28.09.2012 Aufrufe

Tracking Stocks

Tracking Stocks

Tracking Stocks

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Christophe Scheidegger<br />

<strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong><br />

Die Realisierbarkeit im schweizerischen Aktienrecht<br />

Zitiervorschlag: Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

ISSN 1424-7410, www.jusletter.ch, Weblaw AG, info@weblaw.ch, T +41 31 380 57 77<br />

www.jusletter.ch<br />

Das innovative Finanzierungsinstrument der <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> ist dem schweizerischen Aktienrecht<br />

unbekannt. Es verschafft einem Unternehmen die Möglichkeit, Aktien eines einzelnen<br />

Unternehmensteils herauszugeben, ohne die rechtliche Einheit des Unternehmens aufgeben<br />

zu müssen. Der vorliegende Beitrag untersucht die rechtlichen Hürden, die sich bei der Einführung<br />

von <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> nach geltendem Recht stellen.<br />

Rechtsgebiet(e): Aktienrecht


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

Inhaltsübersicht<br />

Erster Teil: Einleitung und Grundlagen<br />

§ 1 Einleitung<br />

§ 2 Grundlagen<br />

I. Eigenschaften<br />

II. Vor- und Nachteile<br />

1. Vorteile<br />

1.1. Steigerung des Unternehmenswerts<br />

1.2. Vorteile gegenüber einer rechtlichen Verselbständigung<br />

1.3. Akquisitionszahlungsmittel<br />

1.4. Mitarbeiterbeteiligung<br />

1.5. Eigenkapitalbeschaffung<br />

2. Nachteile<br />

2.1. Erhöhung der Komplexität<br />

2.2.Interessenkonflikte<br />

2.3. Haftung<br />

Zweiter Teil: Allgemeine Beurteilung der Realisierbarkeit<br />

§ 3 <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> in anderen Rechtsordnungen<br />

§ 4 Eingliederung in das schweizerische Aktienrecht<br />

I. Bestehende Instrumente<br />

II. Besondere Aktienkategorie<br />

§ 5 Privatautonomie und ihre Schranken<br />

I. Privatautonomie<br />

II. Schranken der Privatautonomie<br />

1. Grundstruktur der Aktiengesellschaft<br />

2. Gemeinsamer Zweck<br />

3. Gleichbehandlungs- und Sachlichkeitsgebot<br />

Dritter Teil: Konkrete Beurteilung der Realisierbarkeit<br />

§ 6 Einführung einer TS-Struktur<br />

I. Spartenorganisation<br />

II. Spartenrechnungslegung<br />

1. Funktionen und Grundproblem<br />

2. Spartenrechnungslegung im amerikanischen und deutschen Recht<br />

3. Spartenrechnungslegung in der Schweiz<br />

3.1. Gesetzliche Grundlage<br />

3.2. Freiwillige Einführung<br />

3.2.1. Zuständigkeiten<br />

3.2.2. Publikation<br />

3.2.3. Kontrolle<br />

III. Konkrete Einführungsmöglichkeiten<br />

1. Einführung bei der Gründung<br />

2. Einführung bei einer bestehenden Gesellschaft<br />

2.1. Generelle Beschlüsse<br />

2.2.Einführungsmöglichkeit ohne Zufluss von neuem Kapital<br />

2.2.1. Aktiensplit<br />

2.2.2. Kapitalerhöhung aus eigenen Mitteln<br />

2.2.3. Ausschüttung einer Sachdividende<br />

2.2.4. Verschmelzung mit einer Tochtergesellschaft<br />

2.3.Einführungsmöglichkeiten mit Zufluss von neuem Kapital<br />

§ 7 Die Rechtstellung der TS-Aktionäre<br />

I. Pflichten<br />

II. Vermögensrechte<br />

1. Gewinnausschüttung<br />

1.1. Allgemein<br />

1.2. Zulässigkeit einer spartenbezogenen Gewinnverteilung<br />

1.3. Beschränkung der Ausschüttung<br />

1.3.1. Rückgriff auf Reserven<br />

1.3.2. Dividendennachbezug<br />

1.3.3. Abspaltung<br />

1.3.4. Rückabwicklung<br />

1.4. Spezialfälle<br />

1.4.1. Close <strong>Tracking</strong> und loose <strong>Tracking</strong><br />

2<br />

1.4.2. Retained Interest<br />

2. Bezugsrecht<br />

2.1. Probleme eines allgemeinen Bezugsrechts<br />

2.2. Lösungsmöglichkeiten<br />

2.2.1. Kapitalerhöhung in beiden Sparten mit gekreuztem Bezugsrechtsausschluss<br />

2.2.2. Kapitalerhöhung in einer Sparte mit einseitigem Bezugsrechtsausschluss<br />

3. Anteil am Liquidationserlös<br />

3.1. Zulässigkeit eines spartenbezogenen Liquidationsanteils<br />

3.2. Gestaltungsmöglichkeiten<br />

3.2.1. Verteilung gemäss dem Spartenvermögen<br />

3.2.2. Verteilung gemäss einem Verteilschlüssel<br />

III. Stimmrechte<br />

1. Die Ausübung des Stimmrechts<br />

1.1. Gefahr von Konflikten zwischen den Aktionären<br />

1.2. Lösungsmöglichkeiten<br />

1.2.1. Sonderversammlungen<br />

1.2.2. Erschwerte Beschlussfassung<br />

1.2.3. Treuepflicht der Aktionäre<br />

2. Stimmkraft<br />

2.1. Grundproblem<br />

2.2. Amerikanische Lösung<br />

2.3. Variables Stimmrecht in der Schweiz<br />

§ 8 Die Rechtsstellung des Verwaltungsrates<br />

I. Vergleich mit konventionellem Verwaltungsrat<br />

II. Gefahr der unfairen Behandlung<br />

III. Schutzmöglichkeiten<br />

1. Amerikanisches Recht<br />

2. Schweizerisches Recht<br />

2.1. Pflichten des Verwaltungsrates<br />

2.2.Direkte Einflussnahme der Sparten<br />

2.2.1. Ernennung eines Sachverständigen<br />

2.2.2. Vertretung im Verwaltungsrat<br />

2.2.3. Verweigerung der Entlastung<br />

2.2.4. De lege ferenda: Art. 716b E-OR<br />

§ 10 Auflösung der TS-Struktur<br />

I. Amerikanisches Recht<br />

II. Schweizerisches Recht<br />

1. Umwandlung<br />

2. Spaltung<br />

3. Bedingte oder befristete Einführung<br />

Vierter Teil: Ergebnisse<br />

Literaturverzeichnis<br />

Materialienverzeichnis<br />

Erster Teil: Einleitung und Grundlagen<br />

§ 1 Einleitung<br />

[Rz 1] Der Börsenkurs eines Unternehmens kann sehr stark<br />

auf die schlechten Ergebnisse einzelner Divisionen reagieren.<br />

Die Sparte «Investment Bank» der UBS AG wies in<br />

den Jahren 2007 und 2008 zusammen einen Verlust von<br />

CHF 50'969 Mio. aus, währenddem die anderen Sparten<br />

einen Gewinn von CHF 19'812 Mio. erwirtschafteten 1 . Die<br />

1 Geschäftsbericht 2008 der UBS AG (angepasste Version vom 20. Mai<br />

2009), S. 283, 285.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

Aktionäre mussten aufgrund der schlechten Ergebnisse der<br />

Investmentbank einen Wertverlust ihrer Aktie von annähernd<br />

80 % hinnehmen. Die Wahl, ob sie sich an der Investmentbank<br />

beteiligen wollen, stand den Aktionären dagegen nicht<br />

zu 2 . Diese Entscheidungsfreiheit soll den Anlegern durch die<br />

Ausgabe von <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> (TS) ermöglicht werden.<br />

[Rz 2] <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> sind Erfindungen des US-amerikanischen<br />

Gesellschaftsrechts und dem schweizerischen Kapitalmarkt<br />

unbekannt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es<br />

daher, die Realisierbarkeit von <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> im geltenden<br />

schweizerischen Aktienrecht abzuklären. Dazu folgt auf ein<br />

Grundlagenkapitel, welches die Eigenschaften dieses Finanzierungsinstruments<br />

skizziert, eine generelle Betrachtung<br />

der Realisierbarkeit. Darauf aufbauend wird konkret auf die<br />

massgebenden Aspekte der Realisierbarkeit eingegangen.<br />

Der Umfang dieser Arbeit liess es jedoch nicht zu, dass sämtliche<br />

relevanten Rechtsgebiete hätten berücksichtigt werden<br />

können. Deshalb musste insbesondere auf eine eingehende<br />

Betrachtung des Steuer- und Börsenrechts verzichtet werden.<br />

Zudem muss für ökonomische 3 und historische 4 Aspekte<br />

auf die vorhandene Literatur verwiesen werden.<br />

§ 2 Grundlagen<br />

I. Eigenschaften<br />

[Rz 3] Der Begriff <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> wird nirgends allgemein<br />

gültig definiert 5 . Im Gegenteil: Es existiert eine Fülle von Definitionen<br />

6 und Begriffe 7 . Nachfolgend soll deshalb kurz auf die<br />

wichtigsten Eigenschaften dieses Finanzierungsinstruments<br />

eingegangen werden.<br />

[Rz 4] <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> sind Aktien, deren grundlegende<br />

Eigenschaft darin besteht, dass ihre Vermögensrechte auf<br />

einen Unternehmensteil beschränkt sind, währenddem die<br />

rechtliche Einheit des emittierenden Unternehmens unberührt<br />

bleibt 8 . Erstes Merkmal ist daher eine Einschränkung<br />

der Vermögensrechte. Die Vermögensrechte dieser Aktien<br />

werden dahingehend modifiziert, dass sie sich entweder<br />

auf eine rechtlich selbständige Tochtergesellschaft oder<br />

auf einen unselbständigen Unternehmensteil beziehen 9 . Mit<br />

2 Vgl. Kun z , Aktienrechtsrevision, N 157.<br />

3 Vgl. dazu: Ja e g e r , S. 131 ff.; na t u s c h , S. 187 ff.<br />

4 Vgl. dazu: to n n e r , S. 33 ff.; Bau e r , S. 45 ff.<br />

5 TS werden auch in der aktuellen Aktienrechtsrevision nicht erwähnt. Vgl.<br />

Kun z , Aktienrechtsrevision, N 156.<br />

6 Für eine Übersicht siehe: Bau e r , S. 31 ff.<br />

7 Grundsätzlich wird im Englischen zwischen «Alphabet Stock» oder «Letter<br />

Stock» sowie «Targeted Stock» oder «<strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>» unterschieden.<br />

Bezüglich der Unterschiede: Ja e g e r , s. 15 ff.; Log u e /se w a r d /wa L s h , s. 47;<br />

na t u s c h , 46 f. Im Deutschen werden die Begriffe «Spartenaktien», «Segmentsaktien»,<br />

«Geschäftsbereichsaktien» und «divisionalisierte Aktien»<br />

verwendet. Siehe dazu: Böc K L i , Aktienrecht, § 4 N 434; Kuh n , S. 1.<br />

8 Vgl. Fuc h s , S. 171; Bau e r , S. 33.<br />

9 Fuc h s , S. 168. Im ersten Fall spricht man von «Subsidiary Shares» und im<br />

3<br />

anderen Worten: Die Vermögensrechte der TS sind mit einem<br />

genau definierten Unternehmensteil verknüpft 10 . Das Dividendenrecht<br />

als wichtigstes Vermögensrecht hängt damit<br />

grundsätzlich nicht mehr von der Performance des Gesamtunternehmens<br />

ab, sondern vom wirtschaftlichen Erfolg oder<br />

Misserfolg einer Unternehmenssparte 11 .<br />

[Rz 5] Zweites Merkmal ist der Erhalt der rechtlichen Einheit<br />

des Unternehmens. TS stellen Eigenkapital des Gesamtunternehmens<br />

dar, mithin werden keine neuen rechtlichen Einheiten<br />

kreiert 12 . TS-Aktionäre sind damit Aktionäre des Gesamtunternehmens<br />

mit der Folge, dass sich ihr Stimmrecht<br />

auf das gesamte Unternehmen bezieht 13 . Es findet daher nur<br />

eine Generalversammlung statt, welche einen für das gesamte<br />

Unternehmen zuständigen Verwaltungsrat wählt 14 . Die<br />

Rechtsstellung der Gläubiger ist von der Einführung einer TS-<br />

Struktur nicht betroffen 15 . Ihnen stehen aufgrund der rechtlichen<br />

Einheit weiterhin sämtliche Vermögenswerte der Gesellschaft<br />

zur Deckung ihrer Forderungen zur Verfügung 16 .<br />

[Rz 6] Diese Struktur stellt damit in gewisser Weise das Spiegelbild<br />

einer Konzernstruktur dar. Der Konzern ist eine wirtschaftliche<br />

Einheit, bestehend aus rechtlich selbständigen<br />

Gesellschaften 17 . Das TS-Unternehmen wird demgegenüber<br />

durch eine spartenbezogene Rechnungslegung wirtschaftlich<br />

gespalten, währenddem es rechtlich eine Einheit bleibt 18 .<br />

[Rz 7] In der deutschen Literatur ist umstritten, wie sich die<br />

Einführung von TS auf die bestehenden Aktien auswirkt 19 .<br />

Fraglich ist, ob neben den TS noch «gewöhnliche» Aktien<br />

existieren können 20 . In dieser Frage ist grundsätzlich To n n e r<br />

zuzustimmen, der darlegt, dass neben TS keine Stammaktien<br />

mehr bestehen können 21 . Die Ausgabe von TS bewirkt<br />

nämlich, dass die bisherigen Aktien auf einen Unternehmensteil<br />

vermögensrechtlich keinen Zugriff mehr haben 22 .<br />

Mit anderen Worten: Durch die Emission von TS werden die<br />

bisherigen Aktien selbst in TS umgewandelt, weil sich deren<br />

Vermögensrechte nicht mehr auf das ganze Unternehmen<br />

zweiten von «Divisional Shares». Eine gute Übersicht bezüglich der Unterscheidung<br />

bieten: Kuh n , S. 6 ff.; to n n e r , S. 9 ff.<br />

10 Vgl. st e i n B e r g e r /ha s s , S. 525; na t u s c h , S. 47.<br />

11 Vgl. Fuc h s , S. 167; Bau m s , S. 19.<br />

12 Vgl. Fuc h s , S. 171; th i e L , S. 9; Bau m s , S. 21f; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 525.<br />

13 Vgl. Bau m s , S. 22; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 525. Nach has s , II.A.2. stellen die<br />

Sparten das gesellschaftsrechtliche Äquivalent zu Siamesischen Zwillingen<br />

dar. Verbunden durch das Stimmrecht, getrennt im Vermögensrecht.<br />

14 Vgl. Fuc h s , S. 171 f.; wu n s c h , S. 7.<br />

15 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 526.<br />

16 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 526. Vgl. im Übrigen auch: Ja e g e r , S. 14; Bau m s , S.<br />

22.<br />

17 Vgl. me i e r -ha y o z /Fo r s t m o s e r , § 24 N 36.<br />

18 Vgl. to n n e r , S. 6; na t u s c h , S. 50.<br />

19 Vgl. Kuh n , S. 9.<br />

20 Bejahend: sie g e r /ha s s e L B a c h , S. 1278; Ablehnend: to n n e r , S. 11.<br />

21 Vgl. to n n e r , S. 11 ff.<br />

22 Vgl. to n n e r , S. 13.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

beziehen 23 . Dieser Grundsatz kann allerdings durch die Beteiligung<br />

einer Sparte am Gewinn einer oder mehreren anderen<br />

Sparten (sog. «Retained Interest») relativiert werden 24 .<br />

II. Vor- und Nachteile<br />

1. Vorteile<br />

1.1. Steigerung des Unternehmenswerts<br />

[Rz 8] Eines der Hauptziele einer TS-Emission besteht darin,<br />

eine Steigerung des Unternehmenswerts (sog. «Shareholder<br />

Value») hervorzurufen, obwohl der Gesellschaft durch die<br />

blosse wirtschaftliche Spaltung keine neuen Vermögenswerte<br />

zufliessen 25 . Diese Steigerung beruht auf zwei Ursachen.<br />

Einerseits werden die Investoren quantitativ besser gestellt,<br />

da sich ihre Investitionsmöglichkeiten deutlich vergrössern.<br />

Durch die Spartenbildung stehen den Investoren nun mehrere<br />

Anlagemöglichkeiten innerhalb eines Unternehmens zur<br />

Verfügung, was ihnen erlaubt, ihre Investitionsentscheide<br />

stärker anhand ihrer spezifischen Anlagebedürfnisse und Risikoneigungen<br />

zu fällen 26 . Die Investoren werden aber auch<br />

qualitativ besser gestellt. Die Spartenrechnungslegung verschafft<br />

nämlich mehr Transparenz und erhöht damit die Informationsmenge<br />

27 . Das gesamte Unternehmen wird dadurch<br />

fairer bewertet, weil eine separate Bewertung der einzelnen<br />

Sparten zu einer Reduktion des für divisionalisierte Unternehmen<br />

typischen Bewertungsabschlags (sog. «Conglomerate<br />

Discount») führt 28 . Zusammenfassend kann gesagt werden,<br />

dass die spezifischeren Kapitalanlagemöglichkeiten,<br />

verbunden mit einer transparenteren Rechnungslegung, zu<br />

einer Erhöhung der Nachfrage und damit zu einem höheren<br />

Marktpreis führen 29 . Eine höhere Börsenkapitalisierung vermindert<br />

zudem die Chancen von feindlichen Übernahmen 30 .<br />

1.2. Vorteile gegenüber einer rechtlichen Verselbständigung<br />

[Rz 9] Die Ausgabe von TS bietet im Vergleich zur rechtlichen<br />

Verselbständigung einer Sparte erhebliche Vorteile. Erwähnenswert<br />

ist dabei etwa der Erhalt von Synergieeffekten 31<br />

sowie der Vorteil der uneingeschränkten Kontrolle über die<br />

23 Vgl. Kuh n , S. 10; to n n e r , S. 11. Zur Umwandlung siehe hinten §6/III/2.1.<br />

24 Vgl. Kuh n , s. 11. Zum Retained Interest siehe hinten §7/II/1.4.2.<br />

25 Vgl. Kuh n , S. 17; to n n e r , S. 15.<br />

26 Vgl. Fuc h s , S. 173; to n n e r , S. 17.<br />

27 Vgl. Kuh n , s. 24. Auch die Anzahl Analysten steigt. Vgl. dazu: Log u e /se-<br />

w a r d /wa L s h , s. 54 f.<br />

28 Vgl. Kuh n , S. 17 f.; Fuc h s , S. 173; wu n s c h , S. 12 f.; to n n e r , S. 16 m.w.H.<br />

29 Vgl. th i e L , S. 20.<br />

30 wu n s c h , s. 13. Allgemein zum Einsatz von TS bei Übernahmen: Kuh n , s. 32<br />

ff.<br />

31 Synergieeffekte bestehen z.B. in der zentralen Abwicklung von Verwaltungsaufgaben<br />

(Personalabteilung, Buchhaltung) oder darin, dass nur<br />

eine Generalversammlung durchgeführt und nur ein Verwaltungsrat bestellt<br />

werden muss. Vgl. wu n s c h , s. 11. Kritisch dazu: Kuh n , s. 22.<br />

4<br />

Sparte 32 . Die Einführung von TS verursacht zudem nicht die<br />

gleich hohen Restrukturierungskosten wie eine rechtliche<br />

Verselbständigung 33 . Nicht zu unterschätzen ist auch, dass<br />

nach der Einführung von TS dem Unternehmen weiterhin alle<br />

Restrukturierungsmöglichkeiten offen stehen 34 und sich die<br />

Rückabwicklung der TS-Struktur einfacher gestaltet als die<br />

Reintegration einer selbständigen Sparte 35 . Ausserdem findet<br />

auf die Sparte weiterhin das Kredit-Rating des gesamten<br />

Unternehmens Anwendung, was zu besseren Konditionen<br />

bei der Kapitalbeschaffung führt 36 . Beachtlich sind zudem<br />

die steuerlichen Vorteile. Obwohl ein ähnliches Resultat wie<br />

mit einer Unternehmensspaltung erreicht wird, muss ein TS-<br />

Emittent keine Rücksicht auf die Beschränkungen nehmen,<br />

die Art. 61 DBG 37 in Bezug auf die Auflösung von stillen Reserven<br />

festlegt.<br />

1.3. Akquisitionszahlungsmittel<br />

[Rz 10] <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> eignen sich zudem hervorragend als<br />

