stammzellen in der Basalschicht.<br />
Die Komponenten, die zu einem hormonrefraktären<br />
Prostata-Karzinom führen, sind umgekehrt proportional<br />
zum Volumen der Erkrankung. Die Zeit bis zur Entwicklung<br />
einer hormonrefraktären Erkrankung ist stadium-<br />
<strong>und</strong> volumenabhängig. So leben Patienten mit<br />
pos. Knochenszintigramm durchschnittlich 40 Monate<br />
nach dem 1. PSA-Stieg, <strong>bei</strong> neg. Knochenszintigramm<br />
68 Monate (Testosteron im Kastrationsbereich). Es gibt<br />
eine ganze Reihe von Therapiemöglichkeiten: z. B. Antiandrogenentzug,<br />
Antiandrogengabe, Unterdrückung<br />
von Nebennierenhormonen, Korticosteroide, Östrogene,<br />
Thalidomid, Strahlentherapie, Radioisotopentherapie,<br />
Bisphosphonate, Chemotherapie <strong>und</strong> experimentelle<br />
Therapien. Neue Therapien sind z. B. Impfstoffe,<br />
Medikamente, die das Immunsystem stimulieren, oder<br />
auch Endothelin-Antagonisten (z.B. Atrasentan). Es werden<br />
monoklonale Antikörper entwickelt (Anti-CTLA-4),<br />
Angiogenesehemmer (Thalidomid- Derivate) <strong>und</strong> neue<br />
chemotherapeutisch wirksame Medikamente.<br />
Ketokonazol<br />
von Dr. Mark Scholz<br />
Obwohl in vielen Studien seit Jahren nachgewiesen<br />
werden konnte dass Ketokonazol in der Behandlung<br />
des androgenunabhängigen Prostata-Karzinoms<br />
21
erfolgreich ist kommt es weder in Amerika noch in Europa<br />
routinemäßig zum Einsatz. Ketokonazol ist ein Medikament,<br />
dass eigentlich zur Behandlung systemischer<br />
Pilzinfektionen zugelassen ist. Es blockt aber Testosteron<br />
über einen auf die Hoden <strong>und</strong> Nebennieren gerichteten<br />
Stoffwechselweg. Es senkt DHEA-S <strong>und</strong> Androstendion,<br />
hat aber auch einen direkten nicht hormonalen<br />
krebszellabtötenden Effekt. Dr. Scholz berichtet von<br />
einem Patienten, der 1992 orchiektomiert wurde <strong>und</strong><br />
zunächst Flutamid bekam (ein Antiandrogen). Der PSA-<br />
Nadir lag 12/95 <strong>bei</strong> 0,06ng/ml. Nach einem langsamen<br />
PSA-Anstieg auf 0,37ng/ml 05/97 Behandlungsbeginn<br />
mit Ketokonazol <strong>und</strong> Hydrocortison 06/97. PSA-Abfall auf<br />
0,021ng/ml 01/98. Der PSA-Nadir lag 08/01 <strong>bei</strong><br />
0,016ng/ml. Daraufhin wurde Ketokonazol abgesetzt.<br />
Der Patient war 04/05 immer noch ohne Therapie mit<br />
einem PSA von 0,12ng/ml. Die Ergebnisse einer Ketokonazol-Behandlung<br />
sind besser, wenn man <strong>bei</strong> einem<br />
relativ niedrigen PSA-Wert beginnt zu behandeln. Kombinationen<br />
z. B. mit Taxotere, Adriamycin, Emcyt, Vinblastine<br />
sind möglich. Dr. Small hat eine Studie veröffentlicht,<br />
in der er Ketokonazol mit Leukine kombiniert.<br />
Insgesamt scheint Ketokonazol eine sehr effektive Therapie<br />
<strong>bei</strong>m androgenunabhängigen Prostata-Karzinom<br />
zu sein, inbesondere dann, wenn es am Anfang eines<br />
androgenunabhängigen Prostata-Karzinoms eingesetzt<br />
wird. Wegen möglicher Nebenwirkungen (Leber, Haut,<br />
Magen-Darm-Trakt) <strong>und</strong> Interaktionen mit Medikamenten<br />
die zur Behandlung der Herzinsuffizienz <strong>und</strong> des Diabetes-Mellitus<br />
wie auch Antihistaminika müssen die<br />
Patienten allerdings streng überwacht werden.<br />
Unterstützende Maßnahmen für den<br />
Prostata-Karzinom-Patienten<br />
von Dr. Stephen B. Strum, MD.<br />
Es gibt eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen, deren<br />
Beachtung Komplikationen im Rahmen der Diagnostik<br />
wie auch der Prostata-Therapie minimiert. So kann z. B.<br />
eine rektale Untersuchung vorsichtig durchgeführt werden,<br />
sodass sie nicht schmerzhaft ist. Die Gewebsentnahme<br />
aus der Prostata kann so erfolgen, dass keine<br />
Schmerzen oder Blutungen auftreten, wenn ausreichend<br />
Lokalanästhetika gegeben werden <strong>und</strong> ein<br />
22<br />
aktuelles Blutbild mit Gerinnungsstatus vorliegt (Cave:<br />
Thrombozytenaggregationshemmer, z. B. Aspirin). Das<br />
Auftreten einer Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie<br />
ist in urolog. Zentren wesentlich geringer als in Kliniken,<br />
die diesen Eingriff weniger häufig durchführen.<br />
Eine länger als ein halbes Jahr bestehen bleibende<br />
Harninkontinenz kann z. B. durch Implantation eines<br />
künstlichen Schließmuskels behandelt werden. Nebenwirkungen<br />
der Androgenentzugstherapie (ADT) sind z. B.<br />
lästige Hitzewallungen, denen man durch Injektion von<br />
Depot Provera 300 – 400ml i.m., mit Megace 20mg 2 x<br />
am Tag, einem Östrogen-Pflaster oder auch Akupunktur<br />
begegnen kann. Eine Anämie unter Androgenentzug ist<br />
z. B. mit Erytropoetin (EPO) 10.000 – 40.000 E pro Woche<br />
behandelbar. Manchmal tritt auch ein Gedächtnisschw<strong>und</strong><br />
auf. Präparate wie GingoBilboa, oder Aricept<br />
können helfen. Sollten lästige Miktionsbeschwerden auftreten,<br />
können Alphablocker aber auch Cernilton (ein<br />
Roggenpollenextrakt) Erleichterung bringen. Nachlassende<br />
Erektion <strong>und</strong> Libido können durch visuelle Stimulation,<br />
Medikamente wie Viagra oder Schwellkörperinjektionen<br />
<strong>und</strong> mechanisch (Vakuumpumpe) behandelt<br />
werden. Bei Gynäkomastie (schmerzhafte Schwellung<br />
des Brustdrüsenkörpers) sollten Aromatasehemmer (Arimidex<br />
oder Aromasin) wie auch Antiöstrogene z. B.<br />
Tamoxifen 10 – 20mg am Tag Erleichterung schaffen.<br />
Die Chemotherapie kann zu einer gefährlichen Leukopenie<br />
führen. Insbesondere wenn die Granulozyten im<br />
Differentialblutbild absolut unter 1.000 abfallen, besteht<br />
ein hohes Infektionsrisiko. Diese Komplikation ist relativ<br />
einfach durch Neupogen (G-CSF) oder Leukine (GM-<br />
CSF) zu beherrschen. Eine Neuropathie (Erkrankung der<br />
Nervenbahnen) entwickelt sich rel. oft im Rahmen einer<br />
Thalidomid-Behandlung, <strong>bei</strong> Taxanen- <strong>und</strong> Platinverbindungen.<br />
3 x 10g L-Glutamine am Tag oder auch Acethyl-L-Carnitin<br />
500mg 4 x am Tag scheinen eine Neuropathie<br />
zu verhindern. Nagelveränderungen im Rahmen<br />
einer Taxotere-Therapie können vermieden werden, in<br />
dem man die Fingerspitzen während der Infusion in Eis<br />
einpackt. Gelegentlich tritt erhöhter Tränenfluss durch<br />
Entzündung der Tränengänge nach Taxotere auf.<br />
Augenärzte können vorübergehend eine Silikon-Drainage<br />
implantieren, um dies zu vermeiden.
Durch einen intelligenten Einsatz von Medikamenten ist<br />
es oft möglich, zwei oder mehrere pos. Wirkungen<br />
durch das gleiche Medikament zu erzielen. So steigert<br />
z. B. Pentoxifylline (= Trental) die Durchblutung, mindert<br />
aber zugleich entzündungsfördernde Cytokine, wie IL-1-<br />
Beta <strong>und</strong> IL-6. Actos wird in der Behandlung des Diabetes<br />
verwendet, führt aber auch zu einer Steigerung von<br />
PPAR-Gamma, das Prostata-Karzinom-Zellen abtötet.<br />
Vitamin D, Curcuma, Alpha-Blocker, Xeloda, 5-FU <strong>und</strong><br />
Celebrex verbessern die Ergebnisse einer Strahlentherapie.<br />
Dies sind nur einige wenige Beispiele.<br />
Leukine <strong>und</strong> Prostata-Karzinom<br />
von Dr. Myers<br />
Aus einer Ar<strong>bei</strong>t von Eric Small (Clin. Ca. Res. 1999, PP<br />
1738-1744) geht hervor, dass Leukine, eigentlich ein<br />
Medikament zur Therapie von chemotherapieinduzierten<br />
Blutbildveränderungen, auch eine direkte Wirkung<br />
gegen den <strong>Prostatakrebs</strong> hat. Eine intermittierende Leukinegabe<br />
z. B. 4 Tage „on“ <strong>und</strong> 3 Tage „off“ führt zu<br />
einem sägezahnartigen PSA-Verlauf , aber insgesamt<br />
doch zu einem weiteren PSA-Anstieg. PSA-Schwankungen<br />
um ein Plateau – also eine Stabilisierung lässt sich<br />
erreichen durch ein Therapieschema, das aus einer kontinuierlichen<br />
zunächst 14tägigen Leukinegabe besteht,<br />
gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit 3 Tagen „on“, 4<br />
Tagen „off“. Dr. Myers berichtet von Patienten, <strong>bei</strong> denen<br />
ein androgenunabhängiges, metastasierendes Prostata-Karzinom<br />
mit Knochenmetastasen diagnostiziert<br />
wurde <strong>und</strong> die durch Leukine eine komplette Remmission<br />
über mehrere Jahre erfuhren.<br />
Leukine kann mit Ketokonazol kombiniert werden. Dosierung:<br />
400mg 3 x tgl. <strong>und</strong> Leukine 250µg/m 14 Tage<br />
„on“, 14 Tage „off“. 78% der Patienten hatten einen PSA-<br />
Abfall über 50%. Auch eine Kombination mit Thalidomid<br />
ist möglich. Man vermutet eine Wirkung von Leukine<br />
über das Immunsystem durch Stimulation der dendritischen<br />
Zellen. Es liegen Studien vor, die belegen, dass<br />
Leukine auch <strong>bei</strong>m Melanom, <strong>bei</strong> Brustkrebs, möglicherweise<br />
auch <strong>bei</strong> anderen Karzinomen wirkt. Insgesamt<br />
könnte Leukine vor allem verwendet werden, um<br />
die Ansprechsrate einer Chemotherapie zu verbessern -<br />
<strong>bei</strong> gleichzeitiger Reduktion der Nebenwirkungen. Es<br />
erscheint möglich, die Dauer einer Remmission nach<br />
Operation, Bestrahlung, Hormon- <strong>und</strong> Chemotherapie<br />
zu verlängern.<br />
Die Behandlung <strong>und</strong> Vermeidung<br />
von Knochenmetastasen<br />
von Dr. Mark Scholz<br />
Es ist bekannt, dass das Prostata-Karzinom häufiger als<br />
andere Karzinome in das Knochensystem metastasiert.<br />
Wenn der <strong>Prostatakrebs</strong> den Knochen erreicht, scheint<br />
er aggressiver zu werden. Wenn es gelingt, eine Metastasierung<br />
zu verhindern oder zu verzögern, wird das<br />
krankheitsspezifische Überleben zunehmen. Auf das<br />
Knochensystem gerichtete Therapien sind z. B. „radioaktives<br />
Calcium“, neue Wachstumshemmer (Atrasentan)<br />
<strong>und</strong> Bisphosphonate z. B. Zometa <strong>und</strong> Aredia.<br />
„Radioaktives Calcium“ kann z. B. in Form von Strontium<br />
mit Adriamycin oder als Samarium mit Taxotere kombiniert<br />
werden. Atrasentan blockiert den Endothelinrezeptor.<br />
Durch die Gabe eines Bisphosphonates wie Zometa<br />
können skelettbezogene Ereignisse (SRE) reduziert<br />
werden. Da<strong>bei</strong> geht es vorwiegend um Frakturen, insbesondere<br />
Oberschenkelfrakturen. Entscheidend wichtig<br />
ist es, frühzeitig eine verminderte Knochendichte<br />
(Osteoporose oder Osteopenie) zu erkennen. In mehreren<br />
Studien wurde deutlich, dass die Dexamethode<br />
dem quantitativen CT unterlegen ist. Eine Studie von<br />
Smith im Cancer Vol 91, 2001 zeigt, dass die Dexamethode<br />
5% der von Osteoporose betroffenen Patienten,<br />
das Q-CT 63% entdeckt. Ein sensibler Marker für den<br />
Knochenstoffwechsel ist Pyrilinks D. Erhöhte Urinwerte<br />
deuten einen Knochenabbau an. Zum Ausgleich sind<br />
Calciumcitrat 500mg 0-1-1 <strong>und</strong> andere Mineralien wie<br />
Magnesium, Bor <strong>und</strong> Fluorid sinnvoll, ausserdem hat<br />
sich Vitamin D (Rocaltrol mit einer Dosierung von<br />
0,5µg/Tag) in mehreren Studien als effektiv gegen <strong>Prostatakrebs</strong><br />
erwiesen <strong>und</strong> ist <strong>bei</strong> der Osteoporoseprophylaxe<br />
<strong>und</strong> Therapie ähnlich potent wie Fosamax.<br />
Auf Kochen gerichtete Therapien:<br />
Radiopharmazeutika<br />
von Oliver Sartor, MD<br />
Es gibt verschiedene Radiopharmazeutika, die sich<br />
nach intravenöser Gabe im Knochen anreichern, z. B.<br />
23
Strontium 89 <strong>und</strong> Samarium 153 EDTMP oder auch<br />
Renium 186. Strontium 89, ein Calciumhomolog, spürt<br />
Calciumablagerungen auf. Dr. Sartor präsentiert eine<br />
Studie aus dem Jahre 2004, die anschaulich belegt,<br />
dass durch Samarium 153 Gabe der Verbrauch von<br />
Schmerzmedikamenten <strong>bei</strong> Patienten mit fortgeschrittenem,<br />
in die Knochen metastasierten Prostata-Karzinom<br />
deutlich gesenkt werden kann. Allerdings zeigte<br />
sich auch zumindest vorübergehend eine geringgradige<br />
toxische Wirkung auf das Knochenmark. Interessant<br />
scheint der Ansatz in der Kombination von Strontium 89<br />
<strong>und</strong> Doxorubicin im Sinne einer auf die Knochen gezielten<br />
konsolidierenden Therapie. Samarium kann auch<br />
mit Docetaxel kombiniert werden. In einer Studie von<br />
Widmark et al wurden Docetaxel 30mg pro m2 pro<br />
Woche x 5 kombiniert mit Samarium 153. 5 von 6<br />
Patienten hatten einen PSA-Abfall über 50%, 4 von 6<br />
hatten einen PSA-Abfall über 80% mit einer Dauer > 6<br />
Monate.<br />
Sehen Sie hierzu auch BPS-Magazin 2/2005 „Langfristige<br />
Linderung <strong>bei</strong> Knochenmetastasen.“<br />
Die Zeit, in der ein <strong>Prostatakrebs</strong> eine<br />
lebensbedrohliche Erkrankung für<br />
jeden Mann darstellt, geht zu Ende<br />
von Dr. Strum <strong>und</strong> Bill Blair<br />
Zum Abschluss der Konferenz zeichnete Dr. Stephen<br />
Strum zusammen mit einem Patienten, Bill Blair, ein sehr<br />
optimistisches Zukunftsszenario. Er geht davon aus, dass<br />
24<br />
heute schon das Prostata-Karzinom in allen Stadien<br />
heilbar ist. Allerdings sind verschiedene Untersuchungstechniken<br />
<strong>und</strong> auch Medikamente bisher nur in Studien<br />
zugänglich, oder in Amerika von der FDA noch nicht<br />
zugelassen. Dies betrifft z. B. die MR-Lymphographie mit<br />
Combidex: Sineren (USPIO). Mit dieser Untersuchungstechnik<br />
kann mit einer bisher nicht gekannten Sensitivität<br />
<strong>und</strong> Spezifität der Lymphknotenbefall <strong>bei</strong> Prostata-Karzinom<br />
nachgewiesen werden. Die Entwicklung eines<br />
Impfstoffs zur Stimulation der dendritischen Zellen (Provenge)<br />
dauert leider wesentlich länger als vermutet.<br />
Studien scheinen aber zu belegen, dass mit dieser Therapie<br />
die <strong>Prostatakrebs</strong>patienten wesentlich länger<br />
leben. Ein inovatives Medikament, das bereits zur<br />
Behandlung des Brustkrebses in Amerika zugelassen ist,<br />
besteht in einer neuen Paclitaxel-Formulierung: Abraxane.<br />
Es hat u. a. den Vorteil, dass im Gegensatz zu Taxotere<br />
keine begleitende Medikation zur Vermeidung von<br />
allergischen Reaktionen erforderlich ist. Dr. Strum <strong>und</strong> Bill<br />
Blair beendeten ihren Vortrag mit einem Aufruf an alle<br />
Anwesenden, sich stärker politisch zu engagieren,<br />
damit die genannten Untersuchungstechniken wie<br />
auch alle neuen Medikamente mit nachgewiesener<br />
Wirkung gegen den <strong>Prostatakrebs</strong> möglichst umgehend<br />
in den klinisch-onkologischen Alltag zum Wohle der<br />
Patienten eingesetzt werden können.<br />
DR. FRANK EICHHORN<br />
Urologe, Naturheilverfahren
NEUE ERGEBNISSE EINER GROßEN<br />
LANGZEITSTUDIE VORGESTELLT<br />
von Wolfgang Petter<br />
Sie gehörten zu den Highlights des diesjährigen europäischen<br />
Krebskongresses „ECCO 13“, der vom 30.10.<br />
