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Vortrag Dr. Leibowitz - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe

Vortrag Dr. Leibowitz - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe

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<strong>Bundesverband</strong> <strong>Prostatakrebs</strong> <strong>Selbsthilfe</strong> e.V.<br />

Gemeinnütziger Verein<br />

Geschäftsstelle: Franzburger Straße 1, D 30989 Gehrden<br />

Tel: 05108/926646; Fax: 05108/926647;<br />

e-mail: info@prostatakrebs-bps.de<br />

www.prostatakrebs-bps.de<br />

Oktoberfest 2002<br />

Neue hocheffektive nicht-invasive Behandlungsformen für<br />

jedes Stadium des <strong>Prostatakrebs</strong>es<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002<br />

Bob <strong>Leibowitz</strong>, M.D.<br />

A.K.A. “<strong>Dr</strong>.Bob”<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 1


Vorbemerkung:<br />

Dieser <strong>Vortrag</strong> wurde von Herrn Wolfgang Ghantus simultan ins Deutsche übersetzt.<br />

Dann wurde der Text nochmals überarbeitet, so dass er als Schrifttext verwendet werden<br />

konnte. Weiterhin wurden einige Erläuterungen zu Patienten-Verlaufsdiagrammen<br />

weggelassen, da mir diese Patientendaten zur Veröffentlichung nicht vorliegen. Auch<br />

habe ich einige Elemente aus Seinem <strong>Vortrag</strong> in Hannover mit hier einfließen lassen.<br />

Diese <strong>Vortrag</strong>sunterlage wurde ohne eine weitere Überprüfung durch <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong><br />

zusammengestellt. Durch diese Übersetzungen und weiteren Bearbeitungen können<br />

Ungenauigkeiten der Aussagen entstanden sein, für die <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> nicht<br />

verantwortlich zeichnet. Es ist dieses Papier als eine Wiedergabe der wesentlichen<br />

Aussagen aus dem <strong>Vortrag</strong> von <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> zu verstehen und kann nicht in allen<br />

Details der medizinischen Aussagen als Therapievorschläge angesehen werden.<br />

Alle wesentlichen Berichte zur <strong>Dr</strong>eifachen Hormonblockade, mit Therapieprotokoll,<br />

Nebenwirkungen, notwendigen Untersuchungen vor, während und nach Durchführung<br />

der DHB, einschließlich der Übersetzungen der wissenschaftlich aufbereiteten<br />

Patientenergebnisse, die <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> in der wissenschaftlichen Zeitschrift der<br />

amerikanischen Onkologen "The Oncologist" veröffentlicht hat, sind über folgende<br />

Adresse anzufordern:<br />

Christian Ligensa, Römerstr. 20, 56314 Niederelbert. Tel. 02602 2433, Fax: 02602 2013<br />

E-Mail: ligensa@rz-online.de<br />

Einführung von Christian Ligensa<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> ist gelernter internistischer Onkologe/Hämatologe, also Krebsspezialist. Er<br />

hat sich vor zehn Jahren auf den <strong>Prostatakrebs</strong> spezialisiert. <strong>Dr</strong>. Bob, wie er von seinen<br />

Patienten in den USA genannt wird, hat eine Stadtpraxis in Los Angeles, wo er mit<br />

seinem Partner <strong>Dr</strong>. Steven Tucker meist Patienten mit schwerem metastatischem Krebs<br />

behandelt. Seine Therapiemaßnahmen sind aus einer Kombination wissenschaftlicher<br />

Daten, tiefem Verständnis des Zellverhaltens und eigenen Beobachtungen erwachsen.<br />

Er ist ein Pionier der modernen Behandlung von <strong>Prostatakrebs</strong>. Ein permanenter Kampf<br />

gegen den <strong>Prostatakrebs</strong> in allen Stadien, das hat sich <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> zum Ziel gesetzt,<br />

darüber wird er am heutigen Tage berichten.<br />

Ich darf hinzufügen, wenn <strong>Dr</strong>. Bob in Amerika einen <strong>Vortrag</strong> hält, so wie er es bei uns in<br />

vier Städten tat, dann ist das normale Honorar 1.500 Dollar für jeden <strong>Vortrag</strong>. Hier stellte<br />

er sein Honorar der BPS e.V. zur Verfügung.<br />

<strong>Dr</strong>. Bob wird auch über die <strong>Dr</strong>eifachen Hormonblockade berichten. Er hat erstaunlich<br />

erfolgreiche Patientenergebnisse veröffentlicht. Seit der Zeit, als er anfing, das "<strong>Leibowitz</strong><br />

- Protokoll" der <strong>Dr</strong>eifachen Hormonblockade als einzige Behandlungsart bei lokalisiertem<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> zu empfehlen, hat es 10 Jahre gebraucht, bis in einem Artikel im Journal<br />

of National Cancer Institute die Hormonblockade als legitime Behandlungsoption für<br />

Männer mit sog. frühem <strong>Prostatakrebs</strong> anerkannt wurde. In diesen 10 Jahren wurde er<br />

lächerlich gemacht, später bekämpft und wird heute als Pionier bezeichnet. Der<br />

Werdegang vom Exkommunizierten zum Experten an vorderster Front war für ihn lang<br />

und schmerzhaft und oft entmutigend, jetzt ist er rehabilitiert, er gehört zum<br />

Establishment. Die <strong>Dr</strong>eifache Hormonblockade ist jedoch nur eine der Waffen, über die<br />

<strong>Dr</strong>. Bob heute berichtet, er wird über weitere effiziente Waffen aus dem onkologischen<br />

Arsenal gegen den <strong>Prostatakrebs</strong> in allen Stadien berichten. Vielen Dank <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong>,<br />

dass Sie nach Deutschland gekommen sind, ich darf Sie bitten, über Ihre<br />

therapeutischen Ansätze zu berichten.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 2


<strong>Vortrag</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong><br />

„Ich danke Ihnen herzlich für die Einladung und ich glaube, wir haben über eine ganze<br />

Reihe von hoch interessanten Informationen zu berichten über die möglichen nicht<br />

invasiven Behandlungen des <strong>Prostatakrebs</strong>es mit geringen und reversiblen Nebenwirkungen<br />

in allen Stadien. Ich möchte Sie heute bitten, das was Sie bisher über <strong>Prostatakrebs</strong>therapien<br />

gelernt haben, aus Ihrem Bewusstsein in den Hintergrund zu schieben.<br />

Ich hoffe, ich werde Sie davon überzeugen können, dass meine wesentlichen<br />

Ausführungen nicht nur nicht kontrovers sind, sondern die logische Herangehensweise<br />

zur Behandlung des <strong>Prostatakrebs</strong>es darstellen.<br />

Ich möchte meinen <strong>Vortrag</strong> in vier Abschnitte unterteilen.<br />

A. Zunächst eine Art Einführung zum Thema <strong>Prostatakrebs</strong> mit einigen Fakten.<br />

B. Dann werde ich unsere Ergebnisse bei der Anwendung der <strong>Dr</strong>eifachen<br />

Hormonblockade darlegen.<br />

C. Dann möchte ich einiges zur Behandlung der mehr fortgeschrittenen Stadien des<br />

<strong>Prostatakrebs</strong>es sagen.<br />

E. Schließlich möchte ich dann einige Schlussfolgerungen ziehen.<br />

Vor allem müssen wir uns beim <strong>Prostatakrebs</strong> über eines klar werden. Wenn wir von<br />

einer Krankheit sprechen, so sollten wir eigentlich davon ausgehen, dass von einer<br />

Krankheit in der Regel jeweils eine Minderheit befallen ist. Vom <strong>Prostatakrebs</strong> sind aber<br />

80 Prozent aller Männer im Alter von etwa 80 Jahren betroffen. Trotzdem entwickeln nur<br />

8 bis 9 Prozent irgendwelche Symptome in ihrem Leben und es sterben daran lediglich<br />

2 oder 3 Prozent. Müssen alle behandelt werden? Die bloße Tatsache, dass ein Mann<br />

einen <strong>Prostatakrebs</strong> hat, bedeutet keineswegs, dass er unbedingt eine Behandlung<br />

braucht. Der Patient wird höchstwahrscheinlich nicht am Krebs sterben. Die meisten<br />

Männer sterben mit ihrem <strong>Prostatakrebs</strong>, jedoch nicht an diesem Krebs.<br />

Wenn Sie Ihren Urologen aufsuchen und der sagt, Sie müssen sich operieren lassen,<br />

sonst werden Sie sterben. Oder wenn Sie zum Radiologen gehen und der sagt, Sie<br />

brauchen unbedingt eine Bestrahlung, wenn Sie überleben wollen. Wenn diese<br />

Autoritäten dann entsprechend auftreten, dann sind diese Ärzte meist vollkommen<br />

überzeugt von ihren eigenen Meinungen und von dem, was sie sagen. Aber das erinnert<br />

mich an eine Redewendung oder Sprichwort: „Je weniger ein Mensch weiß, desto<br />

autoritativer tritt er auf“. Und ich habe eines über die Zusammenhänge beim<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> gelernt und verstanden: je mehr ich lerne, desto weniger bin ich überzeugt<br />

von dem eigenen angesammelten althergebrachten Wissen. In New York war mal ein<br />

berühmter Urologe, der hat folgendes gesagt: „Am <strong>Prostatakrebs</strong> verdienen viel mehr<br />

Menschen, als daran sterben“. Der <strong>Prostatakrebs</strong> ist sehr häufig und sehr weit<br />

verbreitet. Wenn wir jetzt mal die Häufigkeit und den Beginn der Krebserkrankung uns<br />

näher ansehen, da gibt es Autopsiedaten von Straßenunfällen aus den USA. Die<br />

Patienten waren im Alter von 30 bis 39 Jahren. 20 % davon hatten einen invasiven<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> zum Zeitpunkt der Autopsie, aber nicht einer davon ist an diesem Krebs<br />

sondern an seinen Verletzungen gestorben. Insgesamt hatten 29 % bereits Krebs. In der<br />

Altersgruppe der 40iger hatten 34% bereits <strong>Prostatakrebs</strong> entwickelt. In Zweidritteln aller<br />

Fälle hatten sie einen <strong>Prostatakrebs</strong> mit verschiedenen Herden, d. h. innerhalb der<br />

Prostata sind verschiedene einzelne Bereiche befallen.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 3


Wenn Sie also z.B. das Alter von 65 erreicht haben, ein <strong>Prostatakrebs</strong> bei Ihnen<br />

festgestellt wurde und der Urologe Ihnen dann sagt, dass Sie <strong>Prostatakrebs</strong> im<br />

Frühstadium haben und wir haben ihn - Gott sei Dank - noch rechtzeitig erkannt; wenn<br />

er versucht, Ihnen das weiszumachen, dann sollten Sie wissen, dass Sie davon<br />

ausgehen können, dass Sie diesen Krebs wahrscheinlich seit 20 oder mehr Jahren<br />

schon haben.<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> hat viel Zeit, über die Prostata hinaus zu wachsen. Wenn der<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> sich ausbreitet auf die Knochen z. B., dann ist das kein Knochenkrebs,<br />

sondern das sind <strong>Prostatakrebs</strong>zellen im Knochen, in der Lunge ist das kein<br />