Akquisitionswährung 38 . Einerseits dürfte die Zustimmung der<br />

Aktionäre der Zielgesellschaft zu einem Aktientausch eher<br />

vorhanden sein, wenn ihnen TS anstelle von Stammaktien<br />

angeboten werden. Die Aktionäre können dadurch nämlich<br />

weiterhin exklusiv an ihrem Unternehmen partizipieren 39 . Andererseits<br />

wird argumentiert, dass die Übernahmeprämien<br />

geringer ausfallen, weil das Gewinnentwicklungspotenzial<br />

des Unternehmens nicht durch die anderen Sparten verwässert<br />

wird 40 .<br />

1.4. Mitarbeiterbeteiligung<br />

[Rz 11] Das TS-Modell eröffnet zudem interessante Möglichkeiten<br />

in Bezug auf die Ausgestaltung von Aktienoptionsprogrammen<br />

für Mitarbeiter. Die Tauglichkeit solcher Programme<br />

ist namentlich in diversifizierten Unternehmen fraglich, da<br />

sich der wirtschaftliche Erfolg einer Sparte nicht unbedingt im<br />

Börsenkurs des Gesamtunternehmens widerspiegelt 41 . Mit<br />

der Ausgabe von Optionen auf TS (sog. «TS-Options») kann<br />

ein Mitarbeiter dieser Sparte unmittelbar belohnt werden,<br />

wenn seine Entscheidungen positive Auswirkungen auf den<br />

Aktienkurs der Sparte haben 42 . Sinkt hingegen der Börsen-<br />

32 Insbesondere fallen keine Klagen von Minderheitsaktionären an. Vgl. th i e L ,<br />

s. 13.<br />

33 Vgl. Ja e g e r , S. 115 f.<br />

34 Ja e g e r , S. 108.<br />

35 Ja e g e r , S. 108.<br />

36 Vgl. Kuh n , S. 21 f.; Ja e g e r , S. 112 ff.<br />

37 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (SR<br />

642.11).<br />

38 Kuh n , S. 30.<br />

39 Vgl. to n n e r , S. 23; th i e L , S. 17.<br />

40 Vgl. Kuh n , S. 31; wu n s c h , S. 14 f.; has s , I.B.1.<br />

41 Vgl. Kuh n , S. 26 f.; to n n e r , S. 26.<br />

42 Vgl. to n n e r , S. 27.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

kurs, bleibt ihm die Möglichkeit der Ausübung verwehrt, auch<br />

bei einem ansonsten guten Resultat der Gesellschaft 43 .<br />

1.5. Eigenkapitalbeschaffung<br />

[Rz 12] Als letzter Punkt ist noch auf die Vorteile in Bezug<br />

auf die Eigenkapitalbeschaffung hinzuweisen 44 . In casu sind<br />

zwei Punkte erwähnenswert: Zum einen ermöglichen es TS<br />

der Gesellschaft die Eigenkapitalerhöhung in der Sparte<br />

durchzuführen, welche augenblicklich die besten Chancen<br />

auf dem Kapitalmarkt besitzt 45 . Zum anderen können TS als<br />

Sanierungsinstrument für Not leidende Sparten benutzt werden<br />

46 . Die Begründung liegt darin, dass die Risikokapitalgeber<br />

eher bereit sind Kapital aufzuwenden, wenn sie bei Erfolg<br />

der Sparte auch exklusiv beteiligt werden 47 .<br />

2. Nachteile<br />

[Rz 13] So verlockend die Vorteile auch klingen mögen, die<br />

wirtschaftliche Spaltung eines Unternehmens birgt beträchtliche<br />

Gefahren und Nachteile in sich 48 . Nachfolgend sollen<br />

drei dieser Nachteile kurz skizziert werden.<br />

2.1. Erhöhung der Komplexität<br />

[Rz 14] Die Ausgabe von TS erhöht erstens die Komplexität<br />

der Gesellschaftsstruktur 49 . Diese Komplexität führt zu<br />

einem externen Mehraufwand, der sich in einem erhöhten<br />

Erklärungsaufwand gegenüber Gläubigern und Investoren<br />

manifestiert. Hinzu kommt ein interner Mehraufwand, da für<br />

jede Sparte eine akkurate Spartenrechnungslegung erstellt<br />

werden muss.<br />

2.2. Interessenkonflikte<br />

[Rz 15] Aus der komplexeren Kapitalstruktur ergibt sich der<br />

zweite Kritikpunkt: Das Konfliktpotenzial innerhalb der Gesellschaft<br />

wird durch die Emission von TS massiv erhöht 50 .<br />

Das Grundproblem besteht nämlich darin, dass die Sparten<br />

u.U. verschiedene Interessen verfolgen 51 . Bedingt durch die<br />

unterschiedliche Interessenausrichtung, besteht unter den<br />

Aktionären, in der Unternehmensleitung 52 , ja selbst unter den<br />

Arbeitnehmern 53 , die Gefahr von Konflikten. Die unter den<br />

Vorteilen abgehandelten TS-Options 54 könnten dabei zu einer<br />

Verschärfung dieser Konflikte beitragen.<br />

43 Vgl. th i e L , S. 24.<br />

44 Weiterführendes bei Ja e g e r , s. 105 ff.<br />

45 Vgl. Kuh n , S. 29; wu n s c h , S. 15; na t u s c h , S. 72.<br />

46 Kuh n , S. 29; wu n s c h , S. 15; Bau m s , S. 20.<br />

47 Vgl. Kuh n , S. 29; wu n s c h , S. 15.<br />

48 noL t e , S. 36.<br />

49 Fuc h s , S. 176.<br />

50 Vgl. Fuc h s , S. 176; Bau m s , S. 27.<br />

51 Vgl. noL t e , S. 37; to n n e r , S. 31.<br />

52 Vgl. wu n s c h , S. 16; Bau m s , S. 27.<br />

53 Vgl. wu n s c h , S. 16.<br />

54 Siehe vorne §2/II/1.4.<br />

5<br />

2.3. Haftung<br />

[Rz 16] Abschliesend ist noch auf einen Nachteil hinzuweisen,<br />

der für die Aktionäre ein finanzielles Risiko mit sich bringt.<br />

Dadurch, dass bei der Ausgabe von TS nur eine wirtschaftliche<br />

Trennung stattfindet, das Unternehmen jedoch rechtlich<br />

weiterhin eine Einheit bildet, bleibt die Haftung gegenüber<br />

Gläubigern des Gesamtunternehmens für alle Sparten bestehen<br />

55 . Die Aktionäre einer rentablen Sparte dürfen sich<br />

damit nicht in Sicherheit wiegen, da ein extrem hoher Verlust<br />

einer anderen Sparte das ganze Unternehmen in den Konkurs<br />

führen kann. Aufgrund dessen wurde auch schon auf<br />

die Einführung von TS verzichtet 56 .<br />

Zweiter Teil: Allgemeine Beurteilung der<br />

Realisierbarkeit<br />

§ 3 <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> in anderen Rechtsord-<br />

nungen<br />

[Rz 17] Ausgangspunkt einer kurzen rechtsvergleichenden<br />

Untersuchung muss das amerikanische Recht bilden. In<br />

einer grossen Vielfalt wurden dort in den letzten 20 Jahren<br />

TS-Emissionen durchgeführt 57 . Grund dafür ist die rechtliche<br />

Gestaltungsfreiheit, welche die Gesellschaften bei der Ausgestaltung<br />

ihrer Struktur sowie der Rechtstellung der Aktionäre<br />

geniessen 58 . Gemäss § 151 (a) des Delaware General<br />

Corporation Law z.B., obliegt es dem «certificate of incorporation»,<br />

d.h. den Statuten, die Rechte der Aktionäre zu definieren<br />

59 . Dies eröffnet beliebige Gestaltungsmöglichkeiten 60 .<br />

Ein in Bezug auf TS wichtiger Ausfluss der Gestaltungsfreiheit<br />

besteht darin, dass heute die meisten Gliedstaaten auf<br />

das Erfordernis eines Mindestkapitals verzichten 61 . Dies erleichtert<br />

die Implementierung einer TS-Struktur erheblich,<br />

insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung des Stimmrechts<br />

62 . Auf der anderen Seite legt die Gestaltungsfreiheit<br />

dem Verwaltungsrat («Board of Directors») auch eine immense<br />

Machtfülle in die Hände. Die Aktionäre sind dem Willen<br />

des Verwaltungsrates fast völlig ausgeliefert 63 .<br />

[Rz 18] Anders präsentiert sich die Lage in Deutschland. Dort<br />

ist zwar die juristische Aufarbeitung des Themas sehr weit<br />

fortgeschritten, TS-Emissionen haben allerdings noch nicht<br />

55 Vgl. to n n e r , S. 31; wu n s c h , S. 19.<br />

56 Dies war bei dem US-Unternehmen RJR Nabisco der Fall. Vgl. dazu: to n -<br />

n e r , s. 32.<br />

57 Für eine Übersicht siehe: to n n e r , S. 389 ff.; th i e L , S. 319 ff.; na t u s c h , S.<br />

248 ff.<br />

58 noL t e , S. 44.<br />

59 noL t e , S. 46.<br />

60 noL t e , S. 46.<br />

61 me r K t /gö t h e L , N 320.<br />

62 Siehe hinten §7/III/2.2.<br />

63 Siehe hinten §8/III/1.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

stattgefunden. Die Zulässigkeit einer TS-Struktur wurde von<br />

Beginn an bejaht 64 und ist auch in der letzten, umfassenden<br />

Beurteilung durch Ku h n wieder bestätigt worden 65 . Das deutsche<br />

Recht lässt aber eine uneingeschränkte Übernahme<br />

des amerikanischen TS-Modells nicht zu 66 . Hauptverantwortlich<br />

ist dabei das Prinzip der aktienrechtlichen Satzungsstrenge<br />

(§ 23 Abs. 5 AktG 67 ) 68 . Danach ist eine Abweichung<br />

von der gesetzlichen Regelung nur dann zulässig, wenn das<br />

Gesetz dies ausdrücklich gestattet. Damit wird die Gestaltungsfreiheit<br />

massiv eingeschränkt und die Einführung neuer<br />

und innovativer Finanzierungsinstrumente gehemmt.<br />

[Rz 19] In Bezug auf die Länder Belgien, Niederlande, England<br />

und Frankreich untersuchte Th i e l die Zulässigkeit einer<br />

TS-Struktur 69 . Sie hat dabei festgestellt, dass keine dieser<br />

Rechtsordnungen das Institut TS ausdrücklich vorsieht, jedoch<br />

alle eine TS-Emission grundsätzlich zulassen würden.<br />

§ 4 Eingliederung in das schweizerische Akti-<br />

enrecht<br />

[Rz 20] Die Zulässigkeit von TS ist in der Schweiz noch nicht<br />

endgültig geklärt 70 . Umstritten ist insbesondere, ob die Einführung<br />

mittels Vorzugsaktien oder verschiedener Kategorien<br />

von Stammaktien geschehen soll. Nachfolgend soll daher<br />

abgeklärt werden, ob TS durch ein bestehendes Instrument<br />

eingeführt werden können oder ob es dazu eine Erweiterung<br />

des Instrumentariums bedarf.<br />

I. Bestehende Instrumente<br />

[Rz 21] Vorab ausgeschlossen werden können die Beteiligungsformen<br />

der Genuss- oder Partizipationsscheine 71 . Sowohl<br />

der Genussschein 72 als auch der Partizipationsschein 73<br />

gewähren kein Stimmrecht. Die Konsequenz daraus wäre,<br />

dass in einer TS-Gesellschaft, in der grundsätzlich nur TS<br />

vorhanden sind, kein Gesellschafter mehr ein Stimmrecht<br />

hätte.<br />

[Rz 22] Zu prüfen ist daher, ob sich die TS-Struktur mit einer<br />

der drei bekannten Aktienkategorien, Stimmrechts-,<br />

Vorzugs- oder Stammaktien, verwirklichen lässt. Die Stimmrechtsaktie<br />

verschafft dem Stimmrechtsaktionär gegenüber<br />

64 Br a u e r , S. 334.<br />

65 Vgl. Kuh n , S. 250.<br />

66 Vgl. Kuh n , S. 51.<br />

67 (Deutsches) Aktiengesetz vom 6. September 1965 in der am 31.7.2009<br />

geltenden Fassung.<br />

68 Vgl. Kuh n , S. 51; to n n e r , S. 48 f.<br />

69 Vgl. th i e L , S. 143 ff.<br />

70 Kun z , Aktienrechtsrevision, N 155.<br />

71 Gl.M. rih m , S. 49.<br />

72 Vgl. Art. 657 Abs. 2 OR (Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend<br />

die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches; SR 220) und zur<br />

Rechtsnatur: me i e r -ha y o z /Fo r s t m o s e r , § 16 N 328.<br />

73 Art. 656a Abs. 1, Art. 656c Abs. 1 OR.<br />

6<br />

dem Stammaktionär bei gleichem Kapitaleinsatz einen höheren<br />

Stimmanteil 74 . Die TS zielen jedoch nicht auf eine<br />

Verbesserung des Stimmrechts ab, sondern enthalten eine<br />

Modifikation der Vermögensrechte. Die Stimmrechtsaktie ist<br />

daher nicht das geeignete Instrument für die Realisation einer<br />

TS-Struktur.<br />

[Rz 23] Das Instrument für die Modifikation der Vermögensrechte<br />

ist die Vorzugsaktie gemäss Art. 654 ff. OR 75 . In der<br />

Tat wird die Einführung von TS mittels Vorzugsaktien in der<br />

Lehre diskutiert. Die Eignung befürworten die Autoren Büc<br />

h i 76 , Bohrer 77 , Bö c K l i 78 , Me i e r-h ay o z /Fo r s T M o s e r 79 , li eB i 80 und<br />

Vo g T/li eB i 81 . Demgegenüber verneinen Ba u e r 82 , Rihm 83 und<br />

wahrscheinlich auch Kä g i 84 die Tauglichkeit der Vorzugsaktie<br />

für die Begründung einer TS-Struktur. Nach Art. 656 Abs. 1<br />

OR geniessen die Vorzugsaktien gegenüber den Stammaktien<br />

die Vorrechte, welche ihnen in den ursprünglichen Statuten<br />

oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt<br />

werden. Laut dem Gesetzestext werden die Vorzugsaktien<br />

also gegenüber den Stammaktien privilegiert. Dies setzt<br />

aber voraus, dass in der Gesellschaft nicht privilegierte Aktien,<br />

d.h. Stammaktien, vorhanden sind. Dies ist aber in einer<br />

TS-Struktur grundsätzlich nicht gegeben 85 . Die Gesellschaft<br />

würde damit nur aus Vorzugsaktien bestehen. Eine solche<br />

Struktur liesse sich wohl mit dem bestehenden Gesetzestext<br />

nicht vereinbaren 86 . Die Vorzugsaktien sollten, entgegen<br />

der Mehrheit der Lehre, auch aufgrund ihrer Eigenschaften<br />

nicht die rechtliche Grundlage für die Ausgestaltung einer<br />

TS-Struktur bilden. Das Charakteristikum der Vorzugsaktien<br />

besteht nämlich darin, dass sie den Vorzugsaktionären einen<br />

überschiessenden Sondervorteil gewähren 87 . Die Vorrechte<br />

sind dabei als «ein Zusatzkomplex, zu einem allen Aktien<br />

gemeinsamen Rechtskomplex zu verstehen» 88 . Nach diesen<br />

Umschreibungen wird klar, dass die Vorzugsaktien grundsätzlich<br />

die gleichen Rechte wie die Stammaktien gewähren,<br />

jedoch mit einem Mehranspruch verbunden sind. Genau<br />

dies ist allerdings nicht die Idee hinter den TS. Diese gewähren<br />

gerade nicht die gleichen Rechte wie die Stammaktien,<br />

74 Vgl. Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 24 N 100.<br />

75 Vgl. Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 41 N 26.<br />

76 Vgl. Büc h i ra F F a e L , Spin-off (Diss. Bern, 2001), S. 13.<br />

77 Vgl. Boh r e r an d r e a s , Corporate Governance and Capital Market Transac-<br />

tions in Switzerland, Zürich 2005, § 14 N 910.<br />

78 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 4 N 440.<br />

79 Vgl. me i e r -ha y o z /Fo r s t m o s e r , § 16 N 272.<br />

80 Vgl. Li e B i , N 36.<br />

81 Vgl. BsK or ii-Vo g t /Li e B i , Art. 654-656 N 13.<br />

82 Vgl. Bau e r , S. 158.<br />

83 Vgl. rih m , S. 49.<br />

84 Vgl. K ä g i , S. 8.<br />

85 Siehe vorne §2/I.<br />

86 Vgl. Bau e r , S. 157; rih m , S. 49.<br />

87 Li e B i , N 184 m.w.H.<br />

88 K ä g i , S. 3.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

nämlich das Recht auf den gesamten ausschüttungsfähigen<br />

Bilanzgewinn, sondern ihre Vermögensrechte sind auf einen<br />

Teil des Unternehmens beschränkt. Nach der Konzeption<br />

von Vorzugsaktien würden die TS einen Anspruch auf den<br />

ganzen Gewinn gewähren, verbunden mit dem Vorzug auf<br />

den Spartengewinn. Dies ist nicht realisierbar. Damit kann<br />

festgehalten werden, dass Vorzugsaktien kein geeignetes<br />

Mittel für die Begründung einer TS-Struktur darstellen 89 .<br />

[Rz 24] Die letzte bekannte Aktienkategorie bildet die Stammaktie.<br />

Tatsächlich schlagen Ba u e r 90 und ri hM 91 vor, die TS-<br />

Struktur mittels der Ausgabe von verschiedenen Gattungen<br />

von Stammaktien herzustellen. Die Stammaktie wird im Gesetz<br />

nirgends definiert. Die Lehre umschreibt sie unter anderem<br />

als Aktien, die nicht mit Vorrechten ausgestattet sind 92 ,<br />

d.h. es sind reguläre Aktien mit allen Rechten und Pflichten 93 ,<br />

wobei für Stammaktionäre nichts Besonderes gilt 94 . Die TS<br />

gewähren zwar ein normales Stimmrecht, ihre Vermögensrechte<br />

sind aber auf einen Unternehmensteil beschränkt.<br />

Aufgrund dieser Beschränkung kann man weder von regulären<br />

Aktien sprechen noch von Aktionären, für die nichts Besonderes<br />

gilt. Der Begriff «Stammaktie» sollte daher für Aktien<br />

reserviert bleiben, die in keiner Weise modifiziert sind.<br />

[Rz 25] Aufgrund der speziellen Eigenschaften der TS und<br />

der Schwierigkeit, sie in eine dem schweizerischen Recht<br />

bekannte Form zu giessen, sollten TS eine eigene Aktienkategorie<br />

darstellen. Ob dies möglich ist, soll im nächsten<br />

Abschnitt diskutiert werden.<br />

II. Besondere Aktienkategorie<br />

[Rz 26] Das deutsche Recht sieht in § 11 AktG ausdrücklich<br />

die Möglichkeit vor, verschiedene Aktiengattungen zu schaffen.<br />

Danach können Aktien verschiedene Rechte gewähren,<br />

namentlich bei der Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens.<br />

Aktien mit gleichen Rechten bilden dabei<br />

eine Gattung. Nach h.L. in Deutschland stellen die TS auch<br />

eine eigene Aktiengattung dar 95 .<br />

[Rz 27] Anders ist die Rechtslage in der Schweiz. Im Obligati-<br />

89 Für weiter Gründe, insbesondere, dass bei schlechter Performance der<br />

Sparte gar kein Vorzug besteht, siehe: Bau e r , S. 157 f. Ähnlich auch K ä g i ,<br />

S. 8.<br />

90 Vgl. Bau e r , S. 163 f.<br />

91 Vgl. rih m , S. 49.<br />

92 BSK OR II-Bau d e n B a c h e r , Art. 620 N 25; Fe h L m a n n , S. 62.<br />

93 sc h n e i d e r Jü r g e n , Die Aktiengesellschaft im schweizerischen Recht, Frank-<br />

furt am Main usw. 1996,S. 21.<br />

94 guh L th e o /dr u e y Je a n ni c o L a s , § 67 N 18 in: Theo Guhl, Das Schweizerisches<br />

Obligationenrecht, bearbeitet von Alfred Koller/Anton K. Schnyder/<br />

Jean Nicolas Druey, 9. Auflage, Zürich 2000.<br />

95 Die konkrete Ausgestaltung ist jedoch umstritten. Für einen Teil der Lehre<br />

stellen TS eine eigene Aktiengattung dar: wu n s c h , S. 2; Bau m s , S. 28 f.;<br />

Br a u e r , S. 326. Der andere Teil sieht in TS weitere Gattungen von Stamm-<br />

oder Vorzugsaktien: Kuh n , S. 11 f.; Fuc h s , S. 168; th i e L , S. 256 ff.<br />

7<br />

onenrecht wird der Begriff «Aktienkategorie» nicht definiert 96 .<br />

Das Gesetz geht jedoch an mehreren Orten davon aus, dass<br />

es verschiedene Aktienkategorien gibt 97 . Grundlegend ist<br />

dabei Art. 709 Abs. 1 OR. Dieser präzisiert, welche Faktoren<br />

als kategorienbildend anerkannt werden 98 . Erfasst wird<br />

einerseits eine Differenzierung im Stimmrecht, andererseits<br />

die Modifikation der vermögensrechtlichen Ansprüche 99 . Allgemein<br />

werden Aktienkategorien durch die Verleihung verschiedener<br />

Rechte oder verschiedener Masse von Rechten<br />

geschaffen 100 . Dabei genügt die Gewährung tatsächlicher<br />

Vorteile nicht zur Begründung einer Aktienkategorie, ohne<br />

dass dadurch der Inhalt des Aktienrechts verändert wird 101 .<br />

Wichtig ist, dass die besondere Ausgestaltung ausdrücklich<br />

in den Statuten festgelegt wird und nicht kurzfristig, sondern<br />

dauerhaft ist 102 . Generell ist zu beachten, dass das Bundesgericht<br />

eine enge Auslegung des Begriffs verlangt 103 . Fraglich<br />

ist, ob TS diese Voraussetzungen zu erfüllen vermögen. Wie<br />

im vorangegangen Abschnitt herausgefunden wurde, unterscheiden<br />

sich TS erheblich von den bekannten Aktienkategorien.<br />

Ihr Vermögensrecht, also ein kategorienbegründender<br />

Faktor, wird dahingehend modifiziert, dass sich dieses Recht<br />

nur noch auf einen bestimmten Teil des Unternehmens bezieht.<br />

Damit wird nicht nur ein tatsächlicher Vorteil gewährt,<br />

sondern es wird in den Inhalt des Rechts eingegriffen. Diese<br />

Ausgestaltung wird in den Statuten festgehalten und ist<br />

grundsätzlich auch von Dauer. Selbst mit einer restriktiven<br />

Auslegung dürften TS die Rechtsstellung der TS-Aktionäre<br />

genügend stark beeinflussen, so dass diese als eigene Aktienkategorie<br />

zu betrachten sind.<br />

§ 5 Privatautonomie und ihre Schranken<br />

I. Privatautonomie<br />

[Rz 28] Das Obligationenrecht sieht <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> nicht<br />

vor. Im vorangegangenen Abschnitt wurde herausgefunden,<br />

dass TS am besten als besondere Aktienkategorie in das<br />

schweizerische Gesellschaftsrecht eingefügt werden sollten.<br />

Fraglich bleibt nun, ob eine solche Aktienkategorie de lege<br />

lata im schweizerischen Recht grundsätzlich zulässig ist.<br />

[Rz 29] Das Gesellschaftsrecht basiert, wie das Privatrecht<br />

im Allgemeinen, auf dem Prinzip der Privatautonomie 104 . Die-<br />

96 Li e B i , N 357.<br />

97 Art. 627 Ziff. 9, 630 Ziff. 1, 650 Abs. 2 Ziff. 2, 652a Abs. 1 Ziff. 2, 653b<br />

Abs. 1 Ziff. 5, 653g Abs. 1, 656f Abs. 2, 660 Abs. 3, 689e Abs. 1, 702<br />

Abs. 2 Ziff. 1, 709 Abs. 1, 745 Abs. 1 OR.<br />

98 hom B u r g e r , N 187.<br />

99 hom B u r g e r , N 187.<br />

100 Fe h L m a n n , S. 61.<br />

101 Vgl. Fe h L m a n n , S. 61.<br />

102 Li e B i , N 357; hom B u r g e r , N 187; BGE 120 II 47 E. 2c S. 51.<br />

103 Vgl. BGE 120 II 47 E. 2c S. 50.<br />

104 Vgl. duB s , 363; Kun z , Minderheitenschutz, § 6 N 172; me i e r -sc h a t z , S. 358;<br />

KoL L e r , S. 106.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

ses Prinzip stellt sicher, dass die Rechtssubjekte in allen privatrechtlichen<br />