bis zum 3.11.2005 in Paris stattfand: Die neuen Ergebnisse<br />
der weltweit größten Studie zur Behandlung von<br />
<strong>Prostatakrebs</strong>. Nach einer Beobachtungsdauer von<br />
inzwischen mehr als 7 Jahren zeigt sich immer deutlicher,<br />
welche Patienten von der zusätzlichen Behandlung<br />
mit dem Antiandrogen Bicalutamid (Casodex) 150<br />
mg/Tag profitieren.<br />
Obwohl <strong>Prostatakrebs</strong> heute generell früher erkannt wird<br />
als noch vor etwa 10 Jahren, wird der Tumor doch häufig<br />
erst dann entdeckt, wenn er bereits die Prostatakapsel<br />
verlassen oder sogar schon die Lymphknoten befallen<br />
hat <strong>und</strong> damit „lokal fortgeschritten“ ist. In diesen<br />
Fällen besteht dann auch nach einer erfolgreichen<br />
Operation oder Bestrahlung ein recht hohes Rückfallrisiko.<br />
Ältere Studien haben gezeigt, dass eine adjuvante Hormontherapie,<br />
also eine Hormontherapie direkt im<br />
Anschluss an die radikale Prostatektomie oder Strahlentherapie,<br />
eine Verbesserung der Prognose ermöglicht.<br />
Mit dieser Maßnahme können klinisch nicht fassbare<br />
Mikrometastasen eliminiert <strong>und</strong> auf diese Weise ein<br />
Rückfall verhindert werden. Nach Strahlentherapie<br />
konnte für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor<br />
sogar ein Vorteil im Gesamtüberleben belegt werden.<br />
Das Gleiche gilt nach radikaler Prostatektomie für<br />
Patienten mit Lymphknotenbefall. Die damals angewandten<br />
Hormontherapien beruhten auf dem Prinzip<br />
der Kastration, die entweder chirurgisch oder mit dem<br />
Medikament Goserelin (Zoladex) erzielt wurde. Diese Art<br />
der Hormontherapie ist mit Nebenwirkungen wie Hitzewallungen,<br />
sexuellen Funktionsstörungen sowie Abnahme<br />
der geistigen <strong>und</strong> körperlichen Leistungsfähigkeit<br />
verb<strong>und</strong>en. Zudem nimmt langfristig auch die Knochendichte<br />
ab, so dass das Osteoporoserisiko steigt.<br />
Bereits seit langem suchen die Mediziner daher nach<br />
wirksamen <strong>und</strong> zugleich gut verträglichen Medikamenten,<br />
mit denen sie die betroffenen Männer vor einem<br />
Wiederaufflackern der Krebserkrankung schützen können.<br />
Besonders viel versprechend ist die Einnahme so<br />
genannter nichtsteroidaler Antiandrogene. Mit diesen<br />
Medikamenten werden die Andockstellen für DHT,<br />
einem Umwandlungsprodukt des männlichen Hormons<br />
Testosteron, in den <strong>Prostatakrebs</strong>zellen blockiert, die<br />
dadurch in ihrem Wachstum gehemmt werden. Gleichzeitig<br />
bleibt <strong>bei</strong> alleiniger Anwendung der Testosteronspiegel<br />
im Blut erhalten <strong>und</strong> die kastrationstypischen<br />
Nebenwirkungen bleiben aus.<br />
Ob dieser Therapieansatz die betroffenen Patienten<br />
auch langfristig vor einem Rückfall schützt, wird seit<br />
1995 im Casodex-EPC-Programm untersucht (EPC =<br />
Early Prostate Cancer, früher <strong>Prostatakrebs</strong> ohne Fernmetastasen).<br />
Mit dem aufwändigen Studienprogramm,<br />
an dem weltweit mehr als 8000 Patienten teilnehmen,<br />
sollen vor allem zwei Fragen geklärt werden, die für die<br />
Therapieplanung äußerst wichtig sind:<br />
• Haben <strong>Prostatakrebs</strong>-Patienten ohne Fernmetastasen<br />
eine bessere Lebenserwartung, wenn sie nach der<br />
Operation (radikale Prostatektomie) oder nach der<br />
Bestrahlung zusätzlich mit dem Antiandrogen Bicalutamid<br />
150 mg/Tag behandelt werden oder wenn sie<br />
dieses Medikament anstelle einer reinen Beobachtung<br />
(„Watchful Waiting“), wie sie vor allem in Skandinavien<br />
üblich ist, sofort einnehmen?<br />
• Können die Patienten durch die unterstützende (adjuvante)<br />
oder sofortige Einnahme von Bicalutamid länger<br />
oder sogar vollständig vor einem Rückfall<br />
geschützt werden?<br />
25
Bessere Lebenserwartung ...<br />
Verlässliche Antworten auf diese Fragen geben jetzt die<br />
in Paris vorgestellten Ergebnisse der mittlerweile dritten<br />
Zwischenauswertung des EPC-Studienprogramms nach<br />
median 7,4 Jahren Nachbeobachtung. Danach<br />
haben Patienten mit lokal fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong>,<br />
die sich zunächst einer Strahlentherapie unterzogen<br />
haben <strong>und</strong> dann eine Behandlung mit dem Antiandrogen<br />
Bicalutamid begonnen haben, eine eindeutig<br />
bessere Lebenserwartung als die nur bestrahlten<br />
Männer, was im Einklang mit den Ergebnissen der früheren<br />
kastrationsbasierten Studien zur adjuvanten Hormontherapie<br />
steht. Diese Patienten profitierten von der<br />
adjuvanten Bicalutamid-Therapie mit einem signifikanten<br />
Überlebensvorteil: Ihr Sterberisiko konnte um 35%<br />
gesenkt werden. „Diese Patienten sind vor allem seltener<br />
an <strong>Prostatakrebs</strong> gestorben“, erklärte Professor Peter<br />
Iversen aus Kopenhagen.<br />
Einen starken, aber statistisch noch nicht signifikanten<br />
Trend hin zu einer Überlebensverbesserung gab es auch<br />
in der Gruppe mit Wachtful Waiting, in der das Sterblichkeitsrisiko<br />
durch Bicalutamid um 19% gesenkt wurde.<br />
Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem <strong>Prostatakrebs</strong>,<br />
die zunächst operiert wurden, ist zum derzeitigen Zeit-<br />
26<br />
punkt zwar noch kein Überlebensvorteil nachzuweisen,<br />
aber auch diese Männer haben einen Vorteil von der<br />
zusätzlichen Einnahme des Antiandrogens.<br />
... <strong>und</strong> weniger Rückfälle<br />
Denn auch <strong>bei</strong> den operierten Patienten – wie auch <strong>bei</strong><br />
den bestrahlten oder sonst nur beobachteten Patienten<br />
– verlangsamte die zusätzliche Einnahme von Bicalutamid<br />
das Fortschreiten der Krebserkrankung. Die Gefahr<br />
eines Krebsrückfalls konnte deutlich verringert werden<br />
(um 25% nach radikaler Prostatektomie, um 44% nach<br />
Strahlentherapie <strong>und</strong> um 40% <strong>bei</strong> sofortiger Einnahme<br />
statt Watchful Waiting) – <strong>und</strong> damit letztlich auch die<br />
Gefahr, dass die Patienten als Folge von Knochenmetastasen<br />
starke Knochenschmerzen oder schwere Komplikationen,<br />
wie zum Beispiel eine Rückenmarkkompression<br />
mit Lähmungen erleiden.<br />
Gute Verträglichkeit<br />
Auch <strong>bei</strong> der dritten Zwischenauswertung erwies sich<br />
Bicalutamid als gut verträglich. Die häufigsten unerwünschten<br />
Ereignisse waren erwartungsgemäß Brustschmerzen<br />
<strong>und</strong> eine Vergrößerung der Brüste, die in<br />
mehr als 90% der Fälle als leicht bis mäßig beschrieben<br />
wurden. Allerdings ist auf eine vorbeugende Bestrahlung<br />
der Brüste im Rahmen des Studienprogramms verzichtet<br />
worden. Die Häufigkeit von Hitzewallungen,<br />
Impotenz <strong>und</strong> verminderter Libido war nicht erhöht. Trotz<br />
ihrer guten Wirkung gegen die <strong>Prostatakrebs</strong>zellen verursachen<br />
nichtsteroidale Antiandrogene normalerweise<br />
keine sexuellen Probleme. Das liegt daran, dass sie<br />
nicht den Testosteronspiegel senken, sondern nur die<br />
Hormon-Andockstellen in den Krebszellen blockieren.<br />
WOLFGANG PETTER<br />
Vorsitzender des B<strong>und</strong>esverbandes <strong>Prostatakrebs</strong><br />
Selbsthilfe e. V.
IN EINER GROßEN STUDIE WIRD DUTASTERID<br />
JETZT ZUR KREBSPRÄVENTION GEPRÜFT<br />
8000 Männer ab 50 nehmen an der Studie teil<br />
DÜSSELDORF (grue). Der 5-alpha-Reduktasehemmer<br />
Dutasterid (Avodart®) ist zur Behandlung von Männern<br />
mit benigner Prostata-Hyperplasie zugelassen. Wegen<br />
seiner besonderen pharmakologischen Eigenschaften<br />
könnte es sich aber auch zur Prävention von Prostatakarzinomen<br />
eignen. Das wird jetzt in einer Studie <strong>bei</strong><br />
Männern mit hohem Krebsrisiko geprüft.<br />
5-alpha-Reduktasehemmer können das Risiko für <strong>Prostatakrebs</strong><br />
senken, wie eine kontrollierte Studie mit dem Wirkstoff<br />
Finasterid ergeben hat. Diese Substanz hemmt allerdings<br />
nur den Typ 2 des Reduktase-Enzyms. Dutasterid<br />
dagegen blockiert sowohl Typ 1 als auch Typ 2.<br />
"Da besonders die Typ-1-Reduktase <strong>bei</strong>m Prostatakarzinom<br />
hochreguliert ist, könnte die duale Enzymhemmung<br />
mit Dutasterid sehr wirkungsvoll sein", sagte Professor<br />
Johannes M. Wolff aus Bad Mergentheim.<br />
Hinweise darauf liefere eine kleine Studie <strong>bei</strong> Männern<br />
mit lokalisiertem Prostatakarzinom, die vor der Tumoroperation<br />
für zehn Wochen mit Dutasterid behandelt wurden.<br />
Dadurch sank der Dihydro-Testosteronspiegel in Prostata<br />
<strong>und</strong> Serum. Ein Teil der Tumorzellen starb ab, <strong>und</strong> die<br />
Gefäßneubildung wurde gestoppt.<br />
"Vor eineinhalb Jahren wurde deshalb eine große Krebspräventions-Studie<br />
mit Dutasterid gestartet", sagte Wolff<br />
<strong>bei</strong> einer Veranstaltung des Unternehmens GlaxoSmithKline<br />
in Düsseldorf. An der Studie REDUCE (Reduction by<br />
Dutasteride of Prostate Cancer Events) nehmen 8000<br />
Männer ab 50 Jahren mit erhöhtem Prostatakarzinom-<br />
Risiko teil. Sie haben PSA-Werte bis zu 10 ng/ml, aber kein<br />
Prostatakarzinom in der Eingangs-Biopsie.<br />
Wie Wolff berichtete, erhalten die Männer vier Jahre lang<br />
täglich 0,5 mg Dutasterid oder Placebo. Zwischenzeitlich<br />
wird mindestens zweimal biopsiert. Zudem wird halbjährlich<br />
der PSA-Wert gemessen. Primärer Endpunkt ist ein<br />
durch Biopsie gesichertes Prostata-Ca nach zwei <strong>und</strong> vier<br />
Therapiejahren.<br />
Einer der sek<strong>und</strong>ären Endpunkte ist die Gesamtüberlebensdauer.<br />
"Diese Studie wendet sich an Männer mit<br />
hohem Krebsrisiko, für die eine medikamentöse Prävention<br />
besonders dringlich ist", so Wolff. Das unterscheide<br />
die Untersuchung von der bereits beendeten Finasterid-<br />
Studie, an der nur Männer mit PSA-Werten unter 3 ng/ml<br />
<strong>und</strong> deshalb geringem Krebsrisiko teilnahmen.<br />
ÄRZTE ZEITUNG, 11.10.2005<br />
GUTE NOTEN FÜR INTERMITTIERENDE CHEMO<br />
BEI PROSTATA-KREBS<br />
Patienten mit lokal fortgeschrittenem, hormonrefraktärem Prostata-Ca<br />
/ Phase-II-Studie / Wöchentliche Docetaxel-Therapie<br />
DÜSSELDORF (miz). Die intermittierende Therapie mit<br />
Docetaxel kann den Einstieg in eine palliative Chemotherapie<br />
<strong>bei</strong>m lokal fortgeschrittenen, hormonrefraktären<br />
Prostatakarzinom erleichtern.<br />
Davon zeigte sich Professor Kurt Miller von der Charité Berlin<br />
<strong>bei</strong> der 57. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Uro-<br />
logie in Düsseldorf überzeugt. Die dreiwöchentliche oder<br />
wöchentliche Docetaxel-Therapie kann ein Therapie-<br />
Ansatz für asymptomatische Patienten mit lokal fortgeschrittenem<br />
Prostata-Ca sein, deren PSA-Wert nach einer<br />
Hormontherapie wieder steigt. Diese Patienten haben<br />
noch keine Zeichen für ein erneutes Tumorwachstum <strong>und</strong><br />
es sind auch keine Metastasen nachweisbar.<br />
27
Hinweise auf ein längeres Leben<br />
<strong>bei</strong> früher Chemo<br />
Mehrere Studien lassen vermuten, dass ein früher Beginn<br />
der Chemotherapie die Überlebenszeit dieser Patienten<br />
verlängert. Allerdings ist es keine leichte Entscheidung für<br />
symptomfreie Patienten, sich einer Chemotherapie zu<br />
unterziehen. Hier könnte die intermittierende Docetaxel-<br />
Therapie ein guter Ansatz sein.<br />
Miller hat, wie er auf einem Satelliten-Symposium des<br />
Unternehmens Sanofi-Aventis berichtet hat, bereits eine<br />
Phase II-Studie mit intermittierender Docetaxel-Therapie<br />
gemacht. Die Patienten erhielten Docetaxel <strong>und</strong> das –<br />
inzwischen nicht mehr als nützlich angesehene – Estramustin<br />
einmal wöchentlich über zwölf Wochen.<br />
Ein Therapiezyklus dauert vier Wochen, eine Sequenz<br />
besteht aus drei Zyklen. Bei erneuter Progression des<br />
Tumors – diagnostiziert über die PSA-Bestimmung – wurde<br />
der Behandlungszyklus wiederholt.<br />
Diese Studie erbrachte <strong>bei</strong> einer mittleren Nachbeobachtung<br />
von 14 Monaten Ergebnisse, die denen <strong>bei</strong> kontinuierlicher<br />
Docetaxel-Therapie entsprechen. Im Verlauf<br />
von bis zu fünf Sequenzen - also 15 vierwöchigen Zyklen<br />
- nahm die PSA-Ansprechrate auf Docetaxel ab der drit-<br />
DIE SELBSTHILFEGRUPPE EREKTILE<br />
DYSFUNKTION (IMPOTENZ)<br />
Ein Exot in der Selbsthilfelandschaft<br />
von Günther Steinmetz<br />
In Deutschland gibt es r<strong>und</strong> 80.000 Selbsthilfegruppen,<br />
aber nur eine einzige, die Erektionsstörungen (umgangssprachlich<br />
Impotenz, medizinisch korrekt "erektile Dysfunktion",<br />
kurz ED) zum Thema hat. Daraus könnte man<br />
schließen, dass Erektionsstörungen nur sehr selten vorkommen<br />
oder dass sie für betroffene Männer kein Problem<br />
darstellen. Beide Annahmen haben mit der Wirklichkeit<br />
nichts gemein. Einerseits gibt es nach einer 1998<br />
durchgeführten Studie in Deutschland r<strong>und</strong> 4,5 Millionen<br />
28<br />
ten Sequenz langsam ab. Die Einjahres-Überlebensrate<br />
betrug 70 Prozent, <strong>und</strong> das mediane Gesamtüberleben<br />
lag <strong>bei</strong> 18,5 Monaten.<br />
Ähnlich gute Ergebnisse wie mit<br />
kontinuierlicher Therapie<br />
Damit liegen die Phase-II-Ergebnisse der intermittierenden<br />
Therapie gleichauf mit denen der Phase-III-Studien,<br />
die mit kontinuierlicher Docetaxel-Anwendung vorgenommen<br />
wurden. Die unerwünschten Wirkungen waren<br />
"gering bis akzeptabel", <strong>und</strong> schwere hämatologische<br />
Toxizitäten traten nur selten auf.<br />
In Düsseldorf stellte Miller nun die geplante Phase-III-Studie<br />
vor, in der die intermittierende mit der kontinuierlichen<br />
Chemotherapie verglichen wird. Diesmal sind das<br />
wöchentliche <strong>und</strong> das dreiwöchentliche Schema für die<br />
Docetaxel-Gabe zugelassen, <strong>und</strong> auf Estramustin wird<br />
verzichtet.<br />
Primärer Endpunkt ist auch hier das Einjahres-Überleben.<br />
"Wir sind der Überzeugung, dass die intermittierende<br />
Chemotherapie dieselben Überlebensraten erbringt wie<br />
die kontinuierliche", sagte Miller.<br />
ÄRZTE ZEITUNG, 11.10.2005<br />
Männer mit einer erektilen Dysfunktion. Das sind r<strong>und</strong><br />
20% aller Männer zwischen 30 <strong>und</strong> 80 Jahre. Andererseits<br />
ruft der Verlust der Erektionsfähigkeit <strong>bei</strong> praktisch<br />
jedem Mann, der nicht schon aus anderen Gründen<br />
das Interesse an Sexualität verloren hat, das Gefühl hervor,<br />
ein Versager zu sein. Diese Minderwertigkeitsgefühle<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Scham beeinträchtigen oft<br />
nachhaltig die Lebensqualität <strong>und</strong> belasten die Beziehung.