Lungenkrebs sondern <strong>Prostatakrebs</strong> in der Lunge.<br />

Die jüngsten Daten zeigen, dass bei Männern, die vor einer radikalen Prostatektomie<br />

standen und bei denen ein Knochenmarktest durchgeführt, also praktisch eine Probe<br />

mitten aus dem Knochen heraus genommen wurde und auf PSA-imitierende Zellen<br />

untersucht wurden, bei 75% dieser Männer solche PSA – imitierende Zellen in der Probe<br />

sichtbar wurden. Die normalen Prostatazellen wandern eigentlich nie aus der Prostata<br />

heraus. Wenn also ein Mann PSA sezernierende (absondernde) Zellen im Knochenmark<br />

oder im Blut hat, dann sind das immer <strong>Prostatakrebs</strong>zellen. Diese Männer werden dann<br />

operiert, um den <strong>Prostatakrebs</strong> im "Frühstadium" zu erwischen. Der Urologe sagt Ihnen<br />

dann wahrscheinlich, es besteht die große Möglichkeit, Sie zu heilen. Aber wenn in 75 %<br />

aller Fälle bereits PSA-Zellen in den Knochen vorhanden sind, dann kann man nach<br />

meiner Erfahrung nicht allzu viele Patienten heilen. Wenn der <strong>Prostatakrebs</strong> sich in<br />

anderen Bereichen des Körpers ausbreitet, dann nennt man das eine systemische<br />

Erkrankung, eine generalisierte Erkrankung, und ich bin der Auffassung, der<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> ist im wesentlichen eine solche systemische Erkrankung. Bei <strong>Dr</strong>eiviertel<br />

aller Männer ist der <strong>Prostatakrebs</strong> zum Zeitpunkt der Diagnose bereits systemisch. Und<br />

wenn man die Prostata operativ entfernt und dann bereits Krebszellen in den Knochen<br />

vorhanden sind, dann kann das eigentlich nach meiner Auffassung und Erfahrung nicht<br />

mehr sinnvoll, eher schädlich sein.<br />

In einem Leitartikel der Zeitschrift des National Krebsinstituts der USA vom März diesen<br />

Jahres haben einige Autoren auf ihre Untersuchungsergebnisse hingewiesen, nach<br />

denen 84 Prozent aller irgendwann diagnostizierten <strong>Prostatakrebs</strong>fälle zu keinem<br />

Zeitpunkt zu wirklichen Problemen geführt hätten. <strong>Dr</strong>. Stamey von der Stanford-<br />

Universität, inzwischen im Ruhestand, war im Laufe der Zeit zu einem ausgesprochenen<br />

Gegner der Prostatektomie geworden, nachdem er selbst Tausende von Operationen<br />

durchgeführt hatte.<br />

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Stamey, T. a Clin. Chem.<br />

47, No. 4 t2001<br />

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pp. 631-634<br />

Die jährliche Todesrate von <strong>Prostatakrebs</strong><br />

bei Männern über 65 ist 226 per 100.000<br />

Männer. 40%, also mindestes 40 000 der<br />

100 000 Männer über 50 haben einen<br />

invasiven PK bei einer Autopsie. Daher<br />

stirbt nur einer von 177 Männern über 65<br />

Jahren pro Jahr an diesem Krebs.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 4


Die jährliche Mortalität bei <strong>Prostatakrebs</strong> in den USA liegt nach seinen Angaben bei 226<br />

je 100.000 Männer. Wir wissen, dass etwa 40 Prozent der Männer im Alter von 50<br />

Jahren und darüber einen <strong>Prostatakrebs</strong> haben. Wenn man von den 100.000 Männer die<br />

40%, die <strong>Prostatakrebs</strong> entwickelt haben, durch die jährliche Mortalitätsrate von 226 teilt,<br />

kommt man zu dem Ergebnis, dass nur einer von 177 Männern im Alter von 65 Jahren<br />

und darüber mit invasivem <strong>Prostatakrebs</strong> pro Jahr an der Erkrankung stirbt. Daraus<br />

ergibt sich die entscheidende Frage, ob wirklich alle Männer geheilt werden müssen, bei<br />

denen eine Heilung möglich wäre. Wenn Sie einen niedrigen PSA- und niedrigen<br />

Gleason-Wert haben, müssen Sie sich dann unbedingt einer Operation unterziehen oder<br />

einer Strahlentherapie, um ein normales Lebensalter zu erreichen? Wenn einer einen<br />

Gleason-Wert von 8, 9 oder 10 hat und einen PSA von 40, kann dieser Patient dann<br />

geheilt werden? Eine Heilung dürfte nach allen bisherigen Erfahrungen kaum möglich<br />

sein. Die Fragen lauten also: Ist eine Heilung nötig bei Männern, bei denen sie möglich<br />

wäre? Ist eine Heilung möglich bei Männern, bei denen sie nötig wäre? Je dringender<br />

eine Behandlung erforderlich ist, desto geringer sind die Erfolgschancen. Solche<br />

Überlegungen wurden ebenfalls in der oben erwähnten Fachzeitschrift angestellt.<br />

William Catalona ist ein Urologe an der St. Louis University. Er berichtet, dass er nicht<br />

davon überzeugt ist, dass mit der Operation das Leben des Patienten gerettet werden<br />

kann. Er ist jedoch hundertprozentig davon überzeugt, dass die Operation Inkontinenz<br />

und Impotenz zur Folge haben kann. Er will damit nicht sagen, dass der chirurgische<br />

Eingriff bei 100 Prozent der Operierten diese Folgen hat. Aber er ist hundertprozentig<br />

davon überzeugt, dass eine solche Konsequenz besteht. Wenn man sich die<br />

Patientenserien näher anschaut, so stellt man fest, dass die postoperative Häufigkeit der<br />

Impotenz bei 80-85 Prozent liegt. Als Impotenz werden erektile Störungen bezeichnet,<br />

die einen normalen Geschlechtsverkehr behindern.<br />

Wenn ich hier im Saal einen Operierten nach dem Auftreten einer Inkontinenz befragen<br />

würde, so würde er dies sicher verneinen. Warum? Weil er immer rechtzeitig die Toilette<br />

aufsucht und auch nicht immer an Harntröpfeln leidet und deshalb meint, er sei nicht<br />

inkontinent. Als Inkontinenz bezeichnen wir jedoch einen Zustand, bei dem die Kontrolle<br />

des Wasserlassens zwar nicht immer, aber zu irgendeinem Zeitpunkt beeinträchtigt ist.<br />

Wenn aber ein Mann dieses Problem hat und immer daran denkt und es sich selbst<br />

eingesteht, dann kann ihn das verrückt machen. Deshalb versuchen die meisten, das<br />

Problem herunter zu spielen. Das ist zwar menschlich verständlich, hindert uns jedoch<br />

daran, in exakten Zahlen zu erfassen, wie viele Männer nach einem chirurgischen<br />

Eingriff inkontinent werden.<br />

Das nächste ist ein ganz besonders interessantes Dia – wieder von <strong>Dr</strong>. Tom Stamey von<br />

Anfang der neunziger Jahre.<br />

Er sagte damals: Wenn Sie einen <strong>Prostatakrebs</strong> haben im Stadium A oder B, was wir<br />

heute als T1 bzw. T2 bezeichnen, der noch nicht behandelt worden ist und wir über<br />

einen Zeitraum von zehn oder fünfzehn Jahren im Rahmen einer epidemiologischen<br />

Studie Blutproben aufbewahrt hätten, so könnte man feststellen, dass sich der PSA-Wert<br />

im Durchschnitt alle vier Jahre verdoppelt. Wenn Sie nun eine Strahlentherapie<br />

bekommen und damit nicht geheilt werden, so verringert sich der durchschnittliche<br />

Zeitraum der PSA-Verdoppelung auf dreieinhalb Monate. Die Bestrahlung bewirkt zwar<br />

etwas, nämlich eine erhebliche Verringerung der PSA-Verdoppelungszeiten, bringt aber<br />

keine Heilung.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 5


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Stadium T1/T2 unbehandelt: mittlere<br />

PSA-Verdoppelungszeit (VZ) 4 Jahre.<br />

80% der Patienten mit nicht kurativer<br />

Strahlentherapie wären besser<br />

unbehandelt geblieben, denn bei dieser<br />

Gruppe wurde eine VZ von 100 Tagen,<br />

nicht mehr 4 Jahren festgestellt.<br />

Stamey, T. J. of U.<br />

Vol. 150 18956-1859 Dec. 93<br />

In den USA ist <strong>Dr</strong>. Judah Volkman ein ganz bekannter Arzt, er gilt als der Vater der<br />

Angiogenese und er hat Folgendes festgestellt: Krebszellen produzieren bestimmte<br />

chemische Signalsubstanzen, die Blutgefäße anziehen. Stellen Sie sich so ein kleines<br />

Blumenbeet vor, in einem großen Feld und um das Blumenbeet oder Blumeninsel herum<br />

sind Bewässerungsgräben. Die Insel muss also das Wasser anziehen, um die Blumen<br />

mit Wasser zu versorgen. Wenn es nicht gelingt, das Wasser anzuziehen, dann sterben<br />

die Pflanzen ab, sie vertrocknen. Die Krebszellen verhalten sich wie solche Inseln. Sie<br />

senden Signale aus an die Blutgefäße und diese sagen „bringt mir Blut, ich brauche<br />

Blut“. Der Krebs kann nur maximal bis auf ein bis zwei Millimeter im Durchmesser ohne<br />

Blutzufuhr wachsen. Mehr ist nur dann möglich, wenn Blutäderchen angedockt haben.<br />

Weiterhin hat <strong>Dr</strong>. Judah Volkman Folgendes bei Tierversuchen nachgewiesen: Wenn<br />

man einer Maus einen Tumor mit Dickdarmkrebszellen ins Hinterteil einpflanzt und das<br />

Tier bereits streuende Krebszellen entwickelt hat und in sich trägt, dann geht es dem Tier<br />

im allgemeinen noch eine Zeit lang ganz gut. Wenn man dann jedoch den Primärtumor<br />

aus dem Hinterteil operativ entfernt, dann kommt es zu einer Explosion der Metastasen,<br />

und das Tier verendet. Der Primärtumor im Hinterteil der Maus sendet auch Signale aus,<br />

die entweder ein Wachstum der Metastasen überhaupt behindern oder diese zumindest<br />

in einem bestimmten Gleichgewicht halten. Außer diesen Signalen, die für die Blutzufuhr<br />

sorgen, produzieren die Krebszellen also auch andere Substanzen, die antiangiogen<br />

wirken. Sie können die Blutzufuhr abschalten oder kontrollieren.<br />

Es tobt hier im Organismus ein ständiger Kampf um eine Balance oder Ausgeglichenheit<br />

gewissermaßen. Da gibt es viele chemische Substanzen, welche die Blutzufuhr<br />

unterstützen und wieder andere, die die Blutzufuhr drosseln. Sobald man jedoch den<br />

Kontrollmechanismus der Metastasierung beseitigt, kommt es zu einer Explosion der<br />

Metastasen. Ist es nicht ebenso denkbar, dass Sie vor einer Operation oder Bestrahlung<br />

Prostatagewebe haben, das Hemmsubstanzen produziert, nämlich Tumor<br />

unterdrückende und antiangiogene Proteine, welche die Metastasierung hemmen? Das<br />

heißt also, die Prostatazellen des Primärtumors produzieren Substanzen, die das<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 6


Wachstum der Metastasen hemmen. Wenn man die Prostata chirurgisch entfernt oder<br />

bestrahlt, so gehen die Hemmer verloren. Die oben erwähnte Verdoppelungszeit wird<br />

dramatisch verkürzt.<br />

Paul Lane, ein Urologe in Seattle, fand ebenfalls heraus, dass vor einer Operation oder<br />

vor einer Bestrahlung im Organismus von drei Viertel aller Männer <strong>Prostatakrebs</strong>zellen<br />

zirkulieren, die nach einem RT-PCR genannten Verfahren gemessen werden können.<br />