Rechtsangelegenheiten generell frei handeln<br />

können 105 . Die Gesellschafter besitzen damit die Möglichkeit,<br />

die konkrete Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse selber zu<br />

gestalten 106 . Insbesondere sind sie nicht auf eine ausdrückliche<br />

gesetzliche Grundlage angewiesen 107 . Die Einführung einer<br />

TS-Struktur ist damit nicht von einer gesetzlichen Grundlage<br />

abhängig, sondern liegt grundsätzlich in den Händen<br />

der Aktionäre. Entspricht es dem Willen der Gesellschafter,<br />

haben diese die Möglichkeit, eine Struktur zu wählen, welche<br />

die Beschränkung der Vermögensrechte auf einen Teil des<br />

Unternehmens vorsieht. Aus der Privatautonomie lässt sich<br />

damit die generelle Zulässigkeit von TS ableiten 108 . Die Privatautonomie<br />

gilt allerdings nicht unbegrenzt, sondern muss<br />

sich gewissen Schranken beugen. Auf diese ist nachfolgend<br />

einzugehen.<br />

II. Schranken der Privatautonomie<br />

[Rz 30] Die Privatautonomie findet ihre Grenze im zwingenden<br />

Recht 109 . Die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Kategorienbildung<br />

endet nämlich dort, wo grundlegende Sätze des<br />

Aktienrechts verletzt werden 110 .<br />

1. Grundstruktur der Aktiengesellschaft<br />

[Rz 31] Fraglich ist, ob durch die Schaffung von TS die<br />

Grundstruktur einer Aktiengesellschaft dahingehend missachten<br />

wird, dass ein solcher Einführungsbeschluss gemäss<br />

Art. 706b Ziff. 3 OR nichtig wäre. Für das Aktienrecht sind<br />

die Bestellung der Organe sowie deren Kompetenzverteilung,<br />

ein Aktienkapital, das in Titel zerlegt ist, welche einen<br />

Nennwert aufweisen, und die fehlende Nachschusspflicht<br />

der Aktionäre bzw. deren begrenzte Haftung zwingend vorgeschrieben<br />

111 . Diese Punkte werden durch die Einführung<br />

einer TS-Struktur nicht tangiert. Berücksichtig man ausserdem<br />

die Zurückhaltung der Lehre und des Bundesgerichts<br />

bei der Anwendung der Nichtigkeit 112 , dürfte die Schaffung<br />

von TS kaum die Nichtigkeit evozieren 113 .<br />

2. Gemeinsamer Zweck<br />

[Rz 32] Die Grundlage einer jeden Gesellschaft bildet die gemeinsame<br />

Zweckverfolgung 114 . In einer Aktiengesellschaft mit<br />

einer TS-Struktur könnte die gemeinsame Zweckverfolgung<br />

105 Vgl. duB s , S. 363.<br />

106 Vgl. duB s , S. 363; KoL L e r , S. 115.<br />

107 Vgl. duB s , 363; me i e r -sc h a t z , S. 358.<br />

108 Gl.M. rih m , S. 49.<br />

109 Vgl. duB s , 364; Ku n z , Minderheitenschutz, § 6 N 173; KoL L e r , s. 115.<br />

110 Fe h L m a n n , S. 61.<br />

111 rih m , S. 49.<br />

112 Vgl. dazu: Böc K L i , Aktienrecht, § 16 N 157 m.w.H.<br />

113 Gleiches Ergebnis in Deutschland, wo kein Verstoss gegen das Wesen der<br />

Aktiengesellschaft gesehen wird. Vgl. dazu: Kuh n , s. 40 ff. m.w.H.<br />

114 Vgl. dazu: me i e r -ha y o z /Fo r s t m o s e r , § 1 N 65 ff.<br />

8<br />

deshalb in Frage gestellt sein, weil sich das Interesse der TS-<br />

Aktionäre primär auf den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Sparte<br />

bezieht 115 . Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Motive,<br />

d.h. die persönlichen Beweggründe der Beteiligten, vom<br />

gemeinsamen Zweck zu unterscheiden sind 116 . Die Spartenaktionäre<br />

verfolgen trotz unterschiedlicher Interessen dennoch<br />

einen gemeinsamen Zweck, nämlich denjenigen, den<br />

sie in den Statuten umschrieben haben. Dies ergibt sich aus<br />

der rechtlichen Einheit, die von der TS-Struktur unberührt<br />

bleibt 117 . Die Spartenaktionäre haben zudem neben ihren eigenen<br />

Interessen auch ein erhebliches Interesse daran, dass<br />

es den anderen Sparten und damit dem Unternehmen insgesamt<br />

gut geht 118 . Dies zum einen, weil eine gemeinsame<br />

Haftung aller Sparten bezüglich den Unternehmensschulden<br />

besteht, und zum anderen, weil keine Sparte eine Dividende<br />

erhält, wenn der Bilanzgewinn negativ ist 119 . Damit kann<br />

festgehalten werden, dass die Einführung einer TS-Struktur<br />

keinen Einfluss auf die gemeinsame Zweckverfolgung der<br />

Gesellschafter hat 120 .<br />

3. Gleichbehandlungs- und Sachlichkeitsgebot<br />

[Rz 33] Das Gleichbehandlungsprinzip stellt ein selbständiger<br />

Grundsatz des Aktienrechts dar, der in Art. 706 Abs. 2 Ziff. 3<br />

OR und in Art. 717 Abs. 2 OR kodifiziert ist 121 . Im Rahmen des<br />

Gleichbehandlungsprinzips muss zwischen der relativen und<br />

der absoluten Gleichbehandlung unterschieden werden 122 .<br />

Von der absoluten Gleichbehandlung werden die Kernbereiche<br />

der aktienrechtlichen Mitgliedschaft gemäss Art. 706b<br />

Abs. 1 und 2 OR erfasst 123 . In diesem Kernbereich ist eine<br />

Differenzierung strengstens verboten 124 . Die Vermögensrechte<br />

werden davon nicht erfasst und fallen deshalb unter die<br />

relative Gleichbehandlung 125 . Die Generalversammlung ist<br />

damit grundsätzlich befugt, die Vermögensrechte zu modifizieren<br />

126 . Die Einführung einer TS-Struktur führt in casu aber<br />

zu einer Benachteiligung der bisherigen Aktionäre, weil sich<br />

deren Vermögensrecht nicht mehr auf alle Unternehmensteile<br />

bezieht. Damit liegt eine Ungleichbehandlung vor, die nach<br />

Art. 706 Abs. 1 Ziff. 3 OR nur zulässig ist, wenn sie durch den<br />

Gesellschaftszweck gerechtfertigt werden kann 127 . Die Frage<br />

115 wu n s c h , S. 45.<br />

116 Vgl. me i e r -ha y o z /Fo r s t m o s e r , § 1 N 70; th i e L , S. 228.<br />

117 Siehe vorne §2/I.<br />

118 Vgl. wu n s c h , S. 47.<br />

119 Siehe hinten §7/II/1.3.<br />

120 Vgl. rih m , 49. Gl.M. für das deutsche Recht: wu n s c h , S. 48; th i e L , S. 228;<br />

Br a u e r , S. 327.<br />

121 Vgl. Li e B i , n 147 m.w.H.<br />

122 Vgl. dazu: hug u e n i n Ja c o B s , S. 37 ff.<br />

123 Vgl. hug u e n i n Ja c o B s , S. 69. Vgl. auch: Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 39<br />

N 71 ff.<br />

124 Vgl. hug u e n i n Ja c o B s , S. 37.<br />

125 Vgl. hug u e n i n Ja c o B s , S. 81 f.<br />

126 Vgl. hug u e n i n Ja c o B s , S. 71.<br />

127 Die h.L. versteht unter Gesellschaftszweck nicht den thematischen Zweck,


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

der Rechtfertigung kann abstrakt nicht beantwortet werden;<br />

dies kann nur durch eine konkrete Interessenabwägung geschehen<br />

128 . Verfolgt das Unternehmen jedoch das Interesse,<br />

seinen Börsenwert zu steigern oder eine Akquisition zu tätigen,<br />

ist die Einführung von TS sicher ein geeignetes Mittel,<br />

um diese legitime Ziele zu erreichen 129 . Das Bundesgericht<br />

stellt ausserdem fest, dass die ökonomischen Konsequenzen<br />

nicht für alle Aktionäre dieselben sein müssen 130 .<br />

[Rz 34] Die Einschränkung von Aktionärsrechten muss, selbst<br />

wenn das Gleichbehandlungsprinzip gewahrt bleibt 131 , dem<br />

Sachlichkeitsgebot gemäss Art. 706 Abs. 1 Ziff. 2 OR entsprechen<br />

132 . Eine abschliessende Beurteilung ist auch hier<br />

nicht möglich. Diese hängt wiederum von der konkreten Interessenabwägung<br />

ab 133 . Es kann jedoch festgestellt werden,<br />

dass die Motive, die mit der Einführung von TS verfolgt werden,<br />

grundsätzlich die Interessen der Gesellschaft verfolgen<br />

und nicht nur zur Verfolgung persönlicher Ziele dienen. Zu<br />

beachten ist auch, dass die Unternehmensübernahme und<br />

die Beteiligung der Mitarbeiter, beides mögliche Motive für<br />

die Einführung von TS, wichtige Gründe gemäss Art. 652b<br />

Abs. 2 OR darstellen. Diese Gründe legitimieren den Entzug<br />

eines Vermögensrechts und sollten daher auch sachliche<br />

Gründe für die Beschränkung von Vermögensrechten allgemein<br />

bilden.<br />

Dritter Teil: Konkrete Beurteilung der Reali-<br />

sierbarkeit<br />

§ 6 Einführung einer TS-Struktur<br />

I. Spartenorganisation<br />

[Rz 35] TS verfolgen die wirtschaftliche Entwicklung eines<br />

Unternehmensteils. Damit dies überhaupt möglich ist, muss<br />

der verfolgte Unternehmensteil genau definiert und vom restlichen<br />

Unternehmen abgegrenzt werden 134 . Dazu dient die<br />

Spartenorganisation 135 . Darunter versteht man die interne<br />

Aufteilung einer Aktiengesellschaft in weitgehend autonome<br />

Geschäftsbereiche 136 . Die Aufteilung kann dabei nach Pro-<br />

sondern die Gesellschaftsinteressen. Vgl. dazu: Li e B i , n 152 m.w.H.<br />

128 Vgl. Kun z , Minderheitenschutz, § 9 N 84.<br />

129 Für die Zurückhaltung der Gerichte bei der Beurteilung von Mehrheitsent-<br />

scheiden: Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 16 N 117.<br />

130 BGE 117 II 290 E. 6b S. 312.<br />

131 Das Verhältnis zwischen Sachlichkeitsgebot und Gleichbehandlungsprin-<br />

zip ist umstritten. Vgl. dazu: Li e B i , N 154.<br />

132 Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 39 N 87; Li e B i , N 155.<br />

133 Vgl. Kun z , Minderheitenschutz, § 9 N 80.<br />

134 Vgl. Fuc h s , S. 178.<br />

135 Für die Abgrenzung zur Funktionalorganisation siehe: noL t e , s. 182.<br />

136 Vgl. th i e L , S. 214.<br />

9<br />

dukten, Kunden oder Absatzregionen erfolgen 137 . Fraglich<br />

ist, welches Organ für die Implementierung einer Spartenorganisation<br />

zuständig ist. Die Festlegung der Organisation<br />

der Gesellschaft gehört gemäss Art. 716a Abs. 1 Ziff. 2 OR<br />

zu den Aufgaben des Verwaltungsrats. Diese Aufgabe beinhaltet<br />

zum einen die Festlegung der Spitzenorganisation 138 ,<br />

zum anderen aber auch die Festlegung der Grundstruktur<br />

des Unternehmens 139 . Ein Bestandteil der Festlegung der<br />

Grundstruktur besteht in der Organisation der Gesellschaft<br />

in funktionaler und spartenbezogener Hinsicht 140 . Der Verwaltungsrat<br />

entscheidet daher über die Einführung und den<br />

Umfang jeder Sparte 141 . Zu beachten ist, dass diese Aufgabe<br />

einerseits unübertragbar und andererseits unentziehbar<br />

ist. Damit ist weder die Delegation dieser Entscheidung an<br />

das Management noch der Entzug dieser Kompetenz durch<br />

die Generalversammlung gestattet 142 . Der Verwaltungsrat erhält<br />

damit eine immense Macht, weil er grundsätzlich alleine<br />

entscheiden kann, welche Vermögenswerte einer Sparte zukommen.<br />

Es wird zu untersuchen sein, ob es dazu ein Korrektiv<br />

gibt 143 .<br />

II. Spartenrechnungslegung<br />

1. Funktionen und Grundproblem<br />

[Rz 36] Eine Spartenrechnungslegung verfolgt grundsätzlich<br />

zwei Funktionen 144 . Zum einen übernimmt sie eine Ausschüttungsbemessungsfunktion<br />

145 . Die Spartenrechnungslegung<br />

grenzt den Spartengewinn, welcher von der konkreten Sparte<br />

erwirtschaften wurde und damit grundsätzlich nur den Spartenaktionären<br />

zusteht, vom restlichen Unternehmensgewinn<br />

ab. Damit wird die Grundlage für eine rechtmässige Dividendenausschüttung<br />

geschaffen 146 . Zum anderen übernimmt sie<br />

auch eine wichtige Rechenschafts- und Informationsfunktion<br />

147 . Die TS-Aktionäre, aber auch allfällige Investoren können<br />

sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Lage der<br />

jeweiligen Sparte machen 148 . Eine umfassende Information<br />

verkleinert zudem den Spielraum des Verwaltungsrats und<br />

reduziert damit die Gefahr einer Ungleichbehandlung 149 .<br />

137 Vgl. noL t e , S. 182.<br />

138 Vgl. dazu: Böc K L i , Kernkompetenzen, S. 24.<br />

139 Vgl. Böc K L i , Kernkompetenzen, S. 25.<br />

140 Vgl. Böc K L i , Kernkompetenzen, S. 25.<br />

141 Allgemeine Grundsätze zur Spartenbildung bei: Pr i n z /sc h ü r n e r , s. 766.<br />

142 Vgl. Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 30 N 35. Weiterführendes bei: Böc K L i ,<br />

Kernkompetenzen, S. 31 ff.<br />

143 Siehe hinten §8/III/2.<br />

144 Allgemein bezüglich den Rechnungslegungsfunktionen siehe: PF i F F n e r ,<br />

n 222 ff.<br />

145 Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 765.<br />

146 Vgl. Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 765.<br />

147 Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 765.<br />

148 Vgl. Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 765.<br />

149 Vgl. to n n e r , S. 227.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

[Rz 37] Das Grundsatzproblem der Spartenrechnungslegung<br />

besteht darin, dass sie nicht kodifiziert ist. Die meisten<br />

europäischen Länder 150 sowie die International Financial Reporting<br />

Standards (IFRS) 151 und die United States Generally<br />

Accepted Accounting Principles (US GAAP) 152 sehen zwar<br />

eine Pflicht zur sog. «Segmentsberichtserstattung» vor. Diese<br />

stellt jedoch nach h.L. kein Äquivalent zu einer Spartenrechnungslegung<br />

dar, weil sie keine Vorschriften über die<br />

Handhabung von Gemeinschaftskosten sowie -aktiva enthält<br />

und damit für die Gewinnermittlung ungeeignet ist 153 . Zudem<br />

muss die vorgeschriebene Segmentaufteilung nicht der<br />

Spartenaufteilung entsprechen 154 .<br />

2. Spartenrechnungslegung im amerikanischen und<br />

deutschen Recht<br />

[Rz 38] Im amerikanischen Recht wurden trotz fehlender<br />

gesetzlicher Spartenrechnungslegung, TS erfolgreich emittiert<br />

155 . Die praktische Umsetzung der Spartenrechungslegung<br />

erfolgte dahingehend, dass die TS-Emittenten neben<br />

dem Konzernabschluss drei separate Spartenabschlüsse<br />

(sog. «Financial Statements»), bestehend aus Bilanz, Erfolgsrechnung<br />

und Kapitalflussrechnung, für den jeweils getrackten<br />

Bereich erstellt haben und diese von unabhängigen<br />

Wirtschaftsprüfern kontrolliert liessen 156 . Die amerikanische<br />

Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission),<br />

hat diese Art der Berichterstattung geprüft und für zulässig<br />

befunden 157 . Die SEC verlangt jedoch, dass die Spartenabschlüsse<br />

immer mit dem Konzernabschluss an die Aktionäre<br />

verteilt werden und in den Spartenabschlüssen ausdrücklich<br />

darauf hingewiesen wird, dass diese nur im Zusammenhang<br />

mit dem Konzernabschluss gelesen werden dürfen 158 . Dies<br />

sei notwendig, um die Spartenaktionäre daran zu erinnern,<br />

dass sie immer noch am Gesamtunternehmen beteiligt sind<br />

und daher auch die Verluste der anderen Sparten mit zu tragen<br />

haben 159 .<br />

[Rz 39] In Deutschland wurden noch keine TS emittiert. Die<br />

Ausführungen zur Spartenrechnungslegung basieren daher<br />

auf theoretischen Überlegungen. Es wurde eingehend untersucht,<br />

ob sich eine Spartenrechnungslegung aus den bestehenden<br />

gesetzlichen Grundlagen ergibt. Sowohl die Seg-<br />

150 Vgl. th i e L , S. 191 ff.<br />

151 IFRS 8.<br />

152 Statement of Financial Accounting Standards (SFAS) 131.<br />

153 Vgl. Kuh n , s. 210 m.w.H.<br />

154 Vgl. to n n e r , S. 240.<br />

155 Vgl. to n n e r , s. 239. Für eine kurze Zusammenfassung der rechtlichen<br />

Grundlagen der amerikanischen Rechnungslegung siehe: noL t e , s. 67 ff.<br />

und th i e L , s. 78 ff.<br />

156 Vgl. to n n e r , S. 240; Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 761; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 526.<br />

157 Vgl. to n n e r , S. 240; Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 761.<br />

158 Vgl. to n n e r , s. 240 f.m.w.H. Für eine Formulierung siehe: th i e L , s. 86<br />

(FN 381).<br />

159 Vgl. noL t e , S. 80.<br />

10<br />

mentsberichtserstattung im Anhang (§ 285 Abs. 4 HGB 160 ) 161<br />

als auch die Generalklausel von § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB 162<br />

erfüllen jedoch die Anforderungen an eine Spartenrechnungslegung<br />

nicht. Ba u M s stellte aufgrund dieser fehlenden<br />

gesetzlichen Grundlage fest, dass das deutsche Recht auf<br />

Einführung von TS nicht vorbereitet sei 163 . Die notwendige<br />

Publizität könne nach ihm nicht auf der Ebene eines einzelnen<br />

Unternehmens hergestellt werden, sondern diesbezüglich<br />

sei eine Weiterentwicklung des Handelsrechts notwendig<br />

164 . Demgegenüber vertritt die h.L. die Meinung, dass eine<br />

freiwillige Spartenrechnungslegung nach amerikanischem<br />

Vorbild für die Einführung von TS ausreiche 165 . Dazu werden<br />

in der Satzung detaillierte Rechnungslegungsstandards in<br />

Bezug auf die Verteilung der Aktiven und Passiven sowie der<br />

Verrechnungspreise definiert 166 . Die nach den Satzungsbestimmungen<br />

ermittelten Spartenabschlüsse werden danach<br />

als separate Spartenabschlüsse veröffentlicht 167 . Umstritten<br />

ist, ob das deutsche Börsenrecht eine Kontrollfunktion übernehmen<br />

kann 168 .<br />

3. Spartenrechnungslegung in der Schweiz<br />

3.1. Gesetzliche Grundlage<br />

[Rz 40] Das schweizerische Obligationenrecht schweigt sich<br />

sowohl über eine Segmentsberichterstattung als auch über<br />

eine Spartenrechnungslegung aus 169 . Eine Segmentsberichterstattung<br />

sehen jedoch die Swiss GAAP FER vor. Swiss<br />

GAAP FER 30 (2009) Ziff. 42 verlangt eine Aufgliederung der<br />

Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen nach geographischen<br />

Märkten und Geschäftsbereichen. Diese Regelung<br />

entspricht damit etwa derjenigen von § 285 Abs. 4 HGB und<br />

eignet sich daher nicht für eine Spartenrechnungslegung.<br />

Eine Pflicht zur Segmentsberichterstattung ergibt sich zudem<br />

für Publikumsgesellschaften. Nach Art. 6 RLR 170 sind Gesellschaften,<br />

die im Hauptsegment kotiert sind, verpflichtet, IFRS<br />

oder US-GAAP als Rechnungslegungsstandard zu verwenden.<br />

Wie bereits festgestellt wurde, sehen diese Standards<br />

keine Spartenrechnungslegung vor. Die Ausgangslage entspricht<br />

damit etwa derjenigen in Deutschland und Amerika.<br />

160 (Deutsches) Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 in der am 31.7.2009<br />

geltenden Fassung.<br />

161 Vgl. to n n e r , s. 231 f.; Pr i n z /sc h ü r n e r , s. 762f. Für § 297 Abs.1 Satz 2 HGB<br />

siehe: Kuh n , s. 209 f.<br />

162 Vgl. Kuh n , S. 211 f.m.w.H.; Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 764.<br />

163 Vgl. Bau m s , S. 35.<br />

164 Bau m s , S. 34.<br />

165 Vgl. Kuh n , S. 214 f.; to n n e r , S. 241; th i e L , s. 285.<br />

166 Kuh n , S. 221.<br />

167 Vgl. dazu: Kuh n , S. 219 ff.<br />

168 Pro: to n n e r , s. 242 ff.; Kontra: Kuh n , s. 213 f., 220 f.<br />

169 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 8 N 437. Daran ändert auch die Aktienrechtsre-<br />

vision nichts.<br />

170 Richtlinie betreffend Rechnungslegung (RLR) vom 29. Oktober 2008 der<br />

SIX Swiss Exchange.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

Es muss somit geprüft werden, ob eine freiwillige Spartenrechnungslegung<br />

eingeführt werden könnte.<br />

3.2. Freiwillige Einführung<br />

[Rz 41] Bei der freiwilligen Einführung einer Spartenrechnungslegung<br />

stellen sich drei Grundfragen. Erstens muss<br />

untersucht werden, wer für die inhaltliche Gestaltung zuständig<br />

ist. Zweitens muss die Form der Publikation festgelegt<br />

werden und drittens ist abzuklären, wer eine solche Spartenrechnungslegung<br />

kontrolliert.<br />

3.2.1. Zuständigkeiten<br />

[Rz 42] Nach dem vermeintlich klaren Wortlaut von Art. 716a<br />

Abs. 1 Ziff. 3 OR ist die Ausgestaltung der Rechnungslegung<br />

eine Kernkompetenz des Verwaltungsrates. Die Qualifikation<br />

dieser Aufgabe als Kernkompetenz hat zur Folge, dass die<br />

GV keine Entscheidungsbefugnis besitzt. Damit wäre eine<br />

Festlegung der Spartenorganisation in den Statuten, wie<br />

es das deutsche und amerikanische Recht vorsehen, nicht<br />

möglich. Diese Meinung wird insbesondere durch Bö c K l i vertreten,<br />

welcher der Generalversammlung sämtliche Zuständigkeiten<br />

auf dem Gebiet der Rechnungslegung abspricht 171 .<br />

Dieser Ansicht widerspricht hingegen Be r T s c h i n g e r, der für<br />

eine restriktive Auslegung von Art. 716a OR eintritt 172 . Ihm<br />

folgt PF iF F n e r, der aufgrund der Rechenschaftsfunktion der<br />

Jahresrechnung sogar einen Interessenkonflikt sieht, wenn<br />

der Verwaltungsrat selbst die Regeln festlegt, nach welchen<br />

er beurteilt wird 173 . Auch die Aktienrechtsrevision geht in diese<br />

Richtung, indem sie in Art. 962 Abs. 2 E-OR vorsieht, dass<br />

die Zuständigkeit mittels Statuten auf die Generalversammlung<br />

übertragen werden kann 174 .<br />

[Rz 43] In Bezug auf die Einführung einer Spartenrechnungslegung<br />

sollte es der Generalversammlung möglich sein, auf<br />

dem Gebiet der Rechnungslegung Beschlüsse zu fassen.<br />

Dies einerseits, weil damit die Vormachtstellung des Verwaltungsrates<br />

etwas beschränkt und andererseits durch die<br />

Festlegung von mehrheitsfähigen Grundsätzen allfälligen<br />

Konflikten zwischen den Aktionären vorgebeugt werden<br />

kann. Einschränkend muss jedoch gesagt werden, dass eine<br />

detaillierte Regelung der Rechnungslegung in den Statuten<br />

nicht das Ziel sein kann. Die Statuten müssten sich auf die<br />

Festlegung von Grundsätzen beschränken 175 . Besondere<br />

Aufmerksamkeit sollte dabei der Festlegung von Grundsatzangaben<br />

in Bezug auf die Verteilung der Aktiven und Passiven<br />

und der Regelung der Transferpreise geschenkt wer-<br />

171 Böc K L i , Aktienrecht, § 12 N 34, 13 N 343.<br />

172 Be r t s c h i n g e r ur s , Ausgewählte Fragen zur Einberufung, Traktandierung<br />

und Zuständigkeit der Generalversammlung, AJP 8 (2001), S. 901 ff., S.<br />

90 ff.<br />

173 PF i F F n e r , N 273.<br />

174 Vgl. Bot s c h a F t aK t i e n r e c h t 2007, S. 1720. Siehe auch Art. 716a Abs. 1 Ziff.<br />

3 E-OR.<br />

175 A.M. to n n e r , S. 225.<br />

11<br />

den 176 . Die detaillierte Ausgestaltung dieser Grundsätze fällt<br />

demgegenüber in den Aufgabenbereich des Verwaltungsrates<br />

gemäss Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR.<br />

3.2.2. Publikation<br />

[Rz 44] In Bezug auf die Publikation der Abschlüsse jeder<br />

Sparte sollte dem amerikanischen und deutschen Recht<br />

gefolgt und für jede Sparte ein separater Geschäftsbericht<br />

veröffentlicht werden. Diese Art der Publikation ist einerseits<br />

der Eingliederung der Spartenabschlüsse in den Anhang der<br />

Konzernrechnung und andererseits der Untergliederung der<br />

einzelnen Bilanzpositionen vorzuziehen. Dies darum, weil der<br />

Anhang vorwiegend der Erläuterung und Ergänzung dient 177<br />

und eine Untergliederung der einzelnen Positionen die Übersichtlichkeit<br />

beeinträchtigt 178 . Ein separat veröffentlichter<br />

Spartenabschluss dürfte im Einklang mit den Grundsätzen<br />

von Art. 662a OR stehen. Die Möglichkeit der Beurteilung der<br />

Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft wird durch separate<br />

