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Das war noch nie da: - in der Musikschule Hildesheim

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seite | 6<br />

Die Geschichte <strong>der</strong> so genannten Kastraten<br />

ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> schrecklichsten und<br />

zugleich faszi<strong>nie</strong>rendsten, mit denen ich<br />

mich bisher beschäftigt habe.<br />

Sie besteht aus zwei Hauptaspekten, die<br />

sehr unterschiedlich s<strong>in</strong>d und natürlich<br />

trotzdem mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu tun haben. Die<br />

Praktiken, mit denen die meist <strong>noch</strong> jungen<br />

Knaben oft <strong>da</strong>zu gezwungen wurden,<br />

ihre hohen Knabenstimmen zu behalten,<br />

<strong>war</strong>en äußerst brutal und nicht ungefährlich.<br />

Nicht wenige s<strong>in</strong>d an den Folgen <strong>der</strong><br />

„Operationen“ elendig zu Grunde gegangen<br />

o<strong>der</strong> hatten zum<strong>in</strong>dest für den Rest<br />

ihres Lebens zu leiden.<br />

Doch denjenigen, die die E<strong>in</strong>griffe überstanden<br />

hatten, w<strong>in</strong>kte bei e<strong>in</strong>er guten<br />

Ausbildung und entsprechen<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

e<strong>in</strong>e Erfolg versprechende Zukunft.<br />

Diese Möglichkeit <strong>war</strong> gerade für viele<br />

Familien am Ende des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

Profit aus dem Talent ihrer Söhne zu<br />

schlagen. Denn die wenigen, die es wirklich<br />

zu etwas gebracht hatten, sangen an<br />

den Höfen <strong>der</strong> Fürsten und Könige und<br />

wurden von ihrem Publikum gefeiert.<br />

Ihre Stimmen faszi<strong>nie</strong>rten die Gesangswelt<br />

und brachten e<strong>in</strong>ige Erneuerungen<br />

mit sich. Vielen Sopranist<strong>in</strong>nen wurde es<br />

teilweise untersagt, die Frauenpartien <strong>in</strong><br />

Opern zu s<strong>in</strong>gen. Man besetzte diese Rollen<br />

bevorzugt mit Kastraten. Es wurden<br />

immer mehr Stücke veröffentlicht, die<br />

speziell für Kastraten und ihre beson<strong>der</strong>e<br />

Stimmlage und –farbe ausgelegt <strong>war</strong>en.<br />

Während die Stimmlage <strong>der</strong> Kastraten<br />

E<strong>in</strong> Duo ist e<strong>in</strong> Duo, ist … okay, also ich versuche<br />

es mal zu erklären.<br />

In dem Wort „DUO“ f<strong>in</strong>det sich <strong>da</strong>s Wort<br />

„due“ – zwei. Wenn ich alle<strong>in</strong> musiziere,<br />

s<strong>in</strong>ge o<strong>der</strong> spiele ich „solo“. Wenn ich mit<br />

e<strong>in</strong>em SängerIn zusammen musiziere, s<strong>in</strong>gen<br />

wir im „Duett“. Wenn zwei Instrumentalisten<br />

zusammen Musik machen, treten<br />

sie als „Duo“ auf.<br />

Im übertragenen S<strong>in</strong>n könnte so also die<br />

Überschrift auch lauten: E<strong>in</strong> Duo s<strong>in</strong>d zwei,<br />

die zusammen zu zweit spielen.<br />

In unserem Fall ist es etwas ganz Beson<strong>der</strong>es:<br />

Hier s<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e und die an<strong>der</strong>e<br />

Der Soprano<br />

durch den operativen E<strong>in</strong>griff bed<strong>in</strong>gt<br />

<strong>war</strong>, ist die <strong>der</strong> heutigen Countertenöre,<br />

die als „Nachfolger“ <strong>der</strong> Kastraten gelten,<br />

natürlichen Ursprungs. <strong>Das</strong> liegt <strong>da</strong>ran,<br />

<strong>da</strong>ss die Kastration nicht mehr stattf<strong>in</strong>det<br />

und man mehr Wert auf e<strong>in</strong>e ausgefeilte<br />

Technik und naturgegebene Voraussetzungen<br />

legt.<br />

Denn normalerweise verlieren die<br />

meis ten Jungen ihre Knabenstimme im<br />

Laufe des Stimmbruchs <strong>da</strong>durch, <strong>da</strong>ss<br />

ihre Stimmbän<strong>der</strong> wachsen. Die Stimmbän<strong>der</strong><br />

von Frauen wachsen ebenfalls, jedoch<br />

macht sich diese Verän<strong>der</strong>ung nicht<br />

so extrem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stimmlage bemerkbar.<br />