Wie schon erwähnt, sind das also PSA-ausscheidende Zellen im Blut oder im<br />

Knochenmark. Eine normale Prostata gibt keine Zellen in den Blutkreislauf ab. Wenn bei<br />

einem Patienten PSA-ausscheidende Zellen im Blut oder im Knochenmark<br />

nachgewiesen werden, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass es sich um Krebszellen<br />

handelt. Stamey schließt aus seinen Untersuchungen daraus, dass die Bestrahlung eine<br />

spezifische Fünfjahres-Erfolgsrate von lediglich 20 Prozent bringt. Er gelangt weiterhin zu<br />

der Schlussfolgerung: Wenn die Bestrahlung keine Heilung bringt, was nach seinen<br />

Erkenntnissen in 80 Prozent aller Fälle zutrifft, dann bewirkt sie nur eine Beschleunigung<br />

des Krebswachstums in der Prostata. Er hat weiter berichtet, dass diese 80 Prozent der<br />

erfolglos bestrahlten Patienten innerhalb von fünf bis zehn Jahren nach der<br />

Strahlenbehandlung einen bedenklichen Anstieg ihrer PSA-Werte aufwiesen.<br />

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Strahlentherapie erleben.<br />

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Unsere Daten zeigen, dass 80%<br />

der Patienten einen steilen und<br />

unheilvollen Anstieg des PSA-<br />

Stamey, T. J. of U.<br />

Vol. 150 18956-1859 Dec. 93<br />

Wenn also ein Patient nach einer Bestrahlung vier oder fünf Jahre übersteht, dann mag<br />

er sich einbilden, er habe es geschafft. Stamey hat jedoch festgestellt, dass nach diesem<br />

Zeitraum weiterhin ein hohes Risiko für einen Anstieg des PSA besteht. Er zeigt aber<br />

nicht nur mit dem Finger auf den Strahlentherapeuten, sondern denkt auch an den<br />

Urologen und den Chirurgen. Dieser kann nicht garantieren, dass er effektiv im<br />

Gesunden operiert hat und keine Krebszelle zurückgeblieben ist. Der Urologe, der also<br />

bei der Radikaloperation Krebszellen verfehlt, ist nach seiner Meinung genau so<br />

einzuschätzen wie der Radiologe. Beide schaffen es letztendlich, aus einem langsam<br />

wachsenden Krebs, mit dem die meisten Männer durchaus leben könnten, einen schnell<br />

fortschreitenden malignen Tumor zu machen. Sie schaffen es, die bereits erwähnte<br />

Verdopplungszeit von vier Jahren auf dreieinhalb Monate zu reduzieren.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 7


In den USA haben die sogenannten Strahlen-Seeds weite Verbreitung gefunden. Es gibt<br />

allerdings bisher keine Studien, in denen nachgewiesen wird, dass dieses Verfahren<br />

genauso gut oder besser ist, wie die anderen Varianten der lokalen Behandlung. Das<br />

Ergebnis einer Studie hier wurde erst vor einem Monat veröffentlicht. Hier wurden 25<br />

Männern solche Strahlen-Seeds in die Prostata eingebracht. Bei einigen wurden sowohl<br />

vor als auch nach der Seeds – Einbringung keine PSA-ausscheidenden Zellen gefunden.<br />

Jedoch hatten fünfzehn von diesen 25 Probanden keine PSA-ausscheidenden Zellen vor<br />

der Einbringung der Seeds, waren jedoch nach der Einbringung positiv.<br />

Um die Seeds einbringen zu können, muss man Nadeln in die Prostata stechen. Wenn<br />

man an einer beliebigen Körperstelle mit einer Nadel einsticht, so blutet es. Es blutet,<br />

und Zellen gelangen in den Blutkreislauf. Bei sieben der genannten 15 Probanden zeigte<br />

sich ein bis zwei Jahre nach der Seeds - Behandlung ein Anstieg des PSA. Diese<br />

Erkenntnisse sind statistisch signifikant.<br />

Vor vielen Jahren hat mir meine Großmutter erklärt, dass man bei Krebs nicht schneiden<br />

und Luft an den Tumor heranlassen darf, weil er sich nach einem Einschnitt und an der Luft<br />

erst recht ausbreitet. Wir haben solche Weisheiten damals als Ammenmärchen abgetan.<br />

Ich war damals noch Medizinstudent. Wir haben uns darüber amüsiert und waren davon<br />

überzeugt, dass so etwas nicht wahr sein konnte. Mit der Luft hat das ja auch gar nichts zu<br />

tun. Seit den sechziger Jahren ist aber bekannt, dass man zum Beispiel nach einem<br />

Schnitt in einen Dickdarmkrebs Zellen dieses Krebses im Blutstrom wiederfindet.<br />

Abgesehen von der allgemeinen These, dass eine Operation zur Verbreitung des Krebses<br />

beiträgt, hatte ich meine eigene Theorie entwickelt. Meine Hypothese lautete<br />

folgendermaßen: Wenn man zum Beispiel einen Einschnitt in einen Brustkrebs vornimmt,<br />

woher soll das Gewebe dann wissen, dass es sich wieder schließen muss, damit die<br />

Schnittwunde heilen kann? Im Körper entwickeln sich Wachstumsfaktoren (growth factors),<br />

die von Blutplättchen oder der Epidermis oder anderswo vermittelt werden können. Diese<br />

Wachstumsfaktoren bewirken das Schließen der Wunde. Die gleichen Wachstumsfaktoren<br />

dürften in der Lage sein, bevorzugt das Wachstum von Krebszellen zu fördern. Darüber<br />

hinaus konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass einige der auf diese Weise<br />

freigesetzten chemischen Substanzen organspezifisch sind. Das heißt, dass<br />

Wachstumsfaktoren der Brust nicht in der Lage sind, das Wachstum von Krebszellen in der<br />

Niere zu stimulieren, aber Brustkrebszellen. Prostatawachstumsfaktoren können also<br />

Wachstum in der Prostata stimulieren.<br />

Gibt es nun eine Möglichkeit, den <strong>Prostatakrebs</strong> zu behandeln, ohne die Prostata zu<br />

entfernen, ohne kleine Nadeln hineinzustechen, ohne sie zu bestrahlen? Wenn Gott<br />

etwas in der Prostata geschaffen hat, das den Wachstumsprozess anderer Zellen<br />

beeinflussen kann, könnten wir vielleicht eine Methode finden, mit deren Hilfe wir „die<br />

Guten“ dort belassen und „die Bösen“ aussondern können.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 8


In den letzten 10 Jahren haben<br />

Ärzte begonnen, Männer mit<br />

asymptomatischem frühem<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> mit Hormonblockade<br />

allein zu behandeln<br />

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Talcott, J<br />

Editorial eJNCI<br />

Vol. 94 No.6 Mar.20,02<br />

pp. 407-09<br />

Nochmals zum Journal des Nationalen Krebsinstituts, Märzausgabe 2002. Dort steht: Die<br />

Ärzte haben damit begonnen, Patienten mit „asymptomatischen <strong>Prostatakrebs</strong> im<br />

Frühstadium“ ausschließlich mit Hormonblockade zu behandeln. Also nicht<br />

Hormonblockade, gefolgt von Operation, Bestrahlung oder Seeds. Einfach nur<br />

Hormonblockade. Sie sehen daran, ich bin nicht mehr ein als kontrovers zu<br />

betrachtender Therapeut. Ich gehöre inzwischen zum „Establishment“. Der erste<br />

Hinweis darauf erschien bereits 2001, ebenfalls in der Zeitschrift des Nationalen<br />

Krebsinstituts. Ich muss gestehen, als ich das las, war ich allein in meiner Praxis und mir<br />

kamen die Tränen vor Freude. Denn so viele Jahre hindurch haben mich die Urologen<br />

verspottet und haben meine Gedankengänge und meine Therapieansätze ins<br />

Lächerliche gezogen. Das erinnerte mich an Schoppenhauer: Zuerst werden neue Ideen<br />

lächerlich gemacht, dann bekämpft und dann als selbstverständlich betrachtet.<br />

Üblicherweise sprechen die Ärzte mit den Patienten über Therapien und sie erklären die<br />

verschiedenen Behandlungen, aber sie erklären nicht alle Optionen, so ist es nun mal im<br />

Allgemeinen. Sie spielen meist die wichtigen und bedeutenden Nebenwirkungen<br />

herunter und keiner von ihnen sagt dem Patienten, dass nicht eine einzige Form der<br />

lokalen Behandlung bisher sich als effektiv und notwendig erwiesen hat beim<br />

<strong>Prostatakrebs</strong>. Es gibt darüber keinerlei medizinisch-wissenschaftlichen Nachweis. Es<br />

gibt keinen nachgewiesenen Nutzen für irgendeine Form der radikalen Therapie.<br />

<strong>Dr</strong>. Chodak aus Chikago schrieb vor kurzem: Einige Patienten bestehen bei der<br />

Behandlung ihres lokalisierten <strong>Prostatakrebs</strong>es ausschließlich auf der Hormonblockade<br />

wegen der Wirkung auf den PSA-Wert und weil keine lokale Therapie bisher<br />

nachgewiesen hat, dass sie das Leben verlängert.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 9


Hormonblockade allein für den<br />

lokalisierten <strong>Prostatakrebs</strong>?<br />

Einige Patienten entscheiden sich für<br />

diese Therapie wegen der Wirkung auf<br />

den PSA-Wert (alle Männer mit dem<br />

<strong>Leibowitz</strong> Protokoll erreichten<br />

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PSA


In der gleichen Ausgabe der bereits mehrfach zitierten Fachzeitschrift, März 2002, wird<br />

über eine Untersuchung aus den neunziger Jahren berichtet, nach der 37 Prozent der<br />

dort befragten Männer ihren <strong>Prostatakrebs</strong> primär allein mit Hormonblockade behandelt<br />

haben wollten. Keine Operation, keine Bestrahlung, keine Seeds, keine Kryotherapie,<br />

keine Hyperthermie, sondern ausschließlich Hormonblockade.<br />

Das Argument, dass PK<br />

eine systemische<br />

Krankheit ist, gewinnt in<br />

immer breiteren<br />

Fachkreisen Zustimmung.<br />

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2<br />

Interview Paul Lange<br />

Urology Times Vol. 30 #5<br />

5/02 pp. 24 - 25<br />

<strong>Dr</strong>. Lange aus Seattle bestätigt in einem Interview: „Die Argumentation, nach der es sich<br />

beim <strong>Prostatakrebs</strong> um eine systemische Erkrankung handelt, wird in immer breiteren<br />

Fachkreisen unterstützt. Was ist eine systemische Erkrankung? Wenn die Störung z.B.<br />

nur im Finger auftritt, dann handelt es sich um eine lokal begrenzte Erkrankung. Im<br />

Finger ist jedoch Blut, und dieses Blut fließt durch den ganzen Körper und hat damit<br />

einen systemischen Charakter. Man muss also eines begreifen: Wenn sich ein<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> bereits über die Prostata hinaus ausgebreitet hat, so ist er nicht mehr lokal<br />

begrenzt und kann auch mit keiner lokal wirkenden Methode geheilt werden. Wenn<br />

folglich die Erkrankung systemischen Charakter trägt, dann braucht man eine<br />

systemische Therapie. Man braucht eine Behandlung, mit der man alle Bereiche des<br />

Organismus erreicht.<br />

Einer meiner Helden ist Daniel David Byar. Er gelangte zu der Schlussfolgerung, dass<br />

einige Arten von <strong>Prostatakrebs</strong> sich frühzeitig ausbreiten und er glaubt, dass man in<br />

