Download Pdf [4,98 MB] - MTU Aero Engines
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Der A319 rollt zur Startbahn. Mit rund 52<br />
Tonnen Startgewicht braucht er wegen der<br />
dünnen Luft eine doppelt so lange Bahnlänge<br />
zum Abheben wie normalerweise – fast dreieinhalb<br />
Kilometer. Aufgrund der geringen<br />
Luftdichte wird hier weniger Auftrieb erzeugt;<br />
höhere Geschwindigkeiten und wesentlich<br />
stärkere Triebwerksleistungen sind<br />
nötig, um die Maschine in die Luft zu bekommen.<br />
Ein wichtiger Bestandteil der Tests<br />
ist die Simulation von Unregelmäßigkeiten:<br />
So startet die Crew mal mit vollem Schub auf<br />
dem linken, mal auf dem rechten Triebwerk.<br />
Mehrfach wird ein Antrieb kurz vor Erreichen<br />
der Abhebegeschwindigkeit auf null zurückgefahren.<br />
Hinten in der Kabine befinden sich<br />
nur wenige Sitze, der restliche Platz ist mit<br />
tonnenschweren Testgeräten vollgestopft,<br />
die die Daten der überall angebrachten Messfühler<br />
verarbeiten. Krahe: „Das ist wie bei<br />
einem EKG.“<br />
Das Gewicht von Passagieren und Ladung<br />
wird in Testmaschinen mit fassgroßen Was-<br />
40 Reportagen<br />
V2500-Triebwerke funktionieren in dünner Höhenluft<br />
einwandfrei.<br />
sertanks simuliert, die anstelle von Sitzen<br />
eingebaut sind. Mit Umpumpen, Ablassen<br />
oder Hinzugeben von Wasser lässt sich auch<br />
kurzfristig der Schwerpunkt des Flugzeugs<br />
verlagern. Insgesamt acht Landungen schaffen<br />
die Piloten während der dreistündigen<br />
Testserie. Eine Flugstunde kostet rund zehnmal<br />
so viel wie eine Stunde im normalen<br />
Linienbetrieb. Das Verhalten der Triebwerke<br />
in dünner Höhenluft, teilweise in Kombination<br />
mit extremer Hitze, ist von großer Bedeutung.<br />
Für jeden Triebwerkstypen haben<br />
die Zulassungsbehörden eigene Tests vorgeschrieben.<br />
Nach der Kampagne in La Paz begab sich ein<br />
anderer A319 mit V2527M-A5-Triebwerken,<br />
an denen die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> beteiligt ist,<br />
auf den mit 4.330 Meter sogar noch höher<br />
gelegenen Flughafen Bangda in Tibet. Airbus-<br />
Testpilot Richard Monnoyer war hoch zufrieden:<br />
„Die Demonstrationsflüge haben die<br />
exzellente Manövrierfähigkeit des V2500getriebenen<br />
Airbus auf hochgelegenen Flughäfen<br />
demonstriert.“<br />
Die jüngste Testserie mit dem Riesen-Airbus<br />
A380 fand auf anderen Flughäfen statt. Für<br />
die Hitzeprüfung ging es an den Persischen<br />
Golf in die Arabischen Emirate. „Als wir<br />
abends in Al Ain gelandet sind, hat das Thermometer<br />
noch 42 Grad angezeigt“, sagt Flug-<br />
Hitzebeständig sind die GP7000-Antriebe eines A380.<br />
test-Ingenieur Jacky Joye. Genau richtig für<br />
den Zweck der Übung: die GP7000-Triebwerke<br />
des Riesenfliegers, an denen die <strong>MTU</strong><br />
ebenfalls beteiligt ist, auf ihre Hitzetauglichkeit<br />
zu überprüfen und sie unter extremsten<br />
Bedingungen zu testen.<br />
„Das wichtigste Manöver, das wir unter den<br />
aufmerksamen Augen der Behördenvertreter<br />
fliegen müssen, heißt „Lapse Rate Take off“,<br />