Unsere Aktivitäten<br />
Als Selbsthilfegruppe liegt natürlich ein Schwerpunkt<br />
unserer Ar<strong>bei</strong>t in den monatlichen Gruppentreffen in<br />
München. Da<strong>bei</strong> haben wir nur selten ein festes Programm,<br />
der Austausch über persönliche Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> Fragen steht im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Unsere Erfahrungen<br />
• Auch manche Ärzte haben Probleme, offen<br />
über das Thema Sexualität <strong>und</strong> besonders über<br />
Erektionsstörungen zu reden.<br />
• Nicht alle Urologen haben ausreichende<br />
Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen in Diagnose <strong>und</strong><br />
Therapie von Erektionsstörungen.<br />
• Die Vorstellung, kein "richtiger Mann" mehr zu<br />
sein, ist für viele Männer mit Erektionsstörungen<br />
unerträglich. Deshalb meiden sie alle Situationen,<br />
die sie daran erinnern: Sie verzichten auf<br />
alle sexuellen Aktivitäten, wehren Zärtlichkeiten<br />
ab <strong>und</strong> weichen Gesprächen über ihren<br />
Zustand aus.<br />
• Die meisten Frauen haben wesentlich mehr<br />
Probleme damit, dass ihr Partner nicht offen<br />
über seine Probleme reden kann, als mit der<br />
Erektionsstörung selbst.<br />
Unser Internet-Auftritt informiert auf r<strong>und</strong> 100 Seiten<br />
umfassend <strong>und</strong> verständlich über Ursachen, Diagnose<br />
<strong>und</strong> Therapie der erektilen Dysfunktion. Weitere Schwerpunkte<br />
sind der persönliche <strong>und</strong> partnerschaftliche<br />
Umgang mit dem Problem sowie die Kostenübernahme<br />
für Diagnose <strong>und</strong> Behandlung durch die Krankenkassen.<br />
Pro Monat registrieren wir mehr als 65.000 Aufrufe unserer<br />
Internetseiten.<br />
Betroffenen Männern <strong>und</strong> Frauen bieten wir Kontakt per<br />
eMail <strong>und</strong> Telefon an. Da<strong>bei</strong> geht es einerseits um viele<br />
sachliche Fragen, wie sie <strong>bei</strong> jeder Krankheit auftauchen:<br />
Arztsuche, Erfahrung mit Behandlungsmethoden,<br />
Kostenübernahme durch Krankenkasse, u.s.w.. Andererseits<br />
geht es um die persönliche <strong>und</strong> partnerschaftliche<br />
Bewältigung des Problems. Dazu haben wir natürlich<br />
keine Patentrezepte, vielmehr suchen wir mit den Betrof-<br />
fenen zusammen nach Wegen, die der konkreten Situation<br />
angepasst sind. Selbstverständlich ersetzt der Kontakt<br />
mit uns keinen Arzt- oder Psychotherapeutenbesuch,<br />
kann aber dazu <strong>bei</strong>tragen, diesen Besuch gut vorzubereiten<br />
<strong>und</strong> als mündiger Patient aufzutreten. Pro Monat<br />
beantworten wir 40 bis 60 eMails <strong>und</strong> 20 bis 40 Anrufe.<br />
Mit unserer Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t (Mitar<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong> Beiträgen<br />
zum Thema ED in Fernsehen, R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Zeitschriften;<br />
Vorträge zum Thema ED) tragen wir dazu <strong>bei</strong>, dass die<br />
ED vom Makel des persönlichen Versagens befreit <strong>und</strong><br />
als "normale" Krankheit gesehen wird.<br />
Unsere Überzeugung<br />
Bei anhaltenden Erektionsstörungen gibt es keinen Ersatz<br />
für den Arztbesuch <strong>und</strong> das Gespräch mit der Partnerin.<br />
Beides fällt den meisten Männern sehr schwer. Aber wer<br />
diese Schritte wagt, kann die Erfahrung machen, dass<br />
nach wie vor die Sexualität ein beglückender Bestandteil<br />
der Partnerschaft ist.<br />
Das sollte jeder Mann mit ED wissen<br />
• Eine erektile Dysfunktion kann sehr früh auf andere<br />
gefährliche, noch nicht erkannte Erkrankungen<br />
wie <strong>bei</strong>spielsweise Diabetes oder Arteriosklerose<br />
hinweisen. Ebenso können gegen andere<br />
Erkrankungen eingenommene Arzneimittel als<br />
Nebenwirkung sexuelle Funktionen beeinträchtigen.<br />
Deshalb ist eine frühzeitige <strong>und</strong> gründliche<br />
Klärung der Ursachen unbedingt wichtig.<br />
• Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten<br />
<strong>und</strong> Hilfsmitteln, um trotz Erektionsstörung eine<br />
Erektion zu bekommen. Da kann jeder Mann in<br />
Zusammenar<strong>bei</strong>t mit seinem Urologen <strong>und</strong><br />
unter Einbeziehung seiner Partnerin das für sich<br />
Richtige finden.<br />
• Es gibt auch ohne Erektion befriedigenden <strong>und</strong><br />
lustvollen Sex einschließlich Orgasmus für <strong>bei</strong>de<br />
Partner. Das setzt allerdings voraus, dass die Partner<br />
über ihre Wünsche, Vorlieben <strong>und</strong> Erwartungen<br />
miteinander reden.<br />
29
Unser Angebot<br />
Es gibt viele Krankheiten, in deren Folge Erektionsstörungen<br />
auftreten können. Bei vielen Paaren entwickelt sich<br />
dann die gestörte Sexualität zu einer zusätzlichen Belastung<br />
in einer ohnehin schon schwierigen Situation. Das<br />
muss nach unserer Erfahrung nicht so sein. Auch <strong>bei</strong><br />
einer Beeinträchtigung sexueller Funktionen kann die<br />
Sexualität eine Quelle von Lebensfreude sein <strong>und</strong> Akzeptanz<br />
<strong>und</strong> Nähe vermitteln. Wir möchten daher dazu <strong>bei</strong>tragen,<br />
dass in entsprechenden Selbsthilfegruppen<br />
auch der Umgang mit Sexualstörungen thematisiert<br />
Autor<br />
Günther Steinmetz wurde 1997<br />
nach einer Prostatektomie impotent.<br />
Um dieses Problem besser zu<br />
bewältigen, wollte er sich einer<br />
Selbsthilfegruppe anschließen,<br />
musste aber feststellen, dass es in<br />
Deutschland zwar r<strong>und</strong> 80.000<br />
Selbsthilfegruppen gibt, aber keine,<br />
die diese Thematik als Schwerpunkt<br />
30<br />
wird. Wir sind gerne bereit, in Selbsthilfegruppen eine Veranstaltung<br />
(Vortrag mit Diskussion) zum Thema Erektionsstörungen<br />
durchzuführen.<br />
Darüber hinaus stehen wir (wie oben beschrieben) Einzelpersonen<br />
<strong>und</strong> Paaren zum Erfahrungsaustausch über<br />
alle Aspekte von Erektionsstörungen zur Verfügung. Als<br />
selbst Betroffene kennen wir natürlich auch das Gefühlschaos,<br />
das Erektionsstörungen hervorrufen können. Wir<br />
möchten deshalb gerade auch die Männer zum Kontakt<br />
mit uns ermutigen, die noch nicht <strong>bei</strong>m Arzt waren<br />
oder noch nicht mit ihrer Partnerin über ihre Probleme<br />
reden konnten.<br />
Kontakt<br />
Selbsthilfegruppe Erektile Dysfunktion (Impotenz)<br />
Anschrift: Weiherweg 30A<br />
82194 Gröbenzell<br />
Telefon: 08142 59 70 99 <strong>und</strong> 030 76 68 95 21<br />
E-Mail: kontakt@impotenz-selbsthilfe.de<br />
Internet: www.impotenz-selbsthilfe.de<br />
hat. Daraufhin gründete er 1998 die bis heute einzige<br />
Selbsthilfegruppe zum Thema erektile Dysfunktion. Die<br />
umfangreiche Internetpräsenz der<br />
Gruppe hat bewirkt, dass sie von<br />
rat- <strong>und</strong> hilfesuchenden Männern<br />
<strong>und</strong> Frauen aus dem ganzen<br />
deutschsprachigen Raum per E-<br />
Mail <strong>und</strong> Telefon kontaktiert wird.<br />
Heute ist Günther Steinmetz für die<br />
Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t der Selbsthilfegruppe<br />
zuständig <strong>und</strong> beantwortet<br />
einen Teil der Mails <strong>und</strong> Anrufe.