Zukunft dahin kommen wird, eine systemische Behandlung zusätzlich oder anstelle der<br />

Radikaloperation, der Prostatektomie anzuwenden. Er schrieb das bereits im Jahre<br />

1981, vor 21 Jahren also. Er zog diese Schlussfolgerung auf der Grundlage einer bereits<br />

in den siebziger Jahren durchgeführten Studie. Er arbeitete am Nationalen Krebsinstitut.<br />

Als er das nach den in den sechziger und siebziger Jahren durchgeführten Studien<br />

schrieb, war in den USA niemand bereit, diese Erkenntnisse zu drucken und zu<br />

veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgte in der skandinavischen Fachzeitschrift<br />

„Scandinavian Journal of Neurology“, obgleich die Untersuchungen doch am<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 11


Amerikanischen Krebsinstitut gelaufen waren. Als ich diese Publikation jetzt<br />

gewissermaßen wiederentdeckte, stellte ich mir die Frage: Wie ist es möglich, dass die<br />

Erkenntnisse einer so weitsichtigen Persönlichkeit in den USA nicht veröffentlicht werden<br />

konnten? Immerhin hatte er ein besseres Schicksal als Kopernikus, der ja wohl seiner<br />

Zeit voraus behauptete, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt. Er<br />

wurde lebendig begraben. Byar wurde nicht selbst begraben, sondern nur sein Material.<br />

MayoClinic.com hat eine Website<br />

als Entscheidungshilfe für Patienten<br />

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7<br />

im Frühstadium des <strong>Prostatakrebs</strong>es<br />

eingerichtet, in dem 5<br />

übliche Behandlungsoptionen<br />

vorgeschlagen werden.<br />

Urology Times 5/02<br />

Vol. 30 No. 5 p. 3<br />

Hier ist ein weiteres Zeichen der Zeit. Von der Mayo-Klinik in Rochester im Bundesstaat<br />

Minnesota wurde vor kurzem zum Thema <strong>Prostatakrebs</strong> als Entscheidungshilfe für<br />

Patienten im Frühstadium eine Website eingerichtet. Dort heißt es: Heute gibt es fünf<br />

allgemein anerkannte Behandlungsoptionen. Dazu gehört die Hormontherapie, und zwar<br />

als eine der fünf allgemein anerkannten Optionen, neben der Externen<br />

Strahlenbehandlung, der Brachytherapy, der radikalen Prostatektomie und des<br />

Beobachtenden Abwartens. Meine Fußnote dazu: Selbst von der berühmten Mayo-Klinik<br />

wird die Hormonblockade nun mehr als eine allgemein anerkannte Methode zur<br />

Behandlung des <strong>Prostatakrebs</strong>es im Frühstadium gewürdigt. Ich muss zugeben, dass<br />

mich dies mit Genugtuung erfüllt. Ich habe meinen ersten Patienten vor zwölf Jahren<br />

damit behandelt. Wie gesagt, damals wurde ich lächerlich gemacht und von Kollegen mit<br />

Hass und Abscheu überschüttet. Jetzt betrachtet man mich als Schrittmacher.<br />

Eine weitere interessante Tatsache: Wenn Sie nach Diagnose eines <strong>Prostatakrebs</strong>es<br />

bestrahlt werden und der PSA-Wert steigt danach wieder und dann wird wieder eine<br />

Biopsie durchgeführt, dann erhöht sich der durchschnittliche Gleason-Score um zwei<br />

Punkte. Hier im Saal habe ich eine so große Zuhörerschaft. Viele von Ihnen, Männer und<br />

Frauen, sind gut über den <strong>Prostatakrebs</strong> informiert. Andere haben vielleicht noch nie<br />

etwas davon gehört. Sie wissen möglicherweise weder, was ein PSA ist, noch was man<br />

mit einem Gleason-Score anfangen soll. Für mich ist es schwer, einen <strong>Vortrag</strong><br />

auszuarbeiten, in dem Grundkenntnisse für Laien und gleichzeitig nützliche Informationen<br />

für Ärzte vermittelt werden sollen.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 12


Deshalb zunächst eine kurze Zusammenfassung zum Thema Gleason-Score. Er ist nach<br />

dem Pathologen Leonard Gleason benannt. Er fragte sich, warum es einigen Männern<br />

mit einem niedrigen PSA ganz gut geht, anderen jedoch nicht. Damals war der<br />

Säurephosphatase -Test üblich. Er hat sich verschiedene Krebs-Gewebeproben unter<br />

dem Mikroskop angesehen und aufgrund dieser Bobachtungen die Krebszellen nach fünf<br />

Graden der Entdifferenzierung abgestuft und unterteilt. Grad 1 bezeichnet den<br />

niedrigsten Malignitätsgrad. Es ist dies ein <strong>Prostatakrebs</strong>, der hochdifferenziert eigentlich<br />

ganz normal aussieht. Grad 5 steht für den aggressivsten Typ, in hohem Maße<br />

entdifferenziert. Wenn man ein Bioptat betrachtet, dann sieht man nicht nur ein<br />

einheitliches Muster. Z. B.: Sechzig Prozent sehen vielleicht aus, wie ein Gleason Grad<br />

3, also ein vorherrschendes, jedoch nicht das alleinige Muster. <strong>Dr</strong>eißig Prozent<br />

entsprechen eher der Gleason-Struktur 4. Die erste Ziffer bei der Bezeichnung des<br />

Gleason-Scores bezeichnet das vorherrschende Muster. Bei diesem Beispiel ist es eine<br />

3. Dann folgt als zweithäufigstes Muster eine 4, also 3+4. Insgesamt also 7. Was<br />

bedeutet es nun, wenn das vorherrschende Muster eine 4 ist und dann eine 3 folgt? Das<br />

wäre dann ein Gleason-Score von 4+3, ebenfalls 7. Aber die erste Ziffer ist eher<br />

ausschlaggebend. Wenn die erste Ziffer eine 4 oder 5 ist, dann ist es höchst<br />

unwahrscheinlich, dass sich der PSA über einen Zeitraum von fünf Jahren im<br />

Normalbereich bewegt, ganz egal, welche Art der lokalen Behandlung angewandt wird.<br />

Der Grund liegt darin, dass die höheren Gleason-Grade schneller über die Prostata<br />

hinauswachsen. Wenn deshalb der urologische Operateur meint, alles erwischt zu<br />

haben, dann heißt das lediglich, dass er alles erwischt hat, was er in der Prostata sehen<br />

konnte. Wenn aber die Zellen bereits vor der Operation oder auch intraoperativ aus der<br />

Prostata ausgetreten sind, dann hat er eben nicht alles erwischt.<br />

Biopsie Gewebeproben mit<br />

einem Gleason Score von 2 bis<br />

4, bewertet von einem<br />

kommunalen Pathologen, sollten<br />

eher als ein Gleason von 5 oder<br />

6 eingestuft werden.<br />

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Jonathan Epstein<br />

John Hopkins Pathology Dept.<br />

2002 interview<br />

Urology Times<br />

ibid<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 13


Übrigens sollten Biopsiegewebeproben, die mit einem Gleason Score von 2 bis 4 von<br />

pathologischen Instituten aus den Gemeinden im Lande festgestellt worden sind, eher<br />

als 5 oder gar 6 betrachtet werden. Dies stellte einer der besten Pathologen in den USA<br />

in einem Interview fest.<br />

In den neunziger Jahren wurde von mir ein neues Verfahren eingeführt, die<br />

<strong>Dr</strong>eifachhormonblockade mit Proscar als Erhaltungstherapie, und zwar ist das als<br />

absolute Erstbehandlung vorgesehen, für Patienten also, die vorher weder eine<br />

Operation noch eine Bestrahlung noch irgend eine andere Lokalbehandlung hatten.<br />

Einige der Patienten hatten Enantone/Trenantone oder Zoladex ein oder zwei Jahre,<br />

bevor sie zu mir in Behandlung kamen, ansonsten jedoch keine Therapie.<br />

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therapiert worden o sind.<br />

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Die <strong>Dr</strong>eifache Hormonblockade<br />

mit Finasterid-Erhaltungstherapie<br />

(Proscar) für <strong>Prostatakrebs</strong>-<br />

Patienten, die noch gar nicht<br />

Das <strong>Leibowitz</strong> Protokoll<br />

Ich spreche hier also vom <strong>Leibowitz</strong>-Protokoll. Dies ist für Deutschland die richtige<br />

Bezeichnung. Es handelt sich ganz einfach um die <strong>Dr</strong>eifache Hormonblockade. In den<br />

USA könnte man darunter auch Enantone/Trenantone oder Zoladex plus einmal täglich<br />

50 mg Casodex verstehen. Ich habe Casodex immer 150 mg gegeben. In den USA ist<br />

eine Erhaltungstherapie mit Proscar im allgemeinen nicht üblich, also eine Proscar-<br />

Tablette täglich während der 15 Monate Hormonblockade und anschließend auf Dauer.<br />

Das <strong>Leibowitz</strong>-Protokoll umfasst 13 Monate Therapie mit Enantone/Trenantone oder<br />

Zoladex, 150 mg Casodex und Proscar als Erhaltungstherapie. Wenn die 150-mg<br />

Casodex für Sie zu teuer sind, dann empfehle ich dreimal täglich 250 mg Flutamid. Ich<br />

glaube jedoch, dass 150 mg Casodex-Tabletten eine bessere Wirkung haben als die 750<br />

mg Flutamid am Tag. Dies ist meine Meinung, für die ich jedoch noch keinen<br />

überzeugenden Nachweis erbringen konnte.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 14


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13 Monate<br />

Enantone/Trenantone/Zoladex o. Ä.<br />

150 mg. Casodex (nicht 50 mg.*)<br />

Proscar 5 mg.<br />

Dann nur Proscar-Erhaltungstherapie -<br />

5 mg pro Tag.<br />

*für diejenigen, die 150 mg Casodex finanziell nicht<br />

tragbar ist, schlage ich Flutamid 250 mg 3 mal am<br />

Tag vor.<br />

Ich versuche also, Ihnen meine Meinung zur bestmöglichen Behandlung der einzelnen<br />

Stadien des <strong>Prostatakrebs</strong>es zu erläutern.<br />

Was wir als ein geringes Risiko definieren, ist ein <strong>Prostatakrebs</strong> mit einem PSA unter 10<br />

ng/ml, wobei der Gleason-Score nicht höher als 6 sein sollte. Es handelt sich mit größter<br />

Wahrscheinlichkeit um eine lokal begrenzte Erkrankung, wenn sich alles noch innerhalb<br />

der Prostata abspielt. Vorher also weder lokale Therapie noch Hormonblockade. Was Sie<br />

bei dieser Situation und Schweregrad brauchen, ist nicht mehr und nicht weniger als<br />

mein <strong>Leibowitz</strong>-Protokoll über einen Zeitraum von 13 Monaten. Diese Ausgangssituation<br />

hat nachweislich folgendes Ergebnis gebracht:<br />

Ergebnisse Oktoberfest 2002<br />

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Mehr als 99% <strong>Prostatakrebs</strong><br />

spezifisches Überleben nach<br />

mehr als 5 Jahren für mehr als<br />

100 Männer.<br />

<strong>Dr</strong>. Bob <strong>Leibowitz</strong><br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 15


Bei einem mittleren Risiko, mit einem PSA von 10 bis 19 und Gleason-Grade von 3+4<br />