Publikationen der einzelnen Sparten stark verbessert.<br />

Gleich wie im amerikanischen Recht sollten jedoch die jeweiligen<br />

Spartengeschäftsberichte immer mit dem Konzernabschluss<br />

an die Aktionäre verteilt werden.<br />

3.2.3. Kontrolle<br />

[Rz 45] Da in einer TS-Gesellschaft mindestens zwei verschiedene<br />

Gruppen von Aktionären bestehen, ist eine intensive<br />

Kontrolle der Rechnungslegung unerlässliche Voraussetzung<br />

für die Vermeidung von Interessenkonflikten. Das<br />

schweizerische Aktienrecht sieht für die Kontrolle der Rechnungslegung<br />

die Revisionsstelle gemäss Art. 727 ff. OR vor.<br />

Im Zusammenhang mit TS ist insbesondere auf Art. 731a<br />

Abs. 1 OR hinzuweisen. Dieser bestimmt, dass die Statuten<br />

und die Generalversammlung die Aufgaben der Revisionsstelle<br />

erweitern können. Dies wird einerseits nötig sein, um<br />

die einzelnen Spartenabschlüsse einer Revision zu unterstellen<br />

179 . Andererseits sollten die TS-Aktionäre von dieser<br />

Möglichkeit intensiv Gebrauch machen und so z.B. die Prüfungsintensität<br />

erhöhen oder die Berichterstattungspflicht<br />

erweitern 180 . Damit wird mehr Transparenz geschaffen und<br />

der Spielraum für Ungleichbehandlungen verkleinert, was<br />

zu einer Reduktion von Konfliktsituationen führt. Weiter ist<br />

zu beachten, dass die Revisionsstelle der Revisionshaftung<br />

nach Art. 755 OR untersteht.<br />

[Rz 46] Im amerikanischen Recht wird die Rechnungslegung<br />

zudem durch die Börsenaufsicht SEC überprüft. Die Einhaltung<br />

der Rechnungslegung wird auch in der Schweiz durch<br />

die Börse kontrolliert und bei Verletzung mit Sanktionen be-<br />

176 Näheres bei: Kuh n , S. 222 ff.; Pr i n z /sc h ü r n e r , S. 762, 766 f.<br />

177 Böc K L i , Aktienrecht, § 8 N 360.<br />

178 Vgl. Kuh n , S. 218 f.<br />

179 Art. 728a Abs. 1 Ziff. 1 OR umfasst vom Wortlaut her keine<br />

Spartenabschlüsse.<br />

180 Vgl. PF i F F n e r , N 1091 ff.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

straft 181 . Geht man von der Annahme aus, dass die meisten<br />

Gesellschaften, die TS ausgeben, börsenkotiert sind, so wird<br />

die Rechnungslegung damit durch zwei voneinander unabhängigen<br />

Instanzen kontrolliert.<br />

III. Konkrete Einführungsmöglichkeiten<br />

1. Einführung bei der Gründung<br />

[Rz 47] Die Einführung von TS bei der Gründung einer Aktiengesellschaft<br />

sollte keine grösseren Schwierigkeiten bereiten<br />

182 . Wie schon festgestellt wurde, gehören die Vermögensrechte<br />

nicht zu den zwingenden Aktionärsrechten 183 .<br />

Die Gründer können damit bei der Errichtung der Gesellschaft<br />

bestimmen, dass ihr eine TS-Struktur zugrunde gelegt<br />

wird 184 . Dabei sind zwei Punkte zu beachtet: Erstens ist die<br />

Zeichnung nach Art. 630 OR nur gültig, wenn die Kategorie<br />

der Aktien angegeben wird. Die Gründer müssen daher ausdrücken,<br />

dass sie TS zeichnen. Zweitens müssen die TS in<br />

den Statuten umschrieben werden. Die Schaffung einer TS-<br />

Struktur sollte zum einen im Zweckartikel der Gesellschaft<br />

berücksichtigt werden 185 . Zum anderen sollten analog zur<br />

Schaffung von Vorzugsaktien gemäss Art. 627 Ziff. 9 OR die<br />

Rechte der TS-Aktionäre in den Statuten umschrieben werden.<br />

Zu beachten ist, dass die Festlegung der Statuten bei<br />

der Gründung einstimmig zu erfolgen hat 186 .<br />

2. Einführung bei einer bestehenden Gesellschaft<br />

[Rz 48] Die Einführung von TS bei einer bestehenden Gesellschaft<br />

ist gegenüber der Schaffung in der Gründungsphase<br />

mit erheblich grösseren Problemen belastet. Zu prüfen ist<br />

vorerst, welche Grundsatzbeschlüsse die Generalversammlung<br />

treffen muss, wenn sie die Einführung von TS erwägt.<br />

Anschliessend werden konkrete Einführungsmöglichkeiten<br />

diskutiert.<br />

2.1. Generelle Beschlüsse<br />

[Rz 49] Werden TS bei einer bestehenden Aktiengesellschaft<br />

eingeführt, so benötigt dies grundsätzlich drei generelle Beschlüsse<br />

der Generalversammlung. Die ersten beiden Beschlüsse<br />

betreffen die Statuten und sind dieselben wie bei<br />

der Einführung in der Gründungsphase. Danach muss auch<br />

bei einer bestehenden Gesellschaft der Zweckartikel angepasst<br />

und die Rechte der TS-Aktionäre in den Statuten umschrieben<br />

werden.<br />

[Rz 50] In den meisten Fällen kommt noch ein dritter Beschluss<br />

hinzu. Durch die Einführung von TS werden grundsätzlich<br />

181 Art. 49-51 und 59 ff. KR (Reglement über die Zulassung von Effekten an<br />

der SIX Swiss Exchange vom 24. Januar 1996). Allgemein dazu siehe:<br />

Böc K L i , Aktienrecht, § 7 N 32a ff.<br />

182 to n n e r , S. 247 m.w.H.<br />

183 Siehe vorne §5/II/3.<br />

184 Bezüglich der Freiheit der Gründer siehe auch: hug u e n i n Ja c o B s , s. 32 f.<br />

185 Vgl. rih m , S. 49.<br />

186 BSK OR II-sc h e n K e r , Art. 629 N 6.<br />

12<br />

sämtliche Aktien zu TS 187 . Daher müssen die bestehenden<br />

Aktien in TS umgewandelt werden 188 . Das Aktienrecht sieht<br />

die Umwandlung von Inhaber in Namenaktien und umgekehrt<br />

gemäss Art. 622 Abs. 3 OR und die Umwandlung von<br />

Stammaktien in Vorzugsaktien gemäss Art. 654 Abs. 1 OR<br />

vor 189 . In casu wird nicht eine Aktienart in eine andere, sondern<br />

es werden Aktienkategorien umgewandelt. Fraglich ist<br />

damit, ob Art. 654 Abs. 1 OR analog auf die Umwandlung<br />

von Stammaktien in <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> angewendet werden<br />

kann. Entscheidend für eine analoge Anwendung ist, dass<br />

die beiden Sachverhalte gleichwertig sind 190 . Die Gleichwertigkeit<br />

sollte in casu kein Problem darstellen, weil beide Fälle<br />

die Umwandlung einer Aktienkategorie zum Gegenstand haben.<br />

Die Umwandlung von Stammaktien in TS sollte damit<br />

grundsätzlich durch eine analoge Anwendung von Art. 654<br />

Abs. 1 OR möglich sein 191 . In diesem Zusammenhang muss<br />

noch erwähnt werden, dass das Bundesgericht es abgelehnt<br />

hat, dem Aktionär ein wohlerworbenes Recht auf die<br />

Beibehaltung der Aktienkategorie zu verschaffen 192 . Neben<br />

diesen generellen Beschlüssen sind weitere Beschlüsse nötig,<br />

je nachdem welche Art der Einführung gewählt wird. Eine<br />

Auswahl dieser Einführungsmöglichkeiten wird nachfolgend<br />

dargestellt.<br />

2.2. Einführungsmöglichkeit ohne Zufluss von neuem<br />

Kapital<br />

[Rz 51] Sollen TS nur im Rahmen der Reorganisation eingeführt<br />

werden, stehen drei Möglichkeiten im Vordergrund.<br />

2.2.1. Aktiensplit<br />

[Rz 52] Die Generalversammlung hat gemäss Art. 623 OR<br />

die Möglichkeit, ihre Aktien in solche von kleinerem Nennwert<br />

zu zerlegen, wobei das Aktienkapital unverändert bleibt.<br />

Die Herabsetzung des Nennwerts hat der Aktionär grundsätzlich<br />

hinzunehmen 193 . Damit könnte ein Untenehmen, das<br />

in zwei Sparten organisiert ist, den Nennwert halbieren und<br />

jedem Aktionär eine Aktie der Sparte A und eine der Sparte<br />

B aushändigen 194 . Dies würde einen Generalversammlungsbeschluss<br />

gemäss Art. 703 OR bedingen. Der Aktiensplit ist<br />

jedoch nicht möglich, wenn die Gesellschaft bereits den Mindestnennwert<br />

von einem Rappen gemäss Art. 622 Abs. 4 OR<br />

erreicht hat 195 .<br />

187 Siehe vorne §2/I.<br />

188 NoL t e , S. 275. Für eine automatische Umwandlung: Kuh n , s. 10.<br />

189 Vgl. dazu: BSK OR II-Vo g t /Li e B i , Art. 654-656 N 56.<br />

190 me i e r -ha y o z , Art. 1 N 347.<br />

191 Fraglich ist, ob der Umwandlungsbeschluss auch durch den VR aufgrund<br />

einer statutarischen Kompetenzbestimmung gefällt werden könnte. Vgl.<br />

Li e B i , n 348.<br />

192 BGE 120 II 47 E. 2b S. 49.<br />

193 BsK or ii-Bau d e n B a c h e r , Art. 623 N 6 (mit Hinweis auf BGE 86 II 79, E. 3 S.<br />

82).<br />

194 Für ein Beispiel siehe: wu n s c h , S. 79 f.<br />

195 Gemäss Art. 622 Abs. 4 E-OR darf der Nennwert zukünftig unter einem<br />

Rappen liegen, muss aber grösser als Null sein. Vgl. dazu Bot s c h a F t


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

2.2.2. Kapitalerhöhung aus eigenen Mitteln<br />

[Rz 53] Die Gesellschaft kann nach Art 652d Abs. 1 OR das<br />

Aktienkapital durch Umwandlung von frei verwendbarem Eigenkapital<br />

erhöhen. In einem Unternehmen mit zwei Sparten<br />

würde z.B. das bisherige Kapital der Sparte A zugewiesen,<br />

währenddem das neue Kapital der Sparte B zugute käme.<br />

Den Aktionären würden damit im Verhältnis zu ihrem bisherigen<br />

Anteil neue Aktien zugewiesen. Die Schwierigkeit dieser<br />

Variante besteht offensichtlich darin, dass die Gesellschaft<br />

genügend frei verwendbares Eigenkapital besitzen muss.<br />

2.2.3. Ausschüttung einer Sachdividende<br />

[Rz 54] Die TS-Struktur könnte auch durch die Ausschüttung<br />

einer Sachdividende eingeführt werden. Im Gegensatz<br />

zum deutschen Recht 196 sieht das schweizerische Recht die<br />

Ausschüttung einer Sachdividende jedoch nicht ausdrücklich<br />

vor 197 . Die Ausschüttung wird aber als zulässig erachtet,<br />

wenn die Gleichbehandlung gewahrt wird, die Sache bargeldnah<br />

oder leicht verwertbar sowie werthaltig ist und ein<br />

sachlicher Grund besteht 198 . Diese Voraussetzungen dürften<br />

bei der gleichmässigen Ausschüttung der TS, die leicht verwertbar<br />

und werthaltig sind, durchaus gegeben sein.<br />

2.2.4. Verschmelzung mit einer Tochtergesellschaft<br />

[Rz 55] Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass das<br />

Unternehmen, das die Einführung von TS plant, ein neues<br />

Unternehmen gründet und dort bereits eine TS-Struktur implementiert<br />

199 . Danach übernimmt diese Tochtergesellschaft<br />

die Muttergesellschaft mittels einer Absorptionsfusion 200 .<br />

Der Nachteil dieser Variante besteht im grossen rechtlichen<br />

Aufwand 201 .<br />

2.3. Einführungsmöglichkeiten mit Zufluss von neuem<br />

Kapital<br />

[Rz 56] Eine Aktiengesellschaft kann ihr Aktienkapital grundsätzlich<br />

mittels der ordentlichen 202 , der genehmigten 203 oder<br />

aK t i e n r e c h t 2007, S. 1637.<br />

196 Vgl. § 58 Abs. 5 AktG. Eingehend für das deutsche Recht: Pr i n z uL r i c h /<br />

sc h ü r n e r ca r L th o m a s , <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> und Sachdividenden - ein neues<br />

Gestaltungsinstrument für spartenbezogene Gesellschaftsrechte?, Deutsches<br />

Steuerrecht (DStR) (6) 2003, S. 181 ff.<br />

197 Allg. siehe: Pe t e r For s t m o s e r , Sachausschüttungen im Gesellschaftsrecht,<br />

in: Pe t e r Fo r s t m o s e r usw. (Hrsg.), Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag,<br />

Zürich 1989, S. 702 ff.<br />

198 Böc K L i , Aktienrecht, § 12 N 536.<br />

199 Eingehend für das deutsche Recht: to n n e r , s. 276 ff.<br />

200 Umstritten ist, ob dieser Typus der Fusion auch unter Art. 23 FusG (Bundesgesetz<br />

vom 3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und<br />

Vermögensübertragung; SR 221.301) fällt und damit von Art. 24 FusG profitieren<br />

kann. Vgl. dazu: Böc K L i , Aktienrecht, § 3 N 192a.<br />

201 Vgl. to n n e r , s. 276.<br />

202 Art. 650 OR.<br />

203 Art. 651 f. OR. Dabei ist zu beachten, dass die genehmigte Kapitalerhöhung<br />

im Entwurf durch das Kapitalband ersetzt wird. Vgl. Bot s c h a F t aK t ie<br />

n r e c h t 2007, S. 1652.<br />

13<br />

der bedingten Kapitalerhöhung 204 aufstocken 205 . Bei allen<br />

drei Varianten werden die neuen Aktien durch alte oder neue<br />

Aktionäre liberiert, wodurch der Gesellschaft zusätzliche Mittel<br />

zufliessen. Diese drei Instrumente eignen sich auch für<br />

die Einführung von TS, indem sich das Vermögensrecht der<br />

neu ausgegebenen Aktien auf eine Sparte beschränkt. Zu<br />

beachten ist, dass den bisherigen Aktionären grundsätzlich<br />

ein Bezugsrecht auf die neu ausgegebenen TS zusteht. Dieses<br />

Bezugsrecht kann jedoch unter der Voraussetzung eines<br />

wichtigen Grundes ausgeschlossen werden. Einer der<br />

wichtigsten Einführungsgründe für TS, nämlich die Unternehmensakquisition,<br />

anerkennt das Gesetz sogar ausdrücklich<br />

in Art. 652b Abs. 2 OR.<br />

§ 7 Die Rechtstellung der TS-Aktionäre<br />

I. Pflichten<br />

[Rz 57] Der Ausgangspunkt für die Beurteilung der Pflichten<br />

der TS Aktionäre bildet Art. 680 OR. Danach ist jeder<br />

Aktionär verpflichtet, den für den Bezug einer Aktie bei ihrer<br />

Ausgabe festgesetzten Betrag zu leisten. Das OR sieht dabei<br />

keine weiteren Pflichten vor 206 . Umstritten ist allerdings, ob<br />

den Aktionären durch die Statuten weitere Pflichten auferlegt<br />

werden können 207 . Vorläufig kann festgehalten werden, dass<br />

auch die TS-Aktionäre als einzige gesetzliche Pflicht der Liberierungspflicht<br />

gemäss Art. 680 Abs. 1 OR unterstehen 208 .<br />

II. Vermögensrechte<br />

1. Gewinnausschüttung<br />

1.1. Allgemein<br />

[Rz 58] Nachfolgend soll untersucht werden, inwiefern den<br />

TS-Aktionären ein Recht auf den Gewinnanteil zusteht. Im<br />

amerikanischen Recht, wo die meisten TS emittiert wurden,<br />

ist dieses Recht unterschiedlich ausgestaltet worden 209 .<br />

Dabei ist zu beachten, dass grundsätzlich der Board of Directors<br />

alleine entscheidet, ob eine Dividende an die Akti-<br />

204 Art. 653 ff. OR.<br />

205 Grundsätzlich ist die Einführung auch durch das Instrument der «Harmonika»<br />

möglich. Fraglich ist nur, ob sämtliche Aktionäre wieder ihre Aktien<br />

zeichnen. Vgl. auch sie g e r /ha s s e L B a c h , s. 1280.<br />

206 BSK OR II-Kur e r , Art. 680 N 7; me i e r -ha y o z /Fo r s t m o s e r , § 16 N 153. Demgegenüber<br />

sieht das BEHG (Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die<br />

Börsen und den Effektenhandel; SR 954.1) weitere Aktionärspflichten vor<br />

(Art. 20 und 32 BEHG).<br />

207 Z.B. Treuepflichten, Konkurrenzverbote usw. Vgl. dazu: BSK OR II-Kur e r ,<br />

Art. 680 N 9. Eindeutig ist hingegen, dass den Aktionären keine weiteren<br />

vermögensmässigen Pflichten auferlegt werden dürfen. Statt aller: Kun z ,<br />

Minderheitenschutz, § 8 N 38.<br />

208 Die Einführung einer Treuepflicht soll noch einmal unter dem Aspekt des<br />

Stimmrechts aufgegriffen werden. Siehe hinten §7/III/1.2.3.<br />

209 Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Dividendenrecht bei General<br />

Motors und US West siehe: noL t e , s. 57 ff. Für einen allg. Überblick<br />

siehe: na t u s c h , s. 258 ff., 284 ff.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

onäre ausgeschüttet wird oder nicht 210 . Bei manchen TS-<br />

Emissionen hat die Unternehmensleitung von Beginn weg<br />

definiert, dass in nächster Zukunft keine Dividenden gezahlt<br />

werden 211 ; in einem Fall haben die TS-Aktionäre überhaupt<br />

kein Recht auf eine Dividende 212 . Im Gegensatz dazu, entscheidet<br />

im schweizerischen Recht nicht der Verwaltungsrat<br />

über die Dividendenausschüttung, sondern dies stellt eine<br />

unübertragbare Befugnis der Generalversammlung dar 213 .<br />

Der jährliche Dividendenanspruch ist überdies ein absolut<br />

wohlerworbenes Aktionärsrecht, dessen vorsorglicher Entzug<br />

nichtig wäre 214 . Damit ist vorgängig festzustellen, dass<br />

den TS-Aktionären ein Dividendenrecht zusteht, über das die<br />

Generalversammlung entscheidet.<br />

1.2. Zulässigkeit einer spartenbezogenen Gewinnverteilung<br />

[Rz 59] In Deutschland bestimmt § 60 Abs. 3 AktG, dass die<br />

Satzung eine andere Art der Gewinnverteilung bestimmen<br />

kann als diejenige nach Anteilen am Grundkapital. Die h.L.<br />

nimmt diesen Absatz als Grundlage für die Änderung des<br />

Gewinnbezugsrechts 215 .<br />

[Rz 60] Nach Art. 660 Abs. 1 OR hat jeder Aktionär grundsätzlich<br />

einen Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil<br />

am Bilanzgewinn. Dieser verhältnismässige Anteil bemisst<br />

sich gemäss Art. 661 OR prinzipiell nach dem nominellen<br />

einbezahlten Aktienkapital 216 . Das Vermögensrecht der TS<br />

ist jedoch gemäss ihrer Definition auf einen Teil des Unternehmens<br />

beschränkt 217 . Daraus folgt, dass sich auch eine allfällige<br />

Dividende nur aufgrund des Gewinns, der in dem definierten<br />

Unternehmensteil erzielt wurde, bemisst. Infolge der<br />

rechtlichen Einheit des TS-Unternehmens gibt es nur einen<br />

ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn. Dieser besteht aus den<br />

konsolidierten Gewinnen der einzelnen Sparten. Fraglich ist<br />

daher, ob das schweizerische Recht die Möglichkeit vorsieht,<br />

den Dividendenanspruch dahingehend zu modifizieren, dass<br />

sich dieser nur noch auf den Gewinn eines Unternehmensteils<br />

bezieht. Ausgangspunkt einer solchen Abklärung bildet<br />

Art. 661 OR. Danach können die Statuten eine vom Nennwertprinzip<br />

abweichende Berechnungsart in den Statuten<br />

vorsehen. Damit wird ersichtlich, dass die Berechnung des<br />

Dividendenanspruchs aufgrund des Nennwerts dispositiver<br />

Natur ist 218 und für eine Aktienkategorie anders definiert werden<br />

kann 219 . Aber nicht eine Abweichung vom Nennwertprin-<br />

210 me r K t /gö t h e L , N 534.<br />

211 Bei Kmart, Seagull Energy und Genzyme. na t u s c h , s. 78.<br />

212 Bei Alaska Interstate Company. na t u s c h , s. 258.<br />

213 Art. 698 Abs. 2 Ziff. 4 OR.<br />

214 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 12 N 512 m.w.H; Kun z , Minderheitenschutz, § 1<br />

N 213.<br />

215 Vgl. Kuh n , s. 60 m.w.H.<br />

216 BSK OR II-ne u h a u s /BL ä t t L e r , Art. 660 N 12.<br />

217 Siehe vorne §2/I.<br />

218 Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 40 N 61; hug u e n i n Ja c o B s , S. 78 f.<br />