PODIUMSVERANSTALTUNG PROSTATAKREBS IM<br />
KREISTAGSSAAL AM 9. JUNI 2005 IN CELLE<br />
Betroffenheit macht Mut...<br />
Ist es überheblich, die Thematik dieses Abends in diese drei<br />
Worte zu pressen?<br />
von Till Sauerbrey<br />
Die Prostata-Selbsthilfegruppe im Onkologischen Forum<br />
Celle mit Rüdiger Beins hatte zu diesem Informationsaustausch<br />
eingeladen <strong>und</strong> erfreulicherweise waren<br />
neben den kompetenten Podiumsgästen viele Besucher<br />
erschienen. Auch Männer in Begleitung ihrer Frauen!<br />
Informativ unterstützt wurden die Veranstalter durch den<br />
B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe (BPS), der im<br />
Foyer des Kreistagsaals mit umfangreichem Material<br />
r<strong>und</strong> um dieses Thema präsent war. Wie stark das Informationsbedürfnis<br />
ist, lässt sich allein schon daraus ersehen,<br />
dass die Broschüren bis auf wenige Exemplare zum<br />
Ende des Abends vergriffen waren.<br />
Und das war gut so. Zweieinhalb St<strong>und</strong>en reichen einfach<br />
nicht aus, um alle Fragen hinsichtlich des <strong>Prostatakrebs</strong>es<br />
zu beantworten, obwohl die Zusammensetzung<br />
des Podiums sehr gut gewählt war: Vertreter der ärztlichen<br />
<strong>und</strong> fachärztlichen Praxis sowie Betroffene aus<br />
Selbsthilfegruppen. Dr. med. Gabriele Hase-Steininger<br />
moderierte souverän <strong>und</strong> vermittelte kompetent zu Fragen<br />
aus dem Publikum.<br />
Der Arzt holte aus seinem Schreibtisch eine Broschüre<br />
hervor, die er mir wortlos in die Hand drückte.<br />
Es ist eine immer wieder zur Sprache kommende Kritik,<br />
dass die Urologen einem Erkrankten zuerst nur die Operation<br />
anbieten <strong>und</strong> keine Alternativen vorschlagen.<br />
Liegt das nur daran, dass der Patient vom Diagnoseschock<br />
gelähmt nicht alles begreifen oder aufnehmen<br />
kann oder will, manches überhört oder verdrängt <strong>und</strong><br />
sich später erst einmal über das Internet „schlau<br />
macht“?<br />
Sind nicht auch die Ärzte selbst überfordert, wenn sie mit<br />
der medizinischen Entwicklung der Krebsbehandlung<br />
nicht Schritt halten können? Besteht nicht die Gefahr,<br />
dass selbst Fachleute den Anschluss verlieren? Tatsache<br />
ist, dass es - schulmedizinisch gesehen – noch immer<br />
die erste Wahl ist, den Krebs operativ zu entfernen. Doch<br />
was kommt danach?<br />
Der <strong>Prostatakrebs</strong> ist in seinem Erscheinungsbild sehr differenziert<br />
zu betrachten. Demzufolge sind auch die Verfahren<br />
zur Diagnose <strong>und</strong> in Folge daraus die Behandlungsmöglichkeiten<br />
sehr vielschichtig. Einen Einblick in<br />
diese Problematik gab der Facharzt für Urologie Frank<br />
Schulenburg in seinem 20-minütigen Schnelldurchgang<br />
über medizinische Möglichkeiten, Statistiken, Erfolge,<br />
Begleiterscheinungen <strong>und</strong> Risiken.<br />
Die Vielzahl neuer technischer Verfahren für Diagnostik<br />
<strong>und</strong> Therapie, die überall in der Welt entwickelt werden,<br />
der rasante Fortschritt führt zu einem Wettstreit der Disziplinen<br />
<strong>und</strong> irritieret mehr, als Mut zu machen. Die Entscheidung,<br />
der einen, der anderen oder einer dritten<br />
Richtung zu folgen wird immer problematischer – nicht<br />
nur für den Arzt, sonder auch für den Patienten.<br />
... <strong>und</strong> das Leben geht weiter! Aber wie?<br />
Menschlich näher <strong>und</strong> für Erkrankte besser nachzuempfinden<br />
waren die Erfahrungsberichte von Betroffenen<br />
aus Selbsthilfegruppen. Sehr ausführlich berichtete Rein-<br />
31
hold Linneweber, Leiter der <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfegruppe<br />
Hameln, über Gespräche, offenen Austausch über<br />
Erlebtes <strong>und</strong> Erlittenes <strong>und</strong> über die Problematik: Was ist<br />
danach?<br />
Panik <strong>und</strong> Angst macht sich <strong>bei</strong> einem Erkrankten nach<br />
der ersten Diagnose breit. Unversehens wird er sich der<br />
Endlichkeit seines Daseins bewusst. Es dauert eine Weile,<br />
bis er die Tragweite einer solchen Nachricht begreift.<br />
Und dann kommen die quälenden Gedanken darüber,<br />
wie <strong>und</strong> unter welchen Umständen oder Begleiterscheinungen<br />
er nun leben muss – Inkontinenz, Impotenz, hormoneller<br />
Umschwung, Depressionen sind nur einige.<br />
Wie <strong>bei</strong> jeder schweren Erkrankung ist es nicht nur hilfreich<br />
sondern auch ratsam, wenn sich der Patient eine<br />
„zweite Meinung“, die eines anderen Arztes, einholt. Sehr<br />
ernsthaft zu empfehlen ist es auch, sich Selbsthilfegruppen<br />
zuzuwenden. Hier laufen so viele wichtige <strong>und</strong> ehrliche<br />
Informationen <strong>und</strong> Erfahrungen zusammen, die<br />
dem Betroffenen zumindest eine neue Orientierung<br />
geben können. Am Ende solcher Gruppengespräche<br />
fällt oft der gleiche Satz: „Wissen Sie, es geht mir jetzt<br />
doch schon viel besser.“<br />
32<br />
TILL SAUERBREY<br />
Der Verfasser ist Inhaber einer Werbeagentur <strong>und</strong> seit<br />
2002 freiberuflich für das Onkologische Forum Celle<br />
tätig. Viele Plakate, der Krebskompass, Flyer, Werbemittel<br />
<strong>und</strong> zwei Journale sind seitdem unter seiner Federführung<br />
entstanden.<br />
7. LIMESHAINER GESUNDHEITSMESSE<br />
von Wolfgang Schüppler<br />
Im ersten der <strong>bei</strong>den von mir besuchten Vorträge erklärte<br />
Herr Dipl. Ing. Schmaus anhand von Bildprojektionen<br />
die Bedeutung der von ihm vertriebenen Heilpilze; hierzu<br />
hat er ein Buch verfasst, welches zum Preis von 13,50 €<br />
erworben werden kann. Hochinteressant <strong>und</strong> sehr gut<br />
vorgetragen, stellte er organische Zusammenhänge von<br />
vielen bekannten Krankheitsbildern dar, deren Behandlung<br />
mit Mitteln der Schulmedizin oft in einem Teufelkreis<br />
münden. Immer wieder kam er natürlich auch in Zusammenhang<br />
mit der Wirkung der asiatischen Heilpilze<br />
auf die ganzheitlich zu behandelnden Krankheiten zu<br />
sprechen. Nicht nur Krebs, sondern auch Bluthochdruck<br />
oder Diabetes können gr<strong>und</strong>sätzlich nicht isoliert<br />
Wie groß ist das Risiko?<br />
Jährlich erkranken 40.000 deutsche Männer neu!<br />
Nehmen Sie regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen<br />
<strong>und</strong> PSA Bestimmungen in Anspruch, um einen<br />
möglichen Krebs bereits im Frühstadium erkennen zu<br />
können.<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> <strong>und</strong> Brustkrebs haben eine gleiche<br />
hormonelle Ursache. Und sind diese <strong>bei</strong> Bruder bzw.<br />
Schwester aufgetreten, ist das Risiko bereits um 50%<br />
höher, im Vergleichsfall <strong>bei</strong> Vater bzw. Mutter immerhin<br />
noch 25%. Die Mediziner empfehlen in diesem<br />
Fall, Vorsorgeuntersuchungen in kürzeren Intervallen<br />
vorzunehmen.<br />
betrachtet werden. Besonders interessant waren auch<br />
die von ihm immer wieder hergestellten <strong>und</strong> abgeleiteten<br />
Verbindungen zu unserer Ernährung <strong>und</strong> unseren<br />
Ernährungsgewohnheiten. Er betonte auch das Nebeneinander<br />
von Natur- <strong>und</strong> Schulmedizin, da viele klassische<br />
Therapieformen durch parallele Anwendung der<br />
natürlichen Heilmethoden für den Patienten verträglicher<br />
sind. Alles in allem ein sehr hörenswerter Vortag.<br />
Im Laufe des Nachmittags hatte ich Gelegenheit, mit<br />
Herrn Schmaus verschiedene Sachfragen zu erörtern.<br />
Herr Schmaus wäre auch bereit, sowohl vor Selbsthilfegruppen<br />
als auch vor einem größeren Gremium einen<br />
Vortag zu halten.
Der zweite Vortrag befasste sich mit Hyperthermie, eine<br />
Krebsbehandlungsmethode, die seit den 80er Jahren<br />
angewandt wird, aber immer weiter verbessert wurde.<br />
Auch hier wird die Behandlung als ergänzende Therapie<br />
gesehen. Zentren für hyperthermische Behandlungen<br />
sind im Internet unter der Adresse der Deutschen Gesellschaft<br />
für Hyperthermie zu finden.<br />
SHG PROSTATAKREBS MÜNCHEN<br />
Ein Jahresrückblick<br />
von Volker Baumgarten<br />
Wir haben die von Siegfried Gebhard 1998 gegründete<br />
SHG Anfang 2004 als Team übernommen. Nach kleineren<br />
Anlaufschwierigkeiten können wir nun behaupten,<br />
dass die Sache r<strong>und</strong> läuft.<br />
Wir treffen uns zu einem festgelegten Termin <strong>und</strong> zwar<br />
jeweils am 3. Montag im Monat. Das heißt, wir haben<br />
jetzt schon sichergestellt, dass wir unseren Raum in der<br />
Bayerischen Krebsgesellschaft jeweils von 16:00 - 18:00<br />
für das Jahr 2006 zur Verfügung haben. Die BKG legt<br />
unseren Terminplan für das ganze Jahr in ihrer<br />
Geschäftsstelle aus <strong>und</strong> versendet diesen auch an Interessierte.<br />
Wir selbst stellen uns einen Moderatoren- <strong>und</strong> Themenplan<br />
zusammen. Wir versuchen laufend verschiedenste<br />
Kapazitäten einzuladen, um <strong>bei</strong> uns zu referieren. So<br />
Die Besichtigung der Pilzzuchtanlagen in Limeshain -<br />
Rommelshausen gewährte einen Einblick in umfangreiche<br />
Hallenanlagen, in denen ehemals Champignons<br />
gezüchtet wurden. Alle Pilzkulturen konnten hier in der<br />
Wachstumsphase besichtigt werden. Der Verar<strong>bei</strong>tungsbetrieb<br />
war nicht zur Besichtigung freigegeben. Eine<br />
Besonderheit ist die Tatsache, dass die Sporen der Kulturen<br />
nicht in Limeshain auf ihren Wachstumsgr<strong>und</strong>lagen<br />
gebracht werden. Die Herkunft der Ausgangsprodukte<br />
wurde uns nicht genannt; die Produktionsstätten sollen<br />
aber in Deutschland sein.<br />
Infomaterial kann <strong>bei</strong> Bedarf von der Firma MykoTroph in<br />
Limeshain käuflich erworben werden.<br />
Im Internet ist die Firma unter www.mykotroph.de zu finden.<br />
WOLFGANG SCHÜPPLER<br />
Prostatakarzinom Selbsthilfegruppe Coburg<br />
konnten wir im abgelaufen Jahr Herrn Dr. Gierster zu<br />
einem Vortrag über die Schmerztherapie <strong>bei</strong>m metastasierenden<br />
Prostatakarzinom gewinnen; Dr. Frank Eichhorn<br />
informierte über die Urologische Praxis <strong>bei</strong> der<br />
Behandlung des <strong>Prostatakrebs</strong>es. Ebenfalls auf dem Programm<br />
stand ein Besuch des Rinecker Protonen Therapie<br />
Zentrums.<br />
Wir sind ein komplettes, gut funktionierendes Team mit<br />
diversen Aufgabenteilungen.<br />
Bei unseren Gruppenveranstaltungen sind im Durchschnitt<br />
jeweils 50 Teilnehmer, hiervon zwischen 4 - 10<br />
Neubetroffene. Aus diesem Gr<strong>und</strong> versuchen wir auch<br />
einen Mix zwischen Fachreferaten <strong>und</strong> reinem Gruppenaustausch<br />
durchzuführen.<br />
33
Außer den Gruppentreffen<br />
bieten wir immer im August<br />
einen Ausflug <strong>und</strong> im<br />
Dezember eine Weihnachtsfeier<br />
an <strong>und</strong> besuchen<br />
die unterschiedlichsten<br />
Fachveranstaltungen<br />
<strong>und</strong> halten auf Wunsch<br />
auch selbst Referate: So<br />
waren wir u. a. mit Infoständen<br />
<strong>bei</strong> Patiententagen im<br />
Klinikum Großhadern <strong>und</strong><br />
den Männerges<strong>und</strong>heitstagen<br />
in München vertreten.<br />
In diesem Jahr haben den<br />
Kontaktaufbau begonnen<br />
mit den Niedergelasse-<br />
PATIENTENORIENTIERTE KREBSMEDIZIN<br />
GEFORDERT<br />
'Haus der Krebs-Selbsthilfe' wichtige Anlaufstelle für<br />
Krebs-Patienten<br />
Bonn (ct) – Ausführliche Arzt-Patienten-Gespräche, die<br />
angemessen abgerechnet werden können, sowie<br />
interdisziplinäre onkologische Kompetenzzentren, in<br />
denen die psychosoziale Onkologie <strong>und</strong> die Selbsthilfe<br />
fest verankert sind - das sind die zentralen Forderungen<br />
des ersten ’Tages der Krebs-Selbsthilfe’. Die<br />
Deutsche Krebshilfe hat diesen Tag gemeinsam mit<br />
allen von ihr geförderten Krebs-Selbsthilfeorganisationen<br />
ausgerufen. Unter dem Motto „Patienten als Partner“<br />
diskutierten 180 Vertreter der Selbsthilfe <strong>und</strong> der<br />
Krankenkassen sowie Ärzte <strong>und</strong> Multiplikatoren am 16.<br />
November 2005 in Bonn-Bad Godesberg über die<br />
Bedeutung der Krebs-Selbsthilfe <strong>und</strong> verabschiedeten<br />
eine Resolution. Das 'Haus der Krebs-Selbsthilfe', das<br />
im Frühjahr 2006 in Bonn eröffnet wird, soll zur Weiterentwicklung<br />
<strong>und</strong> Stärkung der Selbsthilfe <strong>bei</strong>tragen.<br />
34<br />
nen- <strong>und</strong> den Klinik-Urologen.<br />
Für das Jahr 2006 sind<br />
wir gerade da<strong>bei</strong> einen Termin-<br />
<strong>und</strong> Besuchsplan aufzustellen.<br />
Wir sind stolz auf unsere Leistungen<br />
<strong>und</strong> haben es<br />
Dank dieser Aktivitäten dazu<br />
gebracht, dass wir inzwischen<br />
schon Anfragen von<br />
Medizinern <strong>und</strong> Psychologen<br />
haben, die <strong>bei</strong> uns<br />
gerne auftreten möchten.<br />
VOLKER BAUMGARTEN<br />
SHG <strong>Prostatakrebs</strong><br />
München<br />
„Krebs-Selbsthilfeorganisationen informieren, beraten<br />
<strong>und</strong> leisten psychosoziale Unterstützung“, sagte Professor<br />
Dr. Dagmar Schipanski, Präsidentin der Deutschen<br />
Krebshilfe, <strong>bei</strong>m ’Tag der Krebs-Selbsthilfe’. Die Selbsthilfe<br />
zeigt die Mängel, aber auch die Möglichkeiten unseres<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystems auf <strong>und</strong> vertritt die Anliegen krebsbetroffener<br />
Menschen – unabhängig <strong>und</strong> frei von parteipolitischen<br />
Interessen. Auch die Patientenbeauftragte<br />
der B<strong>und</strong>esregierung, Helga Kühn-Mengel, betonte den<br />
Nutzen der Selbsthilfe: “Selbsthilfegruppen sind Seismographen<br />