(insgesamt eher Gleason Score 6), nicht 4+3 (insgesamt eher Gleason Score 7), wobei<br />

die Erkrankung außerhalb der Prostata noch nicht wahrnehmbar ist, und vorher keine<br />

lokale Behandlung oder Hormonblockade erfolgt ist, empfehle ich ebenfalls immer noch<br />

allein das <strong>Leibowitz</strong>-Protokoll.<br />

Beste Therapieempfehlung<br />

nach <strong>Dr</strong>. Bob<br />

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October 2002<br />

Für die mittlere Risikogruppe, also<br />

PSA 10 – 19, Gleason 3+4/7 (aber nicht 4+3/7),<br />

T1C, T2a/b (jedoch ohne vorherige lokale<br />

Therapie oder Hormonblockade):<br />

Das <strong>Leibowitz</strong> Protokoll<br />

Patienten mit PSA-Werten über 20 bis über 25 ng/ml, Gleason ab 4+3, 8,9 u. 10 sowie<br />

Lymphknoten oder Samenbläschen Befall oder Metastasen ordnen wir der höheren<br />

Risikogruppe zu. Hier sind zusätzlich zu der <strong>Dr</strong>eifachen Hormonblockade Maßnahmen<br />

zu empfehlen. Von den Patienten in der ursprünglichen Studie habe ich inzwischen bei<br />

10 Patienten mit einer zweiten Behandlung beginnen müssen. Alle hatten mindestens 2<br />

Risikofaktoren, einer hatte 3. (Grau unterlegt: kein Risikofaktor).<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 16


Cyc<br />

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#2<br />

TA<br />

B<br />

Cycle #2 TAB<br />

Patient Age bPSA bGS cStage<br />

B.A. 82 27 5 T3<br />

B.B. 55 51.3 8 T1c<br />

D.E. 54 4.5 8 T3<br />

W.O. 77 43 9 T3<br />

G.R. 69 19.2 8 T2a<br />

N.W. 68 11.4 8 Endometroid T2a<br />

J.O. 65 59.8 7 (3+4) T2a<br />

A.D. 63 22.8 7 (4+3) T1c<br />

J.W. 74 41 6 T1c<br />

Nun möchte ich versuchen, Ihnen kurz darzustellen, zwischen welchen Verfahren Sie<br />

überhaupt wählen können. Wenn Sie zum Beispiel einen metastasierenden<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> haben und hormonrefraktär sind, so käme eventuell eine Chemotherapie<br />

in Frage oder Vakzine oder all die anderen Dinge. Oder vielleicht ist Ihnen in dieser<br />

Situation etwas über ein neues Medikament zu Ohren gekommen, das Ihre<br />

Aufmerksamkeit und Ihr Interesse erregt. Sie haben gleichzeitig gehört, dass es sich<br />

noch in der klinischen Prüfung befindet, und zwar in der Phase I. Ich nehme einfach mal<br />

an, Sie haben schon mal von diesen Begriffen Phase I, Phase II, Phase III gehört. Mir<br />

geht es hier nur um Grundsätzliches. In der Phase I passiert folgendes: Es werden drei<br />

Patienten ausgewählt. Diese werden zunächst mit einer niedrigen Dosis behandelt, etwa<br />

ein Milligramm. Wenn sich keine lebensbedrohenden Nebenwirkungen zeigen, so<br />

kommen die nächsten drei Patienten an die Reihe und erhalten zwei Milligramm. Den<br />

nächsten drei werden drei Milligramm verabreicht, dann vier Milligramm. Zum Abschluss<br />

der Phase I wird also festgestellt, welche Dosis unbedenklich gegeben werden kann. Es<br />

ist ein neues vielversprechendes experimentelles Medikament. Es macht sich gut im<br />

Tierversuch. Es wird am Menschen getestet. Es liegen bereits Bestellungen von<br />

Patienten vor. Wie groß ist nun die Chance für eine klinische Verbesserung des<br />

Zustandes – ich meine nicht Heilung, nicht signifikante Remission, einfach nur eine<br />

Besserung. Vielleicht lässt beim Lungenkrebs der Husten nach oder die Kurzatmigkeit.<br />

Was meinen Sie, bei wie viel Prozent stellt sich eine Besserung ein? In einer Diskussion<br />

bei der American Society of Clinical Oncology (ASCO) wurden weniger als fünf Prozent<br />

angegeben. So sieht der klinische Nutzen aus, der in der Phase I der klinischen Prüfung<br />

erreichbar ist.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 17


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24% der Patienten dachten, sie würden<br />

wenigstens 8 Jahre überleben. Keiner<br />

ihrer Ärzte glaubte an dieses Ergebnis.<br />

71% dachten, sie würden wenigstens 2<br />

Jahre überleben.<br />

Nur 14% ihrer Ärzte dachten so.<br />

Study <strong>Dr</strong>. Meropol<br />

GI discussion<br />

ASCO 2002<br />

In einem konkreten Fall wurde folgender Ablauf festgestellt: Nachdem den Patienten vom<br />

behandelten Arzt der Studienverlauf erläutert worden war und die Patienten die<br />

schriftliche Information gelesen und mit ihrer Unterschrift zugestimmt hatten, wurde ihnen<br />

von einem Psychologen die Frage gestellt: Wie beurteilen Sie die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Sie mindestens noch acht Jahre leben werden? Wie viele von Ihnen glauben an<br />

eine Überlebenszeit von mindestens acht Jahren? Vierundzwanzig Prozent antworteten<br />

mit Ja. Aber keiner der Ärzte glaubte daran. Einundsiebzig Prozent glaubten an eine<br />

Überlebenszeit von mindestens zwei Jahren. Nur 14 Prozent der Ärzte schlossen sich<br />

dieser Meinung an.<br />

Wenn Sie sich also für eine Behandlung mit einem Medikament entscheiden, das sich in<br />

der Phase I der Prüfung befindet, dann müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass die<br />

Erfolgschancen äußerst gering sind. Damit stellt sich die Frage: Was können wir heute<br />

anbieten? Gibt es heute schon etwas, das tatsächlich helfen kann?<br />

In den letzten Jahren sind Untersuchungen gelaufen, aus denen wir die Erkenntnis<br />

gewonnen haben, dass wir endlich eine wirksame medikamentöse Behandlung für den<br />

<strong>Prostatakrebs</strong> gefunden haben. Es handelt sich um eine ganz bestimmte<br />

Substanzgruppe, nämlich die Taxine, und zwar zwei Varianten, Taxol und Taxoter. Es<br />

wurde verschiedentlich berichtet, dass die durchschnittliche Ansprechdauer zum Beispiel<br />

bei Emcyt und Taxol etwa sechs Monate betrug und bei Emcyt mit Taxoter achteinhalb<br />

Monate. Bei diesen Untersuchungen wurden Patienten mit hohen Dosen dieser<br />

Präparate behandelt, und zwar jeweils eine Behandlung im Abstand von drei Wochen.<br />

Die Behandlung wurde solange fortgesetzt, bis sich ungünstige Nebenwirkungen<br />

einstellten. Zunächst ging der PSA-Wert zurück. Dann jedoch begann das Wachstum<br />

erneut.<br />

Das war für mich eine Herausforderung. Ich habe etwas besseres gefunden, das ich<br />

Ihnen mit gutem Gewissen empfehlen kann, sollte sich die Notwendigkeit einer<br />

Chemotherapie ergeben, was der Himmel verhüten möge.<br />

Wie sieht nun mein Konzept aus? Ich setze die Behandlung nicht solange fort, bis es<br />

dem Patienten schlechter geht oder die Wirksamkeit verschwindet. Ich gebe im<br />

allgemeinen 15 Dosen und unterbreche dann die Behandlung. Ich unterbreche, sobald<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 18


der PSA-Wert auf ein bestimmtes Niveau absinkt und dort konstant bleibt. Ich warte aber<br />

nicht, bis er wieder hoch geht; denn das würde bedeuten, dass Sie bereits eine<br />

Resistenz gegen die Behandlung entwickelt haben. Wenn ich unterbreche und der PSA<br />

weiter unter Kontrolle bleibt, kann ich später die Behandlung mit demselben Medikament<br />

wieder aufnehmen.<br />

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Emcyt plus Taxotere (oder<br />

Taxol) für fortgeschrittenen<br />

<strong>Prostatakrebs</strong>:<br />

Die neue Standardtherapy?<br />

Milowsky, M editorial<br />

Cancer Investigation 20 (5&6)<br />

pp. 849 - 850 2002<br />

Im Journal of Cancer Investigation, der einschlägigen Fachzeitschrift, wurde in diesem<br />

Zusammenhang die Frage gestellt: Ist dies nunmehr der therapeutische Standard für den<br />

metastasierenden hormonrefraktären <strong>Prostatakrebs</strong>?<br />

Es gibt jedoch eine Vielfalt von therapeutischen Ansätzen, etwa eine hochdosierte<br />

Behandlung im Abstand von drei Wochen oder auch Emcyt in Tablettenform in<br />

unterschiedlicher Dosierungshöhe.<br />

Ich habe mich für die Kombination von Emcyt, Decadron, Taxoter und Carboplatinum<br />

entschieden. Ich habe diese Medikamente nicht selbst entwickelt, sondern habe einfach<br />

nur meine Rezeptur zusammengestellt. Nehmen wir an, die Behandlung beginnt am<br />

Dienstag. Sie wird dann am nächsten und übernächsten Dienstag wiederholt. Der dann<br />

folgende Dienstag wird ausgelassen. Damit sind insgesamt vier Wochen vergangen.<br />

Dann geht es wieder von vorn los, also an drei aufeinanderfolgenden Dienstagen und am<br />

vierten Dienstag eine Pause. Bei den von mir erwähnten Studien wurden einmal in<br />

jeweils drei Wochen 75 mg/m² Taxoter verabreicht. Ich nehme 20 bis 25 mg/m² einmal<br />

wöchentlich, drei Wochen nacheinander, und dann folgt eine Woche Pause.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 19


T/E/D/C<br />

3 Wochen Therapie, 1 Woche frei<br />

Taxoter 20 bis 25 mg/m 2<br />

Carboplatinum 200 mg.<br />

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C<br />

Emcyt 2 mal am Tag und zwar<br />

- am Tag, an dem Taxoter gegeben<br />

- am Tag danach<br />

Dexametasone 4 mg als Tablette nach der<br />

Taxotergabe<br />

Blutverdünner - Warfarin<br />

Eine solche Dosierung richtet keinen Schaden an. Ich habe als erster Taxoter mit<br />

Carboplatinum kombiniert. Dabei müssen Gerinnungshemmer gegeben werden, weil sich<br />

sonst Blutgerinnsel bilden könnten. Vor Beginn der Behandlung werden Antiemetika<br />

verabreicht, zum Beispiel Kortison oder andere Mittel, um allergische Reaktionen zu<br />

verhindern.<br />

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der Chemotherapie:<br />

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- Antiemetika<br />

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- Benadryl 25-50 mg. e<br />

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- Zantac oder Tagamet o als<br />

Medikamentengabe vor<br />

- Dexamethasone 20 mg, IVPB<br />

zweite Antihistamingabe<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 20


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Alle Patienten in der<br />

Chemotherapy erhalten auch:<br />

- Hormonblockade – adrenolyt.<br />

Aspekte berücksichtigen r<br />

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- Proscar<br />

- Thalidomid<br />

- COX-2 Hemmer<br />

- Pamidronat oder Zometa<br />

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Alle Patienten, die wegen metastatischem oder hormonrefraktärem <strong>Prostatakrebs</strong> mit<br />

Chemotherapie behandelt werden, erhalten auch eine Hormonblockade mit drei<br />

Komponenten, aber dann geben wir weder Flutamid noch Casodex, weil dadurch das<br />

Wachstum des <strong>Prostatakrebs</strong>es eher stimuliert würde. Wir geben deshalb Ketokonazol<br />