219 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 4 N 438.<br />

14<br />

zip ist entscheidend, sondern es muss die Basis der Berechnung,<br />

mithin der Bilanzgewinn, verändert werden. Für die<br />

Ausschüttung der Dividenden muss dieser wieder in Spartengewinne<br />

aufgeteilt werden. Innerhalb dieser Spartengewinne<br />

erfolgt die Verteilung nämlich wieder nach dem Nennwertprinzip.<br />

Eine solche Modifikation beinhaltet Art. 661 OR<br />

nicht. Eine Abänderung des Dividendenanspruchs könnte<br />

sich jedoch direkt auf Art. 660 Abs. 1 OR stützen. Dieser sieht<br />

vor, dass den Aktionären nur dann ein Anspruch auf einen<br />

verhältnismässigen Anteil am Bilanzgewinn zusteht, wenn<br />

der Bilanzgewinn nach dem Gesetz oder den Statuten zur<br />

Verteilung unter den Aktionären bestimmt ist. Grundsätzlich<br />

bezieht sich der Vorbehalt auf die gesetzlichen oder statutarischen<br />

Reservezuweisungsvorschriften 220 . Dem offen formulierten<br />

Wortlaut kann dagegen nicht entnommen werden,<br />

dass sich dieser Vorbehalt nur auf die Reservezuweisung beschränkt.<br />

Zudem ist anzumerken, dass die Vermögensrechte<br />

der Aktionäre grundsätzlich nicht zwingender Natur sind 221 .<br />

Eine Beschränkung der Bemessungsgrundlage sollte daher<br />

im Rahmen der Privatautonomie möglich sein. Damit könnte<br />

in den Statuten festgesetzt werden, dass die TS-Aktionäre<br />

nur in dem Umfang einen Anspruch auf den Bilanzgewinn<br />

haben, in dem ihre Sparte dazu beigetragen hat.<br />

[Rz 61] Fraglich ist, ob sich diese Statutenbestimmung auch<br />

auf Art. 660 Abs. 3 OR stützen lässt. Dies ist deshalb zu verneinen,<br />

weil Art. 660 Abs. 3 OR vorsieht, dass die in den<br />

Statuten für einzelne Kategorien von Aktien festgesetzten<br />

Vorrechte vorbehalten bleiben. Der Begriff Vorrechte bezieht<br />

sich auf die Bestimmungen über die Vorzugsaktien 222 . Da TS<br />

jedoch nicht mittels Vorzugsaktien eingeführt werden können,<br />

eignet sich Art. 660 Abs. 3 OR nicht als Grundlage für<br />

die Modifikation der Vermögensrechte. Dieser müsste wohl<br />

dahingehend geändert werden, dass er nicht mehr von Vorrechten,<br />

sondern nur noch von Rechten spricht.<br />

1.3. Beschränkung der Ausschüttung<br />

[Rz 62] In Art. 675 Abs. 2 OR wird der Grundsatz statuiert,<br />

dass Dividenden nur aus dem Bilanzgewinn oder aus dafür<br />

gebildeten Reserven ausgeschüttet werden dürfen. Dieser<br />

Grundsatz spielt im Zusammenhang mit TS eine wichtige<br />

Rolle. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Erwirtschaftet<br />

in einem Unternehmen mit zwei Sparten die eine Sparte<br />

einen Gewinn von 10 Mio., die andere jedoch einen Verlust<br />

von 20 Mio., besteht auf Unternehmensebene ein Verlust<br />

von 10 Mio. Fraglich ist, ob in dieser Situation eine Dividende<br />

an die erfolgreiche Sparte ausbezahlt werden kann. Dies<br />

muss aufgrund Art. 675 Abs. 2 OR grundsätzlich verneint<br />

werden 223 . Damit offenbart sich ein weiteres Mal ein Grund<br />

220 Vgl. BSK OR II-ne u h a u s /BL ä t t L e r , Art. 660 N 13.<br />

221 Siehe vorne §5/II/3.<br />

222 Vgl. BSK OR II-ne u h a u s /BL ä t t L e r , Art. 660 N 21.<br />

223 Gleiche Folge im deutschen Recht gemäss § 57 Abs. 3 AktG. Vgl. dazu:<br />

Kuh n , s. 63. Anders ist die Rechtslage in den USA, wo diese Beschränkung<br />

nicht besteht. Vgl. to n n e r , s. 66.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

für die angesprochene Gefahr von Aktionärskonflikten. Die<br />

Aktionäre der erfolgreichen Sparte werden nicht erfreut darüber<br />

sein, dass ihr Gewinnanspruch durch den Verlust einer<br />

anderen Sparte vernichtet wird, an der sie nicht einmal beteiligt<br />

sind. Fraglich ist, ob ein solcher Interessenkonflikt durch<br />

statutarische Regelungen vermieden werden kann, wobei<br />

festzuhalten ist, dass ein Verstoss gegen Art. 675 Abs. 2<br />

OR zur Nichtigkeit des Ausschüttungsbeschlusses führt 224 .<br />

Nachfolgend ist daher nach alternativen Möglichkeiten zu<br />

suchen, die den Grundgehalt von Art. 675 Abs. 2 OR nicht<br />

beeinträchtigen.<br />

1.3.1. Rückgriff auf Reserven<br />

[Rz 63] Gemäss Art. 675 Abs. 2 OR darf die Dividende auch<br />

aus dafür geschaffenen Reserven ausgeschüttet werden 225 .<br />

Damit kann zum einen aus den freien Reserven 226 , aber auch<br />

aus dem die Hälfte des Nennkapitals übersteigende Teil<br />

der allgemeinen gesetzlichen Reserven 227 eine Dividende<br />

entrichtet werden. Zum anderen können die Statuten gemäss<br />

Art. 672 Abs. 2 OR weitere Reserven vorsehen, deren<br />

Zweckbestimmung dabei frei festgelegt werden kann 228 . Dadurch<br />

könnten die Statuten für jede Sparte sog. «Dividendenreserven»<br />

vorsehen. Die Sparten werden verpflichtet, jedes<br />

Jahr einen gewissen Anteil des Gewinns diesen Reserven<br />

zuzuweisen und sie damit bis zu einem gewissen Betrag zu<br />

äufnen.<br />

[Rz 64] Der Rückgriff auf Reserven klingt verlockend, kann<br />

aber auch gefährlich sein. Problematisch wird dieser Rückgriff<br />

insbesondere dann, wenn er dazu missbraucht wird,<br />

eine verlustbringende Sparte mit den Reserven einer gewinnbringenden<br />

Sparte zu subventionieren 229 . Diesbezüglich<br />

würde wohl ein Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot<br />

vorliegen und ein allfälliger Generalversammlungsbeschluss<br />

wäre wohl anfechtbar.<br />

1.3.2. Dividendennachbezug<br />

[Rz 65] Die Idee hinter dem Dividendennachbezug besteht<br />

darin, dass die Aktionäre der gewinnbringenden Sparte,<br />

denen aufgrund des Verlusts einer anderen Sparte keine<br />

Dividende ausgeschüttet werden konnte, diese in einem<br />

Folgejahr erhalten 230 . Art. 656 Abs. 2 OR sieht ein solches<br />

Nachbezugsrecht für Vorzugsaktien ausdrücklich vor 231 . Eine<br />

analoge Anwendung dieses Instituts auf TS sollte aufgrund<br />

der Gleichwertigkeit der in Frage stehenden Sachverhalte<br />

möglich sein. Die Statuten haben dabei das Recht eingehend<br />

224 BSK OR II-Kur e r , Art. 675 N 28 m.w.H.<br />

225 Für eine Übersicht siehe: BSK OR II-Kur e r , Art. 675 N 16 ff.<br />

226 Vgl. BSK OR II-Kur e r , Art. 675 N 21.<br />

227 Vgl. BSK OR II-Kur e r , Art. 675 N 16.<br />

228 Vgl. BSK OR II-ne u h a u s /Ba L K a n y i , Art. 672 N 6.<br />

229 to n n e r , S. 72.<br />

230 Vgl. to n n e r , S. 67.<br />

231 Vgl. dazu: Li e B i , n 259 ff.<br />

15<br />

zu umschreiben, insbesondere bezüglich Umfang, Dauer<br />

und Rangordnung.<br />

1.3.3. Abspaltung<br />

[Rz 66] Erwirtschaftet ein Unternehmensteil dauerhaft negative<br />

Ergebnisse, können sowohl die Reserven als auch<br />

das Nachbezugsrecht keine Hilfe mehr leisten. Fraglich ist<br />

daher, ob sich die Aktionäre der erfolgreichen Sparte mittels<br />

Spaltung von der verlustbringenden Sparte trennen können.<br />

Grundsätzlich ist eine solche Trennung nach dem FusG möglich<br />

232 . Praktisch wird sie jedoch kaum durchführbar sein. Da<br />

die Aktionäre der verlustbringenden Sparte gerade keine Anteile<br />

an der übernehmenden Gesellschaft erhalten sollen, ist<br />

diese Abspaltung in der Form der asymmetrischen Spaltung<br />

nach Art. 31 Abs. 2 Lit. b FusG durchzuführen. Art. 43 Abs. 3<br />

FusG verlangt dafür die Zustimmung von mindestens 90 %<br />

aller Aktionäre der übertragenden Gesellschaft, die über ein<br />

Stimmrecht verfügen. Die Aktionäre der verlustreichen Sparte<br />

werden einem solchen Beschluss wohl kaum zustimmen.<br />

1.3.4. Rückabwicklung<br />

[Rz 67] Die Gesellschaft könnte bei der Einführung vorsehen,<br />

dass die Struktur wieder rückgängig gemacht wird, sobald<br />

eine Sparte über eine längere Zeit negative Ergebnisse produziert<br />

233 . Diese Unsicherheit dürfte sich allerdings negativ<br />

auf den Börsenkurs auswirken.<br />

1.4. Spezialfälle<br />

[Rz 68] Nachfolgend soll noch auf zwei Spezialfälle eingegangen<br />

werden, die bei der Verwirklichung der TS in den<br />

USA häufig anzutreffen sind.<br />

1.4.1. Close <strong>Tracking</strong> und loose <strong>Tracking</strong><br />

[Rz 69] Das amerikanische Recht unterscheidet zwei verschiedene<br />

Gestaltungsvarianten bei der Berechnung der Gewinnausschüttung.<br />

Beim sog. «close tracking» knüpft das Dividendenrecht<br />

ausschliesslich am Erfolg einer Sparte an 234 .<br />

Der Betrag, der an die TS-Aktionäre ausgeschüttet wird, entspricht<br />

damit dem wirklich angefallenen Spartengewinn 235 .<br />

Die Sparte wird faktisch als rechtlich selbständiges Unternehmen<br />

behandelt 236 . Der Vorteil einer solch nahen Verfolgung<br />

der Sparte liegt darin, dass das Gleichbehandlungsgebot<br />

am besten gewahrt wird und damit klare Strukturen herrschen.<br />

Der Nachteil besteht dagegen in der zeitintensiven<br />

Ermittlung der spartenbezogenen Unternehmenskennzahlen<br />

237 . Von diesem «close tracking» ist das «loose tracking»<br />

abzugrenzen. Dabei lehnt sich das Dividendenrecht nicht<br />

ausschliesslich an das tatsächliche Ergebnis einer Sparte<br />

an, sondern der Unternehmensgewinn wird kraft eines in<br />

232 Abspaltung gemäss Art. 29 Lit. b FusG.<br />

233 Vgl. to n n e r , s. 77. Zur bedingten Einführung siehe hinten §10/II/3.<br />

234 th i e L , S. 52; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 531.<br />

235 Kuh n , S. 8.<br />

236 Kuh n , S. 8; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 532.<br />

237 Kuh n , S. 8.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

den Statuten festgelegten Schlüssels verteilt 238 . Das loose<br />

tracking ermöglicht daher eine Dividendenzahlung an eine<br />

Sparte, selbst wenn diese einen Verlust erwirtschaftet hat 239 .<br />

Hinzu kommt der Vorteil, dass eine Ermittlung der spartenbezogenen<br />

Unternehmenskennzahlen nicht mehr notwendig<br />

ist. Der Nachteil dieser Variante ist offensichtlich. Entspricht<br />

der festgelegte Verteilschlüssel nicht mehr den tatsächlichen<br />

Verhältnissen, ergeben sich massive Ungleichbehandlungen,<br />

weil eine Aktiengattung bevorzugt und die andere benachteiligt<br />

wird 240 . Dies würde eine ständige Anpassung der Statuten<br />

an die jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten bedingen. In<br />

dieser Arbeit wurde bisher der Ansatz des close trackings<br />

verfolgt. Dieser ist mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot<br />

und in Bezug auf eine ordnungsgemässe Rechnungslegung<br />

sicher zu bevorzugen.<br />

1.4.2. Retained Interest<br />

[Rz 70] Das Retained Interest ist ein Instrument, um eine<br />

Sparte am Gewinn einer anderen Sparte teilhaben zu lassen<br />

241 . Diese Gestaltungsvariante dürfte die Einführung von<br />

TS erheblich vereinfachen, da der Einschnitt in die Vermögensrechte<br />

der bisherigen Aktionäre weniger stark ausfällt<br />

und diese damit eher bereit sein dürften, einem solchen Beschluss<br />

zuzustimmen. Fraglich ist die Modalität der Einführung.<br />

Im amerikanischen Recht wird das Retained Interest<br />

dadurch erreicht, dass nicht alle Aktien der neu geschaffenen<br />

Sparte ausgegeben werden 242 . Die nicht ausgegebenen Aktien<br />

werden dann einer anderen Sparte zugewiesen, wodurch<br />

diese durch die Dividenden vom Gewinn der anderen Sparte<br />

profitieren kann 243 . Ein Stimmrecht ist mit diesen zurückbehaltenen<br />

Aktien nicht verbunden 244 . Nach schweizerischem<br />

Recht stellen diese zurückbehaltenen Aktien eigene Aktien<br />

nach Art. 659 OR dar. Fraglich ist deshalb, ob im schweizerischen<br />

Recht das Retained Interest durch eigene Aktien<br />

hergestellt werden könnte. Grundsätzlich ist dies möglich,<br />

da auf den eigenen Aktien nur das Stimmrecht, nicht aber<br />

das Dividendenrecht ruht 245 . Die Dividenden könnten somit<br />

dem Gewinnpool einer anderen Sparte zugerechnet und<br />

ausgeschüttet werden. Einer solchen Konstruktion stehen<br />

jedoch zwei Hindernisse entgegen: Zum einen darf der<br />

Kauf nur aus frei verwendbarem Eigenkapital geschehen 246<br />

und es muss gleichzeitig eine Reserve in der Höhe des An-<br />

238 Kuh n , S. 8.<br />

239 st e i n B e r g e r /ha s s , s. 532. Natürlich nur im Rahmen von Art. 675 Abs. 2<br />

OR.<br />

240 Kuh n , S. 9.<br />

241 wu n s c h , S. 154.<br />

242 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 530.<br />

243 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 530.<br />

244 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 530.<br />

245 Art. 659a Abs. 1 OR. Zum Dividendenrecht: Böc K L i , Aktienrecht, § 4<br />

N 244.<br />

246 Art. 659 Abs. 1 OR.<br />

16<br />

schaffungswerts gebildet werden 247 . Zum anderen darf der<br />

Umfang der gekauften eigenen Aktien 10 % des Aktienkapitals<br />

nicht übersteigen 248 . Diese beiden Schranken dürften<br />

der Errichtung des Retained Interests mittels eigener Aktien<br />

grundsätzlich im Wege stehen 249 . Eine alternative Möglichkeit<br />

schlagen Wu n s c h 250 und Ku h n 251 vor. Sie sehen vor, dass die<br />

Vermögensrechte der jeweiligen TS nicht 100 % des Gewinnes<br />

der getrackten Sparte gewähren, sondern z.B. nur 80 %,<br />

während die anderen 20 % einer andern Sparte als Retained<br />

Interest zustehen würden 252 . Damit beteiligt sich eine TS-<br />

Gattung direkt an einer anderen und der Umweg über den<br />

Kauf eigener Aktien wird nicht benötigt. Fraglich ist, ob diese<br />

Variante, von Ku h n als «Mischbeteiligungsmodell» bezeichnet<br />

253 , auch in der Schweiz möglich ist. Wie schon festgestellt<br />

wurde, ist Art. 660 Abs. 1 OR dispositiver Natur 254 . Er erlaubt<br />

den Anspruch auf einen Teil des Bilanzgewinns einzuschränken.<br />

Es sollte daher auch möglich sein, das Gewinnrecht einer<br />

Sparte weiter einzuschränken und den frei werdenden<br />

Teil einer anderen Sparte zuzuweisen, respektive das Gewinnrecht<br />

einer anderen Sparte zu erweitern. Das Retained<br />

Interest könnte wohl über eine weitere Modifikation der Vermögensrechte<br />

auch in der Schweiz eingeführt werden.<br />

2. Bezugsrecht<br />

2.1. Probleme eines allgemeinen Bezugsrechts<br />

[Rz 71] Das Bezugsrecht nach Art. 652b OR schützt den<br />

Aktionär vor Verwässerung seines Kapital- und auch seines<br />

Mitverwaltungsanteils 255 . Gemäss Art. 652b Abs. 1 OR steht<br />

darum jedem Aktionär ein Bezugsrecht zu, wobei die Generalversammlung<br />

dieses Bezugsrecht nur, aber immerhin, aus<br />

wichtigen Gründen aufheben kann. Im Zusammenhang mit<br />

TS kann ein allgemeines Bezugsrecht allerdings zu Problemen<br />

führen.<br />

[rz 72] no lT e untersuchte die Auswirkungen einer Kapitalerhöhung<br />

mit einem allgemeinen Bezugsrecht auf die einzelnen<br />

Sparten. Er hat dabei festgestellt, dass die Aktionäre, deren<br />

Aktienkapital erhöht wird, eine erhebliche Schwächung<br />

ihres Dividendenrechts hinnehmen müssen, obwohl sie ihr<br />

Bezugsrecht ausüben können 256 . Demgegenüber werden die<br />

Aktionäre der anderen Sparten, die keine Kapitalerhöhung<br />

durchführen, wirtschaftlich besser gestellt 257 . Die Problematik<br />

verschärft sich zudem, wenn die Kapitalerhöhung in einer<br />

247 Art. 659a Abs. 2 OR.<br />

248 Art. 659 Abs. 1 OR.<br />

249 Ebenso für das deutsche Recht: Kuh n , S. 14.<br />

250 Vgl. wu n s c h , S. 156 ff.<br />

251 Vgl. Kuh n , S. 14 ff.<br />

252 Weitere Beispiele: wu n s c h , S. 156; Kuh n , S. 15.<br />

253 Kuh n , S. 11.<br />

254 Siehe vorne §7/II/1.2.<br />

255 BSK OR II-zi n d e L /is L e r , Art. 652b, N 2 m.w.H.<br />

256 Vgl. die Berechnungen bei: noL t e , s. 234.<br />

257 noL t e , S. 235.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

kleinen Sparte durchgeführt wird und eine grosse Sparte<br />

auch zum Bezug der Aktien berechtigt ist 258 . Die Ursache<br />

dieses Problems liegt in der unterschiedlichen Bezugsbasis<br />

von Bezugsrecht und Dividendenrecht 259 . Das Bezugsrecht<br />

bezieht sich auf das gesamte Aktienkapital, währenddem<br />

sich das Dividendenrecht nur auf einen bestimmten Teil des<br />

Aktienkapitals bezieht 260 . Damit wird deutlich, dass aus einem<br />

nachlassenden Anteil am Aktienkapital nicht mehr automatisch<br />

eine Schädigung des Dividendenrechts resultiert 261 .<br />

Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Anteil an der jeweiligen<br />

Aktienkategorie vermindert 262 . Auf der anderen Seite<br />

bleibt der Umfang des Stimmrechts immer derselbe 263 .<br />

[Rz 73] Die Aktionäre der betroffenen Sparte werden wohl<br />

eine solche Benachteiligung nicht unbedingt hinnehmen und<br />

deshalb einem Kapitalerhöhungsbeschluss ihre Zustimmung<br />

verweigern 264 . Nachfolgend soll daher kurz auf mögliche Lösungsvarianten<br />

eingegangen werden, um eine Blockade bei<br />

der Kapitalversorgung zu verhindern.<br />

2.2. Lösungsmöglichkeiten<br />

[Rz 74] Der Vergleich mit dem amerikanischen Recht ist in<br />

dieser Thematik nicht sehr hilfreich. Die meisten Gliedstaaten<br />

überlassen es den Statuten der Gesellschaft, ob den Aktionären<br />

ein sog. «preemptive right» zugestanden wird 265 . In<br />

den USA wurde dementsprechend in keiner TS-Gesellschaft<br />

den Aktionären ein Bezugsrecht eingeräumt 266 . Im schweizerischen<br />

Recht ist die Aufhebung oder Beschränkung des Bezugsrechts<br />

in den Statuten nicht zulässig 267 . Nachfolgend soll<br />

kurz auf zwei Möglichkeiten eingegangen werden, die das<br />

Bezugsrecht durch einen Generalversammlungsbeschluss<br />

aufheben.<br />

2.2.1. Kapitalerhöhung in beiden Sparten mit gekreuztem<br />

Bezugsrechtsausschluss<br />

[Rz 75] Diese Lösungsmöglichkeit sieht eine gleichmässige<br />

Kapitalerhöhung in beiden Sparten vor, wobei das Bezugsrecht<br />

auf die Aktien der jeweils anderen Sparte ausgeschlossen<br />

wird 268 . Ein solcher gekreuzter Bezugsrechtsausschluss<br />

wird in der deutschen Lehre allgemein und bezogen auf TS<br />

für zulässig erachtet, da kein Eingriff in die mitgliedschaftliche<br />

und vermögensrechtliche Stellung der jeweiligen Aktionäre<br />

258 noL t e , S. 234.<br />

259 noL t e , S. 235.<br />

260 Vgl. noL t e , S. 235.<br />

261 noL t e , S. 235.<br />

262 noL t e , S. 235.<br />

263 Hier stimmt die Bezugsbasis wieder mit dem Bezugsrecht überein. noL t e ,<br />

s. 235.<br />

264 Vgl. noL t e , S. 237.<br />

265 noL t e , S. 92. Weiterführend: me r K t /gö t h e L , N 488 ff.<br />

266 noL t e , S. 233.<br />

267 Vgl. BSK OR II-zi n d e L /is L e r , Art. 652b N 11 m.w.H. Gleich im deutschen<br />

Recht: noL t e , s. 239.<br />

268 Vgl. noL t e , S. 241 f.<br />

17<br />

gegeben ist 269 . Unter diesen Voraussetzungen dürfte eine<br />

solche Konstruktion auch nach schweizerischem Recht zulässig<br />

sein, insbesondere, da das Gleichbehandlungsgebot<br />

durch den beidseitigen Ausschuss nicht beeinträchtigt wird 270 .<br />

Der gekreuzte Bezugsrechtsausschluss bietet jedoch keine<br />

adäquate Lösung, wenn nur in einer Sparte Bedarf nach Kapital<br />

besteht 271 . In diesem Fall muss geprüft werden, ob die<br />

Kapitalerhöhung auch nur in einer Sparte, unter Ausschluss<br />

der anderen Kategorie, durchgeführt werden kann.<br />

2.2.2. Kapitalerhöhung in einer Sparte mit einseitigem<br />

Bezugsrechtsausschluss<br />

[Rz 76] Nehmen die Aktionäre in dieser Variante ihr Bezugsrecht<br />

wahr, so droht ihnen keine Verwässerung ihres Dividendenrechts<br />

272 . Der Nachteil dieser Variante liegt jedoch<br />

darin, dass sich eine Veränderung der Stimmenverhältnisse<br />

ergibt 273 . Dadurch, dass die Gesellschaft rechtlich eine<br />

Einheit bildet und manche Aktionäre von dem Bezug neuer<br />

Aktien ausgeschlossen werden, erhöht sich der Stimmenanteil<br />

derjenigen Aktionäre, die ihr Bezugsrecht wahrnehmen<br />

können 274 . Fraglich ist, ob unter diesen Umständen ein Bezugsrechtsausschluss<br />

