sp3-Hybridorbitale
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23. Kohlenstoff-Silicium-Gruppe (4.HG, 14. Gruppe des PSE)<br />
Zur Kohlenstoffgruppe gehören die Elemente Kohlenstoff (C), Silicium (Si), Germanium (Ge), Zinn<br />
(Sn) und Blei (Pb). In keiner Gruppe des Periodensystems ist die Verschiedenheit der Glieder einer<br />
chemischen Familie so ausgeprägt wie in dieser 4. HG. So hat das Anfangsglied, der Kohlenstoff, in<br />
seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften kaum noch Ähnlichkeit mit dem Endglied, dem<br />
Blei. Dies hängt mit der starken Zunahme des metallischen Charakters vom Nichtmetall C zum Metall<br />
Pb zusammen, da die diagonale Trennungslinie zwischen Nichtmetallen und Metallen der HGE - die<br />
im PSE von links oben nach rechts unten verläuft - die Kohlenstoffgruppe in der Mitte durchschneidet.<br />
Je weiter man sich von der 4. HG nach links oder nach rechts entfernt, um so geringer werden<br />
dementsprechend die Unterschiede in den Eigenschaften der zu einer Gruppe gehörigen Elemente, wie<br />
etwa die einander so ähnlichen Alkalimetalle Li, Na, K, Rb, Cs, Fr in der 1. HG und die einander so<br />
ähnlichen Halogene F, Cl, Br, I, At in der 7. HG zeigen.<br />
Kohlenstoff und Silicium sind Nichtmetalle, Germanium ist ein Halbmetall, Zinn und Blei sind<br />
Metalle. Diese Zuordnung ist jedoch nicht eindeutig, denn in den Strukturen der Elemente ist be im<br />
Zinn der nicht metallische Charakter, beim Silicium schon der metallische erkennbar.<br />
Gemeinsame Valenzelektronenkonfiguration: n s 2 p 2 (n = 2-6)<br />
Wichtige Oxidationsstufen: +II und +IV<br />
- Mit wachsender Ordnungszahl nimmt die Stabilität der Verbindungen mit der Oxidationszahl +II zu,<br />
die der Verbindungen mit der Oxidationszahl +IV ab: PbCl4 und PbH4 sind unbeständig, während<br />
CCl4 und CH4 sehr stabil sind; Ge(II)- und Sn(II)-Verbindungen sind stabil, aber Reduktionsmittel;<br />
nur bei Pb sind Pb(II)-Verbindungen stabiler als Pb(IV) -Verbindungen. PbO2 ist im Unterschied zu<br />
den anderen Dioxiden (CO2, SiO2, GeO2, SnO2) ein Oxidationsmittel; in der Natur gibt es daher Pb<br />
überwiegend nur in Verbindungen mit der OZ +II und C, Si, Ge, Sn nur in Verbindungen mit der OZ<br />
+IV.<br />
Besonders die Nichtmetalle Kohlenstoff und Silicium bilden in vielen ihrer Verbindungen vier<br />
kovalente Bindungen in tetraedrischer Anordnung aus (sp 3 -Hydrisierung am C bzw. Si, s. S. 87<br />
Hybridisierungskonzept).<br />
sp 3 -<strong>Hybridorbitale</strong><br />
284
Charakteristisch für das C-Atom ist seine Fähigkeit, mit anderen Nichtmetallatomen<br />
Mehrfachbindungen einzugehen, z. B.:<br />
C C C N C O C C C N<br />
Das mehrfach gebundene C-Atom ist sp 2 -hybridisiert, wenn es eine π-Bindung bildet, und sphybridisiert,<br />
wenn es zwei π-Bindungen bildet.<br />
Von allen Elementen besitzt Kohlenstoff die größte Tendenz zur Verkettung gleichartiger Atome.<br />
Kohlenstoff bildet daher mehr Verbindungen als alle anderen Elemente, abgesehen von Wasserstoff.<br />
Die Fülle dieser Verbindungen ist Gegenstand der organischen Chemie. Zum Stoffgebiet der<br />
anorganischen Chemie zählen nur die Modifikationen und einige einfache Verbindungen des<br />
Kohlenstoffs.<br />
23.1 Kohlenstoff<br />
Vorkommen:<br />
elementar: - Diamanten<br />
- Graphit<br />
gebunden: - Mineralreich in Form von Carbonaten<br />
- Produkte der Umwandlung umweltlicher pflanzlicher und tierischer Organismen:<br />
Kohlen (Braunkohle, Steinkohle, Anthrazit), Erdöl, Erdgase<br />
Diamant in Kimberlit<br />
285
Methan wird in Erdgasen gefunden. Außerdem sind etwa 10 bis 15 Trillionen Tonnen dieses<br />
brennbaren Gases (das ist eine doppelt so große Kohlenstoffreserve wie alle Erdöl-, Erdgas- und<br />
Kohlevorkommen der Erde) gespeichert in Molekülkäfigen aus gefrorenem Wasser (Methanhydrate)<br />
in den Permafrostböden Sibiriens oder Alaskas und vor allem aber auch in den Ozeanböden bei rund<br />
einem Grad Celsius und in Tiefen zwischen 500 und 900 Metern. An Methan mangelt es nicht in den<br />
Weltmeeren. Das Gas entsteht bei der Verwesung von Plankton, Algen und Fischen. Methanhydrat<br />
könnte als Ersatz für Kohle, Gas und Öl dienen. Die Verbindung aus Sumpfgas (CH4) und Eis ist<br />