(Nizoral) oder Aminogluthasomid (Cytadren oder Orimeten). Wenn Sie mit diesen<br />

Präparaten noch nicht vertraut sein sollten, so merken Sie sich zumindest die Namen.<br />

Alle Patienten erhalten außerdem Zometa, Cox-2-Hemmer, wie Celebrex, und natürlich<br />

Proscar, die meisten auch Thalidomid.<br />

Ich weiß, Deutschland ist nicht gerade der günstigste Standort für die Propagierung von<br />

Thalidomid. Diejenigen von Ihnen, die noch bis zu den fünfziger Jahren zurückdenken<br />

können, werden sich daran erinnern, dass Thalidomid damals nicht rezeptpflichtig und<br />

überall erhältlich war, und zwar zur Vermeidung von Übelkeit bei schwangeren Frauen<br />

und auch als Schlafmittel: Contergan. Den Frauen hat das nicht geschadet. Wir nehmen<br />

jedoch an, dass seine antiangiogene Wirkweise die Blutzufuhr zu den Gliedmaßen des<br />

Fötus behinderte. Deshalb kam es bei den Neugeborenen zu Missbildungen. Aber bei<br />

den Frauen hatte Thalidomid keinerlei schädliche Wirkungen. Auch beim Mann ist keine<br />

schädliche Wirkung bekannt, etwa in Form einer Unterbrechung der Blutversorgung zu<br />

den oberen und unteren Extremitäten. Beim <strong>Prostatakrebs</strong> ist es stark wirksam.<br />

Ich kombiniere gelegentlich noch mit weiteren Substanzen, z. B. GM-CSF die aber für<br />

diejenigen nicht von Interesse sind, die keine Chemotherapie erhalten. Zuweilen nehme<br />

ich Gemzar anstelle von Carboplatinum. Ich habe dazu hier ein Diapositiv.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 21


Ich setze Gemzar ein, wenn die<br />

vorherige CT mit T/E/D/C nicht zu<br />

mehr als einem Jahr Remission<br />

geführt hat oder falls signifikante<br />

neuropathol. Wirkungen bereits<br />

vorher festzustellen waren oder<br />

wenn PSA ein Plateau schon<br />

nach 6 Doses T/E/D/C erreicht<br />

haben sollte.<br />

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Gemzar wird von der Firma Lilly produziert. Wenn ein Patient zunächst auf Taxoter und<br />

Carboplatinum angesprochen hat, der PSA-Wert jedoch nicht weiter herunter ging, dann<br />

habe ich zuweilen Carboplatinum durch Gemzar ersetzt und konnte auf diese Weise<br />

häufig ein weiteres Absinken des PSA erreichen.<br />

Anmerkung von Christian Ligensa: von den PSA-Verläufen der folgenden Patienten<br />

liegen die Graphiken nicht vor.<br />

Ein Beispiel: einen Patienten behandelte ich mit einem PSA-Ausgangswert von 239<br />

ng/ml. Er hatte 50 bis 100 Knochenmetastasen. Ich habe ihn mit Chemotherapie<br />

behandelt und seinen PSA-Wert auf ein Plateau senken können, das noch<br />

unbefriedigend war. Ich habe Carboplatinum durch Gemzar ersetzt und so seinen PSA<br />

auf 0,2 gebracht.<br />

Ein weiterer Patient war 1999 und später im Jahre 2000 mit Chemotherapie behandelt<br />

worden und dann nochmals im Jahre 2001. Das war ungewöhnlich. Ich konnte das<br />

Problem nicht in den Griff bekommen. Ich setzte die Chemotherapie ab, aber die<br />

Hormonblockade allein wirkte auch nicht. Als ich dann Anfang dieses Jahres seinen PSA<br />

soweit wie möglich aber immer noch unbefriedigend herunter bekam, machte ich etwas<br />

Neues. Ich verabreichte ihm meinen sogenannten antiangiogenen Cocktail (PCAAC –<br />

Prostate Cancer Antiangiogenic Cocktail). Ich werde später etwas näher darauf zurück<br />

kommen. Sie werden sich jedoch erinnern, dass ich vorhin auch das Testosteron<br />

erwähnte. Am 27. Juni hatte dieser Patient einen Testosteronwert von 20. Sein PSA<br />

betrug 5,88. Nach einer hochdosierter Testosteronbehandlung, am 3. Juli, war sein<br />

Testosteronwert auf 1600 geklettert. Was passierte nun mit seinem PSA-Wert? Er ging<br />

nach unten. Sein aktueller Testosteronspiegel liegt bei 1200 und sein PSA bei etwa 4. Er<br />

hat seine Prostata noch. Sein PSA-Wert dürfte also zumindest teilweise auf eine<br />

gutartige Prostatahypertrophie zurückzuführen sein.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 22


Bei einem weiteren Patienten konnte ich trotz aller Bemühungen den PSA nicht auf Null<br />

bekommen, egal, was ich ihm verabreichte. Schließlich entschloss ich mich, ihn auf eine<br />

hohe Dosis Testosteron zu setzen. Jetzt geht es ihm hervorragend. Er war übrigens von<br />

den Kanarischen Inseln angereist.<br />

Ich möchte Ihnen noch einige Dias zeigen. Ein weiterer Patient hatte bei einem Gleason-<br />

Score von 8, 1986 eine Radikaloperation, eine Prostatektomie, mit anschließender<br />

Bestrahlung sowie Hormonblockade. Als er sich bei mir vorstellte, war er hormonrefraktär<br />

und hatte einen PSA von 2,39. Das war 1997, das Jahr, in dem ich mit Taxoter begann.<br />

Als Behandlungseinstieg gab ich ihm Taxoter, und zwar im September 1997. Schauen<br />

Sie, was mit seinem PSA passierte. Er erhöhte sich um 130 Punkte. Jeder wird auf den<br />

ersten Blick erschrocken sein: das ist ja viel schlimmer geworden. Wir haben jedoch<br />

Glück gehabt, weil der Patient vor Beginn meiner Behandlung starke Knochenschmerzen<br />

hatte. Zwei Wochen nach Beginn meiner Chemotherapie waren seine<br />

Knochenschmerzen verschwunden, obwohl sein PSA-Wert gestiegen war. Ich habe das<br />

„Taxotere Flare“ genannt, also Taxoter - Signaleffekt. Den Anstieg des PSA habe ich mir<br />

folgendermaßen erklärt: Es hatte den Anschein, also ob die Prostatazellen PSA<br />

absondern bevor sie zerplatzen und absterben.<br />

Ein weitere Patient war etwa 70 Jahre alt – ein Fall aus dem Jahre 1997. Wir konnten<br />

nach 15-tägiger Behandlung eine substantielle Senkung seines PSA-Wertes erreichen.<br />

Seine PSA-Werte waren vorher über einen sehr langen Zeitraum hinweg hoch gewesen,<br />

und er sagte: „<strong>Dr</strong>. Bob, mein PSA geht immer weiter nach unten. Ich möchte weiter<br />

behandelt werden. Er bestand darauf. Er hatte auch nach 37 Dosen noch keine<br />

Nebenwirkungen. Ich erwiderte: Wir müssen diese Art der Behandlung absetzen, denn<br />

wenn Ihr PSA jemals wieder ansteigt, dann wird es für sie schwierig. Im Jahre 1997 hatte<br />

ich noch nicht erkannt, dass es bei einem metastasierenden und hormonrefraktären Fall<br />

fast unmöglich ist, auf Null zu kommen. Er bestand aber auf einer Weiterführung der<br />

Behandlung und wollte unbedingt auf Null kommen. Von Juli bis Oktober 1998 kam es<br />

bei der Weiterbehandlung zu einer Art Stabilisierung seines PSA-Wertes auf dem hier<br />

gezeigten niedrigen Niveau. Er war darüber sehr froh, aber es war das letzte Mal, dass<br />

er sich freuen sollte. Dann ein steiler Anstieg im Oktober. <strong>Dr</strong>ei Monate später war er tot.<br />

Das bringt uns wieder auf den Punkt, dass man die Chemotherapie abbrechen muss,<br />

solange sie noch wirkt. Ich habe in meiner Praxis Folgendes erfahren: Wenn man die<br />

Chemotherapie rechtzeitig und für mindestens ein Jahr absetzt und nach einem Jahr<br />

erneut behandelt werden muss, dann funktioniert das in fast allen Fällen. Bisher hat es<br />

bei uns in absolut allen Fällen funktioniert.<br />

Hier sind einige weitere Beispiele von Fällen mit Chemotherapie. Sie kennen ja alle die<br />

Vorurteile gegen die Chemotherapie.<br />

Dieser nette Patient kam 1991 aus dem Bundesstaat Oregon. Er war 64 Jahre alt, hatte<br />

einen Gleason-Wert von 9 und einen PSA von 136. Bei seinem Urologen wurde eine<br />

Lymphknotenresektion durchgeführt, um festzustellen, ob der Krebs bereits die<br />

Lymphknoten befallen hatte. Wenn das nämlich noch nicht der Fall ist, kann eine<br />

Radikaloperation vorgenommen werden. Allerdings besteht nicht die geringste<br />

Heilungschance. Man stellte fest, dass sich der Krebs auf acht oder neun Lymphknoten<br />

ausgebreitet hatte. Er wurde fünf Jahre lang mit Enantone/Trenantone und Flutamid<br />

behandelt. Dann wurden eine Orchiektomie vorgenommen, also Kastration. Als er sich<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 23


ei mir vorstellte, lag sein PSA-Wert bei 128. Das war im März/April 1998. Er war<br />

hormonrefraktär und litt unter Knochenschmerzen.<br />

Zu diesem Zeitpunkt begann ich die Behandlung mit Taxoter, Emcyt und Decadron. Ich<br />

sagte zu ihm: „Tom, ich gebe Ihnen diese Medikamente einmal wöchentlich. Ich habe<br />

festgestellt, wenn wir dies an drei aufeinander folgenden Wochen machen und dann eine<br />

Woche Pause einlegen, dann dürften keine Nebenwirkungen auftreten. Er antwortete:<br />

„Einverstanden, einmal wöchentlich. Sobald ich Nebenwirkungen spüren sollte, sollten<br />

wir absetzen.“ Zu keinem Zeitpunkt traten bei ihm irgendwelche Nebenwirkungen auf. Er<br />

blieb vier bis fünf Monate bei dieser Medikation. Sein PSA war im September 1998 auf<br />

den Wert 4 abgesunken. Von September 1998 bis Ende 2001 hatte er keinerlei<br />

Chemotherapie. Dann jedoch stieg sein PSA auf 72. Ich nahm die Behandlung wieder<br />

auf, und zwar mit Taxoter, Emcyt, Decadron und Carboplatinum. Ganze 39 Monate war<br />

er ohne jegliche Chemotherapie ausgekommen. .Das ist doch wirklich eine gute Sache,<br />

39 Monate ohne Chemotherapie!<br />

Wer von Ihnen also befürchtet, dass eine Chemotherapie bis zum Lebensende<br />

fortgesetzt werden muss, dem sage ich: Das entbehrt jeder Grundlage. Das ist einfach<br />

nicht wahr. Das muss auch nicht wahr sein. Das hängt ganz davon ab, wer Sie<br />

behandelt, wie die Behandlung aussieht und welche Mittel eingesetzt werden.<br />

Meine erneute Behandlung begann im Juni 2002. Nach drei Monaten wurde die<br />

Chemotherapie abgesetzt. Sein PSA liegt wieder bei 4 ng/ml.<br />

Ich habe noch zwei weitere höchst interessante Fallbeispiele für Sie. Der Ausgangs-PSA<br />

eines weiteren Patienten lag bei 2400. Es fanden sich Metastasen in der Lunge und in<br />

den Knochen, über 25 in den Lungenflügeln. Er hat keinen Lungenkrebs, sondern<br />