möglich ist. Ein solcher ist grundsätzlich<br />

zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und durch die<br />

Aufhebung niemand in unsachlicher Weise begünstigt oder<br />

benachteiligt wird 275 .<br />

[Rz 77] Als erstes muss somit ein wichtiger Grund vorliegen.<br />

Neben den in Art. 652b Abs. 2 OR ausdrücklich genannten<br />

Gründen könnte in casu auch die flexible Finanzierung einen<br />

solchen wichtigen Grund darstellen. Da selten die Situation<br />

vorliegen wird, dass sich eine Kapitalerhöhung in beiden<br />

Sparten als sinnvoll erweist, muss die Gesellschaft die<br />

Möglichkeit haben, die Kapitalerhöhung bloss in einer Sparte<br />

durchzuführen. Eine Kapitalerhöhung ohne Ausschluss des<br />

Bezugsrechts für die andere Aktienkategorie bewirkt jedoch<br />

eine erhebliche Beeinträchtigung der Vermögensrechte der<br />

Aktionäre der emittierenden Sparte. Diese könnten damit<br />

ihre Zustimmung zu einer notwendigen Kapitalerhöhung verweigern<br />

und dadurch u.U. das Wohlergehen der Gesellschaft<br />

riskieren. Es liegt daher im Interesse der Gesellschaft, dass<br />

sie sich situationsgerecht mit Kapital versorgen kann und<br />

dient damit letztlich auch dem Schutz der Aktionäre 276 . Ob<br />

die flexible Kapitalisierung als wichtiger Grund im Sinne von<br />

Art. 652b Abs. 2 OR anerkannt wird, kann hier nicht abschliessend<br />

beurteilt werden. Es kann jedoch festgehalten werden,<br />

dass die flexible Kapitalbeschaffung sicher nicht diametral<br />

269 Vgl. Kuh n , S. 111; noL t e , S. 242; to n n e r , S. 139.<br />

270 Das Bezugsrecht wird in casu allen Aktionären auf die gleiche Weise ent-<br />

zogen. Vgl. auch: BGE 117 II 290, E.4e S. 302.<br />

271 Kuh n , S. 112; noL t e , S. 243; to n n e r , S. 139.<br />

272 Vgl. noL t e , S. 243.<br />

273 noL t e , S. 243; to n n e r , S. 140.<br />

274 Kuh n , S. 115.<br />

275 Art. 652b Abs. 2 Satz 1 und 2 OR.<br />

276 noL t e , S. 244.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

zum Interesse der Gesellschaft und damit auch den Aktionären<br />

steht.<br />

[Rz 78] Zweitens darf keine unsachliche Begünstigung oder<br />

Benachteiligung vorliegen. Verlangt wird mit dieser Voraussetzung,<br />

dass die Aktionäre gleichbehandelt werden 277 . In<br />

diesem Fall wird das Bezugsrecht nicht sämtlichen Aktionären<br />

entzogen, sondern nur der nicht emittierenden Sparte.<br />

Damit liegt grundsätzlich eine Ungleichbehandlung vor, die<br />

dazu führt, dass die ausgeschlossenen Aktionäre in Bezug<br />

auf das Stimmrecht benachteiligt werden. Es muss daher<br />

eine Interessenabwägung zwischen den beiden Aktienkategorien<br />

stattfinden 278 . Die massgeblichen Interessen dieser<br />

Abwägung sind auf der einen Seite die Beeinträchtigung der<br />

Vermögensrechte und auf der anderen Seite der Verlust der<br />

Stimmrechte. Als Hilfskriterium könnte dabei gemäss no lT e<br />

auf die Grösse der jeweiligen Aktienkategorien abgestellt<br />

werden 279 . Sind die beiden Kategorien nämlich annähernd<br />

gleich gross, rechtfertigt sich ein Bezugsrechtsausschluss<br />

der anderen Kategorie nicht 280 . Die Auswirkungen auf die<br />

Vermögensrechte sind nur minimal, dagegen wird der Stimmanteil<br />

der ausgeschlossenen Aktionäre erheblich vermindert<br />

281 . Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn eine<br />

kleine Sparte Aktien emittiert. In dieser Situation sollte der<br />

Bezugsrechtsausschluss einer grossen Sparte möglich sein,<br />

weil sich hier eine erhebliche Beeinträchtigung der Vermögensrechte<br />

einer eher geringen Verschiebung der Stimmrechtsverhältnisse<br />

gegenüber steht 282 . In dieser Konstellation<br />

ist die Stimmrechtsverschiebung hinzunehmen, um die<br />

Minderheitsaktionäre vor dem fast vollständigen Verlust ihrer<br />

wirtschaftlichen Beteiligung zu schützen 283 .<br />

[Rz 79] Zusammenfassend kann damit festgehalten werden,<br />

dass das Bezugsrecht einer Kategorie nur dann ausgeschlossen<br />

werden kann, wenn dieser Ausschluss auf einem<br />

wichtigen Grund beruht und sich die beiden Kategorien in ihrer<br />

Grösse erheblich unterscheiden und Aktien der kleineren<br />

Sparte ausgegeben werden 284 .<br />

3. Anteil am Liquidationserlös<br />

3.1. Zulässigkeit eines spartenbezogenen Liquidationsanteils<br />

[Rz 80] Die Aktionäre einer sich auflösenden Gesellschaft<br />

haben, soweit die Statuten nichts anderes vorsehen,<br />

gemäss Art. 660 Abs. 2 OR einen Anspruch auf einen<br />

277 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 2 N 289; BSK OR II-zi n d e L /is L e r , Art. 652b<br />

N 22.<br />

278 Vgl. Kun z , Minderheitenschutz, § 9 N 83.<br />

279 Vgl. noL t e , S. 246.<br />

280 noL t e , S. 246.<br />

281 Vgl. noL t e , S. 246.<br />

282 Vgl. noL t e , S. 246.<br />

283 noL t e , S. 246.<br />

284 Vgl. noL t e , S. 246.<br />

18<br />

verhältnismässigen Anteil am Ergebnis der Liquidation.<br />

Die Berechnung entspricht derjenigen des Dividendenanspruchs<br />

285 . Soll das Recht auf einen Liquidationsanteil derogiert<br />

werden, ist die Zustimmung sämtlicher Aktionäre notwendig<br />

286 . Im Zusammenhang mit TS soll dieses Recht nicht<br />

abgeschafft, sondern gleich wie das Dividendenrecht nur<br />

modifiziert werden. Da dem Gesetz die Konzeption der TS<br />

fremd ist, müssen die Statuten die notwendigen Vorkehrungen<br />

treffen. Aus Art. 660 Abs. 2 OR ergibt sich, dass die Statuten<br />

eine abweichende Regelung treffen können. Damit ist<br />

auch die Regelung bezüglich des Liquidationsanteils dispositiver<br />

Natur 287 . Somit kann statutarisch eine Verteilung nach<br />

Sparten festgehalten werden. Nachfolgend soll kurz auf die<br />

verschiedenen Möglichkeiten einer solchen Verteilung eingegangen<br />

werden.<br />

3.2. Gestaltungsmöglichkeiten<br />

3.2.1. Verteilung gemäss dem Spartenvermögen<br />

[Rz 81] In dieser Variante wird die Spartenrechnungslegung<br />

zur entscheidenden Berechnungsbasis. Der Liquidationsanteil<br />

wird in casu nämlich durch die Gegenüberstellung von<br />

Aktiven und Passiven innerhalb einer Sparte ermittelt 288 . Die<br />

TS-Aktionäre erhalten demnach nur den Liquidationserlös,<br />

der sich aus der Liquidation der Vermögenswerte ihres Unternehmensteils<br />

ergibt 289 . Ein Anspruch auf allfällige Liquidationsüberschüsse<br />

aus anderen Sparten steht ihnen nicht zu 290 .<br />

Damit wird die Illusion der wirtschaftlichen Unabhängigkeit<br />

einer Sparte auch in der Liquidation aufrechterhalten.<br />

3.2.2. Verteilung gemäss einem Verteilschlüssel<br />

[Rz 82] Die Mehrheit der amerikanischen TS-Gesellschaften<br />

gewähren den TS-Aktionären einen Liquidationsanspruch,<br />

welcher sich auf das Vermögen der Gesamtgesellschaft bezieht<br />

291 . Dabei sind zwei Berechnungsarten üblich 292 : Bei der<br />

ersten Möglichkeit wird der Liquidationsanteil einer Sparte<br />

dergestalt berechnet, dass dieser dem Verhältnis der Summe<br />

der umlaufenden Aktien dieser Sparte zu der Summe der<br />

umlaufenden Aktien insgesamt entspricht 293 . Hat die Sparte<br />

A z.B. 1 Mio. Aktien im Umlauf und die Gesellschaft insgesamt<br />

10 Mio., so hat die Sparte einen Anspruch auf 10 %<br />

des Liquidationsüberschusses der Gesellschaft. Bei der<br />

zweiten Möglichkeit wird demgegenüber auf die Börsenwerte<br />

abgestellt. Die zur Verfügung stehenden Mittel werden<br />

285 Art. 661 und 745 Abs. 1 OR. Vgl. BSK OR II-ne u h a u s /BL ä t t L e r , Art. 660<br />

N 20.<br />

286 BSK OR II-ne u h a u s /BL ä t t L e r , Art. 660 N 20.<br />

287 Vgl. Fr a n c o ma u r e r , Das Recht auf den Liquidationsanteil bei der Ak tienge-<br />

sellschaft (Diss. Bern 1951), S. 53.<br />

288 Vgl. to n n e r , S. 86.<br />

289 Vgl. Kuh n , S. 74.<br />

290 Vgl. to n n e r , S. 86.<br />

291 to n n e r , S. 84.<br />

292 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 535.<br />

293 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 535.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

im Verhältnis des Börsenwerts der eigenen Sparte zu dem<br />

Börsenwert der anderen Sparten verteilt 294 . Zur Bestimmung<br />

des Börsenwerts kann entweder auf den Zeitpunkt der Aktienausgabe,<br />

auf den durchschnittlichen Börsenwert während<br />

einer gewissen Zeitperiode oder auf den Zeitpunkt der Liquidation<br />

abgestellt werden 295 .<br />

[Rz 83] Damit wird ersichtlich, dass der Gesellschaft beliebig<br />

viele Möglichkeiten zur Verteilung des Liquidationsüberschusses<br />

offen stehen. Ein Verteilschlüssel, der sich sachlich<br />

nicht rechtfertigen lässt, dürfte aber gegen das Gleichbehandlungsgebot<br />

verstossen und damit anfechtbar werden.<br />

III. Stimmrechte<br />

[Rz 84] Das Stimmrecht dürfte bei der Ausgestaltung der TS<br />

eines der grössten Hindernisse darstellen. Im Folgenden soll<br />

auf die zwei Hauptprobleme, nämlich die Konflikte bei der<br />

Stimmausübung und die Schwierigkeiten bei der Bestimmung<br />

der Stimmkraft eingegangen werden.<br />

1. Die Ausübung des Stimmrechts<br />

1.1. Gefahr von Konflikten zwischen den Aktionären<br />

[Rz 85] In einer TS-Gesellschaft wird aufgrund der rechtlichen<br />

Einheit nur eine Generalversammlung durchgeführt 296 .<br />

Dies bedeutet, dass die wirtschaftlich selbständigen Sparten<br />

gemeinsam über die Anliegen der einzelnen Sparten abstimmen<br />

297 . Die angesprochene Konstellation birgt viel Potenzial<br />

für mögliche Konflikte zwischen den Aktionären. Dies wird<br />

umso deutlicher, wenn man den Katalog von Art. 698 Abs. 2<br />

OR betrachtet. Die Festlegung der Statuten, die Wahl des<br />

Verwaltungsrates und insbesondere der Beschluss über die<br />

Verwendung des Bilanzgewinns - allesamt Punkte, die auch<br />

in einer herkömmlichen Aktiengesellschaft umstritten sind,<br />

werden in einer TS-Struktur zu wahrlichen Minenfelder. Das<br />

Problem liegt darin, dass bei einer ungleichen Verteilung der<br />

Aktienanzahl auf die Sparten die grössere Sparte die kleinere<br />

Sparte u.U. dominieren kann. Die dominante Sparte kann<br />

z.B. ihr wohlgesinnte Verwaltungsräte bestellen, die Statuten<br />

zu ungunsten der anderen Sparte redigieren oder sogar den<br />

Gewinnverwendungsbeschluss in ihrem Sinne fällen. Besteht<br />

für beide Sparten die gleiche Anzahl Aktien, so kann<br />

zwar keine Sparte dominieren 298 , jedoch besteht die Gefahr,<br />

dass die Gesellschaft durch die Pattsituation gelähmt wird.<br />

Es müssen daher gewisse Vorkehrungen getroffen werden,<br />

damit solche Ungleichbehandlungen oder die angesprochene<br />

Pattsituation möglichst verhindert werden kann.<br />

294 Kuh n , S. 74; to n n e r , S. 85; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 535.<br />

295 Kuh n , S. 75 f.<br />

296 to n n e r , S. 91.<br />

297 to n n e r , S. 91.<br />

298 Mit Ausnahme der Situation, dass die Aktionäre einer Sparte nicht an der<br />

Generalversammlung teilnehmen und diese Sparte damit ständig untervertreten<br />

ist.<br />

19<br />

1.2. Lösungsmöglichkeiten<br />

[Rz 86] Im amerikanischen Recht kann das Stimmrecht einzelner<br />

Klassen entzogen werden, solange mindestens eine<br />

Klasse von Aktien stimmberechtigt bleibt 299 . Im schweizerischen<br />

Recht dürfen die Statuten gemäss Art. 692 Abs. 2<br />

Satz 2 OR die Stimmenzahl der Besitzer mehrerer Aktien<br />

beschränken, jedem Aktionär steht jedoch mindestens eine<br />

Stimme zu 300 . Der Entzug dieses Mindeststimmrechts ist<br />

nach Art. 706b Ziff. 1 OR nichtig.<br />

1.2.1. Sonderversammlungen<br />

[Rz 87] Eine dieser Lösungsmöglichkeiten könnte die Einführung<br />

von Sonderversammlungen sein. Die Sonderversammlung<br />

ist das zentrale Institut, welches das Gesetz zum Schutz<br />

der verschiedenen Kategorien von Aktionären vorsieht 301 .<br />

Kodifiziert ist die Sonderversammlung in Art. 654 Abs. 2<br />

OR für die Vorzugsaktien und in Art. 656f Abs. 4 OR für die<br />

Partizipationsscheine. Die Sonderversammlung stellt dabei<br />

ein separates Beschlussgremium dar, das mit selbständiger<br />

Beschlussfassungskompetenz ausgestattet ist 302 . Der Beschluss<br />

einer solchen Sonderversammlung bildet jedoch nur<br />

eine notwendige Bedingung für die Gültigkeit eines damit zusammenhängenden<br />

Generalversammlungsbeschlusses und<br />

kann letzteren nicht substituieren 303 . Zu prüfen ist, ob solche<br />

Sonderversammlungen auch in einer TS-Gesellschaft Anwendung<br />

finden.<br />

[Rz 88] Da die TS nach Meinung des Autors keine Vorzugsaktien<br />

und auch keine Partizipationsscheine darstellen, kommt<br />

eine direkte Anwendung des Instituts der Sonderversammlung<br />

nicht in Betracht. Fraglich ist, ob in casu eine analoge<br />

Anwendung geboten ist. Zu untersuchen ist daher, ob die<br />

Situation eines Spartenaktionärs gleichwertig ist mit derjenigen<br />

eines Vorzugsaktionärs. Die Sonderversammlung soll<br />

den Vorzugsaktionär in erster Linie vor dem Verlust seiner<br />

Vorrechten schützen 304 . Die Idee hinter der Einführung einer<br />

Sonderversammlung in einer TS-Struktur ist dagegen eine<br />

andere. Hier wird nicht der Schutz von Vorrechten bezweckt,<br />

die TS-Aktionäre besitzen gar keine Vorrechte, sondern es<br />

sollen strukturbedingte Defizite ausgeglichen werden. Die<br />

Sonderversammlung soll den einzelnen Sparten ein Mitbestimmungsrecht<br />

in Angelegenheiten geben, welche sie direkt<br />

tangieren 305 . Der Schutz von Rechten, die allen Aktionären<br />

gleichermassen zustehen ist jedoch gerade nicht ratio legis<br />

299 Vgl. Bau e r , s. 75; na t u s c h , s. 28. Auch im amerikanischen Recht darf es<br />

keine Unternehmen ohne stimmberechtigte Aktionäre geben. Vgl. dazu:<br />

me r K t /gö t h e L , n 457.<br />

300 Art. 692 Abs. 2 Satz 1 OR.<br />

301 Kun z , Minderheitenschutz, § 1 N 180. Für eine Definition siehe: hor B e r , s.<br />

18.<br />

302 hor B e r , S. 16.<br />

303 Vgl. hor B e r , S. 17 f.<br />

304 Art. 654 Abs. 2 und 3 OR. Vgl. auch hor B e r , s. 15.<br />

305 Z.B. bei Veränderungen im Vermögens- oder Stimmrecht oder bei Verwal-<br />

tungsratswahlen. Vgl. rih m , S. 49.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

von Art. 654 Abs. 2 OR 306 . Damit kann festgehalten werden,<br />

dass de lege lata keine gesetzliche Pflicht für eine TS-Sonderversammlung<br />

besteht.<br />

[Rz 89] Die Idee der Sonderversammlung kann jedoch auf<br />

dem statutarischen Weg verwirklicht werden 307 . Aufgrund<br />

der Gestaltungsfreiheit sollte es der Gesellschaft möglich<br />

sein, mittels einer Statutenbestimmung Sonderversammlungen<br />

für die Sparten vorzusehen. Dabei müssten die Generalversammlungsbeschlüsse,<br />

deren Gültigkeit von einer<br />

Sonderversammlung abhängig gemacht werden sollten,<br />

genau umschrieben werden. Der organisatorische Ablauf<br />

dürfte sich dabei an den bekannten Sonderversammlungen<br />

orientieren 308 .<br />

1.2.2. Erschwerte Beschlussfassung<br />

[Rz 90] Die GV fasst ihre Beschlüsse gemäss Art. 703 OR<br />

grundsätzlich mit der absoluten Mehrheit der vertretenen<br />

Aktienstimmen. Die Statuten können die Beschlussfassung<br />

jedoch erschweren 309 . Eine TS-Gesellschaft könnte einerseits<br />

ein Stimmenquorum einführen 310 , welches vorsieht,<br />

dass die absolute Mehrheit der vertretenen Stimmen jeder<br />

Sparte dem Beschluss zustimmen muss. Andererseits könnte<br />

die Beschlussfassung auch von der Anwesenheit einer<br />

bestimmten Anzahl von Personen oder Stimmen abhängig<br />

gemacht werden 311 . Auch eine Mischung dieser beiden Varianten<br />

ist möglich 312 . Die Einführung von erhöhten Quoren ist<br />

jedoch immer mit der Gefahr der Beschlussunfähigkeit der<br />

Gesellschaft verbunden 313 . Insbesondere bei Publikumsgesellschaften<br />

ist daher grösste Vorsicht geboten.<br />

1.2.3. Treuepflicht der Aktionäre<br />

[Rz 91] Ein weiteres Instrument zur Verhinderung von Konflikten<br />

zwischen den Sparten könnte die Treuepflicht der Aktionäre<br />

darstellen. Sowohl im amerikanischen als auch im deutschen<br />

Recht unterstehen die Aktionäre einer Treuepflicht und<br />

eine Verletzung derselben ist auch sanktionierbar 314 . Fraglich<br />

ist, ob eine solche Treuepflicht nach schweizerischem<br />

Rechtsverständnis zulässig ist. In der Schweiz untersteht<br />

der VR einer gesetzlichen Treuepflicht nach Art. 717 Abs. 1<br />

OR. Eine Treuepflicht der Aktionäre lehnt die Mehrheit der<br />

Autoren und auch das Bundesgericht mit dem Hinweis auf<br />

Art. 680 Abs. 1 OR ab 315 . Demgegenüber vertritt eine Minderheit<br />

die Ansicht, dass die Treuepflicht in gewissen Situationen<br />

306 Vgl. BsK or ii-Vo g t /Li e B i , Art. 654-656 N 68.<br />

307 rih m , S. 49.<br />

308 Vgl. dazu: hor B e r , S. 44 ff.<br />

309 Böc K L i , Aktienrecht, § 12 N 409 m.w.H.<br />

310 Vgl. dazu: ta n n e r , § 2 N 7 ff.<br />

311 Sog. Präsenzquorum. Vgl. dazu: ta n n e r , § 2 n 4 ff.<br />

312 ta n n e r , § 2 N 11.<br />

313 Vgl. ta n n e r , § 5 N 30.<br />

314 Vgl. Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 48.<br />

315 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 1 N 19 (FN 69) m.w.H.; Kun z , Minderheiten-<br />

schutz, § 8 N 31 m.w.H.<br />

20<br />

durchaus Anwendung finden könnte 316 . Dabei wird zwischen<br />

gesetzlichen und statutarischen Treuepflichten unterschieden<br />

317 . Eine gesetzliche Treuepflicht sieht das Aktienrecht<br />

nicht vor 318 . Die Festlegung einer Treuepflicht dürfte jedoch<br />

in den Statuten durchaus möglich sein 319 . Die statutarische<br />

Einführung greift allerdings massiv in die Rechtsstellung der<br />

Aktionäre ein; folglich müsste ein solcher Beschluss die Zustimmung<br />

sämtlicher Aktionäre voraussetzen 320 . Die Zustimmung<br />

sämtlicher Aktionäre dürfte hingegen bei Publikumsgesellschaften,<br />

die wohl die Mehrzahl der TS-Emittenten<br />

darstellt, praktisch ausgeschossen sein. Auch ist offen, wie<br />

die Situation nach der Aktienrechtsrevision aussehen wird.<br />

Nach dieser erfährt nämlich Art. 680 Abs. 1 OR dahingehend<br />

eine Änderung, dass den Aktionären durch die Gesellschaft<br />

nur noch Pflichten auferlegt werden können, die im Gesetz<br />

vorgesehen sind 321 . Die Konsequenz aus dieser Neuformulierung<br />

dürfte sein, dass eine statutarische Begründung einer<br />

Treuepflicht dem Wortlaut von Art. 680 Abs. 1 E-OR widerspräche<br />

und daher nicht mehr zulässig wäre.<br />

[Rz 92] Wenn man die Einführung einer Treuepflicht befürwortet,<br />

muss noch deren Inhalt definiert werden. Dieser<br />

kann nicht allgemein gültig festgelegt werden, sondern ist<br />

grundsätzlich aus dem Gesellschaftszweck abzuleiten 322 .<br />

Dabei sollte als Maxime gelten, dass die Einflussnahme eines<br />

Aktionärs nicht dem Unternehmensinteresse widersprechen<br />

darf 323 . In einer TS-Gesellschaft sollte im Zweckartikel<br />

festgelegt werden, dass die Gesellschaft eine TS-Struktur<br />

zum Verfolgen ihrer Ziele benutzt. Damit bezieht sich auch<br />

eine allfällige Treuepflicht auf die Bewahrung einer solchen<br />

Struktur. Gemäss To n n e r sollen die TS-Aktionäre dabei einer<br />

Rücksichtsnahme- und einer Förderungspflicht unterstehen<br />

324 . Die Rücksichtsnahmepflicht gebietet die grundsätzliche<br />

Rücksichtsnahme auf die Belange der anderen<br />

Aktionäre 325 . Die Förderungspflicht verlangt demgegenüber<br />

die Zustimmung der jeweiligen Sonderversammlungen zu<br />

gewissen Beschlüssen, denen ein Blockadepotenzial zukommt<br />

326 . Diese Förderungspflicht darf jedoch nur restriktiv<br />

316 Vgl. Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 33 m.w.H.<br />

317 Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 33.<br />

318 Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 46. Dies im Gegensatz zum Recht der<br />

GmbH (Art. 803 OR) und der Genossenschaft (Art. 866 OR).<br />

319 Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 35. Auch Art. 680 Abs. 1 OR sollte dieser<br />

