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Ausgabe März - Mai 2013 - Kirchengemeinde Leck

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hierarchisch gegliedert (mit dem<br />

Papst an der Spitze) und verstand sich<br />

als Hüterin der nur ihr zugänglichen<br />

göttlichen Wahrheit. Die Glaubensinhalte<br />

wurden im Regelfall von den<br />

Päpsten, in besonderen Krisenzeiten<br />

von den Konzilien (Versammlungen<br />

der hohen Geistlichkeit der gesamten<br />

katholischen Kirche) festgelegt. Den<br />

Menschen wurde also nicht nur vorgeschrieben,<br />

dass sie glauben sollten,<br />

sondern auch, was sie glauben sollten.<br />

Ein solches Kirchen- und Religionsverständnis<br />

ließ kaum Spielraum<br />

für Toleranz und musste mit äußerster<br />

Strenge durchgesetzt werden.<br />

Abweichler und Kritiker in Glaubensdingen<br />

galten als „Ketzer“ (benannt<br />

nach der Sekte der Katharer,<br />

die im 12. und 13.Jahrhundert die<br />

Stellung der katholischen Kirche massiv<br />

bedroht hatten) und wurden auf<br />

kirchliche Veranlassung hin den<br />

staatlichen Institutionen zur Aburteilung<br />

übergeben. Nicht selten endeten<br />

solche Verfahren auf dem Scheiterhaufen.<br />

Ein solches Schicksal<br />

drohte auch dem Mönch und Theologieprofessor<br />

Martin Luther aus<br />

Wittenberg, als er sich auf dem<br />

Wormser Reichstag 1521 vor Karl V.,<br />

dem Kaiser des Heiligen Römischen<br />

Reiches Deutscher Nation, für seine<br />

Lehren verantworten musste. Luther<br />

war bereits durch den damaligen<br />

Papst Leo X. aus der katholischen<br />

Kirche ausgeschlossen worden und<br />

stand nun dem mächtigsten Herrscher<br />

seiner Zeit gegenüber, der den<br />

Standpunkt des Papstes teilte. Nun<br />

stand Luther vor der Wahl, entweder<br />

seine Schriften zu widerrufen oder<br />

als Ketzer verurteilt zu werden. Angesichts<br />

dieser Alternative hatte<br />

Luther sich zuerst einen Tag Bedenkzeit<br />

erbeten, doch nun gab Luther<br />

seine Antwort, die nach zeitgenössischen<br />

Maßstäben eine Ungeheuerlichkeit<br />

darstellte. Er verweigerte<br />

10<br />

den geforderten Widerruf seiner<br />

Schriften und berief sich dabei auf<br />

die Autorität der Heiligen Schrift<br />

(also der Bibel) und auf die Freiheit<br />

des Gewissens, obwohl er sich<br />

bewusst war, dass diese Antwort für<br />

ihn den Tod bedeuten konnte.Welche<br />

Überzeugungen veranlassten Luther<br />

zu diesem mutigen Auftritt und ließen<br />

ihn nach Auffassung der katholischen<br />

Kirche als einen Ketzer erscheinen?<br />

Wie kam er zur Vorstellung<br />

der Gewissensfreiheit, die dem<br />

christlich-kirchlichen Denken bis<br />

dahin fremd war? Beim Studium der<br />

Bibel hatte Luther entdeckt, dass es<br />

für einen Christen nur eine unumstößliche<br />

Autorität gibt, nämlich<br />

Gott, der sich den Menschen in Jesus<br />

Christus geoffenbart hat. Wie erlangt<br />

der Christ das Ewige Leben? Allein<br />

durch Gottes Gnade. Wie entsteht<br />

nun die Gemeinschaft mit Gott?<br />

Allein durch den Glauben. Wie erfährt<br />

der Gläubige, woran er glauben<br />

soll? Allein durch das Wort Gottes,<br />

wie es in der Heiligen Schrift geschrieben<br />

steht. Das Verhältnis zwischen<br />

Gott und dem gläubigen<br />

Christen ist demnach ganz persönlich<br />

und direkt, bedarf also keiner kirchlichen<br />

Vermittlung. Luther war daher<br />

der Auffassung, dass jeder Christ ein<br />

Priester ist und Geistliche nicht näher<br />

zu Gott stehen als Laien. Demzufolge<br />

dürfen selbst Kaiser und Papst dem<br />

einzelnen Christen nicht den Glauben<br />

vorschreiben, denn Gottes Wille<br />

steht über jeder Macht auf der Welt.<br />

Hier ist der Christ keinem Staat und<br />

keiner Institution Gehorsam schuldig,<br />

denn es gibt noch eine Autorität<br />

darüber, die man nicht verraten darf.<br />

Luthers Vorstellungen von christlicher<br />

Freiheit und Priestertum aller<br />

Gläubigen haben durchaus den neuzeitlichen<br />

Vorstellungen von religiöser<br />

Toleranz den Weg geebnet, auch<br />

wenn zu bedenken ist, dass Luther

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