<strong>Prostatakrebs</strong>zellen in der Lunge. Er hat auch keinen Knochenkrebs, sondern<br />

<strong>Prostatakrebs</strong>zellen in den Knochen. Dieser Befund wurde im Februar 1995 erhoben,<br />

also vor siebeneinhalb Jahren.<br />

Ich behandelte ihn ausschließlich mit Hormonblockade. Ich hatte damals noch keine<br />

Chemotherapie angewandt. Sein PSA fiel fast auf Null, erhöhte sich dann aber wieder im<br />

Laufe der Zeit. Er erhielt einen zweiten Zyklus Hormonblockade im Jahre 1997,<br />

einhergehend mit 16 Dosen Chemotherapie. Dann wurde die Chemotherapie für die<br />

Dauer von 34 Monaten abgesetzt, also fast drei Jahre. Als ich im Oktober 2000 die<br />

Behandlung wieder aufnahm, betrug sein PSA 42 und wurde wieder unter Null gebracht.<br />

Das war also vor einem Jahr. Wir haben sowohl die Hormonblockade als auch die<br />

Chemotherapie abgesetzt. Sein Testosteronspiegel wollte sich jedoch nicht verbessern.<br />

Ich gab ihm also Testosteron. Die Werte lagen bei 275, dann 600, dann 574. Sein PSA<br />

vor einem Monat betrug 0.2 ng/ml. Er hat seine Prostata noch. Er ist nie operiert worden.<br />

Der Mann hat also seit siebeneinhalb Jahren einen metastasierenden <strong>Prostatakrebs</strong>, mit<br />

Metastasen in der Lunge und in den Knochen. Er fühlt sich gut. Er sieht gut aus. Täglich<br />

schwimmt er 100 Bahnen in der Schwimmhalle, er führt ein normales Sexualleben.<br />

Hier ein Fall, Gleason-Score 10, PSA 7. Er hatte Hormonblockade und war bestrahlt<br />

worden, musste erneut mit Hormonblockade behandelt werden, dann Chemotherapie im<br />

Februar 1999 und braucht im August 2001 erneut eine Chemotherapie. Anfang dieses<br />

Jahres setzte ich ihn bei einem PSA von 2,5 ng/ml auf meinen antiangiogenen Cocktail.<br />

Das wäre ein abendfüllendes Thema für einen gesonderten <strong>Vortrag</strong>. Heute würde das<br />

jedoch unseren Zeitrahmen sprengen. Sehen wir uns also einmal an, wie es ihm seit<br />

Januar 2002 mit dem Cocktail ergangen ist. Im März sank sein PSA auf 0,62 ohne<br />

weitere Chemotherapie. Danach habe ich etwas anderes probiert. Ich habe versucht,<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 24


eine Erhöhung seines Testosteronspiegels zu erreichen. Er hatte Metastasen und war<br />

hormonrefraktär. Hier haben wir seinen Testosteronwert. Er beträgt 600, im September<br />

dann 750. Sein PSA-Wert: 0.447. Er ist knapp unter 70 Jahre alt. Er kommt mit dem<br />

Motorrad zu mir in die Praxis und fährt jeweils über 200 km, hin und zurück.<br />

Hier haben wir aus dem Jahre 1998 einen Feuerwehrmann, 51 Jahre alt. Er hatte eine<br />

Radikaloperation, war arbeitsunfähig, hatte immer noch einen erhöhten PSA, war<br />

bestrahlt worden. Er war im Februar 1999 auf Zoladex und Casodex gesetzt worden.<br />

Nach neun Monaten wurde er hormonresistent. Sein PSA begann nach oben zu gehen.<br />

Ich sah ihn zum ersten Mal im Jahre 2000, begann mit einer Chemotherapie. Sein PSA<br />

sank auf Null. Etwa ein Jahr lang war er ohne Behandlung. Es bildeten sich<br />

Knochenmetastasen. Er hatte keinen übermäßig hohen PSA-Wert, jedoch eine Prostata<br />

- Säurephosphatase von 22. Es ist dies ein früher angewandter Prostatatest. Im Sommer<br />

dieses Jahres musste ich nun eine Therapieentscheidung treffen. Ich entschied mich für<br />

eine Chemotherapie mit Taxoter, Gemzar und Ketokonazol und bekam seinen PSA auf<br />

0.08, konnte ihn jedoch nicht ganz auf Null senken. Trotz der Chemotherapie kam es<br />

zweimal nacheinander zu einem Anstieg des PSA. Im Januar dieses Jahres verabreichte<br />

ich ihm meinen antiangiogenen Cocktail. Im Mai versuchten wir es mit einer<br />

hochdosierten Testosterongabe. Der Wert lag damals bei 20 ng/dl. Nach sieben Tagen<br />

war er auf 700 angestiegen. Bei der letzten Messung betrug er 1100. Sein zeitgleich<br />

gemessener PSA lag bei 0,14. Er ist einer meiner Lieblingspatienten. Ich fragte ihn, wie<br />

es ihm bei der Testosteronbehandlung gehe, weil er ja zu Anfang des Jahres einige Zeit<br />

nicht als Feuerwehrmann arbeiten konnte. Er antwortete: „<strong>Dr</strong>. Bob, ich habe immer diese<br />

Hanteln zum Training bei uns im Depot. Als ich die Hormonblockade und die<br />

Chemotherapie hatte, fielen mir die Übungen unheimlich schwer. Seitdem Sie mir<br />

Testosteron verabreichen, schaffe ich das mit Links.“<br />

Die Behandlung von Anämie<br />

infolge HB, Chemotherapie oder<br />

wegen einer chronischen<br />

Erkrankung:<br />

t<br />

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a<br />

n<br />

e<br />

m<br />

i<br />

a<br />

Erythropoetin (Epo-Procrit)<br />

40,000 to 60,000 Units pro Woche<br />

2 te Generation:<br />

Aranesp (Darbopoietin)<br />

200 Microgramm alle 2 Wochen<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 25


Wenn Sie bei der Hormonblockade, der Chemotherapie oder infolge einer chronischen<br />

Erkrankung Anämie behandeln müssen, dann verabreichen Sie Erythropoetin oder eine<br />

neue, zweite Generation des Erythropoetin, das man auch als Aranesp bezeichnet.<br />

Diejenigen von Ihnen, die Ketoconazol erhalten haben oder erhalten, werden wissen –<br />

und das ist interessant – dass die meisten Onkologen dreimal täglich 400 mg geben. Im<br />

vorigen Monat wurde jedoch eine neue Studie veröffentlicht, bei der die Patienten mit<br />

niedrigen Dosen Ketokonazol behandelt wurden und zwar dreimal täglich mit einer<br />

Tablette. Wenn der PSA-Wert nach einem anfänglichen Absinken wieder anstieg, dann<br />

wurde eine höhere Dosis verabreicht, und zwar dreimal täglich zwei Tabletten.<br />

Studie an Patienten:<br />

Gering dosiertes KC. Durchschnittl. PSA 49<br />

ng/ml. Alle hatten HRPC: 50% reagierten<br />

mit über 50% ?Absenken des PSA.<br />

16 Patienten erhielten Hochdosis KC<br />

infolge Progression. Kein Patient reagierte,<br />

jedoch bei 2 Pat. Stabilisierung des PSA.<br />

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r<br />

i<br />

s<br />

,<br />

l<br />

o<br />

w<br />

d<br />

o<br />

s<br />

e<br />

Harris, K J. of U.<br />

Aug. 02 Vol. 168<br />

542-545<br />

Sechzehn Patienten wurden mit einer höheren Dosis behandelt, nachdem die niedrige<br />

Dosis nicht mehr ausreichte und der zunächst gesunkene PSA-Wert wieder anstieg. Bei<br />

keinem dieser 16 Patienten kam es zu einem Absinken des PSA aufgrund der hohen<br />

Dosis. Lediglich bei zwei Patienten stabilisierte sich der PSA-Wert.<br />

Wenn Sie sich nun die Frage nach den Nebenwirkungen der Chemotherapie stellen, da<br />

muss ich auf die Patienten verweisen, bei denen der Erfolg sich sofort zeigt. Wenn sich<br />

bei mir ein Patient mit <strong>Prostatakrebs</strong> und Metastasen vorstellte, der starke<br />

Knochenschmerzen hatte oder schwach und ans Bett gebunden war oder an den<br />

Rollstuhl, war er bei dieser Behandlung nach zwei Wochen seine Schmerzen los und<br />

brauchte keine narkotisierenden Schmerzmittel mehr. Das kommt einem Wunder nahe.<br />

Der Erfolg zeigt sich sofort.<br />

Aber einige Nebenwirkungen gibt es bei Taxoter schon, zum Beispiel ein erhöhtes Risiko<br />

der Bildung von Blutgerinnseln, so dass Koagulationshemmer erforderlich sind. Oder ein<br />

Flüssigkeitsstau, der sich an geschwollenen Knöcheln zeigt, oder Risse in den Fuß- und<br />

Fingernägeln. Bei einem von zehn Patienten kann es zu einem stärker ausgeprägten<br />

Haarausfall kommen. Aber keinem geht es wirklich schlecht, und in jedem Fall kommt es<br />

zur Rückbildung der Nebenwirkungen nach Absetzen der Chemotherapie.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 26


t<br />

o<br />

x<br />

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Nebenwirkungen der<br />

Chemotherapie i<br />

c<br />

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Sehr häufig:<br />

Schmerzen verschwunden<br />

Fühlt sich besser<br />

Gewichtszunahme nach Verlust<br />

Erhöhte Beweglichkeit<br />

Niemals Erbrechen<br />

1 von 10 Patienten erfährt tHaarausfall<br />

i<br />

Blutwerte fallen ab n<br />

u<br />

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n<br />

Sehr selten Übelkeit infolge<br />

Magenübersäuerung.<br />

Flüssigkeitsstau im Körper<br />

Veränderungen der Nägel<br />

Anmerkung Christian Ligensa:<br />

Gelegentliche eines USA-Besuches habe ich einen Nachmittag bei <strong>Dr</strong>. Bob in seiner<br />

Praxis zugebracht. In seinem Infusionsraum konnte ich mit den dort zufällig anwesenden<br />

Patienten sprechen, denen diese Chemotherapie verabreicht wurde. Ich fragte nach<br />

Erfahrungen mit Nebenwirkungen. Ein einziger Patient klagte über Müdigkeit. Die<br />

anderen bestätigten, keine Nebenwirkungen zu bemerken.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 27


In diesem Jahr wurde eine interessante Zusammenfassung veröffentlicht, in der berichtet<br />

wurde, dass jemand gemeinsam mit Taxoter Vitamin D eingesetzt hatte. Die<br />

Ansprechraten waren wirklich beeindruckend.<br />

–<br />

w<br />

Studie:<br />

e<br />

Wöchentlich Taxotere<br />

e<br />

k<br />

Am ersten Tag: Tablettengaben l Calcitriol<br />

0.5 microgramm/kg<br />

y<br />

T<br />

Am zweiten Tag: Taxotere<br />

a<br />

Anzahl: 37 Patienten x<br />

o<br />

Mittlere Überlebenszeit 19.5 Monate t<br />

60% hatten einen PSA-Abfall<br />

evon 75%<br />

r<br />

e<br />

1 Jahr Überlebenszeit 89%<br />

Beer, T.<br />

ASCO Proceedings 2002<br />

Abs. #707<br />

Ich habe noch nicht erwähnt, dass bei über 90 Prozent unserer mit dieser<br />

Chemotherapie behandelten Patienten die PSA-Werte um mindestens 50 Prozent<br />

herunter gingen. Bei zwei <strong>Dr</strong>itteln sanken die Werte um 90 Prozent.<br />