im Ges<strong>und</strong>heitssystem“, so Kühn-Mengel.<br />
Patientenvertreter helfen da<strong>bei</strong>, Defizite in der Versorgung<br />
zu erkennen <strong>und</strong> abzubauen. Handlungsbedarf<br />
gibt es insbesondere <strong>bei</strong>m Umgang der Ärzte mit ihren<br />
Patienten. „Wir fordern ausführliche Arzt-Patienten-
Gespräche <strong>und</strong> die Bereitstellung von Informationen, die<br />
den individuellen Bedürfnissen der Patienten entsprechen“,<br />
so Barbara Braun, stellvertretende Vorsitzende der<br />
Deutschen Hirntumorhilfe. Diese Gespräche müssten ein<br />
im Behandlungsverlauf immer wiederkehrendes Angebot<br />
sein <strong>und</strong> von den Ärzten angemessen mit den Krankenkassen<br />
abgerechnet werden können.<br />
Aber auch interdisziplinäre onkologische Kompetenzzentren<br />
können die Qualität der Versorgung von Krebs-<br />
Patienten maßgeblich verbessern: „In diesen Zentren<br />
müssen die psychosoziale Onkologie <strong>und</strong> die Selbsthilfe<br />
fest verankert sein“, sagte Professor Dr. Gerhard Englert,<br />
Vorsitzender der Deutschen ILCO, eine Selbsthilfeorganisation<br />
für Stomaträger (Menschen mit künstlichem Darmausgang)<br />
<strong>und</strong> Menschen mit Darmkrebs.<br />
Die Krebs-Selbsthilfevertreter forderten die Krankenkassen<br />
auf, in ihren Gremien verstärkt mit Patienten zusammenzuar<strong>bei</strong>ten<br />
<strong>und</strong> deren Praxiserfahrung in ihre Entscheidungsprozesse<br />
einzubeziehen. „Die AOK hat angeboten,<br />
im ’Haus der Krebs-Selbsthilfe’ in Bonn eine zentrale<br />
Anlaufstelle für die Krebs-Selbsthilfeorganisationen einzurichten“,<br />
sagte Gerd Nettekoven, Geschäftsführer der<br />
Deutschen Krebshilfe. Er hofft, dass sich nun auch andere<br />
gesetzliche Krankenversicherungen in dieses Projekt<br />
einbringen.<br />
Auf Initiative aller von der Deutschen Krebshilfe geförderten<br />
Krebs-Selbsthilfeorganisationen wird im Frühjahr 2006<br />
das 'Haus der Krebs-Selbsthilfe' in Bonn eröffnet. Alle<br />
B<strong>und</strong>esverbände werden in dieses Haus umsiedeln: Die<br />
Frauenselbsthilfe nach Krebs, die Deutsche ILCO, die<br />
Deutsche Leukämie- <strong>und</strong> Lymphom-Hilfe <strong>und</strong> der<br />
Ar<strong>bei</strong>tskreis der Pankreatektomierten mit ihren kompletten<br />
Geschäftsstellen, der B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong><br />
Selbsthilfe, die Deutsche Hirntumorhilfe <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esverband<br />
der Kehlkopflosen zunächst mit einem Teil ihrer<br />
Büros.<br />
„Unter dem Dach des ’Hauses der Krebs-Selbsthilfe’ können<br />
gemeinsame Strukturen <strong>und</strong> Synergien genutzt werden“,<br />
sagte Professor Schipanski. Die Ar<strong>bei</strong>t der Krebs-<br />
Selbsthilfeorganisationen werde dadurch erheblich<br />
effektiver. Das ermögliche außerdem ihre Professionalisierung<br />
<strong>und</strong> werde maßgeblich dazu <strong>bei</strong>tragen, der<br />
Krebs-Selbsthilfe noch mehr Akzeptanz <strong>und</strong> gebündelte<br />
Durchsetzungskraft zu verschaffen. „Wir wünschen uns,<br />
dass dieses Haus eine weitere wichtige Anlaufstelle wird<br />
für Krebs-Patienten, aber auch für Ärzte <strong>und</strong> alle anderen<br />
Menschen, die professionell oder ehrenamtlich<br />
krebskranke Menschen begleiten“, so Schipanski. Sie<br />
habe die Vision, dass das Haus fester Bestandteil des<br />
deutschen Ges<strong>und</strong>heitswesens werde.<br />
Der nächste Tag der Krebs-Selbsthilfe wird im November<br />
2006 stattfinden.<br />
PRESSEMITTEILUNG DER DEUTSCHEN KREBSHILFE,<br />
NOVEMBER 2005<br />
RESOLUTION „Der Tag der Krebs-Selbsthilfe“ 2005<br />
Patienten als Partner<br />
Krebs-Selbsthilfeorganisationen informieren, beraten <strong>und</strong> leisten psychosoziale Unterstützung. Sie zeigen Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Strukturen unseres Ges<strong>und</strong>heitssystems auf <strong>und</strong> vertreten die Anliegen krebsbetroffener Menschen<br />
– unabhängig <strong>und</strong> frei von parteipolitischen Interessen. Sie geben wichtige Impulse, um Defizite zu erkennen <strong>und</strong><br />
abzubauen. Um den Nutzen der Selbsthilfe zu verdeutlichen <strong>und</strong> damit ihre Akzeptanz insbesondere in der Ärzteschaft<br />
zu erhöhen sowie ihren Stellenwert im Ges<strong>und</strong>heitswesen weiter zu entwickeln <strong>und</strong> zu sichern, haben die<br />
35
Deutsche Krebshilfe <strong>und</strong> alle von ihr geförderten Krebs-Selbsthilfeorganisationen im Jahr 2005 den ersten Tag der<br />
Krebs-Selbsthilfe ausgerufen.<br />
Mit Repräsentanten <strong>und</strong> Entscheidungsträgern des Ges<strong>und</strong>heitswesens <strong>und</strong> der Selbsthilfe diskutierten wir am 16.<br />
November 2005 über die große Bedeutung von Krebs-Selbsthilfe <strong>und</strong> Patientenvertretung. Wir haben Defizite in<br />
der Patientenversorgung benannt <strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge erar<strong>bei</strong>tet.<br />
Wir fordern eine patientenorientierte Krebsmedizin <strong>und</strong> Versorgung:<br />
• Wir fordern die konsequente Umsetzung der Patientenrechte. Insbesondere sind Patienten im Behandlungsverlauf<br />
als Partner in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen.<br />
• Wir fordern ausführliche Arzt-Patienten-Gespräche <strong>und</strong> die Bereitstellung von Informationen, die den individuellen<br />
Bedürfnissen der Patienten entsprechen. Diese Gespräche müssen ein im Behandlungsverlauf immer<br />
wiederkehrendes Angebot sein <strong>und</strong> angemessen abgerechnet werden können.<br />
• Wir fordern die Schaffung interdisziplinärer onkologischer Kompetenzzentren, um die Qualität der Versorgung<br />
von Krebs-Patienten maßgeblich zu verbessern. In diesen Zentren sind psychosoziale Onkologie <strong>und</strong> Selbsthilfe<br />
fest verankert.<br />
10.000ER ANRUF BEI DER KREBS-HOTLINE<br />
DES TUMORZENTRUMS FREIBURG<br />
Im Oktober 2005 erreichte der 10.000ste Anruf eines Rat<br />
suchenden Menschen die Krebs-Hotline, eine telefonische<br />
Patientenberatung des Tumorzentrums Freiburg.<br />
36<br />
Außer den vier Mitar<strong>bei</strong>terinnen am Telefon gehören<br />
eine Psychoonkologin <strong>und</strong> ein Onkologe zum Team <strong>und</strong><br />
garantieren eine qualifizierte Auskunft für alle auftauchenden<br />
Fragen r<strong>und</strong> um die Krebserkrankung. Nicht<br />
nur Patienten, auch viele Angehörige oder Fre<strong>und</strong>e nehmen<br />
diesen kostenlosen Service in Anspruch.<br />
Die Krebshotline startete im Jahre 1996. Die meisten<br />
Anfragen betreffen die Krebstherapie oder Informationen<br />
zu einer speziellen Krebserkrankung. Erstere werden<br />
gegebenenfalls an kompetente Spezialisten im Uniklinikum<br />
weiter geleitet. Manche Anrufer/innen möchten<br />
Adressen von Kliniken oder Selbsthilfegruppen, andere<br />
erk<strong>und</strong>igen sich nach einer Möglichkeit zur „Zweiten Meinung“,<br />
zu alternativer Therapie oder zur Diagnostik.
Zuweilen benötigen die Betroffenen keinen medizinischen<br />
Rat, sondern eine Person, die ihnen in Ruhe zuhört<br />
oder sie suchen weiterführende psychosoziale Hilfe. In all<br />
diesen Fällen kann die Krebs-Hotline weiter helfen.<br />
Seit 2002 wird über die Anrufe eine detaillierte Statistik<br />
geführt. Daraus geht u. a. hervor, dass die meisten das<br />
Anläßlich des europäischen Prostata-Aktionstag<br />
wurde in Berlin die erste begehbare Prostata vorgestellt.<br />
Sie soll das Organ für Nichtmediziner anschaulich<br />
machen <strong>und</strong> zur Nutzung der PSA-Untersuchung<br />
ermutigen. Das begehbare Modell im Größenverhältnis<br />
20 zu 1 ist die größte Prostata der Welt. Es ist fünf Meter<br />
lang, drei Meter breit <strong>und</strong> 2,5 Meter hoch. Das Modell<br />
stellt die Anatomie der Prostata <strong>und</strong> ihrer Nachbarorgane<br />
dar. Im Inneren gibt es außerdem Infos über gut- <strong>und</strong><br />
bösartige Prostataveränderungen sowie über Untersuchungs-<br />
<strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten.<br />
Thema Brustkrebs betreffen, gefolgt von <strong>Prostatakrebs</strong>,<br />
Krebs der Atemwege <strong>und</strong> Darmkrebs. Die Krebs-Hotline<br />
des Tumorzentrums Freiburg ist unter der Telefonnummer:<br />
07 61/ 270 – 60 60 von Montag bis Freitag, 9:00 bis<br />
16:00 Uhr zu erreichen.<br />
Konstituierende Sitzung des Medizinischen Beirats im BPS erfolgt<br />
Red.: Am 23. September fand in Düsseldorf die Konstituierende Sitzung des Medizinischen Beirats statt. Die Berufung<br />
der Mitglieder erfolgte am 3. Dezember durch die Mitglieder des BPS in Bad Wildungen.<br />
Zu den Aufgaben des Medizinischen Beirats gehören<br />
➩ Beratung des BPS in gr<strong>und</strong>sätzlichen medizinischen Fragen<br />
➩ Fachliche Unterstützung <strong>bei</strong> ges<strong>und</strong>heitspolitischen Fragen<br />
➩ Erstellung von Gutachten <strong>bei</strong> medizinischen bzw. ges<strong>und</strong>heitspolitischen Fragen<br />
➩ Förderung einer optimalen, qualitätsgesicherten, interdisziplinären Versorgung von <strong>Prostatakrebs</strong>patienten<br />
➩ Information über laufende Studien <strong>bei</strong>m Prostatakarzinom<br />
➩ Förderung klinischer Studien zu neuen Therapieansätzen <strong>und</strong> zur Therapieoptimierung<br />
➩ Förderung der Forschung <strong>bei</strong>m Prostatakarzinom <strong>und</strong> der Umsetzung neuer Erkenntnisse <strong>bei</strong> differenzierter<br />
Diagnose <strong>und</strong> Therapiekonzepten in die medizinische Praxis<br />
➩ Erforschung der Ursachen <strong>und</strong> der epidemiologischen Zusammenhänge der Entstehung des Prostatakarzinoms<br />
37
38<br />
➩ Förderung der Mitwirkungsmöglichkeiten des BPS als Vertreter der <strong>Prostatakrebs</strong>-Patienten in die Entscheidungsprozesse<br />
der urologischen Fachverbände <strong>und</strong> <strong>bei</strong> der Erstellung von Leitlinien<br />
➩ Förderung der Anerkennung des informierten <strong>und</strong> mündigen Patienten in der urologischen Praxis<br />
➩ Beratung in besonders schwierigen Fällen betroffener Patienten.<br />
In den Medizinischen Beirat berufen wurden:<br />
Professor Dr. R. Ackermann, Düsseldorf; Professor Dr. H. Bonkhoff, Berlin; Professor Dr. L. Denis,<br />
Antwerpen; Professor Dr. T. Ebert, Fürth; Professor Dr. P. Effert, Aachen; Dr. F. Eichhorn, Bad Reichenhall;<br />
Professor Dr. P. Fornara, Halle; PD. Dr. M. Gräfen, Hamburg; Professor Dr. P. Hammerer,<br />
Braunschweig; Professor Dr. B. Helpap, Singen; Professor Dr. G. Jakse, Aachen; Dr. S.<br />
Machtens, Hannover; Dr. R. Mao, Hannover; Professor Dr. K. Miller, Berlin; PD. Dr. R. Paul, München;<br />
Professor Dr. B. Schmitz-Dräger, Fürth; Dr. F. Schulenburg, Celle; Dr. A. Semjonov, Münster;<br />
Professor Dr. A. Stenzl, Tübingen; Professor Dr. L. Weißbach, Fürth; Professor Dr. T. Wiegel,<br />
Ulm; Professor Dr. M. Wirth, Dresden; Professor Dr. J. Wolff, Bad Mergentheim.<br />
ZUR INFORMATION<br />
Der BPS ist am 16. September 2005 mit Wirkung vom 1. Januar 2006 in den<br />
Paritätischen Wohlfahrtsverband aufgenommen worden.<br />
Die Wahl-Prüfsteine der B<strong>und</strong>esar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft Krebsselbsthilfe sind<br />
den Parteien vor der B<strong>und</strong>estagswahl zugeleitet worden. Eine Zusammenfassung der Antworten<br />
unter Berücksichtigung der Ergebnisse der neu zu bildenden AG Ges<strong>und</strong>heit im<br />
B<strong>und</strong>estag werden wir Ihnen in Heft 1/2006 zur Kenntnis bringen.<br />
BEKENNEN SIE FARBE!<br />
Die blaue Schleife dient als Erkennungs- bzw.<br />
Solidaritätssymbol für <strong>Prostatakrebs</strong>erkrankte
LESERBRIEFE<br />
Zum Beitrag von Professor Dr. Helmut Bonkhoff: Neue Entwicklungen in der pathologischen Diagnostik des Prostatakarzinoms,<br />
BPS-Magazin 2/2005:<br />
Prostatische Intraepitheliale<br />
Neoplasie (PIN)<br />
Angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Probleme<br />
<strong>bei</strong> der Therapie des Prostatakarzinoms sind:<br />
1 die Übertherapie vieler gar nicht lebensbedrohlicher<br />
Tumoren<br />
2. fehlende Therapien <strong>bei</strong>m fortgeschrittenen Karzinom<br />
3. Nebenwirkungen radikaler bzw. chirurgischer Strahlentherapie<br />
sind Diagnostik <strong>und</strong> Therapie der seltenen Prostatischen<br />
Intraepithelialen Neoplasie (PIN) ein marginaler Aspekt. S.<br />
g. HG-PINs (hochgradige) finden sich lediglich in 4,1%<br />
der Stanzbiopsien aus der Prostata. Über falsch positive<br />
zytologische Diagnosen an PINs sind mir keine Berichte in<br />
der Fachliteratur bekannt.<br />
Wegen der Kleinheit der PIN-Herde dürften sie in der<br />
Regel <strong>bei</strong> der zytologischen Diagnostik von Feinnadelaspirationsbiopsien<br />
bestenfalls zu einer Verdachtsdiagnose<br />
führen, <strong>bei</strong> der vom Zytopathologen ohnehin zu einer<br />
histologischen Abklärung geraten wird. LG-PINs (geringgradig)<br />
mit peridiploider bzw. peritetraploider DNA-Verteilung<br />
können in der Tat zytologisch übersehen werden.<br />
Dies ist aber unerheblich, da sie klinisch irrelevant sind.<br />
Stellt ein Zytopathologe <strong>bei</strong> einer HG-PIN mit aneuploider<br />
oder multiploider DNA-Verteilung die Diagnose eines<br />
Prostatakarzinoms (was nicht falsch wäre, da dies einem<br />
In-situ-Karzinom entspricht), dann ist diese Läsion auch<br />
klinisch relevant. Da beschrieben ist, dass sich in der<br />
Mehrzahl der HG-PINs in ihrer Umgebung auch invasive<br />
Karzinomherde finden <strong>und</strong> eine hoch aneuploide HG-<br />
PIN mit großer Wahrscheinlichkeit schnell invasiv wachsen<br />