Wenn jedoch diese natürliche Verän<strong>der</strong>ung<br />

bei Jungen nicht <strong>in</strong> er<strong>war</strong>tetem Maße<br />

e<strong>in</strong>tritt, besteht die Möglichkeit, durch e<strong>in</strong><br />

spezielles Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g diese Höhe zu erhalten<br />

und auszubauen. Der Unterschied zum<br />

Kastraten liegt hierbei wie<strong>der</strong> <strong>da</strong>r<strong>in</strong>, <strong>da</strong>ss<br />

dieser se<strong>in</strong>en kompletten Stimmumfang,<br />

also auch den <strong>der</strong> Bruststimme benutzen<br />

konnte, woh<strong>in</strong>gegen Countertenöre (Altisten,<br />

Sopranisten …) „nur“ ihre Kopfstimme<br />

benutzen können, um diesen oft<br />

als „re<strong>in</strong>en“ und „ungewöhnlich klar“ beschriebenen<br />

Klang zu erzeugen. Natürlich<br />

können auch Männer, die <strong>in</strong> Baritonlage<br />

s<strong>in</strong>gen, im Falsett schön kl<strong>in</strong>gende Töne<br />

hervorbr<strong>in</strong>gen. Doch häufig ist ihre Kopfstimme<br />

nicht <strong>in</strong> dem Maße trai<strong>nie</strong>rt und<br />

ausgebaut, wie <strong>da</strong>s bei Sopranisten o<strong>der</strong><br />

Altisten <strong>der</strong> Fall ist.<br />

<strong>Das</strong> Repertoire e<strong>in</strong>es Countertenors<br />

beschränkte sich lange Zeit auf barocke<br />

Musik. <strong>Das</strong> lag auch <strong>da</strong>ran, <strong>da</strong>ss zu diesen<br />

Zeiten die meisten Stücke für diese<br />

Art von Sängern und ihre Stimmlagen geschrieben<br />

wurden. Doch immer häufiger<br />

treten Sopranisten o<strong>der</strong> Altisten auch mit<br />

mo<strong>der</strong>nen Kompositionen auf, die zum<br />

Teil wie<strong>der</strong> „maßgeschnei<strong>der</strong>t“ s<strong>in</strong>d.<br />

Auch ich habe mich entschlossen, den<br />

Weg <strong>der</strong> Ausbildung zum Soprano zu gehen.<br />

Nachdem ich <strong>in</strong> den Stimmbruch<br />

kam und me<strong>in</strong>e Sprechstimme extrem<br />

an Höhe verlor, hielt sich me<strong>in</strong>e Gesangsstimme<br />

tapfer weiter. Bis heute <strong>da</strong>rf ich <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>er Sopranlage s<strong>in</strong>gen, aus e<strong>in</strong>er großartigen<br />

Fülle von Möglichkeiten für me<strong>in</strong>e<br />

Stimme schöpfen und sehen, wie die Fasz<strong>in</strong>ation<br />

wie<strong>der</strong>kehrt und neu erlebt wird,<br />

wofür ich sehr <strong>da</strong>nkbar b<strong>in</strong>.<br />

Christopher Paskowski ■|<br />

E<strong>in</strong> DUO ist e<strong>in</strong> DUO ist e<strong>in</strong> DUO<br />

Was ist e<strong>in</strong> Duo?<br />

spielt Klavier. Der Pianist muss den Part des<br />

zu begleitenden Sängers mitlernen und <strong>der</strong><br />

Sänger muss sich <strong>in</strong> vollem Vertrauen auf<br />

den Pianisten verlassen können. Die Chemie<br />

zwischen den beiden Musikern muss<br />

stimmen. <strong>Das</strong> braucht Zeit und wächst zusammen.<br />

Man nennt dies <strong>da</strong>nn e<strong>in</strong> Lied-<br />

Duo. Und <strong>da</strong>s möchte ich hier gerne vorstellen.<br />

‚Jugend musiziert‘ lädt Jahr für Jahr zum<br />

Wettbewerb mit verschiedenen Diszipl<strong>in</strong>en<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Seit e<strong>in</strong>igen Jahren ist auch die Diszipl<strong>in</strong><br />

‚Duo‘ im Angebot. Ich er<strong>in</strong>nere mich, <strong>da</strong>ss<br />

ich ziemlich irritiert <strong>war</strong>, als ich dies vor<br />

Jahren las. Wie sollte <strong>da</strong>s gehen, wenn bei<br />

‚Jugend musiziert‘ nur alle drei Jahre Sologesang<br />

bewertet wird und <strong>der</strong> Werdegang<br />

e<strong>in</strong>e jungen Sängers e<strong>in</strong>e ganz an<strong>der</strong>e zeitliche<br />

Entwicklung hat, als vergleichsweise<br />

bei e<strong>in</strong>em Instrumentalisten. Zur Erklärung:<br />

E<strong>in</strong> Pianist z.B. kann mit sechs Jahren<br />

schon gute Leistungen erbr<strong>in</strong>gen und diese<br />

bis zum Schulabschluss, also etwa mit 18<br />

Jahren, enorm steigern.<br />

E<strong>in</strong> junger Sänger kann se<strong>in</strong>e Stimme,<br />

se<strong>in</strong>er körperlichen Entwicklung angepasst,<br />

nur bed<strong>in</strong>gt belasten. E<strong>in</strong> wirklicher Unter-

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