Download PDF - Carl Zeiss - Carl Zeiss, Inc.
Download PDF - Carl Zeiss - Carl Zeiss, Inc.
Download PDF - Carl Zeiss - Carl Zeiss, Inc.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die ganze Welt wartet derzeit<br />
auf eine sichere Möglichkeit, den<br />
BSE-Erreger zu zerstören, so dass<br />
garantiert BSE-freie Lebensmittel<br />
gehandelt werden können. Wie<br />
könnte der BSE-Erreger vernichtet<br />
werden? Und in welchem Zeitraum<br />
ist das in großem Maßstab<br />
umsetzbar?<br />
Da gibt es heute schon verschiedene<br />
Möglichkeiten. Etwa mit sehr<br />
hohen Temperaturen oder verschiedenen<br />
Chemikalien. Es gibt aber auch<br />
andere Bereiche, wo wir den BSE-<br />
Erreger nicht zerstören können.<br />
Zum Beispiel?<br />
Ich denke da etwa an das Blut.<br />
Hier ist es derzeit nicht möglich, eine<br />
Dekontamination herbeizuführen. Ich<br />
will jetzt auch nicht irgendwelche<br />
Voraussagen machen, wann das möglich<br />
sein wird.<br />
Dem Blut kommt ja bei der Übertragung<br />
der neuen Variante der<br />
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit eine<br />
ganz besondere Bedeutung bei.<br />
Das stimmt. Denn das Problem in<br />
der Zukunft ist weniger die Übertragung<br />
vom Rind auf den Menschen<br />
als vielmehr von Mensch zu Mensch.<br />
Warum das?<br />
Weil inzwischen alle Hochrisikoorgane<br />
wie Hirn und Rückenmark<br />
aus der menschlichen Nahrungskette<br />
entfernt wurden. Gleichzeitig tragen<br />
aber viele Personen den Rinderwahnsinn-Erreger<br />
im Körper. Es ist denkbar,<br />
dass der nun per Bluttransfusion<br />
oder über ungenügend sterilisierte<br />
Geräte auf andere Menschen übertragen<br />
wird.<br />
Wie lange dauert es dann bis zum<br />
Ausbruch der Krankheit?<br />
Zirka 15 bis 20 Jahre.<br />
In Tierversuchen haben Sie<br />
festgestellt, dass der Zeitraum<br />
bei Mäusen ziemlich exakt<br />
200 Tage beträgt. Lässt sich dieser<br />
Zeitraum beim Menschen<br />
einmal ähnlich exakt<br />
bestimmen?<br />
Davon gehen wir aus.<br />
Derzeit ist die genaue Inkubationszeit<br />
leider unbekannt.<br />
Deshalb können wir auch<br />
nicht sagen, wann die Anzahl<br />
der menschlichen Krankheitsfälle<br />
ihren Höhepunkt erreicht haben wird.<br />
Unterstellen wir eine Inkubationszeit<br />
von 15 bis 20 Jahren – ist das<br />
die Zeit, die Prionen brauchen,<br />
um ins Gehirn des Menschen zu<br />
gelangen?<br />
Ja, so ist es. Nur im Hirn scheint<br />
das Prion seine schädliche Wirkung<br />
zu entfalten.<br />
Wie kommt es zu diesem langen<br />
Zeitraum?<br />
Es gibt verschiedene Stationen, die<br />
die Prionen durchlaufen müssen, um<br />
bis ins Hirn zu kommen. Und wahrscheinlich<br />
bleiben sie irgendwo hängen.<br />
Wenn Prionen einmal im Gehirn<br />
angelangt sind, ist dann eigentlich<br />
alles zu spät?<br />
Wahrscheinlich ja. Aber auch das<br />
ist für uns natürlich interessant. Wir<br />
wollen schließlich verstehen, wie die<br />
Schädigung des Hirns vonstatten geht.<br />
Wo können Sie denn ansetzen<br />
im Hinblick auf eine mögliche<br />
Heilung?<br />
Das lässt sich ganz einfach sagen:<br />
Wir müssen die Prionen daran hindern,<br />
überhaupt bis zum Gehirn zu<br />
gelangen.<br />
Sie sprachen einmal davon, dass<br />
rund 100 Millionen Menschen<br />
mit dem Krankheitserreger in<br />
Berührung gekommen sind.<br />
Was bedeutet das?<br />
Sagen wir mal: Es bedeutet ganz<br />
bestimmt nicht, dass sich all diese<br />
Menschen angesteckt haben. Und<br />
nicht alle, die sich angesteckt haben,<br />
werden in Zukunft erkranken. Da spielen<br />
viele Faktoren eine Rolle, dazu<br />
gehört etwa die genetische Disposition,<br />
über die wir nichts wissen<br />
Nun gibt es ja im Hinblick auf<br />
die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit<br />
auch noch andere Theorien. Es<br />
gibt die Anhänger der Virentheorie,<br />
und es gibt Forscher, die etwa<br />
Chemikalien als wichtige Co-Faktoren<br />
ansehen. Was halten Sie<br />
eigentlich von derlei Ansätzen?<br />
Es ist immer gut, dass man unterschiedliche<br />
Ansätze hat und dass<br />
man die immer wieder überprüft. Insofern<br />
kann ich nur begrüßen, dass<br />
verschiedene Wissenschaftler auch<br />
verschiedene Hypothesen aufstellen.<br />
Am wahrscheinlichsten ist jedoch nach<br />
wie vor die Prionen-These.<br />
Haben Sie als Wissenschaftler<br />
eigentlich noch Appetit auf Rindfleisch?<br />
Aber sicher. Das Fleisch selbst war<br />
ja auch das geringste Problem. Sorgen<br />
bereiteten vielmehr die ganzen<br />
Bestandteile, die mit eingearbeitet<br />
wurden. Zum Beispiel Hirn oder Separatorenfleisch.<br />
Aber zum Glück<br />
sind derlei Dinge ja inzwischen vom<br />
Markt genommen.<br />
Adriano Aguzzi, Institut für Neuropathologie<br />
der Universität Zürich, Schweiz.<br />
Mail: adriano@pathol.unizh.ch<br />
Net: www.neuroscience.unizh.ch/e/groups/<br />
aguzzi00.htm<br />
Bild 1:<br />
Professor Dr. Adriano Aguzzi,<br />
Direktor des Instituts für<br />
Neuropathologie der<br />
Universität Zürich und<br />
des Nationalen Schweizer<br />
Referenzzentrums für<br />
Prionenerkrankungen und<br />
Mitglied des wissenschaftlichenBSE-Beratungsausschusses<br />
der britischen<br />
Regierung und der EU-<br />
Kommission, in seinem<br />
Labor an einem Forschungsmikroskop<br />
Axioplan® 2<br />
imaging mit digitaler Mikroskopkamera<br />
AxioCam®.<br />
(Aufnahme: Jesper Dijohn).<br />
Innovation 10, <strong>Carl</strong> <strong>Zeiss</strong>, 2001 5