Statutenbestimmung nicht im Wege stehen, da sich dieser auf die Liberierung<br />

bezieht und nicht jegliche Gesellschafterpflicht umfasst. Vgl. dazu:<br />

Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 34.<br />

320 Kun z , Minderheitenschutz, § 8 N 36.<br />

321 Vgl. Bot s c h a F t aK t i e n r e c h t 2007, S. 1664.<br />

322 ne n n i n g e r , S. 110.<br />

323 ne n n i n g e r , S. 113.<br />

324 to n n e r , S. 99.<br />

325 to n n e r , s. 99. Insbesondere sind darunter Beschlüsse zu erfassen, welche<br />

einer Sparte unzulässigerweise mit den Mitteln einer anderen Sparte finanzieren.<br />

Vgl. dazu: to n n e r , s. 100.<br />

326 Vgl. to n n e r , S. 100 f.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

angewendet werden, und zwar immer dann, wenn der Verweigerung<br />

der Zustimmung keine sachliche Rechtfertigung<br />

zugrunde liegt. Ansonsten hat eine Sparte natürlich das<br />

Recht, ihr Blockadepotenzial auszunutzen 327 .<br />

2. Stimmkraft<br />

2.1. Grundproblem<br />

[Rz 93] Neben dem Interessenkonflikt der Aktionäre gibt es<br />

im Zusammenhang mit dem Stimmrecht noch ein weiteres,<br />

sehr spezifisches TS-Problem. Als Beispiel soll ein Unternehmen<br />

mit zwei Sparten dienen. Entwickeln sich nun die<br />

Aktienkurse beider Sparten gegenläufig, kann die Situation<br />

eintreten, dass durch den Zukauf der billigen Aktien auch die<br />

teure Sparte übernommen werden kann 328 . Der Nennbetrag<br />

widerspiegelt nämlich nur noch innerhalb einer Sparte den<br />

Beteiligungsumfang und damit das wirtschaftliche Risiko<br />

zuverlässig 329 . Es kann somit zur Situation kommen, in der<br />

die Mehrheit der Stimmen in der Generalversammlung nicht<br />

mehr die Mehrheit des Börsenwertes aller Anteile der Gesellschaft<br />

ausdrückt 330 . Zwischen den Sparten müsste daher ein<br />

anderer Massstab gelten, der die unterschiedlichen Wertentwicklungen<br />

der Sparten mitberücksichtigt 331 .<br />

2.2. Amerikanische Lösung<br />

[Rz 94] In den USA begegnet man diesem Problem mit Aktien,<br />

die ein variables Stimmrecht verbriefen 332 . Diese sog.<br />

«floating voting rights» gewähren in Abhängigkeit von bestimmten<br />

wirtschaftlichen Parametern eine unterschiedliche<br />

Stimmkraft 333 . In Bezug auf TS wird zumeist das Stimmrecht<br />

einer Sparte fixiert, z.B. auf eine Stimme pro Aktie, währenddem<br />

das Stimmrecht der anderen Gattung in einem bestimmten<br />

Zeitpunkt im Verhältnis zum Börsenwert der beiden<br />

Sparten angepasst wird 334 . Diese variable Ausgestaltung<br />

der Stimmrechte wird dadurch ermöglicht, dass im amerikanischen<br />

Recht auf das Nennwertprinzip verzichtet werden<br />

kann 335 . Die Aktionärsrechte sind damit nicht mehr an ein<br />

festes Grundkapital gebunden, woraus eine grössere Flexibilität<br />

resultiert 336 .<br />

2.3. Variables Stimmrecht in der Schweiz<br />

[Rz 95] In der Schweiz üben die Aktionäre ihr Stimmrecht<br />

nach dem Verhältnis des gesamten Nennwerts der ihnen<br />

327 Zur Sanktionierung einer Treuepflichtverletzung siehe: ne n n i n g e r , s. 115<br />

ff.<br />

328 Vgl. Log u e /se w a r d /wa L s h , S. 46.<br />

329 to n n e r , S. 104.<br />

330 wu n s c h , S. 48.<br />

331 to n n e r , S. 104.<br />

332 to n n e r , S. 106.<br />

333 to n n e r , S. 106.<br />

334 to n n e r , S. 106; na t u s c h , S. 87; st e i n B e r g e r /ha s s , S. 534.<br />

335 Vgl. dazu: me r K t /gö t h e L , N 456 ff.<br />

336 Für eine Aufzählung der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten siehe:<br />

th i e L , s. 56 f.<br />

21<br />

gehörenden Aktien aus 337 . Damit wird deutlich, dass das<br />

Stimmrecht in der Schweiz sich grundsätzlich nach der Kapitalbeteiligung<br />

richtet bzw. auf dem Nennwertprinzip beruht 338 .<br />

Die Einführung von nennwertlosen Aktien verstösst zudem<br />

gegen die Grundstruktur der AG 339 . Die einzige Möglichkeit,<br />

die das geltende Recht vorsieht, um die Stimmkraft eines<br />

Aktionärs zu erhöhen, ist mittels unechten Stimmrechtsaktien<br />

gemäss Art. 693ff. OR 340 . Im Gegensatz dazu ist die Einführung<br />

von echten Stimmrechtsaktien, d.h. Aktien, die bei<br />

gleichem Nennwert mehrere Stimmen auf sich vereinigen,<br />

unzulässig 341 . Damit besteht grundsätzlich dieselbe Rechtslage<br />

wie in Deutschland, wo ein variables Stimmrecht auch<br />

nicht zulässig ist 342 .<br />

[Rz 96] Eine Lösungsmöglichkeit für das vorliegende Problem<br />

zu finden gestaltet sich aufgrund der Starrheit des Gesetzes<br />

als schwierig. Eine Möglichkeit wäre die Anpassung<br />

der Anzahl der Aktien mittels Aktiensplit gemäss Art. 623<br />

Abs. 1 OR 343 . Dies basiert auf der Idee, dass durch einen<br />

Aktiensplit in einer Sparte der Wert pro Aktie dem Wert pro<br />

Aktie einer anderen Sparte angepasst werden kann 344 . Diese<br />

Möglichkeit bedingt jedoch eine ausserordentliche Generalversammlung<br />

vor jeder ordentlichen Generalversammlung,<br />

die einen Beschluss über den Aktiensplit fällt. Aufgrund dessen<br />

und weiterer rechtlicher Schwierigkeiten wird diese Möglichkeit<br />

von der Lehre als zu kompliziert und praxisuntauglich<br />

angesehen 345 .<br />

[Rz 97] Es kann daher nur unter komplizierten Bedingungen<br />

ein Massstab hergestellt werden, der die Wertverhältnisse<br />

beider Sparten berücksichtigt. Ku h n weist jedoch mit Recht<br />

darauf hin, dass es nicht ersichtlich ist, warum der Verfall des<br />

Kurses einer Aktienkategorie zwingend mit dem Verlust von<br />

Stimmrechten einhergehen soll 346 .<br />

§ 8 Die Rechtsstellung des Verwaltungsrates<br />

I. Vergleich mit konventionellem Verwaltungsrat<br />

[Rz 98] Die Stellung des TS-Verwaltungsrates unterscheidet<br />

sich grundsätzlich nicht von derjenigen eines konventionellen<br />

Verwaltungsrates. Aufgrund der rechtlichen Einheit ist auch<br />

dieser für die ganze Gesellschaft, also für sämtliche Sparten<br />

337 Art. 692 Abs. 1 OR.<br />

338 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 4 N 10.<br />

339 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 16 N 168. Dieses Dogma wird auch durch die<br />

Aktienrechtsrevision nicht umgestossen. Vgl. dazu: Bot s c h a F t aK t i e n r e c h t<br />

2007, 1616 f.<br />

340 Vgl. Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 24 N 100.<br />

341 Vgl. rih m , s. 19; Fo r s t m o s e r /me i e r -ha y o z /no B e L , § 24 N 101.<br />

342 Vgl. Kuh n , S. 86; to n n e r , S. 108.<br />

343 Vgl. dazu: wu n s c h , s. 50 ff.<br />

344 wu n s c h , S. 50.<br />

345 Kuh n , S. 87; Bau e r , S. 159.<br />

346 Kuh n , S. 89.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

zuständig. Der entscheidende Unterschied besteht allerdings<br />

darin, dass der Verwaltungsrat in einer TS-Gesellschaft zwei<br />

Gruppen von Aktionären untersteht. Er ist folglich «Diener<br />

mehrerer Herren» 347 . Daraus ergeben sich gewisse Konflikte,<br />

die nachfolgend umrissen werden sollen. In einem zweiten<br />

Teil sollen Schutzmöglichkeiten der TS-Aktionäre gegenüber<br />

dem Verwaltungsrat aufgezeigt werden.<br />

II. Gefahr der unfairen Behandlung<br />

[rz 99] ha s s untersuchte für das amerikanische Recht eingehend<br />

die Probleme, die sich auf Stufe des Verwaltungsrates<br />

einer TS-Gesellschaft stellen können. Er lokalisierte dabei<br />

sechs kritische Beschlüsse 348 :<br />

1. Aufteilung der knappen Ressourcen und der gemeinsamen<br />

Kosten des Unternehmens, Aufteilung der<br />

Chancen sowie Mergers&Acquisitons,<br />

2. Kommunikationsentscheide,<br />

3. Dividendenentscheid,<br />

4. Ausgestaltung der internen Transaktionen,<br />

5. Entscheide bezüglich Umwandlung von <strong>Tracking</strong><br />

<strong>Stocks</strong>,<br />

6. Verteilung des neu aufgenommenen Kapitals und der<br />

Erträge daraus.<br />

[Rz 100] Die Liste könnte noch weitergeführt werden; gemeinsam<br />

ist jedoch allen diesen Beschlüssen, dass sich der<br />

Verwaltungsrat meistens nur zugunsten einer Sparte und damit<br />

zuungunsten einer anderen Sparte entscheiden kann 349 .<br />

Solche Beschlüsse müssen gefällt werden, der VR besitzt jedoch<br />

diesbezüglich ein erheblicher Ermessenspielraum. Die<br />

Gefahr besteht nun, dass der VR diesen Ermessenspielraum<br />

missbraucht und damit eine Sparte unfair behandelt. Diese<br />

Gefahr kann sich zudem erhöhen, wenn die Verwaltungsräte<br />

selber an den Sparten beteiligt sind 350 . Besitzt ein Verwaltungsrat<br />

eine schwergewichtige Beteiligung an einer Sparte,<br />

dürften seine Entscheidungen bis zu einem gewissen Grad<br />

durch die eigenen Interessen beeinflusst werden 351 . Es muss<br />

daher nach rechtlichen Instrumenten gesucht werden, welche<br />

die Aktionäre der Sparten vor unfairer Behandlung durch<br />

den Verwaltungsrat schützen.<br />

III. Schutzmöglichkeiten<br />

1. Amerikanisches Recht<br />

[Rz 101] Dem Verwaltungsrat obliegt im amerikanischen<br />

Recht eine umfassende Sorgfaltspflicht (sog. «Duty of<br />

Care») und eine umfangreiche Treuepflicht (sog. «Duty of<br />

347 has s , I.A.3.<br />

348 has s , II.B.; noL t e , S. 121.<br />

349 Vgl. noL t e , S. 121.<br />

350 Die Ausgabe von TS-Options kann dazu führen. Siehe hinten §2/II/1.4.<br />

351 Vgl. has s , II.C.<br />

22<br />

Loyalty») 352 . Die Duty of Care befasst sich mit der Frage, welchen<br />

Sorgfaltsanforderungen die Verwaltungsräte bei ihren<br />

Entscheidungen zu genügen haben 353 . Die gerichtliche Anwendung<br />

dieser Duty of Care wird jedoch erheblich durch<br />

die sog. «business judgment rule» eingeschränkt 354 . Danach<br />

überprüft ein Gericht die Entscheidung eines Verwaltungsrates<br />

nicht, wenn dieser gewisse Mindestanforderungen 355 bei<br />

der Entscheidfindung berücksichtigt 356 . Die Duty of Loyalty<br />

verpflichtet die Mitglieder des Verwaltungsrates im besten<br />

Interesse der Gesellschaft zu handeln und sich nicht auf deren<br />

Kosten zu bereichern 357 . Die beiden Institute brauchen<br />

allerdings nicht näher beschrieben zu werden, da ha s s überzeugend<br />

darlegt, dass damit die beschriebenen Konfliktsituationen<br />

nicht gelöst werden können 358 . Er schlägt deshalb<br />

die Einführung einer dritten Pflicht vor, die sog. «Duty of<br />

Fairness» 359 . Das Ziel dieser Duty of Fairness ist es, zu vermindern,<br />

dass der Verwaltungsrat seine Macht missbraucht<br />

und dadurch gewisse Sparten unfair behandelt, währenddem<br />

er sich hinter der business judgment rule verstecken kann 360 .<br />

Gemäss der Duty of Fairness wird vermutet, dass eine Entscheidung<br />

dann fair sei, wenn der Entscheid (i) durch eine<br />

Mehrheit von nicht mit einem Interessenkonflikt belasteten<br />

Verwaltungsräte gefällt wurde, (ii) alle notwendigen Informationen<br />

berücksichtigt wurden und (iii) der Verwaltungsrat aufgrund<br />

der Informationen glaubte, dass die Entscheidung für<br />

alle Sparten fair sei 361 . Sind diese Bedingungen nicht erfüllt,<br />

so ist die Entscheidung dennoch als fair zu betrachten, wenn<br />

sie durch zustimmende Sonderbeschlüsse aller Sparten bestätigt<br />

wird oder wenn die Verwaltungsräte selber den Beweis<br />

erbringen können, dass die Entscheidung fair gewesen<br />

ist 362 . no lT e befürwortet die These von Ha s s, weil damit eine<br />

praxisgerechte Leitung der Gesellschaft möglich bleibt 363 . Die<br />

amerikanischen Gerichte hatten, soweit ersichtlich, in zwei<br />

Fällen die Entscheidungen eines Verwaltungsrats mit Blick<br />

auf eine TS-Struktur zu prüfen 364 . Obwohl dabei die Duty of<br />

Fairness nicht zur Anwendung kam, hatten die Gerichte aber<br />

aufgrund der Duty of Loyalty teilweise ähnliche Überlegun-<br />

352 me r K t /gö t h e L , N 821.<br />

353 noL t e , S. 126. Weiterführend: me r K t /gö t h e L , N 827 ff.<br />

354 Vgl. me r K t /gö t h e L , N 830.<br />

355 Vgl. dazu: Kun z , Minderheitenschutz, § 6 N 116.<br />

356 noL t e , S. 127.<br />

357 noL t e , S. 128. Weiterführend: me r K t /gö t h e L , N 877 ff.<br />

358 Vgl. has s , iV.a.2. und IV.B.2.<br />

359 has s , V.B.<br />

360 has s , V.B.<br />

361 has s , V.B.<br />

362 has s , V.B.<br />

363 Vgl. noL t e , S. 136.<br />

364 In re General Motors Class H Shareholders Litigation, 734 A.2d 611 Delaware<br />

Court of Chancery (Del.Ch. 1999) und Solomon v. Armstrong, 747<br />

A.2d 1098 (Del. Ch. 1999). Eine Besprechung der Urteile findet sich bei:<br />

Fuc h s , s. 196 ff. und Nolte, S. 142 ff.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

gen angestellt 365 . Dabei wurde jedoch die business judgment<br />

rule ohne weitere Modifikationen auf die TS-Struktur angewendet<br />

366 . Daraus resultierte in beiden Fällen eine Abweisung<br />

der Klagen. Somit kann festgestellt werden, dass im<br />

amerikanischen Recht der Schutz der Aktionäre gegenüber<br />

dem Verwaltungsrat aufgrund der Vermutung der business<br />

judgment rule nur schwach ausgeprägt ist.<br />

2. Schweizerisches Recht<br />

2.1. Pflichten des Verwaltungsrates<br />

[Rz 102] Die Verwaltungsräte unterstehen auch im schweizerischen<br />

Recht einer Sorgfalts- und einer Treuepflicht 367 .<br />

Ergänzt werden diese beiden Pflichten durch das Gleichbehandlungsgebot<br />

in Art. 717 Abs. 2 OR. Diese Trias von<br />

Verwaltungsratspflichten bildet die Ausgangslage für die Betrachtung<br />

der Schutzmöglichkeiten nach schweizerischem<br />

Recht. Fraglich ist allerdings, welchen Lösungsbeitrag diese<br />

Pflichten mit Blick auf die spezielle Struktur der TS zu leisten<br />

vermögen. Die Sorgfalts- und die Treuepflicht dürften nämlich,<br />

ebenso wie im amerikanischen Recht die Duty of Care<br />

und die Duty of Loyalty, keine grosse Hilfestellung leisten. In<br />

Bezug auf die Sorgfaltspflicht muss festgestellt werden, dass<br />

ein Entscheid, der eine Sparte unfair behandelt, durchaus<br />

in einem ordentlichen Verfahren zustande gekommen und<br />

inhaltlich vertretbar sein kann 368 . Auch die Treuepflicht vermag<br />

die spezifischen Probleme grundsätzlich nicht zu lösen.<br />

Danach hat der Verwaltungsrat nämlich die Interessen der<br />

Gesellschaft in guten Treuen zu wahren und damit alles zu<br />

unterlassen, was der Gesellschaft schaden könnte 369 . Dabei<br />

geht es insbesondere darum, solche Handlungen zu verhindern,<br />

bei denen das eigene Interesse der VR-Mitglieder mit<br />

demjenigen der AG kollidiert 370 . In casu ist aber nicht die Beziehung<br />

zwischen dem einzelnen Verwaltungsrat und der gesamten<br />

Gesellschaft entscheidend, sondern es geht um einen<br />

Auswahlentscheid des Verwaltungsrates zwischen den<br />

Sparten. Die beschriebene Konstellation entspricht vielmehr<br />

der dritten Pflicht, nämlich der Pflicht zur Gleichbehandlung.<br />

Danach hat der Verwaltungsrat die Aktionäre unter gleichen<br />

Voraussetzungen gleich zu behandeln. Er darf dabei von der<br />

Gleichbehandlung nur abweichen, sofern dafür ein sachlicher<br />

Grund vorliegt und der Eingriff nicht unverhältnismässig ist 371 .<br />

Die hier besprochenen Entscheidungen tangieren immer die<br />

Gleichbehandlung 372 . Entscheidend ist daher, ob sie sich<br />

365 Fuc h s , S. 196.<br />

366 Kritik bei: noL t e , s. 147 f.<br />

367 Art. 717 Abs. 1 OR.<br />

368 Vgl. bezüglich den Anforderungen an einen Verwaltungsratsentscheid unter<br />

schweizerischem Recht: Böc K L i , Aktienrecht, § 13 N 584.<br />

369 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 13 N 596 m.w.H.<br />

370 BSK OR II-wa t t e r /ro t h Pe L L a n d a , Art. 717 N 15.<br />

371 BSK OR II-wa t t e r /ro t h Pe L L a n d a , Art. 717 N 23.<br />

372 Die Ungleichbehandlung ist dem <strong>Tracking</strong> Stock-Modell inhärent. Vgl. noL-<br />

t e, s. 133.<br />

23<br />

sachlich rechtfertigen lassen. Dies dürfte grundsätzlich der<br />

Fall sein, da der Verwaltungsrat selten eine Allokationsentscheidung<br />

ohne sachlichen Grund treffen wird. Neben einem<br />

sachlichen Grund muss die Entscheidung aber auch verhältnismässig<br />

sein. Darin könnte das von ha s s angesprochene<br />

Element der Fairness enthalten sein. Die Entscheidung muss<br />

nämlich geeignet, erforderlich und zumutbar sein 373 . Die Eignung<br />

wird wohl selten fehlen, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.<br />

Interessanter sind die zwei anderen Elemente. Bei der<br />

Erforderlichkeit ist darzulegen, dass kein milderes, jedoch<br />

gleich wirksames Mittel vorhanden ist. Hier ist deutlich der<br />

zweite Punkt von ha s s wieder zuerkennen, dass nämlich der<br />

VR bei seiner Entscheidungsfindung sämtliche Informationen<br />

zu berücksichtigt hat. Schliesslich muss der Entscheid<br />

auch zumutbar sein. Im Sinne von Hass wird hier geprüft,<br />

ob der Entscheid für alle Sparten fair ist. Damit kann festgestellt<br />

werden, dass zwischen der Duty of Fairness und dem<br />

Gleichbehandlungsprinzip grosse Parallelen bestehen. Wird<br />

ein Beschluss als verhältnismässig qualifiziert, dürfte er wohl<br />

auch als fair gelten. Das Gleichbehandlungsprinzip ist damit<br />

ein adäquates Mittel, um die Fairness zwischen den Sparten<br />

zu gewährleisten. Verletzt der Verwaltungsrat dieses Gebot,<br />

steht den Aktionären grundsätzlich die Verantwortlichkeitsklage<br />

nach Art. 754 OR offen 374 .<br />

2.2. Direkte Einflussnahme der Sparten<br />

2.2.1. Ernennung eines Sachverständigen<br />

[Rz 103] Nach Art. 731a Abs. 3 OR kann die Generalversammlung<br />

zur Prüfung der Geschäftsführung Sachverständige<br />

ernennen. Obwohl die praktische Bedeutung dieses<br />

Instituts sehr gering ist 375 , könnte es zur Lösung des hier<br />

behandelten Problems durchaus seinen Beitrag leisten.<br />

Die Generalversammlung besitzt nämlich die Möglichkeit,<br />

ein unabhängiges Gremium 376 zu konstituieren, das die Geschäftsführer<br />

in Bezug auf die Gleichbehandlung der Sparten<br />

überprüfen soll. Die GV kann die Prüfung eines bestimmten<br />

Sachverhalts verlangen; es ist ihr aber auch möglich, eine<br />

ständige Überwachung anzuordnen 377 . Obwohl es einem<br />

solchen Gremium nicht zusteht, den exekutiven Organen Instruktionen<br />

oder Ratschläge zu erteilen 378 , könnte es durch<br />

seine Präsenz und insbesondere durch seine Berichterstattung<br />

an die Generalversammlung 379 einen gewissen Einfluss<br />

auf die Entscheidungen der Geschäftsführer nehmen. Es ist<br />

daher den Aktionären einer TS-Gesellschaft zu empfehlen,<br />

einen solchen ständigen Prüfungsrat einzurichten und ihn<br />

373 BSK OR II-wa t t e r /ro t h Pe L L a n d a , Art. 717 N 23.<br />

374 Vgl. dazu: hug u e n i n Ja c o B s , S. 210 ff.<br />

375 tr u F F e r, S. 406 m.w.H.<br />

376 Bestehend aus natürlichen oder juristischen Personen. tr u F F e r, s. 416.<br />

377 tr u F F e r, S. 418.<br />

378 tr u F F e r, S. 418 f.<br />

379 Vgl. dazu: tr u F F e r, s. 423 ff. Diese kann im Gegensatz zur Sonderprüfung<br />

auch Elemente der Beurteilung und Würdigung enthalten. Vgl. tr u F F e r, s.<br />

419.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

mit der Überwachung der Geschäftsführung in Bezug auf die<br />

Gleichbehandlung der Sparten zu beauftragen.<br />

2.2.2. Vertretung im Verwaltungsrat<br />

[Rz 104] Die Stellung der Sparten könnte zudem durch das<br />

Vertretungsrecht nach Art. 709 Abs. 1 OR gestärkt werden 380 .<br />

Bestehen nämlich mehrere Aktienkategorien, müssen die<br />

Statuten den Aktionären jeder Kategorie die Wahl wenigstens<br />

eines Vertreters im Verwaltungsrat garantieren 381 . Die<br />

Anwendung dieser Norm auf TS-Strukturen könnte aufgrund<br />

deren Wortlauts problematisch sein. Dieser fordert nämlich<br />

«mehrere Kategorien von Aktien». In einer TS-Gesellschaft<br />

gibt es jedoch nur eine Kategorie von Aktien, nämlich <strong>Tracking</strong><br />