wird, ist hier auch eine therapeutische Intervention<br />
angezeigt. Insofern kann gerade die DNA-Zytometrie hilfreich<br />
sein, zwischen klinisch irrelevanten <strong>und</strong> therapiebedürftigen<br />
PINs zu unterscheiden. Ich kann also nicht<br />
erkennen, dass die zytologische oder DNA-zytometrische<br />
Diagnostik für Patienten mit PIN eine Gefährdung darstellen<br />
soll. Eher läuft die histologische Diagnostik Gefahr,<br />
eine PIN in ihrer klinischen Relevanz überzubewerten.<br />
Das Argument, es gäbe nach den kritischen Untersuchungen<br />
von Tribukait (1993) keine neueren Studien zum<br />
möglichen Schaden einer Hormontherapie des peritetraploiden<br />
Prostatakarzinoms ist schwach. Nur eine Studie,<br />
welche das Gegenteil beweisen würde, könnte die<br />
Beobachtungen des schwedischen Forschers entkräften.<br />
Diese sind zudem biologisch sehr plausibel <strong>und</strong><br />
durch klinische Beobachtungen gestützt (Entwicklung s.<br />
g. refraktärer Karzinome unter Hormontherapie). Das Wirkungsprinzip<br />
früher <strong>und</strong> heutiger hormoneller Therapie<br />
auf gemischtzellige Prostatakarzinome ist insofern identisch<br />
als <strong>bei</strong>de vor allem auf gut differenzierte Tumorzellen<br />
wirken <strong>und</strong> damit zu einer Selektion wenig differenzierter<br />
Zellen führen.<br />
UNIV.-PROF. DR. MED. ALFRED BÖCKING<br />
Direktor des Instituts für Cytopathologie<br />
Universitätsklinikum Düsseldorf<br />
Moorenstraße 5<br />
40225 Düsseldorf<br />
Zum Beitrag von Gerd Unterstenhöfer: Zum Urologen oder zum Onkologen, BPS-Magazin 2/2005:<br />
Jährlich erkranken in Deutschland fast 400.000 Bürger an<br />
Krebs, davon ca. 85.000 oder 21,2 % an urologischen<br />
Tumoren. Der urologische Anteil an durch Krebs verursachten<br />
Todesfälle liegt nur <strong>bei</strong> 11,5%, das heißt, die uro-<br />
logische Behandlung kann heilend sein, oder sich bis in<br />
ein hohes Alter hinziehen, in dem eine andere Todesursache<br />
vorliegt. Die Urologische Fachgruppe ist in der<br />
Gesamtzahl der Ärzte nur mit 2,1 % vertreten. Aus diesen<br />
39
Zahlen ist ersichtlich, dass ein Haupttätigkeitsfeld der Urologen<br />
die Krebserkrankung ist <strong>und</strong> zwar nicht nur der Prostata,<br />
sondern auch der Harnblase, der Nieren, der<br />
Hoden, des Penis usw. In der klinischen Ausbildung wird<br />
natürlich auf ein gediegenes chirurgisches Können großen<br />
Wert gelegt. Allerdings könnte die urologische Onkologie<br />
ohne Chemotherapie nicht erfolgreich handeln. Als<br />
herausragendes Beispiel nenne ich den Hodentumor,<br />
der heute dank der Chemotherapie in 95% geheilt wird.<br />
Diese Therapie wird in spezialisierten urologischen Zentren<br />
durchgeführt. Aber auch das metastasierte Harnblasenkarzinom<br />
wird seit über 10 Jahren von Urologen chemotherapiert<br />
<strong>und</strong> <strong>bei</strong>m Nierentumor gibt es spezielle urologische<br />
Immuntherapien. So ist der Urologe nach seiner<br />
klinischen Ausbildung auch für die konservative urologisch-onkologische<br />
Therapie bestens gerüstet.<br />
Jetzt ist dem Rechnung getragen worden (was Sie in der<br />
Weiterbildungsordnung noch nicht sehen konnten), in<br />
dem eine zusätzliche Weiterbildung „medikamentöse<br />
Tumortherapie für Fachärzte, die nicht internistische<br />
Onkologen sind“ eingeführt wurde, mit der Weiterbildungszeit<br />
von 1 Jahr. Damit sind zum Beispiel auch<br />
Gynäkologen gemeint, die ähnliche Zuordnungsprobleme<br />
haben.<br />
Selbstverständlich sind in der ambulanten Therapie weitere<br />
Hürden für einen Urologen aufgebaut, Chemotherapie<br />
durchzuführen. Dies sind vor allem auch wirtschaftliche<br />
Hürden <strong>und</strong> Qualitätskontrollen der Kassenärztlichen<br />
Vereinigungen. Ohne die Anerkennung als „Onkologisch<br />
verantwortlicher Arzt mit Berechtigung zur Chemotherapie“<br />
ist eine solche Therapie wirtschaftlich auf keinen Fall<br />
in der Praxis durchzuführen, weil die Abrechenbarkeit der<br />
Leistungen fehlt.<br />
Es erscheint mir jedoch wichtiger als auf die vorher<br />
geschilderten Formalien, auf einige medizinische Fakten<br />
hinzuweisen.<br />
1. Speziell im urologischen Sektor ist ein metastasiertes<br />
Prostatakarzinom fast nie nur ein systemisches sondern<br />
sehr oft auch lokales Problem. Der Ursprungsort <strong>und</strong><br />
die ersten Metastasierungswege des Prostatakarzinoms<br />
liegen im kleinen Becken. Deshalb gibt es<br />
neben den systemischen Problemen, die sich meist in<br />
Knochenmetastasen <strong>und</strong> entsprechenden Schmerzen<br />
manifestieren, vor allem örtliche Komplikationen,<br />
wie Abflussbehinderungen der Harnleiter <strong>und</strong> Lymph-<br />
40<br />
stauungen aus den unteren Extremitäten. Hier sind<br />
kombinierte Behandlungen, wie Harnableitungen,<br />
Lymphdrainagen, Bestrahlungen, Schmerztherapien<br />
<strong>und</strong> eben auch Chemotherapien notwendig. Hier die<br />
Gesamtübersicht zu behalten <strong>und</strong> Prioritäten zu setzen<br />
ist eine schwierige Aufgabe.<br />
2. Die „Hormontherapie“ ist nur auf den ersten Blick eine<br />
einfache Therapie. Es gibt primäre, sek<strong>und</strong>äre <strong>und</strong><br />
sogar tertiäre Hormontherapien, die meist vor, aber<br />
auch in Kombination mit Chemotherapien eingesetzt<br />
werden können. Seit der Urologe Huggins 1942 die<br />
antihormonelle Therapie eingeführt hat, ist dies eine<br />
urologische Domäne mit einem riesigen Erfahrungsschatz.<br />
Hier die richtige Entscheidung zu treffen <strong>und</strong><br />
die jetzt aufkommenden chemotherapeutischen<br />
Möglichkeiten zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen ist<br />
eine komplexe Entscheidung, die den Hormonspezialisten<br />
für Männer herausfordert. Es wird ja da<strong>bei</strong> nicht<br />
nur die Hodenfunktion manipuliert, sondern auch die<br />
Funktion der Nebennieren <strong>und</strong> der Hirnanhangdrüse<br />
<strong>und</strong> des Stammhirnes. Zusätzlich gibt es hier auch<br />
mögliche gravierende Nebenwirkungen, wie Osteoporose,<br />
Thrombosen, Embolien, Hitzewallungen usw., die<br />
schon immer vom Urologen behandelt wurden.<br />
3. Die Grauzone zwischen dem HRPC (hormonrefraktären<br />
Prostatakarzinom) in einfacher Definition <strong>und</strong> der Indikation<br />
zur Chemotherapie ist zur Zeit nicht festgelegt.<br />
Der Einsatz einer Chemotherapie wird zur Zeit in allen<br />
Stadien des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms<br />
geprüft. Hierfür sind seriöse Studien notwendig. Woher<br />
sollen die Patienten kommen, wenn nicht vom Urologen?<br />
Auch die neuen Substanzen, die teils vorbeugend<br />
<strong>bei</strong> einem hohen Rezidivrisiko eingesetzt werden<br />
können, müssen dort geprüft werden wo die Patienten<br />
sind, nämlich <strong>bei</strong>m Urologen.<br />
4. Die Chemotherapie des Prostatakarzinoms ist noch<br />
keine heilende Therapie, kann aber zu einer Lebensverlängerung<br />
in guter Lebensqualität <strong>bei</strong>tragen. Deshalb<br />
kommen hier nur Substanzen zum Einsatz, deren<br />
Nebenwirkungen <strong>und</strong> Komplikationsraten meist geringer<br />
sind, als <strong>bei</strong> den Chemotherapien, die heilen sollen,<br />
wie zum Beispiel <strong>bei</strong> Leukämien oder Hodentumoren,<br />
oder <strong>bei</strong> Hochdosis Chemotherapien. Der Einsatz<br />
dieser Therapien ist deshalb auch für den speziell
gebildeten Facharzt möglich, selbstverständlich<br />
immer in interdisziplinärer Zusammenar<strong>bei</strong>t mit Internisten<br />
oder einer onkologischen Krankenhausabteilung<br />
<strong>und</strong> dem Hausarzt.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: nicht jeder Urologe kann den fortgeschrittenen<br />
<strong>Prostatakrebs</strong> behandeln, aber auch nicht<br />
jeder internistische Onkologe: Es muss ein Spezialist sein!!!<br />
MEHR ZEIT FÜR MICH<br />
AUS: STERN “MEHR ZEIT FÜR MICH – FRÜHJAHRSPUTZ FÜR DIE SEELE”<br />
DR. RUDOLF OSIEKA, UROLOGE<br />
Poppenbütteler Weg 177<br />
D-22399 Hamburg<br />
Tel.: +49 (040) 692 144 0<br />
praxis@urodoc-hamburg.de<br />
http://www.urodoc-hamburg.de<br />
Red.: Leserbrief gekürzt.<br />
Bei mir ist vor zehn Jahren <strong>Prostatakrebs</strong> diagnostiziert<br />
worden: heute bin ich meiner Krankheit manchmal<br />
regelrecht dankbar, denn ich habe so auf einen neuen<br />
Weg gef<strong>und</strong>en. Früher habe ich mich über meinen Job<br />
als Diplomingenieur ausgelebt. Zwölf St<strong>und</strong>en am Tag<br />
waren normal, an den Wochenenden Veranstaltungen.<br />
Als mir dann vor fünf Jahren angeboten wurde, in den<br />
Vorruhestand zu gehen, habe ich ja gesagt. Ich nutze<br />
meine Zeit heute intensiv. Morgens frühstücke ich in aller<br />
Gemütsruhe mit meiner Gattin, wir lesen, reden, genießen<br />
den Blick auf unseren w<strong>und</strong>ervollen Garten.<br />
Danach versuche ich, mit Guolin-Qigong Körper <strong>und</strong><br />
Seele in Einklang zu bringen; Büroar<strong>bei</strong>ten oder Erledigungen<br />
im Haus folgen. Mittags nehmen wir uns die Zeit,<br />
uns hinzulegen. Dann gehen wir im Wald spazieren, oder<br />
ich ar<strong>bei</strong>te an meinen Modellflugzeugen.<br />
Es ist nie zu spät, etwas zu ändern: Jetzt mache ich mit<br />
diesem kleinen Stück Zeit, das mir noch bleibt, alles,<br />
damit es am Ende ein erfülltes Leben war, in dem auch<br />
der Tod nicht länger ausgeschlossen ist. Was soll mir<br />
denn schon passieren, außer, dass mein Leben zu Ende<br />
geht?<br />
Abdruck mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung:<br />
stern, Ausgabe Nr. 19 vom 4.05.2005, S. 142.<br />
41
DAS GEHEIMNIS DER SELBSTHEILUNGSKRÄFTE<br />
von Lisa Laurenz<br />
„Heilwerden ist für mich eine Begegnung mit einer<br />
Dimension, der ich mich zugehörig fühle. Man kann es<br />
Gott nennen oder universelle Energie“, meint Peter<br />
Krug. Für den 45jährigen ist Heilung eine Erfahrung, die<br />
man mit sich selbst macht. „Für mich ist es das Entscheidende,<br />
heil werden zu können, weil es mich einbettet<br />
in Prozesse, die mich mit ganz anderen Quellen<br />
verknüpfen <strong>und</strong> diese Quellen belohnen durch Freude<br />
<strong>und</strong> Friede, durch tiefe Berührtheit, Dankbarkeit <strong>und</strong><br />
Ergriffenheit.“<br />
Wer körperlich <strong>und</strong> seelisch leidet oder krank ist, sehnt<br />
sich nach Heilung. Doch was bedeutet das? Heilen heißt<br />
`ges<strong>und</strong> machen` oder `ganz werden`. Und woher<br />
kommt Heilung? Von einem Medikament? Von Innen?<br />
Aus der Seele? Von einer höheren Macht? Nach Peter<br />
Krug`s Vorstellungen ist es eine universelle Energie, die<br />
heilt: „Man kann es das Wirkprinzip des Universums nennen.<br />
Es ist ein Liebesprinzip, weil es aufbaut <strong>und</strong> hilft. Helfen<br />
<strong>und</strong> heilen gehört zusammen. Heilwerden ist ein Prozess.<br />
Die Erfahrung des Nichtheilseins <strong>und</strong> das Aushalten<br />
dieses Zustands können sehr schmerzlich sein, aber es<br />
sind ja Formen der Selbstbegegnung. Und wenn man<br />
da heraus geführt wird, dann ist das wie eine Reise.“<br />
Die Menschen in der Antike glaubten an die Heilkräfte<br />
von Äskulap, jenem weisen naturheilk<strong>und</strong>igen Arzt, der<br />
so viele geheilt hatte, dass man ihn später als Gott verehrte.<br />
Der schlangenumw<strong>und</strong>ene Äskulapstab, Sinnbild<br />
des ärztlichen Berufsstandes, erinnert noch heute an diesen<br />
Ahnen der Heilkunst, der vor über 2500 Jahren<br />
gelebt hat. Erstaunlicherweise kommt der Begriff `Heilung`<br />
in medizinischen Lehr- <strong>und</strong> Wörterbüchern heute<br />
so gut wie nicht vor. Das hat verschiedene Gründe,<br />
meint Theodor Petzold, Allgemeinmediziner <strong>und</strong> Arzt für<br />
Naturheilverfahren in Bad Gandersheim. „Ich denke, das<br />
hat damit zu tun, dass die Schulmedizin mit ihrem naturwissenschaftlichen<br />
Denken des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts nur<br />
Ursache <strong>und</strong> Wirkung untersucht <strong>und</strong> keine dynamischen<br />
Prozesse. Und Heilung beschreibt einen dynamischen<br />
Prozess, der von der Naturwissenschaft lange geleugnet<br />
wurde. Außerdem, wenn man Heilung oder Heilungs-<br />
42<br />
kräfte überhaupt akzeptiert <strong>und</strong> annimmt, dann wird der<br />
Arzt unwichtiger, oder er könnte meinen er wird unwichtiger.<br />
Das heißt, solange Ges<strong>und</strong>ung nur ein Erfolg der<br />
Medizin ist, braucht es Heilung nicht zu geben. Ich<br />
denke, Ärzte haben auch Angst davor, dass ihre Wichtigkeit<br />
abnimmt <strong>und</strong> ihr Selbstwertgefühl, wenn sie die<br />
Heilung akzeptieren.“<br />
Heilung ist ein vielschichtiger Prozess, der von subjektiver<br />
Genesung bis hin zur vollkommenen Ges<strong>und</strong>ung reicht.<br />
Sie bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Krankheit,<br />
sondern <strong>bei</strong>nhaltet noch eine andere Dimension, erklärt<br />
die Professorin Annelie Keil, Ges<strong>und</strong>heitswissenschaftlerin<br />
in Bremen. „Heilung heißt ja heil werden <strong>und</strong> das bedeutet,<br />
was immer in einer Krankheit um einen herum passiert<br />
<strong>und</strong> was die Ursachen dieser Erkrankung sind - eine<br />
sehr komplexe Ordnung ist aus dem Gleichgewicht<br />
gekommen. Heilung heißt nicht, dass ein Symptom verschwindet.<br />
Das ist ein wichtiges Nebenprodukt, manchmal<br />
auch für Patienten das besonders wichtige, aber<br />
das Symptom kann verschwinden <strong>und</strong> woanders<br />
wiederkommen. Wichtig in der Heilung ist, dass die<br />
gestörte Ordnung <strong>und</strong> das ist immer eine innere Ordnung<br />