allerdings schwer zu fördern.<br />
Methaneis<br />
entflammter<br />
Methaneisbrocken<br />
Methaneisfeld am Meeresgrund<br />
286
- Biosphäre in Form von organischen Verbindungen, Carbonaten und Kohlenstoffdioxid<br />
- Hydrosphäre Carbonate und Kohlenstoffdioxid (0,005 Gew. %)<br />
- Atmosphäre Kohlenstoffdioxid (0,036 Vol. %)<br />
Die Kohlenstoffmengen in der Biosphäre, Atmosphäre, Hydrosphäre und Lithosphäre verhalten sich<br />
wie 1 : 2 : 50 : 100000. Von den in der Biosphäre vorhandenen Kohlenstoff entfallen mehr als 99 %<br />
auf die Pflanzenwelt („Flora“) und weniger als 1 % auf die Tierwelt („Fauna“).<br />
Wichtige Carbonate im Mineralreich:<br />
Calciumcarbonat CaCO3 (Kalkstein, Marmor, Kreide) bildet<br />
ganze Gebirge<br />
Calcium-magnesiumcarbonat CaCO3 ⋅ MgCO3 (Dolomit)<br />
Magnesiumcarbonat MgCO3 (Magnesit)<br />
Eisencarbonat FeCO3 (Eisenspat)<br />
Mangancarbonat MnCO3 (Manganspat)<br />
Rhodochrosit, Manganspat, Himbeerspat MnCO 3<br />
Isotopenzusammensetzung des natürlich vorkommenden Ko hlenstoffs:<br />
12<br />
6 C (98,9 %)<br />
13<br />
6 C (1,1 %) Kernspin = 1 13<br />
→ C-NMR-Spektroskopie<br />
2<br />
287
14<br />
6 C (Spuren) Radioaktiv {β-Strahler, ι1/2 (Halbwertzeit): 5730Jahre}, Altersbestimmung<br />
kohlenstoffhaltiger historischer und prähistorischer Organismen (vergl.<br />
„Kohlenstoff-Uhr“ S. 13/14)<br />
Modifikationen des Kohlenstoffs<br />
Zwei hochmolekulare, kristallisierte Formen CX: Reihe niedermolekularer<br />
Modifikationen Cn (n u.a. 60, 70,<br />
76, 78, 84)<br />
Diamant Graphit Fullerene<br />
farblos grau, metallisch glänzend gelbbraun bis schwarzbraun<br />
Dichte: 3,514 g/cm 3 2,26 1,65 (C60)<br />
Smp: 3800 °C (bei 130 kbar) 3800 °C (bei 0,2 bar) > 360 °C (C60)<br />
Diamant<br />
Im Diamant sind die C-Atome durch kovalente Bindungen dreidimensional verknüpft. Jedes C-Atom<br />
ist tetraedrisch von vier C-Atomen umgeben. Es wird durch vier σ-Bindungen an seine Nachbaratome<br />
gebunden. Die C-C Einfachbindungen (Länge: 1,5445 Å) kommen durch Überlappung tetraedrisch<br />
ausgerichteter sp 3 -<strong>Hybridorbitale</strong> zustande:<br />
Jedes C-Atom ist von vier C -Atomen<br />
tetraedrisch umgeben.<br />
Diamant-Struktur<br />
Ausbildung von vier (sp 3 -sp 3 )s-Bindungen.<br />
288
In der Diamant-Struktur kristallisieren auch Si, Ge und graues Zinn.<br />
Aufgrund der hohen C-C- Bindungsenergie (348 kJ/mol) ist Diamant eine hochschmelzende und sehr<br />
harte Substanz (er ist der härteste natürliche Stoff). Alle Valenzelektronen sind in den<br />
sp 3 -<strong>Hybridorbitale</strong>n lokalisiert, Diamantkristalle sind daher farblos und nichtleitend. Wegen der<br />
starken Lichtberechnung (lebhaftes Farbenspiel) und des hohen Glanzes sind die geschliffenen reinen<br />
Diamanten („Brillianten“) als besonders kostbare Edelsteine geschätzt.<br />
Brillant<br />
Die große Zarenkrone von Katharina II.<br />
289
Bei Anwesenheit geringer Beimengen können die Diamanten statt farblos auch gelb (N auf<br />
C-Plätzen), blau (B auf C-Plätzen), violett, grün oder tiefschwarz („Carbonados“) aussehen. 95 % der<br />
gefundenen Diamanten werden wegen ihrer Härte zum Schleifen besonders harter Materialien<br />
(insbesondere des Diamanten selbst), in Form von Bohrerspitzen zum Bohren besonders harter<br />
Gesteine, in Form von Trennscheiben zum Schneiden von Glas, als Achslager für<br />
Präzisionsinstrumente und als Ösen zum Ziehen feinster Drähte harter Metalle verwendet. Diamant ist<br />
metastabil, er wandelt sich unter Luftausschluss beim Erhitzen auf über 1500 °C unter geringer<br />
Wärmeentwicklung in den thermodynamisch stabileren Graphit um:<br />
1500 °C<br />
CDiamant CGraphit ΔH = -1,9 kJ/mol<br />
Bei hohen Drücken ist Diamant thermodynamisch stabiler als Graphit, weil er eine höhere Dichte<br />
besitzt. Durch Hochdrucksynthesen (p = 53 - 100 kbar, T = 1500-1800°C, Kat.) werden pro Jahr über<br />
20 t künstliche Diamanten für industrielle Zwecke erzeugt.<br />
Offenbar sind auch die natürlichen Diamanten unter hohem Druck entstanden, denn die primären<br />
Diamantenvorkommen in Südafrika und Sibirien finden sich in Tiefengesteinen, die an die<br />
Erdoberfläche gelangt sind. Der größte bisher gefundene Diamant („Cullinan“ Südafrika 1905) hat<br />
