SoSe_Quali Protokoll IIIa - Fachbereich Sozialwissenschaften ...
SoSe_Quali Protokoll IIIa - Fachbereich Sozialwissenschaften ...
SoSe_Quali Protokoll IIIa - Fachbereich Sozialwissenschaften ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Universität Hamburg<br />
<strong>Fachbereich</strong> <strong>Sozialwissenschaften</strong><br />
Vorlesung: <strong>Quali</strong>tative Sozialforschung<br />
Dozent: Roland Verwiebe<br />
Sommer-Semester 2005<br />
<strong>Protokoll</strong> der Vorlesung vom 03.05.05<br />
(Alexander Besch, Arzu Degirmenci, Anne Delleman, Aleksandra Hilarski,<br />
Hanne Homrighausen, Sita Kolossa, Amaly Matthies, Kirsten Reineke,<br />
Simon Wittwer)<br />
MIDDLETOWN I + II<br />
Über die Autoren:<br />
US-amerikanische Soziologen<br />
Robert Lynd (1892-1970), Helen Lynd (1886-1982)<br />
beide im US-Bundesstatt Indiana geboren<br />
1921 Heirat<br />
Robert L. studierte in Princeton, lehrte später an der Columbia<br />
University in New York, wo auch Helen L. studierte<br />
1924-1929: Helen Lynd arbeitete am Forschungsauftrag des Institute<br />
for Social and Religious Research der Rockefeller Foundation über das<br />
religiöse Leben in kleinen Städten, ihr Mann war Director dieser so<br />
genannten Middletown Studies. Beide lebten deshalb zwei Jahre am<br />
Ort ihrer Untersuchung in Munice, Indiana (sollte amerikanische<br />
Durchschnittsstadt repräsentieren)<br />
1929: Veröffentlichung von Middletown I: “Middletown: A Study in<br />
Contemporary American Culture”<br />
1934: Beginn der Arbeit an der zweiten Middletown-Studie<br />
1937: Veröffentlichung von „Middletown in Transition“<br />
Helen L. hatte von 1928-1964 eine Professur an der Faculty of Social<br />
Sciences des Sarah Lawrence College in Bronxville, New York, wo sie<br />
vor allem Philosophie und Psychologie unterrichtete; ihr Mann lehrte<br />
bis 1961 an der Columbia University<br />
Studie:<br />
Thema: gesellschaftlicher und kultureller Wandel in einer
Universität Hamburg<br />
<strong>Fachbereich</strong> <strong>Sozialwissenschaften</strong><br />
Vorlesung: <strong>Quali</strong>tative Sozialforschung<br />
Dozent: Roland Verwiebe<br />
Sommer-Semester 2005<br />
durchschnittlichen US- amerikanischen Stadt<br />
wird als eine der klassischen Studien der <strong>Quali</strong>tativen Sozialforschung<br />
angesehen<br />
Inhalte der Studien:<br />
1. Studie<br />
Totaluntersuchung der zeitgenössischen Zivilisation<br />
Wandel der christlichen Wertegemeinschaft<br />
2. Studie<br />
sozialstrukturelle Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die<br />
Gemeinschaft der Stadt<br />
Schwerpunkt auf den sozioökonomischen Stand des Individuums<br />
thematische Schwerpunkte:<br />
Erwerbsarbeit<br />
Wohnsituation<br />
Ausbildung der Jugend<br />
Freizeitaktivitäten<br />
Engagement in der Religion<br />
Engagement in Verbänden, Vereinen<br />
Methoden:<br />
Die Studien zeichnen sich besonders durch reichhaltige und kreative<br />
Materialerhebung aus z.B.:<br />
♦ teilnehmende Beobachtung<br />
♦ Dokumentenanalyse (Zeitungen, Tagebücher, ...)<br />
♦ Auswertung von Statistiken<br />
♦ Interviews<br />
♦ Methodentriangulation: Verwendung von qualitativen und
Universität Hamburg<br />
<strong>Fachbereich</strong> <strong>Sozialwissenschaften</strong><br />
Vorlesung: <strong>Quali</strong>tative Sozialforschung<br />
Dozent: Roland Verwiebe<br />
Sommer-Semester 2005<br />
Ergebnisse:<br />
1. Studie:<br />
quantitativen Methoden (retrospektiv orientiert)<br />
relativ stabile Sozialstruktur (Religion und Solidarität prägen die<br />
Gesellschaft) „middletownspirit“<br />
2. Studie:<br />
Religion als Leitkultur verliert an Bedeutung<br />
sozioökonomische Macht gewinnt an Bedeutung, starker Einfluss<br />
einzelner Familien<br />
die Ergebnisse der beiden Studien begründeten eine Reihe von<br />
Spiegelstrichdisziplinen:<br />
♦ Stadt- und Regionalforschung<br />