im Verhältnis zu einer äußeren Ordnung, dass eine<br />
neue Ordnung hergestellt wird.“<br />
Was dem Einzelnen hilft, heilende Kräfte in sich zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> eine heilsame innere Ordnung herzustellen,<br />
das kann sehr verschieden sein. Professor Rolf Verres, Professor<br />
für Medizinische Psychologie an der Universität
Heidelberg erklärt: „Es gibt Menschen, die sich selbst mit<br />
einer schweren körperlichen Beeinträchtigung geheilt<br />
fühlen, sich heil fühlen. Die haben ein Bein verloren <strong>und</strong><br />
trotzdem fühlen sie sich heil. Für mich geht es eigentlich<br />
mehr um Annäherung an ein Ideal, heilende Kräfte sich<br />
bewusst zu machen <strong>und</strong> sie zu nutzen.“<br />
Menschen, die Heilung erfahren haben, erzählen häufig,<br />
dass es für sie wichtig war, der inneren Weisheit ihres<br />
Körpers zu lauschen. Gabi Tenfelde ist 1995 an Brustkrebs<br />
erkrankt. „Ich hatte mich bis dahin noch gar nicht<br />
mit Krankheit <strong>und</strong> Selbstheilungskräften beschäftigt. Und<br />
sehr bald war mir klar nach meiner Operation: ich muss<br />
etwas für mich selbst tun. Dann habe ich mich mit den<br />
geistigen Gesetzen beschäftigt, die unsere Welt bestimmen.<br />
Zum Beispiel mit dem Gesetz von Ursache <strong>und</strong> Wirkung.<br />
Auch der Krebs hat natürlich eine Ursache, wie mir<br />
nach einiger Zeit <strong>und</strong> mit Hilfe einer Heilpraktikerin klar<br />
wurde. Ich habe gemerkt, dass ich viel Groll in mir hatte<br />
<strong>und</strong> ich habe viel daran gear<strong>bei</strong>tet. Ich habe die Macht<br />
der Gedanken kennen gelernt <strong>und</strong> man kann sagen,<br />
dass ich eine geistige Reinigung vollzogen habe.“<br />
Die im Menschen wohnenden Heilungskräfte sind nicht<br />
nur von Medizinern <strong>und</strong> Heilk<strong>und</strong>igen gepriesen worden.<br />
Johann Wolfgang von Goethe hat gesagt: „Großen<br />
Dank verdient die Natur, dass sie in die Existenz eines<br />
jeden lebendigen Wesens auch soviel Heilungskraft<br />
gelegt hat, dass es sich, wenn es an dem einen oder<br />
dem anderen Ende zerrissen wird, selbst wieder<br />
zusammenflicken kann.“<br />
Heilungserfahrungen werden von Menschen sehr unterschiedlich<br />
empf<strong>und</strong>en. Peter Krug zum Beispiel hatte<br />
sich eines Tages heftig verhoben. „Der Hals war steif, das<br />
ging bis in den Rücken hinein <strong>und</strong> war auch sehr<br />
schmerzhaft. Aber das Überraschende für mich war,<br />
dass ich am Abend in die Stimmung geriet zu beten, so<br />
würde ich das nennen. Das war jetzt nicht eine Bitte,<br />
dass ich in die Funktion zurückversetzt werde, sondern es<br />
war der Wunsch, dass mir etwas genommen wird <strong>und</strong><br />
zwar diese Situation. Das war kein Wunsch, der vom Kopf<br />
formuliert wurde, sondern das war ein Herzenswunsch.<br />
Das ganz Erstaunliche war, direkt danach bin ich in<br />
einen tiefen Schlaf gefallen, um am nächsten Morgen<br />
komplett beschwerdefrei aufzuwachen.“<br />
So eine Heilungserfahrung hatte er nie zuvor gemacht.<br />
„Ich glaube, das ganz Entscheidende ist, dass man in<br />
einer Notsituation sich hingibt, dass man versucht, die<br />
Botschaften, die für einen selbst darin stecken, zu entdecken<br />
<strong>und</strong> das geht glaube ich nur auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
eines umfassenden Glaubens, dass man sich in eine<br />
Fügung hinein begibt, von der man weiß, dass sie wohlwollend<br />
ist <strong>und</strong> das ist eine Liebeserfahrung.“<br />
Dietrich Bonhoeffer hat diese Erfahrung so beschrieben:<br />
„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandkraft<br />
geben will wie wir brauchen. Aber er gibt sie<br />
nicht im voraus, dass wir uns nicht auf uns selbst, sondern<br />
allein auf ihn verlassen.“<br />
Das menschliche Potential, sich selbst zu heilen, ist bislang<br />
weitgehend unerforscht. Das liegt auch daran,<br />
dass die moderne Medizin den Selbstheilungskräften<br />
eher misstraut. Durch die beeindruckenden Erfolge der<br />
High-Tech-Medizin, vor allem <strong>bei</strong> akuten <strong>und</strong> schweren<br />
Erkrankungen, ist die menschliche Fähigkeit, heilende<br />
Kräfte in sich selbst zu entwickeln, vielfach in Vergessenheit<br />
geraten.<br />
Ärzte <strong>und</strong> Therapeuten beobachten aber immer wieder,<br />
dass die gleiche Erkrankung <strong>bei</strong> manchen Menschen<br />
günstiger verläuft als <strong>bei</strong> anderen; das passiert sowohl<br />
<strong>bei</strong> Krebs, Aids oder chronischen Gelenkerkrankungen,<br />
<strong>bei</strong> psychischen Krisen <strong>und</strong> schweren Traumatisierungen.<br />
Über die Gründe dafür wird viel spekuliert. Möglicherweise<br />
hat es damit zu tun, dass diese Menschen<br />
ihre eigenen Ressourcen besser zu nutzen wissen.<br />
Wissenschaftliche Studien zeigen <strong>bei</strong>spielsweise, dass<br />
Kranke, für die gebetet wird oder die für sich selbst<br />
beten, sich besser fühlen <strong>und</strong> schneller ges<strong>und</strong> werden.<br />
Der Mediziner <strong>und</strong> Philosoph Professor Ronald Grossarth-<br />
Maticek aus Heidelberg konnte zum Beispiel nachweisen,<br />
dass ein lebendiger Gottesglaube die Heilungschancen<br />
<strong>bei</strong> Krebs deutlich verbessert. „Menschen, die<br />
eine spontane Religiosität haben, für sich beten <strong>und</strong> fühlen,<br />
dass der Heilige Geist positiv wirkt, die das Gefühl<br />
haben, Gott trägt mich immer, aber ich gehe auch aktiv<br />
auf Gott zu <strong>und</strong> danke ihm <strong>und</strong> bete für mich – diese<br />
Menschen leben signifikant länger, gesünder <strong>und</strong> aktiver.<br />
Und das wirkt sich auch auf Heilungsprozesse <strong>bei</strong><br />
unterschiedlichen chronischen Erkrankungen aus. Da<br />
43
gibt es hochsignifikante Synergieeffekte. Das geht bis in<br />
die körperlichen Beziehungen hinein. Ein Krebspatient<br />
<strong>bei</strong>spielsweise, der Chemotherapie <strong>und</strong> Bestrahlung<br />
bekommt, sich selbst gut reguliert <strong>und</strong> seine Selbstheilungskräfte<br />
aktiviert, wird signifikant besser abschneiden<br />
als einer, der auch chemotherapeutisch behandelt wird,<br />
<strong>bei</strong> dem aber die interaktiven Selbstheilungskräfte blokkiert<br />
sind.“<br />
Wie kommt man in Kontakt mit den eigenen Selbstheilungskräften?<br />
Wie aktiviert man Vertrauen in die Fähigkeit<br />
des Körpers, die eigene Genesung zu befördern? Heilk<strong>und</strong>ige<br />
erinnern daran, dass es eine seelische Instanz<br />
gibt, die auch der innere Arzt, die innere Heilerin oder<br />
der innere Helfer genannt wird. Eine Art innerer Ratgeber,<br />
den man um Unterstützung bitten kann. Um Verbindung<br />
zum inneren Helfer zu bekommen, wird zum Beispiel folgende<br />
Visualisierungsübung empfohlen: „Ich möchte<br />
44<br />
Sie bitten, dass Sie sich mit dem Teil in Ihnen in Verbindung<br />
setzen, den man die innere Weisheit oder den<br />
inneren Arzt nennen kann, den Teil in Ihnen, der weise<br />
ist.... Bitten Sie ihre innere Weisheit, Sie in Kontakt zu bringen<br />
mit einem oder mehreren hilfreichen Wesen....<br />
Nehmen Sie mit Ihren inneren Sinnen wahr, was Ihnen<br />
Ihre innere Weisheit zeigen will.... bitten Sie um Hilfe für ihr<br />
Problem <strong>und</strong> seien Sie offen für jede Antwort, die Ihnen<br />
gegeben wird.“<br />
Wenn Menschen sich um Hilfe nach Innen wenden,<br />
dann kann es erstaunliche Lösungen geben. Ein 60 jähriger<br />
Mann mit Lungenkrebs, den die Ärzte längst aufgegeben<br />
hatten, verzichtet auf jede weitere medizinische<br />
<strong>und</strong> therapeutische Behandlung. Alles was er macht, ist<br />
auf Gott zu vertrauen. Irgendwann war der Tumor nicht<br />
mehr nachweisbar. Die unerwartete Genesung dieses<br />
Mannes gehört zu den 12 Fallgeschichten von gesicherter<br />
Spontanheilung, die an der Universität Heidelberg<br />
untersucht wurden. Sechs der zwölf Befragten hatten mit<br />
Naturheilverfahren, Optimismus <strong>und</strong> Lebenswillen gegen<br />
ihre Erkrankung angekämpft.<br />
Drei empfanden ihre Genesung als Wirken der Gottesgnade<br />
<strong>und</strong> drei hatten ihre Krebserkrankung zum Anlass<br />
genommen, tief in sich zu gehen <strong>und</strong> ihr ganzes Leben<br />
einer Prüfung zu unterziehen. Es handelt sich hier um<br />
subjektive Heilungserfahrungen, die natürlich nichts darüber<br />
aussagen, warum diese Menschen ges<strong>und</strong> geworden<br />
sind.<br />
Die Bremer Ges<strong>und</strong>heitswissenschaftlerin Anneli Keil<br />
glaubt, dass Heilung im Gr<strong>und</strong>e immer Spontanheilung<br />
ist. „Wir erklären leider in der Medizin Spontanheilung als<br />
das, was wir nicht erklären können. Ich selber glaube, es<br />
gibt überhaupt nichts anderes als Spontanheilung. Bei<br />
Psychosen zum Beispiel erleben wir das, dass Menschen<br />
plötzlich die Symptome verlieren <strong>und</strong> sich auch als<br />
geheilt verstehen. Nun wird jeder, der einen Eingriff<br />
gemacht hat, sagen, das lag an der Pille oder an der<br />
Operation. Aber wir können streng wissenschaftlich nie<br />
sagen, was am Ende gewirkt hat.“<br />
Lange Zeit haben Wissenschaftler immer nur unterschieden<br />
zwischen dem Kämpfertyp, der mit aller Kraft<br />
gegen seine Erkrankung angeht <strong>und</strong> Menschen, die<br />
ihren Krebs stoisch akzeptieren, was als schlechtere<br />
Bewältigungsstrategie galt, erläutert Rolf Verrres. Viel
wichtiger sei es darauf zu schauen, welchen Sinn ein<br />
Mensch seiner Erkrankung abgewinnt <strong>und</strong> welche Konsequenzen<br />
er daraus zieht. Dementsprechend können<br />
die inneren Kraftquellen aktiviert werden. „Man hat in der<br />
Forschung zu stark angenommen, dass das Kämpfen in<br />
jedem Fall die bessere Gr<strong>und</strong>haltung ist. Das ist aber wissenschaftlich<br />
überhaupt nicht haltbar. Menschen, die<br />
eine Fähigkeit <strong>und</strong> Bereitschaft entwickeln, sich zu fügen,<br />
sich abzufinden, sich gleichzeitig aber mit Hoffnung in<br />
größere Zusammenhänge einfügen, wie zum Beispiel<br />
beten, die werden auf diese Weise vielleicht etwas<br />
erleichtert, weniger verkrampft, weniger angespannt,<br />
weniger verbissen. Und aus dieser gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Erleichterung, die man auch mit Loslassen, Hingabe<br />
oder Vertrauen in ein größeres Ganzes bezeichnen<br />
kann, kann natürlich das gesamte immunologische<br />
System beruhigt werden.“<br />
Rolf Verres kennt viele Menschen, die in der Krankheit<br />
enorme Fähigkeiten entwickelt haben <strong>und</strong> über sich<br />
selbst hinaus gewachsen sind. Sie kommen da<strong>bei</strong> zu<br />
Lebensfragen, die sie im normalen Alltag permanent<br />
ausgeblendet haben.<br />
„Ich kann nur sagen, dass ich <strong>bei</strong> vielen Krebserkrankten<br />
diese Bereitschaft sehe, sich ganz gr<strong>und</strong>sätzlich mit<br />
ihrem bisherigen Leben kritisch auseinander zu setzen<br />
<strong>und</strong> Schlussfolgerungen aus der Krankheit zu ziehen. Und<br />
ich kann immer wieder feststellen, dass diese Menschen<br />
bewusster, intensiver, besser <strong>und</strong> gesünder leben, als<br />
wenn sie das nicht täten. Und darauf zu vertrauen, dass<br />
Menschen diese Fähigkeit haben, das ist etwas, was ich<br />
den Ärzten auch wünsche. Wenn Ärzte das <strong>bei</strong> ihren<br />
Patienten spüren, dann können sie sich auch mit deren<br />
Fähigkeiten verbünden <strong>und</strong> daraus kann sich ein viel<br />
schöneres Arzt - Patient-Verhältnis entwickeln, als wenn<br />
man die Patienten nur als arme leidende Opfer ihrer<br />
Krankheit sieht.“<br />
Ärzte üben in unserer technologischen Gesellschaft eine<br />
ähnliche Funktion aus wie in traditionellen Kulturen der<br />
Schamane. Das liegt wesentlich an dem Glauben, den<br />
die Menschen auf den Arzt projizieren. Der Urwalddoktor<br />
Albert Schweitzer hat mal gesagt:„Alle Patienten tragen<br />
ihren eigenen Arzt in sich. Sie kommen zu uns, ohne<br />
diese Wahrheit zu kennen. Wir sind dann am erfolgreichsten,<br />
wenn wir dem Arzt, der in jedem Patienten steckt,<br />
die Chance geben, in Funktion zu treten.“<br />
Was aber, wenn ein Arzt mit dieser Verantwortung nicht<br />
gut umzugehen weiß? Unbedachte Worte aus dem<br />
M<strong>und</strong> eines Arztes können vernichtend sein. Christiane<br />
Pohl fällt da<strong>bei</strong> die Geschichte ihres Onkels ein, der<br />
einen Schlaganfall erlitten hatte. „Nach der Behandlung<br />
ging es ihm schon sehr viel besser. Trotzdem hat eine<br />
Ärztin dann zu ihm gesagt, dass er in ein Pflegeheim<br />
muss <strong>und</strong> stets auf Hilfe angewiesen sein wird. Das war<br />
für meinen Onkel so ein Schock, dass er sich nach diesem<br />
Gespräch weigerte, Medikamente zu nehmen <strong>und</strong><br />
sich völlig aufgab <strong>und</strong> nach zwei St<strong>und</strong>en war er tot. Für<br />
diese Ärztin kam sein Tod völlig überraschend, für mich<br />
gar nicht. Das hatte wirklich etwas von Verhexung, finde<br />
ich, denn diese Ärztin hat meinem Onkel den Lebensmut<br />
genommen <strong>und</strong> ihn gebrochen. Er hat sich dann<br />
selbst aufgegeben. Die Ärztin hatte meinem Onkel die<br />
Selbstheilungskräfte abgesprochen. Diese Kräfte, die es<br />
ermöglichen, dass es einem immer besser geht.“<br />
Die Heilkraft von Liebe <strong>und</strong> Mitgefühl wird in der Medizin<br />
noch immer gering geschätzt. Darum ist es überaus<br />
wichtig, sich einen Arzt oder Therapeuten zu suchen, der<br />
nicht nur fachlich kompetent ist, sondern auch zugewandt<br />