eine Masse von 3106 Karat (1 Karat 0,2 g).<br />
Rohdiamanten<br />
71,5 Karat 135,1 Karat<br />
290
Graphit<br />
Graphit setzt sich aus übereinander gelagerten ebenen Kohlenstoffschichten zusammen.<br />
a)<br />
a) Struktur von hexagonalem ?-Graphit (Schichtfolge ABAB)<br />
b) Darstellung der zu delokalisierten π-Bindungen befähigten p-Orbitale<br />
c) Valenzstrichformel (eine von mehreren möglichen Grenzstrukturen)<br />
Innerhalb der Schichten ist jedes C-Atom von drei Nachbarn in Form eines Dreiecks umgeben. Jedes<br />
C-Atom ist sp 2 -hybridisiert und bildet mit drei seiner vier Außenelektronen drei lokalisierte<br />
σ-Bindungen zu seinen drei Atomnachbarn aus. Die „vierten“ Valenzelektronen der C-Atome sind in<br />
delokalisierten π-Molekülorbitalen untergebracht, die aus einer Kombination der an der<br />
Hybridisierung nicht beteiligten, zu den sp 2 -<strong>Hybridorbitale</strong>n senkrecht orientierten p-Atomorbitalen<br />
der Kohlenstoffatome (vergl. b) resultieren. Somit sind die C-Atome des Graphits wie c)<br />
veranschaulicht, sowohl durch σ- als auch π-Bindungen miteinander verknüpft. Die<br />
Valenzstrichformel in c) stellt dabei nur eine von vielen denkbaren mesomeren Grenzstrukturen dar.<br />
Erst aus der Kombination aller mesomeren Grenzstrukturen folgen die Bindungsverhältnisse des<br />
Graphits in der richtigen Weise. Im Graphit sind alle C-C-Bindungen gleich lang. Der C-C-Abstand<br />
beträgt 142 pm. Er entspricht einer Bindungsordnung von 1 3<br />
1 , wenn man berücksichtigt, dass die<br />
berechneten Werte für eine C-C-Einfachbindung 154 pm und für eine C=C-Doppelbindung 134 pm<br />
betragen.<br />
Die unter a) wiedergegebene Graphitform, bei der jede dritte Schicht in ihrer Lage der ersten<br />
entspricht ist die stabile und und gibt die Struktur der gewöhnlich vorkommenden Form des Graphits<br />
wieder („hexagonaler“ - oder α-Graphit). Die innerhalb der Schichten gut beweglichen π-Elektronen<br />
verursachen den metallischen Glanz, die schwarze Farbe und die gute Leitfähigkeit parallel zu den<br />
Schichten (spezifische elektrische Leitfähigkeit = 2,6 . 10 4 Ω -1 . cm -1 ). Senkrecht zu den Schichten ist<br />
die Leitfähigkeit 10 4 mal schlechter. Die gute elektrische Leitfähigkeit ermöglicht seine Verwendung<br />
als Elektrodenmaterial. Graphitischer Kohlenstoff wird künstlich durch thermische Zersetzung von<br />
b)<br />
c)<br />
291
Kohle, Erdöl oder Erdgas als künstlicher Graphit, Pyrokohlenstoff, Faserkohlenstoff, Koks, Ruß und<br />
Aktivkohle hergestellt. Diese verschiedenen Kohlenstoffsorten unterscheiden sich voneinander in der<br />
Größe und Anordnung sowie der Schichtstruktur der Graphitkristalle. Zwischen den Schichten sind<br />
nur schwache van der Waals-Kräfte wirksam. Dies hat einen Abstand der Schichten von 335 pm zur<br />
Folge und erklärt die leichte Verschiebbarkeit der Schichten gegeneinander. Graphit wird daher als (in<br />
reiner Form oder mit Fetten vermischt) als Schmiermittel verwendet. Die Eigenschaft des Graphits<br />
anzufärben, benutzt man bei der Herstellung von Bleistiften a) (Variierung der Härte der Bleistiftmine<br />
durch Tonzusatz).<br />
a) Der Name „Bleistift“ rührt daher, dass man früher einmal mit einem aus Blei (+ Zinn) gegossenem<br />
Stift schrieb, der ebenso wie Graphit die Eigenschaft besitzt, grau abzufärben. Die Verwendung des<br />
Graphits zum Schreiben hat ihm seinen Namen gegeben: graphein (griech.) ≡ schreiben.<br />
Aktivkohle ist eine feinkristalline, lockere Graphitform mit großer spezifischer Oberfläche (ca. 1000<br />
m 2 /g), die ein hohes Adsorptionsvermögen besitzt. Verwendung: in Gasmaskeneinsätzen zur<br />
Adsorption giftiger Gase aus der Luft (CO wird nur adsorbiert, wenn vorherige Oxidation zu CO2, z.<br />
B. mit Silberpermanganat AgMnO4), Entfuselung von Spiritus, Entfernung von Farbstoffen und<br />
Verunreinigungen aus Lösungen (z. B. Entfärbung von Rohrzuckerlösungen), in der Medizin zur<br />
Entgiftung und Entgasung des Darmkanals (Kohletabletten). Aktivkohlenstoffe dienen auch zur<br />
Rauchgasentschwefelung und darüber hinaus zur Entfernung von NOx aus Rauchgas.<br />
Fullerene<br />
Durch Verdampfen von Graphit in einer He-Atmosphäre entstehen große Kohlenstoffmoleküle mit<br />
