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Hermann Bischofberger und die Rechtsgeschichte und rechtliche ...

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<strong>Hermann</strong> <strong>Bischofberger</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

<strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> <strong>rechtliche</strong> Volksk<strong>und</strong>e<br />

Louis Carlen<br />

Frühe Stu<strong>die</strong>n<br />

<strong>Hermann</strong> <strong>Bischofberger</strong> beackerte <strong>die</strong> verschiedensten Gebiete der Geschichtsforschung.<br />

Eine wichtige Stellung nehmen dabei <strong>die</strong> <strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> Rechtliche<br />

Volksk<strong>und</strong>e ein, <strong>die</strong> eng zusammen hängen. 1970-1974 stu<strong>die</strong>rte er Rechtswissenschaften<br />

an der Universität Freiburg, wo er im September 1974 das Lizenziat<br />

erwarb. Bereits während der Stu<strong>die</strong>nzeit schrieb er einen kurzen Artikel über «Die<br />

Rhoden des Inneren Landesteils» (1971) <strong>und</strong> über «Staat <strong>und</strong> Kirche im Gebiet des<br />

heutigen Kantons Appenzell Innerrhoden» (1973) <strong>und</strong> stellte eine «Chronologische<br />

Gesetzessammlung Appenzell I.Rh. 1409-1973» zusammen (ungedruckt).<br />

Freiburg<br />

Während seines Studiums der Geschichte in Freiburg 1977-1985 war er im Salesianum<br />

in Freiburg <strong>und</strong> befasste sich in dessen Mitteilungsblatt 1980 mit dem<br />

Kreuz im Garten des Salesianums <strong>und</strong> dem Galgen von Freiburg (S. 15-21) 1 . Es<br />

folgte ein Jahr später ein 164 Seiten umfassender Überblick über «Die Rechtsaltertümer<br />

der Stadt Freiburg mit ihren Bezügen zu Strafrecht <strong>und</strong> Strafprozess»<br />

<strong>und</strong> 1984 in den Forschungen zur Rechtsarchäologie <strong>und</strong> Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e<br />

«Kreuze als Grenzzeichen der Stadt Freiburg» (S. 27-44). Im Aufsatz «Freiburg<br />

<strong>und</strong> Appenzell I.Rh.» im «Appenzeller Volksfre<strong>und</strong>» 1983 (Nr. 163) behandelte<br />

er Streiflichter aus gemeinsamer Geschichte.<br />

Dann kam 1985 <strong>die</strong> zweibändige Lizentiatsarbeit über <strong>die</strong> Handfeste von Freiburg<br />

i.Ue., ein nicht unwichtiger Beitrag über das Stadtrecht Freiburgs im 13.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert. Freiburg blieb für <strong>Bischofberger</strong> weiterhin ein Forschungsgebiet<br />

wie zum Beispiel seine Aufsätze über «Folterwerkzeuge <strong>und</strong> Folterturm von<br />

Freiburg i.Ue.» in den «Forschungen zur Rechtsarchäologie <strong>und</strong> Rechtlichen<br />

Volksk<strong>und</strong>e» 1985 (S. 75-92) <strong>und</strong> «Die Freiburger Rechtsschule» im «Museum<br />

für Kunst <strong>und</strong> Geschichte» 1998 (S. 181-137).<br />

Kirchen- <strong>und</strong> Staatskirchenrecht<br />

1980-1984 war <strong>Bischofberger</strong> Assistent für <strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> Kirchenrecht<br />

bei mir in Freiburg. Mit der <strong>Rechtsgeschichte</strong> kam er dabei täglich in Berührung,<br />

aber auch mit dem Kirchenrecht <strong>und</strong> dessen Geschichte, der er besonders<br />

für Appenzell verschiedene Arbeiten widmete sowie dem Verhältnis von Kirche<br />

<strong>und</strong> Staat in Appenzell Innerrhoden, dem er 1999 <strong>und</strong> 2005 zwei ausgezeichnete<br />