erklärt der deutsche Testpilot Wolfgang Absmeier,<br />
der zusammen mit einem englischen<br />
Kollegen 17 Flugstunden über der Wüste absolvierte.<br />
„Mit maximaler Leistung auf allen<br />
vier Antrieben heben wir ab, unmittelbar<br />
danach stellen wir zwei Triebwerke auf Leerlauf,<br />
das Fahrwerk lassen wir draußen – etwa<br />
für zehn Minuten – und ermitteln so die minimale<br />
Steiggeschwindigkeit“, beschreibt er<br />
die Testbedingungen. Entscheidend ist, dass<br />
die beiden laufenden Triebwerke den nötigen<br />
Schub liefern, ohne ihre Limits zu überschreiten.<br />
Dieselben Prozeduren durchlief der A380<br />
auch im kolumbianischen Medellin, das auf<br />
2.130 Meter über Meereshöhe liegt, sowie im<br />
äthiopischen Addis Abeba auf 2.250 Meter<br />
Höhe. Hier wurden bei jeweils rund 30 Grad<br />
„Hot and High“-Tests durchgeführt. Ein<br />
Schwerpunkt war das Verhalten des Kerosins<br />
unter Extrembedingungen. „Bei Hitze können<br />
sich Blasen bilden, die die Treibstoffpumpen<br />
leerlaufen lassen“, erläutert Wolfgang Absmeier.<br />
„Wir testen, ob die Triebwerke dann<br />
weiterlaufen und das Kerosin durch die<br />
Schwerkraft trotzdem weiter fließt.“ Eine<br />
wahrlich schweißtreibende Aufgabe für die<br />
Testpiloten, die ihnen aber niemand abnehmen<br />
kann.<br />
Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />
Ralf Breiling<br />
+49 89 1489-6636<br />
Weitere Informationen zu diesem<br />
Artikel unter:<br />
www.mtu.de/209HotandHigh<br />
<strong>MTU</strong> testet Höhe auch<br />
am Boden<br />
Bevor die „Hot and High“-Tests eines<br />
Flugzeugprototypen beginnen, müssen<br />
neu entwickelte Triebwerke bis zu<br />
3.000 Stunden auf Prüfständen am<br />
Boden absolvieren. „Bevor man Extremtests<br />
in der Realität macht, sollte<br />
man ein Triebwerk gut kennen“, erklärt<br />
Ralf Breiling, Leiter Erprobung bei der<br />
<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> in München. Durch<br />
das „Pflichtprogramm am Prüfstand“,<br />
so Breiling, lassen sich fast 80 Prozent<br />
der Flugzustände simulieren.<br />
Das GP7000 auf dem Prüfstand der <strong>MTU</strong><br />
<strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong>.<br />
Die <strong>MTU</strong> betreibt am Standort München<br />
auf vergleichsweise bescheidenen<br />
500 Metern über dem Meeresspiegel<br />
einen eigenen Prüfstand; auf<br />
einen Höhenprüfstand kann sie am<br />
Institut für Luftfahrtantriebe der Universität<br />
Stuttgart zurückgreifen. Hier<br />
lassen sich durch die Variation von<br />
Druck und Temperatur Bedingungen<br />
erzeugen, wie sie in Reiseflughöhe<br />
herrschen.<br />
Große Triebwerke, zum Beispiel das<br />
GP7000 des Mega-Airbus A380, können<br />
aus Platzgründen nicht als komplettes<br />
Triebwerk getestet werden; auf<br />
den Prüfstand kommen einzelne Komponenten.<br />
Breiling: „An den Demonstrationsflügen<br />
des neu entwickelten<br />
Triebwerks im dafür vorgesehen Flugzeug<br />
kommt man nicht vorbei. Die Behörden<br />
wollen das sehen. Realistisch<br />
kann man das Zusammenspiel der<br />
Systeme nur am Flugzeug testen.“<br />
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