Hohlkugelgestalt, die faszinierenden Fullerene C60, C70, C74, C76, C78, C82, C84, C86, C88, C90 und C94.<br />
Am besten untersucht ist das Buckminsterfulleren C60, dessen Struktur bereits 1985 richtig<br />
vorausgesagt wurde (es wurde nach dem Achitekten Buckminster–Fuller benannt, der zur Expo 1967<br />
in Montreal eine Kuppelkonstruktion aus sechseckigen und fünfeckigen Zellen entworfen hatte).<br />
Das kugelförmige C60-Molekül hat einen Durchmesser von 700 pm, besitzt ikosaedrische Symmetrie<br />
(Punktgruppe Ih) und ist, wie ein Fußball, aus 20 Sechsringen und 12 Fünfringen aufgebaut.<br />
Im C60-Molekül sind alle 60 Kohlenstoffatome äquivalent. Wie im Graphit ist jedes C-Atom<br />
sp 2 -hybridisiert und bildet mit jedem der 3 Nachbarn eine σ-Bindung. Die π-Elektronen sind aber<br />
nicht wie in den Graphitschichten delokalisiert, sondern bevorzugt in den Bindungen zwischen den<br />
Sechsecken lokalisiert.<br />
Der große Hohlraum des C60-Moleküls macht dieses zu einem molekularen Container. Beim LaC60<br />
erfolgt der Einschluss beim Aufbau der Fullerene. Bei HeC60 wird das He-Atom in den Käfig<br />
hineingeschossen.<br />
C 60 C 70 C 76<br />
292
23.1.1 Verbindungen des Kohlenstoffs<br />
a) Carbide<br />
Carbide sind Verbindungen des Kohlenstoffs mit Metallen und den Halbmetallen B und Si.<br />
Kohlenstoff ist in den Carbiden der elektronegativere Reaktionspartner. Die Carbide können in<br />
kovalente, salzartige und metallische Carbide eingeteilt werden.<br />
Mit den Elementen ähnlicher Elektronegativität, B und Si bildet Kohlenstoff kovalente Carbide , z. B.<br />
Siliciumcarbid SiC und Borcarbid B4C.<br />
α) Siliciumcarbid, SiC<br />
Zur technischen Darstellung von SiC erhitzt man ein Gemisch von Quarzsand und überschüssigem<br />
Koks (meist Petrolkoks oder Anthrazit) im elektrischen Ofen auf 2200 - 2400 °C.<br />
0<br />
2200 °C<br />
-IV +II<br />
SiO2 + 3C SiC + 2CO ΔH = +625 kJ/mol<br />
Technisches SiC ist wegen vorhandener Verunreinigungen dunkel gefärbt, während reines SiC farblos<br />
ist. Wie der Kohlenstoff und das Silicium bildet auch SiC ein Diamantgitter.<br />
Eine Keramik aus SiC gehört zu den Nichtoxidkeramiken (weitere Vertreter: B4C, Si3N4<br />
(Trisiliciumtetranitrid), BN. Die Nichtoxidkeramiken sind hinsichtlich Festigkeit und Härte den<br />
Oxidkeramiken (z. B. Al2O3, MgO, ZrO2, TiO2) überlegen, nicht jedoch hinsichtlich der<br />
Sauerstoffbeständigkeit. SiC ist fast so hart wie Diamant, ritzt z.B. Stahl. Wird verwendet als Schleif-<br />
und Poliermittel, Legierungsbestandteil in der Metallurgie und für Keramik-Anwendungen.<br />
Salzartige Carbide werden mit den elektropositivsten Metallen gebildet. Es sind farblose, hydrolyse-<br />
empfindliche Feststoffe. Am Häufigsten sind ionische Carbide, die aus Metallkationen und dem<br />
Acetylenid Anion [ C ≡ C ] 2- aufgebaut sind.<br />
β) Calciumcarbid CaC2<br />
Technische Herstellung aus Branntkalk CaO und Koks im elektrischen Lichtbogen:<br />
0 -I +II<br />
2200 °C<br />
CaO + 3C CaC2 + CO ΔH = +465 kJ/mol<br />
Aus CaC2 entsteht bei 1100 °C mit Stickstoff ein Gemisch aus Calciumcyanamid und Kohlenstoff, das<br />
als Kalkstickstoff bezeichnet wird.<br />
1100 °C<br />
CaC 2 + N 2 CaCN 2 + C ΔH = -291 kJ/mol<br />
CaCN2 ist das Calciumsalz des Cyanamids H2N-CN Kalkstickstoff dient als Stickstoffdüngemittel, da<br />
er im Boden unter Einwirkung von Wasser und Bakterien langsam in Ammoniak übergeht:<br />
CaCN 2 + 3H 2O CaCO 3 + 2NH 3<br />
293
Die Umsetzung von Calciumcarbid mit Wasser ergibt Ethin (Acetylen):<br />
CaC2 + 2H2O HC CH + Ca(OH) 2<br />
Metallische Carbide (Einlagerungscarbide) sind Verbindungen mit Übergangsmetallen, in denen die<br />
kleinen C-Atome die Lücken von Metallgittern (vergl. Abschnitt 23.3.1. Kristallstrukturen der<br />
Metalle) besetzen. Es entstehen Stoffe mit großer Härte, hohen Schmelzpunkten und metallischer<br />
Leitfähigkeit, die z. B. als Hartmetalle interessant sind. Durch besonders „hohe Härte“ zeichnet sich<br />
„Widiametall“, ein Sinterwerkstoff aus Wolframcarbid WC und 10 % Cobalt aus, das so hart wie<br />
Diamant (z. B. Widiabohrer) ist.<br />
b) Halogen- und Schwefelverbindungen des Kohlenstoffs<br />