Publikationen schenkte2 . Diese zeugen von einer trefflichen Kenntnis des Staatskirchenrechts<br />

in der Schweiz <strong>und</strong> der einschlägigen Literatur.<br />

<strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> Verwandtes<br />

Im Vordergr<strong>und</strong> standen aber immer wieder <strong>die</strong> <strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> mit<br />

<strong>die</strong>ser eng verwandten Rechtsarchäologie, Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Rechtssymbolik.<br />

Was er unter <strong>die</strong>sen dreien verstand, erläuterte er in seiner Disserta-


tion ausführlich, wobei er nicht bloss einen Rapport aus der Literatur brachte,<br />

sondern eine eigene Auseinandersetzung mit den Begriffen <strong>und</strong> ohne an Kritik<br />

der bisherigen Forschungsgeschichte zu sparen.<br />

Landsgemeinde<br />

Natürlich steht immer wieder <strong>die</strong> Landsgemeinde im Vordergr<strong>und</strong> als Versammlungsort,<br />

Gerichtsstätte, <strong>die</strong> dort getragenen Amts- <strong>und</strong> Standestrachten, <strong>die</strong> Insignien<br />

<strong>und</strong> amtlichen Zeichen, wie Schwerter <strong>und</strong> Degen, Stab <strong>und</strong> Szepter,<br />

Zeichen <strong>und</strong> Marken, Fahnen usw., aber auch der Verlauf der Landsgemeinde.<br />

1995 veröffentlichte er auf 78 Seiten «Stu<strong>die</strong>n zur Geschichte der Landsgemeinde<br />

des Kantons Appenzell Innerrhoden». Das Rathaus von Appenzell fand in der<br />

«Rathaus-Baufestschrift» 1995 seine Beachtung.<br />

Orta, Schwyz, Tirol<br />

<strong>Bischofberger</strong> sah auch über <strong>die</strong> appenzellischen Landesgrenzen hinaus. So behandelte<br />

er unter anderem Rechtsbräuche <strong>und</strong> Rechtsorte des italienischen Orta 3 ,<br />

«Asylstätten im Kanton Schwyz» 4 , «Beutefahnen aus Tirol <strong>und</strong> Vorarlberg» 5 ,<br />

«Schwyz <strong>und</strong> Zug» 6 .<br />

Ausgezeichnete Dissertation<br />

Jahrelang arbeitete er an seiner Dissertation, <strong>die</strong> 1999 erschien, in zwei Bänden<br />

im Grossformat 16,5 x 23,5 cm, 2,45 kg schwer. Er hatte lange gezögert, bis er<br />

<strong>die</strong> Dissertation einreichte. Ich habe ihn schlussendlich dazu gedrängt.<br />

Die Dissertation trägt den Titel «Rechtsarchäologie <strong>und</strong> Rechtliche Volksk<strong>und</strong>e<br />

des eidgenössischen Standes Appenzell Innerrhoden» <strong>und</strong> wurde von der Juristischen<br />

Fakultät mit «Summa cum laude», das ist <strong>die</strong> höchste Auszeichnung,<br />

angenommen.<br />

Doktor-Kolloquium<br />

Vor der Promotion aber musste <strong>Bischofberger</strong> noch vor drei Professoren das<br />

Doktor-Kolloquium ablegen. Der erste Professor fragte ihn nach dem Inhalt einer<br />

vom Doktoranden zitierten Urk<strong>und</strong>e. Da griff <strong>Bischofberger</strong> in <strong>die</strong> Hosentasche,<br />

zog einen Schlüssel heraus, hielt ihn in <strong>die</strong> Höhe <strong>und</strong> sagte: «Herr Professor hier<br />

ist der Schlüssel zum Archiv von Appenzell. Gehen Sie selber hin <strong>und</strong> lesen <strong>die</strong><br />

Urk<strong>und</strong>e.» Ähnliche Intermezzi folgten im weiteren Verlauf des Kolloquiums.<br />