♦ Sozialstrukturforschung<br />
♦ Forschung zum soz. und kulturellen Wandel<br />
MARIENTHAL<br />
Über die Autoren:<br />
Maria Jahoda (1907-2001), Hans Zeisel (1905-1992), Paul Lazarsfeld<br />
(1901-1976)<br />
alle mussten infolge der NS-Machtübernahme Österreich verlassen<br />
„Fortsetzung“ der Kritischen Frankfurter Schule in den USA, va. an<br />
der Columbia University, New York<br />
erst 1995 wurde Marie Jahoda wieder nach Österreich eingeladen<br />
Studie:<br />
Die Studie wurde 1931 durchgeführt
Universität Hamburg<br />
<strong>Fachbereich</strong> <strong>Sozialwissenschaften</strong><br />
Vorlesung: <strong>Quali</strong>tative Sozialforschung<br />
Dozent: Roland Verwiebe<br />
Sommer-Semester 2005<br />
Marienthal ist ein Dorf in Österreich<br />
Zu Beginn der Studie hatte Marienthal 1400 Einwohner (zur Hälfte<br />
aus Frauen und zur anderen Hälfte aus Männern bestehend)<br />
Innerhalb kürzester Zeit gab es 75% Arbeitslose im Dorf<br />
Die Einwohner hatten plötzlich keine Aufgaben mehr, um die sie sich<br />
kümmern konnten<br />
Inhalte der Studie:<br />
sie ist die Meistzitierte zur Folgen der Massenarbeitslosigkeit. Es<br />
geht hierbei um die Problematik der Wirtschaftsdepression (Armut<br />
und Arbeitslosigkeit)<br />
Methoden:<br />
Man kannte die Studie von Middletown und bezog sich auf diese<br />
Die Methoden und Themen sind die gleichen wie bei der Middletown<br />
Studie, allerdings wurden sie durch eine ausführliche Auswertung der<br />
Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den praktizierten Lebensstil<br />
ergänzt<br />
Mit einbezogen in die Auswertung wurden:<br />
♦ Lebensgeschichten<br />
♦ Zeitverwendungsbogen<br />
♦ Schulaufsätze und Preisausschreiben<br />
♦ Pausenbrote und Abendmahle<br />
♦ Hausbesuche<br />
♦ <strong>Protokoll</strong>e über Beobachtungen<br />
♦ Gehgeschwindigkeit<br />
♦ Historische Daten<br />
Die Arbeit an der Marienthal-Studie wurde enorm gründlich<br />
durchgeführt
Universität Hamburg<br />
<strong>Fachbereich</strong> <strong>Sozialwissenschaften</strong><br />
Vorlesung: <strong>Quali</strong>tative Sozialforschung<br />
Dozent: Roland Verwiebe<br />
Sommer-Semester 2005<br />
Ergebnisse:<br />
In ein paar Wochen „verfinsterte“ sich die Atmosphäre zunehmend<br />
innerhalb der Familien soziale Krise.<br />
„Marienthal ist eine Dorfgemeinschaft ohne Hoffnung. Die Mitglieder<br />
haben ihren Lebenssinn durch die mangelnden Aufgaben verloren.“<br />
Die Arbeitslosigkeit zieht keine Umstürze nach sich, jedoch viel mehr<br />
eine lähmende Wirkung. Das Interesse an öffentlichen<br />
Angelegenheiten nimmt bei den Bewohnern stark ab.<br />
Männer reagieren auf Arbeitslosigkeit anders als Frauen. Sie lassen<br />
sich mehr hängen und verfallen dem Alkohol, manche werden sogar<br />
obdachlos. Hingegen sind Frauen noch verantwortlich für die Kinder<br />
und den Haushalt.<br />
Es entstanden 4 Haltungsgruppen als Ergebnis:<br />
(1) Ungebrochenen: Pläne und Hoffnung für die Zukunft; sie können die<br />
Familie noch versorgen; versuchen Arbeit zu finden; hohes<br />
Aktivitätsniveau<br />
(2) Resignierten: Pläne und Hoffnung für die Zukunft; Haushalt und<br />
Kinder werden nur noch mäßig versorgt<br />
(3) Verzweifelten: keine Pläne und Hoffnung für die Zukunft mehr;<br />
Haushalt gelingt nicht mehr; Depressionen; keine Suche nach<br />
Arbeit<br />
(4) Apathischen: es ist die unterste Gruppe, es geht ihnen am<br />
schlechtesten, keine Hoffnung auf Besserung, viele Bettler und<br />
Alkoholiker<br />
Mit diesen 4 Haltungsgruppen wurde eine Typisierung gebildet, die die<br />
Gruppen in Marienthal aufzeigt<br />
Verteilung der Gruppen in Prozent:<br />
(1) 23 % davon 16 % Arbeiterfamilien<br />
(2) 69 % davon 84 % Arbeiterfamilien<br />
(3) 3 % davon 11 % Arbeiterfamilien<br />
(4) 5 % davon 25 % Arbeiterfamilien<br />
Die Studie war sehr erfolgreich, da man qualitative und quantitative<br />
Methoden benutzt hat