α) Kohlenstofftetrachlorid , CCl4 ist eine farblose, nicht brennbare Flüssigkeit (Sdp. 76 °C). Es ist<br />
chemisch reaktionsträge und wird als unpolares Lösungsmittel und Feuerlöschmittel verwendet.<br />
β) Kohlenstoffdisulfid (Schwefelkohlenstoff), CS2, entsteht aus Schwefeldampf und Kohlenstoff.<br />
850 °C<br />
C + 2S(g) CS 2 ΔH = +117 kJ/mol<br />
Es ist eine farblose, sehr giftige, leicht entzündliche Flüssigkeit (Sdp. 46 °C) und ein gutes<br />
Lösungsmittel für Fette, Öle, Schwefel, Phosphor und Iod. Das CS2-Molekül ist wie CO2 ein lineares<br />
Molekül mit einem sp-hybridisiertem C-Atom und zwei (p-p)π-Bindungen.<br />
c) Sauerstoffverbindungen des Kohlenstoffs<br />
Oxidationszahl<br />
C<br />
+II<br />
+IV<br />
α) Kohlenstoffmonoxid, CO<br />
Oxide Säuren Salze<br />
CO<br />
Kohlenstoffmonoxid<br />
CO2<br />
Kohlenstoffdioxid<br />
„H2CO3“<br />
Kohlensäure<br />
HCO3 -<br />
Hydrogencarbonate<br />
CO3 2-<br />
Carbonate<br />
Farbloses, geruchloses, brennbares, sehr giftiges Gas (Sdp. = -191,5 °C), die starke Giftigkeit (MAK-<br />
Wert 33 mg/ m 3 ) vom CO beruht auf seinem guten Komplexbildungsvermögen (s.u.).<br />
Struktur, Komplexbildungsvermögen und Giftigkeit:<br />
CO bildet als Ligand mit Übergangsmetallen Carbonylkomplexe {z. B. Cr(CO)6 Chromhexacarbonyl,<br />
Ni(CO)4 Nickeltetracarbonyl}.<br />
294
CO ist isoelektronisch mit N2, NO + und CN - (alle besitzen 10 Valenzelektronen), von denen ebenfalls<br />
viele Komplexe mit Übergangsmetallen bekannt sind:<br />
C O N N N O<br />
+<br />
C N<br />
In diesen Molekülen sind die Atome durch eine σ-Bindung und zwei π-Bindungen verbunden<br />
{≡ Dreifachbindung → kurzer CO-Abstand ( 1 , 10 Å) und hohe Dissoziationsenergie (1077,10 kJ/mol)}<br />
Kohlenstoffmonoxid bildet mit dem einsamen Elektronenpaar am C-Atom eine dative σ-Bindung<br />
Ligand→Metall (L → M) und kann gleichzeitig über leere π-Orbitale Elektronendichte aus besetzten<br />
π-Orbitalen des Metallatoms aufnehmen (M→L). Hin- und Rückbindung verstärken sich gegenseitig.<br />
In der Lunge bindet das rote Hämoglobin des Blutes über Fe(II) den eingeatmeten Luft-Sauerstoff<br />
unter Bildung von hellrotem Disauerstoff-Hämoglobin („Oxyhämoglobin“) und gibt ihn an den Stellen<br />
geringeren Sauerstoffpartialdruckes (z. B. in den Muskeln an das Myoglobin) wieder ab. (vergl.<br />
Abschnitt 28.1. Eisen):<br />
O 2 + Hämoglobin O 2<br />
Hämoglobin<br />
Befindet sich CO in der Luft, so wird bevorzugt nicht der Sauerstoff, sondern das Kohlenstoffmonoxid<br />
vom Fe(II) des Hämoglobins gebunden, da die Affinität des letzteren zu CO etwa 300 mal größer als<br />
die zu O2 ist:<br />
CO + Hämoglobin CO Hämoglobin<br />
Dementsprechend ist CO in der Lage, aus dem O2-Hämoglobin den Sauerstoff unter Bildung von<br />
CO-Hämoglobin („Carboxyhämoglobin“) zu verdrängen:<br />
O 2 Hämoglobin + CO CO Hämoglobin + O 2<br />
Bei einem Gehalt von nur 0,3 % CO in der Luft werden bereits 75 % des Hämoglobins in<br />
CO-Hämoglobin umgewandelt. Fallen aber 60-70 % des Hämoglobins infolge CO-Bindung für die<br />
O2-Versorgung aus, so tritt beim Menschen der Tod ein (bei 0,3 % CO nach 15 Minuten).<br />
Da es sich bei letzterer Umsetzung um eine umkehrbare Reaktion handelt, bei der keine Zerstörung<br />
des Hämoglobin-Gerüstes erfolgt, kann das CO-Hämoglobin durch Einwirkung eines großen O2-<br />
Überschusses gemäß dem Massenwirkungsgesetz wieder in O2-Hämoglobin umgewandelt werden.<br />
Hiervon macht man bei CO-Vergiftungen Gebrauch (Sauerstoffbeatmung).<br />
Im Gegensatz zu anderen stark giftigen Gasen, wie Blausäure HCN oder Schwefelwasserstoff H2S, ist<br />
CO geruchlos.<br />
Die qualitative CO-Bestimmung erfolgt durch Gaschromatographie oder IR-Spektroskopie.<br />
-<br />
295
Darstellung, Chemische Eigenschaften:<br />
CO entsteht bei der unvollständigen Verbrennung von Kohlenstoff und kohlenstoffhaltigen<br />
Verbindungen neben Kohlenstoffdioxid. {Generatorgas besteht in der Hauptsache aus einem Gemisch<br />
von CO (etwa 30 %) und Stickstoff, man erhält es bei der unvollständigen Verbrennung von Kohle}<br />
1<br />
C +<br />
2<br />
O2 CO ΔH = -111 kJ/mol<br />
An der Luft verbrennt CO mit charakteristischer blauer Flamme zu CO2 (Versuch):<br />
1<br />
CO +<br />
2<br />
O2 CO2 ΔH = -283 kJ/mol<br />