Der Professor amüsierte sich, ich tat als weiterer Beteiligter das Gleiche <strong>und</strong> der<br />

dritte Professor war ein Welscher, der das meiste nicht verstand.<br />

Doktorarbeit<br />

<strong>Bischofberger</strong>s Dissertation ist neben allem Neuen eine grossartige Zusammenfassung<br />

seiner früheren Arbeiten zur <strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> den mit <strong>die</strong>sen eng<br />

verwandten Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e, Rechtsarchäologie <strong>und</strong> Rechtssymbolik.<br />

Sie ist auch eingebettet in <strong>die</strong> allgemeine <strong>und</strong> spezielle <strong>Rechtsgeschichte</strong>.<br />

<strong>Hermann</strong> <strong>Bischofberger</strong> schickt seiner Dissertation neben der Erläuterung der<br />

Fachbegriffe eine ziemlich umfangreiche Einführung voraus. In zehn Abschnitten<br />

zeichnet er ein Bild der Appenzell-Innerrhoder Landesgeschichte, wobei er<br />

verschiedentlich auf eigene Arbeiten verweisen kann <strong>und</strong> das Schwergewicht<br />

auf <strong>die</strong> Rechts- <strong>und</strong> Verfassungsgeschichte legt. Anschliessend beschäftigt er<br />

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sich mit der jüngeren Historiographie seines Untersuchungsgebietes. Der Überblick<br />

über <strong>die</strong> Rechtsquellen ist nicht eine Aufzählung der Quellen, sondern eine<br />

kritische Auseinandersetzung mit den Quellen, <strong>die</strong> bis zur Gerichtsreform von<br />

1989/99 reicht. Dem schliesst sich ein Überblick über <strong>die</strong> allgemeinen Begriffe<br />

aus der Strafrechtsgeschichte <strong>und</strong> aus dem Innerrhoder Verfassungsrecht an.<br />

Die Orte, <strong>die</strong> mit dem Rechtsleben in Zusammenhang stehen, werden einlässlich<br />

behandelt. Dass dabei der Landsgemeindeplatz für Appenzell mit seiner Topographie,<br />

seinem Schmuck <strong>und</strong> seiner Funktion in den Vordergr<strong>und</strong> rückt, ist<br />

verständlich, auch <strong>die</strong> in der <strong>Rechtsgeschichte</strong> viel beachtete Linde, ebenso <strong>die</strong><br />

Pfarrkirche St. Mauritius, in der bei schlechtem Wetter <strong>die</strong> Landsgemeinde tagte,<br />

<strong>die</strong> aber auch Versammlungsort weiterer öffentlich-<strong>rechtliche</strong>r Körperschaften<br />

war. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass gute <strong>Rechtsgeschichte</strong> nur unter Einbezug<br />

anderer Disziplinen, wie z.B. der Kirchen- <strong>und</strong> Kunstgeschichte, betrieben<br />

werden kann. Das belegt auch der Abschnitt über «Martyrien als Darstellungen<br />

des Strafvollzugs», womit <strong>die</strong> Bildquellen der <strong>Rechtsgeschichte</strong> berührt werden.<br />

<strong>Bischofberger</strong> wendet sich ebenfalls den Sitzen von Verwaltung <strong>und</strong> Gericht<br />

zu, das heisst äbtischen Burgen, Wohntürmen <strong>und</strong> Verwaltungszentren <strong>und</strong> besonders<br />

den Rathäusern. Auch hier kommt das Rechtsikonographische nicht zu<br />

kurz, wie gerade der Exkurs über Gerechtigkeitsdarstellungen in Rathäusern belegt,<br />

aber auch <strong>die</strong> übrigen teilweise in <strong>die</strong> Baugeschichte <strong>und</strong> Kunstgeschichte<br />

eingreifenden Ausführungen zeigen.<br />

Im Rahmen der Strafrechtsgeschichte widmet <strong>Bischofberger</strong> den Strafvollzugsorten<br />

grössere Aufmerksamkeit. Die Einleitung dazu bringt zahlreiche Details aus<br />

der allgemeinen <strong>Rechtsgeschichte</strong> <strong>und</strong> Rechtsarchäologie <strong>und</strong> auch zur Rechtlichen<br />

