Schlaglichter 2008 hier zum Download - Hochschule für Polizei
Schlaglichter 2008 hier zum Download - Hochschule für Polizei
Schlaglichter 2008 hier zum Download - Hochschule für Polizei
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gaskammer systematisch getötet. Schloss Grafeneck war die erste Vernichtungsstätte auf<br />
deutschem Boden, in der industriell gemordet wurde.<br />
4<br />
Nach diesem Blick auf die Opfer des Nationalsozialismus gab Herr Prof. Dr. Knud Eike<br />
Buchmann, langjähriger Dozent an der <strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> <strong>Polizei</strong> Villingen-Schwenningen mit<br />
seinem Vortrag "Ganz normal – und plötzlich Täter - Psychologische Reflexionen" einen Einblick<br />
in die Täterpsychologie. Er zeigte wesentliche Bereiche der Tätermotivation auf: Mangelhafte<br />
Konfliktlösungskompetenz, Angst und Schwäche, Hass, Selbsthass, Gier, Reizhunger<br />
und Befehl. Prof. Dr. Buchmann stellte in seinem Fazit auch die Frage, warum manche<br />
Menschen in bestimmten Situationen eben nicht zu Tätern werden.<br />
Zwei Täterbiografien wurden den Teilnehmern des Symposiums vorgestellt:<br />
Zum einen die Biografie des Alois Gabrysch, der im Krieg als SS-Hauptsturmführer in Maribor<br />
Kriegsverbrechen verübte und es nach dem Krieg bis <strong>zum</strong> Kriminaldirektor in Tübingen<br />
brachte. In einem Filmbeitrag wurde sein Weg vom "Täter in Uniform" <strong>zum</strong> Bundesverdienstkreuzträger<br />
dargestellt. Aufgrund öffentlichen Drucks gab Gabrysch 1998 das Bundesverdienstkreuz<br />
"freiwillig" zurück. Der Ankläger am Sondergericht und Einsatzleiter der Sicherheitspolizei<br />
und des SD in Maribor verstarb im April 2003, ohne jemals selbst angeklagt worden<br />
zu sein.<br />
Zum anderen stellte Dr. Michael Stolle, Geschäftsführer des House of Competence am<br />
Karlsruher Institut <strong>für</strong> Technologie, die Täterbiografie des Regierungsrates Hans Schnarrenberger<br />
und die Frühphase der Gestapo in Baden vor. So behaupteten badische Gestapo-<br />
Beamte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, dass sie zwar der Geheimen Staatspolizei<br />
angehört hätten, aber an den schlimmen Auswüchsen des Terrorkurses nicht beteiligt gewesen<br />
wären. Am Beispiel des zeitweiligen stellvertretenden Gestapo-Chefs in Baden Hans<br />
Schnarrenberger konnte der Referent deutlich aufzeigen, dass diese<br />
Behauptung nicht der Wahrheit entsprach.<br />
Über die Retterpsychologie referierte Dr. Eva Fogelman, Psychologin<br />
aus New York, Autorin des Buches "Wir waren keine Helden"<br />
und Beraterin <strong>für</strong> die US-amerikanische Holocaust-Gedenkstätte.<br />
Sie ging der Frage nach, weshalb bestimmte Menschen eine moralische<br />
Stärke besitzen, die sie dazu bringt, gegenüber anderen<br />
menschlich zu handeln, koste es, was es wolle. Unter den Polizisten<br />
des NS-Staates gab es nur eine verschwindend geringe Zahl solcher<br />
"Retter-Persönlichkeiten". Was befähigte sie, sich Befehlen zu<br />
widersetzen, um das Richtige zu tun? Der Vortrag von Frau Fogelman<br />
war ein engagiertes Plädoyer wider das Vergessen und <strong>für</strong><br />
mehr Humanität und Zivilcourage in einer modernen Gesellschaft.<br />
Den beiden Täterbiografien wurden zwei Retterbiografien gegenübergestellt.<br />
Michael Okroy M.A, Mitarbeiter der Begegnungsstätte<br />
Alte Synagoge in Wuppertal. stellte den Lebenslauf von Paul Kreber<br />
vor, einem <strong>Polizei</strong>beamten aus Wuppertal, der u. a. im Jahr 1943 eine siebenköpfige Familie<br />
vor der Deportation nach Auschwitz Birkenau bewahrte. Andere von der Verschleppung in<br />
das Vernichtungslager bedrohte Sinti warnte er rechtzeitig vor ihrer bevorstehenden Verhaftung.<br />
Hierbei wurde einmal mehr aufgezeigt, dass es sogar innerhalb des NS-<br />
Verfolgungsapparates Spielräume <strong>für</strong> humanes Handeln gab.<br />
Die Biografie des "tapferen Reviervorstehers" Wilhelm Krützfeld, des Retters der Neuen Synagoge<br />
in Berlin, stellte Dr. Hermann Simon, Direktor der Stiftung Neue Synagoge Berlin –<br />
Centrum Judaicum vor. Die Neue Synagoge Berlin wurde 1866 eingeweiht und blieb auch in<br />
der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nicht verschont. Außergewöhnlich, dass im<br />
Gegensatz zu allen anderen in dieser Nacht in Brand gesteckten Synagogen <strong>hier</strong> das Feuer<br />
4