Wegen des starken Bestrebens zur Vereinigung mit Sauerstoff dient CO in der Technik bei erhöhter<br />
Temperatur (größere Reaktionsgeschwindigkeit) als Reduktionsmittel (vergl. Hochofenprozess,<br />
Eisenoxide werden reduziert, Abschnitt 28.1. Eisen).<br />
Durch Synproportionierung von Kohlenstoff und Kohlenstoffdioxid entsteht im Hochofen<br />
Kohlenstoffmonoxid:<br />
C + CO 2 2CO ΔH = +173 kJ/mol<br />
Die Reaktion führt bei jeder Temperatur zu einem bestimmten Gleichgewicht (bekannt als<br />
„Boudouard-Gleichgewicht“). Das Gleichgewicht der Reaktion verschiebt sich erst mit steigender<br />
Temperatur und fallendem Druck nach rechts, da es sich um eine endotherme und mit<br />
Volumenvermehrung verbundene Reaktion handelt. Bei 450 °C liegt es praktisch ganz auf der Seite<br />
des Kohlenstoffdioxids und bei 1000 °C praktisch ganz auf der Seite des Kohlenstoffmonoxids:<br />
Anteil [%]<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
CO2<br />
CO<br />
0<br />
450 600 700 800 900 1000<br />
Temperatur [ C]<br />
296
Große technische Bedeutung besitzt CO auch bei den Kohlenwasserstoffsynthesen nach Fischer und<br />
Tropsch mit CO/H2-Gemischen. Das dazu notwendige Synthesegas (CO/H2-Gemisch) erhält man z. B.<br />
beim Überleiten von Wasserdampf über stark erhitzten Koks (Reduktion von Wasserdampf mit Koks):<br />
C + H 2O CO + H 2 ΔH = +131 kJ/mol<br />
Wassergas (oder Synthesegas)<br />
Unter Laborbedingungen gewinnt man CO durch Eintropfen von Ameisensäure in warme<br />
wasserentziehende konz. Schwefelsäure (CO kann als Anhydrid der Ameisensäure aufgefasst<br />
werden; da es jedoch mit Wasser keine Ameisensäure zurückbildet, ist es ein „unechtes“<br />
Anhydrid):<br />
konz. H 2SO 4<br />
HCOOH CO + H 2O<br />
Löslichkeit in H2O:<br />
In 100 ml Wasser lösen sich bei 20 °C 2,3 ml CO.<br />
Chemischer Nachweis:<br />
Palladium wird von CO schon bei Raumtemperatur aus wässeriger Pd(II)-Lösung ausgefällt<br />
(Reduktion von Pd 2+ ):<br />
+II +II 0 +IV<br />
Pd 2+ + 3H 2O + CO Pd + 2H 3O + + CO 2<br />
Die dabei auftretende Dunkelfärbung (fein verteiltes Palladium) der Lösung ist ein empfindlicher<br />
Chemischer Nachweis für CO.<br />
β) Kohlenstoffdioxid (H2CO3, HCO3 - , CO3 2- )<br />
Es ist ein farbloses, nicht brennbares, die Atmung und Verbrennung nicht unterhaltendes Gas von<br />
etwas säuerlichem Geruch und Geschmack. Je nach eingeatmeter Konzentration wirkt das Gas<br />
erregend, betäubend oder erstickend. Es ist anderthalbmal schwerer als Luft (Molmasse von Luft rund<br />
29, CO2 44) und sammelt sich deshalb in geschlossenen Räumen, wo es entsteht (Gärkellern, Grotten,<br />
Brunnenschächten), in Bodennähe an (muss beachtet werden wegen erstickender Wirkung von CO2).<br />
Man kann z.B. CO2-Gas wie eine Flüssigkeit aus einem Becherglas in ein kleineres Becherglas<br />
„umgießen“ und hierbei etwa eine in letzterem brennende Kerze auslöschen (Versuch Kerzenkasten).<br />
Bei den CO2-Feuerlöschern macht man von der erstickenden Wirkung des Kohlenstoffdioxids zur<br />
Löschung von Bränden Gebrauch (Verdrängung des Luftsauerstoffs). Schüttet man z. B. auf ein in<br />
einer Wanne brennendes Petroleum-Toluen-Gemisch einen Löffel festes Kohlendioxid<br />
(„Trockeneis“), so erlischt die Flamme sofort. Brände starker Reduktionsmittel, wie Alkalimetalle,<br />
Erdalkalimetalle oder Phosphor, darf man nicht mit CO2-Löschern löschen, da sie CO2 reduzieren<br />
(z.B. 2Mg + CO2 → 2MgO + C).<br />
297
CO2 lässt sich leicht verflüssigen, da seine kritische Temperatur (31 °C) relativ hoch liegt (kritischer<br />
Druck 76,262 bar).<br />
Bei 1 Atmosphäre = 1,013 bar sublimiert festes CO2 (Trockeneis):<br />
Zustandsdiagramm von Kohlenstoffdioxid<br />
Die sehr hohe Sublimationsenthalpie des Trockeneises (573,2 kJ/kg bei -78,5 °C) macht es -<br />
zweckmäßig im Gemisch mit Flüssigkeiten (Alkohol oder Aceton) - als Kältemittel geeignet.<br />
Struktur:<br />
Kohlendioxid ist ein lineares Molekül. Es ist mit dem Azid-Ion, N3 – , und dem Nitrylkation, NO2 + ,<br />
isoelektronisch.<br />
δ<br />
O C O<br />
− δ + δ −<br />
Die Bindungspolaritäten addieren sich zu Null. CO2 besitzt kein Dipolmoment.<br />
Das C-Atom ist sp-hybridisiert, die beiden verbleibenden p-Orbitale bilden π-Bindungen.<br />
Gewinnung:<br />