Ich habe vorhin über niedrige und mittlere Risikoklassen gesprochen. Wir wissen um die<br />

hohe Wirksamkeit der Hormonblockade. Bei einem metastasierenden <strong>Prostatakrebs</strong> wird<br />

niemand eine lokale Behandlung empfehlen. Man kann die Hormonblockade in drei<br />

unterschiedlichen Stadien beginnen. Wenn Sie eine lokal abgegrenzte Erkrankung im<br />

fortgeschrittenerem Stadium hatten, so war in vielen Fällen Bestrahlung angesagt. Das<br />

ist auch heute noch so. Inzwischen sind jedoch Studien bekannt geworden, bei denen<br />

zwei Gruppen eine Strahlentherapie erhalten haben, eine Gruppe jedoch zusätzlich<br />

Hormonblockade. Es erwies sich, dass die Patienten mit zusätzlicher Hormonblockade<br />

eine erheblich längere Lebenserwartung hatten. Das zeigt uns, dass die<br />

Hormonblockade das Leben verlängert. Andererseits gibt es bisher keinen einzigen<br />

Nachweis dafür, dass die Bestrahlung einen zusätzlichen Nutzen zur Hormonblockade<br />

bringt. Bestrahlung allein ist also nicht günstig. Bestrahlung kombiniert mit<br />

Hormonblockade hat sich als außerordentlich wirksam erwiesen. Wir setzen jedoch die<br />

nach unseren Erkenntnissen hochwirksame Hormonblockade ein und kombinieren sie<br />

mit zwölf Zyklen Chemotherapie.<br />

Lassen Sie mich kurz meine Beobachtungen zusammenfassen, um daraus<br />

schlussfolgernd darzulegen, was ich bei der Behandlung des <strong>Prostatakrebs</strong>es<br />

herausgefunden habe und was ich als die effizientesten Maßnahmen gegen diese<br />

Krankheit halte.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 28


1990 - Erster Patient, der allein mit Hormon-<br />

e<br />

s<br />

t<br />

Meilensteine<br />

o<br />

n<br />

e<br />

blockade gegen lokal begrenzten s<br />

PC behandelt wurde. ,<br />

9<br />

0<br />

-<br />

Ich war der erste, der die 9sog.<br />

1992 - Finasteride kam auf den Markt.<br />

<strong>Dr</strong>eifache Hormonblockade 2 zur<br />

Behandlung des lokalisierten<br />

<strong>Prostatakrebs</strong>es als einzige<br />

Therapie vorgeschlagen und<br />

angewendet hat.<br />

Im Jahre 1990 war einer meiner Patienten 80 Jahre alt. Er sagte: „<strong>Dr</strong>. Bob, machen Sie,<br />

was Sie wollen, aber auf keinen Fall eine Radikaloperation oder Bestrahlung.“ Ich<br />

erwiderte: „Nun gut, dann machen wir eine lebenslange Behandlung mit Hormonblockade.“<br />

Ich begann eine kombinierte Blockade. Damals stand Proscar noch nicht zur<br />

Verfügung. Es kam erst 1992 auf den Markt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich dann die<br />

Methode der <strong>Dr</strong>eifachblockade konzipiert.<br />

l<br />

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Meilensteine s<br />

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1993 – Erster Patient stoppt HB. Als erster<br />

n<br />

habe ich<br />

Finasterid als Erhaltungstherapie<br />

e<br />

für alle<br />

Patienten nach Hormonblockade s empfohlen.<br />

1993 - Zum ersten mal habe ich eine , Dauer von nur<br />

13 Monate TAB anstatt einer längeren 9 HB<br />

empfohlen. Ich fuhr fort, diese<br />

3<br />

13 Monate<br />

gefolgt von Proscar-Erhaltungstherapie zu<br />

empfehlen. Das ist das <strong>Leibowitz</strong>-Protokoll<br />

1993 - Einer der ersten Pioniere, der intermittierende<br />

anstelle permanenter Hormonblockade<br />

empfiehlt und in der Praxis anwendet<br />

Im Jahre 1993 sagte ich zu diesem Patienten: „Es scheint Nachweise dafür zu geben,<br />

dass eine intermittierende Blockade ebenfalls wirksam sein könnte. Sie haben jetzt 39<br />

Monate lang Hormonblockade. Ihr PSA ist seit 36 Monaten auf Null. Eigentlich könnten<br />

wir die Behandlung jetzt absetzen und sehen, wie es Ihnen ohne Behandlung geht.“ <strong>Dr</strong>ei<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 29


Jahre Hormonblockade zerstören jedoch die Hoden, die sich dann nicht wieder erholen<br />

konnten. Bereits nach zwei Jahren Hormonblockade ist bei vielen Patienten eine<br />

Normalisierung des Testosteronspiegels ziemlich unwahrscheinlich. Deshalb behandele<br />

ich im allgemeinen nicht länger als 13 Monate. Im gleichen Jahr, 1993, setzte ich die<br />

Behandlung bei zwei weiteren Patienten ab. Einer von ihnen war 24 Monate lang<br />

behandelt worden. Im Februar diesen Jahres hatte ich als Patienten einen Kinderarzt.<br />

Bei ihm war bereits eine Radikaloperation, eine Prostatektomie, geplant. Der Kinderarzt<br />

hieß Bob mit Vornamen. Auch sein Urologe hieß Bob. Ich selbst heiße Bob. Der<br />

Kinderarzt war an einem Freitag in der Praxis seines Urologen. Die Operation war für<br />

Montagvormittag angesetzt. Der Urologe legte seinen Arm um die Schulter des Patienten<br />

und versuchte ihn zu trösten: „Machen Sie sich keinen Kopf, Bob, Sie werden sich an die<br />

Windeln gewöhnen.“ Die Operation fand nicht statt. Er erhielt bei mir 13 Monate<br />

<strong>Dr</strong>eifachblockade. Seitdem geht es ihm gut.<br />

1994 - wurde vorausgesagt,<br />

e<br />

dass bei<br />

s<br />

Anwendung einer ,<br />

intermittiernden<br />

9<br />

4<br />

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n<br />

Meilensteine<br />

Androgenblockade (IAB)<br />

längere Überlebenszeiten zu<br />

erwarten sind, als bei einer<br />

kontinuierlichen<br />

Im Jahre 1994 wurde veröffentlicht, dass die intermittierende Blockade im Vergleich zur<br />

kontinuierlichen Blockade lebensverlängernd wirkt.<br />

Im Jahre 1997 entwickelte ich eine Therapie mit niedrigdosiertem Taxoter. Ein Jahr<br />

später ergänzte ich dann mit Carboplatinum.<br />

Ich möchte damit sagen, dass sich die Behandlung des <strong>Prostatakrebs</strong>es ständig<br />

weiterentwickelt. Es gibt hier keinen Stillstand. Es gibt keine einmalige Offenbarung, die<br />

über Nacht alle Fragen beantwortet.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 30


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Meilensteinet<br />

o<br />

1997 - Der Erste, der wöchentlich n mit einer<br />

Dosis Taxoter behandelt, e3 Wochen<br />

hintereinander, dann eine sWoche ausgesetzt.<br />

Ich wende auch eine<br />

,<br />

geringere<br />

9<br />

Dosis als andere Therapeuten an.<br />

7<br />

1998 - Der erste, der Carboplatinum zu<br />

-<br />

der wöchentlichen geringen<br />

9<br />

Dosis<br />

T/E/D hinzufügt 9<br />

1999 - Der erste, der Thalidomide zu<br />

T/E/D hinzufügt und auch einsetzt,<br />

um die Notwendigkeit des Beginns<br />

der Wiederbehandlung durch eine<br />

HB hinauszuzögern.<br />

Im Jahre 1999 kam Thalidomid auf den Markt. Ich habe meine anderen<br />

Behandlungsprotokolle damit ergänzt. Im gleichen Jahr begann ich auch, Cox-II-Hemmer<br />

einzusetzen. Vor einem Jahr begann ich dann mit meinem antiangiogenen Cocktail und<br />

Gemzar und in diesem Jahr mit Testosteron. Aber alle hormonrefraktären Patienten<br />

erhalten nicht nur Testosteron, sondern zusätzlich auch meinen antiangiogenen Cocktail.<br />

e<br />

s<br />

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n<br />

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,<br />

2<br />

Meilensteine<br />

2001 - Den Einsatz von PC AAC<br />

ausgedacht und mit der<br />

Anwendung begonnen<br />

0<br />

0<br />

2001 - Der Erste, der<br />

1<br />

Carboplatinum durch<br />

Gemzar ersetzt<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 31


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,<br />

2<br />

0<br />

0<br />

2<br />

Meilensteine<br />

2002 – Als Pionier habe ich hohe Dosen<br />

der Testosteron- Ersatz-Therapie (TRT)<br />

bisher erfolgreich eingesetzt, sogar bei<br />

Patienten mit hormonrefraktärem PK.<br />

Jedoch glaube ich, dass diese Männer<br />

auch mit antiandrogenem Cocktail<br />

behandelt werden müssen, nicht nur<br />

mit TRT<br />

Ich muss hier noch mal betonen, die Zusatzbehandlung mit Testosteron muss mit<br />

allergrößtem Sachverstand angegangen werden, sonst kann es tödlich enden.<br />

Ich erinnere mich Anfang der achtziger Jahre an einen Onkologen an der Stanford-<br />

Universität, der sich auf die Hodgkin-Krankheit spezialisiert hatte. Er war gleichzeitig ein<br />

Experte in Sachen Non - Hodgkin Lymphom. Auf einer Fachkonferenz erklärte er:<br />

„Suchen Sie sich ein Krankheitsbild aus und studieren sie es mit aller Gründlichkeit, und<br />

Sie werden einen Durchmarsch machen bis ans Ende der Welt.“<br />

Als ich das hörte, da dachte ich spontan, es müsse doch langweilig sein, immer nur eine<br />

Art von Krebs zu behandeln, denn ich hatte ja viel mehr gelernt, in der Hämatologie und<br />

Onkologie. Ich glaube, ich habe damals nicht begriffen, was er eigentlich sagen wollte.<br />

Seine Botschaft war, dass man mit größerer Wahrscheinlichkeit ein Experte wird, wenn<br />

man sich auf einem Gebiet gründlich auskennt und hier bedeutsame Beiträge zur<br />

Weiterentwicklung leistet. Er wusste also, wovon er sprach.<br />

Ich möchte heute nicht schließen, ohne eine große Dankesschuld abzutragen. Mehr als<br />

allen haben wir einem Mann zu denken, der mit größtem Engagement sein Leben der<br />

Aufklärung der Mediziner, der <strong>Prostatakrebs</strong>patienten sowie deren Angehörigen widmet,<br />

der allen immer wieder ins Gedächtnis ruft, dass es verschiedene Alternativen der<br />

Behandlung des <strong>Prostatakrebs</strong>es gibt, man also die Wahl zwischen mehreren Optionen<br />

hat. Sie sind wirksam und im allgemeinen weniger toxisch. Manche sprechen hier von<br />

„Goldenen Standards“. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieser Mann es verdient,<br />

als der wichtigste Anwalt der <strong>Prostatakrebs</strong>patienten in Deutschland bezeichnet zu<br />

werden. Er heißt Christian Ligensa. Ich danke ihm und Ihnen allen.<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Leibowitz</strong> – <strong>Vortrag</strong> in Montabaur – 24.09.2002 32

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