Volksk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> sogar zur Namensforschung, auch über archäologische<br />

Untersuchungen von Richtstätten wie zum Beispiel jener von Emmen bei Luzern.<br />

Besondere Orte gab es zum Vollzug von Leibesstrafen, wozu vor allem das Auspeitschen<br />

während Rutengängen <strong>und</strong> vor dem Rathaus gehörte. Die erreichbaren<br />

Fälle werden kommentiert. Das appenzellische Gefängniswesen von den Anfängen<br />

bis in <strong>die</strong> Gegenwart wird erläutert, wobei Galgenhumor <strong>und</strong> Appenzeller<br />

Witz nicht zu kurz kommen. Siechen- <strong>und</strong> Armenhäuser, Totengräberhaus,<br />

Spital, Polizeiposten werden, soweit sie <strong>rechtliche</strong> Bezüge haben, mitbehandelt,<br />

ja sogar das Kollegium St. Antonius in Appenzell, weil hier 1928 Militärarreste<br />

vollzogen wurden. Appenzell kannte eigene Asylstätten, was bis jetzt weniger<br />

allgemein bekannt war.<br />

Eine Behandlung erfährt der Pranger, sowohl allgemein wie in Appenzell. Dass<br />

Fre<strong>und</strong>e Appenzells <strong>und</strong> der Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e aber auch über <strong>die</strong> mitgeteilten<br />

Anekdoten schmunzeln, zeigt dass Dissertationen nicht himmeltraurig<br />

sein müssen.<br />

Man staunt, welches Material <strong>Bischofberger</strong> zu den Gebrauchsgegenständen des<br />

Rechtslebens für Appenzell zusammengetragen hat. Das sind nicht nur Landsgemeindestühle,<br />

<strong>die</strong> eigentlich keine Stühle, sondern Bänke sind, Glocken verschiedenster<br />

Art, Truhen <strong>und</strong> der Landessäckel, sondern auch Musikinstrumente, <strong>die</strong><br />

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der Publikation <strong>die</strong>nen. Dazu gesellen sich all <strong>die</strong> Objekte, <strong>die</strong> dem Gerichtsverfahren<br />

<strong>die</strong>nen wie solche für <strong>die</strong> Ablegung von Eiden (Reliquiare <strong>und</strong> Eidtafeln),<br />

aber auch <strong>die</strong> Folterwerkzeuge, wobei deren Herkunft, Verbreitung <strong>und</strong> Gebrauch<br />

allgemein besprochen wird. <strong>Bischofberger</strong> entwickelt für <strong>die</strong> Aufzählung der einzelnen<br />

Folterwerkzeuge einen eigenen Katalog, der nicht von der Bauweise <strong>und</strong><br />

Beschaffenheit der Instrumente ausgeht, sondern den Organen des menschlichen<br />

Körpers (Kopf, Rumpf, Extremitäten, Muskeln). Es ist ein Katalog unmenschlicher<br />

Grausamkeiten. Der Dissertant bek<strong>und</strong>et hier auch anatomische <strong>und</strong> medizinische<br />

Kenntnisse. Die Behandlung der Todeswerkzeuge wirkt anschliessend fast befreiend,<br />

wenn auch hier des Schrecklichen noch genug ist, aber etwa durch <strong>die</strong> Ausführungen<br />

über den Ehelöffel oder <strong>die</strong> Inschriften auf Richtschwertern gemildert wird.<br />

Zu den Gegenständen des Rechtsverkehrs liefert <strong>die</strong> Dissertation geradezu eine<br />

Münzgeschichte von Appenzell Innerrhoden. Natürlich fehlen hier nicht Ausführungen<br />

über Mass <strong>und</strong> Gewicht <strong>und</strong> Verwandtes zu so genannten Zunftaltertümern.<br />

Bei der Behandlung der Amts- <strong>und</strong> Standestrachten geht <strong>Bischofberger</strong> auch auf<br />