Technik<br />
- vollständige Verbrennung von Kohle<br />
C + O 2 CO 2 ΔH = -394 kJ/mol<br />
298
- Nebenprodukt beim Kalkbrennen<br />
900-1200 °C<br />
CaCO3 CaO + CO2 ΔH = +178 kJ/mol<br />
Labor (Kippscher Gasentwickler)<br />
CaCO 3 + 2H + CaCl 2 + H 2O + CO 2<br />
Grobe Mamorstücke und ca 6 mol/l HCl.<br />
Löslichkeit in Wasser:<br />
1 l H2O bei 20 °C 0,9 l CO2.<br />
Wässerige Lösungen reagieren schwach sauer (Versuch).<br />
Das kommt daher, dass sich Kohlendioxid und Wasser in geringem Umfang (etwa nur 0,2 %) zur<br />
„Kohlensäure“ umsetzt.<br />
CO2 + H2O CO2 H2O "H2CO3" H3O + +H2O .<br />
-<br />
+ HCO3 pKS (1) = 6,4<br />
-H2O CO2-Hydrate<br />
Die „Kohlensäure“ lässt sich aus wässeriger Lösung nicht isolieren. Sie ist eine schwache Säure.<br />
HCO 3 - + H2O H 3O + + CO 3 2-<br />
Als zweibasige Säure bildet die Kohlensäure, zwei Reihen von Salzen: Hydrogencarbonate, HCO3-,<br />
und Carbonate, CO3 2- . Alle Hydrogencarbonate sind bis auf das Natriumhydrogencarbonat NaHCO3 in<br />
Wasser leicht löslich (auf der Schwerlöslichkeit von NaHCO3 beruht das techn. Verfahren zur<br />
Herstellung von Na2CO3, vergl. Abschnitt 25 Alkali- und Erdalkalimetalle). Von den normalen<br />
Carbonaten lösen sich nur die Alkalicarbonate leicht, alle übrigen schwer in Wasser, weshalb sich CO2<br />
z. B. aus der Atemluft (bis zu 5 Vol. % CO2) durch Einblasen in Kalkwasser - Ausfällung von<br />
schwerlöslichem Calciumcarbonat CaCO3 - nachweisen lässt (Versuch):<br />
CO 2 + Ca(OH) 2 CaCO 3 + H 2O<br />
Beim Einleiten von überschüssigen CO2 aus einer Druckgasflasche in die CaCO3-Suspension löst es<br />
sich unter Bildung des löslichen Calciumhydrogencarbonates auf (Versuch):<br />
CaCO 3 + CO 2 + H 2O Ca 2+ + 2HCO 3 -<br />
299
Diese Gleichgewichtsreaktion ist als sogenanntes Kalkgleichgewicht bekannt und besitzt vielfältige<br />
Bedeutung.<br />
In der Natur weit verbreitetes CaCO3 wird durch CO2-haltiges Wasser in lösliches Ca(HCO3)2<br />
überführt. Auf diese Weise entstet die Carbonathärte (temporäre Härte) des Wassers (vergl. Abschnitt<br />
25 Alkali- und Erdalkalimetalle). Beim Erhitzen von hartem Wasser verschiebt sich das<br />
Kalkgleichgewicht infolge des Entweichens von CO2 nach links, und CaCO3 fällt aus. Darauf beruht<br />
die Ausscheidung des „Kesselsteins“ und die Bildung von Tropfsteinen.<br />
Nachweis von CO3 2— Ionen:<br />
Die Analysensubstanz wird mit verd. HCl versetzt und im Wasserbad erwärmt. Als Vorlage dient ein<br />
„Gärröhrchen“ mit gesättigter Ba(OH)2-Lsg. (klare Lösung). Das gebildete CO2 wird in die Vorlage<br />
übergetrieben. Die Bildung einer weißen Trübung von BaCO3 innerhalb von 3-5 min zeigt CO2 an.<br />
Ansäuren von Carbonatlösungen führt zu CO2-Entwicklung, da die primär in Freiheit gesetzte instabile<br />
Kohlensäure in H2O und CO2 zerfällt (Versuch):<br />
2- + 2H<br />
CO3 H2CO3 H2O CO2 CO2 + , Δ<br />
.<br />
+ 2OH<br />
2-<br />
CO2 CO3 BaCO3<br />
- + Ba 2+<br />
γ) Der Treibhauseffekt<br />
Kohlendioxid absorbiert gemäß seiner Farblosigkeit nicht im sichtbaren Bereich des Spektrums, wohl<br />
aber längerwellige IR-Strahlung. Dies ist für den Wärmehaushalt der Erdoberfläche bedeutsam, weil<br />
die Wärmeabstrahlung des Bodens infolge der Absorption der infraroten Wärmestrahlen durch den<br />
CO2-Gehalt der Atmosphäre (und anderer Spurengase) verhindert wird, während die sichtbaren<br />
Sonnenstrahlen ungehindert die Erdoberfläche erreichen können.<br />
Das auf der Erde herrschende Klima wird maßgeblich vom Abstand Erde-Sonne und von der<br />
Strahlungsstärke der Sonne bestimmt. Die Sonne lässt sich physikalisch in guter Nährung als ein<br />
strahlender schwarzer Körper mit einer Temperatur von ca. 5973 °C beschreiben, der eine<br />
elektromagnetische Energie mit einem Maximum bei einer Wellenlänge von ca. 500 nm abstrahlt. Die<br />
Erdoberfläche und die Atmosphäre werden durch diese elektromagnetische Strahlung erwärmt.<br />
Gleichzeitig gibt die Erde durch die Wärmestrahlung wieder Energie in den interplanetarischen Raum<br />
ab. Im Mittel hat sich ein thermisches Gleichgewicht eingestellt, bei dem die durch Einstrahlung<br />
erzeugte Wärmemenge durch die Ausstrahlung ausgeglichen wird:<br />
300