<strong>Stocks</strong>. Die TS unterscheiden sich zwar umfangmässig,<br />

weil die Spartenergebnisse unterschiedlich hoch<br />

ausfallen können, jedoch begründen solche tatsächlichen<br />

Unterschiede noch keine verschiedenen Aktienkategorien 382 .<br />

Damit kann Art. 709 Abs. 1 OR nicht direkt angewendet<br />

werden, sondern es ist eine analoge Anwendung zu prüfen.<br />

Voraussetzung für eine analoge Anwendung ist die Gleichwertigkeit<br />

der Tatbestände 383 . Der Sinn der Norm liegt darin,<br />

dass den Aktionären ein Mitspracherecht bei Entscheidungen<br />

eingeräumt werden soll, die unmittelbare Auswirkungen<br />

auf den Ertrag ihrer Beteiligungen haben könnten 384 . Eine<br />

Verbesserung des Mitspracherechts wird jedoch auch bei<br />

TS-Aktionären angestrebt. Die TS-Aktionäre sollen vor unfairen<br />

Behandlungen geschützt werden, die ihre Gewinnaussichten<br />

schmälern. Damit sind die Tatbestände gleichwertig<br />

und eine analoge Anwendung gerechtfertigt. Die Statuten<br />

einer TS-Gesellschaft sollten damit ein Vertretungsrecht der<br />

Sparten vorsehen.<br />

2.2.3. Verweigerung der Entlastung<br />

[Rz 105] Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass die Generalversammlung<br />

dem Verwaltungsrat die Entlastung verweigert<br />

385 . Die Aktionäre können damit zwar nicht unmittelbar<br />

auf den Verwaltungsrat einwirken, die Verweigerung dürfte<br />

jedoch einem Warnschuss gleichkommen, der mittelbar gewisse<br />

Wirkungen entfalten könnte 386 . Sinnvollerweise müsste<br />

der Entlastungsbeschluss auch in den Sonderversammlungen<br />

gefällt werden, da sonst eine grössere Sparte die Entlastung<br />

im Alleingang gewähren könnte 387 .<br />

2.2.4. De lege ferenda: Art. 716b E-OR<br />

[Rz 106] Art. 716b E-OR sieht die Möglichkeit vor, dass<br />

bestimmte Entscheide des Verwaltungsrats der GV zur<br />

380 Vgl. rih m , S. 19.<br />

381 BSK OR II-wer n L i , Art. 709 N 5.<br />

382 Vgl. Li e B i , n 357 m.w.H.<br />

383 Vgl. me i e r -ha y o z , Art. 1 N 347.<br />

384 BSK OR II-wer n L i , Art. 709 N 4.<br />

385 Art. 698 Abs. 2 Ziff. 5 OR.<br />

386 Vgl. to n n e r , S. 221.<br />

387 Vgl. to n n e r , S. 221.<br />

24<br />

Genehmigung unterbreitet werden können 388 . Die genehmigungspflichtigen<br />

Beschlüsse müssen in den Statuten genau<br />

umschrieben werden, wobei zu beachten ist, dass nicht<br />

sämtliche Beschlüsse des VR zur Disposition stehen 389 . Diese<br />

Genehmigungspflicht dürfte auch für TS-Gesellschaften<br />

ein interessantes Instrument sein. Insbesondere könnten damit<br />

Veränderungen in der Spartenorganisation von der Genehmigung<br />

der GV abhängig gemacht werden.<br />

§ 10 Auflösung der TS-Struktur<br />

I. Amerikanisches Recht<br />

[Rz 107] Die meisten TS-Gesellschaften haben in ihren Statuten<br />

ausführliche Bestimmungen zur Auflösung der TS-Struktur<br />

aufgenommen 390 . Typischerweise wird dabei zwischen<br />

dem freiwilligen (optional) und dem zwingenden (mandatory)<br />

Umtausch (exchange) unterschieden 391 . Beim freiwilligen<br />

Umtausch steht es im Ermessen des Verwaltungsrates, für<br />

einen Aufpreis Aktien einer TS-Kategorie gegen alle übrigen<br />

ausstehenden Aktien einzutauschen 392 . Demgegenüber wird<br />

der zwingende Umtausch durch den Verkauf aller oder wichtiger<br />

Vermögenswerte einer Sparte ausgelöst 393 .<br />

II. Schweizerisches Recht<br />

[Rz 108] Nachfolgend soll kurz auf die verschiedenen Möglichkeiten<br />

der Auflösung nach schweizerischem Recht eingegangen<br />

werden. Gemeinsam ist allen Optionen, dass sie<br />

eine Zweckänderung voraussetzen und ein Beschluss in den<br />

Sonderversammlungen gefällt werden muss.<br />

1. Umwandlung<br />

[Rz 109] Die einfachste Möglichkeit der Rückabwicklung einer<br />

TS-Struktur besteht in der Umwandlung der TS-Aktien<br />

in Stammaktien. Konkret bedeutet dies, dass die Generalversammlung,<br />

in analoger Anwendung von Art. 654 Abs. 1<br />

OR, einen Beschluss fassen muss, der die Modifikation der<br />

Vermögensrechte rückgängig macht 394 .<br />

2. Spaltung<br />

[Rz 110] Die TS-Struktur kann durch eine Spaltung der Gesellschaft<br />

aufgelöst werden. Dies kann einerseits durch die<br />

Aufspaltung und andererseits durch die Abspaltung gesche-<br />

388 Vgl. Bot s c h a F t aK t i e n r e c h t 2007, S. 1686.<br />

389 Vgl. Bot s c h a F t aK t i e n r e c h t 2007, S. 1686.<br />

390 noL t e , s. 103. Für eine Übersicht siehe: na t u s c h , s. 262 ff., 290 ff.<br />

391 Vgl. st e i n B e r g e r /ha s s , s. 533. Für weitere Möglichkeiten der Umgestaltung<br />

der Eigenkapitalstruktur im US-Recht siehe: No L t e , s. 103 ff.<br />

392 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 533.<br />

393 st e i n B e r g e r /ha s s , S. 533.<br />

394 Siehe vorne §6/III/2.1.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

hen 395 . Zu beachten ist das erforderliche Quorum nach Art. 18<br />

Abs. 1 Lit. a FusG.<br />

3. Bedingte oder befristete Einführung<br />

[Rz 111] Eine weitere Möglichkeit könnte die bedingte Einführung<br />

der Struktur sein 396 . Die Einführungsbeschlüsse der<br />

Generalversammlung wären gemäss Art. 154 OR auflösend<br />

bedingt, d.h. dass mit dem Zeitpunkt, in dem die Bedingung<br />

in Erfüllung ginge, die TS-Struktur wieder aufgelöst und nur<br />

noch Stammaktien bestehen würden. Die Zulässigkeit von<br />

aufschiebend bedingten Generalversammlungsbeschlüssen<br />

wird grundsätzlich bejaht 397 . Demgegenüber weist Bö c K l i<br />

darauf hin, dass auflösend bedingte Beschlüsse besonders<br />

heikel sind, und er verneint die Zulässigkeit von Statutenänderungen<br />

unter einer solchen Bedingung wohl aufgrund der<br />

Rechtssicherheit 398 . Wird jedoch in den Statuten klar kommuniziert,<br />

welche Ereignisse die Bedingung auszulösen vermögen,<br />

könnte die Rechtssicherheit nicht tangiert und damit<br />

eine auflösend bedingte Statutenänderung zulässig sein 399 .<br />

Fraglich bleibt in diesem Fall, welche Ereignisse die Rückabwicklung<br />

auslösen können. Von besonderem Interesse<br />

ist, ob die Rückabwicklung von einem Beschluss des Verwaltungsrates<br />

abhängig gemacht werden könnte 400 . Damit<br />

würde auf dem Weg der Bedingung dem Verwaltungsrat die<br />

Entscheidung bezüglich der Rückabwicklung der TS-Struktur<br />

in die Hände gelegt. Da mit der Rückabwicklung der Struktur<br />

zahlreiche Statutenänderungen, insbesondere auch die<br />

Zweckänderung, verbunden sind, wäre wohl die Delegation<br />

dieser Entscheidung an den Verwaltungsrat nicht zulässig,<br />

u.U. auch rechtsmissbräuchlich. Demgegenüber sind zufällige<br />

Bedingungen, d.h. solche, welche nicht vom Willen des<br />

Verwaltungsrates abhängen, wohl zulässig 401 . Die TS-Struktur<br />

könnte damit von der Bedingung abhängig gemacht werden,<br />

dass keine Sparte über eine gewisse Zeit ein negatives<br />

Ergebnis erzielen dürfte.<br />

[Rz 112] Von der bedingten Einführung ist die befristete abzugrenzen.<br />

Diese dürfte grundsätzlich zulässig sein, da sie die<br />

Rechtssicherheit nicht tangiert 402 .<br />

Vierter Teil: Ergebnisse<br />

[Rz 113] Die Untersuchungen dieser Arbeit führten zu folgenden<br />

Ergebnissen:<br />

[Rz 114] Erstens ist festzuhalten, dass TS als besondere<br />

395 Art. 29 FusG.<br />

396 Vgl. wu n s c h , S. 101.<br />

397 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, § 12 N 201. Für eine allgemeine Zulässigkeit:<br />

duB s , s. 362.<br />

398 Vgl. Böc K L i , Aktienrecht, N 206 f.<br />

399 Vgl. duB s , S. 373.<br />

400 Vgl. wu n s c h , S. 101.<br />

401 Vgl. duB s , S. 374.<br />

402 Vgl. duB s , S. 368.<br />

25<br />

Aktienkategorie zu betrachten sind. Das Hauptcharakteristikum<br />

dieser Aktienkategorie besteht nämlich darin, dass ihre<br />

Vermögensrechte, unter Wahrung der rechtlichen Einheit des<br />

emittierenden Unternehmens, auf einen Unternehmensteil<br />

beschränkt sind. Dies lässt sich unter keine der bestehenden<br />

Aktienkategorien subsumieren.<br />

[Rz 115] Zweitens ist die Realisation einer TS-Struktur im<br />

schweizerischen Aktienrecht de lege lata möglich.<br />

[Rz 116] Das Aktienrecht lässt sowohl eine Spartenorganisation<br />

als auch eine Spartenrechnungslegung zu und bietet<br />

eine Mehrzahl von Möglichkeiten für die konkrete Einführung<br />

einer TS-Struktur. Auch die Untersuchung der Rechtsstellung<br />

der TS-Aktionäre ergab keine Hindernisse, die gegen eine<br />

Einführung einer TS-Struktur sprechen. In dieser Hinsicht<br />

kann nämlich festgestellt werden, dass die Beschränkung<br />

des Dividenden- und Liquidationsanteilsrechts auf einen Unternehmensteil<br />

infolge der dispositiven Natur von Art. 660<br />

Abs. 1 OR und der Privatautonomie möglich ist. Schwierigkeiten<br />

bereitet hingegen ein allgemeines Bezugsrecht. Dem<br />

kann u.U. mit Bezugsrechtsausschlüssen entgegengetreten<br />

werden. Problematischer erscheint die Ausgestaltung des<br />

Stimmrechts. Zwar kann den auftretenden Interessenkonflikten<br />

unter den Aktionären durch statutarische Bestimmungen<br />

Einhalt geboten werden; aber gegen eine divergierende<br />

Börsenkursentwicklung der Sparten stehen keine Mittel zur<br />

Verfügung. Allfällige unfaire Behandlungen durch den Verwaltungsrat<br />

können durch das Gleichbehandlungsprinzip<br />

beurteilt und sanktioniert werden. Daneben müssen die Aktionäre<br />

aber auch aktiv auf die Unternehmensführung einwirken.<br />

Das Aktienrecht stellt ausserdem geeignete Mittel für die<br />

Rückabwicklung dieser Struktur zur Verfügung.<br />

[Rz 117] Der Weg für die Einführung von TS ist zwar schwierig,<br />

bleibt jedoch einem willigen Unternehmen nicht verschlossen.<br />

Das Hauptproblem dürfte dabei die sorgfältige Statutenredaktion<br />

sein. Hier könnte der Gesetzgeber der Praxis einen<br />

grossen Dienst erweisen, wenn er TS kodifizieren würde. Er<br />

könnte z.B. nach den Regeln über die Vorzugsaktien einen<br />

vierten Abschnitt einfügen, der die <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> behandelt.<br />

Dabei braucht es keine umfassende Regelung der Thematik,<br />

sondern nur punktuelle Eingriffe 403 . Auf diese Weise<br />

könnten Unsicherheiten beseitigt und der Einführung dieses<br />

faszinierenden Finanzierungsinstruments zum Durchbruch<br />

verholfen werden.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Zitierweise: Nur einmal verwendete Quellen werden vollständig<br />

in den Fussnoten zitiert und sind im Literaturverzeichnis<br />

nicht aufgeführt. Mehrfach verwendete Quellen werden abgekürzt<br />

zitiert: Nachname des Autors (der Autoren), genaue<br />

403 Vgl. für einen Gesetzesvorschlag für das deutsche Recht: to n n e r , S. 378.


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

Fundstelle. Ausnahmen von diesem Muster sind in Klammern<br />

gekennzeichnet.<br />

Ba u e r Ma n u e l, Targeted <strong>Stocks</strong> als Alternative zu Desinvestitionen,<br />

Diss. Freiburg (Breisgau), Bern/Stuttgart/Wien 2000<br />

= Bank- und finanzwirtschaftliche Forschung Band 310.<br />

Ba u M s Th e o d o r, Spartenorganisation, «<strong>Tracking</strong> Stock» und<br />

deutsches Aktienrecht, in: Verantwortung und Gestaltung,<br />

Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag, ca r s-<br />

T e n Th o M a s eB e n r o T h /di eT e r he s s e l B e r g e r /Ma n F r e d eB e r h a r d<br />

ri n n e (Hrsg.), München 1996.<br />

Bö c K l i Pe T e r, Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich 2009.<br />

(Zit.: Bö c K l i, Aktienrecht)<br />

Bö c K l i Pe T e r, Die unentziehbaren Kernkompetenzen des<br />

Verwaltungsrates, Zürich 1994 = Schriften zum neuen Aktienrecht<br />

Band 7. (Zit.: Bö c K l i, Kernkompetenzen)<br />

Br a u e r ul r i c h g.h., Die Zulässigkeit der Ausgabe von sog.<br />

«<strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>» durch Aktiengesellschaften nach deutschem<br />

Aktienrecht, Aktiengesellschaft (AG) 7 (1993), S.<br />

324 ff.<br />

du B s di eT e r, Die bedingte Beschlussfassung der Aktionäre<br />

an der Generalversammlung, in: Festschrift für Jean Nicolas<br />

Druey, ra i n e r J. sc h W e i z e r/he r B e r T Bu r K e r T/ur s ga s s er<br />

(Hrsg.), Zürich 2002.<br />

Fe h l M a n n Ku r T, Die Aktie im anglo-amerikanischen und kontinentalen<br />

Recht in rechtsvergleichender Darstellung, Diss.<br />

Bern 1950.<br />

Fo r s T M o s e r Pe T e r /Me i e r-hay o z ar T h u r /no B e l Pe T e r, Schwei-<br />

zerisches Aktienrecht, Bern 1996.<br />

Fu c h s an d r e a s, <strong>Tracking</strong> Stock – Spartenaktien als Finanzierungsinstrument<br />

für deutsche Aktiengesellschaften, Zeitschrift<br />

für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (ZGR) 2<br />

(2003), S. 167 ff.<br />

ha s s JeFFr e y J., Directorial Fiduciary Duties in a <strong>Tracking</strong><br />

Stock Equity Structure: The Need for a Duty of Fairness, in:<br />

Michigan Law Review, Vol. 94 (1996), S. 2089 ff.<br />

ho M B u r g e r er i c, Zürcher Kommentar zum Schweizerischen<br />

Privatrecht, Teilband V 5b: Der Verwaltungsrat - Art. 707-726,<br />

Zürich 1997.<br />

he i n r i c h ho n s e l l /ne d iM Pe T e r Vo g T/ro l F WaT T e r (Hrsg.), Basler<br />

Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht<br />

II, Art. 530-1186 OR, 3. Auflage, Basel 2008. (Zit.<br />

BSK OR II-Be a r B e iT e r /in)<br />

ho r B e r Fe l i x, Die Sonderversammlung im Aktienrecht, Zürich<br />

1995 = Schriften zum neuen Aktienrecht Band 9.<br />

hu g u e n i n Ja c o B s cl a i r e, Das Gleichbehandlungsprinzip im<br />

Aktienrecht, Habil. Zürich 1994.<br />

Ja e g e r ch r i sT o P h e r, Targeted Stock als Restrukturierungsin-<br />

strument, Diss. Koblenz, Wiesbaden 1999.<br />

26<br />

Kä g i ar T h u r, Die Prioritätsaktie nach schweizerischem und<br />

deutschem Recht, Diss. Zürich, Aarau 1918.<br />

Ko l l e r ar n o l d, Grundfragen einer Typuslehre im Gesell-<br />

schaftsrecht, Diss. Freiburg 1967.<br />

Ku h n chrisTian, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> im deutschen Aktienrecht,<br />

Diss. Hamburg 2007 = Schriften zum Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

Band 19.<br />

Ku n z Pe T e r V., Aktienrechtsrevision 20xx, in: Jusletter 2. Feb-<br />

ruar 2009. (Zit.: Ku n z, Aktienrechtsrevision)<br />

Ku n z Pe T e r V., Der Minderheitenschutz im schweizerischen Aktienrecht,<br />

Habil. Bern 2001. (Zit. Ku n z, Minderheitenschutz)<br />

li eB i Ma r T i n, Vorzugsaktien, Diss. Zürich 2008 = Schweizer<br />

Schriften zum Handels- und Wirtschaftsrecht Band 269.<br />

lo g u e de n n i s e./se W a r d Ja M e s K./Wa l s h Ja M e s P., Rearranging<br />

Residual Claims: A Case for Targeted Stock, Financial<br />

Management, Vol. 25, No. 1, Spring 1996, S. 43 ff.<br />

Me i e r-hay o z ar T h u r, Berner Kommentar zum Schweizerischen<br />

Zivilgesetzbuch, Einleitung, Art. 1-10 ZGB, Bern<br />

1962.<br />

Me i e r-hay o z ar T h u r /Fo r s T M o s e r Pe T e r, Schweizerisches Ge-<br />

sellschaftsrecht, 10. Auflage, Bern 2007.<br />

Me i e r-sc h aT z chrisTian J., Die Zulässigkeit aussergesetzlicher<br />

Rechtsformwechsel im Gesellschaftsrecht, Zeitschrift<br />

für Schweizerisches Recht (ZSR) 5 (1994), S. 353 ff.<br />

Me r K T ha n n o/gö T h e l sT e P h a n r., us-amerikanisches Gesellschaftsrecht,<br />

2. Auflage, Frankfurt am Main 2006.<br />

naT u s c h in g o, «<strong>Tracking</strong> Stock» als Instrument der Beteiligungsfinanzierung<br />

diversifizierter Unternehmen, Diss. Münster,<br />

Köln 1995 = Reihe Finanzierung, Steuern, Wirtschaftsprüfung<br />

Band 26.<br />

ne n n i n g e r Jo h n, Der Schutz der Minderheit in der Aktiengesellschaft<br />

nach schweizerischem Recht, Diss. Basel, Basel/<br />

Stuttgart 1974 = Basler Studien zur Rechtswissenschaft Heft<br />

105.<br />

no lT e al e x a n d e r F., <strong>Tracking</strong> Stock Strukturen im US-amerikanischen<br />

und deutschen Aktienrecht, Diss. Berlin 2004 =<br />

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 171.<br />

PF iF F n e r da n i e l chrisTian, Revisionsstelle und Corporate<br />

Governance, Diss. Zürich 2008 = Schweizer Schriften zum<br />

Handels- und Wirtschaftsrecht Band 275.<br />

Pr i n z ul r i c h/sc h ü r n e r ca r l Th o M a s, Rechnungslegung bei<br />

<strong>Tracking</strong> Stock-Strukturen in Deutschland - Grundfragen und<br />

Gestaltungsüberlegungen, Deutsches Steuerrecht (DStR) 18<br />

(2001), S. 759 ff.<br />

ri hM Th o M a s, Die gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen<br />

Aspekte von Unternehmenssegmentsaktien in der Schweiz<br />

(Teil II) - Knacknuss ist das variable Stimmrecht, Finanz und<br />

Wirtschaft vom 1.11.2000 (Nr. 87), S. 19. (Zit: ri hM, s. 19)


Christophe Scheidegger, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, in: Jusletter 19. April 2010<br />

ri hM Th o M a s, Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Aspekte<br />

von Unternehmenssegmentsaktien (<strong>Tracking</strong> bzw.<br />

Targeted <strong>Stocks</strong>) in der Schweiz - Privatautonomie erlaubt<br />

<strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, Finanz und Wirtschaft vom 28.10.2000 (Nr.<br />

86), S. 49. (Zit: ri hM, S. 49)<br />

si e g e r Jü r g e n J./ha s s e l B ac h Ka i, «<strong>Tracking</strong> Stock» im deutschen<br />

Aktienrecht, Betriebsberater (BB) 25 (1999), S.<br />

1277 ff.<br />

sT e i nB e r g e r er i c a h./ha s s JeFFr e y J., Introduction to <strong>Tracking</strong><br />

<strong>Stocks</strong>, in: Acquisitions, Mergers, Spin-Offs and other<br />

Restructurings, Practising Law Institute (Hrsg.), New York<br />

1993.<br />

Ta n n e r Br i g iT T e, Quoren für die Beschlussfassung in der Aktiengesellschaft,<br />

Diss. Zürich 1987 = Schweizer Schriften zum<br />

Handels- und Wirtschaftsrecht Band 100.<br />

Th i e l sa n d r a, Spartenaktien für deutsche Aktiengesellschaften,<br />

Diss. Berlin, Köln usw. 2001 = Abhandlungen zum deutschen<br />

und europäischen Handels- und Wirtschaftsrecht<br />

Band 126.<br />

To n n e r Ma r T i n, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong>, Diss. Bonn, Köln usw. 2002<br />

= Abhandlungen zum deutschen und europäischen Handels-<br />

und Wirtschaftsrecht Band 131.<br />

Tr u FFer ro l a n d, Die Sachverständigen zur Prüfung der<br />

Geschäftsführung (Art. 731a Abs. 3 OR), in: Unternehmen-<br />

Transaktion-Recht: liber Amicorum für Rolf Watter zum 50.<br />

Geburtstag, ne d iM P. Vo g T/er i c sT u P P/di eT e r du B s (Hrsg.),<br />

Zürich 2008.<br />

Wu n s c h Th o M a s, <strong>Tracking</strong> <strong>Stocks</strong> – Geschäftsbereichsbezogene<br />

Gewinnbeteiligungen bei Aktiengesellschaften, Diss.<br />

Bayreuth, Frankfurt am Main 2002 = Schriften zum Gesellschafts-<br />

und Kapitalmarktrecht Band 4.<br />

Materialienverzeichnis<br />

Botschaft zur Änderungen des Obligationenrechts (Aktienrecht<br />

und Rechnungslegungsrecht sowie Anpassungen<br />

im Recht der Kollektiv- und der Kommanditgesellschaft, im<br />

GmbH-Recht, Genossenschafts-, Handelsregister- sowie<br />

Firmenrecht) vom 21. Dezember 2007; Bundesblatt (BBl)<br />

2007, S. 1589 ff. (Zit. Bo T s c h a F T aK T i e n r e c hT 2007)<br />

Christophe Scheidegger, MLaw Universität Bern. Der Autor<br />

absolviert momentan das Gerichtspraktikum in Schlosswil,<br />

Kanton Bern.<br />

Vorliegender Beitrag wurde als Masterarbeit bei Prof. Peter<br />

V. Kunz am Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Bern<br />

eingereicht.<br />

27<br />

* * *

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!