<strong>die</strong> Landesfarben ein. Man würde nicht vermuten, dass in <strong>die</strong>sem Kapitel im Zusammenhang<br />

mit dem so genannten Schandmantel auch staatskirchen<strong>rechtliche</strong><br />

Fragen oder solche des Übergriffes guter Staatskatholiken auf <strong>die</strong> kirchliche<br />

Domäne sich finden. Von den behandelten Waffen spielt natürlich der Landsgemeinde-Degen<br />

eine besondere Rolle. In den <strong>rechtliche</strong>n Bereich fallen weiter das<br />

Richthemd der Hinrichtungskandidaten <strong>und</strong> das Büsserhemd. Behandelt werden<br />

kurz ebenfalls Uniformen.<br />

Bei den Insignien werden zuerst <strong>die</strong> Schwerter als Hoheitszeichen untersucht.<br />

Dabei wird <strong>die</strong> Frage aufgeworfen <strong>und</strong> beantwortet, warum Appenzell an der<br />

Landsgemeinde zwei Schwerter hat, eine Besonderheit unter den Landsgemeindekantonen.<br />

Der Stab kam ins innerrhodische Wappen <strong>und</strong> in <strong>die</strong> kirchliche<br />

Ikonographie. Als weitere Insignien werden <strong>die</strong> Landweibelschilde, <strong>die</strong> Helmihörner,<br />

<strong>die</strong> Läuferbüchsen, das Landbuch <strong>und</strong> Bündnisurk<strong>und</strong>en aufgezählt. Da<br />

<strong>die</strong> letzteren Urk<strong>und</strong>encharakter haben, stehen sie, nur insofern sie an <strong>die</strong> Landsgemeinde<br />

getragen werden oder beim Schwören verwendet werden, in Bezug zur<br />

Rechtsarchäologie bzw. der Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e.<br />

Zeichen <strong>und</strong> Marken bilden ein weiteres Kapitel. Unter den Personenzeichen<br />

werden vor allem Siegel <strong>und</strong> Wappen behandelt.<br />

Ein Abschnitt ist den Fahnen, Gonfanon (Ritterstandarten), Bannern <strong>und</strong> Militärfahnen<br />

gewidmet, zu denen sich Beutefahnen gesellen. Auch hier gibt <strong>Bischofberger</strong><br />

neben dem Verwendungszweck ganze beschreibende Inventare für Appenzell.<br />

Bei den Sachenzeichen stehen <strong>die</strong> Individualisierungszeichen im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

aber ebenso <strong>die</strong> verschiedenen Berechtigungszeichen für Tavernen, Waren <strong>und</strong><br />

natürlich <strong>die</strong> verschiedenen Grenzzeichen, was dem Dissertanten Anlass gibt,<br />

auch auf Grenzbereinigungen <strong>und</strong> Grenzstreitigkeiten einzugehen. Zum Teil sind<br />

es Grenzbereinigungen mit den Nachbarkantonen.<br />

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<strong>Bischofberger</strong> wertet das gesamte Quellenmaterial verschiedener Observanz,<br />

also nicht bloss das <strong>rechtliche</strong>, mit annähernder Vollständigkeit aus. Dahinter<br />

steckt eine grosse Arbeit. Er benutzt aber auch eine Masse an Literatur, wobei<br />

nicht nur <strong>die</strong> schweizerische oder direkt einschlägige Literatur durchgearbeitet<br />

wird, sondern vor allem auch <strong>die</strong> deutsche <strong>und</strong> österreichische. Das Literaturverzeichnis<br />

umfasst 146 Seiten.<br />

Der Vergleich mit der allgemeinen <strong>und</strong> schweizerischen Rechtsarchäologie ist<br />

sehr umfangreich ausgefallen. Weite Partien der Dissertation sind eine allgemeine<br />

Rechtsarchäologie, allerdings versehen <strong>und</strong> eingearbeitet mit der einschlägigen,<br />

auch neueren <strong>und</strong> neuesten Literatur. <strong>Bischofberger</strong> liefert weitgehend eine<br />