<strong>und</strong> mitfühlend. Paracelsus, eine der bedeutendsten<br />
Persönlichkeiten der Medizingeschichte soll gesagt<br />
haben: „Liebe ist der höchste Grad der Arznei.“ Liebe im<br />
Sinne von Zuwendung <strong>und</strong> Mitgefühl war für Paracelsus<br />
der Schlüssel zur Heilung. Der Volksm<strong>und</strong> machte daraus:<br />
Liebe ist die beste Medizin.<br />
Eine neue Forschungsrichtung, die Psychoneuroimmunologie,<br />
bestätigt inzwischen altes Heilwissen. Wissenschaftler<br />
können heute nachweisen, wie positive Gefühle<br />
<strong>und</strong> Einstellungen die Biochemie des Körpers verändern<br />
<strong>und</strong> das Immunsystem stärken.<br />
Theodor Petzold, Allgemeinmediziner <strong>und</strong> Arzt für Naturheilverfahren,<br />
sagt: „Lachen ist ges<strong>und</strong>. Die Psychoneuroimmunologie<br />
hat nachgewiesen, dass Lachen das<br />
Immunsystem anregt, die Zahl der weißen Blutkörperchen<br />
erhöht. Selbstbestimmung ist ein großer Ges<strong>und</strong>heitsfaktor,<br />
genauso wie Hoffnung, Sinnerfüllung <strong>und</strong> Lust<br />
auf verschiedenen Ebenen. Wenn der Mensch Glück,<br />
Vertrauen <strong>und</strong> Glauben empfindet dann werden Endorphine<br />
ausgeschüttet, also körpereigene Glückshormone.“<br />
Ist der Glaube an die Heilkraft von Liebe <strong>und</strong> Vertrauen<br />
nicht einfach bloß ein Placebo, wird der Skeptiker fra-<br />
45
gen. Aber gerade der Placeboeffekt ist ein beeindrukkendes<br />
Beispiel dafür, wie sehr Menschen fähig sind,<br />
ungeahnte Selbstheilungkräfte in sich zu mobilisieren.<br />
Placebo, lateinisch, heißt übersetzt: ich werde gefallen.<br />
Theodor Petzold: „Dieses Vertrauen, dass ich weiß, ich<br />
gefalle, ich bin geliebt, ich bin ok. Placebo-Effekt besagt<br />
ja, wenn man ein Medikament oder auch eine chirurgische<br />
Operation über sich ergehen lässt, die eigentlich<br />
wirkungslos ist – trotzdem wirkt ist, weil man daran<br />
geglaubt hat. Und dieser Glaube ist das was uns hilft.<br />
Man hat auch festgestellt, dass Operationen den stärksten<br />
Placebo-Effekt haben. Menschen mit Bauchschmerzen<br />
werden operiert, ohne dass man etwas<br />
macht, trotzdem sind die Bauchschmerzen danach verschw<strong>und</strong>en.“<br />
Wie ein Placebo wirkt, ist bislang nicht<br />
bekannt. Allerdings ist es notwendig, dass der Patient<br />
vollkommenes Vertrauen in die Wirkung hat, ähnlich<br />
dem kindlichen Urvertrauen. Wenn die Mutter ihre Hand<br />
liebevoll auf die Stirn ihres Kindes legt, ist der schwerste<br />
Kopfschmerz unter Umständen verschw<strong>und</strong>en. Mit dem<br />
Spruch „Heile heile Segen...“ kann eine Mutter, wenn sie<br />
eine Autoritätsperson ist <strong>und</strong> das Kind an sie glaubt,<br />
wahre W<strong>und</strong>er bewirken.<br />
Heilungsgeschichten haben für viele etwas Faszinierendes.<br />
Vielleicht weil sie Mut machen <strong>und</strong> Hoffnung wekken.<br />
Gabi Tenfelde, die selbst an Krebs erkrankt war, kennt<br />
viele Geschichten. „Ich erinnere mich an eine Frau aus<br />
Nürnberg, der man<br />
gesagt hatte: du<br />
hast noch drei<br />
Monate zu leben<br />
<strong>und</strong> die sich<br />
gefragt hat: was<br />
möchte ich gerne<br />
machen? Sie wollte<br />
gerne nach Kuba,<br />
sie wollte immer<br />
schon nach Kuba<br />
<strong>und</strong> sie hatte noch<br />
1500 Mark auf<br />
ihrem Konto. Sie<br />
hat das Geld<br />
genommen <strong>und</strong> ist<br />
nach Kuba geflogen. Sie hat erst mal nur für 14 Tage<br />
gebucht, weil sie ja nicht wusste, wie es mit ihr weiterge-<br />
46<br />
hen würde. Und dann hat sie in Kuba all das gelebt, was<br />
sie schon immer leben wollte. Sowohl was Männer anbelangt,<br />
Sexualität, Tanzen, das Leben. Sie ist nach einem<br />
halben Jahr zurückgekommen <strong>und</strong> war geheilt.“<br />
Wie Heilung geschieht, das ist immer noch ein großes<br />
Geheimnis. Die Ges<strong>und</strong>heits-wissenschaftlerin Annelie<br />
Keil glaubt, dass die Liebe zum eigenen Körper, zur<br />
Seele <strong>und</strong> zu den Gedanken eine wesentliche Rolle<br />
da<strong>bei</strong> spielt. „Dies alles sind gemeinsame Träger eines<br />
Prozesses, der am Ende eine Heilung darstellt, die aber<br />
für die Außenwelt <strong>und</strong> oft auch für den Mensch selber<br />
ein Geheimnis ist. Ich nenne die Heilung deshalb auch<br />
eine Art Offenbarung. Ich nehme diesen eher theologischen<br />
Begriff, denn es offenbart sich uns eine innere wieder<br />
zusammengefügte Ordnung.“<br />
Genesungsprozesse sind manchmal so umfassend,<br />
dass sie das ganze Leben verändern. Gaby Tenfelde<br />
aus Hamburg gab ihre Karriere als Pädagogin auf <strong>und</strong><br />
begleitet jetzt beruflich andere Menschen auf dem Heilungsweg:<br />
„Ich habe den Krebs für mich selbst als große<br />
Chance zur Veränderung erlebt <strong>und</strong> möchte das an<br />
andere Menschen weitergeben. Und ich ermuntere sie,<br />
den Mut zu haben, das zu tun, was sie schon immer tun<br />
wollten, weil das nämlich genau die Heilung ist. Sie kommen<br />
dadurch zu ihrem Selbst. Was ihre Seele manchmal<br />
schon Jahrzehnte möchte, das erlauben sie sich in dieser<br />
so genannten Notsituation, wo es um Leben <strong>und</strong> Tod<br />
geht. Also wenn ich<br />
mich aktiviere in<br />
dem was ich<br />
möchte, aktiviere<br />
ich automatisch<br />
meine Selbstheilungskräfte.“<br />
Sein Herz zu öffnen,<br />
echte Gefühle zu<br />
zeigen <strong>und</strong> der<br />
inneren Stimme zu<br />
folgen, all das soll<br />
das Immunsystem<br />
stärken. Doch die<br />
Selbstheilungskräfte<br />
können nur funktionieren,<br />
wenn auch der Körper zur Selbstregulation fähig<br />
ist.
Wenn ein Mensch keinen Lebenssinn mehr spürt <strong>und</strong> das<br />
Gefühl hat, in seinen wichtigsten Bedürfnissen gehemmt<br />
zu sein, dann sind auch die Selbstheilungskräfte blokkiert,<br />
erklärt Professor Ronald Grossarth-Maticek: „Wenn<br />
ein Mensch abhängig ist von Bedingungen, Zuständen<br />
oder Substanzen, die immer wieder negative Folgen für<br />
ihn haben – zum Beispiel eine Abhängigkeit, die in der<br />
Kindheit entstanden ist, vom Vater oder von der Mutter,<br />
die abweisend waren, von denen man sich nie mehr<br />
distanzieren kann <strong>und</strong> zu denen man auch die<br />
erwünschte Nähe nicht finden kann – so eine chronische<br />
Abhängigkeit kann die Selbstheilungskräfte ein Leben<br />
lang enorm blockieren. Die Selbstheilungskräfte sind<br />
übersetzt in unsere Theorie nichts anderes als die Reaktion<br />
des Organismus auf eine im komplexen System<br />
erreichte Lust. Wenn Sie Lust, Wohlbefinden, Sinnerfüllung<br />
<strong>und</strong> Sicherheit haben <strong>und</strong> glücklich sind, dann setzen<br />
die Selbstheilungskräfte automatisch ein <strong>und</strong> wenn Sie<br />
unglücklich sind, keinen Weg finden, um Ihr Wohlbefinden<br />
zu verbessern <strong>und</strong> Sie lieber sterben als leben, dann<br />
setzen sie automatisch ab.“<br />
Professor Grossarth-Maticek hat umfangreiche Studien<br />
zur Erforschung seelisch-körperlicher Wechselwirkungen<br />
durchgeführt. Er konnte zum Beispiel zeigen, dass Menschen,<br />
die in Unzufriedenheit, Sinnlosigkeit <strong>und</strong> Unlust verharren,<br />
ein höheres Risiko haben, chronisch zu erkranken<br />
beziehungsweise noch kranker zu werden als sie schon<br />
sind. Sich aus inneren Verstrickungen zu lösen, bedeutet<br />
seelische Ar<strong>bei</strong>t. Psychotherapie ist eine Möglichkeit, sich<br />
auf dem Heilungsweg geistig-seelische Unterstützung zu<br />
holen <strong>und</strong> die Selbstheilungskräfte in Gang zu bringen.<br />
Über 300 verschiedene Formen von Psychotherapie gibt<br />
es inzwischen. Grossarth-Maticek hat ein Kurzzeit-Training<br />
entwickelt, das die Autonomie anregen soll: „Wenn der<br />
Mensch lernt, im Autonomietraining oder in einer guten<br />
Psychotherapie, die auch die Autonomie anregt, zu sich<br />
selbst zu finden, das heißt sich selbst zu aktivieren <strong>und</strong><br />
Kommunikationsbedingungen herzustellen, die ihm gut<br />
tun, dann harmonisieren sich die Gehirnfunktionen.“<br />
Aber auch Psychotherapie ist keine Garantie für Heilung.<br />
Ob sich in einer Therapie heilende Kräfte entfalten,<br />
hängt ganz wesentlich von der Beziehung zwischen Therapeut<br />
<strong>und</strong> Klient ab. Forscher unterschiedlicher Schulen<br />
haben unabhängig voneinander festgestellt, dass diese<br />
Beziehung der zentrale Wirkfaktor in jeder Psychotherapie<br />
ist. Dennoch haben unterschiedliche Therapiemethoden<br />
<strong>und</strong> Techniken durchaus ihren Sinn. Dem einen hilft<br />
vielleicht eher eine Körpertherapie, dem anderen eine<br />
Gesprächstherapie <strong>und</strong> dem Nächsten eine Hypnosetherapie.<br />
Viele Psychotherapeuten machen die Erfahrung, dass<br />
die therapeutische Ar<strong>bei</strong>t mit dem so genannten inneren<br />
Kind enorme Selbstheilungskräfte freisetzen kann. Die<br />
Schweizer Psychoanalytikerin Ursula Wirtz empfindet die<br />
spirituelle Dimension in der Therapie, besonders in der<br />
Traumatherapie, als heilungsfördernd: „Das Zentrale im<br />
Trauma ist ja, dass Menschen wie aus einem Sinnkosmos<br />
herausfallen. Sie sind nicht mehr beheimatet. Alles was<br />
dem Leben vorher Bedeutung <strong>und</strong> Struktur gegeben<br />
hat, ist zerschmettert. Und dann ist jedes natürliche<br />
Bemühen des Menschen so: warum ich? Wie kann ich je<br />
wieder glauben, hoffen, lieben? Und der Weg wäre: wie<br />
kann ich diesen Abgr<strong>und</strong>, der für mich schrecklich ist,<br />
wie kann der zum innersten Selengr<strong>und</strong> werden. Das<br />
wäre dann die potentielle Wandlungskraft des Traumas,<br />
dass aus dem Nichts <strong>und</strong> aus der Leere heraus ich mich<br />
selbst neu erfahren kann <strong>und</strong> ich muss sagen: das gibt<br />
es. Ich habe Menschen begleitet, die gefoltert worden<br />
sind, ich kenne Menschen, die den Holocaust überlebt<br />
haben <strong>und</strong> die durch diese Erfahrung andere Menschen<br />
geworden sind. Durch die Begegnung mit dem<br />
Tod mitten im Leben hat sich etwas verändert für sie.“<br />
Der Weg zur Heilung ist häufig ein intensiver Wandlungsprozess.<br />
Menschen mögen die unterschiedlichsten körperlichen<br />
<strong>und</strong> seelischen Abgründe durchlaufen - wenn<br />
sie den Zugang zur Lösung finden, bietet das Erlebte das<br />
Potential für eine tiefe innere Transformation. Ursula Wirtz:<br />
„Diese spirituelle Dimension, die es möglich macht, dass<br />
etwas was zerstört, auch die Potentialität hat, neu zu ordnen.<br />
Das ist ja die Kreativität, an den Rändern geschieht<br />
das Neue. Dass aus dem Chaos ein neuer Kosmos wieder<br />
werden kann.“<br />
GISELA LAURENZ<br />
Die Autorin ist Journalistin <strong>und</strong> ar<strong>bei</strong>tet<br />
als freie Autorin vor allem für den Hörfunk.<br />
47
48<br />
Termine 2006<br />
19. März 7. Niedersächsischer<br />
Krebsinformationstag Osnabrück<br />
22. – 26. März 27. Deutscher Krebskongress Berlin<br />
27. – 29. April 52. Tagung der Nordrhein-Westfälischen<br />
Gesellschaft für Urologie Düsseldorf<br />
29. April 3. Krebsinformationstag im Ruhrgebiet Oberhausen<br />
04. – 06. Mai 47. Jahrestagung der Südwest-<br />
deutschen Gesellschaft für Urologie Frankfurt<br />
06. Mai 20. Hannoverscher Selbsthilfetag Hannover<br />
20. – 23. September 58. Kongress der Deutschen<br />
Gesellschaft für Urologie Hamburg<br />
Nähere Angaben entnehmen Sie bitte der örtlichen Presse!<br />
Sprechst<strong>und</strong>e<br />
<strong>Prostatakrebs</strong><br />
Dienstag, 3. Januar 2006, 10.10 - 11.30 Uhr<br />
Studiogäste: Prof. Lothar Hertle,<br />
Direktor der Klinik <strong>und</strong> Poliklinik für Urologie<br />
Universitätsklinikum Münster<br />
Wolfgang Petter,<br />
Vorsitzender B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe e. V.<br />
Moderation: Carsten Schroeder<br />
Kostenfreies Hörertelefon während der Sendung: Tel: 00800 / 44 64 44 64<br />
FAX: 00800 / 44 64 44 65<br />
Die Frequenzen des Deutschlandfunks für Ihr jeweiliges Empfangsgebiet erfahren Sie unter:<br />
http://www.dradio.de/dlf/frequenzen<br />
B<strong>und</strong>esverband <strong>Prostatakrebs</strong> Selbsthilfe<br />
Vereinsinterne Ankündigung<br />
Dresdner <strong>Prostatakrebs</strong>gespräche 2006<br />
16. – 18. Juni 2006<br />
Mitgliederversammlung<br />
Hannover<br />
24. – 26. November 2006
✂<br />
Die Anleitung für den<br />
selbstbestimmten Patienten<br />
Dr. med. Stephen B. Strum, FACP<br />
Onkologe mit Schwerpunkt <strong>Prostatakrebs</strong><br />
<strong>und</strong><br />
Donna Pogliano<br />
Partnerin eines Mitstreiters im Kampf gegen den <strong>Prostatakrebs</strong><br />
Erste deutsche Ausgabe<br />
Hiermit bestelle/n ich/wir zur Lieferung an<br />
umseitige Adresse<br />
Ex. Ratgeber zum <strong>Prostatakrebs</strong><br />
zum Preis von €19,95<br />
zzgl. Einzelversandkosten €3,95.<br />
Datum<br />
Unterschrift
Bezugshinweis siehe Seite 5<br />
Diese Ausgabe erscheint mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung durch:<br />
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Absender: (Bitte in deutlichen Druckbuchstaben)<br />
Name<br />
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Die Anleitung für den<br />
selbstbestimmten Patienten<br />
Dr. med. Stephen B. Strum, FACP<br />
Onkologe mit Schwerpunkt <strong>Prostatakrebs</strong><br />
<strong>und</strong><br />
Donna Pogliano<br />
Partnerin eines Mitstreiters im Kampf gegen den <strong>Prostatakrebs</strong><br />
Erste deutsche Ausgabe<br />
C.V. Engelhard GmbH<br />
Postfach 1829<br />
30018 Hannover<br />
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