Änderungen der einfallenden elektromagnetischen Strahlung oder der in den Weltraum abgegebenen<br />
Wärmestrahlung aufgrund von Änderungen der Luftinhaltsstoffe der Erdatmosphäre beeinflussen die<br />
mittlere Temperatur des Systems Erdoberfläche/Atmosphäre.<br />
Im sichtbaren, kurzwelligen Teil des Spektrums (Wellenlänge 300 - 800 nm) werden etwa 30 % der<br />
einfallenden Strahlung von den Wolken und der Atmosphäre zurückgestrahlt. Etwa 50 % der<br />
Sonnenstrahlung erreichen die Erdoberfläche als direkte Strahlung oder in der Atmosphäre gestreute<br />
Himmelsstrahlung.<br />
Die der Erde in Form der kurzwelligen Einstrahlung zugeführte Energie wird durch die langwellige<br />
(3000-50000 nm), infrarote Ausstrahlung des Systems Erdoberfläche-Atmosphäre in den Weltraum<br />
ausgeglichen. Der Erdoberfläche wird mehr Energie zugeführt als sie in Form von Wärmestrahlung<br />
wieder abgibt. Der größte Teil der Ausstrahlung der Erdoberfläche wird durch die in der Troposphäre<br />
vorhandenen klimarelevanten Spurengase (CO2, H2O, CH4, N2O, O3) absorbiert.<br />
Die absorbierte Energie kehrt zum großen Teil als Gegenstrahlung wieder an die Erdoberfläche zurück<br />
und führt zu einer Erwärmung der unteren Atmosphärenschichten, dem sogenannten Treibhauseffekt.<br />
Der wichtigste Beitrag zum Treibhauseffekt kommt vom Wasserdampf (62 %), gefolgt vom<br />
Kohlenstoffdioxid (22 %) sowie von verschiedenen Spurengasen:<br />
301
Ohne Existenz der Treibhausgase würde die Temperatur der Erdoberfläche im Mittel bei - 18 °C, d. h.<br />
um 33 °C unter der heute herrschenden Mitteltemperatur von +15 °C liegen.<br />
Der Treibhauseffekt macht so die Erde überhaupt erst bewohnbar. Er wird, da die in verursachenden,<br />
zuvor genannten Spurengase natürliche Bestandteile der Atmosphäre sind, als natürlicher<br />
Treibhauseffekt bezeichnet.<br />
Hinzu kommt der davon zu unterscheidende (zusätzliche) Anteil: der anthropogene a) Treibhauseffekt.<br />
Der anthropogene Treibhauseffekt wird heute von vielen Klimatologen für die beobachtete globale<br />
Zunahme der Oberflächentemperatur um 0,5 - 0,6 °C in den letzten 100 Jahren verantwortlich<br />
gemacht.<br />
a) Anthropogen = durch Menschen verursacht oder ausgelöst, anthropos (gr.) = Mensch,<br />
genes (gr.) = hervorbringend, hervorgebracht<br />
Durch anthropogene Freisetzung von klimarelevanten Spurengasen (CO2, CH4, N2O und FCKW)<br />
steigt die Konzentration dieser Spurengase an und verstärkt die Absorption der von der Erdoberfläche<br />
ausgehenden infraroten Wärmestrahlung.<br />
Die Zusammensetzung der Atmosphäre hat sich seit Beginn der Industrialisierung vor mehr als 120<br />
Jahren durch eine Vielzahl menschlicher Aktivitäten verändert. In diesem Zeitraum haben die<br />
Konzentrationen aller klimarelevanten Spurengase zugenommen und dadurch den Treibhauseffekt<br />
verstärkt.<br />
302
Die atmosphärische CO2-Konzentration ist in den letzten 120 Jahren von 0,028 Vol. % auf den<br />
heutigen Wert von ca. 0,036 Vol. % angestiegen. Der Methangehalt hat sich im gleichen Zeitraum<br />
mehr als verdoppelt (Ausweitung des Nassreis-Anbaus, vermehrte Viehhaltung).<br />
Zum anthropogenen Treibhauseffekt tragen großenordnungsmäßig bei:<br />
303
Es muss befürchtet werden, dass die Konzentrationen der Spurengase, die ohne Gegenmaßnahmen in<br />
100 Jahren zu erwarten sind, zu einem anthropogenen Treibhauseffekt von 5 - 6 °C führen können<br />
(allein der CO2-Anstieg könnte eine T-Erhöhung von 3 °C verursachen). Für die Ursache der<br />
Temperaturerhöhung muss zwischen dem Strahlungseffekt und den daraus folgenden positiven und<br />
negativen Rückkopplungen unterschieden werden.<br />
Zur Zeit sind noch nicht alle Aspekte des Treibhauseffektes geklärt und es gibt auch Kontroversen<br />
über die Ursachen der CO2-Zunahme in der Atmosphäre in den letzten 120 Jahren und den<br />
CO2-Beitrag zum anthropogenen Treibhauseffekt. Der Beitrag des CO2 zum natürlichen<br />
Treibhauseffekt ist unstrittig.<br />
CO2 ist für die belebte Natur von großer Bedeutung. Beim Assimilationsprozess nehmen Pflanzen CO2<br />
auf und wandeln es mit Hilfe der Lichtenergie in Kohlenhydrate um. Mensch und Tier atmen es als<br />
Verbrennungsprodukte aus. Vom Menschen werden täglich ca. 350 l CO2 (etwa 1 kg) ausgeatmet.<br />
304