Rechtsarchäologie der Schweiz.<br />

Appenzell als Vorbild<br />

<strong>Bischofberger</strong> stellt fest, dass trotz Verlusten in Appenzell Innerrhoden viel<br />

rechtsarchäologisches Material erhalten blieb <strong>und</strong> erfreulicherweise zum Teil<br />

noch in Gebrauch ist. Die Arbeit zeigt aber auch, dass Appenzell in der allgemeinen<br />

Entwicklung kein Sonderfall ist, sondern sich verhältnismässig mit einigen<br />

Besonderheiten gut einordnet. Tradition ist hier lebendig geblieben, wobei <strong>die</strong><br />

Einbrüche neuzeitlichen Denkens <strong>und</strong> Handelns nicht unbeachtet bleiben. Die<br />

Dissertation trägt dazu bei, das Verständnis <strong>und</strong> den Sinn für das Althergebrachte<br />

<strong>und</strong> für sinnenfälliges Recht neu zu beleben <strong>und</strong> aufrecht zu erhalten. Erreicht<br />

sie <strong>die</strong>sen Zweck, ist sie besonders ver<strong>die</strong>nstvoll <strong>und</strong> nützt, abgesehen von der<br />

Wissenschaft, auch dem Verständnis des geltenden Rechts, <strong>und</strong> damit erfüllt <strong>die</strong><br />

<strong>Rechtsgeschichte</strong> für den heutigen Rechtsstaat eine dankbare Aufgabe.<br />

Weitere Arbeiten<br />

Nach der Dissertation hat <strong>Bischofberger</strong> seine historischen Arbeiten weitergeführt.<br />

Im «Innerrhoder Geschichtsfre<strong>und</strong>» des Historischen Vereins Appenzell,<br />

dem er seit 1995 als Präsident vorstand, trifft man überall auf seine Spuren,<br />

aber auch in anderen Publikationen wie z.B. dem «Historischen Lexikon der<br />

Schweiz». <strong>Hermann</strong> <strong>Bischofberger</strong> hat <strong>die</strong> Forschungen zur <strong>Rechtsgeschichte</strong><br />

<strong>und</strong> verwandten Gebieten stark bereichert.<br />

1 <strong>Bischofberger</strong> befasste sich auch sonst mit der Geschichte des Salesianums, wie z.B. <strong>die</strong><br />

Beiträge zeigen: Das Salesi <strong>und</strong> <strong>die</strong> hohe Freiburger Politik, in: Mitteilungsblatt. Konvikt<br />

Salesianum Freiburg 63 (1984), S. 25-26; Wer hat das Salesianum erf<strong>und</strong>en?, in: ebd. 63<br />

(1984), S. 27-28; Die Glasgemälde im Salesianum, in: ebd. 65 (1986), S. 22-29.<br />

2 Kirche <strong>und</strong> Staat in Appenzell Innerrhoden, in: Festschrift zum 70. Geburtstag von<br />

Professor Dr. Louis Carlen, hrsg. von Niklaus Herzog <strong>und</strong> Franz Xaver von Weber,<br />

Freiburg 1999, S. 1-49; Kirche <strong>und</strong> Staat in Appenzell Innerrhoden, in: Festgabe zum<br />

75. Geburtstag von Prof. Dr. Louis Carlen, hrsg. von <strong>Hermann</strong> <strong>Bischofberger</strong>, Gabriel<br />

Imboden <strong>und</strong> Josef Wiget, Brig 2005, S. 75-118.<br />

3 Forschungen zur Rechtsarchäologie <strong>und</strong> Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e, Bd. 11, Zürich<br />

1989, S. 11-41.<br />

4 Schweizerische Juristenzeitung 86 (1990), S. 313-317.<br />

5 Forschungen zur Rechtsarchäologie <strong>und</strong> Rechtlichen Volksk<strong>und</strong>e, Bd. 15, Zürich<br />

1993, S. 59-84.<br />

6 Vom Alten Land zum Bezirk Schwyz, Schwyz 1991, S. 143-166.<br />

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